Skopje – bedrohte Stadtutopie

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Skopje – bedrohte Stadtutopie
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Peter Sägesser | 19.09.2013
Zwanzig Sekunden dauerte das Erdbeben, das am 26. Juli
1963 80% der Stadt Skopje zerstörte. Über 1000
Menschen starben und drei Viertel der Stadtbevölkerung
wurden obdachlos. Peter Sägesser schreibt über die
Geschichte des Wiederaufbaus und darüber, wie Skopje
zum Versuchslabor für den sozialutopischen Städtebau
der sechziger Jahre wurde.
Jugoslawien verfolgte während des Kalten Krieges einen
eigenen politischen Weg und war weder Teil des Ostblocks
noch Mitglied der NATO. Das Schicksal Skopjes fand weltweit
Beachtung und aus der ganzen Welt gab es
Unterstützungsangebote. In Skopje trafen sich das erste Mal
nach dem Zweiten Weltkrieg amerikanische und sowjetische
Soldaten, um beim Wiederaufbau zu helfen. Für die UNO hatte
diese internationale Zusammenarbeit unter ihrer Leitung
grosse symbolische Bedeutung. Es musste vor allem neuer
Wohnraum für die 140'000 nach dem Erdbeben evakuierten
Menschen geschaffen werden. Russland lieferte dazu eine
ganze Fabrik für die Produktion von Plattenbauelementen.
Andere Länder finanzierten Spitäler oder Museen. Die Schweiz
bezahlte unter anderem eine von Alfred Roth entworfene
Grundschule.
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gefunden
Zum Autor
Peter Sägesser
(mailto:[email protected]) ist
Architekt mit eigenem
Architekturbüro, arbeitet im
Vorstand des Architekturforums
Bern und organisiert
Architekturreisen. Seit
Studienzeiten interessiert er sich
für osteuropäische Architektur. Er
bereist die Länder zwischen
(/de/emagazin/architektur-news-schweiz)
Estland und Mazedonien und
dokumentiert Städte und Gebäude
zwischen (dem ehemals
ostdeutschen) Erfurt und dem
ukrainischen Donezk. Einen Teil
seines Bildarchivs zur
sozialistischen
Nachkriegsarchitektur stellt er auf
www.ostarchitektur.com
(http://www.ostarchitektur.com) vor.
(an)gemerkt
Wer mehr über die Region bzw.
Ex-Jugoslawien erfahren möchte,
dem empfiehlt der Autor den
Roman von Ivo Andrić «Die Brücke
über die Drina. Eine Wischegrader
Chronik»
(http://www.books.ch/detail/ISBN9783552055230), in dem
vierhundert Jahre
Bild: dRMM Architekten
gemeldet
Kuppeln aus Lehm
(/de/pages/gemeldet/38_13_Lehmkuppeln)
Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen
(/de/pages/gemeldet/38_13_Sperrstunde)
Wahlthema Mobilität
(/de/pages/gemeldet/38_13_Bundestagswahl)
(wiederauf)gebaut
Skopje – bedrohte Stadtutopie
(/de/pages/hauptbeitrag/38_13_skopje)
gefilmt
Endless Stair in London
(/de/pages/film/38_13_Treppe)
gebaut
Schulhaus am Wettingertobel
(/de/projects/current_review)
gefertigt
Skulptur durch Boden
(/de/pages/gefertigt/38_13_gefertigt)
Regionsgeschichte erzählt werden.
Jobs
(/img/frontend/pages/2778/595:w/skopje_maps.jpg)
1963 zerstörte ein Erdbeben einen Grossteil der Stadt Skopje. Kenzo Tange
gewann den städtebaulichen Wettbewerb für den Wiederaufbau. (Bild:
maps.google.com)
Zwei Jahre nach dem Erdbeben schrieb die UNO einen
städtebaulichen Wettbewerb aus. Eingeladen waren acht
Architekturbüros. Vier der Büros kamen aus Jugoslawien, vier
aus dem Ausland. Unter den eingeladenen Büros befanden
sich die führenden Stadtplaner dieser Zeit. Aus Holland
nahmen Bakema und Van den Broek teil, aus Japan Kenzo
Tange und aus Jugoslawien unter anderen Edvard Ravnikar.
