Departement Medizin, Brauerstrasse 15, Postfach 834, CH-8401 Winterthur, www.ksw.ch Antithrombotische Therapie bei Herzerkrankungen Was versteht man unter antithrombotischer Therapie? Unter einer Thrombose versteht man das Blockieren des Blutstromes in den Venen oder Arterien. Das Blut beginnt zu stocken und bildet Gerinnseln, die ein Blutgefäß ganz oder teilweise verschließen können. Ziel einer antithrombotischen Therapie ist die Verhinderung oder Auflösung dieser Blutgerinnseln. Antithrombotische Substanzen Zur Vorbeugung respektive Auflösung von Blutgerinnseln stehen mehrere Medikamente zur Verfügung. Eine der ältesten antithrombotischen Substanzen ist die Acetylsalicylsäure (z.B. Aspirin). Dieser Wirkstoff hemmt das Zusammenkleben (Aggregation) der Blutplättchen (Thrombozyten). Die Aggregation der Blutplättchen ist bei Verletzungen von Blutgefässen normalerweise ein erwünschter Reparations-Mechanismus des Körpers. Beispielsweise bei einer Schnittverletzung verschliessen die Blutplättchen die defekte Stelle des Gefässes, wodurch die Blutung gestoppt wird. Im Krankheitsfall, zum Beispiel beim Herzinfarkt, kann die Aggregation der Blutplättchen aber auch fatale Folgen haben. Die Blutplättchen kleben im Gefäss zusammen, ein Blutgerinnsel entsteht und das Gefäss wird dadurch verstopft. Acetylsalicylsäure hemmt diese folgenschwere Aggregation der Blutplättchen. 1/3 Kantonsspital Winterthur, Departement Medizin Ähnlich wie Aspirin wirken folgende, in den letzten Jahren entwickelten Substanzen: Clopidogrel (Plavix), Prasugrel (Efient) und Ticagrelor (Brilique). Diese Medikamente hemmen ebenfalls die Blutplättchen, jedoch über einen etwas anderen Mechanismus als das Aspirin und können in Verbindung mit Aspirin die Wirkung desselben verstärken. Dies wird therapeutisch bei der Einlage eines Drahtgitters (Stents) in die Kranzarterien genutzt, indem eine solche Medikamentenkombination verhindert, dass sich die Blutplättchen im Stent verkleben, und diesen nicht verschliessen können. Cumarine sind antithrombotische Substanz (z.B. Marcumar, Sintrom), welche das Vitamin K hemmen. Vitamin K wird für die Bildung von Gerinnungsfaktoren in der Leber gebraucht. Steht Vitamin K nicht zur Verfügung, können weniger Gerinnungsfaktoren gebildet werden. Folglich ist die Gerinnungszeit verlängert. Umgekehrt bedeutet das, dass eine verstärkte Blutungsneigung besteht. Heparin hemmt ein Gerinnungsfaktor und führt zu einer raschen Verlängerung der Gerinnungszeit. Dieser schnelle Wirkungseintritt wird vor allem bei Patienten mit akutem Herzinfarkt genutzt, wo jede Sekunde zählt. Cumarine können nur als Tabletten eingenommen werden, Acetylsalicylsäure kann intravenös oder als Tablette gegeben werden, Heparin wird unter die Haut oder intravenös gespritzt. Antithrombotische Therapie bei Herzklappenerkrankungen Durch Infektionen, rheumatische Leiden oder auf Grund des normalen Alterungsprozesses können die Herzklappen so verändert werden, dass die Funktion wesentlich eingeschränkt wird. Es kommt entweder zur Verengung der Klappe (Stenose) oder zum ungenügenden Klappenschluss (Insuffizienz). Stellen sich Beschwerden wie Atemnot, verminderte körperliche Leistungsfähigkeit oder Herzrhythmusstörungen ein, muss allenfalls mittels Herzoperation eine künstliche Herzklappe eingesetzt werden. Eine künstliche Herzklappe ist mit einem erhöhten Risiko für die Ausbildung von Blutgerinnseln assoziiert. Diese können sich von der neu eingesetzten Klappe lösen und in den Körper ausgeschwemmt werden. Ein Blutgerinnsel, welches vom Herzen in den Körper gespült wird, bezeichnet man als Embolie. Verstopft ein Blutgerinnsel ein Blutgefäss, ist die Sauerstoffversorgung des nachgeschalteten Organ möglicherweise so stark eingeschränkt, dass die Funktion stark abnimmt oder das Organ sogar abstirbt. Um der Entstehung von Blutgerinnseln entgegenzuwirken, brauchen Patienten mit künstlicher