Musterl~sungen zum Grundwissen Schadenversicherungsmathematik, Klausur vom 11. November 1995 und vom 16. November 1996 Christian Hipp, Martin Morlock (Karlsruhe) und Thomas Witting (Miinchen) Im November 1995 wurde die erste Klausur in Grundwissen I, Schadenversicherungsmathematik, im Ausbildungsgang der DAV/DGVM zum Aktuar geschrieben. Die zweite derartige Klausur land dann wieder im November 1996 statt. Fiir die Bearbeitung der Klausuren standen jeweils 90 Minuten zur Verf'figung.Als Arbeitsmaterial war eine Formelsammlung zugelassen, die folgenden Inhalt hatte: 1. Definitionen: Verteilungsfunktion, Verteilungsdichte/Frequenzfunktion, Momente, Erwartungswert, Varianz, Variationskoeffizient, Schiefe, Kovarianz, bedingte Wahrscheinlichkeit. 2. Formeln ftir Erwartungswert und Varianz bei zuf'~illigenSummen und bedingten Zufallsvariablen. 3. Definition, Erwartungswert und Varianz folgender Verteilungen: Binomialverteilung, Poissonverteilung, Negative Binomialverteilung, Exponentialverteilung, Gammaverteilung, Normalverteilung, Lognormalverteilung, Pareto-Verteilung, Betaverteilung. 4. Tabellen zur Normal-, t- und x2-Verteilung. 5. Formeln zum Anpassungskoeffizient und zur Ruinwahrscheinlichkeit sowie zu gestutzten Momenten. 6. Schiitzer fiir die Varianzkomponenten im einfachen Credibility-Modell und 7. Formeln der Normal-Power-Approximation. Zu jedem der Gebiete Stochastische Grundlagen, Prfirnienkalkulation, Risikoteilung, Reservierung und Solvabilit/it waren Aufgaben zu 16sen. Die Zusatzaufgabe wurde nur gewertet, wenn eine der anderen Aufgaben nicht bearbeitet wurde. Die Zahl am Ende der Aufgabenstellung gibt die maximal erreichbare Punktzahl an. Klausuraufgaben des Jahres 1995 Die Klausur war bestanden, wenn 36 der 90 mfglichen Punkte erreicht wurden. Aufgabe 1. Durch die Einfiihrung einer Selbstbeteiligung (Abzugsfranchise) wird zwar die Nettopriimie kleiner, das Risiko des Versicherungsunternehmens - gemessen an der Gr613e des Variationskoeffizienten wird hingegen gr613er. Zeigen Sie dies am Beispiel a) eines exponentialverteilten Schadenbedarfs und b) eines paretoverteilten Schadenbedarfs. (20) L~sung: Sei X der Schadenbedarf. Nach der Einfiihrung einer Selbstbeteiligung in H6he von Mist die Entschfidigung durch den Versicherer gegeben durch Y : = ( X - M) +. Wir zeigen, dab in den genannten F/illen M --* V a r ( X - M ) + / E 2 ( X - M ) + wachsend in Mist. a) Fiir exponentialverteiltes X mit Mittelwert 1/0 gilt: Qo flk := E[(X-M)+] k= S ( x - M ) k 0 e x p ( - 0 x ) dx M = e x p ( - 0 M) S yk 0exp(--0 y) d y = e x p ( - 0 M) 0 -~ F ( k + 1). 