Die Projekte vom Zagreber Stadtplanungsinstitut mit Radovan
Mi!"evi# und Fedor Wenzler und von Kenzo Tange wurden mit
dem ersten Preis ausgezeichnet. Dass schliesslich Kenzo
Tanges Projekt für die Umsetzung gewählt wurde, hatte vor
(http://www.books.ch/detail/ISBN9783552055230)
In der Dokumentation «Architektur
der Erinnerung. Die Denkmäler des
Bogdan Bogdanovic»
(http://www.pustet.at/Architekturder-
Agenda
allem mit seiner radikalen Vision und dem damit verbundenen
grösseren propagandistischen Potential für die Vereinten
Nationen, Jugoslawien und Japan zu tun.
Erinnerung_33_p45.html) (Wien
2008), über die unsere Kollegen
von german-architects.com bereits
einmal berichteten
Der Wiederaufbau von Skopje eröffnete dem jungen Staat die
Chance, eine ideale sozialistische Stadt zu bauen mit besseren
Lebensbedingungen für ihre Bewohnerinnen und Bewohner.
Für die Schaffung einer neuen Gesellschaft kam nur die
moderne Architektur in Frage. Kenzo Tange selber sah einen
Vorteil darin, dass Jugoslawien ein sozialistisches Land war:
«Yugoslavia is a socialist country in which land is not privately
held, the city government had sufficient power to make it
possible to introduce our total plan.» (1)
(http://www.magazin-world-
Praktikant/in (/de/jobs/15026_Praktikant_in)
Markus Schietsch Architekten GmbH, Zürich
Entwurfsarchitekt/in
(/de/jobs/15028_Entwurfsarchitekt_in)
architects.com/de_09_04_onlinemagazin_personen_de.html),
Markus Schietsch Architekten GmbH, Zürich
thematisiert der Stadtplaner und
Fachpublizist Reinhard Seiss das
Leben Bogdan Bogdanovićs (1922
– 2010). Dieser arbeitete als
Architekt, Künstler und
Schriftsteller und amtierte als
Belgrader Bürgermeister.
Bauleiter / Bauleiterin
(/de/jobs/15029_Bauleiter_Bauleiterin)
Fischer Architekten AG, Zürich
HochbauzeichnerIn / Diplomierter ZeichnerIn
Fachrichtung Architektur
(/de/jobs/15030_HochbauzeichnerIn_Diplomierter_Zeichn
Fischer Architekten AG, Zürich
Erfahrener Projektleiter (m/w)
(/de/jobs/15027_Erfahrener_Projektleiter_m_w)
MBA/S, Stuttgart
Im Herbst finden zudem die
«Skopje Architecture Week»
(http://www.skopjearchitectureweek.com)
und die «Skopje Design Week»
(http://www.ministryofpleasure.net)
statt.
Ein weiterer Bericht zu Skopje ist
2009 im Magazin von german-
(/img/frontend/pages/2778/595:w/011-post-schalterhalle.jpg)
architects.com (http://magazin-
Fassade des Post- und Telekommunikationszentrums, 1974. Architekt: Janko
Konstantinov (Bilder: Autor)
world-
Schon früher war Kenzo Tange zu Besuch in Jugoslawien. 1956
war er Gast beim CIAM X Kongress in Dubrovnik. Er war
beeindruckt von der klaren städtebaulichen Figur Dubrovniks.
Diese war auch sein Vorbild für den Wiederaufbau von Skopje.
Eine Stadtmauer aus Wohnbauten sollte das Zentrum
umfassen. Als «Stadttor» würde eine monumentale
Erschliessungsachse dienen. Diese Achse sollte auf mehreren
Ebenen den Bahnhof mit dem Stadtzentrum verbinden.
Angegliedert an diese Erschliessung waren Bürotürme und
Einkaufszentren.
