schul|bank Ausgabe 11/12 2014 Wirtschaft für den Unterricht Weltwirtschaft OPEC sucht Antwort auf fallende Erdölpreise S. 2 Finanzpolitik S. 3 Im Fokus Russland S. 4 Foto: Bernd Sterzl (pixelio) Der Soli – über 2019 hinaus? Welthandel WTO erzielt Einigung Die Welthandelsorganisation (WTO) hat Ende November das gonnenen Verhandlungen mit dem Ziel eines globalen Frei- erste globale Handelsabkommen seit ihrer Gründung vor rund handelspakts. Weil dabei ein Erfolg auf absehbare Zeit nicht 20 Jahren angenommen. Damit ist der Weg zur Ratifizierung erreichbar schien, hatten sich die WTO-Staaten geeinigt, zu- mehrerer Einzelverträge durch die 160 Mitgliedstaaten end- nächst ein weniger ambitiöses Vertragswerk in Angriff zu neh- gültig frei. men und dann weiter zu verhandeln. Im Einzelnen segnete der WTO-Generalrat nun drei Beschlüsse ab. Als wichtigster gilt die Die Freude über die Einigung war nicht nur bei WTO-General- Annahme des auf Bali im Grundsatz vereinbarten Abkommens direktor Roberto Azevêdo groß. Verschiedene Politiker und Ex- über Handelserleichterungen (TFA). Es sieht Reduzierungen bei perten gaben sich nach den Beschlüssen des WTO-Generalrates Zöllen und eine Reihe von organisatorischen Vereinfachungen überzeugt davon, dass es nun besser möglich sein werde, Ent- bei der Abwicklung des globalen Warenverkehrs vor. wicklungsländer in die Weltwirtschaft zu integrieren und Millionen Menschen aus der Armut zu befreien. Nach Einschätzung Der gesamte Bali-Prozess lag zwischenzeitlich auf Eis, weil In- der Internationalen Handelskammer (ICC) könnten mit der Um- dien seine im Dezember 2013 auf Bali noch gegebene Zustim- setzung des sogenannten Bali-Pakets in den nächsten Jahren mung zum TFA später zurückgezogen hatte. Hintergrund: Die weltweit Wachstumsimpulse im Umfang von bis zu einer Billion indische Regierung wollte nur zustimmen, wenn ihr staatliches Dollar freigesetzt werden. Dadurch seien mehr als 20 Millio- Programm zur Stützung der Preise von Grundnahrungsmit- nen neue Arbeitsplätze möglich, glauben die ICC-Experten. Der teln von der WTO genehmigt werden würde, was die anderen Name „Bali-Paket“ rührt daher, dass sich die Mitgliedstaaten im WTO-Mitglieder verweigerten, da diese Form von Agrarsubven- vorigen Jahr beim WTO-Gipfel auf Bali auf ein Paket aus mehre- tionen gegen die WTO-Regeln verstößt. In bilateralen Verhand- ren Einzelverträgen geeinigt hatten. lungen zwischen den USA und Indien wurde dann ein Kompromiss erreicht: Indien darf wegen der Agrarsubventionen nicht Globaler Freihandelspakt noch weit entfernt verklagt werden, bis in weiteren Verhandlungen eine dauerhaf- Allerdings ist das Bali-Paket nur ein Teil der 2001 in Doha be- te Lösung erzielt wurde. Weltwirtschaft USA die Weltmarktpreise für Rohstoffe stark unter Druck ge- OPEC sucht Antwort auf fallende Erdölpreise setzt; inzwischen sind sie der weltweit größte Erdölproduzent. Der Ölpreis ist aber nicht nur wegen der hohen Produktion gefallen, sondern auch wegen der Nachfrageschwäche. Die eu- Die Mitgliedstaaten der Ölförderorganisation OPEC sind be- ropäische Wirtschaft strauchelt, Chinas Bruttoinlandsprodukt sorgt: Sollte der Ölpreis weiter fallen, würden die Einnahme- wächst deutlich langsamer als in den vergangenen Jahren. ausfälle für ihre Staatshaushalte noch größer ausfallen. Die OPEC ist gespalten Große Erdölproduzenten in Mio. Barrel am