Elementarteilchenphysik III.3.3 Helizität und Chiralität In diesem

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N.BORGHINI
Elementarteilchenphysik
Relativistische Quantenmechanik
III.3.3 Helizität und Chiralität
In diesem Abschnitt werden zwei auf Dirac-Spinoren wirkenden Operatoren diskutiert, und zwar
die Helizitäts- und Chiralitätsoperatoren. Um diese Operatoren von denen des Abschn. (III.3.2) —
die auf die Zustände eines fermionischen Fock-Raums wirken — zu unterscheiden, werden sie ohne
Zirkumflex geschrieben, also als einfache 4×4-Matrizen.
III.3.3
a Helizität
:::::::::::::::::
Man kann zeigen, dass der Spin einer Lösung der freien Dirac-Gleichung keine Erhaltungsgröße
~ nicht mit dem
ist, entsprechend der Tatsache, dass der auf Dirac-Spinoren wirkende Spinoperator S
21
Hamilton-Operator kommutiert. Dagegen ist die Komponente des Spins entlang der Bewegungsrichtung, d.h. die Richtung des Impulses p~, erhalten.
Sei ~ep~ ≡ p~/|~
p | der Einheitsvektor in Bewegungsrichtung eines Dirac-Spinors. Im Folgenden wird
der Helizitätsoperator definiert als
!
~
σ
0
~ mit Σ
~ =
h(~
p) ≡ ~ep~ · Σ
,
(III.39)
0 ~σ
~ ist tatsächlich einfach verknüpft mit dem Spinoperator auf Diracmit σ k den Pauli-Matrizen. Σ
~
~ = Σ.
~ Somit ist die Komponente des Spinoperators entlang der Bewegungsrichtung
Spinoren, S
2
~
Sp~ = 2 h(~
p).
Dank der Beziehung (~
p · ~σ )2 = p~ 2 12 findet man sofort, dass [h(~
p)]2 = 14 ist. Infolgedessen
sind die Eigenwerte von h(~
p) gleich ±1. Ist ein Dirac-Spinor ψ Eigenvektor von h(~
p), so wird der
entsprechende Eigenwert als die Helizität des Spinors bezeichnet: ein Spinor mit Helizität +1 bzw.
−1 hat also eine Spinkomponente ~2 (kurz: ↑) bzw. − ~2 (kurz: ↓) entlang seines Impulses.
Bemerkung: Manchmal (z.B. in Landau & Lifschitz [12] oder Nachtmann [13]) wird die Helizität
als Eigenwert des Spinoperators in Bewegungsrichtung definiert, entsprechend dem Erwartungswert
des oben eingeführten OperatorsSp~ . Die möglichen Helizitäten sind dann ± ~2 statt ±1. Jedenfalls
bleibt das Vorzeichen der Helizität eines gegebenen Spinors ungeändert.
Seien nun die zwei Operatoren
(h)
P± ≡
14 ± h(~
p)
.
2
(III.40)
Es gelten die Beziehungen
(h) 2
(h)
• P±
= P± ;
(h)
(h)
(h)
(III.41a)
(h)
• P+ P− = P− P+ = 0;
(h)
(III.41b)
(h)
• P+ + P− = 14 .
(III.41c)
(h)
(h)
Die Erstere bedeutet, dass P+ und P− Projektoren sind. Dann lässt sich gemäß Gl. (III.41c) jeder
(h)
Dirac-Spinor als Summe von einem Spinor des Bildes von P+ und einem Spinor des Bildes von
(h)
P− schreiben:
(h)
(h)
(h)
(h)
ψ = P+ ψ + P− ψ ≡ ψ+ + ψ− .
Dank Gl. (III.41b) ist diese Zerlegung eindeutig.
Beispiel: Sei z.B. angenommen, dass p~ entlang der z-Achse ausgerichtet ist: p1 = p2 = 0, p3 = |~
p|.
~ = diag(1, −1, 1, −1). Für einen Dirac-Spinor mit „positiver Energie“ führt
Dann gilt h(~
p) = ~e3 · Σ
21
Dieser Spinoperator ist gleich ~ mal dem Generator der Drehungen auf dem durch die Dirac-Spinoren gespannten
Vektorraum, vgl. Abschn. I.1.3.
III. Dirac-Gleichung
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Relativistische Quantenmechanik
Elementarteilchenphysik
Gl. (III.25) unter Berücksichtigung der Normierungskonstante (III.29) zu
p

