Zivilrecht Basiskurs FMH Regionalnetz Basel 12. Dezember 2013 Dr. med. Marc Graf Forensisch Psychiatrische Klinik Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel Gliederung • • • • • Rechtssystematik EMRK, BV, ZGB Freiwilligkeit Zwangsmasnahmen Neuerungen im Kindes- und Erwachsenenschutzrecht 1 Rechtshierarchie Europa EMRK Zivilgesetz OR Spitalgesetz Strafgesetz Strafprozessordnung Justizvollzugsgesetz Kantone Kindes- und Erwachsenenschutzgesetz Bund Bundesverfassung EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit • (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden: – e) rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern; • (4) Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs entscheidet und ihre Entlassung anordnet, wenn der Freiheitsentzug nicht rechtmässig ist. 2 Bundesverfassung • • • • • • • • Art. 7 Menschenwürde Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen. Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit 1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten. 2 Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit. 3 Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten. Bundesverfassung • • Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. 3 Bundesverfassung • • • • • Art. 31 Freiheitsentzug Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. 2 Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. 1 … 4 Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. Bundesverfassung • • • • Art. 41 Bund und Kantone setzen sich in Ergänzung zu persönlicher Verantwortung und privater Initiative dafür ein, dass: a.jede Person an der sozialen Sicherheit teilhat; b.jede Person die für ihre Gesundheit notwendige Pflege erhält; 1 4 1.Januar 2012: 100 Jahre Schweizer Zivilgesetzbuch ZGB Eugen Huber (1849 – 1923) Art. 28 ZGB Verletzung der Persönlichkeit 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. 2 Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist. 5 ZGB Personenrecht Handlungsfähigkeit Urteilsfähigkeit: Urteilsfähig im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln. Mündigkeit: > 18 J. Handlungsfähigkeit Art. 16 ZGB: Urteilsfähigkeit Urteilsfähig im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln. 6 Urteilsfähigkeit • Fähigkeit, vernunftgemäss zu handeln • Immer bezogen auf konkretes Rechtsgeschäft, bestimmte Handlung • Unvernünftigkeit der Handlung allein kein ausreichendes Kriterium • Systematische mehrstufige Abklärung erforderlich Handlungsfähigkeit • Fähigkeit durch eigene Handlungen Rechte und Pflichten zu erlangen • Übernahme der zivilrechtlichen Verantwortung • bei widerrechtlicher Handlung Schadenersatzpflicht 7 Testierfähigkeit • Sonderfall der Urteilsfähigkeit • Fähigkeit über sein Vermögen letztwillig zu verfügen • psychische Störung schliesst T. nicht grundsätzlich aus • Beweislast (BG: keinen vernünftigen Zweifel zulassende Wahrscheinlichkeit) liegt beim Anfechter • Problem der retrospektiven Beurteilung Art. 94 Ehefähigkeit 1Um die Ehe eingehen zu können, müssen die Brautleute das 18. Altersjahr zurückgelegt haben und urteilsfähig sein. 2Die entmündigte Person braucht die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Sie kann gegen die Verweigerung dieser Zustimmung das Gericht anrufen. 8 Psychiatrische Abklärung der Urteilsfähigkeit I • Diagnose einer erheblichen psychischen Störung? • Geisteskrankheit = sehr schwere psychische Störung, z.B. akute Psychose, Verhalten und Erleben wirkt auf Aussenstehenden uneinfühlbar, grob befremdlich, stark auffallend, qualitativ abwegig Psychiatrische Abklärung der Urteilsfähigkeit • nach Zuordnung der Diagnose zu Rechtsbegriffen • prüfe 2 kognitive und 2 voluntative Elemente: • Erkenntnisfähigkeit • Wertungsfähigkeit • Willensbildung • Willenskraft 9 Erkenntnisfähigkeit • Die handelnde Person muss in der Lage sein, die Aussenwelt zumindest in ihren Grundzügen richtig zu erkennen und sich ein adäquates Bild von der Realität zu verschaffen. Wertungsfähigkeit • Fähigkeit zu rationaler Beurteilung und Vermögen, sich über die Tragweite und die Opportunität der in