Lösung zur Beispielkl. - math.uni

Werbung
Mathematisches Institut
Universität Augsburg
Sommersemester 2014
Beispielklausur zur Einführung in die Topologie
Name: Musterlöser
Aufgabe 1
Punkte 10
2
10
3
10
4
10
Gesamtpunktzahl:
• Schreiben Sie unbedingt auf jedes Blatt Ihren Namen und lösen Sie jede
Aufgabe nur auf dem dafür vorgesehenen Blatt. Sollte Ihnen der Platz
nicht reichen, fügen Sie an der entsprechenden Stelle ein zusätzliches
Blatt mit Ihrem Namen ein.
• Arbeitszeit: 90 Minuten.
• Hilfsmittel sind nicht erlaubt.
Name: Musterlöser
(10)
Aufgabe 1
Beantworten Sie die folgenden Ja-Nein-Fragen, indem Sie in untenstehender
Tabelle das zutreffende Kästchen ankreuzen!
Hinweise zur Bewertung: Sie müssen Ihre Antworten nicht begründen. Für jede
Frage gibt ein richtiges Kreuz einen Punkt, ein falsches einen Minuspunkt und eine
Enthaltung 0 Punkte. Wenn Ihre Gesamtpunktzahl bei dieser Aufgabe negativ ist,
wird die Aufgabe mit 0 Punkten gewertet.
1. Ist jeder diskrete topologische Raum metrisierbar?
2. Erfüllt jeder metrisierbare Raum das zweite Abzählbarkeitsaxiom?
3. Ist [0, 1] homöomorph zu [0, 1)?
4. Ist jeder Punkt in einem zusammenziehbaren Raum starker Deformationsrektrakt dieses Raumes?
5. Ist jedes Produkt von kompakten Räumen kompakt?
6. Lässt sich jeder metrische Raum isometrisch in einen vollständigen metrischen Raum einbetten?
7. Ist die n-Sphäre S n , n ≥ 1, triangulierbar?
8. Ist jeder topologische Raum, der die Klumpentopologie trägt, wegzusammenhängend?
9. Ist jeder netzkompakte Raum kompakt?
10. Sei X ein wegzusammenhängender Raum und x, x0 ∈ X. Sind dann die
Fundamentalgruppen π1 (X, x) und π1 (X, x0 ) isomorph?
Frage:
JA
NEIN
1
X
2
3
4
X
X
X
5
X
2
6
X
7
X
8
X
9
X
10
X
Name: Musterlöser
(3+1+2+4)
Aufgabe 2
a) Es seien X und Y topologische Räume. Was versteht man unter einer
Homotopieäquivalenz f : X → Y ?
b) Es sei f : X → Y eine stetige Abbildung. Angenommen, es existieren
stetige Abbildungen g, h : Y → X mit f ◦ g ' idY und h ◦ f ' idX . Zeigen
Sie, dass f eine Homotopieäquivalenz ist. Tip: Betrachten Sie h ◦ f ◦ g ◦ f
um zu zeigen, dass g ◦ f ' idX .
c) Beweisen Sie, dass [0, 1] und [0, 1) homotopieäquivalent sind. Tip: Zeigen
Sie, dass beide Räume kontrahierbar sind.
d) Für einen topologischen Raum X bezeichnen wir mit π0 (X) die Menge
der Wegekomponenten von X. Konstruieren Sie für eine stetige Abbildung
f : X → Y eine Mengenabbildung f∗ : π0 (X) → π0 (Y ) und zeigen Sie,
dass diese Konstruktion π0 zu einem Funktor Top → Set macht.
a) Eine Homotopieäquivalenz ist eine stetige Abbildung f : X → Y für die
es eine stetige Abbildung g : Y → X (ein sog. Homotopieinverses) gibt,
sodass f ◦ g ' idY und g ◦ f ' idX .
b) Es gilt
g ◦ f = idX ◦g ◦ f ' h ◦ f ◦ g ◦ f ' h ◦ idY ◦f = h ◦ f ' idX .
