209 Finite Elemente I 6 Abweichungen von Galerkin-Schema Die bisherige Konvergenzanalyse ist insofern idealisiert, als dabei in der Praxis unvermeidbare Abweichungen vom Galerkin-Verfahren unberücksichtigt blieben. Die häufigsten Abweichungen: 1. Die Integrale werden nur näherungsweise mittels Quadraturformeln ausgerechnet, d.h. Bilinear- und Linearform des diskreten Problems approximieren lediglich die des kontinuierlichen Problems. 2. Anstelle eines krummlinig berandeten Gebietes Ω wird eine polygonale Approximation Ωh verwendet, d.h. V h 6⊂ V aufgrund unterschiedlicher Definitionsgebiete. 3. Die Funktionen in V h besitzen nicht die erforderlichen stetigen Übergänge zwischen Elementen, d.h. V h 6⊂ V . Wir untersuchen hier 1. und 2. 6 Abweichungen von Galerkin-Schema TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 210 Finite Elemente I 6.1 Numerische Integration Die Berechnung der bei der Assemblierung auftretenden Integrale ist oft zu aufwändig (bei komplizierten Elementen) oder unmöglich (etwa bei nicht geschlossen integrierbaren Koeffizientenfunktionen). Man behilft sich deshalb zur Approximationen der Integrale mit Quadraturformeln der Bauart Z f (x ) dx ≈ K m X (6.1) γi f (xi ) i=1 mit Knoten xi = xiK ∈ K und Gewichten γi = γiK > 0 und erhält somit Näherungen Z f (x ) dx = Ω 6.1 Numerische Integration X Z K∈Th K f (x ) dx ≈ m X X γiK f (xiK ). K∈Th i=1 TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 211 Finite Elemente I 6.1.1 Quadraturformeln Bei affinen Familien können alle Integrale auf solche über ein Referenzeleb zurückgeführt werden. Daher genügt es in diesem Fall, Quadraturment K formeln für Referenzelemente zu betrachten. Quadraturformeln klassifiziert man nach deren Exaktheitsgrad, d.h. dem höchsten Polynomgrad der durch eine Formel noch exakt integriert wird. Eine Quadraturformel für zwei Raumdimensionen besitzt also Exaktheitsgrad d ∈ N0 , falls Z m X ξ j η k dξdη = γi ξij ηik ∀j, k : j + k ≤ d. b K i=1 Beispiel: Im Anhang werden die Gauß-Quadraturformeln für eindimensionale Integrale behandelt. Diese besitzen bei m Knoten und Gewichten den (maximalen) Exaktheitsgrad d = 2m − 1. 6.1 Numerische Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 212 Finite Elemente I Konstruktion von Quadraturformeln: Bei Newton-Cotes-Quadraturformeln werden die Knoten xi vorgegeben und die Gewichte γi so gewählt, dass ein möglichst hoher Exaktheitsgrad erreicht wird. Vorausgesetzt die Knoten sind so gewählt, dass sie ein eindeutiges Interpolationspolynom definieren (etwa wie in Satz 4.5 bzw. Satz 4.8) so sind für Exaktheitsgrad d höchstens n = (d + 1)(d + 2)/2 Knoten erforderlich. Bei Integrationsgebieten mit Symmetrien reichen oft auch weniger Knoten aus. Bei Gauß-Quadraturformeln wird neben den Gewichten auch die Lage der Knoten zur Maximierung des Exaktheitsgrades variiert. Dies führt oft zu wesentlich weniger Knoten als bei Newton-Cotes Formeln gleicher Exaktheit. Diese stimmen aber meist nicht mit Knoten für Freiheitsgrade überein. 