Josef Friedrich Perkonig und Hans Steinacher

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Karin Gradwohl-Schlacher
Josef Friedrich Perkonig und Hans Steinacher
Zwei Karrieren von der Kärntner Volksabstimmung bis in das Dritte
Reich.
Standen einander in beiden auch handelnder Soldat und betrachtender Dichter gegenüber,
so konnten sie sich doch als Kärntner derselben Zeit in deutlichem Maße als einander ergänzende Gegenstücke und somit als Einheit fühlen. Der äußere Lebensweg führte sie auseinander, aber trotz räumlicher Entfernung verband sie bei jeder Begegnung innere Treue
ihrer Beziehungen. Im Innern mochte der Betrachtende die gestaltende Kraft des Tatmenschen bewundern, der Handelnde aber beugte sich gerne dem dichterischen Genie des
Freundes.1
Diese etwas pathetische Definition der Freundschaft Perkonig/Steinacher stammt aus der Feder
von Erich Nußbaumer, Freund Perkonigs und Verfasser einer zwar verdienstvollen, aber apolegetischen und selektiven Biographie. (Sie ist übrigens bis heute die einzige geblieben.) Meine Beschäftigung mit Perkonig und Steinacher resultiert aus der Forschungstätigkeit im FWF-Projekt
"Österreichische Literatur im Nationalsozialismus" am Institut für Germanistik der Universität
Graz. Ziel der Projektes ist die Darstellung des offiziellen literarischen Systems der "Ostmark".2
Dabei entstand die Idee, die parallel verlaufenden Karrieren von Perkonig und Steinacher nachzuzeichnen und Verbindungslinien aufzuzeigen. Von der Inszenierung der anti-slowenischen
Pressekampagne 1919/20 spannt sich der Bogen bis zum (angeblichen) Protest gegen die Slowenenaussiedlung 1942. Perkonigs literarische Karriere setze ich als bekannt voraus; politische und
literarische Verflechtungen in Ständestaat und Nationalsozialismus hat Klaus Amann ausführlich
beschrieben.3 Einzig zu Perkonigs Funktion im Kärntner Heimatbund in den Dreißiger Jahren
liegen kaum Ergebnisse vor.4 Gerade dieser Abschnitt ist aber durch Steinachers Verankerung in
1
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Erich Nußbaumer: Josef Friedrich Perkonig. Leben – Werk – Vermächtnis. Klagenfurt: Heyn 1965 (=
J.F.Perkonig. Ausgewählte Werke. 1.), S. 45. In der Folge zitiert als Nußbaumer65.
Als Abschluß der Projektarbeiten erscheint: Handbuch der Österreichischen Literatur im Nationalsozialismus.
Autoren – Institutionen – Funktionäre. Band 1 und 2: Personen, Band 3: Institutionen. München: Saur [in Vorbereitung]. Zu allen im Beitrag erwähnten Autoren finden sich ausführliche bio-bibliographische Artikel im
Handbuch. In der Folge zitiert als Handbuch.
Klaus Amann: Der Wort-Führer Kärntens. Josef Friedrich Perkonig und der "Anschluß". In: März 1938 in Kärnten. Fallstudien und Dokumente zum "Anschluß". Hrsg. v. Helmut Rumpler unter Mitarbeit von Ulfried Burz.
Klagenfurt: Kärntner Druck- und Verlagsgesellschaft 1989, S. 32-55. In der Folge zitiert als Amann89. - Ders.:
Zahltag. Der Anschluß österreichischer Schriftsteller an das Dritte Reich. 2., erw. Aufl. Bodenheim: Philo 1996. Vgl. auch Friedbert Aspetsberger: Literarisches Leben im Austrofaschismus. Der Staatspreis. Königstein/Ts.:
Hain 1980. (= Literatur in der Geschichte. Geschichte in der Literatur. 2.)
Einige Archivalien aus Perkonigs Nachlaß im Kärntner Landesarchiv sind bis Ende 1999 gesperrt. Murray G.
Hall, Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. 2., neu bearb. und
erw. Aufl. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 1995 (= Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur. 23.), S.
252.
der Führungsschicht des Dritten Reiches und seine Einflußnahme auf den Heimatbund als Sammelbecken der illegalen NSDAP von besonderem Interesse. Perkonigs Rolle als Obmann blieb
dabei bisher weitgehend im dunkeln.
Auch Hans Steinachers Laufbahn ist bekannt, seine Tätigkeit im nationalsozialistischen
Deutschland als Bundesleiter des VDA hat Hans-Adolf Jacobsen vom Bundesarchiv Koblenz in
einem umfangreichen Band dokumentiert.5 Steinacher gilt in der Literatur als jener "falsche Prophet", der Perkonigs Leben in nationalistische Bahnen gelenkt hat. Dieses Erklärungsmuster von
Helga Lorenz-Andreasch6 geht – wie sich zeigen wird – an der Realität vorbei.
Alle Fäden laufen, wie so oft in der jüngeren Geschichte Kärntens, im sogenannten Abwehrkampf zusammen. Hans Steinacher,7 im Ersten Weltkrieg Offizier, beteiligte sich aktiv an den
Kampfhandlungen, Perkonig berichtete unter dem Pseudonym "Carinthiacus"8 davon. Kennengelernt haben sie einander in der Vorbereitungsphase zur Kärntner Volksabstimmung Ende
1919. Nachdem im Juni desselben Jahres bei den Friedensverhandlungen in Saint Germain festgelegt worden war, daß die Bevölkerung des gemischtsprachigen Südkärnten in einer Abstimmung über ihre staatliche Zugehörigkeit entscheiden sollte, wurde Steinacher in einer geheimen
Sitzung des Landtages mit der "Führung des Abstimmungskampfes" beauftragt9. In der nun einsetzenden Propagandaschlacht war er die treibende Kraft; als journalistischen Kopf holte er J.F.