Tange hatte bereits 1960 eine ähnliche städtische
Grossstruktur für Tokio vorgeschlagen, die aber nie gebaut
wurde. In Skopje bot sich ihm nun die Möglichkeit, seine Ideen
umzusetzen. Während den Planungen entwickelte sich die
Stadt aber unabhängig von Tanges Masterplan weiter und der
Plan wurde nur zu Teilen umgesetzt. Von der Stadtmauer steht
heute etwa ein Drittel. Vom Stadttor wurden nur der Bahnhof
und das Hochhaus der Handelsbank realisiert. Der Bahnhof ist
auch das einzige Gebäude, das Kenzo Tange selber realisierte.
(/img/frontend/pages/2778/595:w/003-bahnhof.jpg)
Neuer Bahnhof Skopje von Kenzo Tange, 1968
architects.com/de_09_35_onlinemagazin_skopje_de.html)
erschienen.
Weitere Jobs (/de/jobs/offene-stellen)
Der Masterplan bereitete aber das Terrain für andere visionäre
Projekte vor wie das Goce Del"ev Studentenhaus und das
Stadtarchiv von Gjorgji Konstantinovski. Janko Konstantinov
baute für die Post eine organische Betonskulptur und Marko
Musi# orientierte sich bei seinem Universitätsbau an den
kleinräumlichen Gassen und Plätzen der Altstadt. Am
eindrücklichsten ist das Opern- und Balletthaus von 1979 des
slowenischen Büros 77. Es ist weniger ein Gebäude als ein zum
Fluss Vardar hin abfallendes Gebirge und erinnert in seiner
Form an die Oper von Snøhetta in Oslo oder an Bauten von
Zaha Hadid.
(/img/frontend/pages/2778/595:w/oper_4.jpg)
Macedonian Opera and Ballet, 1979. Architekten: Biro 77 (Bild: Jürg Stettler)
(/img/frontend/pages/2778/595:w/oper_3.jpg)
Macedonian Opera and Ballet, 1979. Architekten: Biro 77
Heute gibt es seitens der Regierung kein Verständnis für die
Bauten der 1960er- und 1970er-Jahre. Die Häuser werden
kaum unterhalten. Im Studentenhaus sind einzelne Zimmer
wegen eindringendem Wasser nicht mehr bewohnbar. Die
massivste Zerstörung findet aber aktuell statt. Die regierende,
konservative Partei will mit ihrem Programm „Skopje 2014“
bis nächstes Jahr eine grosse Zahl von Monumenten,
Gebäuden und Denkmälern errichten. Sie versteht dies als
identitätsstiftend für das kleine Land. Die Neubauten werden
aber in keiner Weise der kulturellen Vielfalt des Landes
gerecht. Die Architekten und Architektinnen werden
angehalten, in einem pseudoklassizistischen Stil zu bauen.
Was dabei entsteht ist ein semantischer Albtraum. Ziel von
„Skopje 2014“ ist dabei nichts weniger als eine neue
Geschichtsschreibung. Dabei stören die Bauten aus der Zeit
des Sozialismus. Diese werden hinter den neoklassizistischen
Fassaden versteckt oder zerstört. Anfangs Jahr brannte die
Schalterhalle der Post, eines der Hauptwerke aus der Zeit des
Wiederaufbaus. Unklar ist, was mit dem beschädigten
Gebäude, das sich an bester innerstädtischer Lage befindet,
geschehen soll.
Neuer Bahnhof Skopje von Kenzo Tange, 1968
Die Neubauten beheimaten vor allem Ministerien und
erwirtschaften deshalb keinen Ertrag. Sie werden in Zukunft
vor allem eine finanzielle Last für den nicht gerade reichen
Staat sein. Damit dürften für die grossartigen Bauten wie die
Oper oder das Studentenhaus weiterhin die Mittel für
Sanierungsmassnahmen fehlen. Wenn die Entwicklung in
Skopje weiterhin in diese Richtung geht, wird die Stadt sein
einzigartiges Architekturensemble verlieren. Peter Sägesser
(mailto:[email protected])
(1) Lin Zhongjie: Kenzo Tange and the Metabolist Movement,
Urban Utopias of Modern Japan, New York, 2010
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