Chirurgie der benignen Struma Was - Wann - Wie Dr. med Andreas Walter Chirurgie München Nord www.chirurgie-muenchen-nord.de Chirurgie der benignen Struma Was - Wann - Wie Erkrankungen der Schilddrüse - Einteilung • morphologische Erkrankungen: – – – – Struma diffusa Struma nodosa (uni-/multinodosa) Zystische Veränderungen Inhomogene, atrophe u.a. Parenchymveränderungen (z.B. Hashimoto) • funktionelle Störungen: – Schilddrüsenautonomie: • autonomes Adenom (50%) • multifokale Autonomie (30%) • dissiminierte Autonomie (20%) – M. Basedow (Autoimmunthyreopathie) – Hypothyreose (z.B. angeboren, Hashimoto) Erkrankungen der Schilddrüse – Ätiologie Struma diffusa et nodosa / Autonomie • Jodmangel im Schilddrüsengewebe Freisetzung von Wachstumsfaktoren Hyperplasie der Schilddrüsenfollikel Vermehrung der Fibroblasten und Angioneogenese • Zusätzlich fördert TSH das Wachstum der einzelnen Thyreozyten Hypertrophie, Volumenzunahme • Bei jahrelangem Jodmangel Entstehung von Knoten, Autonomie und degenerativen Veränderungen Erkrankungen der Schilddrüse – Ätiologie Autoimmunthyreopathie • Häufigste Formen in Deutschland sind: – die Autoimmunthyreoiditis vom Hashimoto-Typ (atrophe Form) – die Immunhyperthyreose (M. Basedow) • Als Auslöser werden Virusinfekte und übermäßige Jod-Zufuhr • Bei der Hashimoto-Thyreoiditis spielen Antikörper gegen Thyreoperoxidase (A-TPO) eine entscheidende Rolle Auf humoralem und zellulären Weg kommt es zu einer Zellzerstörung und im Verlauf meist zu einer Atrophie • beim M. Basedow binden Ak an den TSH-Rezeptor (TRAK) TRAK steigern wie TSH Größe und Funktion der SD Erkrankungen der Schilddrüse – Zahlen & Fakten (1/4) SHIP – Study of Health in Pomerania: 4.310 Teilnehmer aus Nord-Ost-Deutschland Alter 20-79 Jahre 35,9% Schilddrüsenvergrößerung 20,2% Schilddrüsenknoten • Über 30 % der Erwachsenen leiden an einer krankhaften Schilddrüsen-Veränderung • Mit zunehmendem Alter steigt die Häufigkeit von Schilddrüsenknoten • Zudem sind Frauen diesbezüglich deutlich häufiger betroffen als Männer Erkrankungen der Schilddrüse – Zahlen & Fakten (2/4) Nicht-diagnostizierte krankhafte Schilddrüsenveränderungen: Völzke et al., 2003, Thyroid (SHIP) Erkrankungen der Schilddrüse – Zahlen & Fakten (2/4) Nicht-diagnostizierte krankhafte Schilddrüsenveränderungen: <35 >59 Völzke et al., 2003, Thyroid (SHIP) Erkrankungen der Schilddrüse – Zahlen & Fakten (3/4) Krankhafte SchilddrüsenVeränderungen insgesamt: (vergrößerte Schilddrüse und/ oder Knoten) Copyright © 2005-2014 Sanofi - Alle Rechte vorbehalten • Es gibt regionale Unterschiede der Inzidenz von SchilddrüsenErkrankungen Erkrankungen der Schilddrüse – Zahlen & Fakten (4/4) • Hashimoto-Thyreoiditis: – – – – Nur bei ca. 1% der Bevölkerung klinisch relevant Prävalenz subklinisches Stadium 4-9% Frauen sind 5-10x häufiger betroffen vermutlich deutlich erhöhtes Tumorrisiko (wird jedoch kontrovers diskutiert) • Morbus Basedow: – Prävalenz 2-6% der Bevölkerung – Verhältnis zwischen Männern und Frauen 1 : 5-7 – Tumorrisiko bzgl. Schilddrüsen-Ca unklar Zusammenfassung – Was? • Schilddrüsenerkrankungen werden nach morphologischen, funktionellen und ätiologischen Gesichtspunkten eingeteilt • Häufigste Ursache einer Schilddrüsenerkrankung ist der Jodmangel • Die Anzahl an Schilddrüsenerkrankungen nimmt im Alter deutlich zu • Das Tumor-Risiko (gut-differenzierte Karzinome) scheint bei Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis deutlich erhöht zu sein Chirurgie der benignen Struma Was - Wann - Wie Diagnostik - Anamnese • • • • • Alter, Geschlecht Familienanamnese Beschwerden durch mechanische Verdrängung Beschwerden durch Hypo- bzw. Hyperthyreose Zeichen einer malignen Erkrankung (Heiserkeit/Rec.