Cover | Vegetarisch & Vegan Business ohne Blutvergießen Seitan und Tofu statt Fleisch und Fisch – die vegane Welle ist mehr als nur ein Trend. Das ruft zunehmend geschäftstüchtige, idealistische Gastronomen und Hoteliers auf den Plan. Autoren: Irene Stelzmüller & Thomas Schweighofer 8 9|2015 Cover | Vegetarisch & Vegan D ie heilige Kuh wird geschlachtet. Indien, wo fast ein Drittel der Einwohner vegetarisch oder vegan lebt, ist mittlerweile zu einem der weltweit größten Exporteure von Rindfleisch (inklusive Büffel) aufgestiegen. Der Subkontinent gehört zudem wie China und andere BRIC-Staaten zu den wirtschaftlichen Boomländern, wo die wachsende Mittelschicht immer mehr Fleisch verzehrt. Die weltweite Fleischproduktion wird bis 2050 um mehr als die Hälfte auf 480 Millionen Tonnen steigen. In Ländern wie Österreich, mit einem durchIm yamm! in Wien gibt es vegeschnittlich bereits sehr hohen Fleischkonsum, betarische und vegane Kost in ginnt hingegen ein Umdenken. Immer mehr entstylischem Ambiente schließen sich, weniger Fleisch zu essen oder stellen gänzlich auf vegetarische oder vegane Ernährung um. Laut einer repräsentativen IFES-Studie aus dem Jahr 2013 leben neun Prozent der Österreicher entweder vegan oder vegetarisch, bei den unter 40-Jährigen sind es bereits 17 Prozent. Die SteigeDie Aufregung im bäuerlich geprägten Ort war groß. Schillinger: rungsraten sind enorm: 2005 gab „Ich galt damals als der Spinner im Dorf. Schlimmer noch als das vees laut EU-Statistik lediglich 2,9 gane Kochen war für die Leute, dass wir die Schweine, die mein VaProzent Vegetarier in Österreich. ter früher für den Betrieb abgestochen hat, leben gelassen haben. Das Dass die Zahlen durchaus realiswar fast schon Blasphemie.“ Der 49-jährige Gastronom erkennt darin tisch sind, bestätigt Haubenkoch ein Generationsproblem, das sich irgendwann von selbst lösen wird, Florian Klinger vom Bio-Vitalhodenn die jungen Leute habe man auf seiner Seite. tel Weissenseerhof: „Von 60 Gästen bestellen 15 vegetarische und Claudia Grygus, yamm! Neue Lokale angekündigt fünf vegane Gerichte. Fleisch und Fisch halten sich die Waage. AufDas Gasthaus Schillinger ist sehr gut besucht, unter der Woche fallend ist, dass immer mehr großteils von Leuten aus der Region, am Wochenende ausschließlich junge Frauen vegane Speisen aus von Gästen, die von weiter herkommen. Mit dem Rückenwind des der Karte wählen.“ Erfolgs am Land wagten die Schillingers den Sprung in die große Stadt. Veganes Fast Food gibt es seit Anfang des Jahres im Swing Der Spinner im Dorf Kitchen in Wien-Neubau. Ob Burger, Wraps oder Salate – die Grundprodukte kommen aus Österreich oder dem nahen Ausland. Das KonEiner der Vordenker in der Gaszept kommt gut an. „Wir hatten einen riesen Hype zu Beginn, der tronomie ist Karl „Charly“ Schilaber nicht abgeflaut ist. Wir sind derartig über allen Prognosen …“, linger. Der ehemalige Fondsmaist Schillinger fast sprachlos. Heuer soll deshalb ein zweites Lokal ernager begann Ende der 1990er öffnet werden, ein weiteres 2016. „Dann schauen wir, ob sich drei mit seiner Frau Irene, die wie er Lokale in Wien tragen. Wenn das so ist, wissen wir, dass wir in anschon seit Jahrzehnten fleischlos lebt, für Bekannte und Freunde im dere Städte expandieren können“, kündigt Charly Schillinger eine Swing-Kitchen-Kette an. Ein Experte, der das Franchisekonzept ausGasthaus seiner Mutter Anna vegetarisch zu kochen. Das schmeckte denen so gut, dass sie immer wiederkamen und sich das Angebot in arbeitet, ist bereits engagiert. der Szene herumsprach. „So hat es angefangen, ein Business zu werEbenfalls eine weitere Dependance eröffnet das yamm! im ersten den“, sagt Schillinger, der damit zwei Dinge unter einen Hut bringen Quartal 2016 am