Heiko Seeberger Durchstarten mit Scala Tutorial für Einsteiger Heiko Seeberger Durchstarten mit Scala. Tutorial für Einsteiger (2. aktualisierte Auflage) ISBN: 978-3-86802-343-5 © 2015 entwickler.press Ein Imprint der Software & Support Media GmbH Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Ihr Kontakt zum Verlag und Lektorat: Software & Support Media GmbH entwickler.press Darmstädter Landstraße 108 60598 Frankfurt am Main Tel.: +49 (0)69 630089-0 Fax: +49 (0)69 630089-89 [email protected] http://www.entwickler-press.de Lektorat: Corinna Neu Korrektorat: Frauke Pesch, Jennifer Diener Copy-Editor: Nicole Bechtel Satz: Dominique Kalbassi Umschlaggestaltung: Maria Rudi Belichtung, Druck & Bindung: Media-Print Informationstechnologie GmbH, Paderborn Cover: © kycstudio | istockphoto.com Alle Rechte, auch für Übersetzungen, sind vorbehalten. Reproduktion jeglicher Art (Fotokopie, Nachdruck, Mikrofilm, Erfassung auf elektronischen Datenträgern oder anderen Verfahren) nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Jegliche Haftung für die Richtigkeit des gesamten Werks kann, trotz sorgfältiger Prüfung durch Autor und Verlag, nicht übernommen werden. Die im Buch genannten Produkte, Warenzeichen und Firmennamen sind in der Regel durch deren Inhaber geschützt. I Inhaltsverzeichnis Vorwort9 1 Warum Scala? 11 1.1 Was ist Scala? 11 1.2 Warum Scala statt Java? 12 1.3 Warum Scala statt Groovy, Clojure und Co? 16 2Entwicklungsumgebung 2.1Kommandozeilenwerkzeuge 17 17 2.1.1scalac 18 2.1.2scala 19 2.1.3scaladoc 20 2.2sbt 21 2.3IDE 24 3 Das Fallbeispiel ScalaTrain 27 4 Erste Gehversuche in der REPL 29 4.1Variablen 29 4.1.1 Unveränderliche Variablen 29 4.1.2 Veränderliche Variablen 31 4.2Methoden 31 4.2.1 Alles hat ein Ergebnis 32 4.2.2Unit-Methoden 33 4.3Funktionen 5 Grundlagen der Objektorientierung 34 37 5.1 Vorbereitung: Projekt initialisieren 37 5.2Klassen 39 5.2.1 Klassenparameter und Konstruktoren 39 5.2.2Felder 41 5.2.3Methoden 44 5.2.4 Benannte Argumente und Standardwerte 48 Durchstarten mit Scala 5 Inhaltsverzeichnis 5.3 Pakete und Sichtbarkeit 49 5.3.1 Verschachtelte Pakete 49 5.3.2Imports 51 5.3.3Sichtbarkeit 53 5.4 Singleton Objects 53 5.4.1 Companion Objects 54 5.4.2Predef 54 5.5 Case Classes 55 5.6 Projektcode: aktueller Stand 58 6 Testen von Scala-Programmen 59 6.1 Testabdeckung mit scoverage 59 6.2 Unit Tests mit ScalaTest 60 6.2.1WordSpec 6.2.2Matcher 62 6.3 Testdaten mit ScalaCheck 64 6.4 Projektcode: aktueller Stand 67 7 Erste Schritte mit der funktionalen Programmierung 7.1 Scala Collections 69 69 7.1.1Klassenhierarchie 70 7.1.2 Collection-Instanzen erzeugen 71 7.1.3Typparameter 72 7.1.4Tupel 73 7.1.5 Unveränderliche und veränderliche Collections 74 7.1.6 Collections in ScalaTrain 76 7.2 Funktionale Collections 77 7.2.1Funktionsliterale 77 7.2.2Funktionstypen 79 7.2.3 Funktionale Collections in ScalaTrain 81 7.2.4 „map“, „flatMap“ und „filter“ im Detail 84 7.3 For-Ausdrücke und For-Schleifen 87 7.3.1For-Ausdrücke 89 7.3.2 For-Schleifen und foreach 92 7.4 Projektcode: aktueller Stand 6 61 93 Inhaltsverzeichnis 8 Vererbung und Traits 8.1Vererbung 95 95 8.1.1 Unterklassen mit „extends“ definieren 95 8.1.2 Felder und Methoden überschreiben 97 8.1.3 Abstrakte Klassen 99 8.1.4Scala-Typhierarchie 8.2Traits 103 105 8.2.1 Traits hineinmixen 106 8.2.2Linearisierung 108 8.2.3 Beispiel: „Ordered“ implementieren 110 8.2.4 Einschub: By-Name Parameters 112 8.3 Projektcode: aktueller Stand 9 Pattern Matching 116 119 9.1Match-Ausdrücke 119 9.2 Welche Patterns gibt es? 120 9.2.1 Wildcard Pattern 120 9.2.2 Constant Pattern 120 9.2.3 Variable