Samstag, 23. Oktober 2010 / Nr. 247 Kultur Neue Zuger Zeitung 13 Sie machen Ländler grossstadttauglich VOLKSMUSIK Die Formation Barde steht für urig-gemütliche Ländlermusik, gemischt mit experimentellem Jazz. Die Mischung variiert allerdings. ANDRÉE STÖSSEL [email protected] Sie switchen zwischen den Stilen und bringen sie gleichzeitig auf einen Nenner: Markus Beeler, Klarinettist aus Cham, die beiden Schwyzer Marcel Lenggenhager am Kontrabass und André Ott mit dem Schwyzerörgeli sowie Laurent Girard aus Thal SG am Klavier. Seit 2004 sind die vier Musiker als Formation Barde unterwegs. Nach ihrem ersten Sampler «Urschwyzer Naturtöne» und dem Album «Schlirgg» haben sie nun mit «ALP» eine weitere CD herausgegeben (siehe Box). Die Barden haben sich mit ihrem eigenwilligen Stilmix aus Ländler und modernem Jazz in der neuen Volksmusikszene einen Namen gemacht. Längst treten sie damit nicht mehr nur in urchigen Beizen auf: Sie haben die Konzertsäle erobert. Auf ihrer CD-Präsentationstour traten die Barden unter anderem in der Tonhalle in Zürich auf. Und weil das Publikum in solchen Konzerträumen ein anderes ist, wird das Programm jeweils entsprechend angepasst: ein bisschen mehr Jazz im Konzertsaal, ein bisschen weniger experimentell in der Bergbeiz, erklärt Beeler. bei der Bläserphilharmonie Zug und ist Soloklarinettist der Zuger Sinfonietta. Andererseits war sein Mentor in Sachen Volksmusik kein Geringerer als Jost Ribary II. Musikstunden bei Jost Ribary II. Als nach der Ausbildung an der Musikhochschule Luzern ein eigenes Ensemble bei Beeler Thema wurde, wollte er etwas anderes machen. Denn in der traditionellen Ländlerszene gebe es bereits genug gute Musiker, fand er. «Wir schlugen also eine andere Richtung ein.» Eine erfolgreiche, wie sich schnell zeigte: Von Radio DRS wurden die Bar- Markus Beeler, der die Barden vor sechs Jahren ins Leben gerufen hat, kommt dabei ursprünglich aus dem traditionellen Lager und bringt eine klassische Ausbildung mit. Einerseits spielt der 35-jährige Chamer Musiklehrer und Berufsmusiker Klarinette «Das Switchen zwischen den Stilen ist nicht einfach.» MARKUS BEELER den bereits 2005 als Entdeckung des Jahres gefeiert. Freiheitsmusik Orchester. Ländlerkapelle. Wie bringt man das unter einen Hut? «Es ist gerade dieser extreme Kontrast, der mir Spass macht», sagt Markus Beeler. Allerdings: «Das Switchen zwischen den Stilen ist nicht einfach.» Im Orchester, in dem die Vorgaben strikt, die Noten fix sind, sieht er sich als der Ausführende, der das Ziel hat, dem Anspruch des Komponisten gerecht zu werden. Hingegen liebt Beeler die Freiheit an der selbst komponierten und teils adaptierten Volksmusik. Hier kann er sich austoben. «Die Perfektion eines Orchesters braucht es nicht. Der Ländler darf ruhig etwas dreckig sein.» Und vielleicht ergibt sich schon bald eine Möglichkeit, die beiden unterschiedlichen Schaffensweisen doch in einem Konzertsaal zu vereinen: Markus Beeler schwebt ein Orchester-LändlerProjekt vor. Das ist aber auch schon alles, was er dazu verraten will. Also warten wirs ab. EXPRESS Der Chamer Berufsmusiker Markus Beeler hat die Formation 2004 gegründet. Er wollte damit bewusst eine neue Richtung einschlagen. Die Formation ist sowohl in Ländlerstuben als auch in Konzertsälen erfolgreich. Frischer Wind «ALP» JJA. Die Ländlerformation Barde (sprich: Bardä) hat sich in kurzer Zeit Achtung und Beachtung in der instrumentalen Volksmusik verschafft. Die vier Vollblutmusiker bieten ihrem Publikum unvergessliche Klangerlebnisse und erinnern etwas ans Zuger Urgestein Dani Häusler. Mit dem Wort «Alp» wird Traditionelles, Urtümliches und Ländliches assoziiert. Auf der CD werden neben eingängigen Neukompositionen auch Stücke von etablierten Komponisten gespielt. Die Barden folgen den Spuren früherer Generationen, wollen aber mit ihren Interpretationen auch eigene legen. Eingängig und eigensinnig Etwas schwermütig wirken Stücke wie «Mazurka Wayne», «Schneerose» und «Wissi Wolke», zeigen aber auch das grosse Spektrum der Volksmusiker auf. Die Neukompositionen hören sich eingängig an, wobei Stilelemente von der Klassik bis zum Jazz verwendet werden. Damit gehört die Formation zur neuen Generation von Ländlerinterpreten, die den Zuhörern genussvolle Stunden bieten. Musiker mit Herzblut (von links): Laurent Girard (Piano), Marcel Lenggenhager (Bass), Markus Beeler (Klarinette) und André Ott (Schwyzerörgeli). PD Zuger Galeristen in Zürich dabei ZEITGENÖSSISCHE KUNST ast. An der «Kunst 10 Zürich» stellen heuer rund 80 internationale Galerien auf 8000 Quadratmetern aus. Mit dabei sind auch zwei Galeristen aus dem Kanton Zug: ● Die Galerie Billing Bild, Baar, zeigt Werke von Lukas Salzmann, Markus Uhr, Jet Rotmans, Enric