6.1 Numerische Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 213 Finite Elemente I Einige Newton-Cotes Formeln für das Referenzdreieck Bei den folgenden Beispielen für Quadraturformeln bezeichnet d den Exaktheitsgrad, m die Anzahl Knoten und A = 1/2 die Fläche des Referenzdreiecks. Die Knoten werden sowohl in kartesischen als auch baryzentrischen Koordinaten angegeben. Letztere sind affin invariant, die Formel kann daher auch auf beliebige Dreiecke angewandt werden (nur A muß angepaßt werden). (1) d = 1, m = 1 x1 = ( 13 , 13 ) = ( 31 , 13 , 13 ) Schwerpunktregel“ ” γ1 = A 6.1 Numerische Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 214 Finite Elemente I (2) d = 2, m = 3 x1 = ( 12 , 0) = ( 12 , 12 , 0) γ1 = γ2 = γ3 = A/3 x2 = ( 21 , 12 ) = (0, 12 , 12 ) x3 = (0, 12 ) = ( 12 , 0, 12 ) (3) d = 3, m = 7 x1 = ( 31 , 13 ) = ( 13 , 31 , 13 ) γ1 = 27A/60 x2 = (0, 0) = (1, 0, 0) γ2 = γ3 = γ4 = A/60 x3 = (1, 0) = (0, 1, 0) x4 = (0, 1) = (0, 0, 1) x5 = ( 12 , 12 ) = (0, 12 , 12 ) γ5 = γ6 = γ7 = 8A/60 x6 = (0, 21 ) = ( 12 , 0, 12 ) x7 = ( 21 , 0) = ( 12 , 12 , 0) 6.1 Numerische Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 215 Finite Elemente I Einige Gauß-Formeln für das Referenzdreieck Hier geben wir zum Vergleich nur d, m und die Lage der Knoten an. 6.1 Numerische Integration d = 2, m = 3 d = 3, m = 4 d = 4, m = 6 d = 5, m = 7 d = 6, m = 12 d = 7, m = 13 TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 216 Finite Elemente I (Quelle: Die genauen Knoten und Gewichte sind zu finden in G. R. Cowper: Gaussian Quadrature Formulas for Triangles. Int. J. Num. Meth. Eng. 7 (1973) 405–408 oder im Buch von Hughes.) Zur Kontrolle der Exaktheitsgrade (Fehlersuche) ist folgende Formel für beliebige Dreiecke K mit Flächeninhalt A hilfreich: Z 2A α! 2A α1 ! α2 ! α3 ! α1 α2 α3 = . λ1 (x ) λ2 (x ) λ3 (x ) dx = (α + α + α + 2)! (|α| + 2)! 1 2 3 K Dabei sind λi (x ), i = 1, 2, 3, die baryzentrischen Koordinaten von x und αi ∈ N0 . 6.1 Numerische Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 217 Finite Elemente I Quadraturformeln für Rechtecke Bei Rechtecken werden fast ausschließlich sog. Produktformeln verwendet, welche durch Kombination eindimensionaler Quadraturformeln resultieren: wendet man die Formel Z 1 m1 X f (ξ) dξ ≈ γi f (ξi ) −1 i=1 b = [−1, 1]2 sukzessive auf an auf ein Integral über das Referenzelement K beide Teilintegrale an, erhält man mit Z 1 Z 1 Z f (ξ, η) dξdη ≈ −1 −1 m1 1 X −1 i=1 γi f (ξi , η) dη ≈ m1 m1 X X γi γj f (ξi , ξj ) i=1 j=1 b mit m = m2 Knoten (ξi , ξj ) und Gewichten eine Quadraturformel für K 1 γi γj , i, j = 1, . . . , m1 . 6.1 Numerische Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 218 Finite Elemente I Besitzt die eindimensionale Formel Exaktheitsgrad d, so erkennt man sofort durch Einsetzen von Monomen ξ k η ` für f , dass die Produktformel alle Polynome exakt integriert, welche in jeder Variablen höchstens Grad d haben, also genau die Polynome aus Qd . (4) Produkt-Trapezregel, m1 = 2: m = 4, exakt für Q1 x1 , . . . , x4 = (±1, ±1), 6.1 Numerische Integration γ1 = · · · = γ4 = 1 TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 219 Finite Elemente I Verwendet man etwa Gauß-Legendre Formeln mit m1 Knoten, so integriert die zugehörige Produktformel mit m21 Knoten alle Polynome in Q2m1 −1 exakt. (5) Produkt-Gauß-Legendre Formel, m1 = 2: m = 4, exakt für Q3 √ r = 1/ 3 x1 , . . . , x4 = (±r, ±r), 6.1 Numerische Integration γ1 = · · · = γ4 = 1 TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 220 Finite Elemente I (6) Produkt-Gauß-Legendre Formel, m1 = 3: m = 9, exakt für Q5 p r = 3/5 x1 , . . . , x4 = (±r, ±r), γ1 = · · · = γ4 = 25/81 x5 , x6 = (±r, 0) 6.1 Numerische Integration x7 , x8 = (0, ±r), γ5 = · · · = γ8 = 40/81 x9 = (0, 0), γ9 = 64/81 TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 