Herzklappe lebenslang eine antithrombotische Therapie. In der Regel erhalten diese Patienten Cumarine wie zum Beispiel Marcumar oder Sintrom. Antithrombotische Therapie bei Herzrhythmusstörungen Der normale Herzschlag ist gekennzeichnet durch eine ununterbrochene Folge von elektrischen Impulsen, die wechselseitig einen Erregungsaufbau und einen Erregungsabbau und damit einen regelmäßigen Herzschlag herbeiführen. Eine häufige Herzrhythmusstörung ist das Vorhofflimmern. Dabei findet sich eine Überschneidung bzw. ein Wiedereintritt von Erregungsleitungsimpulsen in einen aktiven Impuls. Dieser Vorgang wird Reentrymechanismus genannt. Die Zeit, die zwischen der Erregung der Herzmuskulatur und dem Herzschlag vergeht (Refraktärzeit) nimmt immer mehr ab. Durch die Überlagerung der Impulse schlagen Vorhof und Kammer vielfach gleichzeitig. Die Füllungsphase wird immer kürzer, so daß immer weniger Blut aus der Herzkammer ausgeworfen werden kann. Bei Aufzeichnung der Herzkurve (Elektrokaridogramm) werden diese Veränderungen sichtbar. Patienten, welche an einem Vorhofflimmern leiden, haben ein stark erhöhtes Risiko, in den Herzhöhlen Blutgerinnsel zu entwickeln. Wie bereits oben beschrieben können diese Blutgerinnsel als Embolien in den Körper ausgeschwemmt werden und durch Verstopfung von wichtigen Blutgefässen schwerwiegende Folgen haben. Wiederum wird therapeutisch eine Blutverdünnung anfänglich mit Heparin, überlappend mit Cumarinen nötig. Je nach Situation und Krankheitsverlauf ist es möglich, den normalen Herzrhythmus in Kurznarkose mittels Herzelektroschock (Defibrillation) wiederherzustellen. Bleibt der normale Herzrhythmus stabil, kann die Blutverdünnung allenfalls abgesetzt werden. Antithrombotische Therapie bei Herzinfarkt Ursache für einen Herzinfarkt ist der Verschluss eines Herzkranzgefässes durch eine im Gefäss entstandene Thrombose. In dieser Situation ist ein Patient lebensgefährlcih krank und das verschlossene Gefäss muss raschestmöglich eröffnet werden. Deswegen brauchen diese Patienten Medikamente, deren Wirkung sofort eintritt. Geeignet hierfür ist die Acetylsalicylsäure, welche allenfalls vom erstbeurteilenden Arzt bereits zu Hause als 2/3 Kantonsspital Winterthur, Departement Medizin Tablette gegben oder gespritzt werden kann. In der Klinik erhalten die Patienten dann Heparin und je nach Situationen weitere Medikamente, welche die Blutgerinnung beeinflussen. Nach einem Herzinfarkt muss lebenslang eine Therapie mit Acetylsalicysäure durchgeführt werden. Ziel dieser Behandlung ist die Verhinderung einer erneuten Bildung von Blutgerinnseln in den Herzkranzgefässen. Gefahren der antithrombotischen Therapie Jegliche medikamentöse Beeinflussung der Gerinnung und/oder der Funktion der Blutplättchen ist mit einem erhöhten Risiko von Blutungen verbunden. Diese äussert sich in leichten Fällen zum Beispiel als Zahnfleischbluten nach kräftigem Zähneputzen oder Neigung zu blauen Flecken auch bei leichten Prellungen. Falls intensive Blutungen aus der Nase oder dem Mund auftreten, der Urin sich rötlich verfärbt oder der Stuhl pechschwarz wird muss unverzüglich ein Arzt konsultiert werden, um die Blutverdünnung und mögliche schwerwiegende Komplikationen abgeklärt werden. Deswegen sollte jeder Patient, welcher antihrombotische Medikamente einnimmt, über Wirkung und Nebenwirkung der Substanzen optimal informiert werden. Patienten mit CumarinTherapie brauchen eine spezielle Überwachung. Die Wirkung muss mit regelmässigen Blutkontrollen überwacht werden, sodass gegebenenfalls eine Anpassung der Dosierung erfolgen kann. Bestimmt wird entweder der sogenannte Quick-Wert oder INR-Wert. Patienten mit Cumarin-Therapie erhalten einen Antikoagulations-Ausweis, in welchen die aktuelle Dosierung und das Ergebnis der letzten Blutkontrolle eingetragen werden. Der Ausweis sollte bei jedem Arztbesuch vorgezeigt und stets bei sich getragen werden. 3/3