ETH Zürich Institut für Theoretische Informatik Prof. Dr. Angelika Steger Prof. Dr. Emo Welzl HS 2012 Lösungsvorschlag zu Übungsblatt 3 Diskrete Mathematik (D-ITET) Aufgabe 1 Der Petersengraph P kann wie unten abgebildet gezeichnet werden. {2,3} {1,4} {4,5} {1,5} {1,3} {2,4} {3,5} {2,5} {1,2} {3,4} Ein Kreis in P der Länge l ist eine Folge ({a1 , b1 }, {a2 , b2 }, . . . , {al , bl }) paarweise verschiedener Zweiermengen mit {ai , bi } ∩ {ai+1 , bi+1 } = ∅ für alle i = 1, 2, . . . , l − 1 und {al , bl } ∩ {a1 , b1 } = ∅. Angenommen, es gäbe einen Kreis der Länge 3 in P , dieser hat die Form ({a, b}, {c, d}, S), wobei a, b, c, d paarweise verschieden sind und S eine zweielementige Teilmenge von M . Nun folgt aus {c, d} ∩ S = ∅, dass S ⊆ {a, b, e}, und aus S ∩ {a, b} = ∅, dass S ⊆ {c, d, e}. Insgesamt gilt also S ⊆ {e}, offenbar ein Widerspruch. Angenommen, es gäbe einen Kreis der Länge 4 in P , dieser hat o.B.d.A. die Form ({a, b}, {c, d}, {a, e}, S), wobei a, b, c, d, e paarweise verschieden sind und S eine zweielementige Teilmenge von M . Nun folgt aus {a, e} ∩ S = ∅, dass S ⊆ {b, c, d}. Wegen S 6= {c, d} gilt demnach b ∈ S, im Widerspruch zu S ∩ {a, b} = ∅. Offenbar gibt es aber viele Kreise der Länge 5 in P (siehe Abbildung). Aufgabe 2 (a) Wir interpretieren die Städte und Strassen als die Knoten und Kanten eines Graphen G = (V, E). Dann ist G zusammenhängend, und jeder Knoten hat geraden Grad, also verfügt G über eine Euelrtour. Wir starten in einem beliebigen Knoten v0 und laufen die Eulertour ab. Beim Verlassen eines Knotens v durch eine Kante e entscheiden wir wie folgt, ob wir e säubern. Wenn von v vor dem Verlassen eine gerade Zahl von sauberen Kanten ausgehen, dann säubern wir e, bei einer ungeraden Zahl säubern wir e nicht. Auf diese Weise gehen von jedem Knoten beim Verlassen eine ungerade Zahl an sauberen Kanten aus. Wenn wir die Eulertour beendet haben, dann gehen von jedem Knoten v 6= v0 eine ungerade Zahl von sauberen Kanten ab, denn nach dem letzten Besuch von v war die Zahl ungerade. Für v0 funktioniert dieses Argument nicht. Wir zeigen daher auf andere Weise, dass von v0 eine ungerade Zahl von sauberen Kanten ausgeht. Für jeden Knoten v sei s(v) die Zahl der von v ausgehenden sauberen Kanten, und es sei S die Gesamtzahl der sauberen Kanten. Dann ist P v∈V s(v) = 2S, denn auf der linken Seiten zählen wir jede saubere Kanten genau zweimal. 1 Nun wissen wir für alle 199PKnoten in V \ {v0 } schon, das s(v) ungerade ist. Wäre s(v0 ) gerade, so wäre die Summe v∈V s(v) insgesamt ungerade und könnte nicht mit der rechten Seite übereinstimmen. Also ist s(v0 ) ebenfalls ungerade. (b) Wie in (a) identifizieren wir Städte und Strassen als die Knoten und Kanten eines Graphen G = (V, E). Nun betrachten wir den Multigraphen G0 = (V, E 0 ), der entsteht, wenn wir jede Kante in G verdoppeln. Nach dem Hinweis verfügt dann auch G0 über eine Eulertour. Mit derselben Konstruktion wie in (a) säubern wir einige der Kanten in G0 , sodass am Ende von jedem Knoten in G0 eine ungerade Anzahl Kanten ausgeht. Nun legen wir wie folgt fest, welche Kanten des ursprünglichen Graphen G wir säubern wollen. Einer Kante e von G entsprechen zwei Kanten e1 und e2 in G0 . Wir säubern e falls genau eine der beiden Kanten e1 und e2 sauber ist. (Beachten Sie, dass wir e also nicht säubern, wenn sowohl e1 als auch e2 sauber sind.) Auf diese Weise ist sichergestellt, dass auch in G von jedem Knoten eine ungerade Anzahl sauberer Kanten ausgehen. Damit ist die Behauptung bewiesen. Aufgabe 3 Wir nehmen an, es gäbe zwei knotendisjunkte längste Pfade P1 und P2 , und führen diese Annahme zum Widerspruch. Seien v1 bzw. v2 zwei beliebige Knoten auf P1 bzw. P2 . Da der Graph zusammenhängend ist, gibt es einen Pfad Q von v1 nach v2 . Durchlaufen wir Q beginnend von v1 , so gibt es einen letzten Knoten w1 in Q, der auch auf P1 liegt, und nach w1 einen ersten Knoten w2 in Q, der auch auf P2 liegt (es gibt einen solchen letzten und ersten Knoten, da Q mit einem Knoten auf P1 startet und bei einem Knoten auf P2 endet, und P1 und P2 nach Voraussetzung knotendisjunkt sind). Sei Q0 der Teilpfad von Q, der w1 mit w2 verbindet. Dies ist ein