Bremen, 18. 2.2003 Technologie-Zentrum Informatik Zwischenbericht Maßnahme „Mobile Anwendungen im Gesundheitswesen“ Ingrid Rügge Technologie-Zentrum Informatik (TZI), Universität Bremen [email protected] Inhalt Einleitung....................................................................................................................................... 2 Bestandsaufnahme ....................................................................................................................... 3 Aktuelle Entwicklungstrends ...................................................................................................... 5 Klassifikation von Anwendungsfeldern im Gesundheitswesen und Identifikation von Rollen. 16 Bedarfsanalyse............................................................................................................................ 18 Ermittelte regional relevante Anwendungsszenarien .............................................................. 19 Sicherheitsaspekte im Gesundheitssektor bei der Realisierung mobiler Lösungen ................... 25 Veranstaltungskonzept für die Aktivierungsphase ...................................................................... 31 Dokumentation ............................................................................................................................ 32 Das Projekt wird gefördert im Rahmen der Innovativen Maßnahmen der EFRE. Fördergeber ist der Senator für Wirtschaft und Häfen, Bremen Einleitung Mobile Informations- und Kommunikationstechnologien haben einen Stand erreicht, der ihren breiten Einsatz ermöglicht und ökonomische Vorteile bieten kann. Diese Tatsache und die große regionalwirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Bedeutung des Gesundheitssektors hat das Land Bremen frühzeitig erkannt und die Profilierung Bremens in diesem Bereich u.a. durch den Schwerpunkt „Mobile Cooperative Work“ in der Landesinitiative „Bremen in t.i.m.e.“ sowie durch die „Mobile Bremen Initiative“ und durch die Ausschreibung „Förderung der Gesundheitswirtschaft im Land Bremen“ forciert. Um vorhandene Möglichkeiten auszuschöpfen, müssen die Arbeits- und Geschäftsprozesse in den verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens auf ihren Gehalt an mobilen Tätigkeiten analysiert und angemessene, ökonomisch realisierbare informations- und kommunikationstechnische Lösungen entwickelt werden. Die Maßnahme „Mobile Anwendungen im Gesundheitswesen“ ist ein Schritt in diese Richtung, bei dem einerseits die Sichtbarmachung des Potenzials mobiler Lösungen für das Gesundheitswesen steht und andererseits die Initiierung von Projekten in diesem Bereich, die die regionale Wirtschaft stärken. Mit der Bezeichnung „mobile Tätigkeiten“ sind nicht vorrangig Aufgaben gemeint, die sich unterwegs unter Einsatz eines Laptops mit handelsüblichen Softwareprogrammen erledigen lassen. Derartige Lösungen sind bereits Alltag, auch im Gesundheitswesen. Die zu entdeckenden Potenziale liegen in Prozessen, die aufgrund der ihnen inhärenten Charakteristika mit herkömmlichen Computersystemen bisher nicht unterstützt werden konnten. Das sind in erster Linie Tätigkeiten, die - in der Bewegung ausgeübt werden, - die an ständig wechselnden Einsatzorten stattfinden, und - in denen die primäre Aufgabe der Ausführenden und ihre Aufmerksamkeit in der realen Welt (und nicht in der virtuellen Welt der elektronischen Informationen) liegt. Einer der bereits identifizierten Anwendungsbereiche mit einem hohen Anteil an mobilen Tätigkeiten ist das Gesundheitswesen, z.B. in der Notfallmedizin und in der ambulanten Pflege. Aber auch bestimmte Prozesse im Krankenhaus sind hochgradig mobil, z.B. einige Aufgaben der AnästhesistInnen, die Abwicklung der Visite, die Tätigkeit der Ergotherapeuten oder auch die Instandhaltung und Prüfung der eingesetzten medizinischen Geräte, um nur einige Beispiele aus dem breiten Spektrum der Möglichkeiten zu nennen. All diesen mobilen Tätigkeiten ist neben den oben genannten Charakteristika gemeinsam, dass sie in eine informationstechnische Infrastruktur eingebunden sind und ein Informations- und Kommunikationserfordernis besteht, das mit herkömmlicher Technologie bisher nicht erfüllt werden konnte. Auch wenn dem Gesundheitswesen mit seinen vielen Regeln und Vorschriften im Gegensatz zur jungen, dynamischen IT-Welt eine große Behäbigkeit nachgesagt wird, so muss man doch anerkennen, dass in der Gesundheitswirtschaft mehr mobile Systeme zu finden sind, als in jedem anderen Sektor (abgesehen von Notebooks und PDAs mit Büroanwendungen). Des Weiteren ist die Medizin technologischen Lösungen gegenüber sehr aufgeschlossen und innovativ; bei manchen informationstechnischen Themen war sie sogar Vorreiter, z.B. bei der Nutzung von Methoden der Künstlichen Intelligenz. Im Rahmen der Maßnahme „Mobile Anwendungen im Gesundheitswesen“ werden in einem zweistufigen Verfahren die regionalen Potenziale zur Einführung und Nutzung mobiler Informations- und Kommunikationstechnologien ergründet und aktiviert. In der ersten Phase wurde eine Bestandsaufnahme durchgeführt und ein Konzept für die folgende Aktivierungsphase entwickelt. Der vorliegende Zwischenbericht dokumentiert das Vorgehen und die bisher erzielten Ergebnisse, und er beinhaltet ein Konzept für die Aktivierungsphase, das noch im Dialog mit den Ansprechpersonen beim Senator für Wirtschaft und Häfen, beim Technologie-Zentrum Informatik 2 Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Sport und bei der Bremer Innovationsagentur (BIA) abgestimmt wird. Als zentrale Methode zur Ermittlung der regionalen Bedarfe wurde das explorative Interview gewählt. Die GesprächspartnerInnen aus dem Anwendungsbereich „Gesundheitswesen“ wurden aus bestehenden persönlichen Kontakten und anhand ihrer Zugehörigkeit zu einer der beteiligten Berufsgruppen ausgewählt; oder sie wurde auf Empfehlung durch die Geprächspartner angewiesen. Diese „bottom up“-Auswahlverfahren wurde zum Schneeballsystem, das hochinteressante Ansprechpersonen und eine Erweiterung des Anwendungshorizontes brachte. Durch die Vielzahl von Erstgesprächen, die im Rahmen der Recherchen geführt worden sind, stellten bereits eine erste Phase der Schaffung von Awareness für das Thema „Mobile Lösungen“ da. Nach den ersten Worten schon war ein deutliches Interesse wahrzunehmen und auch eine große Bereitschaft, Auskunft über die eigenen (mobilen) Tätigkeiten zu geben. Awareness wurde insbesondere in den Interviews erzeugt, denn es kam nicht selten vor, dass die Interviewpartner sich vor dem Gespräch keine mobile Lösung in ihrem Arbeitsbereich vorstellen konnten und auch keine Bedarfe sahen. Im Laufe des Interviews bekamen sie jedoch einen Blick für die mobilen Aspekte ihrer Arbeit, bei denen sich eine genauere Analyse hinsichtlich des Einsatzes bzw. der Entwicklung mobiler Technologien lohnt. Die in der im Folgenden dokumentierten Bestandsaufnahme zusammengetragenen Projekte und Produkte stellen eine unabhängige Stichprobe aus einem größeren Feld da. Mit ihrer Zusammenstellung wurde eine Diskussionsgrundlage für die Aktivierungsphase geschaffen. Die Beispiele sollen Impulse geben und einen Eindruck von der Vielfalt der Möglichkeiten sowie von den bereits eröffneten Perspektiven liefern; die Vermittlung eines umfassende Überblicks ist mit der Sammlung nicht intendiert. Bestandsaufnahme Eine Aufgabe der Bestandsaufnahme war, durch entsprechende Recherchen einen Überblick über aktuelle Entwicklungstrends – Produkte, Initiativen und Projekte – zusammen zu stellen. Wegen der Kürze der verfügbaren Zeit wurde hier allerdings kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Ein besonderes Augenmerk lag bei der Recherche auf regionalen Angeboten und Aktivitäten. Zeitgleich zur Durchführung der Maßnahme fanden Ausschreibungen und Begutachtungen zur Förderung von innovativen Projekten im Bereich Gesundheitswesen und bzgl. mobiler Lösungen statt, z.B. das Programm „Förderung der Gesundheitswirtschaft im Land Bremen“, das Landesprogramm „Arbeit und Technik“ und die Landesinitiative „Bremen in t.i.m.e.“. Es lässt sich ein sehr dynamisches Anwachsen der Anzahl der Projekte und Ideenskizzen in dieser Themenkombination feststellen. Da bei Firmen und Institutionen handfeste wirtschaftliche Interessen berührt werden, muss davon ausgegangen werden, dass trotz größter Bemühungen nicht einmal die regional aufgesetzten Projekte vollständig erfasst werden konnten. In die Projektübersicht eingeflossen ist die Erhebung mobiler Projekte, die das Referat 25 des Senators für Wirtschaft und Häfen Mitte 2002 durchgeführt hat. Auch sind die relevanten EU-Projekte aufgenommen worden, die im Frühjahr 2002 auf der europäischen UMTS-Veranstaltung in Bremen vorgestellt wurden. Nicht im Detail erfasst wurden Projekte, die bereits in einer ähnlichen Sammlung der Projektgruppe „Mobile Computing in der Medizin (MoCoMed)“ des gemeinnützigen Vereins „Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS) e.V.“ geführt werden. Diese Projekte werden weiter unten in diesem Zwischenbericht kurz beschrieben; sie können online unter http://www.mocomed.org eingesehen werden. Wichtiger als der Studienaspekt war in dieser ersten Phase jedoch, bei den verschiedenen Zielgruppen – den regionalen Akteuren – Interesse für die Maßnahme zu erzeugen. Technologie-Zentrum Informatik 3 VertreterInnen folgender Akteursgruppen wurden in erster Linie individuell und persönlich angesprochen: - MitarbeiterInnen der unterschiedlichen Sparten im Gesundheitswesen (z.B. ÄrztInnen, Krankenschwestern, Pflegekräfte, (Medizin)TechnikerInnen, Ausbildungsinstitutionen und Interessenverbände) - Medizintechnikhersteller Gesundheitswesen. - IT-Anbieter und Institutionen, die sich der Erforschung und Entwicklung mobiler I&KLösungen widmen - Sicherheitsexperten bzgl. Datenschutz und drahtloser Netzwerktechnologien. und Anbieter von Softwarelösungen für das PatientInnen – und hier insbesondere die ältere Generation 50+ –, die zukünftig in einigen Bereichen der Gesundheitswirtschaft die potenziellen NutzerInnen mobiler Technologien sein werden, wurden nicht explizit mit einbezogen. Ihre Interessen finden vermittelt durch die ÄrztInnen und Pflegekräfte Eingang in diese Maßnahme. Im vorgegebenen engen Zeitrahmen konnten nicht alle regionalen Akteure direkt angesprochen werden. Die Erstellung eines systematischen Überblicks beschränkte sich deshalb in erster Linie auf das Zusammentragen einer Liste von Firmen, Institutionen und Ansprechpersonen. Diese Liste wuchs (und wächst) mit jedem persönlichen Kontakt und jedem geführten Gespräch, sie ist nicht öffentlich. Dieses evolutionäre Vorgehen wird im nächsten Jahr bei der Durchführung der zweiten Phase der Maßnahme fortgesetzt, so dass am Ende der Maßnahme eine weitgehend vollständige Liste der regionalen Akteure vorliegen wird. Zu den regional ansässigen Firmen werden gerade auf Seiten der Anbieter auch national bzw. international agierende Unternehmen und Institutionen hinzu kommen, da manche Anbieter nicht in Bremen vertreten sind, in Projekte zur Förderung der Bremer Gesundheitswirtschaft aber mit einbezogen werden sollten (z.B. ein Hersteller von integrierten Lösungen für den Bereich Zahnmedizin). Ein Ausgangspunkt bei der Recherche nach den regionalen Akteuren waren die Ausstellerliste der MEDICA1 und der Bremer Kompetenzverbund „mobile cooperative work (mcw)“, in dem sich annähernd 60 Bremer Unternehmen zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen haben. In den ermittelten Unternehmen und Institutionen wurden einzelne Personen angesprochen. Ziel bei der Auswahl der Unternehmen war es, in kurzer Zeit ein breites Spektrum von Anwendern und Anbietern zu erreichen, um eine thematische Vielfalt zu erhalten. Diese direkte Ansprache ist zwar relativ zeitaufwändig, bringt aber qualitativ hochwertige und nachhaltige Kontakte hervor. In der nächsten Phase der Maßnahme wird dieses Vorgehen fortgesetzt werden. Um mehr Personen und Gruppen zu erreichen, wird es aber auch eine anonymere Öffentlichkeitsarbeit über Briefversandt und die Presse geben müssen. Die potenziellen AnwenderInnen, d.h. die MitarbeiterInnen im Gesundheitswesen, wurden in explorativen Interviews zu ihren Aufgaben und zum Anteil mobiler Tätigkeiten darin befragt. Ausgewählt wurden die InterviewpartnerInnen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem der identifizierten Anwendungsfelder (siehe unten). Die Hersteller von Medizintechnik und die Anbieter branchenspezifischer Softwarelösungen im medizinischen bzw. medizintechnischen Bereich wurden u.a. in der Datenbank der MEDICA ermittelt. Um die ansässigen IT-Anbieter mit Schwerpunkt auf mobilen Lösungen zu erreichen, wurde die Maßnahme ausführlich im Kompetenzverbund mcw vorgestellt und Informationen über das Projekt über diesen Verteiler an alle Mitglieder der Interessengemeinschaft weitergeleitet. Des Weiteren wurde der TZIInfotag genutzt, um durch einen Informations-Flyer die annähernd 100 Gäste über die Maßnahme zu informieren. Auf der MEDICA war die Maßnahme virtuell vertreten, da einer der 1 Die MEDICA ist die weltgrößte Medizinmesse. Sie fand im November 2002 in Düsseldorf statt. Technologie-Zentrum Informatik 4 Bremer IT-Partner des Kompetenzverbunds mcw die Flyer bei seinem eigenen Messebesuch in Düsseldorf mit verteilt hat. Aktuelle Entwicklungstrends Im Gesundheitssektor gibt es mittlerweile einige mobile Lösungen, die bereits als Produkte bzw. Dienstleistungen am Markt platziert sind. So hat z.B. die MEDICA in diesem Jahr für dieses zukunftsträchtige Thema ein eigenes Anwenderforum eingerichtet. Bei den meisten angebotenen Lösungen handelt es sich allerdings um Notebook-Versionen vorhandener Desktop-Applikationen oder um Portierungen