Bonusmaterial ElementareZahlentheorie – Jonglieren mit Zahlen

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Bonusmaterial
ElementareZahlentheorie
– Jonglieren mit Zahlen
Die elementare Zahlentheorie, also die Untersuchungen der
Eigenschaften der ganzen Zahlen, gehört zu den ältesten Wissenschaften der Mathematik. Euklids Elemente, ein Buch, in dem
sich Euklid vor allem mit Fragen zum Aufbau des Zahlensystems
beschäftigt, ist eines der meistverkauften Bücher der Welt.
Die Problemstellungen der Zahlentheorie sind oftmals einfach zu
formulieren und daher auch mathematischen Laien verständlich.
Umso verwunderlicher ist es, dass eine derart alte und vielen
zugängliche Wissenschaft so viele ungelöste Probleme aufwirft.
So ist etwa nicht bekannt, wie viele Mersenne’sche Primzahlen
existieren.
Wir beschreiben den Aufbau des allen von Kindesbeinen an
vertrauten Zahlensystems und begründen Rechenregeln, etwa
für den größten gemeinsamen Teiler, die jedem aus der Schule
vertraut sind, jedoch dort meist nicht bewiesen wurden. Weiter
erläutern wir einige offene Probleme der Zahlentheorie.
Der angeordnete Ring der ganzen
Zahlen
Wir schildern vorab einige grundlegende und vertraute algebraische Eigenschaften der ganzen Zahlen Z.
Wieso sind die Primzahlen die
Bausteine der ganzen Zahlen?
Wie viele Teiler hat die Zahl
73626273893493625252?
Wie berechnet man effizient
den ggT ganzer Zahlen?
(Z, +) ist eine kommutative Gruppe:
– (a + b) + c = a + (b + c) für alle a, b, c ∈ Z,
– a + b = b + a für alle a, b ∈ Z,
– Es gibt ein Element 0 mit 0 + a = a für alle a ∈ Z.
– Zu jedem a ∈ Z existiert ein Element −a ∈ Z mit
a + (−a) = 0.
(Z, ·) ist eine kommutative Halbgruppe mit 1:
– (a · b) · c = a · (b · c) für alle a, b, c ∈ Z,
– a · b = b · a für alle a, b ∈ Z.
– Es gibt ein Element 1 mit 1 · a = a für jedes a ∈ Z.
a · (b + c) = a · b + a · c für alle a, b, c ∈ Z.
Diese Regeln sind aus dem täglichen Umgang mit den ganzen
Zahlen vertraut, ebenso die folgenden einfachen Regeln:
Die Gleichung a + X = b besitzt für beliebige a, b ∈ Z
genau eine Lösung, nämlich X = b − a.
Für beliebige a, b ∈ Z gilt
a · 0 = 0 und a · (−x) = −(a · x) .
Gilt 0 = a, b ∈ Z, so folgt a · b = 0.
Für a, b, c ∈ Z gilt
a · b = a · c, a = 0 ⇒ b = c .
Im Ring Z kann man also kürzen.
Die ganzen Zahlen bilden einen kommutativen
Ring mit einem Einselement
In der elementaren Zahlentheorie untersucht man die Teilbarkeitseigenschaften der ganzen Zahlen. Wir beschreiben vorab
die algebraische Struktur der ganzen Zahlen; wir werden später in diesem Kapitel, in den sogenannten Restklassenringen,
wieder auf diese Struktur zurückfinden:
Der Ring der ganzen Zahlen
Es ist Z = (Z, +, ·) (mit den bekannten Verknüpfungen
+ und ·) ein kommutativer Ring mit Einselement 1,
d. h., es gilt:
Wir verweisen auf einige übliche Begriffe und Schreibweisen:
Statt a · b wird oftmals kürzer a b geschrieben.
Für a + (−b) schreibt man kürzer a − b.
Man nennt das Element −a auch das negative oder entgegengesetzte Element zu a.
Man nennt (Z, +) die additive Gruppe und (Z, ·) die
multiplikative Halbgruppe von Z.
Die ganzen Zahlen sind angeordnet
Die Menge Z ist durch die Relation
a <b ⇔b−a ∈N
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Elementare Zahlentheorie – Jonglieren mit Zahlen
angeordnet, d. h., es gilt für a, b, c, d ∈ Z:
entweder a < b oder a = b oder b < a ,
a < b, b < c ⇒ a < c ,
a <b ⇒a+d <b+d,
a < b, 0 < d (d. h. d ∈ N) ⇒ a d < b d .
Die folgenden Bezeichnungen sind suggestiv und vertraut:
a ≤ b ⇔ a = b oder a < b ,
Beweis: Wir betrachten die Menge M := {a − b m ∈
N0 | m ∈ Z} ⊆ N0 und begründen, dass diese Menge nicht
leer ist, um das Wohlordnungsprinzip anwenden zu können.
Ist a ≥ 0, so folgt a ∈ M für m = 0, sodass in diesem Fall
M = ∅ gilt.
Nun gelte a < 0. Da b ∈ N gilt, ist 1 − b ≤ 0. Somit ist
a (1 − b) ≥ 0. Also folgt wegen a (1 − b) = a − a b für
m=a
a−ab ∈ M,
a > b ⇔ b < a,
sodass auch in diesem Fall M nicht leer ist.
a ≥ b ⇔ b ≤ a,
a
, falls a ≥ 0
|a| :=
.
−a , falls a < 0
Nach dem Wohlordnungsprinzip enthält M ein kleinstes Element r, es gilt r = a − p b ≥ 0 mit einem q ∈ Z.
Man nennt |a| den Betrag von a ∈ Z, er ist eine natürliche
Zahl oder null.
Für den Betrag gelten zwei wichtige Rechenregeln: Für alle
a, b ∈ Z gilt
|a + b| ≤ |a| + |b|, |a b| = |a| |b| .
Als für die Zahlentheorie ganz fundamtental erweisen sich
die folgenden Beweisprinzipien (siehe auch Buchkapitel 3):
Das Wohlordnungsprinzip und die vollständige Induktion
Das Wohlordungsprinzip besagt:
Jede nichtleere Teilmenge von N0 besitzt ein kleinstes
Element.
Das Induktionsprinzip besagt:
Ist M eine Teilmenge von N mit den Eigenschaften
(i) 1 ∈ M ,
(ii) x ∈ M ⇒ x + 1 ∈ M
so gilt M = N.
Tatsächlich sind diese beiden Prinzipien äquivalent, auf den
Nachweis dieser Tatsache verzichten wir.
Die Division mit Rest ist grundlegend für alles
Weitere
Wir begründen mit dem Wohlordnungsprinzip, dass die vertraute Division mit Rest tatsächlich funktioniert.
Division mit Rest
Zu beliebigen Zahlen a ∈ Z und b ∈ N gibt es Zahlen
q, r ∈ Z mit
a = b q + r und 0 ≤ r < b .
Es ist nur noch zu begründen, dass r < b gilt.
Wäre r ≥ b, so gälte
a − (q + 1) b = a − q b − b = r − b ∈ N0 .
Es folgte ein Widerspruch zur Minimalität von r.
Mit der Division mit Rest ist nun die Grundlage für die elementare Zahlentheorie gelegt.
Teilbarkeit
Bleibt bei der Division mit Rest der Rest 0, so spricht man
von Teilbarkeit – genauer:
Man sagt, a ∈ Z teilt b ∈ Z oder a ist ein Teiler von b oder
b ein Vielfaches von a, wenn ein c ∈ Z mit
a = bc
existiert, und kürzt dies mit a | b ab. Man schreibt a | b, wenn
a kein Teiler von b ist.
Beispiel
Es sind 1, 2, 3 und 6 Teiler von 6; es gilt nämlich
6 = 1 · 6, 6 = 2 · 3, 6 = 3 · 2, 6 = 6 · 1 .
Aber auch −1, −2, −3 und −6 sind Teiler von 6, da
6 = −1·(−6), 6 = −2·(−3), 6 = −3·(−2), 6 = −6·(−1) .
Weitere ganzzahlige Teiler hat die Zahl 6 nicht, so gilt etwa
4 | 6, da es keine ganze Zahl c mit 6 = 4 c gibt.
Kommentar: Bei den rationalen Zahlen ist der Begriff der
Teilbarkeit eher unnütz, weil jede rationale Zahl q = ab jede
andere von Null verschiedene rationale Zahl p = dc als Teiler
hat:
q = p · (p −1 · q) ;
=:c∈Q
in Z ist diese Situation ganz anders.
Arens et al., Mathematik, ISBN: 978-3-8274-1758-9, © Spektrum Akademischer Verlag, 2008
Teilbarkeit
Wir notieren einige einfache, aber wichtige Regeln zur Teilbarkeit:
Teilbarkeitsregeln
Für a, b, c, x, y ∈ Z gilt:
1. 1 | a, a | 0, a | a.
2. 0 | b ⇒ b = 0.
3. a | b, b = 0 ⇒ |a| ≤ |b|.
4. a | b ⇒ −a | b und a | − b.
5. a | b, b | c ⇒ a | c.
6. a | b, b | a ⇒ a = b oder a = −b.
7. a | b ⇒ a c | b c.
8. a | b, a | c ⇒ a | x b + y c.