Perkonig in die Landesagitationsleitung.10 Damals ein eher unbekannter Schriftsteller, faszinierte
diesen - neben anderen Beweggründen - wohl auch die Möglichkeit, solcherart landesweite Publizität zu erlangen. Zunächst war es eine Zweckgemeinschaft. Perkonig bildete für Steinacher, der
einen versierten Journalisten für das Agitationsblatt "Kärntner Landsmannschaft" gesucht hatte,
nur zweite Wahl:
Meine hohe Erwartung, unsere bekannten Kärntner Schriftleiter würden auch die gegebenen journalistischen Mitarbeiter für den Propagandakampf [...] sein, wurde etwas enttäuscht. Ihre Sprache war mir zu hoch und für unsere einfachen Männer und Frauen [...] zu
abstrakt. Auch standen sie den Vorgängen in der Kampfzone zu fremd und beziehungslos
gegenüber.11
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Hans Steinacher. Bundesleiter des VDA 1933-1937. Erinnerungen und Dokumente. Hrsg. von Hans-Adolf Jacobsen. Boppard/Rhein: Boldt 1970. (= Schriften des Bundesarchivs. 19.). In der Folge zitiert als Jacobsen70.
Steinachers Nachlaß befindet sich im Bundesarchiv Koblenz (BAK).
Helga Lorenz-Andreasch: Ein Beispiel deutsch-slowenischer Kulturbeziehungen in Kärnten. J.F. Perkonig und
die Slowenen – eine Spurensicherung. Germ. Diplomarb., Univ. Klagenfurt 1982. [Masch.] , S. 59. In der Folge
zitiert als Lorenz-Andreasch82. Das Zitat stammt ursprünglich von Perkonig selbst, ist jedoch in "Im Morgenlicht" nicht explizit auf Steinacher gemünzt.
Zu Steinacher vgl. Alfred Elste: Kärntens braune Elite. Klagenfurt, Laibach, Wien: Hermagoras 1997, S. 150-171.
In der Folge zitiert als Elste97.
Vgl. Nußbaumer65, S. 42.
Jacbsen70, S. XVII.
1920 in Kärntner Heimatdienst, 1924 in Kärntner Heimatbund umbenannt.
Hans Steinacher: Sieg in deutscher Nacht. Ein Buch vom Kärntner Freiheitskampf. Wien: Wiener Verlag 1943, S.
249. In der Folge zitiert als Steinacher43.
Perkonig tat das nicht – und galt bald als unentbehrlich. In der Folge legte die intensive Zusammenarbeit der auf den ersten Blick so unterschiedlichen Männer den Grundstein für eine lebenslange Freundschaft. Der militärisch geprägte Hans Steinacher erkannte, daß die Abstimmung nur
mit einer professionellen Pressekampagne zu gewinnen war. Und der aus gesundheitlichen Gründen für den Wehrdienst untaugliche J.F. Perkonig führte einen Stellvertreterkrieg, eine "'Papierschlacht'".12 Es gab viele Gemeinsamkeiten: sie waren im selben Alter (Perkonig geb.1890, Steinacher geb.1892), kamen aus ähnlichen sozialen Verhältnissen (Perkonig aus einer Handwerker-,
Steinacher aus einer Bergarbeiterfamilie) und hatten die Ausbildung zum Volksschullehrer absolviert (Perkonig in Klagenfurt, Steinacher - da evangelisch - in Bielitz/Österr.-Schlesien). Beide
waren sehr jung mit nationalen Burschenschaften in Berührung gekommen, Perkonig mit der
"Normannia", Steinacher mit der "Gothia".13 Entscheidend aber war vermutlich die emotionale
Verbindung durch die Herkunft aus dem gemischtsprachigen Süden Kärntens (Perkonig aus Ferlach, Steinacher aus Bleiberg-Kreuth). Für Perkonig dürfte letztendlich ein persönliches Motiv
Auslöser für das anti-slowenische Engagement gewesen sein. Sein Vater, ein Slowene, war im
Dezember 1918 von SHS-Truppen nach Laibach verschleppt worden und verstarb nach der
Rückkehr unter ungeklärten Umständen.14
Steinachers Motive waren politischer Natur. Seine Ausbildung in der deutschen Sprachinsel
Bielitz, wo er mit den "alldeutschen" Ideen Georg Ritter von Schönerers in Kontakt gekommen
war, die erste Anstellung als Lehrer in Südtirol sowie der vierjährige Kriegseinsatz, und schließlich
der Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie hatten ihn nationalistisch geformt.15 Die neugegründete Republik Österreich spielte dabei keine Rolle:
Nicht nur falsch, sondern auch lächerlich sind alle Versuche einer "österreichischen"
Nachkriegszeit gewesen, den Erfolg Kärntens im zweijährigen Kampf von 1918 bis 1920
als einen Sieg des österreichschen Staatsgedankens darstellen zu wollen. Kärntens Kampf
konnte nur als deutscher Kampf, in Selbstverantwortung für das geschaute Reich und für
Volkstum und Heimat geführt werden. 16
Die Abstimmung vom 10. Oktober 1920, bei der sich "in einem Gebiet, in dem 70 Prozent der
Bevölkerung Slowenisch als Umgangssprache angegeben hatten, 60 Prozent für die Zugehörig-
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16
Ebda, S. 44. Vgl. auch J.F. Perkonig: KHD. In: Der Heimatkreis 4(1940), H. 10, S. 18-21. Perkonig verarbeitet in
diesem Artikel – ohne darauf zu verweisen – den Beitrag von Theodor Wagner: Im K.H.D. In: J.F. Perkonig:
Kärnten. Ein Heimatbuch. Leipzig: Brandstetter 1925 (= Brandstetters Heimatbücher Deutscher Landschaften.