solcher auf PDAs (Personal Digital Assistants). Ein etwas anderer, kommerziell verfügbarer Ansatz, der sich an das Konzept der Hausnotrufdienste anlehnt, sind mobile patientenorientierte Notruflösungen: Risikogruppen wie Herzkranken, Bluter, Diabetiker oder BluthochdruckpatientInnen werden mit einem speziellen, ähnlich wie ein Handy zu bedienenden mobilen Endgerät ausgestattet, das zusätzlich mit einem Notrufknopf, einem GPS-Empfänger, oder einem mobilen EKG- oder einem anderen VitalwertMessgerät ausgestattet ist. Zentral zum angebotenen Dienst dazu gehört eine mit Fachkräften besetzte Notrufzentrale, die im Falle des Auslösens eines Notrufs mit der Kundin in Verbindung tritt oder alle erforderlichen Rettungsmaßnahmen einleitet. Alle Trends zeichnen sich zurzeit nur als Anhäufung von Ideen, von Forschungs- oder von Entwicklungsprojekten ab. Besonders wichtig sind hier Machbarkeitsstudien und grundlegende Forschungen wie z.B. die EU-Projekte xMotion und 6WINIT, in denen grundsätzlich geprüft wird, inwiefern drahtlose Netze in der Medizin, z.B. UMTS im Notarztwagen oder WLAN im Krankenhaus einsetzbar sind und wie die erforderliche Sicherheit in den eingesetzten drahtlosen Netzen realisiert werden kann. Zu beachten sind aber auch alle anderen derzeitig durchgeführten Projekte, denn sie geben in diesem jungen und dynamischen Produkt- und Dienstleistungsbereich Hinweise darauf, wohin die Entwicklung geht. Damit jeder, der sich selbst ein Urteil bilden will, dies auch tun kann, stehen die im Rahmen dieser Maßnahme recherchierten Projekte – schematisch beschrieben – online2 zur Verfügung und werden ständig erweitert. Der Focus der Recherchen lag auf mobilen Lösungen im Gesundheitswesen. Nicht berücksichtigt wurde bei dieser Bestandsaufnahme die breite Palette der Telemedizin-Projekte (Teledermatologie, -pathologie, -konsil, -radiologie usw.), in denen es momentan in erster Linie um die elektronische Verarbeitung von Daten und nicht um ihre mobile Nutzung geht. Die Ergebnisse der in diesen Bereichen jetzt durchgeführten Untersuchungen und Entwicklungen werden die Grundlage bilden für den mobilen Einsatz, so dass man sie zu den potenziellen Anwendungsbereichen für mobile Lösungen hinzuzählen kann. Erprobung der Kommunikationsanforderungen mobiler Funktechnologien in Notfallsituationen im EU-Projekt xMotion 2 http://www.wearlab.de/Docs/mnahme/ Technologie-Zentrum Informatik 5 Um einen Überblick über aktuelle Entwicklungen zu bekommen, wurde eine umfangreiche Online-Recherche durchführt. Diese Recherche sollte nationale wie auch internationale Projekte aufdecken, die sich mit mobilen Anwendungen im Gesundheitswesen beschäftigen. Dabei wurden nicht nur fertige Softwarelösungen betrachtet, sondern auch Forschungsprojekte und wissenschaftliche Studien aufgenommen, die sich mit neuen Entwicklungstrends in diesem Sektor befassen. Die gefundenen Beispiele wurden strukturiert in einem Beispielkatalog gesammelt, der online veröffentlicht wird. Da es sich bei dieser Bestandsaufnahme um eine Online-Recherche handelt, erfolgte die Suche nach vorhandenen Projekten über allgemeine Suchmaschinen, Online-Präsentationen von medizinischen Fachzeitschriften, wie z.B. dem Ärzteblatt, oder Hardware-Hersteller mobiler Endgeräte. Auf den ersten Blick entstand der Eindruck, als ob bereits eine ganze Palette mobiler Lösungen für das Gesundheitswesen existiere. Doch in vielen Fällen wurde unter dem Begriff „mobil“ Telemedizin verstanden, d.h. die elektronische Verfügbarkeit medizinischer Daten über Inter- oder Intranet. Der von uns verwendete Begriff „mobile Anwendung“ beinhaltet diese Interpretation nicht, ist aber dennoch relativ breit. Er umfasst den Einsatz von Handys, über die z.B. die Vitalfunktionen (Blutdruck, Puls) eines Menschen gemessen werden können, die Untersuchung der Einsatzmöglichkeiten von WLAN und auch Applikationen, die per Spracheingabe oder Stiftbedienung über Handheld-Computer benutzt werden. Programme, die von einem DesktopPC einfach auf ein Notebook gebracht wurden, fallen aus unserer Definition allerdings raus und werden hier nicht näher betrachtet. Dennoch findet sich unter den Beispielen das eine oder andere Projekt, das dem Mobilitätsmerkmal nicht genügt. Es wurde dann aufgrund des potentiell mobilen Themas, wegen seiner regionalen Bedeutung oder weil es sich mit der Schaffung der technologischen Voraussetzungen für die Entwicklung mobiler Lösungen befasst, aufgenommen. Bei der Recherche nach Produkten und Projekten zur Ermittlung aktueller Entwicklungstrends zeigte sich, dass es in Deutschland bereits seit 2 Jahren eine Projektgruppe gibt, die hauptsächlich aus Medizinern besteht, und die sich mit der Thematik „Mobile Computing in der Medizin“ beschäftigt. Die gleichnamige Projektgruppe ist sowohl im Fachbereich „Medizinische Informatik“ der „Gesellschaft für Informatik (GI)“ angesiedelt als auch im gemeinnützigen Verein „Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS) e.V.“. Initiator und Leiter ist Dr. A. Koop von der Medizinischen Fakultät der Universität Köln. Die Projektgruppe veranstaltet jährlich einen Workshop3 zum Thema und hat eine Homepage aufgebaut, die ein Forum für den Austausch von Informationen und Erfahrungen sein soll. Unter anderem sieht die Projektgruppe ihre Aufgabe darin, laufende oder durchgeführte Projekte auf der Webseite www.mocomed.org in einer Datenbank aufzulisten und somit eine Informationsmöglichkeit für Interessierte zu schaffen. Allerdings lässt die Aktualität der bereitgestellten Informationen etwas zu wünschen übrig. Des Weiteren sollen Kontakte geknüpft werden, um die Zusammenarbeit von entsprechenden Arbeitsgruppen sowie Kooperationen mit der Industrie zu fördern. Mittlerweile wurden in die Projekte-Datenbank 14 medizinische Projekte eingetragen. Jedes wird von einem Mitglied der Projektgruppe betreut. Neben dem Titel des Projekts und einer kurzen Projektbeschreibung werden auch die Ansprechpersonen genannt. Die Recherchen zu den aktuellen Trends haben gezeigt, dass der Realisierung mobiler Lösungen im Gesundheitswesen einige strukturelle Eigenschaften des Gesundheitswesens und der eingesetzten informations- und kommunikationstechnologischen Infrastruktur entgegenstehen. Ein Hindernis ist die Vielzahl proprietärer fachgebietsbezogener Systeme, die inkompatibel miteinander sind. Schon 1997 hat der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im 3 2001 war der Workshop national ausgerichtet, bereits 2002 wurde eine Ausweitung auf Europa vollzogen. Technologie-Zentrum Informatik 6 Gesundheitswesen in einem Sondergutachten folgendes beklagt: „Das Fehlen flächendeckend akzeptierter Standards und durchgängig kompatibler Kommunikationsprozesse verhindert die Ausschöpfung großer Rationalisierungspotentiale im Gesundheitswesen.“ Dieser Mangel dauert auch heute noch an und bedeutet für die Umsetzung fachgebietsübergreifender mobiler Ansätze einen gravierenden Nachteil. Die in Arbeit befindliche Gesundheitsplattform lässt noch auf sich warten, da hierüber bisher kein Konsens erzeugt werden konnte. Sie ist jedoch das Mittel, das bei diesem defizitären Zustand Abhilfe schaffen kann. Ein weiteres Hindernis, nicht nur für mobile Lösungen, ist der sehr heterogene informations- und kommunikationstechnische Durchdringungsgrad der verschiedenen Fachgebiete und Berufe im Gesundheitswesen. So kommt es heute noch immer sehr häufig vor, dass in niedergelassenen Praxen oder in der Pflege ausschließlich die Abrechnungen elektronisch erfolgen, alle anderen Informationen jedoch in anderer, nicht-elektronischer Form vorliegen. Sieht man von diesen beiden noch nicht erfüllten Voraussetzungen ab, öffnet sich der Blick für eine Vielzahl von Anwendungsfeldern im Gesundheitswesen. Notfallmedizin Es gibt bereits mehrere Institutionen, die sich mit der Unterstützung des Einsatzes von Rettungskräften durch Informations- und Kommunikationstechnik in der Notfallmedizin befassen. Der Schwerpunkt wird dabei auf den klassischen Notfalleinsatz eines Rettungswagens mit NotärztIn an Bord gelegt. Als mobile Endgeräte kommen PDAs, neue Eingabedevices wie der Anoto-Pen, oder ein Wearable Computer der Firma Xybernaut zum Einsatz. Den meisten dieser Projekte ist gemeinsam, dass die Hauptaufgabe darin besteht, schon während des Rettungseinsatzes wichtige Daten der PatientIn schnell zu erfassen, um sie ohne Zeitverlust z.B. an die Rettungszentrale zur weiteren Koordination zu übermitteln. Die aufnehmende Klinik kann dann frühzeitig vorbereitende Maßnahmen zur Weiterversorgung des Notfallpatienten treffen. So wird ein Zeit- und Informationsvorsprung erreicht, der u.U. über Leben und Tod entscheidet. Erwähnenswert ist in diesem Rahmen auch das EU-Projekt xMotion, an dem mehrere Bremer Unternehmen und das IKOM der Universität beteiligt sind. Es untersucht die Kommunikationsanforderungen mobiler Funktechnologien (GPRS, UMTS) bzgl. sicherheitsrelevanter Belange im Bereich der Logistik. Dabei liegt der Fokus auf den Anwendungsbeispielen Tele-Ambulanz, Notfallmanagement und Transportüberwachung. Ebenfalls ein EU-Projekt mit Bremer Partner (TZI, Bereich Digitale Medien und Netze) ist 6WINIT. Es untersucht und testet die Einsatzmöglichkeiten eines neuen Internet-Protokolls in drahtlosen Netzen. Ziel ist, im Vorfeld der Einführung der Mobilfunknetze der dritten Generation neue Lösungen für den Einsatz von Internet-Technologien zu entwickeln und zu demonstrieren. Anwendungsbereiche sind der Einsatz in klinischen Szenarien und in der Notfallmedizin. Die NOAH-Vest der Universitätsklinik Regensburg im Einsatz Technologie-Zentrum Informatik 7 Die Spezialanfertigung einer Rettungsweste mit integriertem Wearable Computer entstand in dem Regensburger Projekt „Notfall-Organisation- und ArbeitsHilfe (NOAH)“, das aus einer Zusammenarbeit zwischen dem Rettungszentrum Regensburg und der Universität Regensburg resultierte. Der Lösungsansatz besteht aus einer verbesserten Kommunikationsanbindung des Notarztes an die Rettungsleitstelle und die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Mit NOAH können für das Einsatzmanagement wichtige Daten und Informationen in Sekundenschnelle erfasst und optimal weitergegeben werden. Die Qualität der Dokumentation verbessert sich durch einfache Eingabe und sauberen Ausdruck. Mit dem kommerziell verfügbaren Produkt Medical PAD lassen sich nicht nur die vom Notarzt erfassten Daten, sondern auch Daten aus medizinischen Messgeräten auslesen, die ebenfalls zur weiteren Behandlung an die aufnehmende Klinik übermittelt werden können. Eine der älteren Entwicklungen in der Notfallmedizin ist das elektronische Notarztprotokoll NAPROT. Hier liegt der Schwerpunkt ebenfalls auf der schnellen Datenerfassung und Datenübermittlung. Der Zugriff auf die Patientenakte während des Notfalleinsatzes hat keine Priorität, obwohl Informationen über Allergien oder Unverträglichkeiten vor Ort wichtig sein könnten. Je nach Art des Notfalls bleibt bei der Erstversorgung meist aber keine Zeit für die Beachtung der Vorgeschichte der PatientIn. Einen etwas anderen Schwerpunkt setzen die Frankfurter Rotkreuz-Krankenhäuser. Sie wollen durch den Einsatz des neuen EKG-Gerätes Cremoni im Notarztwagen die Diagnostik bei Herzinfarkt-Patienten beschleunigen. Noch im Haus des Patienten legt der Notarzt das MiniEKG an und mit Hilfe der eingebauten Mobilfunktechnik werden die Daten direkt an das Kompetenzzentrum, zum Beispiel ein Herzkatheterlabor, gesendet. Der erfahrene Kardiologe kann das EKG in Echtzeit verfolgen und sich mit dem Notarzt dann über die Diagnose und das weitere Vorgehen verständigen. Die aufgenommenen und im Folgenden skizzierten Beispiele lassen sich im Wesentlichen in die genannten Kategorien einordnen. Einige Projekte könnten aber auch aufgrund ihrer breiten inhaltlichen Ausrichtung in mehreren Kategorien erscheinen. Patientenmonitoring und Notfalldienste Ein anderer, häufige „beackerter“ Bereich mobiler Lösungen im Gesundheitswesen, der direkt an das letztgenannte Beispiel aus der Notfallmedizin anschließt, ist das Patientenmonitoring. Dieses Anwendungsfeld erstreckt sich von Diagnoseverfahren bis hin zu Präventionsmaßnahmen bei so genannten Risikogruppen wie Diabetiker oder HerzinfarktPatienten. Das Beobachten bzw. Überwachen zu Diagnose- oder Therapiezwecken war bisher immer eine kostenintensive Variante, da die PatientIn in einer Klinik untergebracht werden musste. Durch ein am Körper zu tragendes Geräte kann diese Überwachung jetzt in der häuslichen Umgebung stattfinden. Diese Möglichkeit erhöht einerseits das Wohlbefinden der PatientInnen und bietet zudem „realistischere“ Beobachtungsbedingungen als bei einem Aufenthalt in einem Krankenhaus, und es reduziert darüber hinaus die Kosten der Behandlung erheblich. Da das Augenmerk bei diesen Projekten auf die weitgehend uneingeschränkte Bewegungsfreiheit der Patienten gelegt wurde, könnten diese technologischen Maßnahmen auch in gewissen Situationen im Krankenhaus oder in Alten- und Pflegeheimen zum Einsatz kommen. Gemeinsam ist allen Projekten dieser Kategorie die Messung der Vitalfunktionen der PatientIn, die Überwachung des Normalzustands und die Auslösung einer Aktion bei Abweichungen der gemessenen Werte von der Norm. Unterschiede lassen sich im eingesetzten mobilen Endgerät, in den erfassten Vitalwerten und in der zu alarmierenden Instanz erkennen. Beispielsweise wird beim Dienst von „Vitaphone“ die Erfassung und Übertragung von medizinischen Daten (z.B. EKG) mit Hilfe von Elektroden auf der Rückseite eines speziellen Mobiltelefons realisiert. Die Auswertung des EKGs erfolgt in einem CallCenter, das per Handy gerufen wird. Der Dienst ist ein kommerzielles Angebot an Risikopatienten. Im Projekt „e-ssist“ Technologie-Zentrum