9. a c | b c, c = 0 ⇒ a | b.
Beweis: 1. Aus a = 1 · a folgt 1 | a und a | a; und 0 = 0 · a
impliziert a | 0.
Wir überlegen, dass jede natürliche Zahl ungleich 1 einen
Primteiler besitzt, d. h. einen Teiler, der eine Primzahl ist: Ist
n = 1 eine natürliche Zahl, so wählen wir in der nichtleeren
Menge (n liegt in dieser Menge) aller von 1 verschiedenen
positiven Teiler von n das kleinste Element p – man beachte
das Wohlordnungsprinzip. Dieses kleinste Element p ist eine
Primzahl, da jeder Teiler von p nach der Teilbarkeitsregel 5
auch ein Teiler von n ist.
Damit ist begründet:
Ist n eine natürliche Zahl = 1, so ist der kleinste
positive Teiler p = 1 von n eine Primzahl.
Jede natürliche Zahl n = 1 besitzt Primteiler.
Aus diesem Ergebnis erhalten wir nun eine wichtige Folgerung, die jedem aus der Schule vertraut ist, aber dort nur
selten begründet wird:
2. Aus 0 | b folgt b = r · 0 = 0 (für ein r ∈ Z).
3. Aus a | b und b = 0 folgt b = a r für ein 0 = r ∈ Z, d. h.
|r| ≥ 1. Also gilt |b| = |a| |r| ≥ |a|.
4. Aus a | b folgt b = a r für ein r ∈ Z; somit gilt b =
(−a) (−r), sodass −a | b und −b = a (−r), sodass a | − b.
5. Wegen a | b und b | c gibt es r, s ∈ Z mit b = a r und
c = b s. Es folgt: c = a (r s), sodass also a | c gilt.
6. folgt aus 3.
7. Aus a | b folgt: Es gibt ein r ∈ Z mit b = a r. Also gilt
b c = (a c) r, folglich a c | b c.
8. Wegen a | b und a | c existieren r, s ∈ Z mit b = a r und
c = a s. Somit gilt für beliebige x, y ∈ Z:
x b + y c = (a r) x + (a s) y = a (r x + s y) ;
es folgt a | x b + y c.
9. Aus a c | b c folgt b c = a c r für ein r ∈ Z. Wegen c = 0
gilt b = a r, also a | b.
Gilt a = b c für a, b, c ∈ Z, so heißt c der zu b komplementäre Teiler von a.
Gilt a | b und 1 = |a| < |b|, so wird a ein echter Teiler
von b genannt. Nach den Teilbarkeitsregeln 1 und 4 sind
1, −1, a, −a stets Teiler einer Zahl a ∈ Z. Diese Teiler
heißen die trivialen Teiler von a.
Jede natürliche Zahl ist ein Produkt von
Primzahlen
Eine natürliche Zahl p = 1 heißt Primzahl, wenn sie nur
triviale Teiler besitzt, d. h., wenn 1 und p ihre einzigen positiven Teiler sind. Wir bezeichnen die Menge der Primzahlen
mit P.
Jede natürliche Zahl n = 1 ist ein Produkt von Primzahlen.
Beweis: Wir nehmen an, dass die Behauptung falsch ist.
Dann ist die Menge M aller natürlichen Zahlen = 1, die
nicht Produkte von Primzahlen sind, nicht leer und besitzt
nach dem Wohlordnungsprinzip ein kleinstes Element n >
1. Wegen des obigen Ergebnisses hat n einen Primteiler p,
sodass n = p a für ein a ∈ N; und a < n (aus a ≥ n und
p > 1 folgte p a ≥ p n > n). Es folgt a ∈ M, sodass a = 1
oder a = p1 · · · pr Produkt von Primzahlen pi ist. Dann ist
aber auch a = p oder n = p a = p p1 · · · pr Produkt von
Primzahlen, im Widerspruch zu n ∈ M.
Die Primzahlen sind damit die Bausteine der natürlichen Zahlen.
Dieses Ergebnis lässt sich noch verschärfen. Wir werden
nämlich bald begründen, dass die Darstellung jeder natürlichen Zahl = 1 als Produkt von Primzahlen – von der Reihenfolge der Faktoren abgesehen – eindeutig ist.
Natürliche Zahlen n = 1, die keine Primzahlen sind, nennt
man auch zusammengesetzt. Sie haben eine Darstellung n =
a b mit a, b ∈ N und a = 1 = b.
Kommentar: Im Allgemeinen ist es gar nicht einfach,
Primteiler einer natürlichen Zahl zu bestimmen. Es gibt verschiedene ausgeklügelte Primzahltests, das sind Tests, die
eine natürliche Zahl auf Primalität untersuchen und manchmal auch Primteiler bestimmen. Solche Tests sind meistens
sehr anspruchsvoll, wir können im Rahmen dieses kurzen
Kapitels leider nicht darauf eingehen.
Bei der naiven Suche nach Primteilern einer natürlichen Zahl
kann man sich aber auf relativ kleine Zahlen beschränken, da
gilt:
Arens et al., Mathematik, ISBN: 978-3-8274-1758-9, © Spektrum Akademischer Verlag, 2008
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Elementare Zahlentheorie – Jonglieren mit Zahlen
Für den kleinsten Primteiler p einer zusammengesetzten na√
türlichen Zahl n gilt p ≤ n.
Das ist einfach zu sehen, da für den kleinsten Primteiler p
mit der Zerlegung n = p a offenbar p ≤ a gilt, sodass
√
p2 ≤ p a = n, d. h. p ≤ n
folgt.
Weil eine Zahl nur endlich viele Teiler hat, existieren nur
endlich viele solche gemeinsame Teiler dieser endlich vielen
Zahlen, sagen wir t1 , . . . , tr mit r ∈ N.
Also existiert auch ein größter dieser gemeinsamer Teiler.
Dieser wird naheliegenderweise größter gemeinsamer Teiler von a1 , . . . , an genannt und ggT(a1 , . . . , an ) geschrieben. Wegen der Teilbarkeitsregel 4 liegt er in N.
Man nennt Zahlen a1 , . . . , an teilerfremd oder relativ
prim, wenn ggT(a1 , . . . , an ) = 1.
Es gibt unendlich viele Primzahlen
Der folgenden Satz stammt von Euklid. Für seinen Beweis
gibt es heute zahlreiche Varianten. Wir ziehen den Originalbeweis von Euklid vor:
Der Satz von Euklid
Es gibt unendlich viele Primzahlen.
Beweis: Wir nehmen an, dass die Menge P der Primzahlen endlich ist. Es gelte also P = {p1 , . . . , pn }. Die
Zahl a := p1 · · · pn + 1 ∈ N ist ungleich 1 und hat daher einen Primteiler p. Aus p = pi für ein i = 1, . . . , n
folgt p | a − p1 · · · pn = 1 nach der Teilbarkeitsregel 8 und
im Widerspruch zur Teilbarkeitsregel 3. Daher kann P nicht
endlich sein.
Der Fundamentalsatz der
Arithmetik
Dies bedeutet, dass 1 und −1 die einzigen gemeinsamen Teiler von a1 , . . . , an sind.
Im Fall a1 = · · · = an = 0 setzen wir ggT(a1 , . . . , an )
:= 0.
Beispiel
ggT(0, 1) = 1.
ggT(−21, 35) = 7.
ggT(18, 90, 30) = 6.
In den angeführten Beispielen war es möglich, den größten
gemeinsamen Teiler durch Probieren zu bestimmen.
Im Allgemeinen aber, also etwa, wenn die Zahlen, deren
größter gemeinsamer Teiler zu bestimmen ist, sehr groß sind,
ist diese naive Prüfmethode nicht effektiv.
Auch die Methode durch Zerlegung in Primzahlen, wie man
sie aus der Schule kennt (und die wir auch noch behandeln
werden), ist grundsätzlich nicht empfehlenswert, da die Zerlegung von natürlichen Zahlen in ihre Primfaktoren ein im
Allgemeinen sehr schwieriges Problem ist.
Wir begründen in diesem Abschnitt einen der grundlegendsten Sätze der Mathematik. Zum Beweis dieses Satzes benutzen wir den sogenannten euklidischen Algorithmus, der auf
sukzessiver Division mit Rest beruht. Er ermöglicht die Bestimmung eines größten gemeinsamen Teilers ganzer Zahlen
ohne die Primfaktorisierung, die im Allgemeinen sehr schwer
zu bestimmen ist, zu benutzen.
Eine effiziente Art, den größten gemeinsamen Teiler zweier
Zahlen und damit dann auch mehrerer Zahlen zu bestimmen,
bietet ein bereits von Euklid geschilderter Algorithmus.
Der größte gemeinsame Teiler ganzer Zahlen
ist die größte natürliche Zahl, die alle diese
ganzen Zahlen teilt
Der euklidische Algorithmus besteht in einer wiederholten
Anwendung der Division mit Rest:
Wir erklären den größten gemeinsamen Teiler sogleich für n
ganze Zahlen.
Dazu betrachten wir n Zahlen a1 , . . . , an ∈ Z, die nicht alle
zugleich 0 sind, also ai = 0 für ein i ∈ {1, . . . , n}.
Gilt x | ai für jedes i = 1, . . . , n und x ∈ Z, so nennt man
x einen gemeinsamen Teiler von a1 , . . . , an .
