50 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ 14. Keramische Leiter 14.1. Hochtemperatur-Heizelemente Keramiken ermöglichen die Herstellung von Ofenelementen für Temperaturen, bei denen die meisten Materialien oxidiert werden oder schmelzen. Vorteilhaft sind spezifische Widerstände von 1 10052 Cm; sie erlauben die Verwendung von Stäben von bis zu 1 m Länge und 0.5 - 2 cm Durchmesser, um übliche Netzgeräte zu verwenden. Es ist nicht praktikabel, dünnere „Heizdrähte“ wie Metalle mit ihren wesentlich geringeren Leitfähigkeiten (~10-5 W cm) zu verwenden. Verwendung von Pt-Öfen bis 1500 °C in Luft. Verwendung von SiC bis 1650 °C in Luft, wegen der oxidischen Schutzschicht. Acheson, 1891: Zufällige Herstellung von SiC, das als eine Mischung aus C und Al2O3 galt; daher der Handelsname „Carborundum“. Acheson-Prozeß: Starker elektrischer Stromfluß durch eine Mischung aus Sand und Kohle. Bei der erreichten Temperatur von 2500 °C werden in der Reaktionszone SiC und CO gebildet. SiC: Kovalente Bildung mit einer Struktur ähnlich der des Diamants. 2 grundlegende Strukturen: i) kubisches SiC (b-SiC), ii) hexagonales a-SiC (> 140 Polytypen, die sich in der Aufeinanderfolge der grundlegenden strukturellen Schichten unterscheiden) (Abb. 14.1.) Eigenschaften von SiC: große Härte (9 auf der Mohschen Skala), hohe thermische Leitfähigkeit, geringer Expansionskoeffizient, geringe Thermoschockempfindlichkeit. b-SiC, Halbleiter, Eg ª 2,2 eV, transparent - leicht gelblich; durch verschiedene Verunreinigungen (B, Al, N, P) grau, blau grün und fahl-gelb. Zersetzung in stark reduzierten Atmosphären: Bildung von SiO (flüchtig). Widerstands-Temperatur-Charakteristik: Abb. 14.2. < 800 °C: Widerstand von Verunreinigungen bestimmt. Widerstand bei 1000 °C ª 0.1 W cm ≥ 600 °C: intrinsischer Halbleiter Positiver Temperaturkoeffizient: Tritt nicht bei 1-Kristallen auf; wahrscheinlich ist der Effekt mit Korngrenzen verknüpft. MoSi2 Anwendbar in Luft (5 > 1500 °C). Metallische Temperaturabhängigkeit 2,5 x 10-5 W cm bei RT - 4 x 10-4 W cm bei 1800 °C. „Kanthal Super“: Cermet aus MoSi2Teilchen, die durch eine Aluminosilikatglasphase (20 v o ) miteinander verbunden sind. (Abb. 14.1.c). Anschweißen der dickeren Ableitelektroden. Anwendungstemperatur £ 1800 °C. Abb. 14.1. Verschiedene Arten von Hochtemperaturleitern: (a) Silikonkarbid; (b) Lanthanchromit; Molybdän Di-Silikid; (d) Eisenoxid-Elektroden LaCrO3 (Lanthanchromid). LaCrO3 wurde in den 60er Jahren für MHD-Generatoren (heißes elektrisch leitendes Gas wird durch ein Magnetfeld geströmt, woraus sich eine EMK im rechten Winkel zum Gasfluß und Magnetfeld entwickelt, T = 2000 °C) entwickelt. Die Elektroden müssen elektronisch leitfähig sein und der Korrosion durch K, das die eletrische Leitfähigkeit des Keramische Werkstoffe 51 ________________________________________________________________________________________________________________________ Anwendung von SnO2: leitfähige Elektroden für das Schmelzen spezieller Gläser, z.B. für optische Komponenten und Bleikristall (Abb. 14.4.). SnO2 sinternt selbst nicht leicht zu dichter Keramik. Sinterhilfen: ZnO und CuO (r6 (Sn4+) = 69 pm, r6 (Zn2+) = 75 pm, r6 (Cu2+) = 73 