0 205 Die Nettorisikoprfimie ~t = e x p ( - 0 M) 0 -1 f'fillt in M. Fiir den Variationskoeffizienten V K (Y) yon Y ergibt sich VK (y)2 =/~2//~2 _ 1 = 2 exp (0 M ) - 1, und dies w~chst mit M. b) Die Pareto-Verteilung mit den Parametern a, x o hat die Dichte a ( x ' ] -'a+',, X -'~ - - -- X>X O. Xo \Xo/ Wit betraehten nur Selbstbehalte gr6Ber als Xo und a > 2. Zun~ehst gilt ,k(M) : = ~ xk a ( x y " + u xo \Xo/ ~'dx = a x~ ~ x k - ' - ~ d x = a x~ M ~ _ . , k < a , M a-k Die Nettorisikopr~imie oo a 1) dx -- \Xo/ = e I ( M ) - M ~~ a ax~Ml_a a-1 Max~ 9 a M- a ist fallend in M. Da der Variationskoeffizient nicht yore Skalenparameter x o abhfingt, geniigt es, den Fall • = 1 zu betrachten. Dann berechnet sieh ~2 so: ~2 = S (x 2 - 2 M x+MZ) ax-C"+ 1~dx M a a =e2(M)-2M eI(M)+M2 e~ a-2 -2-+!a-1 Mz-~-2M a-I Mt-*+M2 M-" " Damit wird a 2 a-1 ' und dies ist wachsend in M. Aufgabe 2. Welehe Bedeutung hat der Anpassungskoeffizient? "Con welchen Gr613en hfingt er ab? Wie h/ingt er konkret yon der Bestandsgr6Be ab? (10) L6sung: Der Anpassungskoeffizient R hat eine Bedeutung in der Ruintheorie, insbesondere bei der CramerLundberg-Abseh~itzung fiir die Ruinwahrseheinlichkeit. 206 (i) Bei diskreter Zeit betrachtet man stochastisch unabh~ingige und identisch verteilte Zufallsgr613en XI(X i i s t der Gesamtschaden f'tir das Jahr i) und eine konstante Jahrespr~imie c. Der Anpassungskoeffizient ist die positive L6sung der Gleichung E exp (R (X 1- c ) ) = 1. Damit gilt nach Cramer und Lundberg f'tir die Ruinwahrscheinlichkeit ~ (s) bei Startkapital s: ~k(s) = P {es gibt ein n mit ~ X i > n c + s} < exp ( - R s). i=l Er h~ingt ab von der Verteilung von X1 und yon c. (ii) Bei stetiger Zeit betrachtet man den klassischen Lundberg-SchadenprozeB S (t), t > 0, N(t) S (t) = )Z X i (N (t): Anzahl der Sch~iden bis t) i=l mit Parametern 2 (Intensit~it), Q (Schadenh6henverteilung) und c (Pr~imienintensit~it), und hier ist der Anpassungskoeffizient die positive L6sung der Gleichung /l + R c = 2 S exp (R x) Q (dx). Er h~ingt ab von 2, Q undc. Hier ist die Absch~itzung analog: ~(s)=P{es gibt ein t m i t S ( t ) > c t + s } < e x p ( - R s ) . R ist unabh~ingig vonder Bestandsgr6~. Das ist im stetigen Fall so zu begriinden: VergrfBert man den Bestand um den Faktor k, dann wird 2 zu 2 k undc wird zu c k, wfihrend Q unver~indert bleibt. Die Definitionsgleichung fiir den Anpassungskoeffizienten des neuen Bestandes lautet dann 2k+Rck=2k S exp (R x) Q (dx), und diese ist ~iquivalent zur Definitionsgleichung im urspriinglichen Bestand. Im diskreten Fall argumentiert man so: Ein groBer Bestand entsteht durch Zusammenlegen zweier ~iquivalenter Best~inde, die Jahresgesamtsch~iden dieser beiden Teilbest~inde sind Yi und Z i, die Pr~imien sind c v und c z, die Anpassungskoeffizienten sind in beiden Teilbest~inden gleich R. Die Teilbest~inde werden als stochastisch unabh~ingig angenommen. Dann ist R auch L6sung der Gleichung fiir den Anpassungskoeffizienten des groBen Bestandes: E exp(R (Y1 + Z 1 - c v - C z ) ) = E exp(R (Y1 +Cv)) E exp(R (Z 1-Cz)) = 1. Aufgabe 3. In der Tabelle A B C D E F G 1 3 3 2 3 4 3 2 3 4 5 6 7 1 2 4 6 3,2 2,96 4 3 2 1 2,6 1,04 1 3 2 4 2,4 1,04 2 4 1 1 2,2 1,36 2 1 0,5 2 1,9 1,44 2 2,6 1,9 2,8 2,46 1,568 0,4 1,2 1,04 1,44 3,76 1,568 7,81 sind in den Feldern A 1 bis E 5 der jeweilige Schadenbedarf verschiedener Risiken angegeben, und zwar aufgeschliisselt nach Merkmal I mit Auspr/igungen A bis E und nach Merkmal II mit den