Tag Der Preis für Erdöl fällt: Seit Mitte Juni ist das Fass Rohöl (159 Liter) von 115 US-Dollar auf unter 70 Dollar gefallen, was einem Minus Vereinigte Staaten von etwa 40 Prozent entspricht. Die OPEC, deren Mitglieder über 12,0 Russland einen Anteil von 81 Prozent der weltweiten Rohöl-Reserven ver- 11,0 Saudi-Arabien fügen und für ca. 43 Prozent der weltweiten Förderung stehen, 9,5 Irak ist tief gespalten darüber, ob und wie sie auf den Preisverfall reagieren soll. Den sinkenden Preisen könnte dadurch Einhalt geboten werden, dass die OPEC-Länder ihre Förderung drosseln, 3,3 Ver. Arab. Emirate 2,8 Iran 2,8 Mexiko 2,7 also das Angebot verknappen. Für dieses Vorgehen hat es in- Kuwait nerhalb der OPEC aber keine Mehrheit gegeben; vor allem das Venezuela wichtigste OPEC-Mitglied Saudi-Arabien war dagegen. Nigeria 2,7 2,5 1,9 1,7 Angola Gründe für Preisverfall Algerien Experten weisen darauf hin, dass angesichts des wachsenden Libyen 0,8 Einflusses von Förderländern außerhalb der Organisation die Katar 0,7 Preisfindung nicht allein bei der OPEC liege. Mit neuen Techni- Ecuador 0,6 ken zur Ausbeute von Schieferöl und -gas haben vor allem die Quelle: F.A.Z.; Stand September 2014. 740 1,1 OPEC-Mitglieder andere ölfördernde Länder – auf diese Höhe nen Überschuss von 1,5 Milliarden Euro ausgewiesen. Mit hat sich das Defi- dem Defizit von einer Dreiviertel-Milliarde Euro bestätigt zit der 131 gesetz- sich der sich seit Jahresanfang abzeichnende Trend zu einer lichen Krankenkassen bis Ende September nach Angaben angespannteren Finanzlage. Zuvor hatten die Kassen fünf der Frankfurter Allgemeinen Zeitung angehäuft. Im Vorjahr Jahre lang Gewinne eingefahren und Reserven angelegt, von hatten die Krankenkassen zum gleichen Zeitpunkt noch ei- denen sie jetzt zehren. MIO. EURO Lektüre-Tipp: Marcel Fratzscher: Die Deutschland-Illusion. Warum wir unsere Wirtschaft überschätzen und Europa brauchen, Hanser Verlag, München 2014, 250 Seiten, 19,90 €. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung men sei. Auf der anderen Seite das gleiche Land, in dem die Marcel Fratzscher hat in seinem Buch „Die Deutschland-Illusi- Armut und die Vermögensungleichheit zugenommen und die on“ eine kritische Bestandsaufnahme der deutschen Wirtschaft Chancengleichheit nachgelassen habe. Was den Ökonom vor vorgenommen und damit nicht zuletzt der Wahrnehmung in allem umtreibt: Deutschland investiere zu wenig und lebe von vielen Medien entgegentreten wollen, die deutsche Wirtschaft seiner Substanz. Fratzscher identifiziert eine Investitionslücke sei das Maß aller Dinge in Europa. Deutschlands Wirtschaft, von drei Prozent der Wirtschaftsleistung oder umgerechnet 80 so Fratzscher, sei zweigeteilt: Auf der einen Seite gebe es das Milliarden Euro. Insgesamt ein hochinteressantes, pointiertes Land, das so gut wie kein anderes Land in Europa durch die und gut lesbares Buch, das ein dezidiert positives Licht auf die globale Finanz- und die europäische Schuldenkrise gekom- Euro-Rettungspolitik der letzten Jahre wirft. 