18.), S. 268-271. In der Folge zitiert als Perkonig25.
Perkonig blieb von 1906 bis zu seinem Tod (1959) Mitglied. Vgl. Nussbaumer65, S. 32f. Auch der spätere
Reichs- bzw. Gaupropagandaleiter und Landeskulturwalter Ottokar Drumbl kam aus der "Normannia", allerdings aus der schlagenden Sektion. Berlin Document Center (BDC) Personalakt Drumbl, Fragebogen für die Anlegung der SA-Personalakte vom 9.2.1943. Steinacher trat in Bielitz der "Gothia" bei. Vgl. Jacobsen70, S. XIII.
Vgl. dazu J.F. Perkonig: In memoriam. Meinem toten Vater. In: Perkonig25, S. 264-268.
Vgl. Jacobsen70, XIIIf.
Steinacher43, S. 6; vgl. auch S. 317.
keit zum Staat Österreich aussprachen",17 konnten Steinacher/Perkonig als persönlichen Erfolg
verbuchen; die Landesregierung verlieh ihnen dafür die Kärntner Kreuze für Tapferkeit.18 Bald
setzte die Stilisierung der Ereignisse zum "Heimatmythos" ein, "dessen ideologische Voraussetzung [...] eine ungenaue Geschichtsrezeption" darstellt.19 So wurde aus Hans Steinacher im Laufe
der Jahre der "personifizierte Heros der Kärntner Geschichte".20
Nach der Volksabstimmung kehrte Steinacher nicht mehr in den angestammten Beruf zurück. Er
wandte sein Know-how u.a. bei Volksabstimmungen in Oberschlesien und Tirol an, agierte im
Ruhrgebiet als "Geheimagent"21 und knüpfte Kontakte zu sogenannten Schutzvereinen (Verein
für das Deutschtum im Ausland/VDA,22 Deutscher Schulverein, Schutzverein Südmark23). Zu
Pfingsten 1921 fand die Tagung des Deutschen Schutzbundes in Klagenfurt statt; laut Steinacher
sei Perkonig dadurch "entscheidend auf wohl zwei Jahrzehnte beeinflußt worden".24 Steinacher
nahm Perkonig auf einige seiner Reisen mit - auch Johannes Lindner und Emil Lorenz waren
gelegentlich dabei - ,25 "1921 nach Berlin und Oberschlesien und 1922 nach Ost- und Westpreußen".26 1921/1922 erhielten sowohl Perkonig als auch Steinacher den Oberschlesischen Adler,
Perkonig für seine Berichterstattung über die Vorgänge in Oberschlesien, Steinacher für die Organisation der dortigen Volksabstimmung.27
Steinacher verblieb in Deutschland, profilierte sich als "Volkstums"-Experte und stieg in der
Weimarer Republik im Windschatten des aufstrebenden Nationalsozialismus die Karriereleiter
hoch. Ab 1922 studierte er in Frankfurt Nationalökonomie, in seiner Dissertation "Wirtschaft
und Volksabstimmungen" (1925) verwertete er seine Erfahrungen in Kärnten und Oberschlesien.
Danach führte er kurze Zeit die Geschäfte des Deutschen Schulvereins Südmark28 in Wien, kehr17
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Zitiert nach: Martin Fritzl: "...für Volk und Reich und deutsche Kultur". Die "Kärntner Wissenschaft" im Dienste
des Nationalismus. Klagenfurt: Drava 1992 (= Dissertationen und Abhandlungen. 29.), S. 15. In der Folge zitiert
als Fritzl92.
Nußbaumer65, S. 69; Jacobsen70, S. XV.
Drago Druskovic: Begegnung an der Grenze. Österreichische und slowenische Literatur in ihren stofflichen und
motivischen Berührungspunkten: Josef Friedrich Perkonig – Prezihov Voranc. Aus dem Slowenischen von Mirko Messner. In: Österreich und der Große Krieg 1914-1918. Die andere Seite der Geschichte. Hrsg. von Klaus
Amann und Hubert Lengauer. Wien: Brandstätter 1989, S. 232.
Elste97, S. 150.
Ebda, S. 159.
1933 in Volksbund für das Deutschtum im Ausland umbenannt.
Steinacher hatte 1907-1910 mit Hilfe eines Stipendiums der Grazer Südmark die evangelische Lehrerbildungsanstalt in Bielitz absolviert.
Hans Steinacher an Erich Nußbaumer, Brief vom 11.12.1963, zitiert nach Lorenz-Andreasch82, S. 41f.
Perkonig, Lorenz, Lindner und Alexander Lernet-Holenia bildeten Anfang der Zwanziger Jahre eine Autorengemeinschaft; gemeinsame Publikationen waren "Kleines Konzert"(1923) und "Kärntner Almanach" (1924). Vgl.
Erich Nußbaumer: Geistiges Kärnten. Literatur- und Geistesgeschichte des Landes. Klagenfurt: Kleinmayr 1956,
S. 513f.
Lorenz-Andreasch82, S.58f.