Pattern und Typed Pattern 121 9.2.4 Tuple Pattern 121 9.2.5 Constructor Pattern 121 9.2.6 Sequence Pattern 122 9.3 Pattern Guards und Variable Binding 123 9.4 Pattern Matching außerhalb von Match-Ausdrücken 124 9.5 Projektcode: aktueller Stand 126 10Implicits 10.1 Implicit Conversions 129 129 10.1.1Implicit Conversions zum Expected Type 130 10.1.2Implicit Conversions des Receivers 134 10.2 Implicit Classes 134 10.3 Implicit Parameters 136 10.4 Type Classes 139 10.5 Projektcode: aktueller Stand 142 Durchstarten mit Scala 7 Inhaltsverzeichnis 11 Zielbahnhof – Fortgeschrittene Konzepte 145 11.1Rekursion 145 11.2 Upper Bounds und Context Bounds 148 11.2.1Einschub: Package Objects 148 11.2.2Einschub: Varianz 149 11.2.3Upper Bounds 150 11.2.4Context Bounds 151 11.3 Vertiefung objektfunktionale Programmierung 153 11.3.1Problemstellung 153 11.3.2Lösungsansatz 154 11.3.3Etappen und Teilstrecken 156 11.3.4Verbindungen ermitteln 158 11.4 Projektcode: aktueller Stand 12Scala-Bibliotheken 160 163 12.1 Validieren mit Scalactic 163 12.2 Akka HTTP 168 12.3 Projektcode: finaler Stand 174 Stichwortverzeichnis179 8 V Vorwort Als ich mich vor etwa fünf Jahren zusammen mit meinem Kollegen Roman Roelofsen dazu aufmachte, ein Scala-Buch zu schreiben, war das ein Schuss ins Blaue. Schließlich war Scala damals gerade am Gipfel des Hypezyklus angekommen und es war unklar, wie es langfristig weitergehen würde. Nichtsdestotrotz – oder vielleicht gerade deswegen – schrieben wir ein Scala-Buch, das es in dieser Form bisher noch nicht gab: zum einen auf Deutsch und zum anderen als praxisorientiertes Tutorial ausgelegt. Natürlich folgte das typische Tal der Enttäuschungen, denn mit Ausnahme weniger Märkte wie dem Silicon Valley und London wurde Scala lange Zeit nicht in nennenswertem Umfang eingesetzt; insbesondere galt dies für Deutschland und den weiteren deutschsprachigen Markt. Dennoch wurde Scala in dieser Zeit kontinuierlich weiterentwickelt, nicht nur, aber in starkem Maß durch die Firma Typesafe, der ich mich kurz nach deren Gründung im Jahr 2011 anschloss. Und selbst wenn der Durchbruch noch eine Weile auf sich warten ließ, so konnte ich in dieser Zeit zumindest von der Fallstudie profitieren, die sich durch dieses Buch wie ein roter Faden zieht, denn ich verwendete sie für das offizielle Schulungsmaterial, das ich für Typesafe erstellte. Inzwischen – spätestens seit den fantastischen Scala Days im Jahr 2014 in Berlin – ist Scala auch in Deutschland und in den meisten anderen Märkten angekommen. Dennoch war ich positiv überrascht, als ich vor einem halben Jahr erfuhr, dass die erste Auflage des Buchs vergriffen sei. Da ich mich weiterhin – auch und gerade nach meinem Wechsel zu codecentric – stark in Sachen Scala engagiere, musste ich nicht lange überlegen und entschied mich für eine zweite, überarbeitete Auflage. Natürlich hat das tolle Feedback, das ich von etlichen Lesern bekommen habe, zu dieser Entscheidung beigetragen. Im Kern ist die vorliegende zweite Auflage sehr ähnlich wie die erste, denn an den Grundlagen von Scala hat sich nicht viel geändert. Selbstverständlich ist die Werkzeugunterstützung viel besser und einfacher geworden, sodass der erste Teil verändert und gekürzt werden konnte. Auch hat sich viel in der Landschaft der Bibliotheken getan. Zum Beispiel hat Lift ausgedient; heute verwendet man Play oder Akka HTTP. Daher bedurfte es auch einer Neugestaltung des letzten Teils. Was auf jeden Fall gleich geblieben ist, sind der praxisorientierte Charakter und das durchgängige Fallbeispiel sowie die Freude des Autors an Scala. Ich hoffe, dass ich