-Parese, Dysphagie, Husten) Diagnostik – Klinische Untersuchung & Klinisch-chemische Untersuchung • Inspektion • Palpation • Grad-Einteilung: 0 I keine Struma tastbare, nicht-sichtbare Vergrößerung II sichtbare Vergrößerung III stark vergrößerte Schilddrüse • • • • • TSH basal, fT3, fT4 A-TPO, TRAK bei V.a. Autoimmunthyreopathie Calcitonin bei kalten Knoten (und Mikrokalzifikation) Ggf. BKS/Blutbild (de Quervain) Präoperativ immer Calcium Diagnostik – Sonographie • • • • • • SD-Volumen Echogenität Parenchymstruktur Vaskularisation Knoten Charakterisierung der Knoten (Lage, Form, Größe, Abgrenzbarkeit, Echogenität, Vaskularisation) • Cervikale Lymphknoten Diagnostik – Sonographie • • • • • • SD-Volumen Echogenität Parenchymstruktur Vaskularisation Knoten Charakterisierung der Knoten (Lage, Form, Größe, Abgrenzbarkeit, Echogenität, Vaskularisation) • Cervikale Lymphknoten Diagnostik – Szintigraphie • Mit 99mTc-Pertechnetat (geringe Strahlenexposition, geringe Kosten) • Nur bei Knoten >1cm oder supprimiertem TSH mit knotigen Veränderungen • Alle kalten Knoten sind als suspekt einzustufen! (unter Berücksichtigung des Sonographie-Befundes) Mit Genehmigung der Radiologie-München-Nord Mit Genehmigung der Radiologie-München-Nord • Warme bzw. heiße Knoten nur in Ausnahmefällen maligne Diagnostik – Szintigraphie • Mit 99mTc-Pertechnetat (geringe Strahlenexposition, geringe Kosten) • Nur bei Knoten >1cm oder supprimiertem TSH mit knotigen Veränderungen • Alle kalten Knoten sind als suspekt einzustufen! (unter Berücksichtigung des Sonographie-Befundes) • Warme bzw. heiße Knoten nur in Ausnahmefällen maligne Mit Genehmigung der Radiologie-München-Nord Diagnostik – FNP • Empfehlung: bei suspekten Knoten > 1cm (insbesondere bei abwartendem Vorgehen) • In der präoperativen Diagnostik weist die FNP unter optimalen Voraussetzungen die größte Sensitivität (65-98%) und Spezifizität (72-100%) auf. • OP-Indikation bei: Karzinom Malignitätsverdächtig follikuläre Neoplasie Diagnostik – Ergänzende Untersuchungen • MRT Hals bei neu-aufgetretener Rec.-Parese oder V.a. infiltratives Wachstum • CT Thorax (nativ!) ggf. z.A. eines Bronchial-Ca • Rö-Thorax bei sonographisch Mit Genehmigung der Radiologie-München-Nord nicht-abgrenzbarer Struma • HNO präop. immer z.A. einer Rec.-Parese Diagnostik – Ergänzende Untersuchungen • MRT Hals bei neu-aufgetretener Rec.-Parese oder V.a. infiltratives Wachstum • CT Thorax (nativ!) ggf. z.A. eines Bronchial-Ca • Rö-Thorax bei sonographisch nicht-abgrenzbarer Struma • HNO präop. immer z.A. einer Rec.-Parese Mit Genehmigung der Radiologie-München-Nord Diagnostik – Ergänzende Untersuchungen • MRT Hals bei neu-aufgetretener Rec.-Parese oder V.a. infiltratives Wachstum • CT Thorax (nativ!) ggf. z.A. eines Bronchial-Ca • Rö-Thorax bei sonographisch nicht-abgrenzbarer Struma • HNO präop. immer z.A. einer Rec.-Parese Indikationsstellung – struma nodosa OP-Indikation? • Sonographische oder klinische Malignitätskriterien • Mechanische Probleme, Struma permagna, retrosternale/thorakale Ausdehnung • Größenprogredienz einzelner Knoten/Gesamt-Volumen • Junger Patient, insbesondere Frauen Indikationsstellung – Autonomie (1/2) Wann Therapie? • Bei (sub-)klinischer Hyperthyreose Therapie-Optionen? • Radio-Jod-Therapie • Operation Indikationsstellung – Autonomie (2/2) OP-Indikation? • Diagnostische oder klinische Malignitätskriterien • Gleichzeitiges Vorliegen kalter bzw. multipler Knoten • Junger Patient, insbesondere Frauen im gebärfähigen Alter • Mechanische Komplikationen Indikationsstellung – Autoimmunthyreopathie Hashimoto OP-Indikation? • Neu-aufgetretene