Vgl. Nußbaumer65, S. 69; BDC Personalakt Steinacher, Personalfragebogen NSDAP [=Erfassungsantrag] vom
24.5.1938. Steinacher erhielt den Orden I. und II. Klasse.
1925 wurden Deutscher Schulverein und Südmark zum Deutschen Schulverein Südmark vereint.
te jedoch bald nach Deutschland zurück. Im Auftrag des Preußischen Innenministeriums agierte
er bis 1930 "in nicht ganz durchsichtiger Weise als Grenzlandreferent, [...] 'Wirtschaftsberater' der
deutschen Volksgruppen sowie der österreichischen 'Anschlußbewegung'".29 Für Perkonigs seinerzeitigen Einsatz revanchierte er sich, indem er ihm durch seine inzwischen weitreichenden
Verbindungen den Weg auf den deutschen Buchmarkt ebnete: "Josef Friedrich Perkonig mußte
als geistiger Repräsentant Kärntens gehoben, ja gesteigert werden".30
1930 wechselte Steinacher als Leiter der Zentralstelle für deutsche Auslandsbüchereien in
den Dienst des deutschen Außenministeriums nach Berlin. Seit 1931 im Vorstand des VDA, erreichte er 1933 sein Ziel: Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten stieg Steinacher als
Reichsführer (ab 1934 Bundesleiter) des VDA in die Führungsschicht des Dritten Reiches auf.31
Der Kontakt mit dem Freund aus Kärnten blieb über die Jahre aufrecht. Steinacher lud ihn ein,
protegierte ihn, versuchte seinen Bekanntheitsgrad in der deutschen Literaturszene bzw. auf dem
deutschen Buchmarkt zu steigern, was aber nur in geringem Maße gelang. Retrospektiv äußert
sich Steinacher enttäuscht, zeigt aber auch Perkonigs übersteigerte Vorstellungen:
Die Bucherfolge [...] waren trotz der Bemühungen der Freunde von JFP im Reich überaus
bescheiden. Ich bin im Bilde [...] wie zahlreich Mißerfolge für JFP zu buchen waren. Auch
die Vortragsreisen von JFP, die ich im Rheinland organisiert habe, enttäuschten die viel zu
hoch gestellten Erwartungen von JFP.32
In Kärnten bzw. im österreichischen Konnex der Zwanziger Jahre dagegen gelingt
J.F. Perkonig der literarische Aufstieg. Er kehrt als Lehrer an die Übungsschule der
Lehrerbildungsanstalt Klagenfurt zurück, daneben widmet er sich seiner schriftstellerischen Karriere. Das einstige "Kleeblatt" der jungen Kärntner Literatur (Lorenz,
Lindner, Lernet-Holenia, Perkonig) hat sich aufgelöst; die Verbindungen lockern
sich, bleiben aber aufrecht. (Lorenz und Perkonig werden fast 20 Jahre später in
der Reichsschrifttumskammer Kärnten noch einmal zusammenarbeiten.) Josef
Friedrich Perkonig ist der Erfolgreichste, avanciert zum bekanntesten Kärntner Autor. Dabei sind die Erinnerungen an die Zeit des Abwehrkampfes hilfreich. In einer
Anzahl von Publikationen verarbeitet er diese Thematik: "Heimat in Not" (1921),
"Heimsuchung" (1923), "Kärnten. Ein Heimatbuch" (1925), "Ein Volk steht auf"
(1925), "Kampf um Kärnten" (1930) und "Kärnten, mein Leben für Dich!" (1935) sichern ihm den Status eines literarischen Gralshüters des Abwehrkampfes. Auch
Perkonig zeigt sich dankbar. Bis in die Vierziger Jahre nimmt er Beiträge von Hans
29
30
31
Elste97, S. 159.
Wie Fußnote 24.
Seinen Stellenwert veranschaulicht die Aufnahme in Das deutsche Führerlexikon 1934/1935. Berlin: Stollberg, S.
472-473. Zur Tätigkeit als VDA-Leiter vgl. Jacobsen70.
Steinacher in Anthologien auf. Die Schilderung "Der erste Schuß", variiert auch als
"Der Tag von Grafenstein", welche auf den ersten, angeblich von Steinacher abgegebenen Schuß im Abwehrkampf vom 13. Dezember 1918 rekurriert, wird zu seinem
literarischen Highlight.33
Perkonig betätigte sich auch politisch. Nach zehn Jahren als Kulturreferent übernahm er
1930 im Kärntner Heimatbund (KHB) die Obmannschaft. Damit trat er die Nachfolge
von Martin Wutte an, der dieses Amt 1924-1930 ausgeübt hatte. 34 Der Kärntner Heimatdienst (KHD)35 war im März 1920 aus der im August 1919 gegründeten Landesagitationsleitung hervorgegangen; Zweck der Gründung sollte die propagandistische Vorbereitung
der Volksabstimmung sein. Danach "blieb der Verein bestehen, nun aber mit der Zielsetzung, gegen slowenische Organisationen aufzutreten und die Eindeutschung zu forcieren".36 Ursprünglich waren im KHD alle Parteien vertreten, 1924 verließen die Sozialdemokraten den Heimatdienst, weil der Bürgerblock in einem Wahlaufruf "Slowenen
und Sozialdemokraten gleichermaßen zu Feinden erklärt" hatte;37 als Reaktion darauf
erfolgte die Namensänderung in Heimatbund. "Wissenschaftliche" Basis der Arbeit im
KHB war die sogenannte "Windischentheorie" des späteren Gauhistorikers Martin Wutte, die Slowenischsprachige in Windische (jene, die sich nicht als Slowenen bekannten)
und Slowenen (jene, die sich als Slowenen bekannten) klassifizierte.38 Letztere verkörperten für den KHB das "große Feindbild".39
1920/21 hatte Hans Steinacher die Geschäfte geführt, ihm folgte Alois MaierKaibitsch,40 der bereits unter Steinacher Büroleiter gewesen war. Perkonig und MaierKaibitsch waren also alte Bekannte. Die Verbindung zu Steinacher lief auch über den
KHB,41 so trafen Perkonig und Maier-Kaibitsch Vorbereitungen für die 53. Jahreshaupt-
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Hans Steinacher an Erich Nußbaumer, Brief vom 27.12.1963, zitiert nach Lorenz-Andreasch82, S. 60.
