1 2016 Das Magazin für die Kunden der Schindler Aufzüge AG next floor Reise in das digitale Zeitalter Industrie 4.0 – Evolution oder Disruption Michael Nilles: «Digitalisierung einsetzen, wo es Sinn macht» BIM – Bauen vor dem Bauen Digitale Fabrikation – Quantensprung für Architektur Inhalt 4 Industrie 4.0 – Evolution, Revolution oder Disruption? 8 Digitale Revolution im Kundenservice 12 Michael Nilles: «Digitalisierung unterstützt den Austausch zwischen Menschen» 16 Leichter und besser unterwegs mit dem digitalen Werkzeugkoffer von Schindler 18 BIM – Bauen vor dem Bauen, am Beispiel Spital Limmattal 22 Schweizer Bauwirtschaft tut sich noch schwer mit der Digitalisierung 26 Digitale Fabrikation – Quantensprung für die Architektur 30 Russell Loveridge: «Planen und Bauen wird sich dramatisch verändern» 31 Schindler-Hochleistungsaufzüge für Aiguille du Midi im Mont-Blanc-Massiv 34 Roche Bau 1 – eines der energieeffizientesten Hochhäuser Europas 38 next news: Spezielle Projekte und Produkte aus der Schindler-Welt Impressum Herausgeber Schindler Aufzüge AG, Marketing & Kommunikation, CH-6030 Ebikon Redaktion Beat Baumgartner Redaktionsadresse next floor, ­Zugerstrasse 13, CH-6030 Ebikon / Luzern, nextfloor @ ch.schindler.com Adressverwaltung address @ ch.schindler.com Litho click it AG Layout aformat.ch Druck Multicolor Print AG Auflage 32 000 Ex. Ausgaben next floor erscheint zweimal jährlich in deutscher, französischer und italienischer Sprache Titelbild Im Rahmen des Forschungsschwerpunkts Digitale Fabrikation haben Wissenschaftler der ETH Zürich einen revolutionären Roboter entwickelt. Er kann mauern sowie schweissen – und ermöglicht dadurch neue Architekturformen. Bild Nique Nager, Luzern. Copyright Schindler Aufzüge AG, Nachdruck auf Anfrage und mit Quellenangabe www.schindler.ch Editorial Digitalisierung Liebe Leserinnen und Leser Die Digitalisierung durchdringt immer stärker unseren Alltag, ob beim E-Banking, Self-Scanning und Check-out im Lebensmittelladen oder beim Buchen unserer Ferien. Die elektronische Auf­ bereitung und moderne Nutzung von Daten und Informationen lassen keine Branche unberührt. Dank 3D-Print, Automatisation und intelligenten Robotern zeichnen sich in manchen Bereichen der Industrie geradezu revolutionäre Veränderungen ab. Schindler hat bereits in einer frühen Phase auf die Digitalisierung gesetzt, zum Beispiel mit automatischen Lift-Zugangssystemen. In den letzten Jahren sind verschiedene Tools und Applikationen hinzugekommen, die unseren Kunden und uns selber die Arbeit erleichtern. Das Schindler Dashboard zum Beispiel gibt unseren Kunden den kompletten Überblick über den Zustand ihrer Aufzüge. Mit einem Fingertipp können sie jederzeit alle weiteren Daten und Details abrufen. Sie sehen dabei auch, ob es etwa technische Störungen gab und wie lange es dauerte, bis die Servicetechniker diese behoben hatten. Architekten und Ingenieure haben mit dem Schindler-Planungsnavigator ein 3D-Zeichnungs­ system in der Hand, um die Aufzüge am Computer perfekt ins Gebäude zu integrieren. Feld­ applikationen wie der digitale Werkzeugkoffer unterstützen unsere Servicetechniker beim ­Einsatz, von der Routenplanung bis zur elektronischen Bestellung der Ersatzteile. Die Analyse der von den Aufzügen ins Backend-System von Schindler eingespeisten Daten nutzen wir zur Fernüberwachung und vorausschauenden Wartung. Lesen Sie also auf den folgenden Seiten, wie die Welt von Industrie 4.0 mehr und mehr zum Standard wird. Auch wenn wir darin mit verschiedenen Applikationen und Tools frühzeitig schon einiges realisiert haben, ist die digitale Transformation für uns noch längst nicht abgeschlossen. Die Reise geht weiter mit dem Ziel, die Qualität und Effizienz unserer Leistung und die Zuverlässigkeit unserer Aufzüge und Fahrtreppen nochmals zu steigern. Unsere Kunden laden wir ein, die neuen digitalen Dienstleistungen zu nutzen und uns auf dieser spannenden Reise in die ­Zukunft zu begleiten. Viel Spass beim Lesen wünscht Ihnen Rainer Roten CEO Schindler Schweiz next floor 3 Industrie 4.0 Industrie 4.0 – Evolution, Revolution oder Disruption? Die vierte industrielle Revolution krempelt Industrie, Wirtschaft und Arbeitswelt völlig um. Die Schweiz gehört zu den Pionieren der Entwicklung und ist bestens darauf vorbereitet. Zu diesem Schluss kommen die Strategieberater von Roland Berger in ihrer Studie «Industry 4.0 – The role of Switzerland within an European manufacturing revolution». 