Da nach Voraussetzung auch f ◦ g ' idY , ist g ein Homotopieinverses zu
f und somit f eine Homotopieäquivalenz.
c) Beide Intervalle J1 = [0, 1] und J2 = [0, 1) sind homotopieäquivalent zum
einpunktigen Raum {∗}: Eine Homotopieäquivalenz ist jeweils
f : {∗} → Ji , ∗ 7→ 0
mit Homotopieinversem
g : Ji → {∗}, x 7→ ∗,
denn g ◦ f = id{∗} und die andere Komposition
f ◦ g : Ji → Ji , x 7→ 0
3
ist homotop zu Identität auf Ji vermöge der Homotopie
H : Ji × [0, 1] → Ji , (x, t) 7→ t · x.
Somit gilt J1 ' {∗} ' J2 .
d) Ist W ⊂ X eine Wegekomponente, so ist auch f (W ) wegzusammenhängend.
Folglich ist f (W ) in genau einer Wegekomponente von Y enthalten, die
wir f∗ (W ) nennen. Auf diese Weise erhalten wir eine wohldefinierte Abbildung zwischen Mengen
π0 (f ) = f∗ : π0 (X) → π0 (Y ), W 7→ f∗ (W ).
Um zu zeigen, dass π0 : Top → Set ein Funktor ist, müssen noch zwei
Eigenschaften überprüft werden:
• Für die Identität auf X gilt offensichtlich (idX )∗ (W ) = W für alle
Wegekomponenten W , also
(idX )∗ = idπ0 (X) .
• Es seien f : X → Y und g : Y → Z stetig. Für eine Wegekomponente
W ⊂ X gilt nach Konstruktion f (W ) ⊂ f∗ (W ) und somit
g ◦ f (W ) = g(f (W )) ⊂ g(f∗ (W )) ⊂ g∗ (f∗ (W )).
Mit anderen Worten: g◦f (W ) liegt in der Wegekomponente g∗ (f∗ (W ))
von Z. Nach Konstruktion gilt also (g ◦ f )∗ (W ) = g∗ (f∗ (W )).
Es gilt also wie gewünscht
(g ◦ f )∗ = g∗ ◦ f∗ .
Somit ist π0 ein Funktor.
4
Name: Musterlöser
(2+6+2)
Aufgabe 3
a) Wann heißt ein topologischer Raum lokalkompakt?
b) Es sei X ein lokalkompakter Hausdorffraum. Wie ist die Einpunktkompaktifizierung von X definiert? Zeigen Sie, dass das von Ihnen angegebene
System von offenen Mengen wirklich eine Topologie bildet und dass diese
Topologie Hausdorffsch und kompakt ist.
c) Skizzieren Sie die Einpunktkompaktifizierungen der Räume R \ {0} und
R2 \ {0}. Eine genaue Begründung ist nicht verlangt.
a) Ein topologischer Raum X heißt lokalkompakt, falls jeder Punkt x ∈ X
eine kompakte Umgebung besitzt.
b) Die Einpunktkompaktifizierung von X ist die disjunkte Vereinigung
X + := X ∪ {∞}
von X mit einem zusätzlichen Punkt ∞ 6∈ X zusammen mit folgender
Topologie: Eine Teilmenge U ⊂ X + ist offen, wenn
• U ⊂ X offen in X ist oder
• ∞ ∈ U und X \ U kompakt ist.
Wir überprüfen die Axiome einer Topologie:
• ∅ ist offen in X + , denn ∅ ⊂ X ist offen.
X + ist offen in X + , da X \ X + = ∅ kompakt ist.
• Es sei (Ui )i∈I eine Familie offener Teilmengen von X + .
Wenn
∞∈
/ Ui für alle i ∈ I, dann sind alle Ui in X offen. Somit ist
S
U
offen
in X, also auch in X + .
i∈I i
Ist hingegen I0 := {i ∈ I | ∞ ∈ Ui } 6= ∅, dann sind die Mengen
Ki := X \ Ui kompakt für i ∈ I0 und


[
[
[
Ui 
X \ Ui = X \  (X \ Ki ) ∪
i∈I
i∈I0
i∈I\I0

! 