Wiener Praterstern. Diesen September beginnen konnte: Seine ethischen Vorstellungen umsetzen und ein Geschäft dadie Bauarbeiten in der alten Polizeistation. Das Stammlokal gegenraus machen. Im Jahr 2001 übernahm er das Gasthaus Schillinger in über der Hauptuniversität sorgte bei der Eröffnung vor vier Jahren Großmugl im Weinviertel, in dem seit 200 Jahren klassische österreifür Furore. Mit 170 Plätzen, modernem Interieur und dem Büffetchische Gerichte auf den Tisch kommen. Mit der Umstellung auf vesystem war man anders als die anderen. „Die meisten Lokale in der gane Kost ersetzte er die tierischen Produkte dieser Speisen durch Stadt waren kleine Familienbetriebe, in die nur Vegetarier und Vepflanzliche. „Unsere Kernkompetenz ist, möglichst authentische ganer reingegangen sind. Dort war es immer sehr politisch“, erzählt Fleischersatzprodukte zu schaffen“, erklärt Schillinger. „Ein Hendl soll Geschäftsführerin Claudia Grygus. Ins yamm! hingegen gingen auch weiterhin ein Hendl bleiben, aber nicht aus tierischen Bestandteilen, Leute, die solche Speisen einfach einmal ausprobieren wollten. Viele sondern aus pflanzlichen.“ blieben als Stammgäste. Eine große Rolle für den Erfolg spielt Kü- Fotos: Subbotina Anna/Fotolia.com, YAMM! operations GmbH/Michael Writer Photography (2) »Der typische, klassisch denkende Gastromensch funktioniert bei uns nicht.« 9|20159 Cover | Vegetarisch & Vegan chenchef Walter Schulz. Der Haubenkoch wirkte viele Jahre lang erfolgreich im Steirereck und im Eisvogl, ehe er eine neue Herausforderung suchte. Grygus: „Er macht einen großen Teil des yamm! aus“. Gemeinsam mit seinem Souschef Josef Lechner bringt Schulz ständig Ideen ein, forciert neue Produkte und variiert Klassisches. Zudem legt er großen Wert auf Süßspeisen, mittlerweile gönnt man sich eine eigene Patisserie. Stolz ist man auf die familiäre Atmosphäre im yamm!. Die Geschäftsführerin selbst begann vor vier Jahren als 20-Stunden-Kraft hinter der Theke und arbeitete sich mit Fleiß und Können hoch. Durch das neue Restaurant, eine ebenfalls neue Produktionsküche im 12. Bezirk und den Ausbau in den Bereichen Take Away sowie Catering wird sie in einem Jahr für 90 und damit fast doppelt so viele Mitarbeiter wie jetzt verantwortlich sein. Wunsch nach Reformen Führungspositionen werden aus Erfahrung teamintern besetzt, „denn der typische, klassisch denkende Gastromensch funktioniert bei uns einfach nicht“. Viel Wert legt man auf Weiterbildung und Schulungen. Ein Problem ist die Mitarbeitersuche für die Küche, wie auch andere Gastronomen bestätigen. Die Kochausbildung würde von den jungen Vegetariern oder Veganern verlangen, Fleisch zu kosten und abzuschmecken. „Wir hatten einen Mitarbeiter, einen leidenschaftlichen Koch, der in der Ausbildungszeit sehr gelitten hat. Er wusste, er muss das über sich ergehen lassen, wenn er die Ausbildung abschließen will“, erzählt Claudia Grygus. „Es fehlt noch das Verständnis dafür, dass für einen Menschen, der jahrelang kein Fleisch mehr isst, alleine schon die Konsistenz von Fleisch total unangenehm ist.“ Karl Schillinger spricht bei der Lehrlings- ausbildung von Hürden, die im Prinzip unüberwindbar sind – für beide Seiten: „Als Nicht-Fleischbetrieb müsste ich diesen jungen Menschen auf meine Kosten zwei Monate im Jahr in einen Fleischbetrieb schicken, damit er das auch lernt. Das wollen wir nicht und das wollen die Jugendlichen nicht.