auffällige Knoten • Mechanische Komplikationen • Ggfs. problematische Einstellung mit hohem Leidensdruck Indikationsstellung – Autoimmunthyreopathie M. Basedow (1/2) Wann Therapie? • (Sub-)klinische Manifestation • Mechanische Komplikationen • Endokrine Orbitopathie • Zusätzlich auffällige Knoten Therapie-Optionen: • Thyreostatika (Option für 1 Jahr) • Radio-Jod-Therapie • Operation Indikationsstellung – Autoimmunthyreopathie M. Basedow (2/2) OP-Indikation? • Starkes Schilddrüsenwachstum • endokrine Orbitopathie • auffällige Knoten • therapierefraktäre oder schwere Hyperthyreose • Ablehnung der Radiojodtherapie durch den Patienten • Junger Patient, insbesondere Frauen im gebärfähigen Alter Zusammenfassung – Wann? • Anamnese, klin. Untersuchung, Sonographie und TSH-basal stellen die Basis der Abklärung einer Schilddrüsenerkrankung dar • Die FNP ist bei suspekten Knoten >1cm, insbesondere bei abwartendem Vorgehen empfohlen • Eine OP-Indikation ist bei tumor-suspekten Befunden, mechanischen Komplikationen und in bestimmten Fällen einer Hyperthyreose gegeben Chirurgie der benignen Struma Was - Wann - Wie Therapie - Übliche Resektionsverfahren • Enukleation • Isthmusresektion • Unterpolresektion • Hemithyreoidektomie • Operation nach Dunhill • Totale Thyreoidektomie Paulsen, Waschke, Sobotta Atlas der Anatomie des Menschen, 23.Auflage 2010 © Elsevier GmbH, Urban & Fischer, München Therapie - Übliche Resektionsverfahren • Enukleation • Isthmusresektion • Unterpolresektion • Hemithyreoidektomie • Operation nach Dunhill • Totale Thyreoidektomie Paulsen, Waschke, Sobotta Atlas der Anatomie des Menschen, 23.Auflage 2010 © Elsevier GmbH, Urban & Fischer, München Therapie - Übliche Resektionsverfahren • Enukleation • Isthmusresektion • Unterpolresektion • Hemithyreoidektomie • Operation nach Dunhill • Totale Thyreoidektomie Paulsen, Waschke, Sobotta Atlas der Anatomie des Menschen, 23.Auflage 2010 © Elsevier GmbH, Urban & Fischer, München Therapie - Übliche Resektionsverfahren • Enukleation • Isthmusresektion • Unterpolresektion • Hemithyreoidektomie • Operation nach Dunhill • Totale Thyreoidektomie Paulsen, Waschke, Sobotta Atlas der Anatomie des Menschen, 23.Auflage 2010 © Elsevier GmbH, Urban & Fischer, München Therapie - Übliche Resektionsverfahren • Enukleation • Isthmusresektion • Unterpolresektion • Hemithyreoidektomie • Operation nach Dunhill • Totale Thyreoidektomie Paulsen, Waschke, Sobotta Atlas der Anatomie des Menschen, 23.Auflage 2010 © Elsevier GmbH, Urban & Fischer, München Therapie - Übliche Resektionsverfahren • Enukleation • Isthmusresektion • Unterpolresektion • Hemithyreoidektomie • Operation nach Dunhill • Totale Thyreoidektomie Paulsen, Waschke, Sobotta Atlas der Anatomie des Menschen, 23.Auflage 2010 © Elsevier GmbH, Urban & Fischer, München Therapie - Übliche Resektionsverfahren • Enukleation • Isthmusresektion • Unterpolresektion • Hemithyreoidektomie • Operation nach Dunhill • Totale Thyreoidektomie Paulsen, Waschke, Sobotta Atlas der Anatomie des Menschen, 23.Auflage 2010 © Elsevier GmbH, Urban & Fischer, München Therapie - Operationsschritte • Collierschnitt • Präparation des Isthmusbereichs caudal, danach cranial bis zur Trachea bzw. zum Larynx • Kapselnahe Durchtrennung der Oberpolgefäße • Entwickeln des Schilddrüsenlappens mit Durchtrennung der Kocher´schen Vene Therapie - Operationsschritte • Collierschnitt • Präparation des Isthmusbereichs caudal, danach cranial bis zur Trachea bzw. zum Larynx • Kapselnahe Durchtrennung der Oberpolgefäße • Entwickeln des Schilddrüsenlappens mit Durchtrennung der Kocher´schen Vene Therapie - Operationsschritte • Collierschnitt • Präparation des Isthmusbereichs caudal, danach cranial bis zur Trachea bzw. zum Larynx • Kapselnahe Durchtrennung der Oberpolgefäße • Entwickeln des Schilddrüsenlappens mit Durchtrennung der Kocher´schen Vene Therapie - Operationsschritte • Ab jetzt Neuro-Monitoring • Tracheale Präparation von caudal beginnend mit Durchtrennung aller Äste der A. thyroidea inf. • Schonende Darstellung des N. laryngeus recurrens • Darstellung aller Nebenschilddrüsen, ggfs. mit Replantation • Vor dem Zuwenden zur Gegenseite obligate Neuromonitoring-Kontrolle Copyright © by inomed Medizintechnik GmbH - Alle Rechte vorbehalten Therapie - Operationsschritte • Ab jetzt Neuro-Monitoring • Tracheale Präparation von caudal beginnend mit Durchtrennung aller Äste der A. thyroidea inf. • Schonende Darstellung des N. laryngeus recurrens • Darstellung aller Nebenschilddrüsen, ggfs. mit Replantation • Vor dem Zuwenden zur Gegenseite obligate Neuromonitoring-Kontrolle Copyright © by inomed Medizintechnik GmbH - Alle Rechte vorbehalten Therapie - Operationsschritte • Ab jetzt Neuro-Monitoring • Tracheale Präparation von caudal beginnend mit Durchtrennung aller Äste der A. thyroidea inf. • Schonende Darstellung des N. laryngeus recurrens • Darstellung aller Nebenschilddrüsen, ggfs. mit Replantation • Vor dem Zuwenden zur Gegenseite obligate Neuromonitoring-Kontrolle Copyright © by inomed Medizintechnik GmbH - Alle Rechte vorbehalten Therapie - Präparat Therapie – 2 Jahre später Therapie – Postoperative Komplikationen • Recurrensparese (2-5% pass., <1% perm.) (abhängig von Resektionsverfahren) • Hypoparathyreoidismus (10-30% pass., 0-3% perm.) (abhängig von Resektionsverfahren) • • • • Nachblutung (1-2%) Wundinfektion (1-2%) Schluckstörung / Nackenschmerzen (häufig) Taubheitsgefühl im Narbenbereich Therapie – Perioperativer Ablauf Prästationär • Vorstellung in der Praxis – Indikationsprüfung, Sono-Kontrolle – ggfs. ergänzende Diagnostik – OP-Besprechung • Anmeldung im Krankenhaus • 3-7d vor Eingriff ambulante vorstationäre Aufnahme (OP-Vorbereitung, Anästhesiegespräch) Stationärer Aufenthalt • 6h p.o. KalziumKontrolle (beidseitige Eingriffe) • 8h p.o. regelmäßige Kontrolle des Halsumfanges • Rasche Mobilisation • 1. und ggf. 3. p.o.-Tag Kalzium-Kontrolle • Entlassung am 2./3. p.o.-Tag Poststationär 4. p.o.-Tag • HNO-Konsil • Vorstellung in der Praxis – Wundkontrolle und Fadenzug – Empfehlung HormonEinstellung – offene Fragen Therapie – Postoperative Hormoneinstellung Ziel: • Vermeidung erneuter Knotenbildung • Vermeidung von Größenprogress SD-Restes • euthyreote Stoffwechsellage mit (niedrig-)normaler TSH-Spiegel • Wohlbefinden des Patienten Therapie – Knotenprophylaxe & Hormoneinstellung Enukleation/ HemiUnterpolresektion Thyreoidektomie Substitution Jodid L-Thyroxin Jodid vorläufige 150µg 50µg Ziel-Dosis - 100µg • • • • • DunhillOperation L-Thyroxin Jodid 100µg - 150µg Beginn mit 50µg L-Thyroxin Fraktionierte Steigerung der Dosis TSH-Kontrolle nach 5 Wochen Fein-Einstellung in möglichst kleinen Schritten Bei Autoimmunthyreoiditis kein Jodid Totale Thyreoidektomie L-Thyroxin 150µg Zusammenfassung – Wie? • Ziel der OP ist möglichst viel intaktes Schilddrüsengewebe zu erhalten ohne pathologische Veränderungen zurückzulassen • Die Rate der Komplikationen nach Schilddrüsen-Operationen ist unter einem erfahrenen Operateur als gering einzustufen • Bei der postoperativen Hormoneinstellung sollte die klinische Beurteilung des Patienten nicht vergessen werden • Bei allen gesundheitsökonomischen Zielstrebungen muss eine unserer Hauptverantwortungen als Operateure die vernünftige Indikationsstellung im Sinne des Patienten sein