pm), zusammen mit Elementen der Gruppe V, z.B. Sb, As, um Halbleitung zu erzeugen. Sintern in oxidierender Atmosphäre bei 1400 °C fi nahezu theoretische Dichte. s(RT) 10-3 Abb. 14.2. Widerstands - Temperatur Charakteristiken von SiC Elementen, s/cm. s vs. T: Abb. 14.3. die durch verschiedene Verfahren hergestellt wurden. Abb. 14.4: Erzeugung der Wärme im Innern der Glasschmelze (nach Vorwärmen) Gases erzeugt, widerstehen. Das Material muß bei einer Æ Freie Oberflächentemperatur bleibt relativ niedrig; der Temperatur von 1500 °C für mindestens 400 Tage stabil Verlust flüchtiger Elemente (bes. Blei) wird vermieden. sein. Favorit: LaCrO3 (Tm = 2500 °C, s = 1 s(cm bei 1400 T = 1300 - 1600 °C. Lebensdauer der SnO2-Elektroden ª °C). LaCrO3 gehört zur Familie der Lanthanid-Perowskite 2 Jahre. RTO3 (T: Übergangselemente). R besetzt die Ecken, T das Zentrum der kubischen Elementarzelle, 0 besetzt die ZrO2 flächenzentrierten Positionen. Nach Vorwärmen auf 600 °C Æ I2R Æ 1800 °C. StromHohe Temperaturen: LaCrO3 verliert Cr. Der begrenzung erforderlich. Oberhalb 700 °C Beheizung Überschuß an O- - wird durch die Bildung von Cr4+ durch HF-Induktion möglich. kompensiert. Das führt zur p-Leitung mit einem Hopping-Prozeß der Löcher via lokalisierte 3d-Zustände 14.2. Ohmsche Widerstände der Cr3+ und Cr4+-Ionen. 4+ Erhöhung der Konzentration der Cr -Ionen durch Anforderungen für Elektronik: geringer TemperaturSubstitution mit Sr für La. 1 m/o SrO erhöht die koeffizient, R = 103 ... 108 W. Leitfähigkeit um einen Faktor 10. Sr wirkt auch als Sinterhilfe. Co begrenzt das Kornwachstum. Sintern erfolgt in reduzierender Atmosphäre ( P O 2 =10-7 - 102 atm) bei 1700 °C. Elektrische Leitfähigkeit wird durch Glühen in Sauerstoff erreicht. (Abb. 14.1. b, Abb. 14.3.). T£ 1800 °C in Luft, 1400 °C bei P O 2 = 10-6 atm. SnO2 SnO2 kristallisiert in der tetragonalen Rutil-Struktur. Eg (OK) ª 3,7 eV. Das Valenzband leitet sich aus dem O 2pNiveau ab das leere Leitungsband aus dem Sn 5s-Niveau. r(RT) ª 108 Wcm . In der Praxis sind SnO2-Kristalle sauerstoff-unterschüssig. Æ n-Leitung mit Donator Niveau ª 0,1 eV. Dotierung mit Elementen der Gruppe V (z.B. Sb5+) erzeugt ebenfalls n-Leitung. Sowohl die Stöchiometrie des Wirtsgitters als auch der Oxidationszustand der Dotierung sind von P O 2 und T abhängig. Abb. 14.3. Beziehungen zwischen spezifischem Widerstand und Temperatur für SnO2 und LaCrO3 in Luft. 52 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Tempern (100 - 150 °C): Verdampfen der organischen Lösungsmittel, (200 - 450 °C): Ausbrennen der verbliebenen organischen Komponenten, (850 °C): anorganisches Glas + aktive Widerstandskomponenten „reifen“ und verbinden sich mit einem Substrat. Typische aktive Komponenten: PdO, RuO2, Bi2Ru2O7, Bi2Ir2O7 (s ª 103 ... 