Frage stehenden Handlung ein vernünftiges Urteil zu bilden. Wertungsfähigkeit beruht auf der Erkenntnisfähigkeit, fehlt bereits diese, weitere Überlegungen nicht mehr notwendig → Urteilsunfähigkeit 10 Willensbildung • Fähigkeit aufgrund gewonnener Einsicht und eigener Motive einen nach aussen wirksamen Willen zu bilden und bei verschiedenen denkbaren Möglichkeiten eine Entscheidung zu treffen Willenskraft • Kraft, gemäß gewonnener Einsicht und eigenem Willen zu handeln, d.h. auch über die Fähigkeit zu verfügen, dem Versuch einer fremden Willensbeeinflussung in normaler Weise Widerstand zu leisten 11 Art. 19 ZGB: Urteilsfähige Unmündige oder Entmündigte 1Urteilsfähige unmündige oder entmündigte Personen können sich nur mit Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter durch ihre Handlungen verpflichten. 2Ohne diese Zustimmung vermögen sie Vorteile zu erlangen, die unentgeltlich sind und Rechte auszuüben, die ihnen um ihrer Persönlichkeit willen zustehen. 3Sie werden aus unerlaubten Handlungen schadenersatzpflichtig. Art. 19c ZGB: Höchstpersönliche Rechte • • 1 Urteilsfähige handlungsunfähige Personen üben die Rechte, die ihnen um ihrer Persönlichkeit willen zustehen, selbstständig aus; vorbehalten bleiben Fälle, in welchen das Gesetz die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters vorsieht. 2 Für urteilsunfähige Personen handelt der gesetzliche Vertreter, sofern nicht ein Recht so eng mit der Persönlichkeit verbunden ist, dass jede Vertretung ausgeschlossen ist. 12 Einwilligungsfähigkeit Freiwilligkeit Zwang Regelsituation Ausnahmesituation Art. 17 StGB Notstand 2 Die Tat, die jemand begeht, um das Gut eines anderen, namentlich Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Vermögen, aus einer unmittelbaren, nicht anders abwehrbaren Gefahr zu erretten, ist straflos. ... 13 Beistandschaften: Voraussetzungen Art. 390 ZGB 1 Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Beistandschaft, wenn eine volljährige Person: 1. wegen einer geistigen Behinderung, einer psychischen Störung oder eines ähnlichen in der Person liegenden Schwächezustands ihre Angelegenheiten nur teilweise oder gar nicht besorgen kann; 2. wegen vorübergehender Urteilsunfähigkeit oder Abwesenheit in Angelegenheiten, die erledigt werden müssen, weder selber handeln kann noch eine zur Stellvertretung berechtigte Person bezeichnet hat. 2 Die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten sind zu berücksichtigen. 3 Die Beistandschaft wird auf Antrag der betroffenen oder einer nahe stehenden Person oder von Amtes wegen errichtet. Die fürsorgerische Unterbringung Unterbringung zur Behandlung oder Betreuung Art. 426 ZGB 1 Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. 2 Die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten sind zu berücksichtigen. 3 Die betroffene Person wird entlassen, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind. 4 Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann jederzeit um Entlassung ersuchen. Über dieses Gesuch ist ohne Verzug zu entscheiden. 14 Neues Kindes- und Erwachsenenschutzrecht Der Vorsorgeauftrag Art. 360 ff Art. 360 ZGB 1Eine handlungsfähige Person kann eine natürliche oder juristische Person beauftragen, im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Personensorge oder die Vermögenssorge zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten. 2Sie muss die Aufgaben, die sie der beauftragten Person übertragen will, umschreiben und kann Weisungen für die Erfüllung der Aufgaben erteilen. 3Sie kann für den Fall, dass die beauftragte Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt, Ersatzverfügungen treffen. Neues Kindes- und Erwachsenenschutzrecht Die Patientenverfügung Art. 370 ff Art. 370 ZGB 1Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt. 2Sie kann auch eine natürliche Person bezeichnen, die im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt die medizinischen Massnahmen besprechen und in ihrem Namen entscheiden soll. Sie kann dieser Person Weisungen erteilen. 