diese mit dem vorliegenden Buch ebenso vermitteln kann wie das Programmieren mit Scala. Heiko Seeberger Oktober 2015 Durchstarten mit Scala 9 1 1 Warum Scala? Ja, warum sollten wir uns eigentlich mit Scala beschäftigen? Mit Blick auf die schiere Vielzahl an Programmiersprachen eine berechtigte Frage. Wir können diese auch anders formulieren, und zwar: Welche Vorteile bringt Scala gegenüber anderen Programmiersprachen? Mit der Antwort wollen wir es uns hier ein bisschen einfacher machen, indem wir ausschließlich die Java-Plattform betrachten. Das bedeutet, dass wir nur solche Programmiersprachen unter die Lupe nehmen, die auf der Java Virtual Machine (JVM) laufen. Diese Einschränkung halten wir deswegen für legitim, weil die Java-Plattform sehr weit verbreitet ist und gerade im Bereich der Unternehmensanwendungen eine durchaus dominante Stellung innehat. Gute Gründe hierfür sind – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – das Write-once-run-everywhere-Prinzip1 sowie die große Menge an verfügbaren Bibliotheken für nahezu alle denkbaren Anwendungsfälle. 1.1 Was ist Scala? Vor der Frage nach dem Warum steht erst einmal diejenige nach dem Was. Auf einen Satz kondensiert lautet unsere Antwort: Scala ist eine moderne und dennoch reife, objektfunktionale, praxisorientierte, statisch typisierte und trotzdem leichtgewichtige Sprache für die JVM, die vollständig kompatibel zu Java ist. Wir wollen im Folgenden kurz ein paar dieser Eigenschaften herauspicken und genauer erläutern. Alles Weitere bzw. sich ein Bild von Scala zu machen, überlassen wir dann dem Leser für den weiteren Verlauf dieses Buchs. Scala wurde von Martin Odersky, Professor an der Schweizer Hochschule EPFL2, erfunden, der zuvor bereits an wichtigen konzeptionellen Neuerungen für Java gearbeitet hatte, zum Beispiel an den Generics3. Die erste Version wurde bereits 20044 veröffentlicht, sodass wir bereits auf über ein Jahrzehnt mit Scala zurückblicken können. Anfangs, als die Nutzerbasis noch nicht so groß war, leistete sich Scala bei neuen Versionen – auch bei so genannten Minor-Releases – immer wieder binäre Inkompatibilitäten zu vorherigen Versionen. Aber spätestens seit der Version 2.9, die zeitlich ungefähr mit der Gründung der Firma Typesafe5, die kommerziell hinter Scala und anderen Technologien 1 2 3 4 5 https://en.wikipedia.org/wiki/Write_once%2C_run_anywhere http://www.epfl.ch https://en.wikipedia.org/wiki/Generics_in_Java http://article.gmane.org/gmane.comp.lang.scala/17 http://www.typesafe.com Durchstarten mit Scala 11 1 – Warum Scala? wie Akka6 und Play steht, zusammenfällt, ist das Geschichte: Seitdem sind alle MinorReleases mit derselben Major-Release-Nummer binär kompatibel, also z. B. 2.9.1 und 2.9.2. Nur bei Major-Releases, die 18 Monate oder länger auseinanderliegen, wird es notwendig, ein gesamtes Projekt einschließlich aller Bibliotheken auf die neue Version zu heben. Aber auch das ist in der Regel ein Einfaches, weil dank der Community Builds7 die meisten populären Bibliotheken quasi gleichzeitig mit einem Major-Release von Scala für genau dieses veröffentlicht werden. Scala kann also getrost als reife Sprache betrachtet werden. Zur weiteren Charakterisierung ist vermutlich der hybride Charakter der Sprache das hervorstechendste Merkmal: Scala ist einerseits objektorientiert8, und das sogar viel stringenter als Java. Andererseits ermöglicht Scala funktionale Programmierung9, also „so etwas mit Lambdas“, die ja spätestens seit Java 8 auch unter Java-Entwicklern steigende Bekanntheit genießen. Scala bietet nicht nur das Beste aus beiden Welten, sondern vereinigt die zwei Paradigmen weitreichend zu einer objektfunktionalen Sprache aus einem Guss. Abschließend noch das aus unserer Sicht wichtigste Kriterium für den großen Erfolg von Scala: Wir können aus Scala heraus jeglichen Java-Code nutzen, egal ob unsere liebgewonnenen Bibliotheken für Logging, Persistenz etc. oder unsere eigenen Java-Projekte. Durch diese Abwärtskompatibilität müssen wir nicht bei Null anfangen, sondern können unsere bestehenden Java-Aktiva ver- und aufwerten. 