Der euklidische Algorithmus bestimmt den
ggT zweier Zahlen
Der euklidische Algorithmus
Gegeben sind zwei natürliche Zahlen a, b mit b | a. Wir
setzen
r0 := a , r1 := b
und definieren Reste r2 , . . . , rn ∈ N durch die folgenden Gleichungen, die durch Division mit Rest entstehen:
Arens et al., Mathematik, ISBN: 978-3-8274-1758-9, © Spektrum Akademischer Verlag, 2008
Der Fundamentalsatz der Arithmetik
r0 = r1 q1 + r2 mit 0 < r2 < r1 ,
r1 = r2 q2 + r3 mit 0 < r3 < r2 ,
..
.
rn−2 = rn−1 qn−1 + rn mit 0 < rn < rn−1 ,
schließlich r2 durch r0 − r1 q1 und erhält einen Ausdruck der
Form
rn = x a + y b mit x, y ∈ Z .
(Wegen d | a und d | b folgt erneut d | rn .)
rn−1 = rn qn .
Kommentar:
Dann gilt
rn = ggT(a, b) ;
und es gibt eine Darstellung
Eine Darstellung d := ggT(a, b) = x a + y b ist keineswegs eindeutig. Für jedes k ∈ Z gilt vielmehr:
rn = x a + y b
b
d = x+k
d
mit ganzen Zahlen x, y ∈ Z.
Man beachte: Wegen r1 > r2 > r3 > · · · tritt notwendig
ein Schritt der Form rn−1 = rn qn + 0 auf, der den Prozess
beendet.
Es bleibt zu begründen, dass rn der größte gemeinsame Teiler
von a und b ist und eine Darstellung der angegebenen Art
besitzt.
a
a+ y−k
b
d
mit Koeffizienten aus Z (denn db ∈ Z, da ∈ Z).
Es ist jede Darstellung d = r a + s b von dieser Form.
Wegen der Teilbarkeitsregel 4 liefert der euklidische Algorithmus auch den ggT ganzer Zahlen.
Beispiel Wir bestimmen d := ggT(4081, 2584) sowie
Zahlen x, y ∈ Z mit d = 4081 x + 2585 y.
Beweis: 1. Wir begründen, dass rn der größte gemeinsame
Teiler von a und b ist.
4081 = 1 · 2585 + 1496
Die letzte Gleichung rn−1 = rn qn zeigt rn | rn−1 . Aus der
vorletzten Gleichung folgt damit rn | rn−2 . So fortfahrend,
erhält man schließlich rn | r1 = b und rn | r0 = a, also ist rn
ein gemeinsamer Teiler von a und b, und es gilt
1496 = 1 · 1089 + 407
(∗)
2585 = 1 · 1496 + 1089
1089 = 2 · 407 + 275
407 = 1 · 275 + 132
275 = 2 · 132 + 11
rn ≤ d := ggT(a, b) .
Nun gehen wir mit d = ggT(a, b) die Gleichungen des Algorithmus „von oben nach unten“ durch:
Es ist d ein gemeinsamer Teiler von r0 und r1 . Nach der
ersten Gleichung des Algorithmus ist d damit auch ein Teiler
von r2 . Aus der zweiten Gleichung erhalten wir, dass d auch
Teiler von r3 ist. So fortfahrend, können wir schließen: d ist
ein Teiler von rn . Damit gilt d ≤ rn , mit (∗) folgt:
132 = 12 · 11 .
Damit haben wir d = 11 als größten gemeinsamen Teiler
von 4081 und 2584 ermittelt. Von der vorletzten Gleichung
275 = 2 · 132 + 11 ausgehend, ermitteln wir nun rückwärts
eine gesuchte Darstellung von d = 11:
11 = 1 · 275 − 2 · 132
= (−2) · 407 + 3 · 275
= 3 · 1089 + (−8) · 407
d = rn .
2. Wir begründen, dass der ggT rn von a und b eine Darstellung der Art
rn = x a + y b
mit ganzen Zahlen x, y ∈ Z besitzt.
Aus der vorletzten Gleichung erhalten wir die folgende Darstellung für rn :
rn = rn−2 − rn−1 qn−1 .
Hierin kann rn−1 mit der vorhergehenden Gleichung rn−1 =
rn−3 − rn−2 qn−2 des Algorithmus ersetzt werden. So fortfahrend, ersetzt man sukzessive rk durch rk−2 − rk−1 qk−1 ,
= (−8) · 1496 + 11 · 1089
= 11 · 2585 − 19 · 1496
= (−19) · 4081 + 30 · 2585 .
Also gilt
ggT(4081, 2585) = 11 = (−19) · 4081 + 30 · 2585 .
Die weiteren Darstellungen 11 = 4081 r +2585 s haben nach
obigem Kommentar die Gestalt
2585
11 = −19 + k
11
4081
4081 + 30 − k
11
= (−19 + 235 k) 4081 + (30 − 371 k) 2585 .
Arens et al., Mathematik, ISBN: 978-3-8274-1758-9, © Spektrum Akademischer Verlag, 2008
2585
5
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Elementare Zahlentheorie – Jonglieren mit Zahlen
Mit dem euklidischen Algorithmus können wir
lineare diophantische Gleichungen lösen
Wir wenden die erzielten Ergebnisse auf Gleichungen der
Form
(∗) a X + b Y = c
Weil ggT(122, 74) = 2 | 112 gilt, ist die gegebene lineare
diophantische Gleichung lösbar.
Wir ermitteln nun die Lösungen. Dazu stellen wir 2 =
ggT(122, 74) von der vorletzten Gleichung 22 = 5 · 4 + 2
ausgehend als Linearkombination von 122 und 74 dar:
2 = 22 − 5 · 4
mit a, b, c ∈ Z an, wobei wir nach ganzzahligen Lösungen
für X, Y , d. h. Paare (r, s) ∈ Z × Z mit
= (−5) · 26 + 6 · 22
= 6 · 48 + (−11) · 26
ar +bs = c
= (−11) · 74 + 17 · 48
= 17 · 122 + (−28) · 74 .
suchen. Eine Gleichung der Form (∗) nennt man lineare diophantische Gleichung.
Es gilt also
Es gilt:
2 = 17 · 122 + (−28) · 74 .
Multiplikation dieser Gleichung mit
Lösbarkeit linearer diophantischer Gleichungen
= 56 liefert:
112 = (56 · 17) · 122 + (56 · (−28)) · 74
Die lineare diophantische Gleichung
(∗)
112
2
= 952 · 122 − 1568 · 74 .
a X + b Y = c mit a, b, c ∈ Z
Nach obigem Kommentar führt jedes k ∈ Z zur Lösung
hat genau dann Lösungen in Z × Z, wenn
112 = (952 + k
ggT(a, b) | c .
74
122
) 122 + (−1568 − k
) 74 .
2
2
Die Wahl k = −25 bzw. k = −26 liefert
Beweis:
Wir setzen d := ggT(a, b).
Wenn (x, y) ∈ Z × Z eine Lösung von (∗) ist, gilt d | a x +
b y = c nach der Teilbarkeitsregel 8 von Seite 3.
Nun setzen wir voraus, dass d ein Teiler von c ist. Nach dem
euklidischen Algorithmus hat d eine Darstellung der Form
mit r, s ∈ Z. Aus d | c folgt
mit
(∗).
rc sc
d , d
Beispiel
∈
Die folgende Aussage war bereits Euklid bekannt:
rc
sc
c
=a
+b
d
d
d
Z. Also ist ( rdc , sdc )
Der euklidische Algorithmus führt also keineswegs immer
zu einer Lösung mit möglichst kleinen Beträgen.
Der Fundamentalsatz der Arithmetik
d =ra+sb
c=d
112 = 27·122+(−43)·74 bzw. 112 = (−10)·122+18·74 .
Für teilerfremde a, b ∈ Z, a = 0 und jedes c ∈ Z gilt
∈ Z × Z eine Lösung von
a|bc ⇒ a|c.
Wir prüfen, ob die diophantische Gleichung
122 X + 74 Y = 112
in Z × Z lösbar ist und bestimmen gegebenfalls ihre Lösungen.
Mit dem euklidischen Algoritmus ermitteln wir den ggT von
122 und 74:
122 = 1 · 74 + 48
74 = 1 · 48 + 26
Beweis: Wegen der Teilerfremdheit von a und b, d. h.
ggT(a, b) = 1, können wir mit dem euklidischen Algorithmus ganze Zahlen r und s mit
ra+sb =1
bestimmen. Diese Gleichung multiplizieren wir mit c ∈ Z
und erhalten
r ac+sbc = c.
Weil a beide Summanden teilt, also a |r a c und a | s b c, teilt
a nach der Teilbarkeitsregel 8 von Seite 3 auch c.
48 = 1 · 26 + 22
26 = 1 · 22 + 4
22 = 5 · 4 + 2
Achtung: Die Voraussetzung der Teilerfremdheit ist notwendig, denn es gilt etwa für a = 2, b = 6 und c = 1
4 = 2 ·2.
Arens et al., Mathematik, ISBN: 978-3-8274-1758-9, © Spektrum Akademischer Verlag, 2008
a | b c aber a | c .