Auspr/igungen 1 bis 5. Welche G r 6 ~ stellt eine Entscheidungshilfe dar fiir die Frage, ob die Nettorisikopr/imie nach Merkmal I oder nach Merkmal II differenziert werden soil? Wie lautet Ihre Empfehlung? Die Zeile 6, A bis E, enth~ilt den jeweiligen mittleren Schadenbedarf aller Risiken mit Merkmal I, Auspr/igung A bis E. Die Spalte F, 1 bis 5, enth~ilt den jeweiligen mittleren Schadenbedarf aller Risiken mit Merkmal II, Auspr/igung 1 bis 5. Zeile 7 und Spalte G enthalten die zugehfrigen 207 mittleren quadratischen Fehler. F7 und G6 sind die Mittel dieser mittleren quadratischen Fehler, also z. B. G6=(G1 +... +G5)/5. SchlieBlich ist G7 das arithmetische Mittel aller quadrierten Schadenbedarfe, und F6 ist das arithmetische Mittel aller Schadenbedarfe. (20) L6sung: Als Entscheidungshilfe wird die Summe der entsprechenden Fehlerquadrate und die Anzahl der Parameter benutzt. Sind Xlj die 25 Beobaehtungen und/iij die geschiitzten Erwartungswerte im Modell, so ist diesr Summe S : = ~ (Xij--/iij)2/25. i,j Im einfachsten Modell #,j = # ist/iij = 2,46, und So : = S = 7,81- 2,462= 1,7584. Die Zahl der Parameter ist hier 1. Im Modell I, in dem nur nach Merkmal I differenziert wird, also #ij =#i, wird 1 und damit ist SI : = S = 1,568. Derselbe Weft ergibt sich f'tir Merkmal II: Sn = 1,568. Die Zahl der Parameter ist hier 5. Im vollen Modell mit 25 Parametem ist Sv := S=0. Der Genauigkeitsgewinn pro zus/itzlichem Parameter ist demnach (1,7584-1,568)/4 = 0,0476 beim Obergang vom einfachsten Modell zum Modell I (oder II), und 1,568/20 = 0,0784 beim Obergang vom Modell I (oder II) zum voUen Modell. Man kann daher empfehlen, die Differenzierung nach beiden Merkmalen durchzuffihren. Aufgabe 4. Ein Erstversicherungsunternehmen erh/ilt fiir die Versicherung eines Haftpflichtrisikos mit Dekkungssumme DM 2.000.000 eine bedarfsgerechte Nettorisikoprgmie von DM 10.000. Ein Rfickversicherer iibernimmt von diesem Risiko pro Schaden den DM 500.000 iibersteigenden Betrag. Welcher Betrag steht dem Riickversicherer als Nettofisikopr~imie unter den Voraussetzungen zu, dab (i) die Sch/iden des Risikos einer Exponentialverteilung folgen und (ii) die mittlere Entsch/idigung des Versicherungsnehmers DM 500.000 betr~igt? (20) Hinweis: 0=0,00196 ist L6sung von 500 0= 1 - e x p ( - 2 . 0 0 0 0). LO'sung: Zur Vereinfachung der Schreibweise verwenden wir die Geldeinheit 1.000 DM. Dann wird die Schadenh6he des Risikos beschrieben durch eine Zufallsvariable X, die exponentialverteilt ist derart, dab die geleistete Entsch~idigung des Erstversicherers Y =rain (X, 2000) den Erwartungswert 500 hat, also 2.000 EY= S x0exp(-0x)dx+2.000 0 ~ 0exp(-0x)dx=500 2.000 erfiillt. Die Formelsammlung ergibt wegen E Y = E X - P {X > 2.000} E (X I x > 2.000) + 2.000 P {x > 2.000) 208 den Wert 1 E Y = ~ (1 - exp (-2.000 0)), und dies hat nach dem Hinweis den Wert 500 fiir 0 = 0,00196. Die Nettorisikopr/imie des Erstversicherers ist I0, also ist die mittlere Schadenanzahl 0,02. Gefragt ist nach der Nettorisikopr/imie des Riickversicherers 0,02 E ( Y - 500) +. 