221 Finite Elemente I Es gibt aber auch Nichtproduktformeln mit weniger Knoten bei gleichem Exaktheitsgrad: Untenstehende Formel besitzt Exaktheitsgrad d = 5 bei m = 7 Knoten (Produkt-Gauß erfordert 9 Knoten) (7) x1 = (0, 0) 6.1 Numerische Integration γ1 = 2V /7 x2 , . . . , x5 = (±r, ±s) γ2 = · · · = γ5 = 5V /36 x6 , x7 = (0, ±t), p r = 3/5 √ s = 1/ 3 p t = 14/15 γ6 = γ7 = 5V /63 b V = |K| TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 222 Finite Elemente I 6.2 Auswirkung numerischer Integration Die entscheidende Erkenntnis hier ist, dass dieselbe Konvergenzordnung wie im Fall exakt berechneter Integrale auch beim Einsatz von Quadraturverfahren erreicht werden kann. Selbst in dem Fall, dass nur Polynome als Integranden auftreten, ist es nicht notwendig, dass die verwandte Quadraturformel diese exakt berechnet. Wir legen wieder die Voraussetzungen von Abschnitt 5.2 zugrunde. Sei V h ⊂ V eine Familie von FE-Räumen zum Grundraum V basierend auf Zerlegungen Th . Der Einsatz von Quadraturformeln führt dazu, dass anstelle der Variationsgleichung a(uh , v) = `(v) ∀v ∈ V h (6.2) eine modifizierte Variationsgleichung gelöst wird: ah (uh , v) = `h (v) ∀v ∈ V h . 6.2 Auswirkung numerischer Integration (6.3) TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 223 Finite Elemente I Dabei sind ah und `h eine Bilinear- bzw. Linearform auf V h , die durch die Approximation der auftretenden Integrale durch Quadratur entstehen, und die somit von Th , also h abhängen. Aufgrund der Punktauswertungen sind beide im Allgemeinen nicht auf ganz V definiert. Definition 6.1 Die Familie {ah : V h × V h → R} von Bilinearformen auf V h ⊂ V heißt gleichmäßig V h -koerziv, falls es eine (von h unabhängige) Konstante α e > 0 gibt mit ah (v, v) ≥ α ekvk2 ∀v ∈ V h , ∀h. Dabei bezeichnet k · k die Norm auf V . Gleichmäßige Koerzivität sichert damit auch die eindeutige Lösbarkeit der diskreten Probleme. 6.2 Auswirkung numerischer Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 224 Finite Elemente I Mit diesem Begriff können wir ein grundlegende Verallgemeinerung des Céa-Lemmas formulieren. Satz 6.2 (Erstes Strang-Lemma) Ist u die Lösung des Variationsproblems (6.2) mit koerziver und stetiger Bilinearform a und uh die Lösung des Variationsproblems (6.3) aus einer Familie mit gleichmäßig V h -koerziven Bilinearformen ah , so existiert eine Konstante K unabhängig von h mit |a(v, w) − ah (v, w)| ku − uh k ≤ K inf ku − vk + sup kwk v∈V h w∈V h |`(w) − `h (w)| + sup . kwk w∈V h 6.2 Auswirkung numerischer Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 225 Finite Elemente I Bemerkung: Im Vergleich zum Céa-Lemma, treten hier zwei weitere Terme auf der rechten Seite auf, die Konsistenzfehler der Approximationen von a und ` durch ah und `h . Letzterer spiegelt die Approximationsgüte der Quadraturformel wider. Für konkrete FE-Approximationen ist also zu prüfen, ob gleichmäßige Koerzivität vorliegt und der Konsistenzfehler für die jeweilige Bilinear- bzw. Linearform und FE-Raum abzuschätzen. 