104 S/cm); typische Glasuren: Abb. 14.4. Widerstandserhitzung einer Glasschmelze mit SnO2 Keramikelektroden Realisierungen: i) Abscheidung sehr dünner leitfähiger Schichten auf isolierenden Substraten, ii) Verdünnung des leitfähigen Materials mit einer isolierenden Phase. Dünne Filme Aufdampfen, Sputtern, CVD. Ni-Cr Æ r ª 10-4 W cm durch Aufdampfen. Dünnfilmoxide: Sputtern (Ar, p ª 10-5 atm + geringe Menge O2; Hochfrequenz (1Mhz) - Hochspannungsfeld (ª 5 kV) wird zwischen den beiden Platten angelegt und ein Plasma wird entwickelt; gasförmige Ionen bombardieren das Target und entreißen Cluster von Ionen oder Molekülen von der Oberfläche, die durch das Plasmahindurch auf dem Substrat abgeschiden werden. Herstellung von ITO (z. B. 90 In2O3-10 SnO2)-Filmen durch Sputtern oder EVD: 700 °C, Mischung aus SnCl4 und SbCl5 + kontrollierte Feuchte auf Substratoberfläche Æ Reaktion, Mischung der Oxide. Sb erniedrigt den Widerstand des SnO2; erniedrigt Temperaturkoeffizient des Widerstandes auf 0. (SnO2 selbst zeigt einen hohen negativen Koeffizienten). Reste von Cl- erhöhen ebenfalls die (n-)Leitfähigkeit. Abb. 14.5. Elektrische Eigenschaften von RuO2 DickfilmWiderständen (TCR, Temperaturkoeffizient des Widerstands). rs=r/hWr-1 (Ohm pro Quadrat) wobei r = Ladungswiderstand, h = Dicke Abb. 14.6. Typische Strom-Spannungs-Beziehung für einen spannungsabhängigen Widerstand. Trimmen der Widerstände: Luftstrom mit schmirgelnden Teilchen; Verdampfen mit IR-Laserstrahl oder e-Strahl, Photolithographie. Dickfilme 10 - 15 mm, Siebdruck. Siebe aus Nylon oder Edelstahl. Herstellung von Mustern durch Photolithographie. Abstand Substrat - Sieb 1 - 3 mm. Herstellung von Widerständen, Leitfähiges Pulver + pulverisierte Glasur + organische Mischung (für das Fließverhalten). Abb. 14.7. Einsatz eines spannungsabhängigen Widerstands (VDR) um einen Stromkreis vor Schwingungen zu schützen. Keramische Werkstoffe 53 ________________________________________________________________________________________________________________________ Bleiborosilikate (z. B. 52 w/o PbO - 35 w/o SiO2 - 10 w/o B2O3 - 3 w/o Al2O3). Niedrige Konzentration der leitfähigen Komponente: hoher Widerstand, negative Temperaturkoeffizienten. Hohe Konzentratin der leitfähigen Komponente: niedrige Widerstände, positive Temperaturkoeffizienten. 14.3. Spannungsabhängige Widerstände (Varistoren) Für verschiedene Anwendungen sind Widerstände nützlich, die bei niedrigen Spannungen einen hohen Widerstand und bei hohen Spannungen einen niedrigen Widerstand aufweisen. (Abb. 14.6. und 14.7.), z. B. als Überspannungsschutz. Beispiele: SiC und ZnO. Widerstand ist durch die Komponenten bestimmt. (Abb. 14.8.) Oberflächenzustände können als Akzeptoren für die Elektronen eines n-Leiters wirken. An der Oberfläche entsteht eine positive Raumladungszone. Entgegengesetzt orientierte Schottky-Barrieren werden gebildet Æ hoher Widerstand wird dem Elektronenfluß in jeder Richtung entgegengesetzt (Abb. 14.9.a). Mit elektrischem Feld: Elektronen können die Barriere überwinden, wenn sie hinreichend erniedrigt wird, so daß thermisch aktivierte Elektronen sie leicht überwinden können. Bei hohen Feldern können die Elektronen durch die positive Raumladungszone der zweiten Barriere tunneln (Abb. 14.9.b). Typische Kennlinie: Abb. 14.10. Linearer Teil der Kurve: I = k lU a (14.1) oder alternativ: U = k v Ib (14.2) Abb. 14.9. Vorhergesagte elektronische Struktur an einer Krezung zwischen halbleitende ZnO Körnern: (a) keine Spannung angelegt; (b) mit angelegter Spannung. b = 1/ a, k v = k -l 1 a Für den Widerstand bei einer gegebenen Spannung gilt daher: R = kv I b-1 = 1 kl U -(a -1) (14.3) Leistung L = IU = k lU a+1 (14.4) Gleichung (14.4) zeigt, daß die permanent angelegte Spannung sorgfältig begrenzt werden muß. Mit a = 25 bedeutet eine 10%ige Erhöhung der SpanAbb. 