Pfad der Länge mindestens 1, der bis auf Start- und Endpunkt knotendisjunkt zu P1 und P2 ist. Nun betrachten wir wieder P1 . Der Knoten w1 zerlegt P1 in zwei Teilpfade. Sei H1 der längere der beiden Teilpfade (sind beide Teilpfade gleich lang, so sei H1 ein beliebiger der beiden Teilpfade). Analog sei H2 der längere der beiden Teilpfade, in die P2 zerfällt, wenn man w2 entfernt. Dann ist der Weg, der aus den Teilwegen H1 , Q0 und H2 besteht, sogar ein Pfad, weil alle drei Teilpfade knotendisjunkt sind. Da ausserdem H1 und H2 beide mindestens halb so lang wie ein längster Pfad sind, und Q0 eine Länge von mindestens 1 hat, ist der so konstruierte Pfad echt länger als ein längster Pfad, was ein Widerspruch ist. Dies beweist die Behauptung. H1 . . . −→ −→ . . . w1 ↓ .. . Q0 ↓ . . . −→ w2 −→ . . . H2 Zur zweiten Frage: Im unten abgebildeten Graphen gibt es 9 verschiedene längste Pfade (jeweils der Länge 9), die sich alle durch Spiegelung und Drehung aus den zwei gestrichelt markierten längsten Pfaden ergeben. Man sieht auch leicht, dass es für jeden Knoten des Graphen einen längsten Pfad gibt, der diesen Knoten nicht besucht. Damit ist die gestellte Frage mit “nein” zu beantworten. 2 Aufgabe 4 Wie im Skript beschrieben, besteht die Knotenmenge von Qd aus allen Bitfolgen der Länge d; ausserdem sind zwei Knoten genau dann durch eine Kante verbunden, wenn sich ihre Folgen an genau einer Stelle unterscheiden. Um zu zeigen, dass Qd d-zusammenhängend ist, beweisen wir, dass das Entfernen einer Menge von d − 1 Knoten den Zusammenhang von Qd nicht zerstört. Dies beweisen wir mit Induktion über d. Für d = 2 stimmt die Aussage offensichtlich (entfernt man einen Knoten aus Q2 = C4 , so ist der verbleibende Graph immer noch zusammenhängend). Wir nehmen nun die Gültigkeit der Aussage für ein festes d ≥ 2 an, und zeigen, dass sie dann auch für d + 1 stimmt. Sei X ⊆ V (Qd+1 ) eine Menge von d Knoten, und sei k eine Stelle, an der sich die Bitfolgen von zwei Knoten aus X unterscheiden. Wir betrachten jetzt die beiden Teilgraphen H0 und H1 von Qd+1 , die durch alle Knoten induziert werden, deren k-tes Bit eine 0 bzw. eine 1 ist. Sowohl H0 als auch H1 sind offenbar Kopien von Qd . Ausserdem verlaufen genau 2d Kanten zwischen den beiden Teilgraphen H0 und H1 ; alle Endknoten dieser Kanten sind verschieden. Es seien X0 und X1 die Knoten der Menge X in den beiden Teilgraphen H0 bzw. H1 . Nach Wahl der Koordinate k sind die Mengen X0 und X1 beide nichtleer. Da sie zusammen genau d Knoten enthalten, enthält jede höchstens d − 1 Knoten. Nach Induktionsvoraussetzung ist also, wenn man aus H0 alle Knoten der Menge X0 entfernt, der verbleibende Graph noch zusammenhängend. Gleiches gilt für den Graphen, der verbleibt, wenn man aus H1 alle Knoten der Menge X1 entfernt. Wir müssen nun noch zeigen, dass wenigstens eine Kante verbleibt, auf der man zwischen den beiden Hälften “hin- und herspringen” kann. Dies folgt aber leicht, da von den 2d Kanten zwischen den beiden Teilgraphen H0 und H1 höchstens d viele zerstört werden und sicher 2d > d gilt. Bemerkung: Tatsächlich kann man den Zusammenhang von Qd zerstören, indem man d Knoten entfernt, nämlich alle Nachbarn eines ausgewählten Knotens. Aufgabe 5 Wir betrachten den vollständigen Graphen mit den sechs Knoten 1, 2, . . . , 6. Zusätzlich fügen wir eine Schleife an jeden Knoten an. Jede Kante dieses Graphen steht für einen der 21 Dominosteine (Die Schleifen stehen für die Steine, welche zweimal die gleiche Augenzahl aufweisen). Jede Anordnung der Dominosteine, welche die verlangte Bedingung erfüllt, entspricht einem Eulerspaziergang in diesem Graphen. Ein Eulerspaziergang ist ein Weg, der jede Kante des Graphen genau einmal enthält, dessen Anfangs- und Endpunkt aber nicht notwendigerweise identisch sind (bei einer Eulertour sind Anfangs- und Endpunkt identisch). Es lässt sich leicht zeigen, dass in einem Graphen ein Eulerspaziergang existiert, genau dann wenn der Graph zusammenhängend ist und höchstens zwei Knoten ungeraden Grad haben. In unserem Graphen haben alle sechs Knoten Grad 7 (die Schleifen zählen doppelt), eine ungerade Zahl. Also enthält unser Graph keinen Eulerspaziergang. 3