“ Als Option bleiben immerhin Zusatzausbildungen wie jene von Siegfried Kröpfl. Der Starkoch lebt vegan und hat mit seiner Tochter Melanie zwei vegane Kochbücher herausgegeben. Das 57Restaurant im DC Tower verlässt er nun, um in der Gastgewerbefachschule Judenplatz in Wien – im Wifi leitete er ebenfalls Kurse – jungen Leuten die vegane Küche näher zu bringen. Mit dem neuen Schuljahr steht der neue Küchenstil bereits am Stundenplan. Die Gastgewerbefachschule Judenplatz beteiligte sich gemeinsam mit Belgien und Deutschland an einem EU-Projekt mit dem Konzept, Lehrer und Lehrling der Gastronomie in Sachen vegane Speisen zu schulen. „Die vegane Küche muss in Zukunft in die Kochlehre miteinbezogen werden, weil weltweit ein Umdenken einsetzt. Und die vegane, pflanzliche Küche gibt es seit 1.000 Jahren, sie ist keine neumodische Erscheinung oder gar Sekte, sondern muss nur wieder gelernt beziehungsweise gelehrt werden“, betont Siegried Kröpfl. Sie biete auch viele Vorteile hinsichtlich »Die Gastronomie greift Themen viel früher auf als der Handel.« Karl Schillinger, Gastronom Irene und Karl Schillinger kochen fleischlose Genüsse Vegan-Pionier Charly Schillinger im Interview über Gegenwart und Zukunft einer kulinarischen Revolution. Hotel & Touristik: Welche Zukunft hat die vegetarische/vegane Küche ? Karl Schillinger: Unsere Fleischersatzprodukte werden immer besser. Die erste Generation war noch grauslich, die jetzige dritte ist schon viel besser. In Zukunft wird das Schnitzel nicht mehr vom Schwein kommen, sondern von der Soja – davon bin ich überzeugt. In der sechsten Generation werden beide gleich schmecken und gleich ausschauen. Das vegetarische wird billiger sein, weil die Produktionskosten niedriger sind, gesünder und ethisch unbedenklich. Vor einigen Jahren waren Restaurants wie Ihres eine Ausnahme, mittlerweile gibt es immer mehr. Was hat sich verändert in dieser Zeit? Das Bewusstsein und die Aufklärung der Bevölkerung. Und die Gastronomie reagiert in der Regel viel schneller auf Veränderungen als etwa der Handel. In den 60er-Jahren, als ganz Österreich nach Italien auf Urlaub gefahren ist, kamen bei uns schnell die ersten Pizzerien auf. Die Tiefkühlpizza gab es erst viel später. Nachdem vegetarisch und vegan ein wahnsinniger Hype ist, stürzen sich viele Lokale darauf. Wo kommen die Grundprodukte her, die Sie verarbeiten? Immer mehr aus der Region. Im Swing Kitchen nehmen wir nur mehr europäisches Getreide zur Produktion. Dass schaffen wir in Großmugl noch nicht ganz, aber wir sind auf dem besten Weg dazu. Wir haben aber schon immer aus der ganzen Welt Waren bezogen, vieles aus Taiwan. Dort ist viel Geld in Forschung und Entwicklung gesteckt worden, weshalb sie bei Fleischersatzprodukten in Sachen Qualität Weltmarktführer sind. Wir sind dort mit einem kleinen Joint Venture bei einer Fabrik beteiligt. Dadurch haben wir die Handhabe drauf, dass die Produkte gentechnikfrei sind und unter fairen Bedingungen erzeugt werden. 10 9|2015 Foto: Schillinger Veganes Schnitzel Wareneinsatz oder Haltbarkeit der Produkte, außerdem spart man sich HACCP (Hazard Analysis and Critical Control Point) – kein Fleisch, keine Eier. Besonders gefragt werden bald vegan geschulte Patissiers sein, denn veganes Backen erfordert eine grundlegend andere Teigführung. Kröpfl: „Es werden weder Butter noch Eier schaumig geschlagen; vielmehr werden trockene und nasse Komponenten gemischt.“ Üppige Spielwiese Der ehemalige Börsenprofi Christian Halper macht mit seinem TIANKonzept – Restaurants in Wien und München, Bistros im Kunsthaus Wien und neu am Spittelberg sowie Catering und Gärtnerei – ebenfalls fleischlos gut laufende Geschäfte. Er ist überzeugt, dass sich die Entwicklung in den nächsten Jahren fortsetzen wird und dass sowohl das Angebot als auch die Nachfrage größer werden. „Immer mehr Menschen erkennen die Vorteile und die Genussvielfalt der vegetarischen Ernährung. Das trifft zugleich auf Gäste wie auf Gastronomen zu“, so Halper. „Das Potenzial ist riesig, besonders dann, wenn die angebotenen Speisen geschmacklich, optisch und vom Preis-LeistungsVerhältnis überzeugen.