6.2 Auswirkung numerischer Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 226 Finite Elemente I 6.2.1 Ein Beispiel Wir betrachten den Fall einer Randwertaufgabe (6.2) in V = H 1 (Ω) gestellt auf einem Polygon Ω ⊂ R. Die Diskretisierung erfolge mit linearen Dreieckelementen bezüglich einer Familie Th regulärer Zerlegungen. Ferner sei ah = R a und die Linearform `h (v) resultiere aus der Approximation von `(v) = Ω f v dx durch eine Quadraturformel (6.1). Der zugehörige Fehler E(g) bei der Integration einer Funktion g auf dem b sei gegeben durch Referenzelement K Z m X E(g) := γi g(ξ i ). g(ξ) dξ − b K i=1 Die Substitutionsregel für ein beliebiges K ∈ Th liefert Z Z g(x ) dx = JK gb(ξ) dξ, K 6.2 Auswirkung numerischer Integration b K TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 227 Finite Elemente I b nach K, JK den Bewobei x = FK (ξ) die übliche affine Abbildung von K trag der Funktionaldeterminanten von FK bezeichnen und gb(ξ) = g(x (ξ)). (Die Dächer auf den Integranden werden im Folgenden weggelassen.) Wir erhalten somit für v ∈ V h `(v) = `h (v) = X Z JK f (ξ)v(ξ) dξ, K∈Th b K X m X K∈Th JK γi f (ξ i )v(ξ i ), i=1 und somit `(v) − `h (v) = (` − `h )(v) = X JK E(f v). K∈Th 6.2 Auswirkung numerischer Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 228 Finite Elemente I Zur Abschätzung des linearen Funktionals ` − `h benötigen wir einen Spezialfall einer Aussage, die als Bramble-Hilbert Lemma bekannt ist. (Beweis im II. Teil der Vorlesung, in allgemeinerer Formulierung) Satz 6.3 (Bramble-Hilbert Lemma, 1970) Ist Φ ein stetiges lineares Funktional auf H 1 (Ω), welches auf konstanten Funktionen v verschwindet, so gibt es eine von v unabhängige Konstante C mit |Φ(v)| ≤ C |v|1,Ω . Hierbei bezeichnet |v|1,Ω die H 1 (Ω)-Halbnorm Z |v|1,Ω = (vx2 + vy2 ) dx 1/2 . Ω 6.2 Auswirkung numerischer Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 229 Finite Elemente I Unter der Annahme, dass die verwendete Quadraturformel Exaktheitsgrad d ≥ 1 besitzt, werden konstante Funktionen exakt integriert und ` − `h verschwindet auf konstanten Funktionen. Liegt darüberhinaus f ∈ H 1 (Ω), so können wir Satz 6.3 anwenden und erhalten X JK |f v|1,Kb . |`(v) − `h (v)| ≤ C K∈Th Ferner kann man zeigen, dass |f v|1,Kb ≤ |f |1,Kb kvk0,Kb + kf k0,Kb |v|1,Kb . Ferner ergibt sich durch Umrechnung der Ableitungen −1/2 kf k0,Kb = JK kf k0,K , −1/2 |f |1,Kb ≤ ChJK |f |1,K und analog für v. 6.2 Auswirkung numerischer Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 230 Finite Elemente I Insgesamt erhalten wir |`(v) − `h (v)| ≤ Ch X |f |1,K kvk0,K + kf k0,K |v|1,K K∈Th ≤ Ch X (kf k20,K + |f |21,K )1/2 · (kvk20,K + |v|21,K )1/2 K∈Th = Ch X kf k1,K kvk1,K K∈Th ≤ Ch X kf k21,K K∈Th 1/2 X kvk21,K 1/2 K∈Th = Chkf k1,Ω kvk1,Ω . (Die zweite und dritte Ungleichung folgen aus der CS-Ungleichung für Summen.) 6.2 Auswirkung numerischer Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 231 Finite Elemente I Somit können wir den Konsistenzfehler in Satz 6.3 abschätzen durch (hier ist k · k = k · k1 ) |`(w) − `h (w)| sup ≤ Chkf k1 , kwk1 w∈V h der Konsistenzfehler ist also von der gleichen Ordnung wie der Diskretisierungsfehler ohne Quadraturfehler. Wir fassen zusammen: Satz 6.4 Gilt P1 ⊂ PK für alle Elemente von V h und wird die Linearform R `(v) = Ω f v dx , f ∈ H 1 (Ω), im Variationsproblem (6.3) mit ah = a durch eine Quadraturformel mit Exaktheitsgrad mindestens Null approximiert, so gilt für die Lösung uh von (6.3) ku − uh k1 ≤ Ch. 6.2 Auswirkung numerischer Integration TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 232 Finite Elemente I 6.3 Passende Quadraturformeln Wir geben nun, wieder unter den Voraussetzungen von Abschnitt 5.2, analoge Sätze an für die erforderliche Exaktheit von Quadraturverfahen, um die optimale Konvergenzrate bei Verwendung von Elementen höherer Ordnung zu erhalten. Der folgende Satz ist für Dreieckelemente anwendbar. Satz 6.5 Sei Pk ⊂ PK und die verwendete Quadraturformel besitze Exaktheitsgrad 2k − 2. Dann gilt ku − uh k1 ≤ Chk . 