Perspektiven September 2013 EKD-Orientierungshilfe

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EKD-Orientierungshilfe zur Familie
D
ie sogenannte „Orientierungshilfe des
Rates der EKD“ mit dem Titel „Familie
als verlässliche Gemeinschaft stärken“
ist in aller Munde. Und dabei hagelte es Kritik
von allen Seiten. Von Spiegel-Online bis Cicero,
von der Römisch.-katholischen Kirche bis zur
Deutschen Evangelischen Allianz, von Freikirchen bis zu vielen evangelischen Christen,
die zu ihrer Landeskirche stehen. Zwei der aus
meiner Sicht zutreffendsten Verlautbarungen
sind die von Dr. Michael Diener, dem Vorsitzenden der Deutschen Evangelischen Allianz
(ideaSpektrum 26/2013) und von Dr. Hartmut
Löwe, dem früheren Präsidenten des Kirchenamtes der EKD (ideaSpektrum 27/2013).
Ja, die Analyse gesellschaftlicher Vorgänge
und neuer rechtlicher Zusammenhänge insgesamt ist gelungen. In unseren Reihen besteht
die Gefahr, diese Realität zu wenig als Aufgabe
anzunehmen und auf die gebrochenen Lebensläufe vieler Menschen nicht genug mit dem
Evangelium antworten zu können. „Was nicht
sein darf, gibt es nicht“, ist manchmal unsere
Haltung. Und ja, ich fand ausgezeichnete Sätze, wie zum Beispiel: „Die Zugehörigkeit zur
Familie Gottes und der Nachfolge Jesu gebührt
im Neuen Testament letztlich der Vorrang“
(S. 60) oder der Gedanke, dass da, wo Menschen aufeinander angewiesen sind, sie nicht
unfrei werden (S. 62).
Vater, Mutter, Kinder – Kern des
biblischen Familienverständnisses
Aber diese und andere gute Anregungen scheitern an der Begriffsverwirrung in Sachen „Ehe“
und „Familie“. Denn da liegt das entscheidende
Problem der EKD-Schrift. Sie definiert Ehe und
Familie um. Die Konstellation „Vater, Mutter,
Kinder“ wird ausschließlich als Ideal der bürgerlichen Familie und somit als Konstruktion
beschrieben. Dass die Ehe zwischen Mann und
Frau, aus der nach Möglichkeit Kinder hervorgehen, nach biblischem Zeugnis den Kern von
Familie bildet, wird gründlich und mit abenteuerlichen Begründungen demontiert.
Vielmehr konstituierten „wechselseitige Bindungen“ Familie. Damit ist u.a. der ideologische
Boden bereitet für die Ehe von homosexuell Lebenden. Solange verlässliches, liebevolles und
verantwortliches Miteinander zu finden sei,
seien die biblischen Bestandteile von Partnerschaft gegeben (S. 66). Und spitzfindig wird gesagt, die Ehe sei keine absolute Ordnung, weil
sie nicht, wie das Abendmahl und die Taufe, von
Jesus eingesetzt wurde (S.63). Dass aber Gott
die Ehe als Ordnung eingesetzt hat, was Jesus
ausdrücklich bestätigt (Mt 19), wird in diesem
Zusammenhang verschwiegen.
Damit wir uns recht verstehen: Familie ist
natürlich größer und mehr als „Vater, Mutter,
Kinder“. Gott sei Dank! Aber Ehe verkommt unter dieser Schrift zu einer Beliebigkeit, dass ich
nur verzweifelt den Kopf geschüttelt habe. „Sola
scriptura“ gilt in dieser EKD-Schrift nicht. Sie
bietet keine Orientierung, zumindest nicht in
die richtige Richtung.
Klare biblische Orientierung
Was brauchen wir? Zunächst eine klare biblische Orientierung. Damit nicht nur „sola
scriptura“ drauf steht, sondern auch in unserem Leben zu finden ist. Dazu gehört eben
auch, dass Ehe von Gott selber gestiftet ist und
sie zwischen Mann und Frau gilt. Dann brauchen wir eine barmherzige und an Jesus ausgerichtete Umgangsweise mit den vielen zerbrochenen und gebrochenen Lebensrealitäten.
Ich glaube, da haben wir inzwischen nachgeholt und wir haben verstanden, dass dies kein
Ausverkauf an biblischen Maßstäben bedeutet.
Es ist vielmehr Evangelium für und mitten in
dieser Welt.
Aber diese Spannung müssen wir aufrecht
erhalten. In dieser Spannung werden wir und
Menschen unserer Zeit erst die lebensdienliche Orientierung aus der Bibel entdecken
(Was gilt?) und zugleich (nicht als Gegensatz!)
die lebensschaffende Kraft der Vergebung und
Gnade Gottes kennenlernen (Was erneuert
mich?). Die EKD-Schrift löst auf Kosten des
biblischen Familienbildes diese Spannung auf.
Und schließlich brauchen wir Vorbilder,
Männer und Frauen, die überzeugend Familie leben. Familien, die sich durch die Wirren
des Alltags schlagen. Gemeinden, in denen
man diese Ehepaare und Familien kennenlernt. Geheilte Beziehungen und Familien,
die über die „Blutsbande“ hinausgehen eben
die ganze Buntheit des Lebens unter der guten
Herrschaft Gottes. Möge man dies in unseren
Gemeinden finden.
Ansgar Hörsting ist Präses
des Bundes Freier evangelischer Gemeinden.
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Christsein Heute 9/2013
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