Der Fundamentalsatz der Arithmetik
Wir können aus diesem Ergebnis eine wichtige Folgerung
ziehen, mit der es letztlich gelingt, einen zentralen Satz der
elementaren Zahlentheorie, eigentlich sogar der ganzen Mathematik, zu begründen:
Für a, b ∈ Z und jede Primzahl p ∈ P gilt
p |a b ⇒ p | a oder p | b .
Teilt eine Primzahl ein Produkt, so teilt sie bereits einen
der Faktoren.
Diese Aussage folgt sofort aus obigem Satz, wenn wir annehmen, dass p kein Teiler von b ist. Es sind dann nämlich
p und b wegen der Primeigenschaft von p teilerfremd. Also
ist p dann ein Teiler von a.
Kommentar: Das oder ist nicht ausschließend, es kann
eine Primzahl natürlich auch Teiler beider Faktoren sein:
3 | 6 · 15 und 3 |6 und 3 | 15.
Achtung: Die Tatsache dieser letzten Aussage gilt nicht
für zusammengesetzte Zahlen: Ist a = b c mit 1 < b, 1 < c
zusammengesetzt, so folgt a | b c, a | b, a | c.
Wir können das letzte Ergebnis mehrfach anwenden und erhalten allgemeiner:
Für a1 , . . . , an ∈ Z und jede Primzahl p gilt
Weil p1 | n gilt, gibt es ein j mit p1 | qj , also p1 = qj .
Nach eventueller Umnummerierung können wir nun j = 1
voraussetzen. Es folgt
m := p2 · · · pr = q2 · · · qs und 1 < m < n
Wir argumentieren mit vollständiger Induktion und können
voraussetzen, dass die Behauptung für m zutrifft. Nach eventueller Umnummerierung der qj gilt r = s und pi = qj für
i = 2, . . . , r. Wegen p1 = q1 sind p1 · · · pr = q1 · · · qs
daher – bis auf die Reihenfolge der Faktoren – dieselben
Zerlegungen von n.
?
Die Existenz dieser Zerlegung konnten wir bereits auf Seite
3 zeigen. Wieso nicht auch die Eindeutigkeit?
Beispiel Es hat n = 63882 – bis auf die Reihenfolge der
Faktoren – die eindeutig bestimmte Zerlegung
63882 = 2 · 3 · 3 · 3 · 7 · 13 · 13 .
Die kanonische Primfaktorzerlegung
Wir können gleiche Faktoren unter Potenzen zusammenfassen. Vereinbaren wir, stets die Reihenfolge der Primfaktoren
einer Zerlegung der Größe der Primfaktoren einzuhalten, so
erhalten wir die kanonische Primfaktorzerlegung:
Jede natürliche Zahl n = 1 kann auf genau eine Weise in der
Form
ν
n = p11 · · · ptνt
p | a1 · · · an ⇒ p | ai für mindestens ein i ∈ {1, . . . , n} .
mit Primzahlen p1 < · · · < pt und νi ∈ N geschrieben
werden. Man nennt diese Darstellung die kanonische Primfaktorzerlegung von n.
Jetzt können wir die folgende grundlegende Aussage begründen:
Oft wird diese Darstellung – formal – als unendliches Produkt
p αn (p)
n=
p∈P
Fundamentalsatz der Arithmetik
Jede natürliche Zahl n = 1 lässt sich auf genau eine
Weise als Produkt n = p1 · · · pr mit Primzahlen p1 ≤
p2 ≤ · · · ≤ pr schreiben.
Beweis: Dass eine derartige Zerlegung existiert, haben wir
bereits auf Seite 3 bewiesen. Es bleibt nur noch die Eindeutigkeit einer solchen Darstellung zu begründen.
geschrieben, indem die Faktoren p 0 = 1 für alle weiteren
Primzahlen p eingefügt werden. Es gilt dann
0 , wenn p = p1 , . . . , pt
.
αn (p) =
νi , wenn p = pi für ein i = 1, . . . , t
Beispiel
mit Primzahlen pi , qj , die nicht notwendig der Größe nach
geordnet sind. Wenn n eine Primzahl ist, gilt n = p1 = q1 .
Daher setzen wir r ≥ 2, s ≥ 2 voraus.
p∈P
p α60 (p) mit
α60 (2) = 2, α60 (3) = 1, α60 (5) = 1,
α60 (p) = 0 für alle p = 2, 3, 5 .
Wir nehmen an, es gilt für eine natürliche Zahl n
n = p 1 · · · p r = q1 · · · q s
Es gilt 60 =
Außerdem wird
1=
p∈P
gesetzt.
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p α1 (p)
7
8
Elementare Zahlentheorie – Jonglieren mit Zahlen
Die folgenden Eigenschaften verdeutlichen die Zweckmäßigkeit dieser Darstellung:
Für a, b, a1 , . . . , an ∈ N gilt
αa b (p) = αa (p) + αb (p) für alle p ∈ P,
a | b ⇔ αa (p) ≤ αb (p) für alle p ∈ P.
1 = p0 , p = p 1 , p 2 , . . . , pn−1 , p n ,
ihre Summe σ (a) ist damit
Beweis: Die erste Aussage folgt aus der Potenzregel
⎛
⎞⎛
⎞ ⎛
⎞
a b=⎝
p αa (p) ⎠⎝
p αb (p) ⎠ = ⎝
p αa (p)+αb (p) ⎠ ,
p∈P
p∈P
Es gelte also a = p n mit einer Primzahl p und einer natürlichen Zahl n. Die Teiler von a lassen sich leicht angeben, es
sind dies:
p∈P
σ (a) =
n
pi =
i=0
p n+1 − 1
.
p−1
Dies lässt sich aber leicht auf Produkte von Primzahlpotenzen, wegen des Fundamentalsatzes der Arithmetik also auf
alle Zahlen a ∈ N, verallgemeinern:
und der Eindeutigkeitsaussage im Fundamentalsatz der
Arithmetik.
Die Summe der Teiler
Wir begründen die zweite Aussage:
Ist a = p11 · · · prνr die kanonische Primfaktorzerlegung
von a ∈ N, so gilt
ν
Es gilt:
σ (a) =
a | b ⇔ b = a c für ein c ∈ N
i=1
⇔ αb (p) = αa (p) + αc (p) für alle p und ein c ∈ N
⇔ αa (p) ≤ αb (p) für alle p .
(Für die Richtung ⇐ definiere man c =
p∈P
p αb (p)−αa (p)
und beachte die erste Aussage des Satzes.)
Für die kanonische Primfaktorzerlegung von a gilt also insbesondere die Formel:
r
r
ν
νi
p
σ (pi i ) .
=
σ
i=1
Mit diesen Formeln können wir nun die Anzahl aller (positiven) Teiler einer natürlichen
a bestimmen, da die Teiler
Zahl
p νp mit 0 ≤ νp ≤ αa (p) sind:
von a genau die Zahlen
p∈P
Die Anzahl aller positiven Teiler d von a ∈ N ist
(1 + αa (p)) .
τ (a) =
p∈P
Man beachte, dass 1+αa (p) = 1 nur für endlich viele p ∈ P
gilt.
Beispiel
Es ist
ν +1
r
pi i − 1
.
pi − 1
Kommentar:
Zahlen a, b:
i=1
Allgemeiner gilt für teilerfremde natürliche
σ (a b) = σ (a) σ (b) .
Man nennt Funktionen mit dieser Homomorphieeigenschaft
bzgl. teilerfremder Zahlen zahlentheoretische Funktionen.
In der analytischen und algebraischen Zahlentheorie untersucht man mit tieferliegenden Methoden die Gesamtheit aller
zahlentheoretischen Funktionen.
Achtung: Es ist wichtig, dass hier die Primfaktorisierung
kanonisch ist, also pi = pj für i = j gilt. So ist etwa
3 = σ (2 · 2) = σ (2) · σ (2) = 2 .
46200 = 23 · 31 · 52 · 71 · 111 ,
sodass 46200 genau τ (46200) = 4 · 2 · 3 · 2 · 2 = 96 positive
Teiler besitzt.
Für jede natürliche Zahl a bezeichnen wir mit σ (a) die Summe aller positiven Teiler von a, also
d.
σ (a) :=
d|a, d∈N
Wir leiten eine Formel für σ (a) her.
Dazu betrachten wir zuerst den Fall, bei dem a eine Primzahlpotenz ist.
Das größte gemeinsame Vielfache –
Rechenregeln
In der Schule bestimmt man den ggT zweier Zahlen im Allgemeinen nicht mit dem euklidischen Algorithmus. Meistens benutzt man das folgende Ergebnis, wenngleich dies
die Kenntnis der Primfaktorzerlegung der Zahlen voraussetzt.
Tatsächlich ist diese aber bei großen Zahlen generell deutlich
aufwendiger zu bestimmen als der ggT mittels des euklidischen Algorithmus.
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Der Fundamentalsatz der Arithmetik
Vertiefung: Vollkommene Zahlen
Eine Zahl a ∈ N heißt vollkommen, wenn die Summe aller Teiler von a das Doppelte von a ergibt, also σ (a) = 2 a gilt. Es
sind zum Beispiel die Zahlen 6 und 28 vollkommen, da
1 + 2 + 3 + 6 = 2 · 6 und 1 + 2 + 4 + 7 + 14 + 28 = 2 · 28
gilt. Die geraden vollkommenen Zahlen kann man charakterisieren. Wir begründen:
Eine gerade natürliche Zahl a = 2n−1 b, wobei n ≥ 2 und b ungerade ist, ist genau dann vollkommen, wenn b eine Primzahl
der Form 2n − 1, d. h. eine Fermat’sche Primzahl, ist.