“ Als Beispiel nennt er Zürich, eine Stadt mit rund 300.000 Einwohnern, mit dem ältesten vegetarischen Restaurant Europas. In nur diesem einen Lokal werden bei etwa 400 Sitzplätzen täglich rund 2.000 Menschen vegetarisch bewirtet. Haubenkoch Siegfried Kröpfl und seine Tochter Melanie kochen und ernähDer große Vorteil der vegetarischen Küche, argumentiert Halper, ren sich vegan ist die große Geschmacksvielfalt: „Woher kommt zum Beispiel der geschmackliche Unterschied zwischen Backhendlsalat, Tandoori Chicken, Chicken teriyaki und Paprikahuhn? Nur von den vegetarischen Zutaten, also dem Gemüse, den Ölen und den Drei Fragen an Johann Schwarz, Chefkoch im Arcotel Kaiserwasser, Restaurant UNO. Kräutern!“ Bei Speck ist es ähnlich, denn der Geschmack komme nicht vom Fleisch, sondern überHotel & Touristik: Ist vegetarisch-vegan mehr als nur ein Trend? wiegend vom darin enthaltenen Rauch. Die klassiJohann Schwarz: Vegan würde ich nicht als Trend bezeichnen, es ist die Überzeugung, schen Tiroler Speckknödel kann man auch mit keine Nahrungsmittel mit tierischen Produkten zu sich zu nehmen. Das Bewusstsein und geräuchertem Käse oder Seitan zubereiten, ohne die Einstellung zum Essen hat sich in den letzten Jahren verändert, Menschen und Gäste den typischen Rauchgeschmack des Originals versetzen sich viel mehr mit dem Thema gesunde Ernährung auseinander, und wir untermissen zur müssen. „Die Vielfalt, welche uns die stützen dies. Welt der essbaren Pflanzen bietet, ist schier unerBraucht man auf der Speisekarte beide Angebote? schöpflich und aktuell noch bei weitem nicht ausIch liebe Abwechslung und bin begeistert von unserem neuen kulinarischen Konzept „Vegeschöpft. Geschmacklich interessant ist auch der gan vs. Beef“. Bei uns im Restaurant UNO wird natürlich darauf geachtet, dass LebensBereich der fermentierten Produkte. Auch da gibt mittel ohne jegliche tierische Produkte nicht in es noch riesige Spielwiesen, die entdeckt werden Berührung mit unseren Fleischangeboten komwollen“, freut sich der Gastronom. men. Die Vielfältigkeit beider Zubereitungen lässt meiner Kreativität viel Raum. Wie kann man sich die Entwicklung von neuen veganen Menüs vorstellen? Alle Küchenchefs der Arcotel Hotels treffen sich regelmäßig, um vegane Menüs zu kreieren, die sich alle paar Monate ändern. Nach dem Probekochen wird dann ein Menü festgelegt, das auch à la carte bestellt werden kann. Kreiert werden die Speisen von mir, aber jeder Mitarbeiter hat auch ein Mitspracherecht und darf Ideen einbringen. Halbe-halbe, 50 Prozent vegan, 50 Prozent Beef heißt es im Restaurant UNO und kommt bei den Gästen sehr gut an. Vegan in der Hotellerie Der Herausforderung sich ändernder Lebenswelten ihrer Gäste muss sich die Hotellerie ebenfalls stellen. Das Hotel Hochschober ist Mitglied der Best Wellness Hotels, die auf Austausch und Kooperation großen Wert legen. Im Juli kamen die Küchenchefs aller 22 Best Wellness Hotels auf die Turracherhöhe zum Expertentalk – vegane Küche in Theorie und Praxis. „Der Gast will im Urlaub auf nichts verzichten, und wir bieten ihm die Möglichkeit, sich so zu ernähren wie zu Hause“, erklärt Ka- 12 9|2015 Foto: Siegfried Kröpfl privat, Arcotel Kaiserwasser, Jürgen Hammerschmid, Hotel Hochschober, Carina Fürnkranz privat Aus Überzeugung rin Leeb. Die Hoteldirektorin hatte sich einmal eine Auszeit im Soami Yoga Retreat Center am Millstättersee gegönnt, dort die Philosophie des Weglassens kennengelernt und dies in ihren Lebensstil einfließen lassen. „Hildegard Biller, Köchin und Yoga-Lehrerin, lieferte mir ein ganzheitliches Konzept für bewusstes Leben – und ich begann über Massentierhaltung oder über unseren CO2-Fußabdruck nachzudenken.