Informatik 8 des Fraunhofer Instituts in Rostock wird der Entwicklungsschwerpunkt auf die breitbandige Nahbereichskommunikation (Body Area Network, BAN) gelegt. Beim Einsatz dieser Technologie entsteht eine drahtlose Kommunikation zwischen am menschlichen Körper getragenen elektronischen Komponenten. Auch dieser Ansatz dient der Gesundheitsüberwachung. An anderer Stelle wird an Kleidungsstücken geforscht, die Vitalsensoren aufnehmen (Lifeshirt). Ein anderes dieser mobilen Meßsysteme aus dem Projekt „Dr. Feelgood“ der Universität Heidelberg ermittelt nicht nur die Vitalfunktion der PatientIn sondern erfasst auch Informationen aus dem unmittelbaren Umfeld ( z.B. körperliche Aktivität, Umgebungstemperatur), um eine intelligente Auswertung der Sensoren zu erreichen und die Anzahl der Alarmierungen dadurch zu reduzieren. Body Area Network, die Vernetzung am Körper Im Projekt „Multifunktionelle Monitoring Einheit“ beschäftigt sich die Einrichtung „Der Pflegedienst“ mit der Entwicklung einer multifunktionellen Monitoring-Einheit, mit der es möglich sein soll, Daten direkt am Patienten zu erfassen, zu speichern und via diverser Schnittstellen an Serversysteme weiter zu geben. Im Mai 2002 war das Ravensburger Projekt noch in der Planungs- und Entwicklungsphase eines Prototypen und suchte nach Sponsoren für die Entwicklung. Das Projekt „GSM- und GPS-gestütztes Notrufsystem in Verbindung mit einer Einsatzzentrale“ wurde Anfang 2002 ins Leben gerufen. Unter Verwendung eines GMS-Mobiltelefons mit GPSEmpfänger und integrierter Notruftaste der Firma Benefon und Satellitenortung ist eine optimale Notfallversorgung für Risikopatienten Ziel des Projekts. Bei Notrufauslösung wird eine SMS mit zuvor via Satellitenempfang gewonnenen Standortinformationen an eine mit Fachpersonal besetzte Notrufzentrale weitergeleitet. Automatisch wird zusätzlich eine Telefonverbindung zu dieser Notrufzentrale aufgebaut. Mit Eingang des Notrufs werden den Fachkräften in der Zentrale direkt am Bildschirm die kundenspezifischen Informationen (Kunde, Angehörige, Hausarzt, Vorerkrankungen, optional Medikamente) angezeigt. Die Ortungsinformationen werden in einer digitalisierten Karte visualisiert. Aufgabe der Zentrale ist es, nach Eingang des Notrufs die notwendige Hilfe zu organisieren. Diese mobile Lösung soll in erster Linie Herzkranken, Blutern oder Diabetikern zu Gute kommen. Das Projekt wird von der Malteser Hilfsdienst GmbH aus Köln begleitet und befand sich laut Datenbank-Eintrag im März 2002 im Entwicklungsstadium. Eine etwas andere Ausrichtung hat das Projekt „Dezentrale Biosignalverarbeitung – Konzeption und Implementierung einer Java 2 Micro Edition Applikation für Palm Connected Organizer“. In einer Machbarkeitsstudie hat die Fachhochschule Dortmund im Bereich medizinische Informatik untersucht, inwieweit sich mobile Kommunikationssysteme wie PDAs unter Verwendung der Programmiersprache Java für die Biosignalverarbeitung eignen. Es wurde eine Java Applikation namens „KBiosig“ implementiert, die auf dem Palm und ohne Änderungen des Quellcodes auf einem DesktopPC lauffähig ist. Technologie-Zentrum Informatik 9 Unterstützung von Arbeitsprozessen im Krankenhaus Eine weitere Gruppierung von mobilen Lösungsansätzen ist im klinischen Umfeld zu finden. Hier lassen sich sogar die meisten Projekte einordnen. Das scheint im ersten Moment verwunderlich, da ein Krankenhaus eine stationäre Einrichtung ist, die infrastrukturell sehr gut versorgt werden kann. Doch sind gerade unter den Tätigkeiten im alltäglichen Krankenhausbetrieb viele mobile Aspekte zu finden. Der Schwerpunkt mobiler Lösung für die Arbeitsprozesse im Krankenhaus liegt bei der dort erforderlichen umfangreichen Dokumentation. Da Krankenhäuser in der Regel bereits über ein Krankenhausinformationssystem verfügen, beschäftigen sich einige Projekte mit einer mobilen Erweiterung der stationär eingesetzten Desktop-Computing-Software, um dem Krankenhauspersonal ein ortsungebundenen Zugriff auf die Patientenakten zu ermöglichen. Des Weiteren soll das Personal die erbrachte Leistung gleich direkt am Ort des Geschehens erfassen, um Fehler durch Vergessen bei der nachträglichen Dokumentation oder durch Übertragungsfehler von der Papiernotiz in das KIS zu vermeiden und den administrativen Aufwand zugunsten der eigentlichen Aufgabe zu reduzieren. Das Institut für angewandte Pflegeforschung (iap) der Universität Bremen befasst sich mit dem Thema Dokumentation im Krankenhaus mit dem Ziel, eine Struktur zur Erfassung und Dokumentation von Pflegeprozessen im Sinne einer Topologie zu entwickeln und diese in einer EDV-Plattform umzusetzen. Der Leistungsumfang des Produkts MobEMed der amerikanischen Firma Protolex geht über das Repräsentieren und Erfassen von Daten hinaus und bietet eine mobile Allround-SoftwareLösung an. Es beinhaltet ein medizinisches Nachschlagewerk, aktuelle Nachrichten, Aufnahme und Verwaltung von Patientendaten mit vielfältigen Unterkategorien, Kalenderfunktion sowie die Verwaltung von Visiten. Je nach medizinischer Institution kann es dem Bedarf angepasst werden. Hauptsächlich werden in Projekten zur Dokumentation von Pflegeprozessen HandheldComputer eingesetzt. Einzige Ausnahme stellt hier das schwedische Projekt LINDA 2 dar, das als Eingabemedium den Anoto-Pen einsetzt. Dieser digitale Kugelschreiber hat Handhelds gegenüber den entscheidenden Vorteil, dass sein Einsatz die zz. gültigen Arbeitsabläufe nicht wesentlich verändert und das Medium Computer fast unsichtbar integriert. Mit Hilfe des Stifts schreibt die BenutzerIn in gewohnter Weise allerdings auf speziell bedrucktem Papier4. Der Stift schick die beim Schreiben erfassten Daten per Bluetooth, ausgelöst durch einfaches Angekreuzen einer Checkbox, an den nächsten PC in unmittelbarer Nähe. Der nimmt die Daten auf und pflegt sie in das zentrale Krankenhausinformationssystem ein. Der Anoto-Pen ist wie ein Kugelschreiber auf Papier benutzbar. 4 Das spezielle an dem Papier ist ein aufgedrucktes Muster, das dem Stift dazu dient, seine Position auf dem Papier eindeutig bestimmen zu können. Für den Menschen kann das Papier mit den bekannten Formularen etc. bedruckt sein, so dass der Unterschied zu den vorher verwendeten Unterlagen nur bei ganz genauem Hinsehen bemerkt wird. Technologie-Zentrum Informatik 10 Mit einem ganz anderen Thema befasst sich das Projekt „Mobiles Patienteninformationssystem“. Es hat die Visualisierung medizinischer Sachverhalte im zwei- bzw. dreidimensionalen Raum zum Ziel. Als Einsatzgebiet wird an die stationäre Patientenaufklärung gedacht, bei der die behandelnde ÄrztIn grafische Darstellungen nutzen kann, um Patienten schneller und umfangreicher über medizinische Inhalte zu informieren. Dieses Projekt der Universität Heidelberg arbeitet an der Visualisierung von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen im Bereich einer kardiologisch-psychosomatischen und gastroenterologischpsychosomatischen Station. Im März 2001 war der Projektstatus, dass das Produkt weiterentwickelt wird und die Evaluation läuft. Allen im Folgenden beschriebenen Projekten ist gemeinsam, dass sie als Eingabemedium einen Handheld-Computer verwenden, dazu gehören z.B. PDAs und TabletPCs. Aufgrund der Forderungen nach lückenloser Dokumentation jeglicher Arbeitsprozesse im Krankenhaus sind die genannten mobilen Endgeräte für den täglichen Einsatz eine lohnende Alternative. An anderer Stelle wird aber auch schon über den Einsatz und die Entwicklung ganz anders gearteter Devices nachgedacht und insbesondere über Mechanismen, die durch die Verwendung von Wissensbanken und durch die Erfassung und Auswertung des aktuellen Kontextes den Interaktionsaufwand für die BenutzerInnen weitestmöglich reduzieren. Im Projekt „Mobile Voice EPA (Elektronische Patientenakte)“ geht es darum, die Erfassungsarbeit der ÄrztInnen und des Pflegepersonals zu minimieren. Um dieses Ziel zu erreichen, werden Handheld-PCs mit Spracheingabe benutzt. Damit soll es möglich sein, auf eine elektronische Patientenakte zuzugreifen, sich die gewünschten Informationen anzeigen zu lassen und bei Bedarf diese zu ergänzen oder zu modifizieren. In ihrer Funktion als NetzwerkComputer sind die Handheld-PCs die Schnittstelle zur Patientenakte. Da jedes mobile wie auch nicht-mobile Endgerät ausschließlich XML- und VoiceXML-Dokumente austauscht, kann die klinische Dokumentation durch reine Spracheingabe erfolgen. Darüber hinaus kann der Handheld-Computer als Diktiergerät oder Telefon eingesetzt werden. Durchgeführt wird dieses Projekt von der Lübecker COMOARAT Software-Entwicklungs-GmbH. Auf ähnlichem Gebiet bewegte sich die bereits abgeschlossene Simulationsstudie der Universität Heidelberg. Diese sollte einen Prototypen im klinischen Alltag testen, der aus einem persönlichen, stiftbasierten, mobilen digitalen Assistenten – als Basis diente prototypisch ein Apple Newton 2000 - und einem angeschlossenen Handy bestand. Durch diese mobilen Geräte konnte auf Patientendaten zugegriffen, Diagnosen dokumentiert und elektronische Formulare für Leistungsanforderungen genutzt werden. Das Testen unter realitätsnahen Bedingungen fand im Jahre 1997 am Universitätsklinikum Heidelberg statt. Es ist nicht dokumentiert, ob diese Lösung in ein Produkt überführt worden ist. Es ist aber zu vermuten, dass die Benutzung eines Mobiltelefons mit GSM ein Ausschlusskriterium war. Das Projekt „Modellhafte Implementation und Evaluation einer patientenbasierten, EDV-gestützten medizinischen Dokumentation“, ebenfalls an der Universität Heidelberg, möchte versuchen, neue Formen der Dokumentation zu schaffen. Primäraufgabe ist die Implementation der papierbasierten Dokumentationsbögen der Abteilung Innere Medizin in eine EDV-gestützte Dokumentation. Der Projektstatus war im März 2001 die Planung. Das Projekt MoPaeTh des Instituts für Medizinische Informatik der RWTH Aachen befasst sich mit der wissensbasierten Unterstützung von ÄrztInnen bei der Medikation. Es soll ein mobiles Assistenzsystem zur Unterstützung der Therapieplanung in der Pädiatrie entwickelt werden. Zuerst war es erforderlich, Repräsentationsformate zu entwickeln, welche die strukturierte Erfassung des entsprechenden Erfahrungswissens erlauben. Darauf aufbauend sollte ein entscheidungsunterstützendes System entwickelt werden, welches das Krankenhauspersonal bei der Medikation in Auswahl des Präparates und Dosierung unterstützt. Das Projekt „Multimedia Terminal Mobile: Mobile Teleradiology” wird von dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Steinbeis-Transferzentrum Medizinische Informatik in Technologie-Zentrum Informatik 11 Heidelberg durchgeführt. Dabei geht es um die Entwicklung einer mobilen TeleradiologieAnwendung, die es dem Radiologen erlaubt, drahtlos im Haus (per WLAN) oder außer Haus (per UMTS) Bilder auf seinem Handheld-Computer zu empfangen und auch in der interaktiven Telekonferenz mit der Klinik zu besprechen und zu bearbeiten. Ambulante Pflege Unter den Begriff der ambulanten Pflege fällt eine Vielzahl pflegerischer Tätigkeiten, die von der Versorgung der Grundbedürfnisse bis hin zu therapeutischen Maßnahmen reichen. In vielen Situationen fehlen dem Pflegepersonal während ihrer Arbeit Informationen zum Beispiel über jüngste Erkrankungen des Patienten, da sie während eines Hausbesuches auf sich alleine gestellt sind. Um diese Probleme zu beseitigen, wird im Projekt „LOTSE“ des Bremer Instituts für Betriebstechnik und angewandte Arbeitswissenschaft (BIBA) die Entwicklung von PflegeAnwendungen für mobile Geräte auf Basis von „Web Pads“ zur Aufnahme und Einsicht in patientenbezogenen Daten und zur Ferndiagnose angestrebt. Um die benötigten Informationen für Pflegekräfte ständig verfügbar zu machen, wird ein kabelloses Netzwerk-System entwickelt, in dem Notfall-Ärzte, Krankenhäuser und Pflegekräfte ständig untereinander verbunden sind und Informationen austauschen können. Ebenfalls aus Bremen stammt die Idee vom „GerriCall“. Im Rahmen einer Diplomarbeit untersuchten Studenten des Studiengang Informatik der Universität Bremen die Möglichkeit der Datenerfassung mit Hilfe der Telekommunikation. Gedacht war an den Einsatz des Nokia Communicator 9000/9110. Ebenfalls in den Bereich der ambulanten Pflege fällt die Betreuung von SeniorInnen. Zu diesem Thema engagiert sich die Joseph-Stiftung in Bamberg mit dem Projekt „SOPHIA – Soziale Personenbetreuung“. Die Idee dieses Projekts besteht darin, eine Kommunikation via Fernsehgerät herzustellen. Hinzu kommt, dass die Wohnung oder das Haus mit verschiedenen Sensoren ausgestattet wird, die im Haushalt verteilt werden. Diese erkennen z.B. Rauch in der Küche, überlaufendes Wasser im Bad oder die offene Haustür, und lösen einen Alarm aus. Über das Fernsehgerät soll bei Bedarf ein Kontakt zwischen der betreuten SeniorIn und der SOPHIAService-Zentrale im oberfränkischen Bamberg hergestellt werden können. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Bremerhavener Projekt VITAL, das noch keine mobile Komponente beinhaltet, jedoch beim Einsatz von Videokonferenztechnologie an die Qualifizierung der MitarbeiterInnen für den Umgang mit diesem neuen Medium gedacht hat und den Einsatz mobiler Endgeräte erwägt. Im Projekt „Palm-OS basiertes Zeit- und Wirtschaftlichkeitscontrolling in der ambulanten Pflege“ wird es ermöglicht, auf Basis des von der SilverAge GmbH entwickelten Zeitmanagementmodells (Das Freiburger Zeitmanagementmodell: FZM) und dem Einsatz des mobilen care-pilot dezidierte Wirtschaftlichkeitsaussagen für die ambulante Pflege zu treffen. Über Palm-OS-Handhelds erfolgt mit einer Software-Eigenentwicklung „care-pilot©“ eine kundenorientierte Zeit- und Leistungserfassung bei den Patienten in der ambulanten Pflege vor Ort. Alle Daten werden zentral durch Synchronisation in eine Datenbank geschrieben. Die Auswertung und Analyse der Daten erfolgt über eine SQL-Datenbank (z.Zt. MySQL) und SQLSkripts. Dieses Projekt ist mittlerweile in den Routinebetrieb übergegangen. Die umfangreiche Studie „MediWear“ der Wearable Computing Research Group der University of Oregon hat verschiedene Szenarien herausgearbeitet, wo und wie Wearable Computing in der häuslichen Pflege eingesetzt werden kann. Einerseits sollte das Pflegepersonal beispielsweise anhand der Krankenakte und der aktuellen Behandlungshinweise der behandelnden ÄrztIn mit aktuellen patientenbezogenen Informationen versorgt werden. Die BenutzerIn soll die erforderliche Dokumentation direkt vor Ort durchführen, u.U. mit der behandelnden ÄrztIn oder mit anderen PatientInnen kommunizieren können, ohne eine Vielzahl von Geräten oder Papieren mit sich tragen zu müssen. Zum anderen kann eine PatientIn, deren Vitalwerte in regelmäßigen Abständen gemessen werden müssen, mit einem Wearable Computing-System Technologie-Zentrum Informatik 12 ausgestattet werden, das die erforderlichen Messungen vornimmt, auswertet und der PatientIn medizinische Instruktionen gibt bzw. die Informationen an das Krankenhaus übermittelt. Bei RisikopatientInnen kann auch ein manueller oder automatischer Alarm ausgelöst werden. Das eingesetzte mobile, tragbare Computersystem muss über eine gewisse Intelligenz verfügen, um diese Funktion zu erfüllen. Informationstechnische Prothetik zur Steigerung der Lebensqualität Bei der Recherche nach mobilen Lösungen ist aufgefallen, dass sich bereits viele Institutionen mit mobilen Anwendungen beschäftigen, die die persönliche Lebensqualität von kranken oder behinderten Menschen steigern und ihnen das tägliche Leben erleichtern sollen. Meist werden in diesen Projekten als Hardware-Grundlage Eigenbauten eingesetzt. Aufgefallen ist z.B. das Projekt PARREHA, das sich mit der Unterstützung von Parkison-Patienten beschäftigt. Entwickelt wird es auf der Basis eines Wearable Computers der Firma Xybernaut, inkl. Head Mounted Display (HMD). Das Projekt beschäftigt sich mit der Beurteilung der motorischen Leistung von Parkison-Patienten sowie mit der Konzeption von therapeutischen Übungen für diese Patientengruppe. Hierbei sollen Übungen in der virtuellen Realität, audio-visuelle Rücksprachen zwischen Patient und behandelndem Arzt sowie Videokonferenzen ermöglicht werden. Derzeit ist das Projekt lediglich auf Parkison-Patienten ausgelegt, jedoch wäre der Einsatz mit einigen Modifikationen als Seh- und Hörhilfe durchaus denkbar. Ausschließlich mit der Unterstützung von Blinden beschäftigt sich das Projekt „The vOICE“. Gegenstand ist die Konvertierung von Videodaten in Audioinformationen und damit der Versuch, blinde Menschen mittels ihrer Ohren „sehen“ zu lassen. Der Benutzer wird mit einer kleinen, versteckten (z.B. in einem Hut oder einer dunklen Brille) Kamera, einem tragbaren Computer und Kopfhörern ausgestattet. Der Computer wandelt die mit der Kamera aufgenommenen Bilder (64x64 Pixel, 16 Graustufen) dann im Sekundentakt zu Audiodaten um, und gibt diese über die Kopfhörer aus. Hoch im Bild positionierte Pixel ergeben einen hohen Sound, tiefer liegende geben einen tieferen Sound. Je heller ein Pixel, desto lauter wird er hörbar gemacht und umgekehrt. Mit etwas Übung soll es auf diese Weise möglich gemacht werden, aus dem Gehörten im Kopf eine Art Bild entstehen zu lassen, welches dem Anwender mehr Informationen über seine Umgebung bietet, als er normalerweise hören oder ertasten könnte. Wearable und Mobile Computing kann die Funktion einer Prothese erfüllen, indem die technische Wahrnehmung, die von den verschiedensten anschließbaren Sensoren geliefert wird, in eine von der BenutzerIn wahrnehmbare transformiert wird. Steve Mann, einer der ersten permanenten Träger eines Wearable Computers, hat bereits in den 80er Jahren eine Weste für sehbehinderte Menschen vorgeschlagen, die mit Radar Gegenstände in der Umgebung registriert und deren Position der TrägerIn in Form von Vibrationen zugänglich macht. Einem weiteren wichtigen Thema, der Unterstützung von körperbehinderten Kindern, widmet sich das Projekt „Xyberkids“ der Firma Xybernaut. Ergebnis ihrer Entwicklung ist ein kleines Gerät mit drucksensitiven Flachbildschirm, es kann in einem Rucksack transportiert werden und ist sehr robust. Er kann sowohl über Icons als auch über Sprach-Kommandos gesteuert werden und hat eingebaute Lautsprecher, über die z.B. Texte per Sprache ausgegeben werden können. Behinderte Kinder sollen sich mit Hilfe dieses Gerätes besser verständlich machen, selbst wenn sie unter einem Sprachdefizit leiden. Sie können zudem zusammen mit ihren Mitschülern lernen, da sie zum Benutzen eines Rechners nicht an einen Ort gebunden sind. Technologie-Zentrum Informatik 13 Der robuste und drucksensitiver Flachbildschirm Xyberkids der Firma Xybernaut Hausbesuche von ÄrztInnen Das einzige Projekt in der Datensammlung, das speziell auf die Unterstützung von ÄrztInnen bei der Durchführung von Hausbesuchen ausgerichtet ist, ist die von der Firma Wenk entwickelte Software-Lösung Medical PAD Visite. Damit soll dem niedergelassenen Arzt die Möglichkeit geboten werden, auch bei Hausbesuchen auf sein komplettes Praxissystem zuzugreifen. Das Produkt soll auch den mobilen Notarztdienste abdecken. Als Interaktionsmedium wird ein PDA mit WindowsCE mit Stiftbedienung verwendet. Anamnese-Unterstützung Anamnese-Unterstützung meint den Technikeinsatz bei speziellen medizinischen Dokumentationsprozessen. Ein Projektbeispiel ist der „iPAQ als „Fieberthermometer““ der Universitätsklinik Regensburg. Dort geht es um die Entwicklung einer mobilen FragebogenApplikation zur Unterstützung der psychosomatischen Diagnostik. Um die Persönlichkeit des Patienten zu erfassen, sind umfangreiche Fragebögen notwendig, die der Patient ausfüllen muss, bevor der Arzt eine Diagnose stellen kann. Ein elektronischer Fragebogen ermöglicht der PatientIn eine ortsunabhängige Eingabe der Daten. Die Auswertung erfolgt elektronisch und kann sofort vom behandelnden Arzt zur Diagnostik eingesetzt werden. Die Auswahl der Fragen, die jeweils beantwortet werden sollen, kann zuvor vom Computersystem des Arztes aus erfolgen. Das Programm wird anschließend mit dem iPAQ synchronisiert und dem Patienten ausgehändigt. Der umfangreiche digitale Fragebogen wird direkt von der PatientIn eingegeben Technologie-Zentrum Informatik 14 Fachspezifische Informationsbereitstellung Die heutige Mobilfunkgeneration bietet mittlerweile über das Wireless Application Protocol (WAP) eine Basis an, um per Handy auf eine Menge von Informationen zugreifen zu können. Beispielsweise ist im Projekt MedicDat auf dieser Grundlage ein medizinisches Informationssystem entstanden, welches über ein Arzneimittelverzeichnis, Tabellen zur Notfallversorgung von Kindern, länderübergreifende Giftnotrufnummern und vieles mehr verfügt. Das internationale Projekt PROMODAS befasst sich ebenfalls mit der Informationsbereitstellung. Ziel ist die Entwicklung von flexiblen Mobil- und Fern-Lösungen, um die Arbeit von Technikern und Medizinern zu rationalisieren, damit sie Kunden und Patienten bessere Dienste anbieten können. Kern des Projekts ist die mBusiness-Plattform der Firma Celesta, das weltweit führende Unternehmen im Bereich der Kommunikatoren und Smartphones. Deren Produkte sollen adaptiert und verbessert werden, um Netzwerke und Terminals der nächsten Generation zu unterstützen, damit Techniker und Mediziner jederzeit und an jedem Ort technische oder medizinische Informationen jeder Art kosteneffizient abrufen können – so der Werbetext. Unterstützung klinischer Studien / Patiententagebücher Im Projekt „Einsatz von mobilen Computern in einer klinischen Studie“, das an der Universität zu Köln durchgeführt wurde, ging es um die Erprobung neuer Medikamente in einer klinischen Studie. Dazu wurde jedem Probanden ein PDA mit einem Tagebuchprogramm ausgehändigt, auf dem nach Verabreichung des Medikaments im Takt von 15 Minuten die aktuellen Beschwerden registriert werden sollten. Die Studie verlief sehr positiv, die Probanden hatten keine Probleme mit der Handhabung der mobilen Endgeräte. Im späteren Verlauf der Studie stellte sich heraus, dass durch den Einsatz von mobilen Geräten eine Erhöhung der Datenqualität sowie eine zeitliche Beschleunigung erreicht werden konnte. Ein anderes Projekt mit dem Titel „Realisierung und Evaluation eines elektronischen Schmerztagebuchs für die Kölner Schmerzambulanz“ nutzte ebenfalls anstelle von üblichen Papier-Tagebüchern Handheld-Computer. Es wird ein Vergleich zu herkömmlichen Medien angestrebt. Untersucht wird u.a. die Benutzbarkeit sowie Vorteile für Diagnose und Therapie und die Qualität der erhaltenen Daten. Es werden aber nicht nur Handheld-Computer zu dieser speziellen Art der Dokumentation eingesetzt, sondern auch Eigenentwicklungen wie der „m medicus“ Praxiscomputer. Er wurde im Stuttgarter Projekt „Dokumentation des Therapieerfolges mit dem elektronischen Patiententagebuch medicus Praxiscomputer bei Patienten in der nervenärztlichen Praxis“ entwickelt und getestet. Im Bereich der Neurologie und Psychiatrie kommt es zum Einsatz von innovativen Arzneimitteln mit sehr hohen Tagestherapiekosten. Die Zuverlässigkeit der regelmäßigen Medikamenteneinnahme ist Voraussetzung für einen schnellen Therapieerfolg. Durch Förderung der Mitarbeit der PatientInnen an der Therapie wird die Genesung beschleunigt und somit teure Arzneimittelkosten eingespart. Der „m medicus“ Praxiscomputer dient der Befindlichkeitsregistrierung sowie als Erinnerung an die Medikamenteneinnahme für die PatientIn. Das Projekt befindet sich in der Weiterentwicklung und nach Stand September 2001 ist eine Evaluation geplant. Das Schweizer Projekt MOEIUS (Mobile Extranet Based Integrated User Service) beinhaltet die Errichtung und Entwicklung eines Netzwerkes für Patienten, Ärzte und dem Center of Competence (CoC), basierend auf einem Funknetz(GPRS(GSM)). Die MOEBIUS-Plattform soll zur Durchführung von Studien zu verschiedenen Themen eingesetzt werden. In einer ersten Pilotstudie wird das System in einem Gewichtsreduktionsprogramm zur mobilen Erhebung von Biodaten (Blutzucker, Blutdruck) verwendet. Es unterstützt die Kommunikation zwischen Patienten und betreuenden Ärzten durch ein integriertes Messaging-System. Entstanden ist Technologie-Zentrum Informatik 15 dieses System in Zusammenarbeit zwischen der Universitätsklinik Kantonspital Basel und der Medgate AG. Klassifikation von Anwendungsfeldern im Gesundheitswesen und Identifikation von Rollen Die Medizin ist, was den Einsatz neuer Technologien betrifft, schon immer ein Vorreiter gewesen, auch bei der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien. So manche Abteilung im Krankenhaus und auch die eine oder andere Praxis ist von Technologie zu einem hohen Grad durchdrungen und auch die ersten Expertensysteme und Virtual-RealityAnwendungen wurden im Medizinbereich mit tatkräftiger Unterstützung von ÄrztInnen erforscht und entwickelt. Diese Vorreiterposition gilt für ortsgebundene Lösungen, sie trifft aber auch auf den Einsatz mobiler Endgeräte zu. Zu den „mobilen Tätigkeiten“ im Gesundheitswesen gehören alle Arbeitsprozesse und Tätigkeiten, die in der Bewegung ausgeführt werden, und diejenigen, die an wechselnden Einsatzorten stattfinden. Das zentrale Charakteristikum mobiler Tätigkeiten ist jedoch, dass die primäre Aufgabe und die Aufmerksamkeit der ausführenden Person in der realen Welt situiert ist. Im Gesundheitswesen ist z.B. die häusliche Pflege durch ambulantes Pflegepersonal eine mobile Tätigkeit, genauso wie der Hausbesuch der ÄrztIn oder der Einsatz einer Notfallambulanz. Aber auch ÄrztInnen im Krankenhaus haben mobile Aspekte in ihrer Arbeit, z.B. die AnästhesistIn, die von Bett zu Bett geht und Beratung macht bzw. die Anamnese durchführt. Und PatientInnen, die zu Hause ein relativ normales Leben führen, deren Körper aber mit Vitalsensoren überwacht wird, sind in diesem Sinne mobil. Die Recherche nach entsprechenden mobilen Lösungen hat gezeigt, dass es vielen Möglichkeiten gibt, diese Tätigkeiten zu unterstützen. Der Stand der genannten Projekte zeigt auch, dass noch viel Forschungs- und insbesondere Entwicklungsbedarf besteht. Obwohl die Bestandsaufnahme mehr als 50 Projekte, Dienste und Produkte erbrachte, kann man noch nicht wirklich von einer Vielfalt an mobilen Lösungen sprechen. Zum einen sind die meisten Beispiele Prototypen oder Forschungs- bzw. Entwicklungsprojekte. Zum anderen aber auch, weil als mobile Lösungen häufig die Benutzung eines Notebooks mit DesktopProgrammen oder die Portierung eines Desktop-Programms auf einen HandheldPC bezeichnet wird. Wirklich innovative Ideen sind eher selten. Ausnahmen sind z.B. das Unterstützungssystem für Parkinson-Kranke und weitere Ansätze zur informationstechnischen Prothetik zur Verbesserung der individuellen Lebensqualität von Menschen, ein per Spracheingabe zu bedienendes klinisches Dokumentationssystem oder ein wissensbasiertes Unterstützungssystem für die Medikamentierung. Es lassen sich fünf Bereiche identifizieren, in denen sich mobile Lösungsansätze häufen: • Pflege- und klinische Dokumentation • Patienten-Monitoring • Notfallmedizin; Einsatz im Notfallwagen • Informationstechnische Prothetik / Verbesserung der individuellen Lebensqualität • Klinische Studien / Patiententagebuch Bremer Ansätze gibt es in den ersten drei Kategorien. Die letzte Kategorie ist für das Bremer Gesundheitswesen von geringerer Bedeutung, da derartige Anwendungssituationen in erster Linie in Universitätskliniken vorzufinden sind. Um einen Eindruck von den konkreten Ansätzen zu bekommen, wird im