9. HERSTELLUNGEN Ad hoc-Herstellung: Herstellung von Arzneimitteln zur unmittelbaren Abgabe auf Kundenwunsch hergestellte Arzneimittel „Ad hoc“: lat. Bedeutet „für diesen Augenblick gemacht“ oder „zur Sache passend“ Rezeptur: Herstellung von Arzneimitteln zur unmittelbaren Abgabe an einen Kunden (gemäss Ph.Helv.) Defektur: Herstellung von Präparaten in grösseren Mengen für den Vorrat (z.B. Hausspezialitäten). 9.1. Herstellung gemäss Pharmakopöe Umfasst sämtliche Arbeitsgänge: Beschaffung von Material und Ausgangsstoffe Verarbeitung: Produktion / Fertigung Verpackung Qualitätskontrolle Freigabe Lagerung Auslieferung an den Endverbraucher 9.2. Formula-Arzneimittel Ohne Zulassungspflicht durch Swissmedic Nur für die Abgabe an die eigene Kundschaft bestimmt Eingeschränkte Wirkstoff-Auswahl Risikoprüfung durch den Apotheker für jede Herstellung erforderlich Formula magistralis: Arzneimittel auf ärztlicher Verschreibung für eine bestimmte Person Formula officinalis: Arzneimittel aus der Pharmakopöe oder anderen Formularien (Gegenwärtig anerkennt Swissmedic keine Formularien ausser der Pharmakoöe an) für die eigene Kundschaft ÜK I – Labortage 2017 Sylvie Saxer Seite 13 Formula propria = Eigene Formel: nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel, hergestellt nach eigenem Rezept für die eigene Kundschaft Formula hospitalis: In Spitalapotheke hergestellt 9.3. GMP Sie sind in der Lage, den Nutzen der GMP-Richtlinien für unsere Kunden zu wiedergeben. Sie können die gesetzlichen Grundlagen zur Good Manufacturing Practice aufzählen. Sie können 5 wichtige Elemente der GMP-Regeln beschreiben. 9.3.1.Wer definiert die Herstellungsqualität? HMG Art.7 Anforderungen an die Herstellung: Arzneimittel müssen nach den anerkannten Regeln der Guten Herstellungspraxis (GMP) hergestellt werden. GMP heisst Good Manufacturing Practice. Oder zu Deutsch gute Herstellungspraxis. Die GMP- Regeln stammen aus der Pharmakopöe (Kapitel 20 Supplement 11.1 der Ph. Helv) und müssen in der Apotheke immer eingehalten werden! Die Ziele der GMP Regeln sind: Einheitlicher Qualitätsstandard aller Arzneimitteln Einheitliche Anforderungen für alle Hersteller Diese Richtlinien betreffen die Produktionshygiene, die Qualitätskontrolle und die Dokumentation aller Arbeitsschritte. Sie dienen der Einhaltung klarer Herstellungsabläufe. Die GMP Regeln stellen also sicher, dass ein Medikament immer auf die gleiche Art und Weise und in gleicher Qualität hergestellt wird. So können Fehler und Verwechslungen vermieden werden. Auch Kreuzkontaminationen (Verunreinigung von einem Produkt zu einem anderen) sollen ausgeschlossen werden. Deshalb darf an einem Arbeitsplatz ÜK I – Labortage 2017 nur eine Arbeit gleichzeitig Sylvie Saxer durchgeführt werden. Seite 14 9.3.2.Die Regeln umfassen folgende Punkte 1. Qualitätssicherungssystem 2. Personal 3. Räumlichkeiten und Ausrüstung 4. Dokumentation 5. Produktion 6. Qualitätskontrolle 7. Herstellung im Lohnauftrag 8. Beanstandung 9. Selbstinspektion 9.3.3.Räumlichkeiten: Der Herstellungsbereich muss vom Publikum abgetrennt sein, am besten wäre ein separater Raum mit einer Türe. Die Toiletten dürfen nicht in direkter Verbindung zum Herstellungsbereich stehen. Der Raum muss das Eindringen von Insekten und Tieren verhindern (Fenster schliessen oder Fliegengitter einbauen). Zudem soll der Bereich frei von nicht benötigtem Material, sauber und desinfiziert sein. Arbeitsfläche und Waschbecken müssen räumlich getrennt sein. Das Labor soll leicht zu reinigende Arbeitsflächen aufweisen. Kein Essen und Trinken im Herstellungsbereich. 