Kapitel 3 Elektrische Schaltungen 3.1 Gleichstrom, Kirchhoffsche Regeln Gängige Bauelemente in Gleichstromkreisen sind Batterien (z.B. ideale Spannungsquellen), Widerstände und Kondensatoren. Da Schaltkreise sehr kompliziert sein können, benötigen wir formale Regeln für die Rechnungen. Diese Regeln sind unter anderem die Kirchhoffschen Gesetze. 1. Kirchhoffsche Regel: Knotenpunktsatz ”In jedem Knoten (Verzweigungspunkt) fließt immer so viel Ladung hinein wie heraus.” X Inein = 0 n∈Knoten PSfrag replacements Beispiel: +Q −Q I2 d I1 I3 45 (3.1) 46 KAPITEL 3. ELEKTRISCHE SCHALTUNGEN I2 ist der herausfließende Strom. I2 = −I2ein ⇒ I1 = −I2ein + −I3ein = I2 + I3 Beachte also immer, dass der Stromfluss eine Richtung hat und nicht nur über den Betrag definiert ist. Somit ergibt sich als direkte Konsequenz des 1. Kirchhoffschen Gesetzes: PSfrag replacements +Q R1 −Q d R2 I0 Rn I0 = I1 + I2 + .... + In 1 1 1 + + .... + = V · R1 R2 Rn {z } | Reff Für parallel geschaltete Widerstände gilt somit: N X 1 1 = Reff Rn n=1 (3.2) Wenn N Verzweigungspunkte vorliegen, gibt es dank der Knotenregel N −1 (linear) unabhängige Gleichungen. 47 3.1. GLEICHSTROM, KIRCHHOFFSCHE REGELN 2. Kirchhoffsche Regel: Maschenregel Summe über alle Spannungen in einem geschlossenen Kreis ist gleich null. X n∈geschl. oder in der Sprache elektrischer Felder Vn = 0 (3.3) Kreis I E ds = 0. Beispiel: |{z} PSfrag replacementsRingintegral V2 +Q −Q d V1 V1 + V 2 = 0 PSfrag replacements V2 = =ε (−V1 ) | {z } Spannung d. Batterie +Q −Q d + − Die elektrischen ”Feldlinien” in der Batterie sind denen außerhalb entgegengesetzt. Man könnte daher 3.3 auch schreiben als: X n∈passives X Vn = Element oder → = n∈geschl. X εn = 0 (3.4) Kreis VnQuelle n Mit Hilfe der Kirchhoffschen Gesetze lassen sich Schaltkreise komplett charakterisieren, weil es ebensoviele Unbekannte (unbekannte Ströme) wie (linear unabhängige) Gleichungen gibt. 48 KAPITEL 3. ELEKTRISCHE SCHALTUNGEN Beispiel: Wheatstonsche Brücke I1 R1 R2 R5 β I2 + a R4 I5 I4 b c − α γ R3 R6 I6 I3 I7 d Knoten ”d” produziert keine neue Gleichung, bzw. wissen wir, dass I7 = I1 ist. Somit haben wir: 3 unabhängige Knoten a, b, c 3 unabhängige Maschen α, β, γ ⇒ 6 linear unabhängige Gleichungen und 6 unbekannte (I1 , ...., I6 ) PSfrag replacements Damit ist das System genau bestimmt, siehe Übungen. N Knoten liefern+Q (N − 1) Gleichungen. In der Wheatstonschen Brücke fließt kein Strom durch −Q b und c dasselbe elektrische Potential haben. Deshalb kann diese Brücke R4 , wenn die Knoten d zur Messung von (hinreichend großen) Widerständen verwendet werden. R1 R2 I1 I3 l1 Rx R1 = 1 l1 · σ A R3 R2 = 1 l2 · σ A A l2 49 3.1. GLEICHSTROM, KIRCHHOFFSCHE REGELN Wenn das Amperemeter keinen Strom anzeigt (die Brücke ist ”abgeglichen”), dann gilt I1 · R 1 = I 3 · R x I1 · R 2 = I 3 · R 3 R1 Rx ⇒ = R2 R3 l1 Rx = R 3 · l2 PSfrag replacements +Q (3.5) −Q d Eichung, beispielsweise über einen Schiebewiderstand (lang, dünn, homogen) R3 bedarf genauer Beispiel: ε2 ε1 + − a + − I2 R1 R2 α R3 β I1 I3 b Wie groß ist I2 bei R1 = R2 = R3 als Funktion von ε1 , ε2 ? I1 − I 2 − I 3 = 0 (a, b) (1) I1 · R 1 + I 2 · R 2 = ε1 (α) (2) −I2 · R2 + I3 · R3 = ε2 (β) (3) 50 KAPITEL 3. ELEKTRISCHE SCHALTUNGEN Einsetzen von (1) in (3) −I2 · R2 + (I1 − I2 ) · R3 = ε2 (30 ) Löse (2) nach I1 auf und setze in Gleichung (30 ) ein. I1 = 1 · (ε1 − I2 · R2 ) R1 R2 · R3 R3 · ε1 − I2 − R · I2 = ε 2 R1 R1 R2 · R3 R3 ⇒ · ε1 − ε 2 = R2 + + R 3 · I2 (4) R1 R1 −I2 · R2 + Solche Ergebnisse kann man oft schön überprüfen, indem man verschiedene Grenzfälle konstruiert, z.B: Grenzfall 1: ε1 = 0 , R1 = ∞ −ε2 = (R2 + R3 ) · I2 Grenzfall 2: ε2 = 0 , R3 = ∞ nimm Gleichung (4) · R1 R3 ⇒ ε1 = (R2 + R3 ) · I2 Für R1 = R2 = R3 ergibt sich ε1 − ε 2 = 3 · R I 2 Hätten wir bei diesen Grenzfällen einen Widerspruch gefunden, dann hätten wir sogar vermutlich einen Hinweis gefunden, wo wir einen Fehler gemacht haben.