Elektronik-Einsteiger: Schneller Überspannungsschutz mit dem BTS555 Der Prototyp: Für hohe Ströme muss der BTS555 leitend mit der Leiterbahn auf der Lötseite der Platine verschraubt werden. In den Amateurfunk-Heften dieser jährlichen erscheinenden Heftserie wurden in den letzten Jahren bereits ähnliche Schaltungen vorgestellt die Zeit geht ins Land und Hersteller kündigen Bauelemente ab, die bald kaum noch oder nur zu überhöhten Preisen zur Verfügung stehen. So erging es beispielsweise dem Unter- und Überspannungsschutz mit dem TBA765 oder der Schaltung mit dem MC3423. Beide IC sind inzwischen nicht mehr erhältlich. Nun also ein neuer Ansatz mit leicht erhältlichen und erprobten Bauteilen [1]. Schutz ohne Brechstange Bild 2 zeigt eine herkömmliche und oft praktizierte Überschutzschaltung. Die Überspannung wird durch die Zenerdiode erkannt, welche einen Triac zündet. Der verbindet niederohmig Plus mit Minus und sorgt für einen sehr hohen Kurzschlussstrom. Der wiederum bewirkt, dass die Sicherung am Eingang durchbrennt. Diese Art der Schaltung bezeichnet man im Englischen als crowbar (Brechstange), da auf brutale Art die Sicherung zerstört wird. Die hier beschriebene Schutzschaltung sollte jedoch so nicht arbeiten: Es geht auch ohne Brechstange. wendung. Genauso wurde die LED am Ausgang berechnet. Die maximal zulässige Spannung wird durch den Wert der Z-Diode (Zenerdiode) und der in Serie geschalteten Dioden bestimmt. Sie kann man auch als Abschaltspannung bezeichnen und berechnet sich hier zu 13 V + 0,8 V + 0,8 V = 1^4,6 Volt. Wer andere Abschaltspannungen benötigt, kann wahlweise eine oder zwei Dioden durch eine Drahtbrücke ersetzen. Beispiel: Für eine maximal tolerierte Spannung von 5,1 Volt passt eine Z-Diode 5V1 exakt. Für 5,9 Volt wird die Z-Diode 5V1 und eine Diode 1N4148 benötigt (5,1 V + 0,8 V). R1 lässt einen Strom von etwa Lineare Netzteile könnten bei einem Defekt die Eingangsspannung direkt zum Ausgang durchschalten. Ist dort ein Verbraucher wie ein Funkgerät angeschlossen, wird dieses vermutlich durch die Überspannung Schaden leiden. Diese Schaltung überwacht die Eingangsspannung eines Netzgerätes und schaltet für die Zeit, in der eine Überspannung anliegt, auf Null Volt. Die maximal tolerierte Spannung wird durch eine Z-Diode und eine oder zwei Dioden festgelegt. 30 mA fließen, bei diesem Strom kann die Zenerdiode gut arbeiten. Die BTS555 schaltet die Spannung vom Eingang zum Ausgang durch, wenn an dem Steuereingang IN (Pin2) Massepotential anliegt. Fließt durch die Zenerdiode kein Strom, könnte man annehmen, dass man den BTS555 auch ohne Transistorstufen betreiben könnte. So wurde die Schaltung zunächst auch geplant, es zeigte sich jedoch, dass an Pin 2 dann statt Null Volt 0,2 Volt zu messen waren – der BTS555 schaltete bereits durch, auch bei Überspannung. So wurden die beiden invertierenden Transistorstufen eingefügt und damit klare Die Schaltung Überspannungsschutz per Brechstange: Crowbar-Schaltung. 56 Betrachten wir das Schaltbild: Am Spannungseingang (links) zeigt eine 2-mA-LED eine anliegende Spannung an. Der Vorwiderstand ist auf 15 Volt berechnet. 15 Volt und 2 mA ergeben 7,5 kOhm (andere Schreibweise: 7k5), hier kommt der nächst höhere Wert von 8k2 zur An- Das Schaltbild des Überspannungsschutzes. amateurfunk 2017 Verhältnisse an Pin 2 geschaffen. Im Normalfall (keine Überspannung) fließt ideal kein Strom durch die Zenerdiode. Q1 wird nicht angesteuert und Q2 „sieht“ an seinem Basiswiderstand eine Spannung in Höhe der Eingangsspannung. Q2 schaltet durch und legt den Steuereingang des BTS555 auf Masse. Bei erkannter Überspannung fließt ein Strom durch die Zenerdiode und die Dioden, schaltet Q1 (BC548 oder äquivalent) durch und es fließt ein Strom durch R3 (4k7), R4 „sieht“ Massepotential, Q2 kann nicht durchsteuern und sperrt. Damit wird der BTS555-Steuereingang an Pin 2 von GND getrennt mit der Folge, dass der Fluss des Stromes zu den Ausgangsklemmen vom BTS555 unterbrochen wird. Am Ausgang sehen wir wieder eine LED, die anzeigt, ob der Ausgang Spannung hat (keine Überspannung, LED leuchtet) oder nicht. Die Leistungsdiode 1N5400 (oder 1N5408 bzw. ähnliche Ty- ten beabsichtigt. Dann muss auch der BTS555 mit der Leiterbahn der Bestückungsseite verschraubt werden, weil dessen Flansch (engl. tab) den Hochstromeingang