2 Finanzmärkte im Blick: Eine anhaltend positive Börsenentwicklung wird also von nicht Dax über der 10.000er-Grenze wenigen Analysten als wahrscheinlich angesehen. Neben den Notenbank-Hoffnungen stützt die zuletzt gute Entwicklung der Einen Tag vor Nikolaus schloss der Dax dank starker Arbeits- amerikanischen Konjunktur die Entwicklung am Aktienmarkt. marktdaten aus den Vereinigten Staaten mit 10.087,12 Punk- Auch im kommenden Jahr könnten die USA nach Einschätzung ten und beendete damit erstmals seit Anfang Juli und über- von Experten die Wirtschaft weltweit beleben. Davon wiede- haupt erst das sechste Mal in seiner 25-jährigen Geschichte rum würden viele vom Export den Handel oberhalb der psychologisch wichtigen Marke von abhängige Dax-Unternehmen Haupttriebfeder der 10.000 Punkten. Mit einem aktuellen Plus von mehr als 5½ profitieren. Doch gibt es nach vergangenen Wochen Prozent steuert er zudem auf das dritte Gewinnjahr in Folge der jüngsten Dax-Rally mit ei- zu. Wird die Rekordjagd des deutschen Leitindex aber wei- nem Plus von knapp 21 Pro- war die Hoffnung auf tergehen? Haupttriebfeder der vergangenen Wochen war zent seit Mitte Oktober auch die Hoffnung auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik in warnende Stimmen, die nicht der Geldpolitik in der der Eurozone. Aus Sicht verschiedener Experten mehren sich daran glauben, dass der deut- Eurozone.« die Zeichen, dass die Europäische Zentralbank wegen der sche Leitindex auf dem Niveau schwachen Wirtschaft und des schwachen Preisauftriebs in bleibt. Der Dax habe schließlich im Sommer schon einige Male der Eurozone ihren Kurs noch einmal intensiviert. So oder so über die 10.000 geschaut und wäre dann wieder darunter ge- dürften die Zinsen auf Anleihen niedrig bleiben und vielleicht rutscht. Zudem könne die heile Welt an den Börsen, die vor noch weiter fallen. Schon jetzt lassen sie Anlegern oft gar kei- allem auf die anhaltende Geldflut der Notenbank baut, von ne andere Wahl, als ihr Geld in Aktien zu stecken. einem Tag auf den anderen vorbei sein, so die Einschätzung. Finanzpolitik eine weitere Lockerung seinen Haushalt gebe, allein 11 Milliarden Euro im Jahr im Der Soli – über 2019 hinaus? Bereich der Rentenversicherung. Aber es gilt zumindest als verfassungsrechtlich fragwürdig, ob dauerhafte Leistungen Die Bundesregierung will auf das Aufkommen aus dem Soli- mit Hilfe einer Ergänzungsabgabe finanziert werden dürfen. daritätszuschlag auch zukünftig nicht verzichten. Fraglich ist In jedem Fall ist die Bereitschaft der Politik, auf das Geld zu aber, ob der Zuschlag über das Ende der Ostförderung im Jahr verzichten, nur schwach ausgeprägt. Entweder also dürfte 2019 hinaus beibehalten oder künftig in der Einkommensteuer der „Soli“ beibehalten werden oder aber der Zuschlag wird aufgehen wird. künftig in anderen Steuern aufgehen, was zur Folge hätte, dass auch Länder und Kommunen an den Einnahmen betei- Der Solidaritätszuschlag („Soli“) ist in den 1990er Jahren ein- ligt wären. geführt worden, um die Lasten aus der Wiedervereinigung zu finanzieren. Derzeit beträgt er 5,5 Prozent auf die Einkom- Einnahmen aus Solidaritätszuschlag übersteigen men- bzw. Körperschaftsteuerschuld. Das Aufkommen von Solidarpakt II 1) Angaben in Milliarden Euro gegenwärtig rund 15 Milliarden Euro steht allein dem Bund Einnahmen aus dem Solidarzuschlag zu. Ein Verfalldatum hat der „Soli“ nicht – anders als der So- Bundeszuweisungen an neue Länder 2 lidarpakt II, mit dem Zahlungen von 156 Milliarden Euro zugunsten der neuen Länder festgezurrt wurden, wovon auf den 15 Bund ca. 105 Milliarden Euro entfallen. Die Zahlungen sinken 18,3 210 16,3 10 10,3 des Bundes. Steuern statt Soli 3,6 5 Auch wenn der „Soli“ keine zeitliche Befristung hat, wird von verschiedener Seite die Forderung erhoben, er müsse mit 0 dem Auslaufen des Solidarpakts ebenfalls abgeschafft wer- 2005 den. Der Bund verweist zwar darauf, dass es neben dem Soli- … 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Quellen: Bundesfinanzministerium; DSI/F.A.Z.