1.2 Warum Scala statt Java? Das führt uns direkt zur Frage, warum wir uns mit Scala beschäftigen sollten, wo es doch Java gibt. Die Antwort fällt uns sehr leicht, und wir können sie sehr deutlich formulieren: Im Vergleich zu Java können wir mit Scala sowohl produktiver arbeiten, als auch die Qualität steigern. Abgesehen davon macht das Programmieren mit Scala einfach mehr Spaß, wobei das natürlich eine subjektive Einschätzung aus unserer Sicht ist. Zugegebenermaßen benötigen wir zunächst ein wenig Zeit, um mit Scala durchzustarten, aber die langfristigen Vorteile überwiegen mit Sicherheit den Nachteil des Lernaufwands, den jede neue Technologie mit sich bringt. Gerade Java-Programmierer sollten hierfür ein offenes Ohr haben, denn auch Java ist noch recht jung, weshalb nicht wenige von uns zuvor von anderen Programmiersprachen auf Java umgestiegen sind. Welches sind nun die Gründe dafür, dass Scala Produktivität und Qualität im Vergleich zu Java zu steigern vermag? Wir wollen hierfür die folgenden ins Feld führen: weniger Code und höheres Abstraktionsniveau. 6 7 8 9 12 http://akka.io https://github.com/scala/community-builds https://de.wikipedia.org/wiki/Objektorientierung http://de.wikipedia.org/wiki/Funktionale_Programmierung Warum Scala statt Java? Wie wir im weiteren Verlauf dieses Buchs sehen werden, benötigen wir mit Scala signifikant weniger Code als mit Java, um ein Programm zu realisieren, das dieselben Anforderungen erfüllt. Mit signifikant meinen wir mindestens eine Reduktion von 50 Prozent, möglicherweise bzw. situativ sogar bis zu 80 Prozent. Es ist zwar richtig, dass moderne Java-Entwicklungsumgebungen beim Schreiben eines großen Teils des eingesparten Codes sehr gut unterstützen können; man denke zum Beispiel an Funktionen zur Erzeugung von Zugriffsmethoden – also Getter und Setter – wie sie jede moderne integrierte Entwicklungsumgebung (IDE) bietet. Somit sind wir beim Codeschreiben nicht unbedingt schneller. Aber wenn wir an unseren Alltag als Programmierer denken, dann werden die meisten von uns feststellen, dass wir insgesamt mehr Zeit darauf verwenden, Code zu lesen und zu verstehen, als zu schreiben. Das betrifft nicht nur fremden Code, den wir übernehmen oder warten dürfen, sondern auch eigenen, den wir vor Wochen oder gar Monaten geschrieben haben und dessen Verständnis uns heute einiges abverlangt. Es gibt Untersuchungen10, die belegen, dass die Geschwindigkeit, wie schnell wir Code lesen und verstehen können, ganz entscheidend von der Codemenge bestimmt wird. Wenn wir zum Beispiel an eine typische JavaBean denken, die quasi nur einen Datencontainer für eine Handvoll Properties darstellt, dann sehen wir uns einer gewaltigen Menge an semantisch wenig wertvollem Code gegenüber: Getter, die nur ein privates Feld zurückgeben. Oft auch Setter, die nur ein privates Feld verändern. Vermutlich auch mehrere Konstruktoren, mit denen alle oder zumindest einige der Felder initialisiert werden können. Und nicht selten auch noch Implementierungen der Methoden equals, hashCode und toString. Wenn wir nun diesen Code lesen und verstehen wollen, dann