18/11 - Collegium Carolinum

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Arnošt Štanzel
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Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien, München
Exposé
Die Wasserwirtschaft in der Tschechoslowakei und
Rumänien. Ein umwelthistorischer Vergleich
Das Ziel staatssozialistischer Erschließungspolitik – die Modernisierung der Gesellschaft
entsprechend kommunistischer Vorstellungen – sollte in der Tschechoslowakei und Rumänien unter anderem durch große Infrastrukturvorhaben erreicht werden.
In beiden Ländern bildeten dabei wasserwirtschaftliche Bauten einen Schwerpunkt: So
vervielfachte sich die Zahl von Staudämmen, oftmals wurden diese von den Kommunistischen Parteien als Projekte nationaler Überlegenheit dargestellt. Dies galt in besonderem Maße für die Karpaten: In diesen unterentwickelten Gebirgsregionen fanden sich gute Standorte,
sodass in beiden Ländern die Aufbauleistungen in diesen ursprünglichen Naturräumen besonders gepriesen wurden.
Mit voranschreitender Industrialisierung trat ein Problem verstärkt auf: Die Verschmutzung von Fließgewässern. Dem versuchten die Regime durch den Bau von Kläranlagen und
weiterer Maßnahmen wie Gesetzen und Richtlinien Einhalt zu gebieten. Diese beiden Teilbereiche der Wasserwirtschaft dienen in meinem Dissertationsprojekt als Ausgangspunkte für
eine umwelt- und infrastrukturhistorische Untersuchung der Tschechoslowakei und Rumäniens für die Zeit des Staatssozialismus. Sie bieten sich für eine Untersuchung an, da sie zum
einen mit teilweise gravierenden Eingriffen in die Natur verbunden sind, zum anderen zeigen
sie, welche Maßnahmen zum Schutz der Umwelt (nicht) ergriffen wurden. Im Einzelnen
werden im Dissertationsvorhaben folgende drei Leitfragen untersucht:
1. Welche Vorstellungen von Umwelt und Natur lassen sich anhand der Themen Staudammbau und Wasserverschmutzung in der Politik in beiden Ländern beobachten? Und welche Auswirkungen ergaben sich daraus für den Umgang mit Natur?
2. Der (Wieder-)Entdeckung des Raumes im Zuge des spatial turns folgend sehe ich im
Bau und der vielgestaltigen Nutzung von Stauseen durch Bürger und Regime eine „Produkti1
on von Räumen“ . Welche Auswirkungen hatte dies auf die politische, soziale, kulturelle und
wirtschaftliche Situation in den betroffenen Regionen und half sie bei der Legitimierung der
neu angetretenen Regimes? Gleichzeitig ist zu fragen, ob die neu entstandenen Räume die
Wahrnehmung der peripheren Räume verändert haben und diese beispielsweise näher ans
Zentrum banden.
3. Wie ist der Umgang mit Umwelt in der Tschechoslowakei und Rumänien im Vergleich untereinander zu bewerten? Führten ähnliche naturräumliche Gegebenheiten in den
Karpaten und an der Donau in beiden Ländern zu ähnlichen Entwicklungen? Oder gab es
spezifische Ansätze in der Tschechoslowakei und Rumänien? Zudem wird die Frage gestellt,
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Vgl. Lefebvre, Henri: Production of Space. Malden 2011 [original 1974 auf französisch erschienen].
18. Münchner Bohemisten-Treffen, 7. März 2014 — Exposé Nr. 11
Von Wasserträumen und Wasserräumen
im Staatssozialismus
ob man sich an der Sowjetunion orientierte, bezog man sich auf bereits bestehende inländische Traditionen oder diente der Westen als Vorbild?
Untersuchungszeitraum:
Zentraler Untersuchungszeitraum ist die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Jahr 1989
– er beinhaltet damit die Zeit der euphorischen Indienstnahme von Wasserbauprojekten für
die entstehenden sozialistischen Gesellschaften bis zum krisenhaften Ende des Staatssozialismus. Dabei drängt sich die Frage nach Veränderungen im Verhältnis von Mensch und
Umwelt unter den politischen Bedingungen des Staatssozialismus auf, wo es nicht zur Entstehung einer öffentlichen Bürgerbewegung kommen konnte, wie dies in Westeuropa der Fall
war.
Untersuchungsgegenstand:
Das Verhältnis von Mensch und Natur soll anhand der politischen Entscheidungen und Maßnahmen in den Bereichen Staudammbau und Wasserverschmutzung analysiert werden.
Konkrete Aspekte des Mensch-Umwelt-Verhältnisses werden anhand von drei Fallbeispielen im jeweiligen Land untersucht. Im Rahmen der Tschechoslowakei liegt der Schwerpunkt dabei auf dem slowakischen Landesteil, da bei diesem die naturräumlichen und sozioökonomischen Bedingungen vergleichbar mit denen Rumäniens gewesen sind. Untersucht
wird der Bau eines Staudamms, der Umgang mit dem Problem der Wasserverschmutzung
und der Bau von Wasserkraftwerken an der Donau.
Folgende Fälle werden untersucht:
In der Tschechoslowakei wird die Oravská priehrada (Orava-Stausee) im Nordwesten der
Slowakei betrachtet. 1953 in Betrieb genommen und als „Großbau des Sozialismus“ gefeiert,
deckt sie die gesamte Zeit des Staatssozialismus in der Tschechoslowakei ab und bietet sich
daher für eine Untersuchung sehr gut an. Ein Vergleichbares Projekt findet sich Rumänien
mit dem größten Stausee der Landes, dem Barajul Izvorul Muntelui, dessen Bau und Inbetriebnahme ebenfalls in die Aufbaujahre des Sozialismus fällt.
Die steigende Wasserverschmutzung von Flüssen und anderen Gewässern ab den 1950er
Jahren versuchten beide Länder mit Medienkampagnen, Wasserschutzgesetzen, Geldstrafen
und Richtlinien zu bekämpfen. Wie sahen diese Maßnahmen im Detail aus, inwiefern waren
diese erfolgreich, inwiefern scheiterten sie?
Drittes Fallbeispiel ist der Bau der großen Wasserkraftwerke an der Donau, GabčíkovoNagymaros (Tschechoslowakei-Ungarn) und Eisernes Tor I (Rumänien-Jugoslawien/Serbien). Während Gabčíkovo nicht nur zu einem großen Streitfall zwischen der Tschechoslowakei/Slowakei und Ungarn wurde, sondern auch zu einem der Kristallisationspunkte der
Umweltbewegungen in der Slowakei und Ungarn, wurde das jugoslawisch-rumänische Kraftwerk als Symbol nationaler Stärke gefeiert. Beide Wasserbauwerke sind in den Ländern von
hoher Bedeutung und bieten daher gut untersuchbare Einblicke in das Verhältnis von Mensch
und Umwelt.
Verwendete Quellen:
Als Quellen dienen zum einen Parlaments- und Parteitagsreden sowie entsprechende Gesetze
zu den untersuchten Themenkomplexen. Des Weiteren werden Dokumente aus den Zentralkomitees der Kommunistischen Parteien sowie Archivalien lokaler und regionaler Durchführungsorgane wir den Nationalausschüssen untersucht werden.
Ein zweiter Quellenkomplex sind Artikel aus Zeitungen, (Fach-)Zeitschriften und relevanten Monografien und Sammelbänden.
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