Moby Dick verkauft Möbel - Forum

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Thema des Monats Passivhäuser
Einrichtungshaus
Moby Dick verkauft Möbel
Wer Naturmöbel verkauft, möchte seine Waren auch natürlich präsentieren:
„Kohler – Natürlich Einrichten“ entschied sich deshalb auf Anraten seines Architekten
für ein Passivmöbelhaus. Es ist das erste in ganz Europa.
D
as erste Passivmöbelhaus Europas überlässt nichts dem Zufall.
Dämmung, Belichtung, Außenwirkung – alles haben Bauherr, Architekt und Handwerker genau durchdacht. Dass die Immobilie ökologisch
sein sollte, hatte sein Eigentümer von
Anfang an vorgegeben. Schließlich
verkauft er Naturmöbel.
Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist ein „… na ja, es ist ein Walfisch geworden“, lacht Architekt Erwin Keck. Kein echter natürlich. Doch
von der Seite gesehen erinnert der
mit einem runden Dach gedeckte
Hauptbaukörper, aus dem sich eine
gegenläufig gekrümmte Eingangshalle herausschiebt, eindeutig an
Moby Dick. Ein kreisförmiges Fenster
markiert das Auge, eine Fensterreihe
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im Obergeschoss erinnert an eine Rückenfinne, eine Tür im Erdgeschoss
verwandelt sich mit ein wenig Phantasie in eine Flosse, die den Weg hinter die rot-gelb gestrichene Fassade öffnet.
Massives Zentrum
Das Eingangsfoyer orientiert sich
Richtung Besucherparkplatz. Hinter
einem überhöhten Windfang macht
sich die Ausstellungsfläche über die
gesamte Gebäudelänge hinweg breit.
Vom Foyer aus führt eine halb gewendelte Treppe in die geschwungene Galerie in der ersten Etage: ebenfalls Ausstellungsgelände. Insgesamt
1003 m² Verkaufsfläche kommen so
zusammen. Büros, WCs, Lagerräume
mikado 4.2009
sowie die Anlieferung reihen sich
abseits des Kundenverkehrs im ebenerdigen rückwärtigen Teil des Möbelhauses aneinander.
Das Zentrum – und nur das Zentrum – ist massiv: Die aus Beton
gegossene Galeriedecke lagert auf
25/60 cm dicken Betonstützen und
auf einer gemauerten Ziegelwand
auf, die die Verkaufsräume gegen die
im rückwärtigen Hallenteil angeordneten Büros abgrenzt. Der Rest des
Gebäudes basiert auf Holz.
Um die Waren bestmöglich zu präsentieren, ist die dem Kundenparkplatz zugewandte Eingangsfront im
Nordosten des Gebäudes großflächig
verglast. Auch im Südosten und im
Südwesten ziehen hohe Glaselemente
so manch neugierige Blicke an und
Thema des Monats Passivhäuser
▸▸Eindeutig ein
Wal: Das
kreisförmige
Fenster
markiert das Auge
◂◂Zahlreiche
Konstruktionen
brachte
der Architekt aufs
Papier,
bis sich „Kohler
– Natürlich
Einrichten“ für
diese Form
entschied. Es ist
das erste
Passivmöbelhaus
in Europa
ausgefacht – der Energiebilanz zuliebe. Frostige Füße umgeht das Gebäude mit Hilfe einer 40 cm Blähglasschotterschicht, die unterhalb der
Bodenplatte aufgeschüttet ist.
Hobelspäne halten warm
Auch die im Schnitt 26 cm dicke
Dämmschicht in Wänden und Dach
spart Heizkosten. Das dabei verwendete Material ist ebenso billig wie
einfach verfügbar: unbehandelte Hobelspäne. „Allerdings mussten wir
eine Sondergenehmigung respektive
eine Zustimmung im Einzelfall von
der obersten Baubehörde einholen“,
erzählt Keck. Unzählige Brandversuche erbrachten den Nachweis, dass
die Hobelspäne der Baustoffklasse
B2 entsprechen. Das tun sie allerdings nur dann, wenn sie auf das
richtige Maß verdichtet sind. Dementsprechend fertigte der mit den Arbeiten beauftragte Zimmerer Jarde
Holzbau sämtliche Fassadenbauteile
im Betrieb vor und brachte dort die
Dämmung ein. Die fertigen Elemente
lassen gleichzeitig wertvolle Globalstrahlung tief in die Räume eindringen. Der energiehaltigen direkten
Sonneneinstrahlung schieben Form
und Anordnung der Fenster hingegen einen Riegel vor.
Form verhindert Verluste
Die sich an einer Tonne orientierende kompakte Gestalt des Möbelhauses reduziert die Energieverluste über
die Außenhülle. Um den Passivenergiestandard zu erreichen, sind parallel zur Form auch Konstruktion und
Energieversorgung des Gebäudes optimiert. So sind die aus einer Pfosten-Riegel-Konstruktion konzipierten
Fensterfronten mit einer Dreifachverglasung mit einem U-Wert von 0,8
www.mikado-online.de
▸▸Hobelspäne
dämmen
die Außenwände
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Thema des Monats Passivhäuser
mussten auf der Baustelle nur zusammengesetzt werden.
Die Vorteile dieser Dämmmethode sind enorm: „Wir haben vor
etwa zehn Jahren im Rahmen eines
Forschungsvorhabens der Holzforschung München unter der Leitung
von Prof. Dr. Gerd Wegener einen
Feldversuch durchgeführt“, erläutert
Keck. Das Institut beobachtete und
untersuchte das Dämmverhalten von
vier Sorten unbehandelter Holzreststoffdämmungen, im Vergleich mit
14 konventionellen Dämmstoffen.
