TV im Web: Ein Traumszenario erobert den digitalen Markt INTERVIEW Weltweit steigt die Zahl der Web-Sender, auch die Reichweiten der Angebote wachsen. Die Verbindung der hohen Emotionalität von grossformatigen Bewegtbildern mit den interaktiven Möglichkeiten im Internet ist ein Traumszenario. Interview mit Martin Radelfinger, Managing Director, Goldbach Audience. VON Jaromir Löffler MK Internet-TV liegt im Trend. Weltweit steigt die Zahl der WebSender. Wo steht die Schweiz? Martin Radelfinger Grundsätzlich muss man zwischen der zeitgleichen und integralen Weiterverbreitung von konventionellen Fernsehinhalten, Internet-TV und der Bereitstellung von Video on demand unterscheiden. Innerhalb der Inhalte, die speziell für das Internet produziert werden, differenziert man ferner zwischen short form und long form. Hervorzuheben, da er stark von klassischen Medien abweicht, ist dabei der sogenannte User generated content, also Inhalt, der von Internetnutzern selbst ins Netz gestellt und verbreitet wird (Beispiel: Youtube). In der Schweiz sieht es aktuell so aus, dass noch keine qualitativ hochwertigen Inhalte speziell und ausschliesslich für Internet-TV oder Web-TV produziert werden, die sich gegenüber den über das Internet weiterverbreiteten konventionellen TV-Inhalten behaupten könnten. Dies ist auch eine Hürde in anderen kleineren Märkten und sicher vergleichbar mit den ersten Stunden der Lokal- und Regionalsender. Im Bereich der Verbreitung von Fernsehinhalten im Internet dominieren in der Schweiz die zwei grossen Aggregationsplattformen Wilmaa und Zattoo und natürlich die Videoplattform des Schweizer Fernsehens. MK Wo liegen die Schwerpunkte im Einsatz und Angebot? Radelfinger Einerseits in der Weiterverbreitung von TV-Inhalten im Internet und andererseits in der Anreicherung dieser Inhalte mit Interaktionsmöglichkeiten wie beispielsweise der Integration von Community Features, durch welche sich das Fernseherlebnis im Internet im Vergleich zum klassischen TV abhebt. Verschiedene Sender haben mit eigenen Internet-TV-Angeboten experimentiert, doch das Modell der 34 Online Aggregationsplattformen scheint sich generell durchzusetzen. Dieses Angebot kann wie Hulu in den USA einige Sender bündeln oder wie die grossen Aggregatoren in der Schweiz das gesamte TV-Programm weiterverbreiten. MK Wo werden die Akzente bei Goldbach Audience gesetzt? Radelfinger Innerhalb des Goldbach Audience Bewegtbild-Portfolios werden Werbemöglichkeiten sowohl im InPage- wie auch im InStream-Bereich angeboten. Das heisst, Bewegtbildwerbung kann ähnlich wie im klassischen TV als Unterbrecherwerbung vor, zwischen oder nach Video-bzw. TV-Inhalten gezeigt werden (InStream), oder aber Online-TV- Spots werden innerhalb von Bannerformaten auf ‚konventionellen‘ Werbeplätzen aufgeschaltet (InPage). Goldbach Audience fokussiert dabei auf strukturierte Netzwerkprodukte (Aggregationen) innerhalb von Premium-Umfeldern, um für Kunden und Agenturen Werbelösungen mit maximalen Reichweiten und einheitlichen Formaten auf exklusiven Plattformen be- Martin Radelfinger, Managing Director, Goldbach Audience reitstellen zu können. Ein grosses Thema bei Goldbach Audience ist die Entwicklung von innovativen, grossflächigen InPage Ads, die kreative Werbespots noch besser in Szene setzen und noch näher an klassische TV-Werbung herankommen. Neuester Wurf aus dem Hause Goldbach ist der Swiss Internet TV Pool, der – in Zusammenarbeit mit RTL Interative- Werbung innerhalb qualifizierter TV-Inhalte ermöglicht. MK Wie sieht es bei der Nutzung/ Reichweiten aus? Radelfinger Die Reichweite der Angebote steigt immer noch rasant. Offensichtlich trifft InternetTV, speziell das Aggregationsmodell, auf ein Bedürfnis von hauptsächlich jüngeren Zielgruppen, Die Entwicklung der beiden Internet TV Plattformen gemäss Net-Metrix die via PC oder mobile Endgeräte fernsehen. Befragungen zeigen auch, dass Internet-TV oft als Zweitlösung in einem Haushalt konsumiert wird, wenn das TVGerät besetzt ist, oder TV-Nutzer gar kein Fernsehgerät besitzen. MK Welche Vorteile werden bei Brand Building ausgespielt? Radelfinger Die Verbindung der hohen Emotionalität von Bewegbildern mit der Präzision und den interaktiven Möglichkeiten des Internets ist ein Traumszenario. Neben dem emotionalen, bildstarken Transport von Markenbotschaften wird Werbung präzise gemessen, zielgerichtet ausgesteuert und fortlaufend optimiert, so dass Streuverluste begrenzt und Werbemittelkontakte dosiert werden können. Ein weiterer, grosser Vorteil sind die Interaktionsmöglichkeiten ohne Medienbruch. Ein gutes Beispiel einer intelligenten Integration von Werbung in ein interaktives TV-Umfeld ist die laufende Sanagate-Kampagne. In dieser Werbung wird ein Werbespot gezeigt und gleichzeitig wird aufgrund von Profilinformationen die gerechnete Prämie unterhalb des Videos eingeblendet. Mit einem Click auf die Werbung gelangt der Nutzer anschliessend auf die Sanagate-Website. MK Und die Werbemöglichkeiten? Radelfinger Generell kann im InPage-Bereich Videowerbung innerhalb von jedem beliebigen Bannerformat gezeigt werden. Im InStream-Bereich werden vor allem Pre-, Mid- und Post-Rolls angeboten. Diese Spots sind in der Regel bis max. 30 Sekunden lang und können nicht weggeklickt werden. Interessante, interaktive Beispiele gibt es auf Wilmaa, wo Pre- und Mid-Rolls mit Sprechblasen kombiniert werden, wobei Werber in direkten Dialog mit den Usern treten kann, ohne deren TV-Konsum zu unterbrechen. n Marketing & Kommunikation 12/10