So z. B. in "Kärnten, mein Leben für Dich!" (1935), "Kärnten, Heimatland, Ahnenland" (1943).
Zu Wutte vgl. Fritzl92.
Martin Fritzl: Der Kärntner Heimatdienst. Ideologie, Ziele und Strategien einer nationalistischen Organisation.
Klagenfurt: Drava 1990, S. 17. In der Folge zitiert als Fritzl90.
Ebda, S. 17f.
Ebda.
Vgl. Fritzl90, S. 18.
Ebda.
Steinacher und Maier-Kaibitsch hatten im Ersten Weltkrieg als Offiziere im selben Regiment (k.u.k. Infanterieregiment Graf von Khevenhüller Nr. 7) gedient. Zu Maier-Kaibitsch vgl. Elste97, S. 112-120.
Steinacher besaß seit 1929 das Gut "Miklauzhof" bei Sittendorf (Zweitwohnsitz), "dem er als 'deutsche Bastion'
gegenüber den Slowenen nationalpolitische Bedeutung beimaß". Jacobsen70, S. XX, Fußnote 4. In der Zeit des
NSDAP-Verbotes stellte er den Gutshof "den völkischen Wehrturnern [...], die längst von NS-Parteigängern unterminiert" waren, zur Verfügung. Elste97, S. 165.
tagung des VDA, die im Juni 1933 in Klagenfurt stattfinden sollte. Aus Furcht vor
"Anschlußmanifestationen" wurde die Veranstaltung jedoch im Vorfeld untersagt.42
Nicht nur für Hans Steinacher brachte das Jahr 1933 einen Karrieresprung, auch für J.F.
Perkonig begann mit der Installation der austrofaschistischen Diktatur eine Zeit des politischen
und literarischen Aufstieges. Nie wieder sollte der Autor von einem politischen System so hofiert
werden wie vom Ständestaat. Das hielt ihn - wie viele andere - nicht davon ab, sowohl in politischer als auch in literarischer Hinsicht ein doppeltes Spiel zu treiben.43
Perkonigs Funktion im KHB wird in der Literatur nur am Rande erwähnt. Alle Darstellungen konzentrieren sich auf Alois Maier-Kaibitsch, unzweifelhaft der starke Mann im KHB. Doch
ist Perkonigs Rolle als Obmann nicht zu unterschätzen. Vermutlich verdeckte seine (vorgebliche)
Verankerung im Austrofaschismus die nationalsozialistischen Aktivitäten des KHB. Unter Perkonigs "Schutz" konnte Maier-Kaibitsch ungestört agieren. Seine Obmannschaft erfüllte - zumindest nach außen - eine ähnliche Funktion wie die Präsidentschaft Max Mells im Bund der
deutschen Schriftsteller Österreichs.44 Schwer vorstellbar scheint, daß Perkonig über die internen
Vorgänge im KHB nicht informiert war, zumal sein Freund Hans Steinacher entscheidend dazu
beitrug, den Verein in eine von "nationalsozialistische[m] Geist getragene Organisation"45 umzugestalten. Im Nachkriegsprozeß gegen Alois Maier-Kaibitsch gab sich Perkonig jedenfalls naiv:
Für den Kärntner Heimatbund gab es, wenn überhaupt Unterscheidungen gemacht wurden, nur sogenannte heimattreue Kärntner und andere, die an dem Gedanken der Untrennbarkeit des Landes nicht in dem gleichen Maße interressiert waren [= "Windischentheorie", KGS]. Da der Kärntner Heimatbund nur kärntnerisch eingestellt war, hat er zum
Nationalsozialismus in keiner Weise Stellung genommen.46
Ab 1933/34 wurde aus dem KHB die "[b]edeutendste Tarnorganisation der verbotenen
NSDAP".47 Da der Verein nicht verboten war, diente er als Auffangbecken illegaler NSFormationen, ein Großteil der Aktivitäten lief über ihn. "In den dreißiger Jahren verstand sich
der 'Kärntner Heimatbund' [...] als eine Art 'Kampftruppe' aus Vertrauensmännern",48 zu welchen
offenbar auch Perkonig gehörte. Hier kommt wieder Hans Steinacher ins Spiel. Sein Wirkungskreis als Leiter des VDA erstreckte sich auch auf Österreich, wo er u.a. über den KHB massiven
Einfluß auf die verbotene NSDAP nahm. Steinacher leitete große Geldflüsse vom VDA zum
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Alfred Elste und Dirk Hänisch: Auf dem Weg zur Macht. Beiträge zur Geschichte der NSDAP in Kärnten von
1918 bis 1938. Hrsg. von Anton Pelinka und Helmut Reinalter. [Wien]: Braumüller 1997, S. 211f. (= Vergleichende Gesellschaftsgeschichte und politische Ideengeschichte der Neuzeit. 8.).
Vgl. Amann89.
Vgl. Gerhard Renner: Österreichische Schriftsteller und der Nationalsozialismus (1933-1940). Der "Bund der
deutschen Schriftsteller Österreichs" und der Aufbau der Reichsschrifttumskammer in der "Ostmark". Frankfurt/M.: Buchhändler-Vereinigung 1986. (= Sonderdruck aus dem "Archiv für Geschichte des Buchwesens". 27.)