-Grafik-Broker. 1) von 2014 an Prognose. 2) Solidarpaket II (Korb I und II). darpakt weitere Belastungen aus der Wiedervereinigung für 3 Summe der Einnahmen Einnahmen aus dem „Soli“ höher als die Solidarpaktausgaben Summe der Ausgaben 157 von Jahr zu Jahr und laufen 2019 aus. Mittlerweile sind die 2005–2019 bankenverband Im Fokus Länderstudie Russland Die russische Wirtschaft ächzt unter den Folgen des niedrigen fehlt der russischen Wirtschaft das billige Geld, das den Boom Ölpreises und der Sanktionen durch EU und USA. Doch das des vergangenen Jahrzehnts mit angefacht hat. Auch deshalb Hauptproblem ist die ausgebliebene Modernisierung der In- sind in den ersten neun Monaten die Investitionen um 2,5 Pro- dustrie- und Wirtschaftsstrukturen. zent zurückgegangen, wie die russische Statistikbehörde Rosstat meldete. Die Unternehmen warten ab, der private Konsum Gegen Ende des Jahres verdichten sich die Anzeichen: Die rus- lahmt. Zum ersten Mal seit fünf Jahren sind im September die sische Wirtschaft ist von einer Rezession bedroht. Das Wirt- Realeinkommen gesunken. schaftsministerium in Moskau geht inzwischen von einem Minus von 0,8 Prozent im Jahr 2015 aus, nachdem es bislang Immerhin: Die Gegensanktionen Russlands ließen die einhei- noch mit einem Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent gerech- mische Produktion an Fleisch, Konserven und Käse zweistellig net hatte. Zwei Gründe gibt es für den Absturz: zum einen die steigen. In der Metallbranche und im Waggonbau mussten Wirtschaftssanktionen, die von der EU und den USA infolge des die Importe aus der Ukraine ersetzt werden. In der nahen Konflikts in der Ukraine über Russland verhängt worden sind. Zukunft könnte der Bau einer Gaspipeline nach China die In- Zum anderen den niedrigen Ölpreis, der zur Folge hat, dass dustrieproduktion weiter stimulieren. Doch überwiegen die die russischen Deviseneinnahmen sinken und die Wirtschaft Nachteile der Sanktionen die positiven Effekte bei weitem. schrumpft. Rubelverfall Sanktionen Wie schwierig die ökonomische Situation Russlands ist, lässt sich Der Schaden der westlichen Sanktionen für die russische Wirt- auch an einer anderen Zahl ablesen: dem Wechselkurs des Ru- schaft wird für das Jahr 2014 auf 40 Milliarden Dollar geschätzt. bels zum US-Dollar. Seit Anfang des Jahres verlor die russische Zum einen müssen russische Unternehmen auf bestimmte Währung mehr als ein Fünftel ihres Wertes. Der Rubelkurs – so- Schlüsseltechnologien verzichten, die nicht mehr nach Russ- wohl in Euro als auch in Dollar – liegt inzwischen so niedrig wie land geliefert werden dürfen, für die Modernisierung der rus- nie zuvor in seiner Geschichte. Der Verfall spiegelt die tiefgrei- sischen Wirtschaft aber wichtig wären. Zum anderen kommen fende Krise der russischen Wirtschaft, aber auch die Folgen der Banken und Konzerne nur noch sehr schlecht an neues Kapital. Sanktionen wider. Investoren ziehen in einer solchen Situation Zwar treffen die Sanktionen nur einige staatliche und private die Reißleine und verkaufen noch mehr Rubel. Im Jahr 