14.8. Illustration einer (a) tatsächlichen und (b) idealisierten Mikrostruktur eines Varistors. 54 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 14.10. Typische Varistor-Stromspannungskennlinie. nung eine Erhöhung der Leistungskurve um den Faktor 2.5. Wegen des negativen Temperaturkoeffizienten des Widerstands kann ein Weglaufen leicht möglich sein. Ansprechzeit des Varistors ª 0,5 ns. SrC: a ª 5; ZnO: a £ 70, typisch 25 - 45. SiC Schwarz, p-Leiter, Teichengröße 50 - 150 mm. Mischen des Pulvers mit Tonen; Formen durch Pressen; Feuern bei 1300 °C. NTC: Verzögerung der Einstellung eines Stromes und einer Leistung. PTC: Liefern eines ursprünglich hohen Stromes, der dann auf ein gefordertes Niveau absinkt. Ursachen einer hohen Temperaturabhängigkeit des Widerstands: i) intrinsiche Halbleiter-Eigenschaft (exponentieller Abfall) (Æ NTC) ii) struktureller Übergang iii) schnelle Änderung der dielektrischen Eigenschaften, die die elektronischen Eigenschaften der intergranularen Region beeinflussen (Æ PTC) NTC SiC, Li-dotiertes NiO Ê Bˆ r(T ) = r• expÁ ˜ Ë T¯ (14.5) Differentiation: 1 dr b (14.6) aR = =- 2 ZnO r dT T Defekt: neutrale Sauerstoff-Leerstelle, aber die thermische Energie bei RT reicht aus, um die Leerstelle Meist feste Lösung von Oxiden mit Spinellstruktur, z. B. zu ionisieren, d. h. Elektronen in das Leitungsband Fe3O3 - ZnCr2O4, Fe3O4 - MgCr2O4, Mn3O4 mit partieller anzuheben. Substitution von Mn durch Ni, Co, Cu (Tab. 14.1.) Typischerweise 1 m/o Dotierung; 96,5 m/o ZnO - 0,5 m/o Mn3O4 enthält Mn3+ auf Oktaederplätzen. Es ist nicht Bi2O3 - 1 m/o CoO - 0,5 m/o MnO - 1 m/o Sb2O3 - 0,5 sehr leitfähig, da es keine Ionen des gleichen Elements m/o Cr2O3. mit unterschiedlichen Ladungen auf ähnlichen Plätzen Sintertemperatur: 1250 °C; Luft; Elektroden: Silber enthält, wie es für den Hopping-Prozeß verlangt wird. 2+ Bi2O3, Sb2O3 bilden flüssige Phasen, unterstützen das Dotierung mit Ni: Ni Mn3+ mit Erhalt der LadungsSintern und kontrollieren die Korngröße. neutralität durch Mn3+ Æ Mn4+. Degradation durch hohe elektrische Felder: Bidung Arbeitstemperatur: -50 ... + 250 °C. Austausch von 0 bei von Znz in der Verarmungsrandzone. Wanderung im höheren Temperaturen. elektrischen Feld an die Kornoberfläche und NeutralisieFür höhere Temperaturen: Mischung der Oxide von 70% rung der negativen Raumladung Æ Erniedrigung des Widerstands. Tab. 14.1. Eigenschaften von Thermistor-Verbindungen basierend auf Mn3O4 bei 25 °C. 14.4. Temperaturempfindliche Widerstände Anwendungen in Temperatur-Indikatoren und zur Kompensation der Änderung der Eigenschaften anderer Komponenten mit der Temperatur. Keramische Werkstoffe 55 ________________________________________________________________________________________________________________________ Sm und 30% Tb. (£ 1000 °C). Elektroden: üblicherweise Ag (evtl. mit Glasur). Glasur über das gesamte System erhöht die Langzeitstabilität. Verhalten von NTC´s unter Strom: Innere Temperaturerhöhung. Als