müssen wir im Verstand einen Filter aktivieren, der all den überflüssigen Kitt ausblendet und nur die eigentliche Intention durchlässt. Ein explizites Beispiel gefällig? Wie wäre es mit einer Klasse für eine Person, die Vor- und Nachname haben soll. Im Vorgriff auf die Prinzipien der funktionalen Programmierung soll diese Person unveränderlich sein, d. h. einmal erzeugt können deren Attribute nicht mehr verändert werden. Dieses Prinzip des Immutable Object11 ist natürlich auch in Java bekannt, nicht erst seit dem Buch „Effective Java“12 von Joshua Bloch. Zunächst zeigen wir den Java-Code, bei dem die Methoden equals und hashCode von der Entwicklungsumgebung generiert wurden: public class Person { private final String firstName; private final String lastName; public Person(String firstName, String lastName) { this.firstName = firstName; this.lastName = lastName; 10 http://infoscience.epfl.ch/record/138586/files/dubochet2009coco.pdf 11 http://en.wikipedia.org/wiki/Immutable_object 12 http://java.sun.com/docs/books/effective Durchstarten mit Scala 13 1 – Warum Scala? } public String getFirstName() { return firstName; } public String getLastName() { return lastName; } @Override public boolean equals(Object o) { if (this == o) return true; if (o == null || getClass() != o.getClass()) return false; Person person = (Person) o; if (firstName != null ? !firstName.equals(person.firstName) : person.firstName != null) return false; if (lastName != null ? !lastName.equals(person.lastName) : person.lastName != null) return false; return true; } @Override public int hashCode() { int result = firstName != null ? firstName.hashCode() : 0; result = 31 * result + (lastName != null ? lastName.hashCode() : 0); return result; } } Und nun zum Vergleich der äquivalente Scala-Code, der wirklich funktional vollständig identisch ist, wie wir im Verlauf dieses Buchs noch sehen werden: case class Person(firstName: String, lastName: String) Nur eine einzige Codezeile in Scala im Vergleich zu – je nachdem wie wir zählen – zwanzig oder mehr in Java. Das liegt daran, dass wir nicht all die kleinen Details wie zum Beispiel die Zugriffsmethoden oder equals und hashCode ausprogrammieren müssen, sondern der Scala-Compiler diese Arbeit für uns macht. Zwar haben gerade erfahrene Java-Entwickler einen besonders gut geschulten kognitiven Filter für irrelevante Details, sodass wir beim Geschwindigkeitsvergleich für Lesen und Verstehen natürlich nicht von einem Verhältnis 1:20 ausgehen dürfen. Aber sicher kann niemand ernsthaft bestreiten, dass dieser Scala-Code nicht um Faktoren rascher aufgenommen werden kann als der entsprechende Java-Code. Und nun stellen wir uns einmal ein umfangreicheres Beispiel vor, bei dem wir den Java-Code ohne mehrfaches Blättern bzw. Scrollen gar nicht mehr lesen können. 14 Warum Scala statt Java? Weiter gibt es Aussagen13, dass zwischen der Codemenge und der Anzahl von Fehlern ein direkter Zusammenhang besteht. Oder anders ausgedrückt: je mehr Code, desto mehr Fehler. Unabhängig davon, ob das im Allgemeinen tatsächlich zutrifft, leuchtet das zumindest für unser Beispiel sofort ein. Denn der Java-Code hat ein niedriges Abstraktionsniveau, geht also stark ins Detail, und da versteckt sich bekanntlich gerne der eine oder andere Fehler. Man betrachte bloß obige Implementierungen von equals und hashCode. Im Hinblick auf das Abstraktionsniveau betrachten wir als Beispiel eine Liste von Personen, die wir anhand ihrer Nachnamen sortieren möchten. In Java würden wir wohl – ganz im guten alten imperativen Programmierstil – Hilfsvariablen anlegen und Schleifen