2015, so Banken, die von Vertrauten Putins geführt werden und denen die Prognose des Ministeriums, werden daher weitere 90 Milli- nun der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten fehlt. arden Dollar aus dem Land geschleust werden. Dieses Geld fehlt Für alle Institute ist es aber schwieriger und teuer geworden, dann der russischen Wirtschaft. Für das Jahr 2014 rechnet Mos- sich auf dem russischen Markt zu finanzieren. Entsprechend kau bereits mit einem Kapitalabfluss von 125 Milliarden Dollar. Russland: Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts Die russische Zentralbank hatte den Wechselkurs des Rubels erst (BIP) von 2004 bis 2014 im November freigegeben. Der Währungskurs ist nun dem Spiel (Verbesserung des BIP zum Vorjahr) in Prozent der Marktkräfte ausgesetzt. Die Notenbank möchte ihre Devisenreserven schonen, die auf über 400 Milliarden Dollar geschätzt 12,5 10 7,15 7,5 werden. Würde sie versuchen, zugunsten des Rubels an den De- 8,15 8,45 6,39 visenmärkten zu intervenieren, wäre dieses Polster irgendwann 5,25 4,5 4,3 5 2,5 aufgebraucht. Die Zentralbank möchte künftig nur noch inter- 3,4 1,28 -7,8 venieren, um „Panik in der Bevölkerung zu verhindern“. 0,2 0 Folgen des Rubelverfalls −2,5 Die Abwertung des Rubels hat zwar auch einen positiven Effekt, −5 da russische Waren gegenüber Importen billiger wurden. Die −7,5 Nachteile des schwachen Rubels jedoch schlagen zusehends −10 durch. Zuallererst wäre da die steigende Inflation zu nennen – 04 05 06 07 08 09 10 Quelle: IMF © Statista 2014. Weitere Informationen: Russland. 11 12 13 14* in diesem Jahr dürfte sie bei über acht Prozent liegen. Russische *Prognose IWF Verbraucher sind unmittelbar durch höhere Preise bei Import4 Im Fokus gütern und Lebensmitteln betroffen. Außerdem schrumpfen Russland exportiert fast nur Gas und Öl die Finanzvermögen. Die russische Börse notiert so niedrig wie Exportprodukte Russlands 2013 seit 2009 nicht mehr – zum Höhepunkt der globalen Finanzkrise. Von Kreditinstituten hört man, dass Kunden immer häufiger Rohöl 174 Mrd. US-Dollar ihre Rubel-Guthaben auf den Bankkonten in Euro oder Dollar 32 % 33 % Rohölprodukte 109 Mrd. US-Dollar tauschen würden. Russische Banken und Unternehmen haben wegen des niedrigen Wechselkurses zudem mehr Probleme, Erdgas 73 Mrd. US-Dollar ihre Auslandsschulden zu bedienen. Sonstige Exporte 171 Mrd. US-Dollar 14 % 21 % Folgen für Staatshaushalt Quellen: U. S. Energy Information Administration, Russia Federal Customs Service Bislang wurde die Abwertung vom Kreml toleriert, weil sie für die Regierung einen entscheidenden Vorteil hatte: Sie sorgte für zusätzliche Einnahmen, denn viele russische Zölle werden wachsen. Doch die Sanktionen verhindern den Import der da- auf Dollarbasis berechnet. Nach Einschätzung des Finanzminis- für notwendigen Technologie. Außerdem fehlt es auch hier an teriums in Moskau bringt jeder Rubel, um den der Wechsel- Kapital. Der Reingewinn des Ölkonzerns Rosneft ist im dritten kurs zum Dollar fällt, etwa 3,7 Milliarden Euro zusätzlich in die Quartal 2014 gegenüber dem Vorjahr auf magere 18 Millionen Staatskasse. Diesem Geldstrom hat es Russlands Finanzminister Euro gesunken. Allein im kommenden Jahr muss Rosneft Kre- zu verdanken, dass der Haushalt bislang ausgeglichen blieb. ditschulden in Höhe von 19,5 Milliarden Dollar bedienen. Der Das staatliche Budgetdefizit, das