Wir setzen zuerst voraus, dass a = 2n−1 b mit n ≥ 2 und
ungeradem b vollkommen ist. Es gilt also
2n b = 2 a = σ (a) = σ (2n−1 ) σ (b) = (2n − 1) σ (b) .
Es folgt
(∗)
b
2n
b = b + c mit c = n
.
σ (b) = n
2 −1
2 −1
Wir begründen nun b ist eine Primzahl und c = 1, es ist
dann begründet, dass b eine Primzahl der Form b = 2n −1
ist.
Die Zahl c ist als Quotient positiver Zahlen positiv. Da
σ (b) und b natürliche Zahlen sind, ist also c als Differenz
dieser Zahlen letztlich auch eine natürliche Zahl.
Wir multiplizieren nun (∗) mit 2n − 1 und erhalten
b = (2n − 1) c ,
also ist c ein (positiver) Teiler von b. Wegen σ (a) = b + c
folgt nun, dass b und c die einzigen positiven Teiler von
b sind. Dies impliziert zweierlei: c = 1 und b ist eine
Primzahl. Schließlich folgt b = 2n − 1.
Die positiven Teiler
νnatürlicher Zahlen a1 , . . . , an sind alle
p p mit νp ≤ min{αa1 (p), . . . , αan (p)}.
von der Form
p∈P
Daraus folgt mit den obigen Funktionen αn : P → N0 :
Für natürliche Zahlen a1 . . . , an und d
:=
ggT(a1 , . . . , an ) sowie jedes p ∈ P gilt
αd (p) = min{αa1 (p), . . . , αan (p)}.
d ist durch jeden gemeinsamen Teiler von a1 , . . . , an
teilbar.
Die gemeinsamen Teiler von a1 , . . . , an sind also genau die
Teiler von ggT(a1 , . . . , an ).
Beispiel Wegen 441000 = 23 · 32 · 53 · 73 , 102900 =
22 · 3 · 52 · 73 , 11760 = 24 · 3 · 5 · 72 ist
ggT(441000, 102900, 11760) = 22 · 3 · 5 · 72 = 2940 . Nun betrachten wir erneut die Zahl a = 2n−1 b mit n ≥ 2
voraus und setzen voraus, dass b = 2n − 1 eine Primzahl
ist. Es ist σ (a) = 2 a zu begründen.
Weil b eine Primzahl ist, liegt mit a = 2n−1 b die kanonische Primzahlzerlegung vor. Es folgt
σ (a) = σ (2n−1 ) σ (b) = (2n − 1) (1 + b) = (2n − 1) 2n
= 2 · 2n−1 (2n − 1) = 2 a .
Das war zu zeigen.
Wir prüfen einige gerade Zahlen auf Vollkommenheit:
n
n
n
n
n
n
= 2,
= 3,
= 4,
= 5,
= 6,
= 7,
b=3∈P
b=7∈P
b = 15 ∈ P
b = 31 ∈ P
b = 63 ∈ P
b = 127 ∈ P
⇒ a = 6 ist vollkommen ,
⇒ a = 28 ist vollkommen ,
⇒ a ist nicht vollkommen ,
⇒ a = 496 ist vollkommen ,
⇒ a ist nicht vollkommen ,
⇒ a = 8128 ist vollkommen .
Kommentar: Es ist bisher nicht bekannt, ob es unendlich viele vollkommene Zahlen gibt. Es ist bisher auch
keine ungerade vollkommene Zahl bekannt.
Wir folgern Rechenregeln für den ggT:
Für a, b, a1 , . . . , an ∈ Z, d := ggT(a1 , . . . , an ) und
t ∈ Z gilt
ggT(t a1 , . . . , t an ) = |t| · d.
a1
an
d , . . . , d sind teilerfremd.
d = ggT(ggT(a1 , . . . , an−1 ), an ).
a, b teilerfremd ⇒ ggT(a, b t) = ggT(a, t).
Die Begründungen sind elementar und einfach. Wir überlassen diese als Übungsaufgabe.
Das kleinste gemeinsame Vielfache –
Rechenregeln
Gegeben sind von null verschiedene Zahlen a1 , . . . , an ∈ Z.
Gilt ai | x für i = 1, . . . , n und ein x ∈ Z, so nennt man x
ein gemeinsames Vielfaches von a1 , . . . , an
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10
Elementare Zahlentheorie – Jonglieren mit Zahlen
Vertiefung: Mersenne’sche und Fermat’sche Primzahlen
In der Vertiefung auf Seite 9 spielen Primzahlen der Art 2n − 1 eine wichtige Rolle: Eine gerade Zahl kann nur dann vollkommen
sein, wenn sie einen Primfaktor der Form 2n − 1 hat.
Nicht für jede natürliche Zahl n ist 2n − 1 eine Primzahl, ist sie es jedoch, so nennt man diese Zahl Mersenne’sche Primzahl.
Ähnlich verhält es sich mit den sogenannten Fermat’schen Zahlen, das sind Zahlen der Form 2n + 1: Eine Fermat’sche
Zahl ist nicht für jedes n ∈ N eine Primzahl, ist sie es jedoch, so nennt man sie Fermat’sche Primzahl. Fermat’sche und
Mersenne’sche Primzahlen spielen in der Algebra eine wichtige Rolle. Es sind bisher nur sehr wenige solcher Primzahlen
bekannt.
Die ersten Zahlen der Art mn := 2n − 1 lauten:
m1 = 1, m2 = 3, m3 = 7, m4 = 15, m5 = 31,
m6 = 63, m7 = 127, m8 = 255 .
Wir stellen fest: Es ist mn nur dann eine Primzahl, d. h.
eine Mersenne’sche Primzahl, wenn n eine Primzahl ist.
Das gilt allgemeiner:
Eine natürliche Zahl der Art mn = 2n − 1 kann nur dann
eine Primzahl sein, wenn n bereits eine Primzahl ist.
Begründung: Ist n zusammengesetzt, gilt also etwa n =
a b mit a, b ∈ N und a > 1, b > 1, so folgt
2n − 1 = (2a )b − 1 = (2a − 1) ((2a )b−1 + · · · + 2a + 1) .
Also ist auch mn = 2n − 1 zusammengesetzt, insbesondere keine Primzahl.
Aber die Umkehrung dieser Aussage gilt nicht: Die Zahl
mn muss keine Primzahl sein, wenn n eine solche ist. Das
kleinste Beispiel liefert n = 11:
m11 = 211 − 1 = 2047 = 23 · 89 .
Mithilfe von Computern hat man mittlerweile große Mersenne’sche Primzahlen gefunden, so ist etwa
m32582657 = 232582657 − 1
eine Mersenne’sche Primzahl mit fast zehn Millionen Dezimalstellen. Sie ist die 44. bekannte Mersenne’sche Primzahl und wurde 2006 entdeckt. Es ist nicht bekannt, ob es
unendlich viele Mersenne’sche Primzahlen gibt.
Wir betrachten nun Fermat’sche Zahlen, also Zahlen der
Form fn = 2n + 1. Die ersten Fermat’schen Zahlen sind
f1 = 3, f2 = 5, f3 = 9, f4 = 17, f5 = 33,
f6 = 65, f7 = 129, f8 = 257 .
Es fällt auf, dass fn nur dann eine Primzahl, d. h. eine Fermat’sche Primzahl, ist, wenn n eine Potenz von 2 ist. Das
gilt allgemeiner:
Eine natürliche Zahl der Art fn = 2n + 1 kann nur dann
eine Primzahl sein, wenn n eine Potenz von 2 ist, also von
der Form 2r mit r ∈ N0 ist.
Begründung: Wir zerlegen n in die Form n = 2r s mit ungeradem s ∈ N und r ∈ N0 . Es gilt wegen (−1)s = −1:
r
r
r
r
1 + 2n = (1 + 22 ) (1 − 22 + 22·2 − · · · + 2(s−1) 2 ) .
Im Fall s > 1 ist also fn = 2n + 1 zusammengesetzt,
insbesondere keine Primzahl.
Die Umkehrung dieser Aussage gilt nicht: Die Zahl fn
muss keine Primzahl sein, wenn n eine Zweierpotenz ist.
Das kleinste Beispiel liefert r = 5, d. h. n = 32:
f32 = 232 + 1 = 4294967297 = 641 · 6700417 .
Wir begründen, dass 641 ein Teiler von f32 ist:
Wegen 641 = 5 · 27 + 1 gilt 5 · 27 ≡ −1 mod641. Potenzieren mit 4 liefert: 54 · 228 ≡ 1 mod641.
Wegen 641 = 54 + 24 gilt aber auch 54 ≡ −24 mod641.
Wir erhalten also insgesamt:
−232 = −24 · 228 ≡ 54 · 228 ≡ 1 mod641,
also 641 | 232 + 1. Damit ist gezeigt, dass im Fall r = 5
5
die Fermat’sche Zahl f32 = 22 + 1 keine Primzahl ist.