programmieren, innerhalb derer wir die Hilfsvariablen verändern. Wir würden uns also im Detail darum kümmern, wie die Anforderung umzusetzen ist. In Scala hingegen machen wir das folgendermaßen, wobei wir davon ausgehen, dass wir eine Variable persons haben, die eine Liste von Personen repräsentiert. persons.sortWith((p1, p2) => p1.lastName < p2.lastName) Bitte nicht erschrecken! Hier geht es nicht darum, diesen Scala-Code exakt zu verstehen. Vielmehr wollen wir zwei Dinge deutlich machen. Erstens gibt es offenbar für ScalaCollections eine Methode sortWith, deren Bedeutung sich hoffentlich direkt aus dem Namen erschließt. Und zweitens übergeben wir dieser Methode ein Stück Code, welches offenbar die Sortierlogik enthält. Im Vorgriff auf spätere Kapitel: Es handelt sich hier um ein Lambda – also einen Funktionswert – der zwei Personen als Argumente entgegennimmt und deren Nachnamen mit dem Kleiner-Operator vergleicht. Auch wenn wir diesen Code jetzt noch nicht im Detail verstehen, können wir erkennen, dass ganz klar zum Ausdruck gebracht wird, was wir erreichen wollen: die Liste von Personen anhand der Nachnamen sortieren. Um das Wie hingegen, das uns eigentlich gar nicht interessiert, brauchen wir uns auch nicht kümmern, denn das ist in der Implementierung der Methode sortWith verborgen. Durch solch mächtige Methoden in Verbindung mit dem Sprachmerkmal von Funktionen erreichen wir in Scala eine höhere Abstraktionsebene, auf der wir uns nur noch um das Was kümmern müssen. Dadurch, dass wir die Details des Wie weglassen können, sind wir natürlich schneller und machen weniger Fehler, denn gerade die Details kosten Zeit und bergen hohes Risiko, etwas falsch zu machen. Selbstverständlich gibt es in Java seit der Version 8 auch Lambdas sowie das Streams API, welches grundsätzlich denselben funktionalen Ansatz ermöglicht, wenngleich dieses API bei Weitem nicht so reichhaltig ist, wie die Scala-Collections und Java-Collections zuerst zu Streams konvertiert werden müssen, um später mittels Collector wieder in eine 13http://en.wikipedia.org/wiki/Source_lines_of_code Durchstarten mit Scala 15 1 – Warum Scala? Collection transformiert zu werden. Aber der funktionale Ansatz geht bei Scala viel weiter, wie wir im Verlauf dieses Buchs sehen werden. 1.3 Warum Scala statt Groovy, Clojure und Co? So weit, so gut, Scala bietet also Vorteile gegenüber Java. Aber wie sieht es denn mit den anderen Programmiersprachen für die JVM aus, die in den letzten Jahren entstanden sind? Deren populärste Vertreter sind zurzeit wohl Groovy14 und Clojure15. All diese Sprachen haben ihre Stärken und setzen das eine oder andere innovative Konzept um, sodass wir volles Verständnis haben, eine solche Sprache anstatt Java zu verwenden. Wobei, es gibt da schon einen Punkt, bei dem wir skeptisch sind. Und zwar handelt es sich bei den genannten Sprachen und vielen weiteren um dynamisch typisierte Sprachen. Mit anderen Worten gibt es keine Überprüfung durch den Compiler, ob wir unsere Objekte oder Funktionen korrekt verwenden. Das wird zwar manchmal sogar als Vorteil verkauft, aber aus unserer Sicht ist es in den allermeisten Fällen genau anders herum: Für echte Softwareprojekte möchten wir auf keinen Fall eine Programmiersprache verwenden, die nicht statisch typisiert ist. Wir möchten nämlich viele Fehler bereits beim Compilieren erkennen und vermeiden, anstatt diese zur Laufzeit zu entdecken. Scala ist so eine statisch typisierte Sprache. Das bedeutet, dass wir einer Methode, die ein Argument vom Typ String erwartet, kein Date übergeben können. Nicht nur, aber auch darum geben wir Scala ganz klar den Vorzug vor etlichen anderen JVM-Sprachen. 