des BTS555 darstellt. Bei Strömen über 20 Ampere oder bei Dauerlast sollte man dem BTS555 einen Kühlkörper gönnen. Der Innenwiderstand des BTS555 (Rdson) beträgt nur 2,5 Milliohm, der Spannungsabfall am BTS555 ist daher vernachlässigbar klein. Bei sehr hohen Strömen wird aber ein geringer Teil der Leistung in Wärme umgesetzt: Beispiel 20 Ampere für ein Funkgerät: P = I2 * R P = 20 A * 20 A * 0,0025 Ohm = 1 Watt Bei 20 Ampere wird im BTS555 lediglich 1 Watt in Wärme umgesetzt. Bestückungsplan: So positionieren Sie die Bauelemente auf der Platine. Drahtbrücken sind rot gezeichnet. pen) sorgen bei induktiven Lasten für den Schutz der Schaltung vor Induktionsströme beim Abschalten der induktiven Last (Motoren, Relais etc.). Wie beschrieben, kann die maximal tolerierte Spannung durch eine geeignete Wahl von Z-Diode und einer oder zweier Dioden 1N4148 eingestellt werden. Wird die optische Anzeige der LED nicht gewünscht, können LEDs und die Vorwiderstände entfallen. Soll beispielsweise ein Funkgerät geschützt werden, so kann man auf den Einbau der Schutzdiode im Ausgang verzichten. Keinesfalls verzichten sollte man auf breite und mit Silberdraht oder Lötzinn verstärkte Leiterbahnen, wenn man hohe Ströme zu schalamateurfunk 2017 Aufbau und Platine Die Montage dieser überschaubaren Zahl von Bauelementen kann bequem auf einer Lochrasterplatine Blockdiagramm des BTS555. die Temperatur des BTS555 zu messen. Gegebenenfalls muss ein Kühlblech nachgerüstet werden. Literatur/Verweise: [1] Bezugsquelle BTS555: z. B. Reichelt Elektronik, Sande, Homepage: www.reichelt.de Bestückungshilfe: Lage von Anode und Kathode bei einer Leuchtdiode. erfolgen. Alternativ steht ein Layout zur Verfügung, das wahlweise als zweiseitige oder einseitige Platine geätzt werden kann. Wird die doppelseitige Platine bevorzugt - Sie finden die Eagle-Dateien auf der Heft-DVD - dient die isolierte Kupferfläche auf der Bestückungsseite dem BTS555 als Kühlfläche. Das einseitige Layout verzichtet darauf, daher muss die einzige – und stromführende – Drahtbrücke auf der Bestückungsseite mit Silberdraht ausgeführt werden. Eine Bestückung der bedrahteten Bauelemente geschieht, beginnend mit den Widerständen, die Dioden und endet, nachdem die Funktion der Schaltung überprüft wurde, mit der liegenden Montage des BTS555. Zur abschließenden Prüfung der Schaltung schließen Sie bitte eine kleine Last (Glühbirne, Widerstand etc.) an den Ausgang an, da der BTS555 nicht auf Änderungen an Pin 2 reagiert, wenn der Ausgang gänzlich unbeschaltet ist. Haben Sie die LED und deren Vorwiderstände bestückt, reicht das als Last bereits aus. Anhand der LEDs lässt sich die Funktion der Schaltung leicht überprüfen. Ist alles in Ordnung, schließt sich ein Leistungstest der Schaltung an, etwa an einem Funkgerät. Dabei ist im Sendebetrieb – es fließt viel Strom - ab und zu einmal Michael Wöste, DL1DMW Der BTS555 Internes Der von Infineon produzierte BTS555 bezeichnet sich selbst als Smart Highside High Current Power Switch, was übersetzt etwa bedeutet, dass es sich um einen intelligenten Hochstromschalter handelt, der auf der Spannung führenden Seite einer Schaltung zum Einsatz kommt (Im Gegensatz zu Lowside-Schaltern, die GND schalten). Der Betriebsspannungsbereich beträgt 5 bis 34 Volt, für diesen Bereich verfügt der BTS555 über eine lastseitige Kurzschlussschutzschaltung. Die spricht bei 520 Ampere an, der maximale Laststrom darf bis zu 165 Ampere (!) betragen, sofern Pin 1 und Pin 5 für den Ausgang sowie Pin 3 und der Flansch für den Stromeingang verwendet werden und der Rest der Schaltung (insbesondere die Leitungsführung) darauf ausgelegt sind. Wie das interne Blockschaltbild (siehe unten) zeigt, bilden verschiedene Schaltungsblöcke Schutz vor Überspannung (mehr als 62 Volt), Übertemperatur und ähnlich misslichen Betriebssituationen. Zudem sorgt die Ladungspumpe (charge pump) dafür, dass das Gate des N-KanalFET mit der korrekten Steuerspannung versorgt wird, damit er voll durchschaltet. Nur dann beträgt sein Innenwiderstand 1,9 mOhm bis max. 2,5 mOhm. Der IC ist im 5-poligen TO218-Gehäuse sowohl mit den Anschlusspins in einer Reihe als auch mit versetzten Anschlüssen erhältlich. Gleichgültig, welche Bauform geliefert wird, mit ein wenig vorsichtigem Verbiegen der Pins passen sie ins Layout. 57