3Sie kann für den Fall, dass die bezeichnete Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt, Ersatzverfügungen treffen. 15 Neues Kindes- und Erwachsenenschutzrecht Die Patientenverfügung Art. 370 ff Art. 372 ZGB 1Ist die Patientin oder der Patient urteilsunfähig und ist nicht bekannt, ob eine Patientenverfügung vorliegt, so klärt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt dies anhand der Versichertenkarte ab. Vorbehalten bleiben dringliche Fälle. 2Die Ärztin oder der Arzt entspricht der Patientenverfügung, ausser wenn diese gegen gesetzliche Vorschriften verstösst oder wenn begründete Zweifel bestehen, dass sie auf freiem Willen beruht oder noch dem mutmasslichen Willen der Patientin oder des Patienten entspricht. 3Die Ärztin oder der Arzt hält im Patientendossier fest, aus welchen Gründen der Patientenverfügung nicht entsprochen wird. Neues Kindes- und Erwachsenenschutzrecht Vertretung bei medizinischen Massnahmen Art. 377 ZGB 1Hat sich eine urteilsunfähige Person zur Behandlung nicht in einer Patientenverfügung geäussert, so plant die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt unter Beizug der zur Vertretung bei medizinischen Massnahmen berechtigten Person die erforderliche Behandlung. 2Die Ärztin oder der Arzt informiert die vertretungsberechtigte Person über alle Umstände, die im Hinblick auf die vorgesehenen medizinischen Massnahmen wesentlich sind, insbesondere über deren Gründe, Zweck, Art, Modalitäten, Risiken, Nebenwirkungen und Kosten, über Folgen eines Unterlassens der Behandlung sowie über allfällige alternative Behandlungsmöglichkeiten. 3Soweit möglich wird auch die urteilsunfähige Person in die Entscheidfindung einbezogen. 16 Neues Kindes- und Erwachsenenschutzrecht Vertretung bei medizinischen Massnahmen Art. 378 ZGB 1Die folgenden Personen sind der Reihe nach berechtigt, die urteilsunfähige Person zu vertreten und den vorgesehenen ambulanten oder stationären Massnahmen die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern: 1. die in einer Patientenverfügung oder in einem Vorsorgeauftrag bezeichnete Person; 2. der Beistand oder die Beiständin mit einem Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen; 3. wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner einen gemeinsamen Haushalt mit der urteilsunfähigen Person führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet; 4. die Person, die mit der urteilsunfähigen Person einen gemeinsamen Haushalt führt und ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet; 5. die Nachkommen, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten; 6. die Eltern, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten; 7. die Geschwister, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten. 2Sind mehrere Personen vertretungsberechtigt, so dürfen die gutgläubige Ärztin oder der gutgläubige Arzt voraussetzen, dass jede im Einverständnis mit den anderen handelt. 3Fehlen in einer Patientenverfügung Weisungen, so entscheidet die vertretungsberechtigte Person nach dem mutmasslichen Willen und den Interessen der urteilsunfähigen Person. Neues Kindes- und Erwachsenenschutzrecht Vertretung bei medizinischen Massnahmen Dringliche Fälle Art. 379 ZGB In dringlichen Fällen ergreift die Ärztin oder der Arzt medizinische Massnahmen nach dem mutmasslichen Willen und den Interessen der urteilsunfähigen Person. 17 Kantonales Recht Art. 437 ZGB 1 Die 2 Kantone regeln die Nachbetreuung. Sie können ambulante Massnahmen vorsehen. Entwurf zum kantonalen Kindesund Erwachsenenschutzgesetz BS Ambulante Massnahmen § 12. Ist zur Wahrung der persönlichen Interessen die Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung nicht angezeigt, benötigt eine Person aber gleichwohl persönliche Fürsorge, so kann ihr die KESB die notwendigen Weisungen erteilen, insbesondere die Inanspruchnahme von: a.Beratung und Begleitung durch eine geeignete Stelle oder Person, b.Betreuung in haushaltführenden, pflegerischen und/oder medizinischen Belangen, c.Ärztlicher Untersuchung sowie Beratung in medizinischer und sozialer Hinsicht, d.Ärztlicher Behandlung gestützt auf den entsprechenden ärtzlichen Bericht. 