6.3 Passende Quadraturformeln TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 233 Finite Elemente I Folgende Satz ist auf Lagrange-Rechteckelemente, d.h. PK = Qk , anwendbar. Satz 6.6 Sei Pk ⊂ PK ⊂ Qk und die verwandte Quadraturformel integriere Polynome aus Q2k−1 exakt. Außerdem enthalte die Menge der Knoten der Quadraturformel eine Teilmenge, die Polynome aus P2k−1 ∩ Qk eindeutig bestimmt. Dann gilt ku − uh k1 ≤ Chk . 6.3 Passende Quadraturformeln TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 234 Finite Elemente I Beispiele. k = 1: Es gilt P1 ⊂ Q1 , die Formeln (4) und (5) integrieren beide Polynome in Q1 exakt. Ferner benutzen beide 4 Knoten, an denen Polynome vom P1 ∩ Q1 = P1 eindeutig festgelegt werden. k = 2: Hier müssen Polynome in Q3 exakt integriert werden, dies wird von Formeln (5) und (6) geleistet. Wegen P3 ∩ Q2 = span{1, ξ, η, ξ 2 , ξη, η 2 , ξ 2 η, ξη 2 } benötigt man acht geeignete Knoten, um diese zu bestimmen. Dies geht bei Formel (6), nicht aber bei Formel (5), die nur 4 Knoten besitzt. 6.3 Passende Quadraturformeln TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 235 Finite Elemente I 6.4 6.4.1 Randapproximation. Isoparametrische Elemente Approximation des Gebietes durch einen Polygonzug Zerlegt man ein krummlinig berandetes Gebiet Ω ⊂ R2 in Dreiecke, so wird der Rand Γ = ∂Ω durch eine stückweise lineare Kurve – also einen Polygonzug – Γh approximiert. Wir bezeichnen das Innere von Γh mit Ωh und, unter der Annahme dass Ω konvex ist, gilt Ωh ⊂ Ω. Γh Γ Ω 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente Ωh TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 236 Finite Elemente I Wir betrachten ein elliptisches Randwertproblem im Variationsraum V = H01 (Ω) – also homogene Dirichlet-Randbedingungen auf ganz Γ – für dessen schwache Formulierung das Lax-Milgram Lemma anwendbar sein möge. Als Approximationsraum V h wählen wir den Raum der stückweise linearen Funktionen bezüglich einer Triangulierung Th von Ω. Die Bedingung v = 0 auf Γ für alle v ∈ V wird approximiert durch v = 0 auf Γh für alle v ∈ V h . Wir setzen nun alle Funktionen aus V h , die zunächst nur auf Ωh definiert sind, durch Null fort auf Ω \ Ωh , wodurch wir hier sogar V h ⊂ V erhalten. Das Céa-Lemma sichert nun ku − uh k1 ≤ C inf ku − vk1 v∈V h und es bleibt zu untersuchen, wie gut Funktionen in V durch solche aus V h in H 1 (Ω) approximiert werden können. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 237 Finite Elemente I Sei Ih u ∈ V h die stückweise lineare Funktion, die u ∈ V an den Knoten von Th interpoliert und in Ω \ Ωh verschwindet. Es gilt Z 2 2 2 2 ku − Ih uk1 = (u − Ih u) + [∂x (u − Ih u)] + [∂y (u − Ih u)] dx Ω Z [u2 + u2x + u2y ] dx . =ku − Ih uk21,Ωh + Ω\Ωh Den ersten Ausdruck können wir mit Hilfe der bisher behandelten Intepolationstheorie durch Ch abschätzen. Zur Abschätzung des zweiten Integrals nehmen wir an, die Lösung besitze die zusätzliche Regularität u ∈ H 3 (Ω) ∩ H01 (Ω). Aufgrund des Sobolevschen Einbettungssatzes ist dann der Integrand beschränkt und das Integral abzuschätzen durch eine Konstante mal |Ω \ Ωh |. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 238 Finite Elemente I Wir betrachten ein Element K ∈ Th mit einer Kante auf dem (glatten) Randa . Legen wir ein lokales Koordinatensystem so, dass die Verbindungsstrecke der beiden Randknoten von K auf Γ parallel zur ξ-Achse liegt, so ist die Randkurve in diesem Element parametrisiert durch (ξ, η), η = ϕK (ξ), α ≤ ξ ≤ β, wobei ϕK (α) = ϕK (β) = 0. (6.4) Nehmen wir an, der Rand sei stückweise C 2 , so ist ϕK zweimal stetig differenzierbar und wegen (6.4) existiert ξ0 ∈ (α, β) mit ϕ0K (ξ0 ) = 0. (oBdA sei ϕK dort maximal.) Taylorentwicklung liefert nun ϕK (ξ) − ϕK (ξ0 ) = ϕ0K (ξ0 )(ξ | {z } ϕ00K (ζ) − ξ0 ) + (ξ − ξ0 )2 , 2 ζ ∈ (α, β). =0 a Ist der Rand nur stückweise glatt, so muss man Knoten jeweils in die Ecken“ von Γ legen. ” 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 239 Finite Elemente I Bezeichnet dK den größten Abstand zwischen Γ und Γh in K und `K die Länge von Γh ∩ K, so folgt hieraus dK = max |ϕK (ξ) − ϕK (ξ0 )| ≤ C1 `2K , ξ∈[α,β] C1 := 00 1 max |ϕ K (ξ)| 2 ξ∈[α,β] . Damit ergibt sich als Abschätzung für den Inhalt |Ω \ Ωh ∩ K| |Ω \ Ωh ∩ K| ≤ C1 `3K . Die Anzahl n der Elemente, die Γ schneiden, ist beschränkt durch `(Γ) n≤ , `min `min := min `K , K∩Γ6=∅ mit `(Γ) die Länge von Γ, sodass |Ω \ Ωh | ≤ 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente C1 `(Γ) 3 `max , `min `max = max `K . K∩Γ6=∅ TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 240 Finite Elemente I Unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass `max /`min nach unten (gleichmäßig in h) beschränkt ist, folgt insgesamt |Ω \ Ωh | ≤ Ch2 . Obige Voraussetzung an die Kantenlängen längs Γh ist z.B. erfüllt für sog. uniforme Trangulierungen. Definition 6.7 Eine familie von Triangulierungen {Th } heißt uniform, falls sie regulär ist und zusätzlich für jedes Element K ∈ Th gilt h ≤σ hK mit einer Konstanten σ > 0 unabhängig von h gilt. Diese Bedingung ist äquivalent dazu, dass der Inkreisradius des Elementes nach unten beschränkt ist durch ch mit einer Konstanten c 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 241 Finite Elemente I Satz 6.8 Gegeben sei ein elliptisches Randwertproblem zweiter Ordnung, welches die Voraussetzungen des Lax-Milgram Lemmas erfüllt, auf einem beschränkten, konvexen, stückweise glatten Gebiet Ω ⊂ R2 mit homogenen Dirichlet-Randbedingungen. Approximiert man Ω durch ein eingeschriebenes Polygon Ωh , welches zu einer uniformen Triangulierung Th von Ω gehört, so gilt für die FE-Approximation der Lösung mittels stetiger stückweise linearer Elemente bezüglich Ωh die Abschätzung ku − uh k1,Ω ≤ Ch. Bemerkung: In diesem Fall macht sich die die Verwendung von Ωh anstelle von Ω bei der Konvergenzordnung nicht bemerkbar. Man kann zeigen, dass bei der Verwendung quadratischer Dreieckelemente nur eine Abschäzung ku − uh k1,Ω ≤ Ch3/2 gilt, anstelle von h2 bei polygonalem Grundgebiet. Hier bringt die Erhöhung des Polynomgrades also weniger. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 242 Finite Elemente I 6.4.2 Isoparametrische Elemente Eine Möglichkeit, die Randapproximation zu verbessern und dadurch den Ordnungsverlust bei Elementen mit höheren Polynomgraden zu vermeiden, besteht darin, anstelle von affinen Gebietstransformationen vom Referenzb ins Gebietselement K auch kompliziertere zuzulassen. element K b P b , Ψ b ) ein Referenzelement und F : K b → K eine Bijektion, so Ist (K, K K lassen sich wie bei der Definition affiner Äquivalenz ein durch F induzierter b Funktionenraum PK und zugehörige Freiheitsgrade ΨK auf K = F (K) b etwa ist K im Allgemeinen ein Dreidefinieren. Bei Dreieckelementen K eck mit gekrümmten Kanten. Ferner sind, auch wenn PKb aus Polynomen besteht, die Funktionen in PK keine Polynome mehr. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 243 Finite Elemente I Die Klasse der isoparametrischen finiten Elemente erhält man in dem Fall, dass die Komponentenfunktionen f1 , f2 der Gebietsabbildung " # " # x f1 (ξ, η) b F : K → K, ξ 7→ x = F (ξ), x = = y f2 (ξ, η) selbst Funktionen aus PKb sind. Der Name rührt daher, dass die Parameb durch Funktionen trisierung des Gebietselementes K bezüglich (ξ, η) ∈ K aus dem lokalen Funktionenraum geschieht. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 244 Finite Elemente I Beispiel 1: Im Fall affin äquivalenter linearer Dreieckelemente ist die Gebietsabbildung gegeben durch x = BK ξ + bK , genauer " # " # " #" # " # x f1 (ξ, η) x2 − x1 x3 − x1 ξ x1 = = + , y f2 (ξ, η) y2 − y 1 y 3 − y1 η y1 oder umgeschrieben " # " # " # " # f1 (ξ, η) x1 x2 x2 = (1 − ξ − η) + ξ+ η = x1 φb1 + x2 φb2 + x3 φb3 f2 (ξ, η) y1 y2 y2 mit den nodalen Basisfunktionen φbj , j = 1, 2, 3 der Referenzelements. Insbesondere ist f1 , f2 ∈ P1 und lineare Dreieckelemente somit bereits ein Spezialfall isoparametrischer Elemente. Dasselbe gilt für bilineare Viereckelemente. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 245 Finite Elemente I b P b , Ψ b ) das quadratische Dreieck-Referenzelement. Beispiel 2: Sei (K, K K Wie in Abschnitt 4.2.2 gezeigt sind die nodalen Basisfunktionen gegeben bezüglich der baryzentrischen Koordinaten durch φb1 (ξ) = λ1 (ξ)(2λ1 (ξ) − 1), φb4 (ξ) = 4λ1 (ξ)λ2 (ξ), φb2 (ξ) = λ2 (ξ)(2λ2 (ξ) − 1), φb5 (ξ) = 4λ2 (ξ)λ3 (ξ), φb3 (ξ) = λ3 (ξ)(2λ3 (ξ) − 1), φb6 (ξ) = 4λ3 (ξ)λ1 (ξ). Wir betrachten nun die sechs Knoten x1 , . . . , x6 wie in der folgenden Abbildung skizziert. Dabei liegen alle Knoten bis auf x5 auf dem Rand des Dreiecks mit Ecken x1 , x2 , x3 , und x5 liegt leicht oberhalb des Mittelpunktes von x2 und x3 . 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 246 Finite Elemente I x5 x3 x2 x x6 x4 b K = F (K) ξ3 x1 b K ξ5 ξ6 ξ ξ1 ξ4 ξ2 Gebietsabbildung bei isoparametrischem Dreieckelement der Ordnung 2 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 247 Finite Elemente I b unter der Das Elementgebiet K wird nun definiert als das Bild von K Abbildung " # 6 X f1 (ξ) F (ξ) = = xj φbj (ξ). f2 (ξ) j=1 Wir erkennen sofort: • f1 (ξ), f2 (ξ) ∈ PKb = P2 , • xj = F (ξ j ), j = 1, . . . , 6. Die Basisfunktionen in PK sind gegeben durch φj (x ) = φbj (F −1 (x )), j = 1, . . . , 6 und die Freiheitsgrade durch die Funktionswerte an den Knoten xj = F (ξ j ), j = 1, . . . , 6. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 248 Finite Elemente I Wir betrachten zum Schluß noch kurz folgende Fragen: (a) Wann ist die Abbildung F bijektiv? (b) Wie werden die Elementintegrale bezüglich der krummlinigen Elemente berechnet? (c) Was sind die Interpolationseigenschaften der Funktionen in PK ? (d) Wie kann man aus den Elementen (K, PK , ΨK ) einen FE-Raum stetiger Funktionen konstruieren? Wie verhält sich der globale Fehler? 