14 http://www.groovy-lang.org 15 http://clojure.org 16 2 2 Entwicklungsumgebung In diesem Kapitel kümmern wir uns um unser Handwerkszeug, das wir für die Programmierung mit Scala benötigen. Wie wir sehen werden, stehen uns verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, von der minimalistischen Kommandozeile bis hin zur komfortablen IDE. Wir werden für die Beispiele in diesem Buch eine Konstellation wählen, wie wir sie auch regelmäßig in unseren echten Scala-Projekten einsetzen. Ganz konkret werden wir meist mit einer Kombination aus dem Build-Werkzeug sbt und der IDE IntelliJ IDEA arbeiten und manchmal auch – für schnelle Experimente – mit der von der Kommandozeile aus gestarteten REPL; die Details zu diesen Werkzeugen folgen unten. Allerdings ermutigen wir den Leser ausdrücklich, eigene Experimente anzustellen, um die für ihn am besten geeignete Wahl zu treffen. Selbstverständlich wollen wir nicht nur Trockenschwimmen üben, sondern die verschiedenen Möglichkeiten anhand des Klassikers schlechthin demonstrieren, also am guten alten „Hello World“. Dabei werden uns natürlich die ersten Scala-Sprachmerkmale begegnen, die wir jedoch erst in späteren Kapiteln im Detail erläutern werden. 2.1 Kommandozeilenwerkzeuge Wer bisher ausschließlich auf den Komfort einer IDE gesetzt hat und daher jetzt geneigt ist, dieses Kapitel zu überspringen, dem sei schon an dieser Stelle vorweg gesagt, dass Scala – anders als Java – über eine interaktive Konsole verfügt, die sich für Experimente und zum Testen ganz hervorragend eignet. Da dieses kleine aber feine Werkzeug aus dem Alltag eines Scala-Entwicklers quasi nicht wegzudenken ist, empfehlen wir dringend, sich zumindest das Kapitel 2.1.2 über scala zu Gemüte zu führen. Bevor wir die einzelnen Scala-Werkzeuge für die Kommandozeile betrachten können, müssen wir diese installieren. Dazu laden wir uns von der Scala-Website1 die aktuelle Scala-Distribution als Archiv herunter, je nach Plattform im tgz- oder zip-Format. Zum Zeitpunkt, da wir dieses Buch schreiben, handelt es sich dabei um die Version 2.11.7 – spätere 2.11-Versionen sollten ohne Einschränkungen verwendbar sein. Nun entpacken wir das Archiv und fügen unserem Pfad das Verzeichnis bin der ScalaDistribution hinzu. Alternativ zum eben beschriebenen Vorgehen stellen manche Paketmanager, zum Beispiel Homebrew2 für OS X, Installationspakete für Scala zur Verfügung. 1 2 http://www.scala-lang.org http://brew.sh Durchstarten mit Scala 17 2 – Entwicklungsumgebung Im Resultat sollten wir jedenfalls – unabhängig vom Weg dorthin – in der Lage sein, das Folgende auf der Kommandozeile nachzuvollziehen: ~$ scala -version Scala code runner version 2.11.7 -- Copyright 2002-2013, LAMP/EPFL 2.1.1 scalac Als Erstes wollen wir unsere Aufmerksamkeit auf den Scala-Compiler richten. Dafür benötigen wir natürlich Scala-Code zum Compilieren und das soll – wie oben angekündigt – der Klassiker „Hello World“ sein: object Hello { def main(args: Array[String]): Unit = { println("Hello World") } } Wenn wir diesen Code betrachten, dann kommt uns einiges von Java bekannt vor, zum Beispiel die Methode main mit ihren Argumenten oder die Ausgabe mittels println. Anderes ist komplett neu, zum Beispiel die Schlüsselworte object und def oder die fehlenden Semikolons. Wir werden – wie versprochen – alle Scala-Sprachmerkmale in der nötigen Tiefe erläutern, aber an dieser Stelle bleiben wir an der Oberfläche und gehen davon aus, dass die Intention des Beispiels klar ist. Also, wir öffnen einen Texteditor unserer Wahl, geben