Mas, Rochus Lussi, Cécile Straumann und Ron Temperli. ● Die Galerie Carla Renggli, Zug, präsentiert Kunst von Judith Albert, Maurice Ducret, Gabi Fuhrimann, Robert Indermaur, Marlise Mumenthaler, Christina Priska Oldani, Andreas Reichlin, Willi Siber, Judit Villiger und Franziska Zumbach. Über 20 000 Besucher Die «Kunst 10 Zürich» findet in der ABB-Halle 550 bereits zum 16. Mal statt. Mit dem ZKB-Kunstpreis hat die Messeleitung vor drei Jahren eine Plattform für Galerien und deren junge Künstler ins Leben gerufen. Gemäss den Organisatoren verzeichnet die Messe in den ehemaligen Fabrikhallen in Zürich-Oerlikon jährlich über 20 000 Besucher. HINWEIS Kunst 10 Zürich: Vom 11. bis 14. November in der ABB-Halle 550, Ricarda-Huch-Strasse, 8050 Zürich (ehemalige Fabrikhallen hinter dem Bahnhof Zürich-Oerlikon). Öffnungszeiten: Donnerstag und Freitag 16 bis 22 Uhr; Samstag 11 bis 19 Uhr; Sonntag 11 bis 18 Uhr. Weitere Infos: www.kunstzuerich.ch HINWEIS Barde, «Alp», EAN-Code 761 1698 04910 8, 29 Franken. Erhältlich auf www.barde.info oder im Fachhandel. Hier trifft Ägypten auf die Schweiz KONZERT «White Lotus» heisst ein Projekt von Patricia Draeger und dem Ensemble Sabil. Die musikalische Reise führt nach Zug. Gemeinsam mit drei Schweizer Musikerkollegen hat die Zugerin Patricia Draeger diesen Frühling die Zusammenarbeit mit dem in Ägypten lebenden Armenier Georges Kazazian aufgenommen. Letzterer ist bekannt als vituoser und experimentierfreudiger Oud-Spieler. Die Oud ist ein traditionelles bundloses Saiteninstrument aus dem Mittelmeerraum und ähnelt der europäischen Laute. Im Nahen Osten ist sie sehr verbreitet und ermöglicht die für die arabische Musik typischen fliessenden Übergänge zwischen Halbund Vierteltönen. Kazazian hat sich sowohl mit traditioneller ägyptischer Musik beschäftigt als auch mit indischen Klängen und der Musik aus seiner armenischen Heimat. «Die Musik ist eine Reise», erklärt er in träumerischem Ton, und wer ihm zuhört, merkt rasch, dass Ausschweifung und Improvisation nicht nur die künstlerische Arbeit, sondern den gesamten Stil dieses Musikers prägen. auch aus freien Zwischenpassagen, in denen Platz für Improvisation bleibt. Draeger und der Sopransaxofonist Albin Brun haben schon oft zusammen gespielt und sich mit europäischer und Schweizer Musik befasst. Auch Perkussionist Chris Jaeger Bron und der Bassist Luca Siseira haben breite Erfahrung in der heimischen und der internationalen Musikszene. Die Vorbereitung der Konzertreihe stellt für die fünf Profis dennoch einige besondere Herausforderungen vor. Das relativ reglementierte gemeinsame Proben, welches hierzulande im Normal- fall zu einem festen Programm führt, von dem die Band dann nur wenig abweicht, ist unter arabischen Musikern kaum verbreitet. Mit seinen ägyptischen Kollegen spielt Georges Kazazian meist stundenlang zusammen, ohne vorher zu wissen, wohin die Reise diesmal führen wird. Unbekanntes Terrain «Man muss seine Ohren stets offen halten», sagt Akkordeonistin Draeger und betont die grosse Konzentration, die ein solches Musikprojekt der Gruppe abverlangt. Bei jedem der insgesamt SARAH SCHLÜTER [email protected] Geplant ungeplant Das Repertoire des Ensembles setzt sich sowohl aus festgelegten, komponierten Passagen aus Jazz, Worldmusic und Schweizer Musik zusammen als sieben Konzerte, die das Ensemble in der Schweiz spielt, wird das Programm ein wenig variieren, nur einige feste Rahmenvorgaben gibt es. Das verbindende Element der Musikergruppe ist genau dies: die Neugier auf neue Aspekte ihrer Leidenschaft, der Musik, das Kennenlernen und Einfühlen auf unbekanntem Terrain und somit die Kreation neuer, unkonventioneller Klänge. Man möchte die bekannten Strukturen aufbrechen und so auch dem Publikum die Spannung näherbringen, die auf der Bühne entstehen kann, wenn einmal nicht alles vorhersehbar und geplant ist. Das Projekt «White Lotus» soll sicherlich nicht das letzte seiner Art bleiben, ist Patricia Draeger überzeugt: «Die Besetzung der Band könnte optimaler nicht sein.» Zwar war die Vorbereitungsphase der Konzertreihe, die auch durch Basel, Chur, Bern und Zürich führt und schlussendlich in Zug ihren Abschluss finden wird, eine sehr intensive Zeit. Seit dem ersten Kontakt im Frühjahr dieses Jahres haben die Musiker nur einige Monate Zeit gehabt, um die Tour zu organisieren und gemeinsam zu proben. Doch der Aufwand hat sich gelohnt. Man darf sich auf einen Abend intensiver musikalischer und kultureller Begegnungen freuen. Bei der Probe: Georges Kazazian und Patricia Draeger. Bild Stefan Kaiser HINWEIS «White Lotus», Patricia Draeger & Ensemble Sabil: Mittwoch, 27. Oktober, Chollerhalle Zug. Türöffnung: 19 Uhr, Beginn: 20.30 Uhr. Tickets auf www.starticket.ch