Folgenden eine kurze Skizze der recherchierten Beispiele gegeben. Gegliedert ist der Überblick nach dem Ort der Sammlung und nach der Zugehörigkeit zu einer der identifizierten Kategorien. Dokumentiert werden die Beispiele auf der Homepage der Technologie-Zentrum Informatik 16 Projektgruppe „Mobile Computing in der Medizin“ und auf den Web-Seiten der Maßnahme. Als Kategorien wurde folgende (detaillierte) Unterscheidung vorgenommen: Notfallmedizin; Einsatz im Notfallwagen 7 Ärztliche Hausbesuche 1 Patientenmonitoring - inkl. angeschlossenem ärztlichen Notrufdienst - inkl. Kommunikation mit Pflegeeinrichtung 14 Pflegedokumentation und Leistungserfassung (z.T. inkl. Zugriff auf Patientendaten) 4 Klinische Dokumentation - inkl. Zugriff auf Patientendaten - inkl. Verordnung 5 Klinische Studien / Patiententagebuch 4 Anamneseunterstützung 1 Informationstechnische Prothetik / Verbesserung der individuellen Lebensqualität 7 Patienteninformation / Erklärung med. Sachverhalte durch die ÄrztIn 2 Ortsunabhängiger Zugriff auf Fachinformationen und Nachschlagewerke 3 Wissensbasierte Unterstützung von ExpertInnen 1 Mobile Teleradiologie 1 Eine andere Ebene der Kategorisierung der Anwendungsfelder ist die Fokussierung auf die Zielgruppen, für die eine mobile Unterstützung bestimmt ist bzw. entwickelt werden soll. Man kann aber auch nach dem Ort des Einsatzes oder nach der auszuführenden Aufgabe unterscheiden. Eine Rolle spielt dabei dann der Grad der bereits vorhandenen technologischen Unterstützung der umgebenden Arbeitsprozesse und die vorhandene Vernetzung der Umgebung. Doch bei jeder Sichtweise gibt es Überschneidungen. Für das erste Herangehen und für die Auswahl von AnsprechpartnerInnen für die explorativen Interviews wurde die folgende Kategorisierung gewählt: • • ÄrztInnen im Krankenhaus o Aus verschiedenen Abteilungen / Fachgebieten (Notfallmedizin, Gynäkologie, Intensivmedizin, Anästhesie, …) o In verschiedenen Funktionen(Oberarzt, Facharzt, Assistenzarzt, …) Niedergelassene ÄrztIn o Aus verschiedenen Fachgebieten (Allgemeinmedizin, Augenheilkunde, Zahnmedizin, PsychiaterIn / Psychologen, …) o Mit hohem Anteil an Hausbesuchen • Arbeits- und Sozialmedizin (Gesundheitsamt, Berufsgenossenschaft, Med. Gesundheitsdienste, BetriebsärztIn, …) • Krankenschwestern und Pflegekräfte o In unterschiedlichen Einsatzbereichen (Einsatz im OP, stationäre Pflegedienstleistungen im Krankenhaus,, ambulante Kranken- oder Altenpflege im häuslichen Bereich, Pflegedienstleistungen im Alten- und Pflegeheim, …) o In verschiedenen Funktionen und mit verschiedenen Qualifikationen • ArzthelferIn • ErgotherapeutIn, PhysiotherapeutIn Technologie-Zentrum Informatik 17 • Hebamme • Sanitäter und Rettungskräfte • LaborärztIn/ und -kräfte • Wartungstechniker für medizinische Geräte, Haustechniker • Angehörige von Risikogruppen • Gesundheitsbewusste Menschen • Apotheken • Pharmaunternehmen • … Sie gibt eine Übersicht über die zukünftigen Nutzergruppen. Der Detaillierungsgrad dieser Kategorisierung sagt allerdings nichts über die Anzahl und die Unterschiedlichkeit möglicher mobiler Lösungen aus, denn über die Kategorien hinweg gibt es gemeinsame Aufgabenstellungen, die gleiche oder ähnliche Lösungen erfordern. Die feine Granularität der Unterscheidung ist jedoch insofern sinnvoll, dass es zwar übergreifende Lösungen gibt, doch für eine optimale Unterstützung und für einen nachhaltigen Entwicklungsansatz ist es gut, neben den Gemeinsamkeiten die Unterschiede im Blick zu behalten, um einen Applikationskern entwickeln zu können, der mit möglichst wenig Aufwand an andere Aufgabenstellungen angepasst werden kann. Bisher wurde nur ein Teil der oben genannten Kategorien im Rahmen der Bedarfsermittlung zur Maßnahme berücksichtigt, doch sind bei der ersten Analyse der Interviews schon relativ viele interessante Szenarien extrahiert worden. Diese werden in einem der folgenden Kapitel beschrieben. Hindernisse Ein ernstzunehmendes Hemmnis für die Realisierung mobiler Lösungen im Gesundheitswesen ist die Heterogenität und die Inkompatibilität der vorhandenen, ortsgebundenen Systeme. Für Entwickler innovativer mobiler Lösungen bedeuten fehlende Standards, dass jede Entwicklung nur für ein schmales Segment angeboten werden kann und jede Ausweitung weitere Anpassungsarbeiten erfordert – ökonomisch gesehen rechnet sich so etwas nicht. Diese Problematik wurde bereits erkannt, an ihrer Überwindung wird gearbeitet, z.B. durch forcierte Standardisierungsbemühungen oder durch die Entwicklung einer informations- und kommunikationstechnischen „Gesundheitsplattform“. Geht man davon aus, dass dieses Handikap in absehbarer Zeit beseitigt ist, wird die Entwicklung mobiler Lösungen für das Gesundheitswesen auch für die Anbieter interessant. Marktübersichten über die regionalen Anbieter und Dienstleister Die Erstellung einer Marktübersicht über die regionalen Anbieter und Dienstleister mit den Schwerpunkten „Lösungen/Produkte für das Gesundheitswesen“ und „Lösungen mit mobiler I&K-Technologie“ im Wirtschaftsraum Bremen/Bremerhaven ist ein kontinuierlicher Prozess, der anhält. Es sind bereits einige Kontakte geknüpft worden, die in naher Zukunft noch ausgeweitet werden, insbesondere hinsichtlicht der bereits in der Medizintechnik engagierten Unternehmen. Dem Zwischenbericht liegt eine Adressenlistenliste mit Nennung konkreter Ansprechpartner bei, die ständig aktualisiert wird und nicht öffentlich zugänglich ist, sondern nur für den internen Gebrauch innerhalb der Maßnahme genutzt wird. Bedarfsanalyse Für eine Priorisierung der regional relevanten Anwendungsthemen wurden in einem ersten Schritt explorative Interviews5 mit ausgewählten VertreterInnen der identifizierten 5 Gesprächsleitfaden siehe Anhang Technologie-Zentrum Informatik 18 Nutzergruppen durchgeführt. Parallel dazu wurden Gespräche mit den regionalen Anbietern geführt, die in ihren eigenen Marktanalysen produktfähige Themen identifiziert haben. Letztere finden allerdings noch keinen Eingang in diesen Zwischenbericht, da seitens der Firmen zz. noch ein Geheimhaltungsinteresse besteht. Die Interviews wurden anhand eines zuvor entwickelten Gesprächsleitfadens geführt und auf digitalem Tonträger aufgezeichnet. Alle Interviewpartner waren mit dieser Protokollierfunktion einverstanden, baten aber darum, dass das Gesagte nicht wortwörtlich veröffentlicht wird. Dies wurde ihnen zugesichert. Die Interviews wurden sehr offen als Gespräche geführt. Den InterviewpartnerInnen, die gern vor dem Gespräch wissen wollten, worum es konkret gehen soll, wurde der Gesprächsleitfaden in schriftlicher Form zugesandt. Im Gespräch diente er allerdings nur als Hilfsmittel für die Interviewerin, um sicherzustellen, dass alle intendierten Themenbereiche angesprochen wurden. Da es vorrangig darum ging, Ideen zu generieren, bestimmte der aktuelle Fluss des Gesprächs den jeweiligen Verlauf, so dass die Gespräche in keinster Weise miteinander verglichen werden können. Ein Interview dauerte durchschnittlich eine Stunde. Sie fanden je nach Wunsch der InterviewpartnerIn in den Räumen des TZI, am Arbeitsplatz der InterviewpartnerIn oder bei ihr zu Hause statt. Im Folgenden wird die erste Auswertung in Form von Anwendungsszenarien beschrieben. Ermittelte regional relevante Anwendungsszenarien Die im Folgenden beschriebenen Szenarien sind das erste Ergebnis der Auswertung einiger durchgeführter Interviews mit AnwenderInnen aus ganz verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens (Niedergelassener Arzt, Ärztin im Krankenhaus, Leiterin Alten- und Pflegeheim, Zahnarzthelferin, Leiter Technik im Krankenhaus). Es liegen noch weitere Interviews als Tondokumente vor, sie wurden allerdings noch nicht ausgewertet. Das wird in den nächsten Tagen erfolgen. Außerdem stehen noch einige Interviews aus, für die ein Termin erst nach dem Jahreswechsel gefunden werden konnte. Nachdem die ersten Interviews und auch die Gespräche mit den Anbietern medizinischer oder mobiler IT-Lösungen sich als reichhaltige Quelle erwiesen haben, ist zu erwarten, dass auch die folgenden Gespräche noch sehr fruchtbar sein und weitere interessante Szenarien liefern werden, die in die Ausgestaltung der Aktivierungsphase einfließen werden. Reduzierung des erforderlichen Aufwands für die Pflegedokumentation Im Gesundheitswesen ist die Dokumentation von Prozessen eine Pflicht. In den verschiedenen Bereichen hat eine Dokumentation unterschiedliche Funktionen: - Erhebung abrechungsrelevanter Daten - Erhebung versicherungstechnisch erforderlicher Daten - Erfassung prozessunterstützender Daten - Erhebung pflegerischer und behandlungsbezogener Informationen Die Erhebung der beiden erstgenannten Daten sind für das Personal (seien es nun Ärzte, Pflegerinnen oder Techniker) zusätzliche Aufgaben, die ihre primäre Aufgabe nicht unterstützen, und die sie häufig als lästig und überflüssig betrachten. Für die Pflege z.B. – sei es im Krankenhaus, in Alten- und Pflegeheimen oder in der ambulanten Pflege – besagt eine Schätzung, dass Pflegekräfte ca. 40 Min. ihrer täglichen Arbeitszeit mit Dokumentation verbringen, andere Stimmen vermuten sogar noch einen höheren Aufwand, der u.a. dadurch entsteht, dass die Pflegekraft, um dokumentieren zu können, immer wieder weite Wege zu einem zentralen Punkt zurücklegen muss, an dem das einzige Exemplar der Technologie-Zentrum Informatik 19 Patientenakte vorgehalten wird oder an dem ein entsprechendes Eingabeterminal steht. Die Einführung mobiler Devices, die von der Hardware und vom Benutzungskonzept her an die BenuterzInnen angepasst sind, könnte die Qualität einer Pflegeeinrichtung erhöhen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass eine Lösung nicht allein darin besteht, dass vorhandene Dokumentationssysteme auf HandheldPCs portiert werden. Durch eine Digitalisierung der Dokumentation und durch den Einsatz mobiler Engeräte wird auch die verfügbare Information von überall aus zugänglich, so dass ein wesentlicher Teil der heute per Telefon notwendigen Kommunikation reduziert wird. Allerdings sollte es nicht Ziel sein, die Kommunikation zwischen den Pflegekräften zu unterbinden, denn es gibt gerade in der Pflege von Menschen die Notwendigkeit der zwischenmenschlichen und nicht technisch vermittelten Kommunikation. Teamereignisse wie die Übergabe zwischen den Schichten können und dürfen nicht abgelöst werden. In diesen Runden erfolgt zwar eine gegenseitige Information, doch es werden nicht nur Fakten und formalisierbare Informationen kommuniziert. Was allerdings abgeschafft werden könnte, ist der Umstand, dass während dieser Treffen so gut wie jedes Teammitglied die erhaltenen Informationen aufschreibt. Der individuelle Zugriff auf gemeinsame Daten, einen gemeinsam genutzten „virtuellen Informationsraum“ könnte diese Redundanz ablösen. Dieser gemeinsame Interaktionsraum müsste für jede Pflegekraft ein personalisiertes Erscheinungsbild haben (z.B. bzgl. der Sprache). Eine zentrale Voraussetzung für die Akzeptanz und für die Nutzung eines solchen Angebots ist, dass die erforderliche Interaktion mit dem Computer einfach und für Pflegekräfte eingängig gestaltet ist. Die Beteiligung der zukünftigen BenutzerInnen ist ein guter Weg, um Akzeptanz zu erlangen. Wenn die BenutzerInnen das Gefühl haben, dass sie maßgeblich an der Gestaltung mitgewirkt haben, ja dass die Lösungsidee evtl. sogar aus ihren eigenen Reihen stammt, dann sind sie gern bereit, auch noch nicht ganz ausgereifte Systeme zu nutzen und bei ihrer Verbesserung mitzuwirken. Indem sorgfältig und vollständig dokumentiert wird, kann ein Pflegedienst seine Qualität nachweisen. Doch gibt es hierbei z.B. sprachliche und kulturelle Probleme. Es gibt verschiedene Arten von Pflege, entsprechend sind die Qualifikationsprofile der Pflegekräfte auch sehr unterschiedlich. Eine große Anzahl dieses Personenkreises spricht z.B. eine andere Sprache als deutsch und hat einen anderen kulturellen Hindergrund. Bei der Durchführung der pflegerischen Tätigkeiten an sich ist das kein großes Problem, allerdings kann es bei der Dokumentation, die ja sprachorientiert ist, zu solchen führen. Auf der anderen Seite sind diese Personen gute und, was in dieser Branche ebenfalls eine wesentliche Rolle spielt, günstige Pflegekräfte, auf die keine Institution verzichten wollen würde. Eine mehrsprachige und personalisierbare Gestaltung der Benutzungsschnittstelle, die z.B. Eingaben in einer anderen Sprache übersetzt, und ein Interaktionskonzept, das keinerlei Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit Computersystemen voraussetzt, wäre hier erforderlich. Durch eine gründliche Analyse der zu gestaltenden Arbeitsprozesse und der zu füllenden Dokumente sowie durch die Modellierung einer Intelligenz, die die Menge der erforderlichen Eingaben durch Schlussfolgerungen reduziert, ließe sich der erforderliche zeitliche und kognitive Aufwand verringern. Diese Reduzierung würde zwar weniger zu weiteren Einsparungen bei den Personalkosten führen, würde aber Raum schaffen für mehr Aufmerksamkeit für die zu pflegenden Personen. Darüber hinaus können z.B. durch die Realisierung eines proaktiven Dokumentations- und Informationssystems situations- und positionsbezogen patientenspezifische Informationen angeboten werden, die eine persönliche Ansprache der PatientIn und ein Eingehen auf ihre spezifischen Vorlieben und Bedürfnisse ermöglicht. Zwar gibt es für jede PatientIn eine Pflegekraft, die sie besonders gut kennt und die für diese erste AnsprechpartnerIn ist, doch ist die Pflegekraft natürlich nur innerhalb ihres Dienstes zuständigen. Außerhalb dieser Zeit übernehmen andere die notwendigen Aufgaben. Wenn auch diese – ohne eine ausführliche Übergabe – individuell auf die zu versorgende Person eingehen