2.000 E(Y-500) += co S (x-500)0exp(-0x)dx+l.500 500 = ~ 0exp(-0x)dx 2. 0 0 x0exp(-0x)dx+l.500 _ 0exp(-0x)dx exp(-5000) 1.500 1 = ~ (1 - e x p (-1.500 0)) exp ( - 5 0 0 O) = ~ (1-exp(-2.000 0 ) ) ( 1 - 1 "1 -exp e x~p((--- 52.000 _0 0 0)0)/ = 500" (1 - 0,6374) = 181,3. Die Nettorisikopr/imie fiir den Riickversicherungsvertrag betr/igt somit 0,02x 181,3 x 1000= 3.626 DM. Die letzte Zeile der obigen Formeln hat gerade die Form Pr/imie mal Entlastungskoeffizient. Aufgabe 5. Berechnen Sie aus den folgenden Schadenzahlungen Sik (gezahlt im Abwicklungsjahr k fiir Sch/iden aus dem Jahre i) die voraussichtliche Schadenzahlung des Jahres 1995 fiir alle Sch/iden aus den Jahren 1992 bis 1994, und zwar nach der Chain-Ladder-Methode. Anfalljahr 1 2 3 4 1991 1992 1993 1994 20 30 10 30 30 40 60 30 10 20 (20) L6sung: Die Chain-Ladder-Methode wird nicht auf die Schadenzahlungen, sondern auf die kumulierten Schadenzahlungen angewandt. Diese Daten sind i\k 1 2 3 4 1991 1992 1993 1994 20 30 10 30 50 70 70 80 80 100 Die Multiplikatoren werden gesch/itzt durch die Quotienten der (verkiirzten) Spaltensummen, also ~1 = (50 + 70 + 70)/(20 + 30 + 10) = 190/60 = 3,167 i~2= (80 + 80)/(50 + 70) = 160/120 = 1,333 33=100/80=1,25. 209 Wir erhalten als Sch~itzer der kumulierten Schadenzahlungen die Werte der folgenden Tabelle: i\k 2 1992 1993 1994 3 4 100 93,33 95 Im Jahr 1995 sind folgende Schadenzahlungen geschiitzt: aus 1992 20 DM, aus 1993 23,33, aus 1994 65 DM, also insgesamt 108,33 DM. Zusatzaufgabe. a) Welehe Eigenschaften hat das Varianzprinzip Risikopr~imie (X) = E X + b Var (X) ? b) Wie kann man b mit ruintheoretischen Oberlegungen bestimmen? (15) L6sung : a) Das Varianzprinzip ist additiv, d.h., sind X, Y stochastisch unabh/ingig, so gilt Risikopr~imie (X + Y) = Risikopr/imie (X) + Risikopr/imie (Y) wegen Var (X + Y) = Var (X) + Var (Y) und E (X + Y) = E X + E Y. Der Faktor b ist positiv, und damit ist stets Risikopr~imie (X) > E X. b) Die ruintheoretische Begriindung fiir den Faktor b basiert auf dem Anpassungskoeffizienten R, mit dem man die Ruinwahrscheinlichkeit ~b(s) absch/itzen kann: ~b(s) < exp ( - R s). Ist das Startkapital s gegeben und 6 die tolerierte Ruinwahrscheinlichkeit, dann erreicht man die Einhaltung der Ruinwahrscheinlichkeit 6, wenn man die Pr/imie II so w~ihlt, dab der zugeh6rige Anpassungskoeffizient R der Gleichung R = - log (6)/s =: a geniigt. Dies ist der Fall, wenn die Pr~imie nach dem Exponentialprinzip mit Risikoaversion a gew~ihlt wird, also II = 1_ log E exp (a X). a Ftir kleines a (dies ist der praktisch vorkommende Fall) kann man rl approximieren durch die Pr/imie nach dem Varianzprinzip mit Faktor b = a/2, die entstehende Pr/imie rlv (X) = E X + 2 Var (X) erfiillt dann 11-I- rlv[ < ~ E [X 3 exp (a X)]. Aus ruintheoretischen Oberlegungen ergibt sich also die Empfehlung b = - log (8)/(2 s). 