▴▴Brandversuche
zeigten, dass
Hobelspäne der
Baustoffklasse
B2 entsprechen.
Das tun sie
allerdings nur
dann, wenn
sie richtig
verdichtet sind
▸ In hellen und
geräumigen
Verkaufsräumen
präsentiert
der Bauherr seine
Möbel
Gut und Günstig
Das Ergebnis: Der Dämmwert von
Hobelspandämmung ist mit einer
Wärmeleitfähigkeit von 0,055 W/
(mK) zwar etwas schlechter als der
anderer Dämmstoffe, doch die Speicherung ist um ein Vielfaches besser.
„In Summe gesehen ist Hobelspandämmung anderen Dämmungen in
einigen Bereichen weit überlegen und
zudem wesentlich günstiger“, versichert Keck. „Sie kostet 70 % weniger
als handelsübliche Dämmungen.“
Die zur Galerie ausgebaute monolithische Betondecke über dem Erdgeschoss wirkt dank 25 cm Dicke und
Betonkernaktivierung wie ein gigantischer Speicher. Im Sommer senkt die
über einen Edelstahlwärmetauscher
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durch das Grundwasser gekühlte Decke die Raumtemperatur, im Winter
erwärmt es sie.
Heizen lohnt sich nicht
Eine Wärmepumpe temperiert das aus
rund 9 m Tiefe per Saugschacht mit
3 m Wassersäule geförderte Nass zuvor auf die gewünschte Temperatur.
An heißen Tagen wird mit der konstant 14 bis 15 °C kühlen Flüssigkeit über einen Wärmetauscher neben der Betondecke auch die Luft
der Lüftungsanlage gekühlt, um
Flügeldach (von außen nach innen)
Kunststoffabdichtungsbahn
26 mm Schalung
max. 260 mm waagerecht liegende Hölzer
Steinwolledämmung
dampfadaptive Folie
15 mm OSB-Platte
Dachträger
16/38 BS14
Nebenträger
10/26 NH
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anschließend wieder in den Schluckschacht eingeleitet und dem Grundwasser zugeführt zu werden. An
kalten Tagen verläuft die Energiegewinnung auf zwei Schienen: über
die kontrollierte Lüftungsanlage mit
Wärmerückgewinnung sowie jene Betonplatte mit Betonkernaktivierung.
Die durch das erwärmte Grundwasser
temperierte Betonplatte heizt durch
Strahlungswärme und durch direkte
Wärmezufuhr über die Luft.
Die Energiebilanz fällt dementsprechend positiv aus: Der Jahresheizenergiebedarf liegt bei 13,1 kWh/
Fotos und Zeichnungen: Keck-Architekten und Fotograf Herbert Geiger, Ehingen
Thema des Monats Passivhäuser
m² und Jahr. Daraus errechnet sich
eine Wärmelast von 11,8 W/m². „Das
ist in etwa ein Achtel des nach EnEV
geforderten Werts“, erklärt Keck.
Energiesparen rechnet sich
Das Passivmöbelhaus hat einen Gesamtenergiebedarf von rund 14 950
kWh im Jahr. Ein vergleichbares Gebäude nach EnEV bräuchte 119 000 kWh/Jahr. Der Bauherr
spart rund 19 800 Euro pro Jahr
an Energiekosten, und das bei nur
ca. 40 000 Euro Mehrkosten für die
Passivhausbauweise. „Die Realität
liefert sogar noch günstigere Ergebnisse, weil wir im Raum viele Lampen haben, die bei der Ursprungsberechnung nicht angerechnet werden
konnten“, fügt der Architekt hinzu.
Der Verbrauch sei sogar so gering,
dass ein Contracting-Unternehmen,
das der Bauherr um ein Angebot für
die Lieferung von Heizenergie gebeten hatte, dankend ablehnte. „Das
rentiert sich für uns nicht“, hieß es.
Ähnliche Aussagen wird wohl auch
der Stromlieferant machen, denn
eine Photovoltaikanlage auf der
▴▴Die Zimmerer
fertigten die
Elemente im Werk
inklusive
Dämmung vor
und montierten
sie vor Ort
Südwestseite des Gebäudes erzeugt
rund 33 kWp (Kilowatt-Peak). Das
ist das Dreifache des Strombedarfs,
den der Möbelmarkt selbst aufweist.
Christine Ryll, München ▪
Steckbrief
Bauvorhaben:
Neubau eines Möbelhauses
in D-88453 Erolzheim
www.kohler-einrichten.de
Bauweise:
Holzrahmenkonstruktion
Bauzeit:
November 2007 bis Juni 2008
Baukosten:
Kuppeldach (von außen nach innen)
Stehfalzdach bombiert aus verzinktem Stahlblech
6/6 cm Konterlattung ı 12/30/6 cm Lärchenklötze
Acryl-Winddichtungsbahn, verschweißt
26 mm Schalungı 400 mm waagerecht liegende Hölzer
Hobelspandämmung ı 150 mm OSB-Platte
16/60 cm Bogenbinder BS14
rund 840 000 Euro (KG 3+4)
Nettogrundfläche: 1302 m²
Umbauter Raum: 6466 m³
Planer/Architekt:
Keck-Architekten
Erwin Keck
D-88416 Ochsenhausen
www.keck-architekten.de
Statik:
Josef Müller
D-88456 Kirchberg
Holzbauer:
Zimmermeisterhausmanufaktur
Jarde Holzbau GmbH
D-88167 Gestraz
www.Jarde-holzhaus.de
www.mikado-online.de
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