können, dann ist das ein Technologie-Zentrum Informatik 20 enormer Vorteil für die Pflegeeinrichtung, denn gerade solche „Kleinigkeiten“ sind ein wesentlicher Qualitätsfaktor. Dokumentation wird von vielen Pflegekräften als lästige zusätzliche Belastung bei ihrer täglichen Arbeit empfunden, insbesondere die Dokumentation zu Abrechnungszwecken. Hier muss häufig nur Routinearbeit per Unterschrift abgezeichnet werden. Dafür lassen sich elektronische Pendants entwickeln. Dagegen ist ein Pflegeplan ein dynamisches Procedere, das vom aktuellen Zustand der PatientIn und von seiner Veränderung im Laufe der Zeit abhängt. Der Plan wird verändert, wenn es die Umstände und Gegebenheiten erfordern. Diese Gegebenheiten werden durch die Beobachtung der PatientInnen durch die Pflegekräfte festgestellt, und sie wirken sich insbesondere durch die sofortige Dokumentation der Beobachtungen auf den Pflegeplan aus. Auch hier ist eine zeitnahe Reaktion auf Veränderungen ein Qualitätsmerkmal. Pflegeüberleitung Zukünftig notwendig wird ein hohes Maß an Kompatibilität zwischen verschiedenen Informationssystemen. Im Rahmen der Einführung der Fallpauschalen werden PatientInnen wesentlich früher von einer Abteilung, z.B. der Intensivstation in den nächstfolgenden Bereich verlegt. Die Überleitung erfolgt nicht nur durch die Verlegung der PatientIn in eine andere Abteilung, in ein Pflegeheim oder in die familiäre Obhut, sondern auch durch die Überleitung der Patienteninformationen von einer Abteilung in die nächste, und zu einem spätern Zeitpunkt auch vom stationären Krankenhausaufenthalt in die ambulante Versorgung durch HausärztInnen und ambulante Pflegeorganisationen oder Familienangehörige. Zu erwarten ist, dass durch den früheren Wechsel der Informationsaufwand und das Kommunikationsbedürfnis zwischen den verschiedenen Beteiligten enorm ansteigen und die Datenübergabe zeitkritisch werden wird. Reduzierung des Zeitaufwands für die Dokumentation in niedergelassenen Praxen Auch in medizinischen Praxen gibt es eine Arbeitsteilung zwischen den ArzthelferInnen. Meistens gibt es mehrere ZahnarzthelferInnen, die während der Behandlung assistieren, und (eine) andere, die vorrangig für die Abrechnung zuständig sind. Die AssistentInnen im Behandlungszimmer arbeitet zusammen mit der ÄrztIn direkt an der PatientIn. Sie muss einerseits Anreichungen etc. machen, andererseits ist sie aber auch während der Behandlung für die Dokumentation der Befundung und der abrechnungsrelevanten Angaben sowie für die Bereitstellung der benötigten Patientendaten für den Arzt zuständig. Die Dokumentation der aktuellen Behandlung wird in vielen Praxen noch in einem dreistufigen Verfahren durchgeführt: • Die ÄrztIn diktiert ihre Beobachtungen. Sie benötigt für die Untersuchung beide Hände. • Die Ergebnisse der Diagnose und die ergriffenen Maßnahmen sowie die durchgeführten Behandlungen werden von der AssistentIn auf der Karteikarte der PatientIn aufgeschrieben. • Später werden diese Aufzeichnungen dann manuell in das vorhandene Computersystem übertragen. Häufig gibt es auch noch einen vierten Schritt, nämlich den Vergleich zwischen Aufzeichnungen auf der Karteikarte und den eingegebenen Daten im Computersystem durch die für die Abrechnung zuständige MitarbeiterIn. Dem folgt dann immer wieder auch eine persönliche Rücksprache mit der dokumentierenden AssistentIn. Wünschenswert wäre für diesen Arbeitsprozess, wenn die ÄrztIn alle Befunde direkt per Spracheingabe in das Praxis-Computersystem eingeben könnte. Die Spracheingabetechnologie hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte6 gemacht, so dass eine Studie zur konkreten 6 Auf der MEDICA wurde z.B. ein OP-Tisch vorgestellt, der mit 20 Befehlen vollständig per Spracheingabe gesteuert werden kann. Technologie-Zentrum Informatik 21 Leistungsfähigkeit von Spracheingabesystemen und ihre Einbindung in bestehende Praxissysteme verwertbare Ergebnisse bringen würde. Allerdings wäre für ein solches System die Entwicklung einer sprachbasierten Benutzungsoberfläche erforderlich, die auf eine visuelle Kontrolle der Eingaben verzichtet und deshalb eine hundertprozentige Erkennung gewährleisten müsste. An dieser Stelle besteht noch einiger Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Doch ist zunächst eine technologisch so anspruchsvolle Lösung nicht unbedingt erforderlich, da die AssistentIn auch nach Einführung einer vollständig sprachgesteuerten elektronischen Dokumentation als MitarbeiterIn benötigt wird, die z.B. während der Diagnose verfügbar sein muss und zwischenzeitlich kaum andere Aufgaben übernehmen kann. Dennoch gibt es weitere Möglichkeiten, den beschriebenen Aufwand für die Dokumentation zu reduzieren. Z.B. können statt DesktopPCs TabletPCs eingesetzt werden, mittels derer die Eingabe direkt in den Computer und nicht vermittelt über die Patientenkarteikarte erfolgen kann. Falls die Karteikarte für den Arzt oder für den Prozess eine wichtige Rolle als zusätzliche Instanz beibehalten soll, ist auch eine Variante z.B. mit einem Eingabegerät wie dem Anoto-Pen denkbar, der einerseits wie ein Kugelschreiber auf Papier zu benutzen ist, mit dem andererseits aber gleichzeitig auch Daten per Bluetooth an den in der Nähe befindlichen DesktopPC gesendet werden können. Für beide Varianten ist allerdings jeweils die Entwicklung einer neuen Benutzungsschnittstelle erforderlich. Im Falle des Einsatzes eines stiftbasierten TabletPCs muss die Interaktion so gestaltet sein, dass die notwendigen Eingaben auch ohne die vollständige Aufmerksamkeit der AssistentIn nebenbei erfolgen können. Das gilt natürlich auch für den Einsatz des Anoto-Pen. Beide Lösungsansätze reduzieren das Fehlerrisiko und den erforderlichen Zeitaufwand. Es ist zu erwarten, dass eine Analyse ähnlicher Arbeitsprozesse in anderen medizinischen Fachgebieten eine Übertragung dieses Konzepts ermöglicht. Standardisierung und semantische Datenintegration Die Standardisierung von Schnittstellen und die semantische Datenintegration der vorhandenen Informationsbestände sind mittel- und langfristig Kostenbremsen auf der informations- und kommunikationstechnischen Seite. Das gilt für den netzgebundenen Informationsaustausch, das gilt aber in besonderem Maße für eine kostengünstige Realisierung mobiler Lösungen im Gesundheitswesen. Denn der ortsübergreifende Einsatz von Informationstechnologie setzt voraus, dass der Zugriff auf die situationsbezogen benötigten Informationen schnell und ohne großen Interaktionsaufwand erfolgt. Die benötigten Informationen stammen nicht unbedingt aus einer Datenquelle, sondern müssen aus mehreren Quellen zusammengestellt werden. Die Integration der verschiedenen Quellen darf nicht von der BenutzerIn erwartet werden, denn ihre Aufmerksamkeit liegt nicht auf der Benutzung eines Computers, also auch nicht auf dem Zusammenstellen geeigneter Informationen. Diese Aufgabe muss durch eine Infrastruktur ohne explizite Interaktion der BenutzerIn erfüllt werden. Archivierung von Dokumenten Um Informationen überall und zu jeder Zeit elektronisch verfügbar zu haben, müssen die Informationen natürlich auch in digitaler Form vorliegen. Im Gesundheitswesen gibt es eine langjährige Archivierungspflicht für eine Vielzahl von Dokumenten. Diese Dokumente müssen nicht nur archiviert werden, es kommt immer häufiger vor, dass auf die Informationen in diesem Archiv auch zugegriffen werden muss. Bei einer physikalischen Archivierung dieser Materialien kommt es jetzt schon zu einem enormen Platzbedarf in Praxen, Kliniken und Pflegeheimen. Das Wiederauffinden wird zum „Zeitfresser“, der die sowieso schon knappen personellen Ressourcen in unzumutbarer Weise belastet. Das Aufsetzen eines digitalen Zugriffssystems erfordert die Umwandlung aller benutzten Dokumente in elektronisch verarbeitbare Form. Technologie-Zentrum Informatik 22 Lokalisierung von Personen Sowohl im Krankenhaus als auch in niedergelassenen Praxen wird es als eine Arbeitserleichterung angesehen, wenn der konkrete Aufenthaltsort einzelner Personen (bzw. Personen mit bestimmten Funktionen) und ihr aktuelles Bewegungsmuster für die anderen Teammitglieder verfügbar wären. Beispiel „Lokalisierung von Funktionsträgern in einer niedergelassenen Praxis“ In jeder niedergelassenen Praxis gibt es in der Regel mehrere Behandlungsräume, und in vielen Fällen gibt es unterschiedliche Funktionsträger, die die Räumlichkeiten gemeinsam nutzen und z.T. auch patienten- bzw. situationsbezogen miteinander kooperieren und kommunizieren. Koordiniert wird die Raumnutzung zentral z.B. von der ArzthelferIn am Empfang. Zur effizienten Ausnutzung der Räume wäre es nun wünschenswert, wenn der Empfang immer aktuell und genau wüsste, welcher Raum von welcher FunktionsträgerIn im Moment benutzt wird. Aber auch zur Kommunikation der Funktionsträger untereinander ist es notwendig, dass jedes Teammitglied den jeweiligen Aufenthaltsort der anderen Gruppenmitglieder ohne Aufwand und ohne Aufmerksamkeit dafür verwenden zu müssen, erfahren kann. Neben dem aktuellen Aufenthaltsort der jeweiligen Person ist aber auch die aktuelle Tätigkeit bzw. der Grad der erforderlichen Aufmerksamkeit für die aktuelle Tätigkeit wichtig, z.B. bei eingehenden Telefonaten. In dieser Situation wäre es für den Empfang notwenig, einschätzen zu können, ob das Gespräch durchgestellt werden kann oder nicht. Jede explizite Rückfrage und jedes „manuelle“ Durchsuchen der Räume ist eine störende Unterbrechung des eigentlichen Arbeitsprozesses. Eine Inhouse-Lokalisierungskomponente, der Einsatz von Kontextsensoren, die Entwicklung eines qualitativen Modells der verfügbaren Aufmerksamkeit, eine räumliche Repräsentation und ein intuitives Interaktionsmodell mit geeigneten, kleinen mobilen Endgeräten sind ein Lösungsweg für diese Aufgabenstellung. Die Problematik der Akzeptanz muss diskutiert werden, wird aber vom Wirkungsgrad der erreichten Arbeitserleichterung abhängen. Beispiel „Lokalisierung von ausgewählten Funktionsträgern im Krankenhaus“ Auch im Krankenhaus besteht ein ähnliches Informationsbedürfnis über den aktuellen Aufenthaltsort bestimmter Funktionsträger. Es kommt z.B. häufiger vor, dass ein OP-Team auf einen Operateur wartet. Für dieses Team wäre es enorm hilfreich, wenn ein Lokalisierungsdienst ermittelt, ob sich die erwartete Person auf dem Weg bzw. schon in unmittelbarer Nähe befindet. Auch Assistenzärzte, Hebammen oder Pflegekräfte brauchen des öfteren eine direkte Kommunikation mit bestimmten Funktionsträgern. Zz wird diese Problemstellung mittels Pieper, einem dichten Netz an drahtgebundenen Telefonen, und häufig zurückgelegten weiten Wegen gelöst. Eine mobile Variante im oben geschilderten Sinne könnte hier neben den zurückgelegten Wegen auch die Belastung durch das permanente Tönen des Piepers reduzieren. Patientenmonitoring Im Krankenhaus werden Patienten in verschiedenen Situationen mit Sensoren versehen, die verschiedene Vitalwerte überwachen. Diese Sensoren sind jeweils an ein Ausgabegerät angeschlossen, das die gemessenen Werte auswertet und anzeigt7. Bei Über- oder Unterschreitung eines Schwellwerts wird ein Alarm ausgelöst. Derartige Systeme sind entweder an bestimmten Stellen stationär installiert oder mobil einsetzbar. Die Verbindung zwischen Sensor und Monitor ist jedoch immer drahtgebunden. Falls die entsprechende Abteilung vernetzt ist, können die Messwerte gleichzeitig auch von anderer Stelle aus beobachtet werden, z.B. vom Stationszimmer oder auch vom OP aus. In der Intensivmedizin sind solche Sensoren 7 Diese „Anzeige“ kann auf einem Monitor erfolgen oder auf einem Messstreifen; aber auch eine akustische Ausgabe gehört zum möglichen Spektrum dazu. Technologie-Zentrum Informatik 23 unverzichtbar, aber auch in der Gynäkologie werden Sensoren genutzt (Wehenschreiber und Messung der Herztöne des Kindes). In der Gynäkologie gibt es diese Sensoren in Form von zwei Gürteln, die zu bestimmten Zeiten (während der Wehen) getragen werden müssen. Doch gerade während der letzten Minuten der Geburt müssen sie getragen werden und dann sind die Drähte, die zum Aufzeichnungsgerät führen, lästig und behindern sowohl die Gebärende als auch die Hebamme und die ÄrztIn. Es gibt zwar ein mobiles Gerät zum Messen der Herztöne des Kindes, doch ist das kein Gürtel, der umgeschnallt wird, das ist ein Instrument, das die ÄrztIn in der Hand halten und bedienen muss. Auch in Krankheitsfällen, in denen PatientInnen über einen längeren Zeitraum unter sensorischer Überwachung stehen, ist eine Reduzierung der drahtgebundenen Verbindungen zu den Monitoren wünschenswert. Z.B. ließe sich der Aufwand beim Umbetten dieser Patienten reduzieren. Ein anderes Szenarium, in dem eine drahtlose Verbindung zwischen Sensor und Monitor von Vorteil wäre, ist beim Transport einer PatientIn z.B. vom der Station in den OP. Für diese Überführungsphase gelten ähnliche Bedingungen wie in der Notfallmedizin: Die Gefahr in der Situation ließe sich kalkulierbarer gestalten, wenn die PatientIn sowohl unterwegs vom Begleitpersonal als auch von der aufnehmenden Instanz aus sensorisch beobachtet wird, um beim Auftreten von Komplikationen an mehreren Orten sofort angemessen reagieren zu können. Die „Mobilisierung“ von Vitalsensoren und die Trennung zwischen Sensor und Monitor unter Beibehaltung der Konnektivität ermöglichen eine lückenlose Beobachtung der Parameter, auch während der Bewegung. Darüber hinaus können derartige mobile Sensoren wesentlich flexibler eingesetzt werden. Prozessbegleitung bei der Visite Während der Visite geht eine Gruppe von ÄrztInnen zusammen mit der zuständigen Pflegeleitung von PatientIn zu PatientIn. Die Aufmerksamkeit aller Beteiligten liegt primär bei den PatientInnen. Die (vollständigen) Patientenakten werden bei diesem Prozess in