9.3.4.Verantwortlichkeiten Verantwortlich für die Herstellung in der Apotheke ist die Fachtechnisch verantwortliche Person = Der Betriebsleitende Apotheker. Der Apotheker kann Aufgaben an eine Pharma- Assistentin delegieren, die Schlussverantwortung bleibt aber beim Apotheker. Das heisst, der Apotheker muss jedes hergestellte Produkt am Ende kontrollieren und freigeben. Falls ein Fehler passiert, muss die Pharma- Assistentin allerdings auch Verantwortung übernehmen. Wenn auch in kleinerem Mass als der Apotheker. ÜK I – Labortage 2017 Sylvie Saxer Seite 15 9.4. Herstellungsbeispiele 9.4.1.Herstellen von Flüssigmischungen Gut mischen, damit die Konzentration im ganzen Gefäss gleich ist. 9.4.2.Herstellen von Lösungen Pulveranteil separat abwägen, vorlegen und in der Flüssigkeit lösen (Magnetrührer) 9.4.3.Herstellen von Verdünnungen Konzentrat mit Lösungsmittel verdünnen. Vorsicht bei starken Säuren oder Laugen: Zuerst das Wasser, dann die Säure sonst geschieht das Ungeheure! -> Schutzbrille und Handschuhe tragen! 9.4.4.Herstellen einer Teemischung „Wenig vor viel“, d.h. die kleinste Menge wird zuerst eingewogen „Voluminös vor schwer“, d.h. die kleinen, schweren Drogenanteile werden zuletzt beigemischt 9.4.5.Herstellen von halbfesten Produkten Zu den halbfesten Zubereitungen gehören nach Arzneibuch Salben, Cremes, Gele oder Pasten, jede dieser Arzneiformen kann sowohl hydrophil als auch lipophil vorliegen. „Zu gleichen Teilen“ arbeiten. Mischen in der Reibschale mit Pistill. Falls schmelzen erforderlich ist: Auf dem Wasserbad oder in der Mikrowelle. 9.4.6.Suspensionen d.h. Salben, Cremes oder Flüssigkeiten mit Pulveranteil: Feste Bestandteile abwägen und zu gleichen Teilen mit der Grundlage vermischen. 9.4.7.Emulsionen Wasser (dünnflüssig) in Grundlage (dickflüssig) einarbeiten. Nie umgekehrt. Oft empfiehlt es sich, die Grundlage zu schmelzen und dann die Flüssigkeit einzuarbeiten. Beide Phasen werden bei gleicher Temperatur verarbeitet. Danach „kaltrühren“. ÜK I – Labortage 2017 Sylvie Saxer Seite 16 9.5. Verdünnungen Sie sind in der Lage, die 3 verschiedenen Prozentangaben von Verdünnungen zu definieren. Sie kennen eine einfache Regel um eine korrekte Verdünnung zu berechnen. Eine Verdünnung wird durch eine Konzentrationsangabe „pro cent“ oder „%“, also „pro 100“ genau definiert. Für äusserlich anzuwendende Präparate können Gewichts- und Volumen-Prozente verwendet werden. Für innerliche Präparate müssen die flüssigen Bestandteile immer Volumenteile sein. (Bsp. Angaben auf Antibiotika-Sirupe!) Prozent m/m (Prozentgehalt Masse pro Masse) bedeutet die Anzahl Gramm einer Substanz in 100g Endprodukt. Wird auf der Waage hergestellt. Prozent V/V (Prozentgehalt Volumen pro Volumen) bedeutet die Anzahl Milliliter einer Substanz in 100ml Endprodukt. Wird mit Messzylinder hergestellt. Prozent m/V (Prozentgehalt Masse pro Volumen) bedeutet die Anzahl Gramm einer Substanz in 100ml Endprodukt. Dazu braucht es die Waage und ein Messzylinder. Nicht mehr in der Pharmakopöe verwendet! Die herzustellende Menge muss bekannt sein. Man rechnet der Einfachheit halber mit „Kunde mal Kunde geteilt durch Apotheke“. Das heisst, das Volumen, welches der Kunde wünscht, mal die gewünschte Konzentration (%), geteilt durch die Konzentration, welche in der Apotheke vorrätig ist (muss grösser sein als die vom Kunden gewünschte Konzentration) ergibt die einzuwiegende Menge des vorrätigen Stoffes. Mit Wasser wird auf das gewünschte Volumen, bzw. Masse aufgefüllt. 9.5.1.Alkoholverdünnung Alkohol ändert beim Verdünnen seine Dichte Man kann sich das so vorstellen: Wir mischen gleiche Menge (g) Zucker und ganze Mandeln. Das entstehende Volumen entspricht nicht dem Volumen des Zuckers plus das Volumen der Mandeln, da der Zucker zwischen den Mandeln verschwindet. Das ÜK I – Labortage 2017 Sylvie Saxer Seite 17 Endvolumen wird kleiner sein. Dasselbe passiert bei der Alkohol- WasserVerdünnung. Deshalb nehmen wir die Alkoholtabelle zur Hilfe. → Zusatzblatt: Alkohol-Verdünnungstabelle FH 10. DICHTE Sie können die Definition der Dichte nennen Sie können mühelos Umrechnungen aus Dichte, Masse und Volumen vornehmen Sie wählen die korrekte Grösse an Abgabegefässen für Flüssigkeiten