obigen Code ein und speichern das Ganze in der Quelldatei Hello.scala. Tatsächlich ist es dem Scala-Compiler egal, wie wir die Datei benennen, denn im Unterschied zu Java können wir anders heißende und sogar mehrere so genannte Compilation Units in einer Datei haben. Aber in den meisten Fällen bietet sich die von Java her bekannte Konvention an, und hier wollen wir es ebenso handhaben. Nun kommt der Scala-Compiler ins Spiel, der sich hinter dem Programm scalac im Verzeichnis bin der Scala-Distribution verbirgt: $ scalac Hello.scala Wenn wir uns nicht vertippt haben, dann sehen wir nach dem Compilieren erst einmal nichts, d. h., der Compiler beendet seine Arbeit ohne Fehlermeldung. Aber wenn wir einen Blick in das Dateisystem werfen, dann werden wir feststellen, dass die Quelldatei Hello.scala nicht mehr alleine ist, sondern Gesellschaft in Gestalt von Hello.class und Hello$. class bekommen hat. Offenbar war der Compiler fleißig und hat aus einer Quelldatei bzw. der darin enthaltenen einen Compilation Unit – unser object Hello – zwei Dateien mit der Endung .class erzeugt. Dieser Arbeitseifer liegt in unserem Fall in der speziellen Behandlung von objects begründet, doch dazu mehr in Kapitel 5. 18 Kommandozeilenwerkzeuge Was wir ohne Zweifel erkennen können: Offenbar erzeugt der Scala-Compiler Java-Bytecode. Das war auch nicht anders zu erwarten, denn Scala ist ja eine Sprache für die JVM. Aber es tut doch ganz gut, sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen. Wem das Indiz in Form der Dateiendung auf .class nicht ausreicht, der möge zum Standard-Java-Decompiler javap greifen. Hier das Resultat für die Datei Hello.class: $ javap Hello Compiled from "Hello.scala" public final class Hello { public static void main(java.lang.String[]); } Wie wir sehen, handelt es sich bei Hello.class um gültigen Java-Bytecode. Wir können auch erkennen, dass die Übersetzung von Hello die Methode main genau so enthält, wie wir sie für ein ausführbares Java-Objekt benötigen. Ohne in dieses zugegebenermaßen etwas spezielle Thema zu tief einsteigen zu wollen, sei erwähnt, dass es auch einen Scala-Decompiler gibt, der erwartungsgemäß scalap heißt: $ scalap Hello object Hello extends scala.AnyRef { def this() = { /* compiled code */ } def main(args: scala.Array[scala.Predef.String]): scala.Unit = ... } Zurück zum Scala-Compiler! Je nach Leistung des verwendeten Rechners müsste aufgefallen sein, dass das Übersetzen unseres trivialen Scala-Codes schon eine Weile gedauert hat. Wer das tatsächlich nicht so wahrgenommen hat, der möge ein vergleichbares JavaBeispiel mit javac übersetzen. Natürlich gibt es gute Gründe dafür, warum der Scala-Compiler langsamer ist, als der Java-Compiler, auf die wir hier nicht eingehen wollen. Dennoch ist es schlicht und ergreifend in der Praxis mindestens störend, wenn wir immer wieder lange warten müssen, während scalac sich abmüht. Aus diesem Grund sollten wir ein Build-Werkzeug wie sbt verwenden, welches inkrementelles – und dadurch wesentlich schnelleres – Compilieren beherrscht. 2.1.2 scala Nachdem wir nun wissen, wie wir unser „Hello World“ compilieren können, stellt sich die Frage, wie wir es ausführen können. Wenn wir uns ins Gedächtnis rufen, dass der Scala-Compiler Java-Bytecode erzeugt, dann liegt die Vermutung nahe, dass wir einfach java verwenden können. Und das ist korrekt, wobei wir darauf achten müssen, zusätzlich zum aktuellen Verzeichnis, das unser „Hello World“ enthält, die Scala-Standardbibliothek in den Klassenpfad zu geben: $ java -cp .:.../scala-library.jar Hello Hello World Durchstarten mit Scala 19