“ Die gesammelten Erfahrungen hat Leeb mit nach Hause genommen, die Abteilungsleiter damit konfrontiert und mit ihnen ein neues Projekt entwickelt, das schließlich zu einem Workshop mit Hildegard Biller führte, „an dem alle Abteilungen – Küche, Service, Rezeption und Spa – vertreten waren, sogar unser Hausmeister nahm daran teil“, freut sie sich noch heute über den Erfolg der Weiterbildungsmaßnahme, die anfangs nicht nur Zustimmung erhielt. Das Ergebnis: „Wir begegnen Vegetariern und Veganern auf Augenhöhe, sehen sie nicht als lästige Gäste, und vegane Küche wird nicht mehr nur auf Zuruf zubereitet.“ Die Schulungsmaßnahmen, die vor allem die Küchenmannschaft betrafen, fanden im Haus statt. Im Hotel Hochschober wird nun im dritten Jahr vegane Küche angeboten. Beim Frühstücksbuffet gibt es eine eigene vegane Ecke, „bei der sich auch Nicht-Veganer bedienen“, so Leeb. Inzwischen bespielt man den gesamten kulinarischen Tag mit veganen Speisen und hat die Rezeptsammlung soweit aufgebaut, dass sich in 14 Tagen keine Speise wiederholt. „Abends servieren wir ein fünfgängiges veganes Menü, und in der Barkarte findet sich auch schon ein veganer Cocktail. Wir haben uns aus Kostengründen auch darauf verständigt, dass nicht alle Produkte biologisch sein können und setzen daher auf regional statt biologisch“, erklärt Leeb das Kulinarik-Konzept. Von fünf auf hunderte »In den nächsten Jahren werden sowohl das Angebot als auch die Nachfrage steigen.« Christian Halper, Tian »Der Gast will im Urlaub auf nichts verzichten, und wir bieten ihm die Möglichkeit, sich so zu ernähren wie zu Hause.« Karin Leeb, Hotel Hochschober Das Austria Trend Hotel (ATH) Schloss Lebenberg bietet sich auf Grund der höchsten Aufenthaltsdauer quasi als Beobachtungslabor für die Ernährungsgewohnheiten der Gäste an. Die empirische Forschung erfolgt an Hand der Menüauswahl: „Die Gäste entschieden sich im ersten Halbjahr 2015 zu 45 Prozent für Fleisch, 35 Prozent Fisch, 19 Prozent vegetarisch und ein Prozent vegan“, erklärt Andreas W. Berger, Geschäftsführer der Verkehrsbüro Hotellerie GmbH. Die absolute Anzahl der Veganer in der Austria-Trend-Ferienhotellerie erscheint auf den ersten Blick als sehr gering, aber „vor drei Jahren hatten wir übers Jahr maximal fünf Anfragen in einem Resort“, was Berger auch darauf zurückführt, dass sich der eine oder der andere ohne nachzufragen mit vegetarischen Optionen „abgefunden“ hat. Heute zählt die ATH-Gruppe sogar mehrere hundert Gäste pro Jahr, die explizit nach veganer Küche fragen. „Im Eventbereich steigt seit zirka einem Jahr spürbar die Nachfrage nach veganen MenüOptionen. Dies ist auch eine neue Herausforderung für unsere Küchenteams. Wir haben ein paar Küchenchefs, die sich besonders mit veganer Kost beschäftigen und ihr Know-how bei internen Schulungen an ihre Kollegen weitergeben“, so Berger. Im Eventbereich, der die Stadt Salzburg betrifft, arbeiten die ATH mit einem externen veganen Lokal vor Ort zusammen, das zum Beispiel als Option zum rosa gebratenen Rinderfilet ein gebackenes Blumenkohl-Steak mit Nussparmesan und Pinienkernen anbietet. „Zu gesunder Ernährung gehört auch ein entsprechendes vegeta- t s a g kommentar In die Mitte Die Restaurant-Datenbank der Veganen Gesellschaft Österreich umfasst allein für Wien 120 Lokale, fast täglich kommen neue hinzu. Inzwischen stellen sich selbst traditionelle Landgasthäuser auf ihre veganen Gäste ein und werben bewusst mit ihren rein pflanzlichen Speisen. Hotels wie das Alpenhotel Bödele in Vorarlberg oder die Loving Hut Pension in Kärnten bieten sogar ausschließlich vegane Verpflegung an. Das Bildungsprojekt „Vegucation“, das professionelle Aus- und Weiterbildungen im Bereich der vegetarisch-veganen Küche anbietet, erfreut sich