aus 10.1. Definition Die Dichte ist eine temperaturabhängige Stoffkonstante für homogene feste, flüssige und gasförmige Körper. Als Dichte (ρ) bezeichnet man das Verhältnis der Masse (m) eins Körpers zu seinem Volumen (V). Zwei Körper mit gleichem Volumen besitzen nicht die gleiche Masse, wenn sie aus unterschiedlichem Material bestehen. D.h. die Masse eines Körpers hängt ausser von seinem Volumen auch vom Material ab. Ist die Dichte eines Stoffes = 1, so entspricht das Volumen der Masse, d.h. V = m = 1. Ein klassisches Beispiel ist Wasser. Da Wasser beinahe eine Dichte von 1g/ml hat, ist es relativ einfach zu rechnen. 1L Wasser wiegt also 1 kg, 1ml wiegt 1g. Alkohol ist aber weniger dicht als Wasser, deshalb ist 1 kg Alkohol voluminöser als 1 kg Wasser. Bsp.: 1 kg Blei = 1 kg Watte, aber das Volumen von 1 kg Blei ist kleiner als das Volumen von 1 kg Watte. ÜK I – Labortage 2017 Sylvie Saxer Seite 18 10.2. Merksätze Merke: D < 1: Flasche grösser wählen als gewogene Masse (V>m) D > 1: Flasche kleiner wählen als gewogene Masse (V<m) 10.3. Zusammenfassung Dichte (g/ml) = Masse (g) : Volumen (ml) Volumen (ml) = Masse (g) : Dichte (g/ml) Masse (g) = Dichte (g/ml) * Volumen (ml) 11. PREISBERECHNUNG Sie handhaben zielsicher die beiden Grundlagen der Preisberechnung (ALT und HV) für individuelle Herstellungen Sie erwirtschaften Ihren Lohn dank kompletter Preisberechnung Eine fixe Mischung kostet bei Ihnen immer gleich viel 11.1. Preisberechnung nach ALT ALT= Arzneimittelliste mit Tarif (Gilt für Rezepturen) Die Liste umfasst die Preise für Substanzen, die zur Herstellung von Medikamenten notwendig sind, die Preise für die Arbeit des Apothekers und die Preise der Abgabegefässe. Die einzelnen Preise werden addiert und setzen so den Preis des Medikamentes fest. Der Preis wird von der Krankenkasse übernommen (Grundversicherung) Die Einheiten sind für die festen Substanzen in Gramm und für die flüssigen in Milliliter angegeben. Der Publikumspreis ist in Franken angegeben. ÜK I – Labortage 2017 Sylvie Saxer Seite 19 11.1.1.Substanzen Der Preis der nächsthöheren Gewichtsangabe darf nicht überschritten werden. Bsp.: Wenn 1g = 0.1 Fr und 10g = 0.6 Fr kosten, so sind 5g = 0.5 Fr., 7,8,9 und 10g = 0.6 Fr. und 12g = 0.7 Fr. Runden: Bis 2 Rp. abrunden auf 0 (52 Rp.-> 50 Rp.) 2,1 bis 4.9 Rp. aufrunden auf 5 Rp. (53 Rp. -> 55 Rp.) 7.1 bis 9.9 Rp, aufrunden auf 10 Rp. (58 Rp. -> 60 Rp.) In den Substanztarifen ist die MwSt. bereits enthalten 11.1.2.Leistungen Die Leistungen werden in Taxpunkten verrechnet. Ein Taxpunkt beträgt Fr. 1.08 inkl. MwSt. ÜK I – Labortage 2017 Sylvie Saxer Seite 20 11.1.3.Gefässe Der Preis für die Gefässe wird in Franken angegeben. 11.1.4.Spezialfälle Wird eine Spezialität (z.B. Bepanthen Creme®) in eine Rezeptur eingearbeitet, so darf der wirtschaftlichste Preis dafür genommen werden. Der Minimalpreis für eine Substanz beträgt 0.1 Fr. Der Minimalpreis für eine Rezeptur beträgt 5 Fr. 11.2. Preisberechnung nach HV 11.2.1.Handverkaufstaxe oder Basler Taxe Auch Basler Taxe genannt. Sie gilt für Substanzen und Teedrogen im Handverkauf (nicht auf Rezept) Prinzip: Einkaufspreis pro kg x 1.818 + 4.Das entspricht einer Marge von 45% 11.2.2.Vorgehen Preis unter lateinischem Namen der abgefüllten Substanz nachschauen. Beim Abwägen: unter g nachschauen. Beim Abfüllen: unter ml nachschauen Falls man eine Menge abfüllt, die nicht in der HV aufgeführt ist, muss man aufrechnen. Man geht vom Preis für die nächste tiefere Menge aus. ÜK I – Labortage 2017 Sylvie Saxer Seite 21 Bsp.: Füllt man 40g ab, geht man vom 30g Preis aus, teilt den durch 30 mal 40 und erhält so den Preis. Dieser darf aber nicht teurer sein als der Preis der nächsthöheren Menge (50g). Sonst nimmt man den Preis für 50g. Dazu kommt noch der Preis des Gefässes (vorne im HV in einer Tabelle aufgeführt) 11.2.3.Teemischung ÜK I – Labortage 2017 Sylvie Saxer Seite 22