Elste97, S.117.
Zeugenaussage Perkonigs vom 29.7.1946 (Volkgerichtshof Graz), zitiert nach Walzl92, S. 34.
Elste/Hänisch97, S. 285.
Ebda.
KHB, da letzterer im Dritten Reich als auslandsdeutsche NS-Organisation betrachtet wurde: "Ich
stützte den Kärntner Heimatbund und hielt diesen unabhängig".49 Steinacher gehörte 1933-1937
zu den Drahtziehern der illegalen österreichischen NSDAP im Dritten Reich und galt einige Zeit
sogar als aussichtsreicher Kandidat für die Funktion des Landesleiters der NSDAP Österreich.50
Als Perkonig sein Amt als Volkspolitischer Referent antrat, befand sich Steinachers Stern bereits
im Sinken. In der Anfangsphase des Dritten Reiches hatte er die "Volkstums"-Politik bestimmt,
nun begann sich das Blatt zu wenden: Bis zur Konsolidierung des NS-Systems wurden dem
VDA, der eine eher nationalkonservative Linie repräsentierte, gewisse Freiräume zugestanden
(vor allem in Bezug auf die Wirkung im Ausland), doch spätestens ab 1936 begann die Demontage. Da die NSDAP über eine eigene Auslandsorganisation (A.O.) verfügte, die als Gau geführt
wurde, und die SS eine Volksdeutsche Mittelstelle installiert hatte, fand sich Steinacher bald inmitten eines aussichtslosen Konkurrenzkampfes und Intrigenspiels. Dazu kam, daß Hitler ab ca.
1937 eine agressive, imperialistische Außenpolitik forcierte, der bestimmte Personen, wie u.a.
Außenminister Konstantin Neurath und eben Steinacher, im Wege standen. Vor allem dessen
Südtirol-Politik erweckte Hitlers Mißfallen, und als Mussolini seine Absetzung forderte, mußte
Steinacher im Herbst 1937 demissionieren.51 Mit der direkten Vorbereitung der Annexion Österreichs durch die "Kärntner Gruppe" (Odilo Globocnik, Hubert Klausner, Friedrich Rainer)52
hatte Steinacher nichts mehr zu tun, umso mehr, als ihm in Hubert Klausner ein "persönlicher
Gegner"53 erwachsen war.
Hans Steinacher löste das Problem des Machtverlustes, indem er um Reaktivierung als Offizier ansuchte. Zuvor verfaßte er für seine (sieben) Kinder eine Chronik der Ereignisse in Kärnten
1918-1920, die er 1943 mit dem Titel "Sieg in deutscher Nacht" veröffentlichte. Anfang der
Dreißiger Jahre hatte er einige Werke publiziert, deren erfolgreichstes, "Volkstum jenseits der
Grenze", 1934/35 neun Auflagen erlebt hatte und auf einer NS-Empfehlungsliste54 stand. Ab
1940 befand sich Steinacher im Kriegseinsatz, zuerst in Frankreich, dann in Rumänien und Griechenland. Im folgenden Jahr kam er nach Murmansk/Rußland an die Eismeerfront, von wo er
im Juni 1942 nach Kirkenes/Norwegen beordert wurde. Hier verblieb Steinacher als Festungskommandant bis Kriegsende.
49
50
51
52
53
Jacobsen70, Dokument Nr. 29: Zur Lage in Österreich 1933/34, S. 153.
Elste97, S. 165.
Wenige Monate später erfolgte ein großangelegtes Revirement in den Führungsetagen von Außen- und Wirtschaftsministerium sowie in der Wehrmacht. Der VDA wurde in die Volksdeutsche Mittelstelle der SS eingegliedert. Vgl. ausführlich Jacobsen70.
Vgl. Elste97, S. 70-86 (Hubert Klausner), S. 125-139 (Friedrich Rainer); Siegfried Pucher: Odilo Globocnik. In:
Elste97, S. 179-199
Aussage Steinachers in Jacobson70, Dokument Nr. 105: Zur Lage in Österreich – Südtirol – Liechtenstein, S.
403.
Für Perkonig deutete nach dem "Anschluß" zunächst alles auf eine NS-Karriere hin: Er
wurde Kommissar für Wiedergutmachung in einer eigens geschaffenen Abwicklungsstelle, die
Ansuchen um finanzielle Entschädigung "für gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Schaden in
der Verbotszeit [der NSDAP, KGS]" bearbeitete.55
Perkonigs wahre Interessen dürften aber eher auf literaturpolitischem Gebiet gelegen haben,
vermutlich liebäugelte er mit der Funktion des Landesleiters der Reichsschrifttumskammer (RSK)
Kärnten. Da Perkonig der bekannteste Schriftsteller Kärntens war, durchaus "Verdienste" für den
Nationalsozialismus vorweisen konnte, und die RSK Berlin bzw. das Reichsministerium für
Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) nach Möglichkeit repräsentative Autoren heranzogen,
durfte er sich berechtigte Hoffnungen machen. RSK-Landesleiter wurde überraschend einer von
Perkonigs Mitstreitern aus den Tagen der Volksabstimmung, der Gymnasiallehrer und Lyriker
Emil Lorenz. Perkonig blieb als Trostpflaster die Funktion eines Landesobmannes der Schriftsteller in der RSK. Erich Nußbaumer spielt vermutlich darauf an, wenn er von "mancher Zurücksetzung und Kränkung in der folgenden Epoche [=NS-Zeit, KGS]" spricht.56
Widerstand gegen Perkonig regte sich vor allem in Wien, sowohl in Schriftstellerkreisen als
auch im näheren Umfeld der Gauleitung.57 Denkbar sind auch Ressentiments aus der einstigen
"Kärntner Gruppe", deren Exponenten nun hochrangige Ämter bekleideten. Eine nicht unerhebliche Rolle dürfte ferner der Kärntner Gau-/Reichspropagandaleiter und Landeskulturwalter Ottokar Drumbl58 gespielt haben. Ablehnende Stellungnahmen kamen auch aus dem Amt Rosenberg, wobei 1944 von "neuen Ermittlungen über Perkonig" die Rede ist.59 In Deutschland (aber
auch in Wien) waren die politischen Zusammenhänge seines einstigen Amtes als Volkspolitischer
Referent nicht immer bekannt, sodaß Perkonig vielfach automatisch als Parteigänger des Ständestaates galt.