ja in Rubel berechnet wird, Konzern hat bereits beim Staat um Kapitalhilfe nachgefragt. hält sich dadurch in engen Grenzen. Hinzu kommt, dass Russ- Auch andere Energieriesen haben vorsorglich Finanzbedarf an- lands Präsident Wladimir Putin viele neue Schulden den Regio- gemeldet. Die geforderten Summen könnten Russlands immer nen aufgebürdet hat. noch üppige Devisenreserven zusammenschmelzen lassen. Auch im kommenden Jahr, so Experten, könnte Russlands Haus- Öl und Gas – Wirtschaftsstruktur halt noch ohne Ausgabenkürzungen auskommen – zumal knapp Der Reichtum an Erdöl und Erdgas ist für Russland Segen und zehn Milliarden Euro aus einem Reservefonds zum Stopfen mög- Fluch zugleich. Segen, weil es dem Land in den letzten 15 Jah- licher Löcher bereitstehen. Aber danach könnte es heikel wer- ren einen enormen Wohlstandszuwachs ermöglicht hat, wenn- den: Der föderale Dreijahreshaushalt, den das Parlament vor gut gleich dieser sehr ungleich verteilt war. Fluch, weil das Geld einer Woche verabschiedete, geht noch von einem Ölpreis von anstrengungslos geflossen ist und die dringend notwendige 100 Dollar pro Fass, von einer Rücknahme der Sanktionen An- Modernisierung der Wirtschaft deshalb nie konsequent ange- fang 2015 und von einem anspringenden Wirtschaftswachstum gangen wurde. Dabei geben russische Präsidenten seit dem aus. Nichts davon erscheint im Moment realistisch. Spätestens Ende der Sowjetunion als Ziel aus, ihr Land aus seiner Rolle als 2016 müssen die Ausgaben nach Expertenmeinung gekürzt wer- Rohstofflieferant zu befreien und auf eine breitere industrielle den – nach heutiger Schätzung um zehn Prozent. Grundlage zu stellen. Ende 2012 aber ergab eine Studie der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), Öl – Krise akut dass Russlands Abhängigkeit von seinen Bodenschätzen in den Warum ist der Ölpreis für Russland so wichtig? Die Antwort ist letzten 15 Jahren sogar zugenommen habe. Die Diversifizie- einfach: Russland förderte 2013 die nach den USA zweitgrößte rung der Wirtschaft sei gescheitert, lautete das EBRD-Fazit, die Menge an Erdöl und Erdgas. Die russische Wirtschaft ist in ho- russische Industrie sei der Konkurrenz nicht gewachsen. 2013 hem Maße abhängig von der Entwicklung der Einnahmen aus stammten nach Angaben der US-Energiebehörde EIA mehr als dem Öl- und Gasgeschäft. Der Weltmarktpreis für Erdöl ist Ende 68 Prozent der Exporteinnahmen aus Erdöl und Erdgas. Von November allerdings auf ein Vierjahrestief abgestürzt. Zurzeit den übrigen 32 Prozent machen Metalle, Kohle und andere kostet ein Fass nur noch rund 70 Dollar. Und am Ölpreis hängt Bergbauprodukte einen guten Teil aus. teilweise auch der Preis für das zweitwichtigste Ausfuhrgut: Erdgas. Russland verliert durch den Preisverfall jährlich bis zu In allen volkswirtschaftlichen Bereichen Russlands besteht er- 100 Milliarden Dollar. heblicher Modernisierungsbedarf. Mit geringeren ausländischen Investitionen und weniger westlicher Technologie, so Experten, Hinzu kommt: Die Ölindustrie leidet mit am stärksten unter sei die Modernisierung allerdings noch unrealistischer als vor den Sanktionen. Um die derzeitige Fördermenge beizubehal- der Ukraine-Krise – zumal dann, wenn der Kreml sich von jeder ten, müsste die Produktion um fünf bis sieben Prozent pro Jahr Reformpolitik verabschieden sollte. 