Das Ding mit Wagner Was das Jubiläumsjahr Anhängern und Publikum brachte Soviel Wagner war noch nie in Leipzig. Auch deshalb gehört er zu unserem Jahresrückblick. Um den Tonmeister kam auch die KiPPE nicht herum und wartete mit einer Serie über ihn auf. Sie lief unter dem Titel „Richard Wagner und Leipzig“ und stellte sein junges Leben in seiner Geburtsstadt mit vielen Details sowie den späteren Bezug zu Leipzig dar. Der Zufall wollte es (und völlig unabhängig voneinander), dass unter dem gleichen Titel ein Buch der Wagner-Forscherin Ursula Oehme erschien und ebenfalls die Leipziger Zeit beleuchtete. das Negieren aller Konventionen, das sind Wagners Intensionen und sie schlagen sich im „Liebesverbot“ nieder. Liebe. Wagners „Liebesverbot“ ist ein Plädoyer gegen „puritanische Heuchelei“. Um es gleich zu sagen: Mit dem „Liebesverbot“ (Inszenierung: Aron Stiehl, Dirigent: Matthias Foremny) gelang der Oper Leipzig ein guter Einstand in die neue Spielzeit. Zu erleben ist Christiane Libor, die zuletzt als Fee Ada in „Die Feen“ das Publikum begeisterte. Sie verkörpert die Titelpartie der Novizin Isabella, die den gestrengen Sittenwächter Friedrich (Publikumsliebling Tuomas Pursio) geschickt um den Finger wickelt. Beide Sänger bieten stimmlich Hervorragendes. Der Chor auch Neben der Fülle neuer optisch eine Augenweide Publikationen über und als ein Panoptikum der um Wagner im JubiläLust und Lebensfreude: umsjahr gab es natürlich Tunten, Marktweiber, reichlich zu hören und Hippies, Lebedamen, Gezu sehen. Klar, der Ring cken. Nur hapert es mitdurfte an der Oper nicht unter im Zusammenspiel fehlen (ihn gab es in eizwischen Orchester, Sänner stark gekürzten und ironisierten Version an Christiane Libor und Tuomas Pursio in „Das Liebesverbot“ Foto: Oper Leipzig gern und Chor. Und noch einmal gab der MuKo sogar als bejubelte Kinderfassung), aber es gab mit Spielzeit eröffnet, und zugleich die Zusam- es Wagner als Premiere in Leipzig reich„Die Feen“ und „Das Liebesverbot“ einen menarbeit mit den Bayreuther Festspielen lich ungewöhnlich, Ende Oktober an der Wagner, den wir so nicht kannten – weil anlässlich des Wagner-Jahres 2013 been- MuKo mit „Wagners Ding mit dem Ring“ es beide Werke eines jungen Komponisten det. Diese „Große Komische Oper“, das – als Musical! Zwei Stunden lockere Bresind, der noch auf der Suche nach seinem Wagner frei nach Shakespeares „Maß für chung eines vierteiligen GesamtkunstwerPlatz in der Welt der Musik war. Übrigens, Maß“ komponierte, ist nach „Rienzi“ und kes. Für eingefleischte Wagnerianer wohl ein weiterer Zufall soll erwähnt werden: „Die Feen“ das letzte der drei Frühwerke eine echte Herausforderung… 1813 war auch das Geburtsjahr eines an- des Meisters, dass die Oper Leipzig nun in Und sonst? Leipzig hatte sich seines „groderen großen Opern-Genies: Guiseppe ihrem Repertoire hat. Weltweit einmalig. ßen Sohnes“ mit viel Hingabe gewidmet Verdi. Sein Geburtstag jährte sich am 9. Oktober zum 200. Mal. Wagner und Zum Inhalt: Das dralle Leben des Karnevals – wochenlang Festivitäten, Aktivitäten, Verdi – beide haben die Oper im 19. Jahr- von Palermo trifft hier auf die moralischen Kuriositäten. Neben Inszenierungen an hundert wie keine anderen geprägt und Prinzipien des sittenstrengen Statthalters Oper & Co. ein internationaler Kongress, waren einander ebenbürtig mit ihren ge- Friedrich, heißes mediterranes Tempera- Picknick, Spektakel „Wagner reloaded“ ment trifft auf kühle nordische (deutsche) in der Arena usw. Soviel Würdigung ist schaffenen Bühnenkonzepten. Disziplin. Für helle Aufregung sorgt ein ja nicht ganz selbstverständlich. Wagner Zurück zu unserem Richard. Während „Die neues Gesetz, das die Ausübung des Kar- und Leipzig, das blieb immer ein SpanFeen“ zu Wagners Lebzeiten nie auf die nevals bei Todesstrafe verbietet, bis Statt- nungsverhältnis (siehe auch unsere Serie). Bühne kamen, fand die Uraufführung sei- halter Friedrich plötzlich über die Novizin Mal sehen, was übrigbleibt über das Jubiner zweiten Frühoper 1836 in Magdeburg Isabella und seine eigenen Prinzipien stol- läumsjahr hinaus. statt. Es war jene Zeit, als er gerade sei- pert. Bei aller Komik exponiert Wagner in Ach ja, Götterdämmerung herrschte direkt ne Geliebte Minna Planer an seiner Seite seinem zweiten Werk ein Thema, das ihn am Tag des 200. Geburtstages: die Einweihatte, die er im gleichen Jahr nach Zeiten Zeit seines Lebens beschäftigen wird, die hung des komischen Denkmals auf dem „wilder Ehe“ noch heiratete. Freizügig- Diskrepanz zwischen Eros und Moral, zwi- Klinger-Sockel bei strömenden Regen... bwa keit, Sinneslust, Emanzipation der Frau, schen leidenschaftlicher Lust und „reiner“ 8 THEMA Nun hatte Wagners zweite Oper im September in Leipzig Premiere gehabt. Sie war Auftakt und Schlussakkord zugleich. Mit „Das Liebesverbot oder die Novize von Palermo“ hat die Oper Leipzig ihre neue