Eine wichtige Voraussetzung für RSK-Leiterfunktionen bildete die Mitgliedschaft in der
NSDAP,60 weshalb die Wahl von Lorenz plausibel erscheint, konnte er doch auf eine Mitgliedschaft seit 1933 verweisen.61 Die Vorgänge rund um Perkonigs NSDAP-Aufnahmeantrag bzw.
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Das Buch der Jugend 1934/35. Ein Auswahl-Verzeichnis empfehlenswerter Bücher für die deutsche Jugend.
Hrsg. von der Reichsjugendführung. Stuttgart: Verlag des Jugendschriftenverzeichnisses "Das Buch der Jugend"
(Franckh-Thienemann) 1935.
August Walzl: "Als erster Gau..." Entwicklungen und Strukturen des Nationalsozialismus in Kärnten. Klagenfurt:
Carinthia 1992, S. 174f.
Nußbaumer65, S.54.
Dazu ausführlich: Karin Gradwohl-Schlacher: Josef Friedrich Perkonig. In: Handbuch.
Zu Drumbl vgl. Elste97, S. 45-50,
BAK NS 15/34, Dr. Sachse an das Führungsamt Deutsches Volksbildungswerk, Brief vom 8.6.1944.
Vgl. die Vorgänge um den Wiener RSK-Geschäftsführer Max Stebich. Karin Gradwohl-Schlacher: Ein ostmärkisches Sittenbild: Die Causa Max Stebich. In: Macht Literatur Krieg. Österreichische Literatur im Nationalsozialismus. Hrsg. von Uwe Baur, Karin Gradwohl-Schlacher und Sabine Fuchs unter Mitarbeit von Helga Mitterbauer. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 1998 (= Fazit. 2.) S. 124-144.
BDC Personalakt Emil Lorenz, RSK-Aufnahmeantrag vom 9.2.1939.
die Ablehnung wegen seiner Zugehörigkeit zu Freimaurerlogen hat Klaus Amann beschrieben.62
Daß diese Mitgliedschaften nicht zwingend zu einer Ablehnung führen mußten, beweist der ähnlich gelagerte Fall des Autors Franz Karl Ginzkey.63 Ausschlaggebend dürfte bei Perkonig die
strikte Ablehnung des Kärntner Gaugerichtes unter dem Vorsitz des einstigen Gauleiters Hugo
Herzog gewesen sein. 64 Ein bezeichnendes Licht auf Perkonigs Aktivitäten rund um die angestrebte Aufnahme in die NSDAP wirft eine Bemerkung von Hans Gustl Kernmayr, damals
Chefdramaturg der Wien-Film, der in seinen Memoiren berichtet, Perkonig
sah sich um 1938 gezwungen, mich um eine Bestätigung zu bitten, daß er ein guter Nationalsozialist sei. Ich gab ihm diese Bestätigung, weil ich ihm helfen wollte.65
Dennoch konnte sich Perkonig nicht beklagen. Im Gegensatz zu Nußbaumers Behauptung, es
habe "Erschwernisse und Hemmungen [gegeben], die seine schriftstellerische Arbeit beeinträchtigten",66 blieb der Autor im Dritten Reich publizistisch und finanziell erfolgreich.67 Zwischen
1933 und 1944 lassen sich 15 Erstausgaben sowie zahlreiche Neuauflagen bereits publizierter
Titel nachweisen. Allein 1943/1944, als wegen eklatanter Papierknappheit viele Werke nicht mehr
gedruckt wurden, erschienen in neuer/neuen Auflage(n): "Der Schinderhannes", "Auf dem Berge leben"68, "Der Guslaspieler", "Honigraub oder Der Hügel Sankt Joseph", "Kärnten, deutscher
Süden", "Nikolaus Tschinderle, Räuberhauptmann", "Mein Herz ist im Hochland", "Lopud, Insel
der Helden", "Die Fischer ", "Das Zauberbründl", "Alpenland - Donauland"69, "Leichte Fracht"
sowie "Kärnten, Heimatland, Ahnenland". Auf Empfehlungslisten des RMVP finden sich: "Honigraub oder Der Hügel Sankt Joseph" (2x), "Nikolaus Tschinderle, Räuberhauptmann" (2x),
"Kärnten deutscher Süden", "Ein Volk steht auf" und "Lopud, Insel der Helden". Ferner steht
Perkonigs Name auf den Vorschlagslisten für Dichterlesungen des Werbe- und Beratungsamtes
für das deutsche Schrifttum beim RMVP für 1939/40, 1940/41 und 1941/42. Darüber hinaus
veröffentlichte er zahlreiche Beiträge in Zeitschriften und Anthologien.70 So gut wie unbekannt
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Vgl. Amann89.