Die Fälle r = 0, 1, 2, 3, 4 liefern die Fermat’schen Primzahlen
f20 = 3, f21 = 5, f22 = 17, f23 = 257, f24 = 65537 .
Bisher sind keine weiteren Fermat’schen Primzahlen bekannt.
Von vielen Fermat’schen Zahlen weiß man, dass sie zusammengesetzt sind, etwa von f2145451 , kennt aber nicht
einmal die Primfaktorisierung.
Die Ursache dafür, dass man weniger Fermat’sche Primzahlen kennt als Mersenne’sche, liegt im deutlich schnelleren Wachstum der Folge (2r )r∈N0 gegenüber der Folge
(n)n∈P .
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Der Fundamentalsatz der Arithmetik
αd·v (p) = αd (p) + αv (p)
?
= min{αa (p), αb (p)} + max{αa (p), αb (p)}
Wieso müssen die Zahlen a1 , . . . , an von null verschieden
sein?
= αa (p) + αb (p)
= αa·b (p) .
Zwei gemeinsame Vielfache kennt man stets, nämlich
a1 · · · an und −a1 · · · an .
Daraus folgt die Behauptung.
Die Menge aller positiven gemeinsamen Vielfachen ist also nicht leer. Diese nichtleere Teilmenge der natürlichen
Zahlen hat nach dem Wohlordnungsprinzip ein kleinstes
Element v. Dieses kleinste Element v wird das kleinste
gemeinsame Vielfache von a1 , . . . , an genannt und kurz
v = kgV(a1 , . . . , an ) geschrieben.
Die Rechenregeln für den ggT und das kgV liefern: Die
Bestimmung des ggT und kgV von je endlich vielen Elementen ist auf die sukzessive Berechnung des ggT und kgV
von je zwei Elementen zurückführbar. Beim ggT kann dabei jedes Mal der euklidische Algorithmus benutzt werden.
Damit erhalten wir für den ggT von endlich vielen Zahlen
a1 , . . . , an ∈ Z:
Wir können auch das kleinste gemeinsame Vielfache mit Hilfe der Funktionen αn : P → N0 bestimmen. Denn die gemeinsamen
positiven Vielfachen von a1 , . . . , an sind genau
die Zahlen p P p νp mit νp ≥ max{αa1 (p), . . . , αan (p)}.
Lineare diophantische Gleichungen
Wir können nun allgemeinere lineare diophantische Gleichungen lösen:
Die zweite Behauptung folgt aus der ersten.
Die gemeinsamen Vielfachen von a1 , . . . , an sind also genau die Vielfachen von kgV(a1 , . . . , an ).
Beispiel Für 441000 = 23 · 32 · 53 · 73 , 102900 = 22 · 3 ·
52 · 73 , 11760 = 24 · 3 · 5 · 72 ist
2
Zu je endlich vielen Zahlen a1 , . . . , an ∈ Z, die nicht
alle null sind, gibt es ganze Zahlen x1 , . . . , xn mit
d := ggT(a1 , . . . , an ) = x1 a1 + · · · + xn an .
Für natürliche Zahlen a1 , . . . , an und v
=
kgV(a1 , . . . , an ) gilt:
αv (p) = max{αa1 (p), . . . , αan (p)}.
v teilt jedes gemeinsame Vielfache von a1 , . . . , an .
4
3
3
kgV(441000, 102900, 11760) = 2 · 3 · 5 · 7 = 2940 .
Die lineare diophantische Gleichung
(∗)
a 1 X1 + · · · + a n Xn = c
mit ai , c ∈ Z hat genau dann Lösungen in Zn , wenn
ggT(a1 , . . . , an ) | c.
Beweis:
Wir ziehen wieder Rechenregeln als Folgerungen, die Begründungen stellen wir wieder als Übungsaufgabe.
Rechenregeln für das kgV
Für ganze Zahlen a1 , . . . , an , t ungleich null und v =
kgV(a1 , . . . , an ) gilt:
kgV(t · a1 , . . . , t · an ) = |t| · v.
v = kgV(kgV(a1 , . . . , an−1 ), an ).
Es bezeichne d den ggT von a1 , . . . , an .
Wenn (x1 , . . . , xn ) ∈ Zn eine Lösung von (∗) ist, gilt
d | a1 x1 + · · · + an xn = c.
Wir setzen nun d | c voraus. Es hat d eine Darstellung der
Form
(∗∗)
d = r1 a1 + · · · rn an mit ai , ri ∈ Z .
Multiplikation mit
c
d
∈ Z liefert
c = a1
Wir heben eine weitere nützliche Regel explizit hervor:
mit xi :=
ri c
d
r1 c
rm c
+ · · · + an
d
d
∈ Z.
Für ganze Zahlen a, b = 0 gilt
ggT(a, b) · kgV(a, b) = |a · b| .
Beispiel
Für welche c ∈ Z besitzt die Gleichung
(∗)
Beweis: Wir können a, b > 0 voraussetzen. Für d :=
ggT(a, b), v := kgV(a, b) und alle p ∈ P gilt:
1729 X1 + 2639 X2 + 3211 X3 = c
eine Lösung (x1 , x2 , x3 ) ∈ Z3 ? Und was sind dann die Lösungen?
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Elementare Zahlentheorie – Jonglieren mit Zahlen
Beispiel: Bestimmung von ggT und kgV von mehr als zwei Zahlen
Gegeben sind die Zahlen a := 1729, b := 2639, c := 3211. Man bestimme d := ggT(a, b, c), v := kgV(a, b, c) sowie
ganze Zahlen x, y, z mit d = a x + b y + c z.
Problemanalyse und Strategie: Wir wenden die erzielten Ergebnisse, insbesondere den euklidischen Algorithmus,
an.
Lösung:
1. Bestimmung von d0 := ggT(a, b) und ganzer Zahlen
r, s mit
d0 = a r + b s
Also gilt mit u := 106 und w := −3:
sowie v0 := kgV(a, b) = ab
d0 :
Wir wenden den euklidischen Algorithmus an:
also mit x = −318, y = 212 und z = −3 eine gewünschte
Darstellung:
d = 13 = d0 u + c w ,
2639 = 1 · 1729 + 910
d = 13 = a x + b y + c z .
1729 = 1 · 910 + 819
910 = 1 · 819 + 91
819 = 8 · 91 .
Also ist d = 91 der ggT von a und b. Von der vorletzten
Gleichung ausgehend, erhalten wir rückwärts eingesetzt:
3. Bestimmung von d = ggT(v0 , c) und damit von
v = kgV(a, b, c) = kgV(v0 , c) = vd0 c .
Wir wenden den euklidischen Algorithmus an:
50141 = 15 · 3211 + 1976
91 = 910 − 819
3211 = 1 · 1976 + 1235
= −1729 + 2 · 910
1976 = 1 · 1235 + 741
= 2 · 2639 − 3 · 1729 .
1235 = 1 · 741 + 494
741 = 1 · 494 + 247
Also gilt mit r := −3 und s := 2:
494 = 2 · 247 .
d0 = 91 = a · r + b · s ,
= 29 · 1729 = 50141.
und v0 = kgV(a, b) = 2639·1729
91
2. Bestimmung von d = ggT(d0 , c) und ganzer Zahlen
u, w mit
d = d0 u + c w .
Dies liefert dann die gewünschte Darstellung für d:
d = (a r + b s) u + c w = a (r u) + b (s u) + c w
(man setze x = r u, x = s u und z = w).
Wir wenden den euklidischen Algorithmus an:
Also ist d = ggT(v0 , c) = 247, es folgt
v0 c
50141 · 3211
=
d
247
= 50141 · 13 = 651833 .
v = kgV(v0 , c) =
Kommentar:
Es sind
a = 7 · 13 · 19, b = 7 · 13 · 29, c = 132 · 19
3211 = 35 · 91 + 26
91 = 3 · 26 + 13
26 = 2 · 13 .
Also ist d = 13 der ggT von a, b und c. Von der vorletzten
Gleichung ausgehend erhalten wir rückwärts eingesetzt:
13 = 91 − 3 · 26
= −3 · 3211 + 106 · 91 .
Nach obigem Beispiel gilt
ggT(1729, 2639, 3211) = 13 und
13 = −318 · 1729 + 212 · 2639 − 3 · 3211 .
Nach dem eben bewiesenen Ergebnis ist (∗) genau dann lösbar, wenn c = 13 k für ein k ∈ Z und
die kanonischen Primfaktorzerlegungen von a, b, c. Aus
diesen Zerlegungen erhält man ebenfalls
d = 13 und v = 7 · 132 · 19 · 29 .
Das klingt einfacher, setzt aber die Kenntnis der Primfaktorzerlegung voraus, die man bei großen Zahlen nur
schwer bestimmen kann.
c = (−318 k) · 1729 + (212 k) · 2639 + (−3 k) · 3211 .
Eine Lösung ist somit (−318 k, 212 k, −3 k).
Nützlich sind die folgenden Aussagen.