210 KlausuraufgabendesJahres 1996 In der Klausur des Jahres 1996 waren folgende Aufgaben zu 16sen; die erreichbare Punktzahl war 120, und die Klausur wurde als bestanden gewertet, wenn 36 Punkte erreicht wurden. Aufgabe t. Betrachten Sie zwei Risiken mit Verteilungen P{X x =0} =0,9; P{X2=0 } =0,8 P{X~ >t} =0,1 e x p ( - t ) ; P{X2 >t} =0,2(1 +t) -3. Zeigen Sie, dab beide Risiken gleichen Mittelwert und gleiche Varianz besitzen. Vergleichen Sie die beiden Risiken mit Hilfe der Semivarianz E [ ( X - E X)+]2 = E ( X - E X ) 2 I ( X > E X ) . [ Welches der Risiken ist das gef'fihrlichere? Benutzen Sie im zweiten Teil der Aufgabe die Relation ~ (x-0,1) 2 .,01 dx = Ti" O,1 (30) L#sung: Fiir den ersten Teil geniigt es zu zeigen, dab E X t = E X 2 und E X 2 = E X~2 gilt. Es ergibt sich 1 E X I = 0 , 1 ; EX2=0,2 3--~ =0,1 EX2=0,1 92=0,2; E X2 =0,2 2 =0,2. (3 - 1) (3 - 2) Fiir die Semivarianz des ersten Risikos erhalten wir E ( ( X 1 - E X 0 + ) 2 = 0 , 1 ~ (x-0,1) 2 e x p ( - x ) dx 0,1 oo =0,1 exp(--0,1) S X2 exp(--x) dx 0 =0,1 92 - exp(-0,1)=0,1809675 und fiir das zweite Risiko ergibt sich nach Anleitung E((X2-EX2)+)2=0'2 o.lS(x-0,1) 2 ~ 10 2 =0,2 . . . . 11 11 3 dx 0,1818... Das zweite Risiko hat die gr6Bere Semivarianz, es ist demnach das gef'~ihrlichere. Aufgabe 2. Ein Versicherungsunternehmen hat einen Bestand von 1.000 unabh~ingigen, identisch verteilten Risiken, bei denen pro Periode mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,1 jeweils ein Schaden auftritt. Dieser besitzt eine exponentialverteilte Schadenh6he mit dem Erwartungswert 500. Mit der komplement/iren Wahrscheinlichkeit von 0,9 tritt kein Schaden in der Periode auf. Die Risikopr/imie 211 betr~igt 60 pro Periode. Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit, dab der Gesamtschaden des Bestands die Summe aus der Anfangsreserve in der H6he von 10.000 und der gesamten Pr~imieneinnahme iibersteigt. Die Verteilung des Gesamtschadens wird hierbei (in guter N/iherung) nach dem zentralen Grenzwertsatz als normalverteilt angenommen. (30) Lb'sung Die Zufallsvariable X beschreibe ein einzelnes versichertes Risiko. Fiir die Verteilungsfunktion F (x) = P (X < x) von X gilt: F (x) = ~0 x<0 ,9 x =0 ~0,9+0,1 9( 1 - e -'/5~176 x > 0 1) Erwartungswert von X: E(X)= ~ xdF(x)=0+0,1 9 x 0 e-X/S~176 9 500=50. 0 2) Varianz von X: Hier benutzen wir V a r ( X ) = E ( X - a ) 2 - ( a - E X ) Y ~ Exp (0): Var (X)=0,9 9(0-50)2+0,1 9 ! (x-50)2 =0,9"502+0,1 9 2 und Var(Y)=l/02 fiir e -'/s~176 dx 1 ( i (X-- 500)2 ~--~ e - =/soo dx + ( 5 0 0 - 50) 2) / = 0,9" 502 + 0,1 9(5002 + 4502) = 502 (0,9 + 0,1 9(102 + 92)) = 2.500(0,9 + 18,1)= 2.500.19=47.500. 3) Die Summe S von 1.000 unabh/ingigen, identisch wie X verteilten Risiken ist n/iherungsweise normalverteilt mit dem Erwartungswert # = 1.000 9 50 = 50.000 und der Varianz tr2 = Var (S) = 1.000" 47.500 = 47.500.000 Als Wahrscheinlichkeit, dab die Schadenzahlungen die Summe aus Pr/imieneinnahmen von 60.000 und der Anfangsreserve von 10.000 iibersteigt (Einperiodenruin) betr/igt P (S > 70.000) = 1 - P (S < 70.000) P ( S-50.000 70.000- 50.000~ ~ 1 - P (Y_< 2,902) mit der standardnormalverteilten Zufallsvariable Y= S - 50.000 ,4/47.500.000 (Erwartungswert 0 und Standardabweichung 1), die durch die bekannte Transformation aus S hervorgegangen ist. Aus der Tabelle der Standardnormalverteilung folgt: P (Y < 2,902) = 0,99815 und damit betr/igt die Einperiodenruinwahrscheinlichkeit 1,85 Promille. 