Im Fall Ginzkeys – wie Perkonig Vorzeigeautor des Ständestaates und Logenmitglied – hob das Gaugericht Wien
nach zahlreichen Interventionen die Ablehnung auf, Ginzkey wurde 1941 Mitglied der NSDAP. Vgl. Helga Mitterbauer: Franz Karl Ginzkey. In: Handbuch.
BDC Personalakt J.F. Perkonig, Beschluß des Gaugerichtes vom 12.7.1940. Zu Herzog vgl. Elste97, S. 65-69.
Hans Gustl Kernmayr: Der Mann mit dem goldenen Knopf im Ohr. Bekenntnisse des Hans Gustl Kernmayr.
Düsseldorf, Wien: Econ 1970, S.260. Anfang der Fünfziger Jahre betrieben Kernmayr und Perkonig in Klagenfurt eine Filmfirma. Vgl. Nußbaumer65, S. 413.
Nußbaumer65, S.55. Die Bestände von "Mensch wie du und ich" wurden – wahrscheinlich wegen der prorussischen Aufbereitung des Themas – nach dem Angriff auf die Sowjetunion beschlagnahmt und eingezogen. Es gab
zwar keine weitere Auflage, ein Verbot ist jedoch in keinem der für das Handbuch ausgewerteten, diesbezüglichen Verzeichnisse ausgewiesen. Die angeblich verhinderte Publikation des Romans "Patrioten" läßt sich vermutlich mit dem Papiermangel ab 1942/43 erklären.
Einkommen aus schriftstellerischer Arbeit: 9118 RM (1940), 11377 RM(1941), 10760 RM(1942). BDC Personalakt Perkonig, Einkommenserklärungen für die RSK. Das Durchschnittseinkommen eines Arbeiters betrug ca.
2000 RM/Jahr.
Früher mit dem Titel "Bergsegen" (1. Aufl. 1928)
Früher mit dem Titel "Deutsche Ostmark" (1. Aufl. 1936)
Vgl. diesbezügliche Kapitel in: Handbuch.
ist heute Perkonigs Filmarbeit, ab 1938 verfaßte er u.a. für die Wien-Film das Drehbuch zu
"Krambambuli" nach Marie von Ebner-Eschenbach. Für seine umfangreiche literarische bzw.
literaturpolitische Tätigkeit genehmigte die Lehrerbildungsanstalt "Stundenreduktionen in den
Jahren 1940-1944".71 Der Krieg "verhalf" Perkonig schließlich doch noch zu einer repräsentativeren Position in der RSK. Ab Mitte 1940 vertrat er den zur Luftwaffe eingerückten Emil Lorenz,
im folgenden Jahr wurde J.F. Perkonig zum stellvertretenden RSK-Landesleiter ernannt.72
Hans Steinacher befand sich mittlerweise im Kriegseinsatz. Nach seinem unfreiwilligen Abgang
hatte die SS mit ihrer Volksdeutschen Mittelstelle den VDA übernommen. Eine Radikalisierung
der Umsiedlungs- und Eindeutschungspolitik war die Folge. In Kärnten wurde Martin Wuttes
"Windischentheorie" ad acta gelegt und durch markige Parolen ersetzt:
Die Windischen, welche sich zur deutschen Volkszugehörigkeit bekannt haben, sind eben
Deutsche und für Slowenen kann hier kein Platz sein.73
Dieses Statement sollte wohl die Aussiedlung von Slowenen aus Südkärnten rechtfertigen, die seit
April 1942 im Gange war. Verantwortlich dafür zeichnete der langjährige Weggefährte Hans
Steinachers und J.F. Perkonigs, Alois Maier-Kaibitsch, nun Sonderbeauftragter der Gauleitung
für die nationalpolitischen Fragen des gemischtsprachigen Gebietes und Beauftragter der Volksdeutschen Mittelstelle für Kärnten.74 Reaktionen zur Slowenenaussiedlung sind sowohl von Perkonig als auch von Steinacher überliefert. Beide sollen – unabhängig voneinander - bei Gauleiter
Friedrich Rainer Protest eingelegt haben. Perkonig verfaßte ein (undatiertes) Memorandum,75 das
er angeblich Rainer zukommen ließ. Dieser Vorgang ist nicht dokumentiert, niemand kann ihn
bezeugen. Der mit dem Gauleiter gut bekannte Steinacher meldete sich, laut Aussage eines Zeitzeugen, aus Norwegen. Ein "Telefongespräch zwischen Steinacher in Kirkenes und Rainer in
Klagenfurt in schärftster Tonart" soll die Rücksiedlung betroffener Wehrmachtsangehöriger und
ihrer Familien herbeigeführt haben.76
Damit schloß sich der Kreis, der vor mehr als zwanzig Jahren seinen Anfang genommen hatte.
Die neue Dimension der Minderheitenpolitik war nicht im Sinne Steinachers und Perkonigs,
doch hatten nicht zuletzt auch sie mitgeholfen, den Boden zu bereiten.
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Nussbaumer65, S. 37.
Dazu ausführlich Uwe Baur: Organisation der Kultur in Kärnten (staatliche und nationalsozialistische Einrichtungen). [=Arbeitstitel.] In: Handbuch.
Aus einer Rede Alois Maier-Kaibitschs vom 10.7.1942, zitiert nach Fritzl90, S. 22.
1946 wurde Maier-Kaibitsch nach dem Kriegsverbrechergesetz angeklagt und zu lebenslanger Haft verurteilt.
Denkschrift, betreffend die Aussiedlung von Kärntner Slowenen, siehe Nußbaumer65, S. 257-262.
Walzl92, S. 266.
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