Ep~ /c + mc ξσ


u(~
p, σ) = 
σ|~
p|
.
p
ξσ
Ep~ /c + mc
Damit findet man h(~
p)u(~
p, σ) = σu(~
p, σ): das Vorzeichen der Helizität ist gerade durch σ gegeben,
das also direkt mit dem Spin (entlang der Bewegungsrichtung) verknüpft ist. Ähnlicherweise zeigt
man für einen Spinor „negativer Energie“, dass h(~
p)v(~
p, σ) = −σv(~
p, σ) ist.
Bemerkung: Betrachtet man jetzt die vier unabhängigen Dirac-Spinoren [Gl. (III.24) und (III.27)]
!
!
!
!
ξ+
ξ−
0
0
N+ (~
p) 6 p + mc
, N+ (~
p) 6 p + mc
, N− (~
p) 6 p − mc
, N− (~
p) 6 p − mc
,
0
0
ξ+
ξ−
so stellen sie ein Teilchen mit Spin (entlang des Impulses) ↑, ein Teilchen mit Spin ↓, ein Antiteilchen
mit Spin ↓, und schließlich ein Antiteilchen mit Spin ↑ dar. Historisch wurde ein Antiteilchen mit
Spin ↓ (bzw. ↑) als ein fehlendes Teilchen — ein „Loch“ — mit Spin ↑ (bzw. ↓) interpretiert, was
die gewählte Ordnung der Zustände erklärt.
III.3.3 b Chiralität
In Abschn. III.2.2 wurde der Chiralitätsoperator γ5 definiert und einige dessen Eigenschaften
dargestellt, insbesondere dass dessen Eigenwerte die Werte +1 oder −1 annehmen kann. Diese stellen
die Chiralität der zugehörigen Eigenvektoren dar.
:::::::::::::::::::
Definiert man jetzt zwei Operatoren
14 − γ5
PL ≡
2
und PR ≡
14 + γ5
,
2
so genügen sie den Beziehungen
2
2
• PL = PL ,
PR = PR ;
(III.42)
(III.43a)
• PL PR = PR PL = 0;
(III.43b)
• PL + PR = 14 .
(III.43c)
D.h., PL und PR sind Projektoren, und jeder Dirac-Spinor lässt sich eindeutig als Summe eines
„linkshändigen“ und eines „rechtshändigen“ Spinors schreiben. Konventionell gilt für Dirac-Spinoren
mit positiver Energie, entsprechend Teilchen,
uL (~
p, σ) = PL u(~
p, σ),
uR (~
p, σ) = PR u(~
p, σ),
(III.44)
was ziemlich natürlich aussieht: linkshändige Teilchen haben die Chiralität −1 und rechtshändige
Teilchen die Chiralität +1. Für Dirac-Spinoren mit negativer Energie, entsprechend Antiteilchen,
definiert man dagegen
vL (~
p, σ) = PR v(~
p, σ), vR (~
p, σ) = PL v(~
p, σ).
(III.45)
Dank der Hermizität von γ5 , Gl. (III.16d), sind PL und PR hermitesch. Somit gilt für die Diracadjungierten Spinoren unter Verwendung der Relation (III.16b)
ūL (~
p, σ) = uL (~
p, σ)† γ 0 = u(~
p, σ)† PL γ 0 = u(~
p, σ)† γ 0 PR = ū(~
p, σ)PR ,
(III.46)
v̄R (~
p, σ) = v̄(~
p, σ)PR .
(III.47)
und ähnlich
Bemerkungen:
∗ Der Chiralitätsoperator γ5 kommutiert im Allgemeinen nicht mit dem Hamilton-Operator eines
freien Spin- 12 -Teilchens, so dass die Chiralität keine Erhaltungsgröße in der Bewegung des Teilchens
ist.
III. Dirac-Gleichung
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∗ Im Gegensatz dazu ist die Chiralität nützlich in der Beschreibung der schwachen Wechselwirkungen, weil die Letzteren nur auf linkshändige Teilchen bzw. rechtshändige Antiteilchen wirken, d.h.
auf Spinoren, die mit PL projiziert werden.
III.3.3
c Helizität und Chiralität masseloser Teilchen
:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Für masselose Teilchen sind die Helizität und die Chiralität einfach miteinander verbunden.
Betrachtet man z.B. wie oben ein Teilchen mit Impuls entlang der z-Achse, dann lautet der entsprechende Spinor
!
p
ξσ
,
u(~
p, σ) = |~
p|
σ ξσ
wobei Ep~ = |~
p|c benutzt wurde. Dann gilt unter Verwendung der Standard-Darstellung (III.14) des
Chiralitätsoperators
!
!
!
p
p
0 12
ξσ
σ ξσ
γ5 u(~
p, σ) = |~
= |~
= σu(~
p, σ).
p|
p|
12 0
σ ξσ
ξσ
Somit ist der Chiralitätseigenwert gleich dem Helizitätseigenwert: ein linkshändiges masseloses Teilchen hat die Helizität −1.
III. Dirac-Gleichung
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