212 A ufgabe 3. Fiir ein Risiko X, welches eine Poissonsehe Summenverteilung mit Intensitfit 2 > 2 und Schadenh6henverteilung U (0,1) (die Gleichverteilung auf (0,1)) besitzt, wird eine Grundprfimie p verlangt. Am Ende der Versicherungsperiode wird per Beitragsriickgewfihr erstattet (i) p/2 wenn kein Schaden gemeldet wurde, (ii) (p-x)/2 wenn ein einzelner Schaden der H6he x < p gemeldet wurde. Welche Grundprfimie ergibt sich als Nettorisikoprfimie, so dab die Entsch/idigung und die Pr/imie im Mittel iibereinstimmen? Wie groB ist die Prfimie fiir 2 = 3? (20) LiJsung: Fiir die Entsch~idigung ergibt sich der Erwartungswert E X = 2/2 > 1. Fiir die Grundpr~imie p gilt damit p > 1, da Schadenzahlungen und dariiberhinaus Beitragsriickgew~ihr zu leisten ist. Der Erwartungswert fiir die Prfimienzahlung bei Grundpr~imie p ist im Falle p > 1 p lp+x - e x p ( - 2 ) + 2 exp(-2) ~ [ - - ~ dx +p(1 - exp ( - 2 ) - 2 exp(-2)) 2 = 2~e x p ( - 2 ) + p ( 1 - 1 e x p ( - 2 ) - ~ 2 e x p ( - 2 ) ) . 4 \ z Der Ansatz Erwartungswert yon X = Erwartungswert der PNimienzahlung liefert als Bestimmungsgleichung f'tir p: ~=~e- +pkl-~ J oder 2 1 - ~l e - 2 P = ~ 1 - i e1 -~ - 3 12 e-Z" Fiir 2= 3 ergibt sich p ~ 1,62. Aufgabe 4. Das Portefeuille eines Versicherungsunternehmens setzt sich aus den folgenden Vertrfigen zusammen: Anzahl der Vertr~ige Versicherungssumme (VS) 100 300 4.000 10.000 Die Schfiden der Vertr~ige treten (stochastisch unabhfingig) jeweils mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,1 ein; mit der komplementfiren Wahrscheinlichkeit von 0,9 ist ein Vertrag jeweils schadenfrei. a) Berechnen Sic die Auswirkung der Schadenexzedentenriickversicherung hinsichtlich des Erwartungswerts und der Varianz des beim Erstversicherer verbleibenden Schadens bei einer Selbstbeteiligung (des Erstversicherers) in Hfhe yon 3.000, wenn im Schadenfall jeweils mit einer Wahrscheinlichkeit yon 0,5 ein Totalschaden bzw. ein Teilschaden in H6he der halben Versicherungssumme eintritt. Diskutieren Sic die Ergebnisse. b) Zeigen Sic, dab fiir den Fall, dab die Schadenh6hen gleichverteilte Zufallsvariable auf dem Intervall von Null bis zur Versicherungssumme sind (U (0, VS)), der Erwartungswert des auftretenden Schadens gegeniiber a) gerade 2/3 ausmacht (unabhfingig yon der Versicherungssumme). (20) 213 Li~sung: Erwartungswert des Gesamtschadens des Kollektivs beim Erstversicherer ohne Riickversicherung: 100. (0+0,1 9(0,5- 2.000+0,5.4.000)) + 3 0 0 - ( 0 + 0 , 1 9(0,5" 5.000+0,5.10.000)) = 100. 300 + 300- 750 = 255.000. Varianz des entsprechenden Gesamtschadens ohne Riickversicherung: 100.(0,9. 3002 +0,1 9(0,5.1.7002 +0,5" 3.7002)) + 300. (0,9 97502+ 0,1 9 (0,5.4.2502+ 0,5 99.2502)) = 100. 