Näherung kann der Temperaturunterschied zwischen dem Resistor und der Umgebungstemperatur proportional zur abgegebenen Leistung gesehen werden T - T0 = k thUI (14.7) 1/kth: Dissipationsfaktor Einsetzen von (14.7) in (14.5) Æ Ê B ˆ R(T) = R • expÁ ˜ Ë T0 + k thL ¯ (14.8) und 14.8): Ï Ê B ˆ¸ U = L Ì R • exp Á ˜˝ Ë T0 + k thL ¯ ˛ Ó 1 2 U 2 = L R(T) (14.9) I 2 = L / R(T) (14.10) 2 (14.11) PTC Der positive Temperaturkoeffizient ist mit dem ferroelektrischen Curie-Punkt verknüpft. Charakteristik: Abb. 14.12. Normales NTC-Verhalten bis ª 100 °C und oberhalb 200 °C. Dazwischen Änderung um mehrere Zehnerpotenzen. BaTiO3: Effekt wird nur für Polykristalle beobachtet. Daher: Korngrenzeneffekt. Ursache: Bildung einer elektrischen Doppelschicht (Abb. 14.13.). Modell zur Berechnung: Abb. 14.14. Poissongleichung: d 2j r 2 =dx e U und I leiten sich dann aus 1 (14.12) (r: Ladungsdichte). Mit der Randbedingung E = - dj/dx = 0 bei x = d und unter Annahme von j = 0 bei x = 0 und ab (Abb. 14.11.). Über einer gewissen maximalen Spannung kann kein Gleichgewicht erhalten werden Æ Zerstörung durch Überhitzung. Temperaturunabhängiger Vorschaltwiderstand ist erforderlich. Maximale Spannung ohne Weglaufen (folgt aus (14.9) Abb. 14.12. Widerstand versus Spannung unter den gleichen Bedingungen wie in Abb. 14.11. Abb. 14.11. Kraft und Strom versus Spannung für einen NTC Thermistor mit R• = 4.54x10-3W, B = 3000 K, T0 = 300 K und T - T0 = 30 PK. Abb. 14.13. Elektrische Doppelschicht an einer Korngrenze. 56 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 14.14. Angenommene positive Ladungsdichte-Verteilung in der Nachbarschaft einer Korngrenze. folgt für Vd (bei x = d): V d = -S d2 2e (14.13) Abb. 14.15. Stromspannungskennlinie für einen PTC Thermistor in thermischem Gleichgewicht. Mit rd = 12 Ns q (Abb. 14.14.) mit Ns = Oberflächendichte der Akzeptorzustände folgt für die Barrierenhöhe ∅ = -qV d = q 2N 2s 8en (14.14) mit n = r / q . Wahrscheinlichkeit für das Überwinden der Barriere: Ê ∅ˆ R g b µexp Á ˜ Ë kT ¯ Abb. 14.16. Schnitt durch ein PTC Keramik HaartrocknerHeizelement: horizontale Pfeile zeigen den Wärmefluß durch die Keramik an. Da BaTiO3 ferroelektrisch ist, gilt oberhalb der CurieTemperatur e = C / (T - Q) (C: Curie-Konstante, Q : Curie-Temperatur). Es folgt daher Ï +q2 N 2s Ê q ¸ Á 1 - ˆ˜ ˝ R g b µexp Ì T ¯˛ Ó 8 nkC Ë T> q Hohe Tc-keramische Supraleiter Entdeckung der Supraleitung durch Kamerlingh Onnes 1911 an Hg. -2 8 Unterhalb 4K: r < 10 Wcm (Strom wurde für 2 Jahre ohne Verluste aufrechterhalten). Mit der Supraleitung verbunden ist der Meissner-Effekt: Anwendung eines Magnetfelds (bei T < Tc) erzeugt Oberfächenströme, so daß das von ihnen erzeugte Magnetfeld das Feld im Innern des Materials gerade auslöscht. Der Supraleiter verhält sich wie ein perfekter Diamagnet. Ebenso wie die durch das Magnetfeld induzierten Ströme sind die durch eine Spannung erzeugten Ströme auf die Oberfläche beschränkt. Für ein gegebenes supraleitendes Material existiert eine kritische Stromdichte ic, oberhalb der der supraleitende Zustand zerstört wird. Wegen der durch ein Magnetfeld induzierten Ströme existiert auch ein kritisches magnetisches Feld Hc, oberhalb dem die