einem Wagen mitgeführt. Benutzt wird im Normalfall allerdings nur das aktuelle Krankenblatt, das in einem gesonderten Buch vorgehalten wird. Alles andere, insbesondere die Dokumente der Vorgeschichte, werden für einen Rückgriff bereitgehalten, was in dieser Situation allerdings selten passiert. Während der Visite findet in erster Linie eine direkte Kommunikation zwischen Arzt und Patient statt. Die PatientIn wird in Augenschein genommen und die Ärzte nehmen aktuelle Informationen zur Kenntnis. Als Ergebnis wird z.B. etwas verordnet (eine Laboruntersuchung, eine Medikamentengabe, eine Maßnahme,…). Diese Verordnung erfordert meistens von der Pflegekraft ein Anstoßen von Workflows8 und Prozessen, deren Vorbereitung und Durchführung mit einem umfangreichen Kommunikationsaufwand verbunden sind. Außerdem musst die Verordnung natürlich auch dokumentiert und z.B. in den Pflege- und Therapieplan aufgenommen werden. Eine mobile Lösung könnte einerseits das Mitführen des Aktenwagens erübrigen - wenn die Patientenakten vollständig elektronisch zur Verfügung stehen und mobil auf sie zugegriffen werden kann. Evtl. würde die Schaffung einer Möglichkeit des unkomplizierten Zugriffs auf die Vorgeschichte das Heranziehen dieser patientengeschichtlichen Information erhöhen und damit die Anpassung, d.h. die Individualität der Behandlung, an die jeweilige PatientIn verstärken. Eine elektronische Führung der Patientenakte hätte den weiteren Vorteil, dass die Akten ohne zeitliche Verzögerungen z.B. um eingehende Laborbefunde ergänzt werden kann, die der Visite dann unmittelbar zur Verfügung stehen. Des Weiteren kann mit einer geeigneten mobilen Lösung neben der Reduzierung des Dokumentationsaufwands eine sofortige Ausführung der Verordnungen und damit eine Prozessoptimierung erreicht werden. Die flächendeckende Realisierung der elektronischen Krankenakte ist eine notwendige Voraussetzung für die 8 Vergleichbare Folgeprozesse löst z.B. auch der Besuch einer ÄrztIn im Alten- und Pflegeheim aus. Technologie-Zentrum Informatik 24 Umsetzung und für den Erfolg einer mobilen Lösung zur Unterstützung der Visite im Krankenhaus. Konsil in der Aufnahme Während der Aufnahme einer PatientIn ins Krankenhaus ist es häufig notwendig, dass sie von verschiedenen ÄrztInnen gesehen wird, um eine möglichst gut abgesicherte Diagnose zu stellen. Dieses Vorgehen ist notwendig, da die medizinischen Fachgebiete in sich so spezialisiert sind, dass erst die Meinung mehrerer unterschiedlicher SpezialistInnen eine eindeutige Abklärung bringt. Entsprechend werden u.U. während des Klinikaufenthalts bei einer „fachgebietsübergreifenden“ Erkrankung weitere Konsilien erforderlich. Jedes Fachgebiet benötigt neben den allgemeinen Informationen über die PatientIn unterschiedliche weitere Informationen und Daten. Aus den konkreten Anwendungsszenarien lassen sich übergreifende Schwerpunkte extrahieren, die einen mobilen Kontext haben und eine thematische Clusterung bedeuten9: • Dokumentation • Datenaustausch • Zugriff auf Informationen • Kommunikation • Intelligente Arbeitsprozessunterstützung Darüber hinaus ist aufgefallen, dass bei verschiedenen Gruppen der Wille und manchmal auch die Kenntnisse zur Benutzung bzw. Bedienung von Computersystemen gering ist. Im ersten Fall sind Motivationsmaßnahmen erforderlich, im zweiten Fall sind Schulungen angeraten. Allerdings darf es sich bei diesen Maßnahmen nicht um Computerkurse im herkömmlichen Sinne handeln, sondern um neue, motivierende Maßnahmen, die auf den Tätigkeitsbereich und auf den Erfahrungshorizont der TeilnehmerInnen zugeschnitten ist. Zu vermitteln sind Metaphern und „Bilder“, die den Betroffenen helfen, ein mentales Modell von der Funktionsweise eines Computersystems zu entwickeln. Sicherheitsaspekte im Gesundheitssektor bei der Realisierung mobiler Lösungen Die Sicherheitsanforderungen in der Telemedizin sind sehr hoch. Grund dafür sind die Datenschutzauflagen auf der einen Seite und die ärztliche Schweigepflicht auf der anderen. Die besonderen Anforderungen an die Sicherheit bei der drahtgebundenen Datenübertragung in der Telemedizin werden durch die Übertragung dieser verschärften Anforderungen auf die Datensicherheit bei der Übertragung von Informationen in drahtlosen Netzen deutlich erhöhen. Die Realisierung eines umfassenden Konzepts, das Datensicherheit einerseits und Verfügbarkeit andererseits sicherstellt, ist eine Aufgabe, die bisher noch nicht zufrieden stellend gelöst worden ist. Die Diskussion zu diesem Thema ist noch nicht abgeschlossen. So steht die jüngste Forderung der deutschen Datenschützer nach einem separaten drahtgebundenen Datennetz10 im krassen Gegensatz z.B. zur flächendeckenden WLAN-Abdeckung in den Tiroler 9 Siehe Grafik „Applikationen“ im Anhang 10 Hauke Gerlof: Muß das Gesundheitswesen parallel zum Internet eine eigene Netzstruktur für die Kommunikation aufbauen? In: Ärzte Zeitung, 11.12.2002. http://www.aerztezeitung.de gesehen am 11.12.02 Technologie-Zentrum Informatik 25 Landeskrankenanstalten11. Forschungs- und Entwicklungsprojekte arbeiten an der Untersuchung und an der technischen Lösung dieser Problematik, der Ausgang ist noch offen. Neben dem Schutz der personenbezogenen Daten und der informationellen Selbstbestimmung spielen beim Einsatz drahtloser Netze noch weitere Sicherheitsaspekte eine wichtige Rolle: die Interferenz zwischen Funknetzen und medizinischen Geräten und die Gesundheitsgefährung durch den Betrieb drahtloser Funknetze. Zu diesem Themenkomplex wurde Anforderungen und Lösungsansätze recherchiert. Allerdings ist bzgl. dieser Thematik noch vieles im Wandel. So arbeitet z.B. die gmds-Projektgruppe „Mobile Computing in der Medizin“ zz. gerade mit Hochdruck an der an der Zusammenstellung von Empfehlungen zum Einsatz von drahtlosen Datenübertragungstechnologien im Gesundheitswesen12. Das im Sommer unter TZI-Beteiligung gestartete EU-Projekt 6WINIT hat gerade Sicherheit im WLAN mit dem Einsatzbereich „Krankenhaus“ auf der Agenda, und auch das EU-Projekt xMotion legt seinen Schwerpunkt auf die Erprobung der Nutzungsmöglichkeiten mobiler Funktechnologien in Notfallsituationen, wobei Sicherheit eine Rolle spielt. Die Ergebnisse dieser Projekte sind mit Spannung zu erwarten, den sie werden Lösungen für das Gesundheitswesen liefern. In diesem Abschnitt werden die Forderungen der Datenschutzbeauftragten aufgelistet, die für Datenübertragung in mobile Netz genauso gelten wie in drahtlosen. Außerdem werden einige AGs und Dokumente vorgestellt, die Aussagen zur Datensicherheit im Gesundheitswesen sowie zur Sicherheitskonzepten im WLAN machen. Daran schließt sich ein Abschnitt zu Gesundheitsrisiken von Funknetzen an. Die recherchierten Referenzen zum Thema sind in der Linksammlung auf den Web-Seiten der Maßnahme zu finden. Forderungen des Bremer Datenschutzbeauftragten In der Dokumentation der Veranstaltung „Gesundheitstelematik in und für Bremen“ vom 7. März 2001 hat der Landesbeauftragter für den Datenschutz von Bremen, Herr Linder, die datenschutzrechtlichen Positionen zur Elektronischen Patientenakte vorgestellt, die im folgenden noch einmal angeführt werden: 1. Der Schutz der Patientendaten darf sich durch die Digitalisierung / Vernetzung nicht verschlechtern, vielmehr besteht die Hoffnung, dass der Schutz verbessert wird. 2. Es bestehen Bedenken gegen eine zentrale Datenhaltung außerhalb des in § 73 SGB V vorgesehen Hausarztmodels, insbesondere durch gewerbliche Dienstanbieter. Die ärztliche Dokumentation sollte weiter dezentral durch den behandelnden Arzt / durch das behandelnde Krankenhaus vorgenommen werden. 3. Übermittlung von Patientendaten durch den behandelnden Arzt / durch das behandelnde Krankenhaus müssen als Durchbrechungen der ärztlichen Schweigepflicht durch die ärztlichen Berufsordnungen / Landeskrankenhausgesetze zur Mit- oder Nachbehandlung legitimiert werden. 4. Abrufe aus den anderen Netzteilnehmern zugänglichen ärztlichen Dokumentationen sind nur zulässig, wenn der Patient zuvor dem Abrufer gegenüber seine Einwilligung erteilt hat und die Informationen für den konkret anstehenden Behandlungsfall genutzt werden soll, § 140b Abs3 Satz 3, § 140a Abs. 2 Satz 2 8GB v (vorbildliche bundesrechtliche Regelung für integrierte Versorgung). 5. Abrufer dürfen nur Personen sein, die der ärztlichen Schweigepflicht nach § 203 StGB unterliegen. 11 Krankenhaus-WLAN in: TELECOM 26.8.2002, http://www.telecom.vienna.at 12 http://www.mocomed.org/Projekt_Empfehlungen-wireless/index.html Technologie-Zentrum Informatik 26 6. Die Beteiligung der Patienten und die Legitimation der Abrufer ist durch technische Vorkehrungen zu gewährleisten, etwa durch die Eingabe der Krankenversicherungskarte bzw. der Gesundheitskarte durch den Patienten bzw. der Health Professsional Card durch den Arzt. Notfallzugriffe mit besonderer Protokollierung und Überprüfung sind zulässig. 7. Technische Verfahren zur Anonymisierung oder Pseudonymisierung von Patientendaten sollen, soweit dies möglich ist und ihr Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck steht, genutzt bzw. entwickelt werden (Grundsatz der Datensparsamkeit, vgl. § 3a des Entwurfs für ein neues BDSG, einige Landesdatenschutzgesetze, Entwurf für ein Transparenzgesetz in der GKV). 8. Technische Sicherungsmaßnahmen müssen die Verfügbarkeit, die Authentizität, die Integrität und die Vertraulichkeit der Patientendaten sichern. Die Daten sind auf dem Transportweg durch technische Vorkehrungen zu schützen, etwa durch Verschlüsselung, bei Nutzung des Internets über VPN-Technologie (Tunnelling). Die Projektgruppe „Datenschutz in Gesundheitsinformationssystemen“13 der „Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds)“ hat eine Empfehlung14 für Verantwortliche im Management und in Anwendungsbereichen der Informationstechnologie in Einrichtungen des Gesundheitswesens erarbeitet, die sich von der Intention her zwar auf Informationssysteme in drahtgebundenen Netzen bezieht, deren Maßnahmen aber auf die Nutzung von drahtlosen Netzen übertragbar sind. Die zu „gewährleistenden Dimensionen der Datensicherheit“ für Informationen sind die Integrität, die Vertraulichkeit, die Verfügbarkeit sowie die Verantwortlichkeit. Des Weiteren wird noch auf die Verantwortlichkeit für Prozesse (und Informationen) im Sinne der Verlässlichkeit und Verbindlichkeit hingewiesen. Integrität von Informationen bedeutet eine sinnvolle Umsetzung der Informationsverarbeitung in die realen Abläufe, so dass ein problemloser Zugriff auf die Daten möglich ist. Vertraulichkeit der Informationen spricht Aspekte des Datenschutzes an. Integrität und Verfügbarkeit soll gewährleisten, dass die aufbereiteten Informationen zur rechten Zeit am rechten Ort sind. Diese drei letztgenannten Dimensionen sind für mobile Lösungen wesentlich. Die empfohlenen technischen Maßnahmen und Sicherheitsinfrastrukturen für offene Systeme sind u.a. verschlüsselte Datenspeicherung und -übermittlung (Datenkommunikation) sowie eine überprüfbare Zugriffskontrolle aufgrund einer systemweit definierten Zugriffsmatrix bei dezentraler Verantwortlichkeit für die Zugriffsrechte. Die Verbindlichkeit und die Integrität von Verordnungen, Leistungsanforderungen, Kommunikation und Dokumentation soll durch eine elektronische Unterschrift ermöglicht werden und durch die Integration von Rechner- und NetzSicherheitssystemen und einen sicheren Internet-Anschluss über ein Firewall-System. Nach Meinung der genannten Projektgruppe sind die technischen Vorraussetzungen hierfür bereits gegeben, sie müssen nur noch in die Systeme eingebettet werden. Neusten Zeitungsmeldungen15 zufolge sehen Datenschützer das anders und fordern eine „physische Abschottung“ der Datennetze im Gesundheitswesen, in denen Patientendaten ausgetauscht werden sollen, vom Internet. 13 http://mz98.imsd.uni-mainz.de/AGDatenschutz/ 14 http://mz98.imsd.uni-mainz.de/AGDatenschutz/Empfehlungen/fuw.html 15 Ärzte Zeitung (http://www.aerztezeitung.de) vom 11.12.02: „Das Internet ist für elektronische Arztbriefe vorerst noch tabu“, „Muß das Gesundheitswesen parallel zum Internet eine eigene Netzstruktur für die Kommunikation aufbauen?“ Technologie-Zentrum Informatik 27 Verfügbarkeit Verantwortlich: datenerzeugende Stelle Datenintegrität Erkennen von Veränderungen (Übertragungsfehler, Manipulation) Authentizität/ Authentifikation von Geräten und Gesprächspartnern Originalität Erkennung der Quelle und des Erstellungszeitpunktes Pseudonymisierung zur Reidentifikation des Patienten Sicherheitsanforderungen Adressierte Vertraulichkeit nur adressierter Empfänger kann Information erkennen und benutzen Nichtabstreitbarkeit Fragen der Urheberschaft des Sendens und des Empfangs Anonymität keine Patientenstammdaten Sicherheitsanforderungen in der Telemedizin Sicherheitskonzepte WLAN Zur Sicherheit im Wireless Local Areal Network (WLAN), dem drahtlosen Datennetz beschreibt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in seiner Veröffentlichung „Sicherheit im Funk-LAN (WLAN, IEEE 802.11)“16 die Sicherheitslücken des aktuellen Standards IEEE 802.11b (von 1999). In den letzten drei Jahren sind mehrere Sicherheitslücken bekannt geworden, so dass der Standard nicht mehr als ausreichend sicher betrachtet werden.Zur Erhöhung der Sicherheit empfiehlt das BSI administrative, technische und organisatorische Maßnahmen. Die administrativen Maßnahmen beinhalten eine korrekte Konfigurationen der einzelnen WLAN-Komponenten und deren Schutzmechanismen. Als technische Maßnahme wird u.a. empfohlen, die einzelnen Systeme im WLAN z.B. mit Firewalls und VPNs (Virtuell Privat Network) zu schützen. Eine Firewall verhindert den unbefugten Zugriff auf Netz-Ebene, VPN ist ein virtuelles Netzwerk, das einen verschlüsselten Datenaustausch zwischen den einzelnen Systemen ermöglicht. Entsprechende Software muss sowohl auf der Server- als auch auf der Clientseite einmalig installiert und konfiguriert werden. Mit den organisatorischen Maßnahmen sollen mittels Aufstellung von Sicherheitsrichtlinien und deren Einhaltung die administrativen und technischen Maßnahmen zusätzlich verstärkt werden. Vorgeschlagen wird z.B., regelmäßig alle angemeldeten Clients per Software im WLAN auf ihre Authentizität überprüft werden. Der zukünftige Standard IEEE 802.11i, dessen Formulierung zz. unter Hochdruck betrieben wird, wird eine robustere Sicherheitsarchitektur für drahtlose Netze bieten und die vorhandenen Schwachstellen beheben. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der neue Standard korrekt umgesetzt wird und keine neuen Angriffsmöglichkeiten entstehen. Im Dokument des BSI wird darauf hingewiesen, dass WLANs aufgrund ihrer Übertragung der Informationen mittels elektromagnetischer Funkwellen durch andere technische Systeme, die im 16 http://www.bsi.de/fachthem/funk_lan/wlaninfo.pdf Technologie-Zentrum Informatik 28 gleichen Frequenzspektrum (Bluetooth-Geräte, medizinische Geräte, etc.) Energie absondern, gestört werden können. (welches im Extremfall den Betrieb des WLANs verhindert). Des Weiteren wird auf die Gefahr hingewiesen, das durch das absichtliche Betreiben einer Störquelle ebenfalls die Verfügbarkeit des WLANs beeinträchtigt sein kann. Zur Einsetzbar mobiler Kommunikation und zu den Möglichkeiten des neuen WLAN-Standards sind in absehbarer Zeit aus den EU-Projekten xMotion und 6WINIT insbesondere für das Gesundheitswesen Ergebnisse zu erwarten. Gesundheitsrisiken drahtloser Netze Der Betrieb von Funknetzen unterliegt gesetzlichen Bestimmungen und Grenzwerten. Neben technischen Richtlinien gibt es Grenzwerte, die dem Schutz der Gesundheit dienen sollen. Diese basieren auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und geben die Grenze erlaubter Belastungen an, die nicht überschritten werden darf. Diese Grenzwerte werden von unabhängigen Organisationen – basierend auf wissenschaftlichen Studien – regelmäßig überwacht und weiterentwickelt. Dazu gehören u. a. die deutsche Strahlenschutzkommission (SSK), die das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in allen Angelegenheiten des Schutzes vor ionisierenden und nicht-ionisierenden Strahlen berät, und die Internationale Kommission für den Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (ICNIRP), die aus unabhängigen Wissenschaftlern, die an Universitäten oder anderen Forschungseinrichtungen tätig sind, besteht. Die Bestimmungen und Grenzwerte sind in der 26. Verordnung zum Bundesimmissionsschutz (26. BImSchV) gesetzlich verankert. Durch Mobilkommunikation entstehen hochfrequente elektromagnetische Felder, sogenannte Funkwellen. Diese elektromagnetischen Felder bewirken beim Menschen eine leichte Erwärmung des Körpergewebes, die nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen für den Menschen bedeutet, solange die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden. Die Basisgrenzwerte werden als spezifische Absorptionsrate (SAR) in Watt pro Kilogramm Körpergewicht gemessen. Sie entsprechen damit der in Körperwärme umgewandelten elektromagnetischen Leistung. Als Basisgrenzwerte hat die ICNIRP für herkömmliche Handys einen Wert von 4 Watt/kg als Ganzkörperwert und einen Wert von 2 Watt/kg als Teilkörperwert, z. B. für den Kopfbereich, festgestellt. Diesem Wert der absorbierten Energie entspricht ein Anstieg der Körpertemperatur von etwa 1°C innerhalb von 30 Minuten. Unterhalb dieses Schwellwerts treten nach Ansicht der ICNIRP keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf. In GSM-Netzen liegt der Wert für die durchschnittliche Sendeleistung eines mit 2 Watt ausgelegten Handys max. zwischen 0,8 W/kg und 1,4 W/kg. Da der Frequenzbereich von UMTS zwischen dem der GSM-Mobilfunknetze Technologie-Zentrum Informatik 29 und dem der Anwendungen der Mikrowellendiathermie und von Mikrowellenherden liegt, werden die gesetzlichen Grenzwerte auch mit UMTS-Endgeräten voraussichtlich deutlich unterschritten werden. Für UMTS ist zu erwarten, dass eine mögliche Beeinflussung noch geringer ausfällt, da hier im Gegensatz zur GSM-Technik kein gepulstes Signal vorhanden ist. Diese Grenzwerte dienen ebenfalls der Festlegung von Sicherheitsabständen für Basisstationen. Die Sicherheitsabstände einer Sendeanlage gewährleisten, dass außerhalb des Sicherheitsbereiches die zugelassenen Grenzwerte nicht erreicht werden. Für die Genehmigung von Basisstationen ist die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) zuständig. Basis für die Berechnung der Sicherheitsabstände sind immer die größtmögliche Sendeleistung und die maximale Zahl von Funkkanälen. In der Praxis werden die maximalen Sendeleistungen meist nicht ausgenutzt, somit ist eine Gefährdung der Gesundheit durch eine Basisstation selbst bei langfristigem und ununterbrochenem Betrieb ebenfalls auszuschließen. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat ein Merkblatt17 herausgegeben, das bestätigt, dass es bis zum heutigen Tag keine Untersuchungen gibt, die eine gesundheitsgefährdende Wirkung von Handys oder Basisstationen auf den Menschen bestätigt. Zum gleichen Schluss kommt auch die deutsche Strahlenschutzkommission (SSK), die im September 2001 die neueren wissenschaftlichen Studien seit 1998 bewertet hat. Von vielen Wissenschaftlern wird jedoch bezweifelt, dass thermische Effekte die einzigen biologisch relevanten Effekte nicht-ionisierender elektromagnetischer Strahlung ist. Trotz vieler Untersuchungen gibt es bisher aber noch keine wissenschaftlich anerkannten Methoden, die einen Zusammenhang zwischen Funknetzen und gesundheitlichen Schäden nachweisen. Das vom Umweltministerium verabschiedete Umweltzeichen „Blauer Engel“ wird von den im Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) organisierten Herstellern von Mobiltelefonen als ungeeignet und unsinnig abgelehnt. Die Ablehnung erfolgt mit der Begründung, dass der vorgeschlagene Zusatz „Umweltzeichen – weil strahlungsarm“ dem Verbraucher suggeriere, dass von Handys eine gesundheitsschädliche Strahlung ausgeht und dass Geräte mit einem nicht vom Ökosiegel akzeptierten SAR-Wert ungesünder als Geräte mit Siegel seien. Die Mitglieder des BITKOM argumentieren weiter, dass die Wirkungen von Funkwellen seit Jahrzehnten untersucht werden, und dass die WHO, die ICNIRP, die Europäische Kommission (EC) und andere national und international agierende Organisationen den Grenzwert von 2 W/kg für die Funkwellen von Handys festgelegt haben, um Beeinträchtigungen der Gesundheit auszuschließen. Dieser Grenzwert wird auch unter den ungünstigsten Bedingungen von allen Handys eingehalten. Dies dokumentiert das CE-Zeichen, das auf allen Handys zu finden ist. Bereits unterhalb der Grenzwerte können empfindliche elektronische Geräte auf die gepulste hochfrequente Strahlung von Mobiltelefonen reagieren. Diese Störungen treten allerdings nur dann auf, wenn die Geräte schlecht entstört sind oder spezielle Wellenlängenbereiche gezielt verstärken. Kritisch können indirekte Wirkungen auf die Gesundheit sein, insbesondere wenn elektronische Körperhilfen wie Herzschrittmacher betroffen sind. GSM-Handys mit einer Sendeleistung von 2 Watt können in der Tat Herzschrittmacher beeinflussen, sofern ein Abstand von 25 Zentimetern zwischen Sendeantenne und Herzschrittmacher unterschritten wird. Das trifft aber nur für Schrittmacher zu, die nicht normgerecht gegen Störungen elektromagnetischer Felder abgeschirmt sind. Bei medizintechnischen Geräten ist auf ausreichenden Abstand zu achten, insbesondere in Intensivstationen und Operationssälen. Die Störfeldstärke einiger medizintechnischer Geräte wird noch im Abstand einiger Meter erreicht. Deshalb gibt es ein Mobilfunk-Verbot in Krankenhäusern. 17 http://www.who/int/emf Technologie-Zentrum Informatik 30 Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post hat auf eine Broschüre mit allgemeinen Informationen rund um den Mobilfunk veröffentlicht. In dieser Broschüre18 wird drauf hingewiesen, dass Mobilfunktelefone selbst in Abständen im Meterbereich durch deren elektromagnetische Felder empfindliche (medizinisch-)technische Geräte beinträchtigen können. Den Krankenhäusern wird empfohlen, in Räumen mit empfindlichen technischen Geräten den Betrieb von Mobilfunktelefonen zu untersagen. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass nichts gegen die Verwendung von hausinternen Funk-Rufanlagen (sog. Piepsern) spricht (soweit es sich um reine Empfangsgeräte handelt). Veranstaltungskonzept für die Aktivierungsphase Die Erschließung neuer Anwendungsfelder und Schwerpunktthemen ist kein Selbstläufer. Dies gilt vor allem dort, wo neue Kooperationen zwischen Technik-, Content- und Dienstleistungskompetenz auf der einen Seite und Fachkompetenz auf der anderen Seite aufgebaut werden müssen. Von besonderer Bedeutung in der Sensibilisierungsphase sind dabei Workshops, Demonstrations- und Informationsveranstaltungen, die den verschiedenen Informationsbedürfnissen einzelner Akteursgruppen gerecht werden. Um Anwendungsszenarien zu konkretisieren, Kooperationen zu fördern und Projekte zu initiieren, ist darauf aufbauend die Aktivierung thematisch ausgerichteter Arbeitskreise und regionaler Netzwerke zur Förderung einzelner Technologien und Schwerpunktthemen erforderlich. Konzeptionell sind drei Workshop-Phasen vorgesehen: - Sensibilisierung: Die verschiedenen Anwendergruppen, aber auch die Anbieter werden in einer gemeinsamen Veranstaltung über mobile IT-Technologien informiert. - Initiierung: Zu 3-4 regional relevanten Kernthemen werden Workshops mit ausgewählten VertreterInnen der drei Akteursgruppen (u.a. auch Entscheider) durchgeführt; die AnwenderInnen sind die ExpertInnen, die Anbieter die ZuhörerInnen; Ziel: diskursive Analyse des jeweiligen mobilen Anwendungsszenarios. - Aktivierung: Durchführung von 3-4 interessengetriebenen Workshops oder Round-TableGesprächen zur Projektfindung und/oder zur Gründung von Arbeitskreisen; die Anbieter sind die Experten, die AnwenderInnen sind Berater; Ziel: Machbarkeit, wirtschaftliche Relevanz, Projektdefinition. Entscheidend für den Erfolg bzw. die Nachhaltigkeit dieser Maßnahme ist in der Ideenfindungsphase der kontinuierliche Dialog zwischen den Akteuren. Sowohl Technik- und Dienstleistungskompetenz als auch medizinische Fachexperten sowie AnwenderInnen und Entscheider müssen über Einsatzmöglichkeiten, neue Entwicklungstrends und Potenziale informiert werden und darauf aufbauend Chancen, Risiken sowie Hemmnisse diskutieren. Die Informations- und Diskussionsinhalte müssen sich dabei von allgemeinen Fragestellungen hin zu konkreten Projektideen entwickeln. Um Kontinuität zu generieren und sicherzustellen, wurde deshalb dieses mehrstufige Workshop-Konzept entwickelt. Die Konkretisierung der Inhalte hat sich aus der durchgeführten Bestandsaufnahme ergeben. Phase Format Sensibilisierung Informationsveranstaltung mit Überblickcharakter 18 Inhalt/Ziel: - Information über potentielle Anwendungsfelder, Technologietrends, Visionen http://www.umweltministerium.bayern.de/aktuell/download/leitfad/mobilf.pdf Technologie-Zentrum Informatik 31 - Begegnung der Akteure - Ermittlung von Interessenschwerpunkten Initiierung Thematisch ausgerichtete Workshops, „RundeTisch-Gespräche“ - Thematisch ausgerichtete Diskussion - Erarbeitung/ Entwicklung/ Identifikation von Anwendungsszenarien - Demonstrationen relevanter Lösungen oder Lösungsideen für Kernthema - Initiierung von Arbeitskreisen/ Kooperationen durch gezieltes Zusammenbringen von Anwendern und Anbietern Aktivierung Kick-off-Workshops für Initiativgruppen und Arbeitskreise - Gründung von Arbeitskreisen zur Förderung konkreter Themen und Technologien im Bereich „Mobile Gesundheitsdienstleistungen“ - Priorisierung von Anwendungsszenarien und Erarbeitung konkreter Projektideen Das konkrete Workshopprogramm ist der Homepage der Maßnahme zu entnehmen (siehe nächster Abschnitt). Dokumentation Parallel zur Bestandsaufnahme und zur Konzeptionierung der Aktivierungsphase wurde eine Homepage für die Maßnahme eingerichtet: http://www.wearlab.de/DOCS/mnahme/ Auf diesen Web-Seiten wird neben allgemeinen Informationen zur Maßnahme (in deutsch und englisch) eine kommentierte Linksammlung angelegt sowie eine Sammlung schematischer Beschreibungen von regionalen und für die Maßnahme relevanten Projekten und Produkten. Die kommentierte Linksammlung enthält Hinweise auf Anbieter mobiler Lösungen, auf interessante online-Zeitschriften zum Thema, auf Bremer Projekt und sie enthält Links auf anderweitig durchgeführte Maßnahmen, Initiativen oder Sammlungen, die eine ähnliche Ausrichtung haben. In der Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS) e.V. gibt es beispielsweise eine Projektgruppe „Mobile Computing in der Medizin“, die eine kleine Projektsammlung führt. Die dort genannten Projekte werden in der OnlineDokumentation der Bremer Maßnahme nicht noch einmal aufgeführt, auf sie wird nur verwiesen. Die Linksammlung wird ständig aktualisiert und erweitert. Die schematischen Beschreibungen von Projekten und Initiativen erfolgt im Stil der bekannten Studie „Technologische und anwendungsorientierte Potenziale mobiler tragbarer Computersysteme“. Die Schemata werden auf die gleiche Weise online verfügbar gemacht. Auch sie werden zur Laufzeit der Maßnahme kontinuierlich erweitert. Zugegriffen werden kann auf die Beispiele durch eine einfache Registrierung, d.h. durch die Abgaben einer virtuellen Visitenkarte: http://www.wearlab.de/DOCS/studie/studie.html unter dem Menüpunkt „Anwendungsbeispiele“, Unterpunkt „Gesundheitswesen“. Technologie-Zentrum Informatik 32