910.000+300.5.687.500= 1.797.250.000. a) Beim Erstversicherer ergibt sich fiir das Kollektiv bei einer Riickversicherung mit einer Selbstbeteiligung yon 3.000 des Erstversicherers als Erwartungswert des Gesamtschadens: 100. (0+0,1 9(0,5 - 2.000+0,5 9 3.000)) +300. (0+0,1 9(0,5 93.000+0,5 93.000)) = 115.000 und als Varianz des Gesamtschadens: 100. (0,9 902+ 0,1 9(0,5 9 2.0002+ 0,5" 3.0002) -2502) + 300 9(0,9 902 + 0,1 - 3.0002 - 3002) = 301.750.000. Variationskoeffizient ohne Riickversicherung: x/1.797.250.000 =0,1663 255.000 Variationskoeffizient mit Riickversicherung: x/301.750.000 =0,1511. 115.000 Der Variationskoeffizient nimmt dutch die Riickversicherung also ab, d. h. das Risiko des Erstversicherers wird kleiner. b) Erwartungswert des Schadens im Fall a) allgemein f'fir eine Versicherungssumme VS 3 Erwartungswert des Schadens bei der Versicherungssumme VS im Fall, dab die Sch/iden auf dem Intervall (0, VS) gleichverteilt sind fl=0,1!x dx=0'I'I'vs2 Damit gilt fl/~ = 2/3. Aufgabe 5. Die kumulierten Kosten (in Geldeinheiten) Cik fiir Sch~iden der Anfalljahre 1990-1995 einschlieBlich der entsprechenden Pr~imienzahlungen Pt (fiir einen gleichbleibenden Bestand) sind in dem folgenden Abwicklungsdreieck wiedergegeben (Anfalljahr i, Abwicklungsjahr k): 214 Cik AnfalUahr i Prfimie k=l k=2 k=3 k=4 k=5 k=6 1990 1 100. 28 62 86 96 104 107 104 107 1991 2 105 34 66 91 1992 3 115 34 67 91 105 1993 4 120 32 72 95 1994 5 125 41 80 1995 6 130 41 a) Wie groB waren die Schadenzahlungen der Anfalljahre 1992 bzw. 1993 im Jahr 1995? b) Sch/itzen Sie die IBNR-Riickstellungen fiir die Anfalljahre 1991 und 1992 mit dem Chain-LadderVerfahren (auf 2 Nachkommastellen genau). c) Berechnen Sie mit dem Chain-Ladder-Verfahren einen Sch/itzwert der Schadenzahlungen im laufenden Jahr 1996 fiir Sch/iden des Anfalljahres 1992 (auf 2 Nachkommastellen genau). d) Sch/itzen Sie die Schadenquote des Jahres 1990 (mit stichwortartiger Begriindung). e) Zeigen Sie, dab (1-1/(~, +1-i' i~n+2-i" '''" ~n-1))Pt als Sch/itzwert fiir R i verwendet werden kann, wenn C i . ~ C i n ~ P i gilt. (20) L6sung: a) Die Schadenzahlungen des Anfalljahrs 1992 betrugen im Jahr 1995 C 3 4 - C33 = 105-91 = 14. Die Schadenzahlungen des Anfalljahrs 1993 betrugen im Jahr 1995 C 4 3 - C42 = 9 5 - 72 = 23. b) Die Entwicklungsfaktoren [sund i~4 betragen: 107 t5 = 1 ~ = 1,03 i~4= 104 + 107 = 1,06. 96+104 AIs Schfitzung fiir die IBNR-Riickstellungen fiir das Anfalljahr 1991 erh/ilt man damit: 15,2 = (i s - 1)- Cz5 = 3,21 und als Sch/itzung fiir die IBNR-Riickstellungen fiir das Anfalljahr 1992: 15"3=(~4" i~5-1) " C34 =9, 64c) Als Sch/itzung (~35 von C35 erh/ilt man (~35=~a 9C34= 111,3 und daraus als Sch/itzung $35 der Zahlungen $35 im Jahr 1996: $35 = t~-35- C34 = 111,3-105 = 6,3. d) Die Beriicksichtigung einer Diskontierung von z. B. 5% fiir die im Laufe von 6 Jahren geleisteten Zahlungen jeweils in der Jahresmitte, ergibt in erster N/iherung einen Barwert der Schadenzahlungen von 28 34 24 10 8 3 ~1'05~ + ~ +~ +~ +~ + 1,055.5 =97,32. Die Schadenquote betr/igt also Barwert der Schadenzahlungen Pr/imieneinnahmen 97,32 -=97,32%. 