Supraleitfähigkeit zerstört wird. Hc ist temperaturabhängig (z. B. für Blei: 0 bei Tc = 7,2 K bis 65 kA / m bei 0K). Abb. 14.18. zeigt die Abhängigkeit für Nb3Zn. Fröhlich und Bardeen (1950): Elektron-PhononWechselwirkungen sind in der Lage 2 Elektronen aneinanderzukoppeln, als ob eine direkte anziehende Wirkung zwischen ihnen besteht. Keramische Werkstoffe 57 ________________________________________________________________________________________________________________________ Cooper (1956): Analyse eines einzelnen Elektronenpaars, das einem normelen Metall bei 0K zugefügt wird: Falls eine Anziehung zwischen den beiden Elektronen besteht, ist ihre kombinierte Energie stets geringer als die Energie der normalen Leitungselektronen in ihrem höchsten Energiezustand (d.h. der Fermi-Energie) Bardeen, Cooper, Schrieffer (1957): Erweiterung auf eine große Zahl von wechselwirkenden Elementen: Bildung einer Ansammlung sogenannter Cooper-Paare („BCS“-Theorie). Cooper-Paare bewegen sich in einem Metall auf solche Weise, daß die kombinierten Impulse unverändert bleiben; jede Impulsänderung eines der Paare durch Wechselwirkung mit einem Phonon wird durch den Partner ausgeglichen. kTc ist ungefähr die Energie, die benötigt wird, um ein Cooperpaar bei 0K aufzuspalten. 1966: Entdeckung der Supraleitung in einer Keramik, SrTiO3-d mit Ba oder Ca teilweise substituiert für Sr; Tc = 0,55 K. 1979: BaPb0.75Bi0.25O3; Tc = 13 K. 1986: (La, Ba)2CuO4 (Bednarz u. Müller) mit SchichtPerowskit K2NiF4-Struktur. Der Ersatz des Lanthans durch Barium beeinflußt das Cu3+/Cu2+-Verhältnis und erzeugt ein Tc von 35 K (Abb. 14.20.) YBa2Cu3O7-d: Tc = 93 K Struktur: Perowskit-Typ (Abb. 14.21.) YBa2Cu3O7: sowohl Cu3+ als auch Cu2+ existieren. YBa2Cu3O6: Cu+ liegt auch vor. Wegen des Jahn-Fehler -Effekts hängen die Cu-OAbstände vom Oxidationszustand des Cu-Ions ab, so daß ein Transfer eines Elektrons von Cu2+ zu Cu3+ etc. eine Anpassung der Gitterparameter zur Folge hat. Es existiert also ein Mechanismus der Elektron-Phonon-Wechselwirkung, wie in der BCS-Theorie. Abb. 14.19. Übergang zum supraleitenden Zustand für YBa2Cu3O7-d. Abb. 14.17. Der Übergang zum supraleitenden Zustand für Quecksilber (Hg). Abb. 14.18. Kritisches magnetisches Feld Hc als Funktion der Temperatur für Nb3Sn; (b) kritische Stromdichte jc als Funktion des Magnetfeldes bei 4.2 K für Nb3Sn 58 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ 15. Dielektrika und Isolatoren Dielektrika und Isolatoren sind Materialien mit hohen spezifischen elektrischen Widerständen. Für Dielektrika sind auch deren Permittiviäten und Verlustfaktoren von besonderer Bedeutung. Materialentwicklung muß steigende Spannungen bei der Energieübertragung berücksichtigen. Für die Telekommunikation sind höhere Frequenzen erwünscht; das erfordert Dielektrika mit geringen Verlusten, da diese der Frequenz proportional sind. Hohe Verluste bedeuten unakzeptable hohe Temperaturanstiege und geringere Schärfe der Resonanzen in abgestimmten Schaltkreisen. Abb. 14.20. Supraleitung in (La, Ba)2CuO4. Dielektrische Stärke: Elektrische Feldstärke, die gerade ausreicht, um den Durchbruch des Dielektrikums zu erzielen. Sie hängt wesentlich von der