=
\
i∈I0
5
Ki
\
[
i∈I\I0
Ui  .
Da X ein HausdorffraumSist, sind die kompakten Mengen Ki abgeschlossen. Somit ist X \ i∈I Ui eine abgeschlossene Teilmenge der
kompakten Teilmenge Ki0 , wobei
i0 ∈ I0 beliebig. Folglich ist diese
S
Menge selbst kompakt, also i∈I Ui 3 ∞ offen in X + .
• Es seien U, V ⊂ X + offen.
Falls ∞ ∈ U und ∞ ∈ V , dann sind K1 := X \ U und K2 := X \ V
kompakt (und weil X ein Hausdorffraum ist auch abgeschlossen),
∞ ∈ U ∩ V und
X \ (U ∩ V ) = (X \ U ) ∪ (X \ V ) = K1 ∩ K2
ist als abgeschlossene Teilmenge der kompakten Menge K1 selbst
kompakt. Somit ist U ∩ V offen in X + .
Ist ∞ ∈
/ U und ∞ ∈
/ V , so ist U ∩ V offen in X und somit auch in
X +.
Ist ∞ ∈ U und ∞ ∈
/ V , dann ist K := X \ U kompakt (und weil X
ein Hausdorffraum ist auch abgeschlossen), also ist
U ∩ V = (U \ {∞}) ∩ V = (X \ K) ∩ V
offen in X und somit auch in X + .
Analog ist U ∩ V offen, wenn ∞ ∈
/ U und ∞ ∈ V .
Sind x, y ∈ X ⊂ X + , dann gibt es offene Teilmengen U, V ⊂ X, die also
auch offen in X + sind, mit x ∈ U, y ∈ V , denn X ist Hausdorff.
Wir müssen also noch zeigen, dass sich ein beliebiger Punkt x von ∞
trennen lässt. Da X lokalkompakt ist, gibt es eine kompakte Umgebung
K ⊂ X von x, also x ∈ int K. Anders ausgedrückt: es gibt eine offene
Menge U ⊂ X mit x ∈ U ⊂ K. Da K kompakt ist, ist auch V := X + \ K
offen in X + . Es gilt x ∈ U, ∞ ∈ V und U ∩ V = ∅.
Folglich ist X + ein Hausdorffraum.
Ist (Ui )i∈I eine offene Überdeckung von X + , so ist ∞ ∈ Ui0 für ein i0 ∈ I.
Für alle anderen i ist Ui \ {∞} offen in X, denn falls ∞ ∈ Ui , also
Ki := X \Ui kompakt und somit abgeschlossen (wieder weil X Hausdorff),
dann ist Ui \{∞} = X \Ki das Komplement einer abgeschlossenen Menge.
Nun ist


[
[
X=
Ui = Ui0 ∪ 
Ui \ {∞} .
i∈I
i∈I\{i0 }
6
Deshalb wird die kompakte Menge Ki0 := X \ Ui0 von den in X offenen
Mengen Ui \ {∞}, i 6= i0 , überdeckt und es gibt eine endliche Teilüberdeckung:
[
K i0 ⊂
Ui \ {∞}
i∈I0
mit I0 ⊂ I \ {i0 } endlich. Es folgt
!
X + = Ui0 ∪
[
Ui \ {∞}
i∈I0
=
[
Ui .
i∈I0 ∪{i0 }
Somit wurde eine endliche Teilüberdeckung gefunden, X + ist also kompakt.
c)
(R \ {0})+
(R2 \ {0})+
∞
(−∞, 0)
•∞
(0, ∞)
7
Name: Musterlöser
(3+2+5)
Aufgabe 4
Wir wählen Basispunkte p ∈ S 2 , q ∈ S 1 und betrachten den Raum
[
˙
X := S 2 S 1 / p ∼ q ,
die disjunkte Vereinigung von S 2 und S 1 , wobei die Räume an p und q verheftet sind. Wir wählen diesen Verklebungspunkt als Basispunkt x von X,
siehe die folgende Zeichnung:
X
x
1
0
0
1
a) Zeigen Sie, dass der Teilraum S 1 ⊂ X ein Retrakt ist.