18 Berufsgeheimnis Art. 321 StGB 1. Geistliche, Rechtsanwälte, Verteidiger, Notare, nach Obligationenrecht zur Verschwiegenheit verpflichtete Revisoren, Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Hebammen sowie ihre Hilfspersonen, die ein Geheimnis offenbaren, das ihnen infolge ihres Berufes anvertraut worden ist, oder das sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben, werden, auf Antrag, mit Gefängnis oder Busse bestraft. Ebenso werden Studierende bestraft, die ein Geheimnis offenbaren, das sie bei ihrem Studium wahrnehmen. Die Verletzung des Berufsgeheimnisses ist auch nach Beendigung der Berufsausübung oder der Studien strafbar. Berufsgeheimnis Art. 321 StGB • - Geschützt: „Geheimnisse“, d.h. nicht alle persönlichen Lebenssachverhalte des Patienten, aber umfassend: Bereits Tatsache, dass Patient in ärztlicher Behandlung oder im Spital ist - Umfasst grundsätzlich auch Begleitpersonen des Patienten und Begleitumstände der Behandlung - Berufsgeheimnis gilt auch innerhalb eines Spitals, d.h. blosse Zugehörigkeit zu einer Behandlungsinstitution berechtigt angestellte Personen nicht, dem Berufsgeheimnis unterliegende Tatsachen über Patienten zu erfahren - Informationsaustausch innerhalb eines an der Behandlung eines Patienten beteiligten Arbeitsteam ist regelmässig kein „offenbaren“ eines Geheimnisses. - Informationsweitergabe: Einwilligungs- vs. Widerspruchsregelung 19 Einschränkungen der ärztlichen Schweigepflicht: Einwilligung/Mutmassliche Einwilligung • Art.321 Ziff. 2: Arzt nicht strafbar, bei Einwilligung des Berechtigten • Keine besondere Form, bspw. genügt i.d.R. wenn der Berechtigte den Geheimnisträger als Zeugen im Prozess aufruft. • Mutmassliche Einwilligung: wenn keine abweichenden Gesichtspunkte bekannt, darf Arzt Angehörige informieren Einschränkungen der ärztlichen Schweigepflicht: Meldepflichten • Art. 27 Epidemiengesetz: Meldung übertragbarer Krankheiten und entsprechender Verdachtsfälle an die zuständige kantonale Stelle. Auskünfte erteilt im Zweifelsfall das Gesundheitsamt. • Art. 34a Tierschutzgesetz: Verletzungen durch Hunde. • Art. 84 MVG: Gesundheitsschädigungen mit möglichem Zusammenhang mit Militärdienst. (Meldung an Militärversicherung). • Art. 120 Abs. 2 StGB: Bei Schwangerschaftsabbruch Meldung an entsprechende Gesundheitsbehörde. • Art. 59 HMG: Unerwünschte Wirkungen und Vorkommnisse im Zusammenhang mit Medikamenten und Medizinprodukten. (kant. Meldestellen, Swissmedic) • KVG, UVG, MVG, IVG: Informationen, die der Versicherer benötigt, um seine Aufgabe zu erfüllen. • Eine weitere Mitteilungspflicht besteht bei bestimmten Todesfällen oder Straftaten nach kantonalen Gesetzen. 20 Einschränkungen der ärztlichen Schweigepflicht: Melderechte • Art. 14 Abs. 4 SVG: Meldung von Personen wegen Unfähigkeit zum sicheren Führen eines Motorfahrzeuges (an die Aufsichtsbehörde für Ärzte oder an die für Erteilung und Entzug des Führerausweises zuständige Behörde). • Art. 15 Abs. 1 BetMG: Meldung von in ihrer beruflichen Tätigkeit festgestellten Fälle von Betäubungsmittelmissbräuchen, bei denen die betroffene Person einer Betreuungsmassnahme bedarf (an die für die Betreuung zuständige Behörde). • Art. 364 StGB: An Unmündigen begangene strafbare Handlungen dürfen in deren Interesse den vormundschaftlichen Behörden gemeldet werden. • Art. 275a ZGB: Auskunft an Elternteile, die das Sorgerecht für ein Kind nicht haben. Tarasoff v. Regents of the University of California 1976 • • 27.10.1969 tötete Prosenjit Proddar Tatjana Tarasoff Therapie vorgängig bei Dr. L. Moore, Psychologe, University of California, Berkeley‘s Cowell Memorial Hospital • Mit der Mehrheit anderer argumentierte, Richter Mathew O. Tobriner: "... the confidential character of patient-psychotherapist communications must yield to the extent that disclosure is essential to avert danger to others. The protective privilege ends where the public peril begins.„ • • „duty to warn“ Richter Clark hielt dagegen: "the very practice of psychiatry depends upon the reputation in the community that the psychiatrist will not tell". 21