außerordentlicher Beliebtheit. Wie zahlreiche Studien belegen, kann eine vegane Ernährung Zivilisationskrankheiten vorbeugen. Veganer haben weniger Übergewicht, erkranken seltener an Diabetes mellitus II, haben weniger Bluthochdruck als Allesesser und niedrigere Cholesterinspiegel. Betrachtet man die Zusammensetzung einer ausgewogenen veganen Ernährung genauer, überraschen die gesundheitlichen Vorteile nicht: Eine Kost, die auf pflanzlichen Lebensmitteln basiert, enthält kein Cholesterin, weniger gesättigte Fettsäuren und oft auch weniger Gesamtfett, weniger Eiweiß und Salz als die übliche Mischkost. Stattdessen versorgt sie den Menschen mit vielen essentiellen Vitaminen, Mineralstoffen sowie gesundheitsförd e r n d e n Substanzen wie Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Katharina Petter, Ernährungswissenschafterin 9|201513 Cover | Vegetarisch & Vegan risches und veganes Angebot, letzteres sehen wir stark im Kommen. In drei bis fünf Jahren würde ich den Anteil an veganen Mahlzeiten ähnlich hoch sehen wie heute bei den vegetarischen“, sagt Andreas W. Berger und bereitet im À-la-carte-Bereich einen Wechsel der zentralen ATH „Österreich Klassiker“-Menükarte vor, die ein veganes Gericht enthält, das wie die anderen Klassiker mehrmals im Jahr wechselt. Berger: „Hier entwickeln wir gerade klassische Gerichte der österreichischen Küche auf veganer Basis. Auf Anfrage und Vorbestellung bieten wir für À-la-carte-Gäste in unseren Restaurants verschiedene vegane Gerichte wie ,Züricher Geschnetzeltes‘ vom Seitan mit Rösti, Paprika-Lauch-Gröstl mit mariniertem Tofu und zum Dessert beispielsweise Seidentofu-Schokoladecreme mit Beeren.“ Das yamm! in Wien bietet viele vegetarische und vegane Köstlichkeiten von Curry bis Frühstück war, dass wir beide Welten in unserer Speisekarte integrieren wollten“, beschreibt General Manager Alexander Körner die ersten Gehversuche mit veganen Gerichten. Im Arcotel Kaiserwasser wurden im Sommer 2014 und 2015 je drei vegane Grillabende angeboten. „Die Nachfrage war durchaus positiv, und unter den Veganern in Wien hat sich unser Angebot schnell herumgesprochen. Dennoch ist eine Bewerbung unserer veganen Grillabende notwendig, man darf nicht davon ausgehen, dass alle Gäste deshalb sofort unsere Terrasse stürmen“, weiß Körner und ergänzt, dass rund ein Drittel der Gäste das vegane Angebot vom Frühstücksbuffet bis zu À-laCarte-Gerichten annimmt und zwei Drittel die BeefSpezialitäten bevorzugen. Abstieg des Liptauers Vegan vs. Beef Immer mehr Gastronomen und Hoteliers sind davon überzeugt, und die Statistiken sprechen dafür, Im Rahmen einer vorsommerlichen Grillchaldass man von einer nachhaltigen Entwicklung und lenge im Arcotel Kaiserwasser in Wien wurde das nicht nur von einem Strohfeuer sprechen muss: Veneue kulinarische Konzept „Vegan vs. Beef“ des getarische und vegane Küche wird (wieder) salonRestaurant UNO vorgestellt. Getrennte Restaufähig. Felix Hnat von der Veganen Gesellschaft Ösrantbesuche müssen nicht sein, denn Küchenchef terreich sieht die Fleischskandale der letzten Jahre Johann Schwarz baut eine Brücke zweier Lebensals Auslöser für das Umdenken in unserer GesellAndreas W. Berger, GF der Verwelten mit viel Kreativität und Freude an der Saschaft; und Prominente wie Attila Hildmann, Bill kehrsbüro Hotellerie, sieht die che: „Wir möchten mit unserem Angebot beweiClinton und Al Gore thematisieren die gesundheitvegane Küche stark im Kommen sen, dass beides, vegane Speisen und Beef-Gerichte, lichen und ökologischen Vorteile in den Medien. nebeneinander bestehen können. Auch Nicht-Ve„Der Handel hat seine Marktchancen für vegane ganer können sich inspirieren lassen und eine Speise ohne tierische Lebensmittel ebenfalls erkannt, zieht mit und