Homogenität des Materials, der Probengeometrie, Elektrodenkonfiguration, der Feldart (Gleichspannung, Wechselspannung, gepulster Spannweg) und Umgebungsbedingungen ab. Durchbruchsmechanismen i) Intrinsischer Durchbruch: Bei kontinuierlich ansteigender Spannung beginnt ein kleiner Strom zu fließen, der einen Sättigungswert erreicht. Bei weiterer Spannungserhöhung steigt der Strom plötzlich schnell an innerhalb 10-8 s und der Durchbruch erscheint. Die kurze Anstiegszeit läßt vermuten, daß der Durchbruch elektronischer Natur ist. Erklärung: Durch das elektrische Feld gewinnen die Elektronen kinetische Energie. Diese Energie ionisiert die Komponenten des Festkörpers, erhöht so die Zahl der Elektronen und eine Elektronenlawine ist das Ergebnis (typische Feldstärke 100 MV/m). ii) Thermischer Durchbruch: CC: Joulesche Wärme, AC: Zusätzliche Energieverluste. Wärmeabgabe < Wärmeerzeugung: thermische Zerstörung (vgl. NTC-Thermistor). iii) Entladungs-Durchbruch: Durchbruch wird durch Poren verursacht; Gasentladung innerhalb der Poren ist ein wichtiger Faktor. Das elektrische Feld in einer Pore ist größer als im umgebenden Dielektrikum. Fr einen scheibenförmigen Hohlraum mit der Ebene senkrecht zum angelegten Feld E ist das Feld innerhalb des Hohlraums Abb. 14.21. Die Struktur von YBa2Cu3O7-d.. Ec = er E e rc (15.1) erc,r: relative Permittivität des Hohlraumgases, Dielektrikums. Bei DC ist die Entladung schnell gelöscht, da Keramische Werkstoffe 59 ________________________________________________________________________________________________________________________ das Feld innerhalb des Hohlraums abnimmt. Danach erfolgt wieder eine Aufladung mit folgender erneuter Entladung mit typischem Zeitintervall von 100 s bei Raumtemperatur. iv) Langzeiteffekte. Durchbruch tritt bei Spannungen deutlich unterhalb denen bei normalen schnellen Tests auf. Einfluß von Wetter und atmosphärischer Verschmutzung auf die Oberflächen (Feuchtigkeit, leitende Verunreinigungen). Elektrochemische Ursachen: Ionenwanderung in Körnern und entlang Korngrenzen. Kondensatoren. Mit C = ereo A h (15.2) (A: Fläche, h: Elektrodenabstand) folgt für die spezifische Kapazität C ereo = 2 V h (15.3) Geringe Dichte des Dielektrikums wünschenswert. Die Arbeitsspannung Uw muß um einen Sicherheitsfaktor h niedriger sein als die Durchbruchsspannung Ebh: hUw = E b h Damit ergibt sich für die maximale Energiedichte 1 CU 2w e r e oE 2b = 2 V 2h2 (15.5) e r E 2b : Gütezahl („Figure of merit“) des Dielektrikums. C Vom praktischen Standpunkt ist das Produkt aus und V Uw von Bedeutung, da diese Zahl die Ladungsmenge des Kondensators angibt. (s. Tab. 15.1.) DC-Widerstand des Kondensators RL = r h A (15.6) (r: spezifischer Widerstand des Dielektrikums) Selbstentladung Q(t) = Q o e - tt Tab. 15.1. Typische Werte der volumetrischen Leistungsfähigkeit für verschiedene Arten von Kondensatoren (15.4) (15.7) t=RLC: Zeitkonstante des Kondensators. Diese Größe ist materialabhängig; Einsetzen von (15.2) in (15.6) liefert: R LC = h e r e oA r = e r e or A h (15.8) Konventionelle Kondensatoren: - Polymer-Film. Zwischen Al (aufgedampft), gewöhnlich aufgerollt. Dicke ª einige mm. Polystyren hat außergewöhnlich niedriges tan d (< 10-3), was es für frequenzselektive Schaltkreise brauchbar macht. - Aluminium-ElektrolytKondensatoren: Al-Folie (50m dick), dazwischen poröses Papier. Anodisch wird eine Al2O3-Schicht (0,1 mm dick) gebildet, die das Dielektrikum darstellt. 