100 215 e) Es gilt ) 1 1 L+,-,-L+2-1 i' 9 "" " " n - l / k + l - , " i'.+2-x 9 ... 9L - 1 - 1 c,,.+1_, m Pi= ~~-.+~-i'~.--~-17--.'-~.-~" C i . + l - i Pi Pi =(L+I-i" L+2-1" ''""~n-I--I) Cl,n+ l_i.A . i+nl_i ~ Ci~Z~ ~ Pi Zusatzaufgabe. Die mit einem versicherten Risiko verbundene Gesamtschadenh6he einer Periode sei eine auf dem Intervall (0, 1.000) gleichverteilte ZufaUsvariable (U (0, 1.000)). a) Berechnen Sie den Erwartungswert des Schadens, der vom Versicherungsuntemehmen bei einer Abzugsfranchise von 200 zu tragen ist. b) Wie hoch ist eine Integralfranchise anzusetzen, damit das Versieherungsuntemehmen den gleichen Schadenerwartungswert wie in a) zu tragen hat. c) Berechnen Sie den Variationskoeffizienten von a) und b) und diskutieren Sie die Ergebnisse. d) Fiir ein Risiko sind die folgenden Werte einer Schadenentlastungskurve bekannt (Diese bezieht sich nicht auf das oben angegebene Risiko): 0,1 r(0,5)=0,8, r(0,6)=0,8+(1-0,8). 1-0,5 =0,84 Was bedeuten diese Werte, und was kann aus diesen Angaben abgeleitet werden? Begriinden Sie Ihre Antwort. (15) Li~sung: Die Zufallsvariable X bezeichne die Schadenh6he des versicherten Risikos. Die Zufallsvariable Y bezeichne den vom Versicherungsunternehmen zu tragenden Schaden nach Beriicksichtigung einer Abzugsfranchise der H6he 200. a) E(Y)= 1.~176176 x - 2 0 0 dx= si o ~ S --dx= 200 1.000 1 1. 1 1.000 2 x2 Ii~176~ 8002 - --=320. 1.000 b) Die Integralfranchise sei a; sei ferner Ya der vom Versicherungsunternehmen zu tragende Schaden nach Beriicksichtigung einer Abzugsfranchise der H6he a. Dann lautet die Bestimmungsgleichung fiir a: 1.ooo S, 320=E(Y,)= I 1 1 y~dY=l.0002Y2 1.ooo a 1 I = ~ 1.000 (1.0002 - a 2) oder a = x/1.0002 - 320.2- 1.000 = 600. c) Var (Y) = E ( y 2 ) 1.000 _ (E (y))2 = 1 J" (y-- 200) 2 d y - 3202 200 I~" y2 ~ ~ = s~176 216 d y - 3202 = ~ I Y3 i~176 - 3202 -- 68.266,67. 1.000 Var (Y.) = E ( y z)_ (E (y.))2 = ooo S y2 , ~ 1 dy_3202 = 1.000 y3 1 476.800 = 5 (1003-603)-32023 =158.933,33. Die Variationskoeffizienten sind somit V(Y)= ~ V(Y,)- v =0,816, 320 320 - _ 1,246. Der Variationskoeffizient bei der Integralfranchise ist deutlich gr6ger (unabh/ingig von den risikovergr6flemden Auswirkungen des moralischen Risikos und des Betrugsrisikos bei der Integralfranchise). Das Risiko bei der Integralfranchise ist gr613er, da gegeniiber dem Fall tier Abzugsfranchise bei gleichem Sehadenerwartungswert tendenziell h6here Sch/iden mit kleineren Wahrscheinlichkeiten auftreten. d) r(0,5)=0,8 bedeutet, dab bei einer Abzugsfranchise in H6he der halbert Versicherungssumme (VS) dem Versicherungsnehmer ein Erwartungswert in H6he von 80% des Schadenerwartungswerts verbleibt. Aufgrund der Konkavit/it yon r(. ) stimmt r(a) fiir mit der Verbindungsgeraden yon (0,5, r(0,5)) nach (1,1) iiberein, wenn ein weiterer Punkt auf dieser Verbindungsgeraden liegt, wie dies mit (0,6, r(0,6)) tier Fall ist. Dieser unmittelbar einsichtige Sachverhalt kann z.B. mit Hilfe eines Widerspruchsbeweises leicht gezeigt werden. 217