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Kongruenzen
hat wegen
Sind a1 , . . . , an = 0 paarweise teilerfremde ganze Zahlen, dann gilt:
kgV(a1 , . . . , an ) = |a1 · · · an |.
a1 · · · an | c ⇔ a1 | c, . . . , an |c für c ∈ Z.
x ≡ a(mod m) ⇔ m | x −a ⇔ x −a ∈ m Z := {m z | z ∈ Z}
die Form
Beweis: Wir begründen die erste Aussage nach vollständiger Induktion nach n. Für n = 2 ist die Behauptung bereits
begründet. Nun setzen wir voraus, dass die Aussage für n − 1
richtig ist. Wegen der Rechenregeln für das kgV folgt
v := kgV(a1 , . . . , an ) = kgV(|a1 · · · an−1 |, an ) .
Mehrfaches Anwenden der Rechenregeln für den ggT zeigt
[a]m = a + m Z := {a + m z | z ∈ Z} .
Man nennt [a]m eine Restklasse modulo m, und es gilt
[a]m = [b]m ⇔ a ≡ b(mod m) .
Die Menge {[a]m | a ∈ Z} der Restklassen modulo m wird
mit Z/m Z (Sprechweise: Z modulo m Z) oder kurz mit Zm
bezeichnet. Bekanntlich ist Zm eine Partition von Z, d. h.:
ggT(|a1 · · · an−1 |, an ) = 1 ,
sodass schließlich kgV(|a1 · · · an−1 |, an ) = |a1 · · · an |
folgt.
Die Richtung ⇒ der zweiten Aussage ist klar. Und umgekehrt
folgt aus a1 |c, . . . , an | c mit dem ersten Teil |a1 · · · an | =
kgV(a1 , . . . , an ) | c.
Z=
[a]m .
a∈Z
[a]m = [b]m ⇒ [a]m ∩ [b]m = ∅.
Dividiert man eine Zahl a ∈ Z durch die gegebene natürliche
Zahl m mit Rest
a = q m + r mit 0 ≤ r ≤ m − 1 ,
so folgt a ≡ r(mod m), also [a]m = [r]m . Folglich gilt
Kongruenzen
Zm = {[0]m , [1]m , . . . , [m − 1]m } .
Kongruenzen und Restklassen
Wir erhalten also:
In diesem Abschnitt ist eine natürliche Zahl m gegeben.
Zwei ganze Zahlen a, b heißen kongurent modulo m, wenn
m | a − b.
Bezeichnung: a ≡ b(mod m).
a ≡ b(mod m) ⇔ m | a − b .
[r]m = [s]m für verschiedene r, s ∈ {0, 1 . . . , m−1} ,
folglich hat Zm genau m Elemente.
Die Kongruenz modulo m ist eine Äquivalenzrelation.
Beweis: Es sind Reflexivität, Symmetrie und Transitivität
der Relation ≡ nachzuweisen. Gegeben sind ganze Zahlen
a, b, c.
Reflexivität: m | 0 = a − a ⇒ a ≡ a(mod m).
Symmetrie: a ≡ b(mod m) ⇒ m | (a − b) ⇒ m | − (a −
b) = b − a ⇒ b ≡ a(mod m).
Transitivität: a ≡ b(mod m), b ≡ c(mod m) ⇒ m | a −
b, m | b − c ⇒ m | (a − b) + (b − c) = a − c ⇒ a ≡
c(mod m).
Also ist ≡ eine Äquivalenzrelation.
Die zu a ∈ Z gehörige Äquivalenzklasse
[a]m = {x ∈ Z | x ≡ a(mod m)}
Für jedes r ∈ {0, 1, . . . , m − 1} ist [r]m = r + m Z
die Menge aller x ∈ Z, die bei der Division durch m den
Rest r haben.
Es gilt also
Die Schreibweise a ≡ b(mod m) anstelle von m | a −b ist auf
den ersten Blick nicht bequemer oder kürzer. Aber tatsächlich
hat diese Schreibweise, die Gauß einführte, doch einen erheblichen Nutzen. Durch diese Schreibweise ist die Ähnlichkeit zu Gleichungen und damit auch zu Gleichungssystemen
hergestellt. Wir zeigen nun, welche Regeln für diese
zu üblichen Gleichungen ähnlichen Kongruenzgleichungen
gelten:
Für a, b, c, d, z ∈ Z gilt:
Aus a ≡ b(mod m) und c ≡ d(mod m) folgt
a ± c ≡ b ± d(mod m) und a c ≡ b d(mod m) .
a ≡ b(mod m) ⇒ a z ≡ b z(mod m z), falls z ≥ 1.
a ≡ b(mod m) ⇒ a k ≡ bk (mod m) für alle k ∈ N.
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13
14
Elementare Zahlentheorie – Jonglieren mit Zahlen
Beweis:
Aus m | a − b und m | c − d folgt
Man kann also nicht beliebig kürzen, es gibt aber eine Regel,
die besagt, wann dies erlaubt ist:
m | (a − b) ± (c − d) = (a ± c) − (b ± d) ,
Kürzregel
und damit
Für a, b z ∈ Z mit ggT(m, z) = 1 gilt:
a ± c ≡ b ± d(mod m) .
Weiter implizieren m | a − b und m | c − d
a z ≡ b z(mod m) ⇔ a ≡ b(mod m) .
m | a (c − d) + (a − b) d = a c − b d ,
Beweis: Aus m | a z − b z = (a − b) z folgt wegen der
Teilerfremdheit von m und z
und damit
a c ≡ b d(mod m) .
m|a − b.
Wir begründen die zweite Aussage: m | a − b liefert
Ist andererseits m | a − b vorausgesetzt, so schließt man
m z | (a − b) z = a z − b z
m (a − b) z = a z − b z .
und somit
a z ≡ b z(mod m z) .
Beispiel
Die dritte Aussage folgt durch wiederholtes Anwenden der
ersten Aussage.
In
30 ≡ 90(mod 12)
dürfen wir wegen ggT(12, 5) die Zahl 5 kürzen:
6 ≡ 18(mod 12) .
Wir heben weitere wichtige Regeln hervor:
Für a, b ∈ Z und m1 , . . . , mt ∈ N sowie v :=
kgV(m1 , . . . , mt ) gilt:
Die Restklassen bilden einen Ring
a ≡ b(mod v) ⇔ a ≡ b(mod mi ) für i = 1, . . . , t
Wir definieren nun in Zm = {[0]m , . . . , [m − 1]m } eine
Addition + und eine Multiplikation ·:
und, wenn m1 , . . . , mt paarweise teilerfremd sind,
Für a, b ∈ Z setzen wir
a ≡ b(mod(m1 · · · mt )) ⇔ a ≡ b(mod mi )
[a]m + [b]m := [a + b]m , [a]m · [b]m := [a b]m .
für i = 1, . . . , t.
Beweis: Die Richtung ⇒ in der ersten Aussage ist klar,
weil aus mi | v und v | a − b auch mi | a − b folgt. Für ⇐
beachte man: mi | a − b für alle i impliziert v | a − b.
Die zweite Aussage folgt aus der ersten.
Wir führen also die Addition von Restklassen auf die Addition von ganzen Zahlen zurück: Wir addieren die Vertreter
der Restklassen und bilden dann die Restklasse. Analog mit
der Multiplikation.
Diese Verknüpfungen sind wohldefiniert, d. h., die rechten
Seiten sind unabhängig von der Wahl der Vertreter a, b: Aus
[a]m = [a ]m , [b]m = [b ]m ,
Weil für jedes c ∈ Z die Kongruenzgleichung c ≡ c(mod m)
gilt, darf man nach obigen Rechenregeln Kongurenzgleichungen stets durchmultiplizieren: Für jedes c ∈ Z gilt
a ≡ b(mod m) ⇒ a c ≡ b c mod m
Es gilt etwa 12 | 30 − 6, d. h.
folgt:
und somit
[a + b]m = [a + b ]m , [a b]m = [a b ]m .
In anderer Symbolik besagt dies:
(a + m Z) + (b + m Z) = (a + b) + m Z ,
30 ≡ 6(mod 12) ,
(a + m Z) · (b + m Z) = (a b) + m Z .
die Zahl 6 kann man aber nicht kürzen, es gilt nämlich
5 ≡ 1(mod 12) .
a ≡ a (mod m) , b ≡ b (mod m) ,
a + b ≡ a + b (mod m) , a b ≡ a b (mod m)
Aber Kürzen, so wie das von den ganzen Zahlen her vertraut
ist, darf man nicht:
Beispiel
d. h.
Der Fall m = 1 wird wegen Z1 = {[0]m } im Folgenden nicht
betrachtet.
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Kongruenzen
Somit gilt
Der Restklassenring modulo m
Z7 = {[0]7 , [1]7 , [5]7 , [5]27 , [5]37 , [5]47 , [5]57 } .
Im Fall m ≥ 2 ist Zm = (Zm , +, ·) ein kommutativer
Ring mit Nullelement [0]m und Einselement [1]m .
Man nennt Zm = (Zm , +, ·) den Restklassenring modulo m.
Aber natürlich gilt auch
Z7 = {[0]7 , [1]7 , [−1]7 , [2]7 , [−2]7 , [3]7 , [−3]7 }
= {[0]7 , [1]7 , [2]7 , [3]7 , [4]7 , [5]7 , [6]7 } .
Beweis: Wir begründen beispielhaft die Kommutativität
von Addition und Multiplikation, die Existenz eines Einselements und die Assoziativität der Addition, alle anderen
Nachweise gehen analog.