60 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ - - Tantal-Elektrolyt-Kondensatoren: i) feucht: Poröse Anode mit Ta2O5, H2SO4, ii) fest: Flüssigelektrolyt ist durch MnO2 ersetzt. Mica-Kondensatoren: Dielektrikum = KAl2(Si3Al) O10(OH)2. Kann zu einkristallinen Platten der Stärke 0,25 - 50 mm gespalten werden. Langzeitstabil! Keramische Kondensatoren: Keramiken weisen einen großen Bereich der DK (6 20.000) auf. Klassifizierung: - Klasse I: Niedrige - mittlere DK, e r: 15 - 500, Verlustfaktoren < 0,003, Temperaturabhängigkeit der DK: +100 ... - 2.000 MK-1. - Klasse II: Hohe DK, er: 2000 ... 20.000, Ferroelektrika, Eigenschaften ändern sich stärker mit der Temperatur, dem elektrischen Feld und der Frequenz; Verlustfaktor < 0,03. Hohe spezifische Kapazität - Klasse III: Dielektrikum enthält leitende Phase, die die Dicke des Dielketrikums in Kondensatoren effektiv reduziert, zumindest um eine Größenordnung. Eigenschaften ähnlich zu Klasse II, Spannungen jeoch nur 2 - 25 V. C ≥ 1mF. Multischicht-Kondensatoren. (Abb. 15.1.) Elektrodenabstand 20 m. Außenmaße: 1,25 x 1 x 1 mm3 ... 6 x 6 x 2,25 mm3. C = 1pF ... 2,2 mF Typ: Klasse I, Klasse II. Abb. 15.2. Konvergierende Kraftlinien an den Elektrodenecken; (b) dielektrische Formgebung für Hochspannungs Kondensatoren. Elektroporzellan Isolatoren für Freileitungen: Silikat-Ton-Keramik. Am gebräuchlichsten ist Kaolinit Al2(Si2O5)(OH)4. Flußmittel: Feldspate mit K, Na oder Ca (KAl Si3O8). Diese schmelzen bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen und bilden ein Glas. Füllstoffe sind Quarz, Bauxit, Al2O3, ZrSiO4. Typische Porzellan-Zusammensetzung: 40-60 w/o Ton, 15-25 w/o Flußmittel, 30-40 w/o Füllstoff Durch Mischen mit Wasser entsteht ein Schlicker. Hochspannungs- und Hochleistungs-Kondensatoren. (Abb. 15.2.) Flußlinien sind durch Gestaltung der Elektroden annähernd gleich. (In normalen Plattenkondensatoren sind die Flußlinien an den Enden konzentriert). Abb. 15.1. Schematisches Diagramm einer MulitschichtKeramik-Kondensator Konstruktion Steatit-Porzellane: Al2O3-MgO-SiO2. Illustration von Magnesium-Silikat-Teilen: Abb. 15.5. Al2O3: Dehydration von Bauxit (Al2O3 · 2H2O) führt unterhalb 1000 °C zu g- Al2O3, oberhalb 1000 °C zu aAl2O3 (irreversibler Übergang.) Arrheniusverhalten: Abb. 15.6. Leitfähigkeit von Saphir: Abb. 15.7. Anwendungen: Wo immer außergewöhnlich gute dielektrische Eigenschaften, hohe mechanische Festigkeit und hohe thermische Leitfähigkeit verlangt werden: Zündkerzen, Magnetrone. Keramische Werkstoffe 61 ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 15.3. Übertragungslinien-Isolator. Abb. 15.6. Abhängigkeit von der Temperaturbeständigkeit für verschiedene Konzentrationen von Al2O3. Abb. 15.4. Phasen im Al2O3-MgO-SiO2 System (in wt%) Abb. 15.7. Leitungsprozesse in Saphir als Funktionen von Temperatur und Sauerstoffdruck. Abb. 15.5. Auswahl von Magnesium Silikat-Teilen (bezogen durch Fa. Morgan Matroc Ltd.)