b) Folgern Sie mit Hilfe der Funktorialität von π1 , dass die von der Inklusion
i : S 1 ,→ X induzierte Abbildung i∗ : π1 (S 1 , q) → π1 (X, x) injektiv ist.
c) Zeigen Sie nun, dass i∗ auch surjektiv ist. Hinweis: Überdecken Sie X
durch zwei geeignete offene Mengen U, V und betrachten Sie für einen
geschlossenen an x basierten Weg γ : [0, 1] → X die Überdeckung von
[0, 1] durch γ −1 (U ) und γ −1 (V ).
a) Die stetige Abbildung
(
q x ∈ S2
˙ 1 → S 1 , x 7→
f : S 2 ∪S
x x ∈ S1
hat die Eigenschaft f (p) = f (q). Deshalb steigt f zu einer stetigen Abbildung
r : X → S 1 , [x] 7→ f (x)
8
ab. Desweiteren sei i : S 1 ,→ X die Inklusion des Teilraumes S 1 . Offensichtlich gilt r ◦ i = idS 1 , d. h. r ist eine Retraktion und S 1 ⊂ X ein
Retrakt.
b) Es gilt r∗ ◦ i∗ = (r ◦ i)∗ = id∗ = id und somit muss i∗ injektiv sein.
c) Wir wählen U = X \ {−p}, V = X \ {−q}. Zunächst bemerken wir,
dass die Teilmengen S 1 von U und S 2 von V starke Deformationsretrakte
sind. Retraktionen sind jeweils wie in a) gegeben. Die Kompositionen
U → S 1 → U und V → S 2 → V von Retraktion und Inklusion sind
jeweils homotop zur Identität relativ zum Retrakt. Die Homotopien erhält
man, indem man kanonische Kontraktionen von S 2 \ {−p} auf {p} bzw.
von S 1 \ {−q} auf {q} durch die Identität auf dem anderen Teil S 1 bzw.
S 2 fortsetzt.
Folglich erhalten wir von Inklusionen induzierte Gruppenisomorphismen
π1 (S 1 , x) ∼
= π1 (U, x),
1 = π1 (S 2 , x) ∼
= π1 (V, x).
Es sei nun γ : [0, 1] → X eine an x basierte Schleife. Die Überdeckung
von [0, 1] durch γ −1 (U ) und γ −1 (V ) besitzt eine Lebesguezahl λ und wir
wählen N so groß, dass N1 < λ.
Dann liegt für jedes k = 0, . . . , N − 1 das Bild
γ([k/N, (k + 1)/N ])
ganz in U oder ganz in V . Wir finden also endlich viele 0 = z0 < z1 < · · · <
zn = 1, sodass die Bilder γ([zi , zi+1 ]) ganz in U oder ganz in V liegen, und
zwar abwechselnd. Insbesondere ist γ(zi ) ∈ U ∩ V für alle i = 1, . . . , n − 1.
Da U ∩ V wegzusammenhängend ist und den Basispunkt x enthält, gibt
es Wege ηi von x nach γ(xi ) in U ∩ V . Wir setzen γi := γ|[zi ,zi +1] ◦ φi ,
wobei φi : [0, 1] → [zi , zi+1 ] ein monoton wachsender Homöomorphismus
ist. Da ηi−1 · ηi ' cγ(zi ) rel{0, 1} ist
−1
γ ' γ0 · η0−1 · η1 · γ1 · η2−1 · η2 · . . . · ηn−1
· γn−1 rel{0, 1}.
Nun sind γ0 · η1−1 , η1 · γ1 · η2−1 , . . . allesamt in x basierte Schleifen, die ganz
in U oder ganz in V liegen. Diejenigen Schleifen, die ganz in V liegen, sind
wegen π1 (V, x) = 1 homotop rel{0, 1} zu cx . Somit ist γ homotop rel{0, 1}
zu einer Schleife, die ganz in U liegt. Es folgt, dass die von Inklusionen
induzierte Komposition
i∗ : π1 (S 1 , x) ∼
= π1 (U, x) → π1 (X, x).
surjektiv ist.
9
Herunterladen