Vereinfachend schreiben wir [x] statt [x]m . Gegeben sind
Zahlen a, b, c ∈ Z.
In Zm gilt die Kommutativität der Addition:
[a] + [b] = [a + b] = [b + a] = [b] + [a] ,
Addition und Multiplikation in
Restklassenringen lassen sich durch Tafeln
darstellen
Weil jeder Restklassenring Zm nur endlich viele, nämlich m
Elemente hat, können wir die Multiplikation wie auch die
Addition durch eine Verknüpfungstafel ausführlich darstellen.
Beispiel Wir schreiben vorübergehend übersichtlicher a
anstelle von [a]m . So erhalten wir für m = 5:
die Kommutativität der Multiplikation:
[a] · [b] = [a b] = [b a] = [b] · [a] ,
Z5 = {0, 1, 2, 3, 4} ,
und damit als Verknüpfungstafeln:
die Assoziativität der Addition:
+
0
1
2
3
4
([a] + [b]) + [c] = [a + b] + [c]
= [a + b + c]
= [a] + [b + c]
= [a] + ([b] + [c]) ,
0
0
1
2
3
4
1
1
2
3
4
0
2
2
3
4
0
1
3
3
4
0
1
2
4
4
0
1
2
3
·
0
1
2
3
4
und
0
0
0
0
0
0
1
0
1
2
3
4
2
0
2
4
1
3
3
0
3
2
4
2
und es existiert ein Einelement:
[1] · [a] = [1 a] = [a] .
Lineare Kongruenzen lassen sich mit
Restklassen formulieren
Die lineare Kongruenz
Es gilt
(∗)
[a]m = [0]m , [b]m = [0]m , aber
[a]m · [b]m = [m]m = [0]m .
a X ≡ b(mod m)
mit gegebenen a, b ∈ Z und m ∈ N, m ≥ 2 hat genau
dann eine Lösung in Z (d. h. die Gleichung
Also kann das Produkt von Nichtnullelementen durchaus das
Nullelement ergeben. Das ist in Z, Q, R, C nicht möglich.
(∗∗)
[a]m · X = [b]m
ist genau dann in Zm lösbar), wenn
Beispiel
n = 2: Z2 = {[0]2 , [1]2 } mit
[0]2 = 0 + 2 Z (Menge der geraden Zahlen),
d := ggT(a, m) | b .
Wenn v eine Lösung von (∗) ist, ist
[1]2 = 1 + 2 Z (Menge der ungeraden Zahlen)
[v] m = v +
d
n = 7: Es gilt
50 = 1 ≡ 1(mod 7), 51 ≡ 5(mod 7), 52 ≡ 4(mod 7),
55 ≡ 5 · 2 ≡ 3(mod 7), 56 ≡ 5 · 3 ≡ 1(mod 7), . . .
4
0
4
3
2
1
Achtung: Wenn m zusammengesetzt ist, etwa m = a b
mit 1 < a, b < m, ist Zm nicht nullteilerfrei:
53 ≡ 5 · 4 ≡ 6(mod 7), 54 ≡ 5 · 6 ≡ 2(mod 7),
15
m
Z
d
die Menge aller Lösungen von (∗).
Es hat (∗∗) in Zm genau die d verschiedenen Lösungen
[v]m , [v +
m
m
m
]m , [v +1· ]m , . . . , [v +(d −1)· ]m .
d
d
d
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Elementare Zahlentheorie – Jonglieren mit Zahlen
Beweis: ⇒: Wenn (∗) eine Lösung v hat, existiert ein
t ∈ Z mit a v − b = t m. Es folgt d | a v − t m = b.
⇐: Es gelte d | b. Nach dem euklidischen Algorithmus existieren r, s ∈ Z mit d = r a + s m. Multiplikation mit db ∈ Z
liefert
rb
sb
b=
a+
m,
d
d
Chinesischer Restsatz (Sun Tsu, 1. Jh. nach Chr.)
Gegeben sind t paarweise teilerfremde natürliche Zahlen m1 , . . . , mt ≥ 2 sowie beliebige ganze Zahlen
a1 , . . . , at . Dann besitzt das Kongruenzensystem
X ≡ a1 (mod m1 )
X ≡ a2 (mod m2 )
sodass m | rdb a − b, d. h.
..
.
X ≡ at (mod mt )
a v ≡ b(mod m)
für v :=
eine Lösung v ∈ Z; und v + (m1 · · · mt ) Z ist die Menge
aller Lösungen von (∗).
rb
d .
Für beliebige i ∈ Z folgt
a (v + i ·
m
ia
·m ≡ b(mod m) ,
) ≡ av+
d
d
t
zu mi
Beweis: Für jedes i = 1, . . . , t ist Ni := m1m···m
i
teilerfremd. Daher existieren mit dem euklidischen Algorithmus xi , yi ∈ Z mit
∈Z
d. h. v + i ·
m
d
löst (∗).
(∗)
Ist andererseits w Lösung von ∗, so folgt:
Es folgt
m a
a v ≡ a w(mod m) ⇒ m | a (v − w) ⇒ | (v − w)
d d
m
m
∈ [v] m .
⇒ |v − w ⇒ w = v + i ·
d
d
d
Der Lösungsweg ist im Beweis beschrieben – es wird der
euklidische Algorithmus benutzt.
und
xj Nj ≡ 0(mod mi ) falls i = j .
Für jedes i ∈ {1, . . . , t} multipliziere man (∗) mit ai und
die Kongruenzen (∗∗) für jedes j = i mit aj . Man erhält:
ai xi Ni ≡ ai (mod mi )
aj xj Nj ≡ 0(mod mi ), falls j = i
Wir prüfen die Lösbarkeit von
(∗)
122 X ≡ 6(mod 74)
und bestimmen gegebenenfalls die Lösungen.
Wie wir bereits nachgewiesen haben, gilt
xi Ni ≡ 1(mod mi ) (i = 1, . . . , t)
(∗∗)
Beispiel
xi N i + y i m i = 1 .
für i = 1, . . . , t.
Für die Zahl v := a1 x1 N1 + · · · + at xt Nt und jedes i erhält
man durch Addition dieser letzten Kongruenzen
v ≡ ai (mod mi )
ggT(122, 74) = 2, und 2 = 17 · 122 + (−28) · 74 .
Wegen 2 | 6 ist (∗) also lösbar und (Multiplikation mit 3 = 26 )
liefert:
6 = 51 · 122 − 84 · 74 ,
für i = 1, . . . , t.
Für jedes k ∈ Z folgt
v + k m1 · · · mt ≡ ai (mod mi )
sodass
51 · 122 ≡ 6(mod 74) .
für i = 1, . . . , t.
Die Lösungen von (∗) sind die Zahlen 51 + 37 i mit i ∈ Z.
Die kleinste positive Lösung ist 14.
Gilt andererseits auch w ≡ ai (mod mi ) für alle i, so folgt
Der chinesische Restsatz
für alle i und daher wegen der Teilerfremdheit der
m1 , . . . , mt
w ≡ v(mod m1 · · · mt ) ,
So wie wir zuerst Gleichungen und dann Gleichungssysteme
lösten, so wenden wir uns nun nach den Kongruenzgleichungen den Kongruenzsystemen zu.
w ≡ v(mod mi )
sodass
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w − v = k m1 · · · mt
Der chinesische Restsatz
für ein k ∈ Z, sodass
w ∈ v + m 1 · · · mt ) Z .
Wir bestimmen zuerst die Ni : Es gilt N1 =
3·5·7
N2 = 3·5·7
3 = 21, N3 = 7 = 15.
3·5·7
3
= 35,
Nun bestimmen wir die xi aus den Kongruenzen:
35 x1 ≡ 1(mod 3)
Im Beweis ist der Lösungsweg beschrieben.
21 x2 ≡ 1(mod 5)
15 x3 ≡ 1(mod 7)
Beispiel Sun Tsu stellte die Aufgabe: „Wir haben eine
gewisse Anzahl von Dingen, wissen aber nicht genau, wie
viele. Wenn wir sie zu je drei zählen, bleiben zwei übrig.
Wenn wir sie zu je fünf zählen, bleiben drei übrig. Wenn wir
sie zu sieben zählen, bleiben zwei übrig. Wie viele Dinge sind
es?“
Wir können hier offenbar x1 = −1, x2 = 1, x3 = 1 wählen.
(Sollten die Lösungen dieser Kongruenzen nicht so offensichtlich sein, so kann man jede solche Kongruenz mit dem
auf Seite 4 beschriebenen Verfahren lösen.)
Offenbar läuft diese Aufgabenstellung auf das Kongruenzensystem
Die ai sind aus der Aufgabenstellung bekannt: a1 = 2, a2 =
3, a3 = 2.
X ≡ 2(mod 3)
Damit erhalten wir die Lösung
X ≡ 3(mod 5)
v = −2 · 35 + 3 · 21 + 2 · 15 = 23 .
X ≡ 2(mod 7)
Aber die Lösung ist nicht eindeutig bestimmt. Die Lösungsmenge ist
23 + 3 · 5 · 7 Z .
hinaus. Wir lösen dieses System.
Antworten der Selbstfragen
S. 7
–
S. 11
Weil die Null nicht als Teiler infrage kommt.
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