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 249 Finite Elemente I (a) Bijektivität von F F ist sicher lokal umkehrbar, falls " b det F 0 (ξ) 6= 0 ∀ξ ∈ K, J(ξ) = ∂f1 ∂ξ ∂f2 ∂ξ ∂f1 ∂η ∂f2 ∂η # . Dies ist aber nur ein notwendiges, kein hinreichendes Kriterium für Bijektivität. Man kann jedoch zeigen, dass, da hier alle drei Randkurven bijektiv aufeinander abgebildet werden, das Nichtverschwinden der Funktionaldeterminanten auch hinreichend ist. Kriterien für det F 0 6= 0 lassen sich anhand der Knotenlage herleiten: man kann zeigen, dass dies immer dann gesichert ist, wenn die sechs Knoten von K nur leicht von den affinen Bildern von ξ 1 , . . . , ξ 6 abweichen. Typischerweise beläßt man die Kanten im Inneren des Gebietes gerade und verschiebt die Knoten nur zur Randapproximation. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 250 Finite Elemente I (b) Berechnung der Elementintegrale Betrachten wir als Beispiel den Laplace-Operator, so sind die Integrale Z aK (φj , φi ) = ∇φi · ∇φj dx , i, j = 1, . . . , 6 K zu berechnen. Die Kettenregel liefert nun ∂ φbj ∂ξ ∂φj ∂ b ∂ φbj ∂η φj (ξ(x )) = = + ∂x ∂x ∂ξ ∂x ∂η ∂x (analog für ∂y ), sodass " ∇x φj = J −> ∇ξ φbj , J −> = ∂ξ ∂x ∂ξ ∂y ∂η ∂x ∂η ∂y # . (J −> ist die Transponierte der Funktionalmatrix von F −1 .) 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 251 Finite Elemente I Damit lautet das transformierte Integral Z aK (φj , φi ) = (J −> ∇φbi ) · (J −> ∇φbj ) | det J| dξ. b K Wie im nicht-isoparametrischen Fall kann die Integration also auf das Referenzelement zurückgeführt werden. Die Integranden sind hier im Allgemeinen rationale Funktionen von ξ, also kaum exakt zu integrieren. Hier werden wieder passende Quadraturformeln eingesetzt. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 252 Finite Elemente I (c) Interpolationseigenschaften Die Interpolationseigenschaften für das nicht-isoparametrische quadratische Dreieckelement sind charakterisiert durch ku − IK uks,K ≤ Chr−s K kukr,K , 0 ≤ r, s ≤ 3, und dies liefert analog zum Konvergenzbeweis im linearen Fall zusammen mit dem Céa-Lemma die Fehlerordnung h2 bezüglich der H 1 -Norm. Wie bei der Bijektivitätsfrage läßt sich hier zeigen, dass die obigen Interpolationseigenschaften auch beim isoparametrischen Element gelten, sofern die Knoten nicht allzuweit von deren affinen Lage entfernt liegen. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 253 Finite Elemente I (d) Globaler FE-Raum V h Sei Th = {K} eine Triangulierung von Ω bestehend aus isoparametrischen Elementen (K, PK , ΨK ), d.h. die Teilgebiete K der Zerlegung sind Dreiecke“ mit einer oder mehreren krummlinigen Kanten. Das Gebiet ” Ωh := ∪K∈Th ist dann eine Approximation an Ω mit stückweise quadratischem Rand. (Auch gekrümmte Elemente im Inneren stoßen passend aufeinander, es gibt keine Löcher oder Überlappungen. Warum?) Wir definieren nun V h := {v ∈ H 1 (Ωh ) : v|K ∈ PK , K ∈ Th }. Man sieht sofort, dass übereinstimmende Funktionswerte an den Knoten zu stetigen Übergängen an Elementgrenzen führen, diese können also wieder als globale Freiheitsgrade verwendet werden. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006 254 Finite Elemente I Diskretisiert man mit diesem FE-Raum z.B. die Poissongleichung, so ergeben sich die optimalen Fehlerabschätzungen ku − uh k1,Ωh ≤ Ch2 kuk3,Ω , ku − uh k0,Ωh ≤ Ch3 kuk3,Ω . Entscheidend: Durch die Verwendung isoparametrischer FE in Verbindung mit Quadraturformeln ist auch bei krummlinig berandeten Gebieten die optimale Konvergenzordung erreichbar. 6.4 Randapproximation. Isoparametrische Elemente TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006