erzielt damit beste UmProdukte ausprobieren“. sätze. Ein Beispiel: Der vegane Hummus hat den Liptauer als beliebIm Arcotel Kaiserwasser gibt es schon seit Ende 2013 ein veganes testen Aufstrich abgelöst“, so Hnat. Angebot. Durch die Zusammenarbeit mit der Veganen Gesellschaft Bis vor einigen Jahrzehnte war es in Österreich und Europa üblich, Österreich, die im Hotel ihren Veganball veranstaltet, „sind wir immaximal einmal pro Woche Fleisch oder Fisch zu essen. „Viele vegetarische Speisen von früher sind uns leider aus der Erinnerung gemer weiter in die Materie eingedrungen; und die logische Konsequenz 14 9|2015 Fotos: Jürgen Hammerschmid/TIAN, Alex Schöller/TIAN, YAMM! operations GmbH, Austria Trend Hotels Die Kreationen „Milchstraße“ (o.) und „Viel zu Grün“: Im Tian in der Himmelpfortgasse kocht Paul Ivic haubengekrönt Grillchallenge „Vegan vs.Beef“ im Arcotel Kaiserwasser: Ein Konzept, das die Gäste annehmen, wobei die Fleischesser auch gegrillte Tofu-Spießchen probieren und als Beilage zum Kukuruz essen Vegane Erfolgsprodukte Enjoy Soja Pflanzliche Milchalternativen aus Österreich bietet seit über zehn Jahren Mona Naturprodukte aus dem Burgenland mit der Marke Joya. „Das Wachstum im Milch-Alternativenbereich beträgt zirka 30 Prozent jährlich“, freut sich Roman Steiner (Manager Brands & Business Development) über den Boom. Wobei mittlerweile international betrachtet Soja auf dem Rückzug ist und Alternativen aus dem Nussbereich (Kokosnuss, Mandel) schnell wachsen. In Amerika nehmen Mandelprodukte inzwischen 60 Prozent des Marktes an Milchalternativen ein. Bei Joya bemüht man sich ständig um Innovationen, stolz ist man auf den weltweit ersten glutenfreien Haferdrink und den Sauerrahm Crèmesse. Verwendet werden übrigens ausschließlich österreichische Sojabohnen. Bei der Produktentwicklung vertraut man auf Ernährungswissenschafter und Kochspezialisten, und im Bereich Gastronomie arbeitet man unter anderem eng mit Arcotel zusammen. www.weinbau-fuernkranz.at, www.joya.info Florian Klinger, diplomierter Diät-Haubenkoch im Bio-Vitalhotel Weissenseerhof, geht es um werterhaltende und gesunde Küche kommen. Es macht viel Spaß, diese wieder neu zu entdecken und mit den heutigen Möglichkeiten kreativ zu ergänzen“, so TIAN-Chef Christian Halper. Der Fleischkonsum hat in Europa seinen Höhepunkt bereits erreicht, „der Trend und die Akzeptanz gehen wieder mehr in Richtung pflanzliche Kost. Wir sind noch am Beginn dieser Entwicklung“. Erfolgreiche Gastronomie Für Halper muss ein vegetarisches/veganes Restaurant nicht viel mehr bieten als andere, nicht vegetarische Restaurants auch, damit es funktioniert. Die Glaubwürdigkeit im ganzen Handeln ist einer der wichtigsten Gründe für den Betriebserfolg, stimmt ihm Claudia Grygus zu. Im yamm! wird etwa auch der Verschwendung der Kampf angesagt, und man ist sehr stolz darauf, dass trotz des Buffetsystems kaum mehr etwas auf den Tellern übriggelassen wird. „Uns könnte es theoretisch wurscht sein, weil die Gäste haben dafür bereits bezahlt, aber uns ist es nicht egal.“ Die Servicekräfte des Restaurants sind darauf geschult, die Gäste darauf hinzuweisen: Lieber einmal öfter zum Buffet gehen, als den Teller vollladen. Charly Schillinger hat schon einige Kollegen scheitern gesehen, und man wusste nicht warum, denn die Küche war gut: „Denen fehlte es an Authentizität. Das gute griechische Restaurant wird von einem Griechen geführt. Ebenso erwartet man sich von einem vegetarischen Restaurant, dass der Besitzer selber Vegetarier oder Veganer ist. Weil dann kann sich der Gast sicher sein, dass es keine Verwässerung von Produkten oder Zutaten gibt.