5 bankenverband Geldanlage Wohin mit dem Ersparten? Wohin mit dem Ersparten? Beispiel Renditevergleich (Circa-Werte) Schwere Zeiten für Sparer: Nie zuvor waren die Zinsen in Dividenden deutscher Standardaktien Deutschland so niedrig wie heute. Die Erträge aus Spar- und Festgeldkonten reichen meist nicht aus, um den realen Wert 3,0 2,5 Unternehmensanleihen der Ersparnisse zu erhalten – auch wenn die Inflationsrate für 2014 mit voraussichtlich knapp 1 Prozent ebenfalls sehr niedrig 1,8 30-jährige Bundesanleihen ausfallen wird. Selbst für zehnjährige Bundesanleihen beträgt die jährliche Rendite nur noch etwa 0,8 Prozent. Da fragt sich 0,8 10-jährige Bundesanleihen so mancher, ob Sparen überhaupt noch lohnt. Anleger, die höhere Renditen erwirtschaften wollen, müssen bereit sein, mehr Risiko einzugehen. Mit großen deutschen Standardaktien (Dax- Festgeld für ein Jahr 0,3 Werte) beispielsweise können Dividenden von im Schnitt etwa Sparbuch (dreimonatige Kündigungsfrist) drei Prozent jährlich eingefahren werden, in Einzelfällen auch mehr. Doch Aktiensparer müssen Kursschwankungen aushal- Quellen: Bundesbank, eigene Berechnungen. Stand November 2014. ten können und sollten einen langen Atem haben. Selbstständigkeit Deutsche lernen nicht, Unternehmen zu führen (Keine) Ausbildung zur Selbstständigkeit in Prozent Anteil der Personen zwischen 15 und 64 Jahren, die angeben, ihre Ausbildung habe ihnen die Fähigkeiten vermittelt, ein eigenes Unternehmen zu führen Deutsche Schulen und Ausbildungsstätten sind eher darauf Portugal fokussiert, Angestellte oder Beamte hervorzubringen als Grün- Spanien 70 55 Finnland der und Selbstständige. Zahlen der Europäischen Kommission 55 USA zeigen, dass dies nicht ohne Konsequenzen bleibt. So sieht Schweden sich in Deutschland nur rund ein Drittel der Personen zwischen Österreich 15 und 64 Jahren durch ihre Ausbildung befähigt, ein eigenes Schweiz 54 49 46 45 Polen Unternehmen zu führen; im Vereinigten Königreich sind es Frankreich sogar noch weniger. Anders ist die Situation beispielsweise in Deutschland 43 36 34 Italien den Vereinigten Staaten, wo mehr als die Hälfte der Befragten Vereinigtes Königreich sich für die Selbstständigkeit gerüstet sieht – und so mitunter 34 27 Quelle: OECD/Europäische Kommission. Stand 2012. auch neue Jobs erschafft. NEU 0,1 bei www.schulbank.de: Till hat ’ne Neue! Kurz vor Jahresende kommt noch einmal Bewegung in die Un- Lisa im jetzt neu veröffentlichten Kapitel „Umgang mit Geld“ terrichtsmaterialien des Online-Materialportals „Geld im Un- dafür, was zu einem Haushaltsplan für die eigenen Einnahmen terricht“: Dabei taucht Till, der Schülerinnen und Schülern die und Ausgaben gehört, wie man sein Taschengeld möglichst vor verschiedenen Geldthemen bisher gemeinsam mit Nele nahe- Konsumfallen bewahrt und worauf es ankommt, wenn man sich brachte, plötzlich verdächtig häufig mit Lisa auf. Mal sehen, wie etwas hinzuverdienen möchte. Download der Materialien wei- das 2015 weitergeht! Jedenfalls interessieren sich Till und eben terhin unter www.geld-im-unterricht.de. Impressum | Herausgeber: Bundesverband deutscher Banken e.V., Postfach 04 03 07, 10062 Berlin | Verantwortlich: Iris Bethge Redaktion: Dr. Henrik Meyer, Annette Matthies-Zeiß (Assistenz), Telefon +49 30 1663-1293, [email protected], schulbank.de Druck: Druckstudio GmbH, Professor-Oehler-Straße 10-11, 40589 Düsseldorf | Gestaltung: KD1 Designagentur, Köln 6