“ & 16 9|2015 Fotos: APA-Fotoservice/Preiss, Gourmetreise Besonderer Wein Seit 2013 (damals als dritter Betrieb in Österreich) füllt der Weinviertler Gerald Fürnkranz veganen Wein ab. Bei der Produktion werden keine tierischen Weinbehandlungsmittel zur Vorklärung bzw. Weinschönung verwendet. Die von der Veganen Gesellschaft Österreich zertifizierten Weine finden ihre Kundschaft vorwiegend in Wien mit mehr als 80 Gastronomen, die beliefert werden. Salzburg, Steiermark, Tirol und München kommen ebenfalls in den Genuss dieses veganen Weins. In Zukunft ist die Markterweiterung im deutschen Raum angedacht, grundsätzlich steigt die Nachfrage nach seinen Weinen ständig. „Wir sind fast wöchentlich auf Veranstaltungen – da werden die Leute dann auch aufmerksam und wollen natürlich verkosten. Wenn sie dann sehen, dass es geschmacklich eigentlich keinen Unterschied macht, greifen sie natürlich lieber auf die vegane Variante zurück“, so Fürnkranz. Cover | Vegetarisch & Vegan Buchtipps Wiener Küche vegan. Vegane Speisen, und das in der Wiener Küche? Ein absolutes No-Go, denken viele. „Stadtbekannt“ hat die Wiener Küche aber genauer unter die Lupe genommen und das Kochbuch „Wiener Küche Vegan“ herausgebracht. Dieser Mix von Wiener Hausmannskost und nachhaltiger Ernährung dient als kulinarischer Anhaltspunkt für alle Neugierigen, „Flexiganer“ aber auch für Veganer. Vom nicht ganz klassischen Schnitzel über diverse Gulaschvariationen bis hin zum verlockenden Apfelstrudel – hier wird jeder fündig, dessen Magen ganz für die Wiener Küche knurrt. Stadtbekannt.at: Wiener Küche Vegan; Verlag Holzbaum, ISBN 9783-902980-28-1; Preis: 19,99 Euro Ernährungsstil. Für Leo und Karl Wrenkh ist das Wichtigste beim Kochen der Tisch, an dem gemeinsam gegessen wird – auch wenn die Ernährungsgewohnheiten der Gäste immer komplizierter werden: Da ist mittlerweile meistens jemand dabei, der sich vegan oder vegetarisch ernährt oder irgendwelche Unverträglichkeiten hat, aber auch garantiert einer, der sich auf ein gutes Stück Fleisch freut. Die beiden Brüder meistern in ihrem ersten Kochbuch „Vom Glück, gemeinsam zu essen. Aufgetischt für jeden Ernährungsstil“ elegant die Herausforderung, für komplizierte Esser unkompliziert zu kochen. Dieses Konzept wurde von Leo und Karl Wrenkh über Jahre in ihrem Wiener Kochsalon praktiziert und optimiert - von geschmortem Gemüse über einen knusprigen Braten bis hin zu feiner Pasta und knackigem Salat – alles leicht kombinierbar, aufeinander abgestimmt und vollwertig. Leo & Karl Wrenkh, Vom Glück, gemeinsam zu essen. Aufgetischt für jeden Ernährungsstil, Brandstätter Verlag, ISBN 978-3-85033-9407; Preis: 29,90 Euro Veganer Genuss. Siegfried Kröpfl ist wahrscheinlich Österreichs erster Haubenkoch, der sich vegan ernährt. Inspiriert durch seine Tochter Melanie, die seit mehreren Jahren auf tierische Lebensmittel verzichtet, haben die beiden ihre veganen Lieblingsrezepte zusammengestellt. Dies bedeutet keineswegs Verzicht auf Spezialitäten der traditionellen Wiener Küche. Wer Faschierte Laibchen, Wiener Schnitzel oder Kaiserschmarren nicht über Bord werfen möchte, findet dafür in diesem Buch gelingsichere und einfache vegane Rezepte. „Wir backen vegan“, das zweite Buch der Kröpfls, wurde bei den Gourmand Awards 2015 als bestes veganes Kochbuch ausgezeichnet. Siegfried & Melanie Kröpfl, Wir kochen vegan, Krenn Verlag, ISBN 978-3-99005-181-8, Preis. 19,95 Euro KOCHEN: JETZT 3x LEICHTER! Mit den Tomaten Pouches von HORECA SELECT. Höherer Anteil an Vitamine CARBONARA 800 g ZU ENTSORGEN ZU DOSIEREN durch schonen n und Nährstof fen BOLOGNESE 800 g Mehr Infos unter: www.metro.at/pouches Pastasauc Pouches O exklusiv bei METR LEICHT LEICHT LEICHT ZU ÖFFNEN TEN ! NEUE SORen dere Produktion im AMATRICIANA 800 g Vergleich zur Dose! PUTTANESCA 800 g NAPOLITANA 800 g MARINARA 800 g ARRABIATA 800 g