4 Text Pirmin Schilliger Bild Schindler Group | Roland Berger | Fotolia D ie ersten selbstfahrenden Autos kurven herum, in Kalifornien und im Test auch schon mal in Zürich. In der Schweiz hat die Post kürzlich den digitalen Briefkasten lanciert, das «Milchkästli 4.0». Kluge Kühlschränke gibt es, die Milch und Butter selber nachbestellen und sich übers Mobiltelefon steuern lassen. Und auch sensitive Heizungen sind auf dem Markt, die auf Wetterprognosen reagieren und Lastwagen, die mittels GPS navigieren und ihre Frachtaufträge übers Internet koordinieren und optimieren. Smarte Mobilität also, smarte Gebäude, smarte Logistik, smarte Netzwerke – alles schon vorhanden. Und doch ist dies laut den Autoren der Studie «Indus­try 4.0 – The role of Switzerland within an European manufacturing revolution» erst ein Anfang. «Es ist bestenfalls ein Zehntel dessen, was in den nächsten fünfzehn Jahren noch geschehen wird», sagt Mitverfasser Oliver Grassmann von Roland Berger. Der Schlüsselbegriff für diese neue Entwicklung heisst Industrie 4.0. «Es geht dabei um die weitgehende Vernetzung und Automatisierung der gesamten industriellen Wertschöpfungskette durch ­Digitalisierung», erklärt Oliver Grassmann. Diese vierte Stufe der ­industriellen Revolution, nach Dampfmaschine, Fliessband und Computer, wird riesige Veränderungen auslösen. Ob Evolution, ­Revolution oder – gemäss neustem Terminus – Disruption: Industrie 4.0 bringt einen umfassenden Transformationsprozess ins Rollen, bei dem die Karten in vielen Bereichen der Wirtschaft von Grund auf neu gemischt werden. Virtuell-physische Systeme und Marktplätze Industrie 4.0 knüpft wesentlich bei der auf IT und Elektronik basierenden, von Computern gesteuerten und schon länger vorhandenen Automatisation an. Ein Novum ist allerdings, dass in der neuen 4.0-Welt über die blossen Daten hinaus auch Dinge und Objekte nahtlos ins weltweite Informationsnetzwerk integriert werden. ­Wissens- und Warenwelt durchdringen sich gegenseitig. Alles, was über eingebettete Elektronik verfügt und Internet-Protokolle versteht, lässt sich in die virtuelle Welt einbinden: Armbanduhren, Thermostaten, Strassenlampen, Maschinen, ja sogar ganze Fabriken. Die vierte industrielle Revolution basiert auf der Idee einer unbegrenzten Digitalisierung, in der letztlich alle Aktivitäten und produktiven Einheiten der Wirtschaft miteinander verlinkt sind und in einem ständigen Fluss Informationen austauschen. «Die physikalische und die virtuelle Welt verschmelzen», betont Oliver Grassmann. IT-Programme, heute schon Hirn und Herz vieler Produktionssysteme, werden in Zukunft noch bedeutsamer. Die Rechner werden noch mehr intelligente Maschinen und Roboter steuern, die Transport- und Lagerungsprozesse noch kompletter automatisieren. ­Algorithmen und Apps werden das Personal beim Marketing, Verkauf und der ­ undenbetreuung noch besser unterstützen. Industrie 4.0 ermöglicht K nicht nur eine effizientere, sondern auch eine flexiblere und leichter steuerbare Produktion, die rollend auf neue Bedürfnisse entlang der Wertschöpfungskette angepasst werden kann. Roboter und neue Rohstoffe Die Computer der 4.0-Generation erkennen Sprache und Bilder. Die neuen Roboter verfügen über Muskelkraft und über geistige Fähigkeiten – kein Zukunftsszenario, sondern bereits Realität: Roboter Yumi von ABB zum Beispiel denkt mit, kommuniziert mit seinen menschlichen Kollegen im Team und arbeitet mit ihnen Hand in Hand. Ausserdem weiten die 4.0-Roboter ihren Aktionsradius nochmals beträchtlich aus. Über die Produktion hinaus übernehmen sie Funktionen in der Logistik, im Back-Office und – warum nicht – auch in der Führung. Sie ermöglichen den 24-Stunden-Betrieb, ohne dass für die Nachtschichten länger menschliche Arbeitskräfte benötigt werden. «Ob Industrie 4.0 tatsächlich eine Revolution ist, wird sich noch zeigen. Auf jeden Fall revolutionär ist das unglaubliche Tempo dieses Transformationsprozesses», meint Oliver Grassmann. Tatsächlich bringt es die rasende Digitalisierung mit «Es geht dabei um die sich, dass sich die elektroniweitgehende Vernetzung schen Daten derzeit alle ein und Automatisierung der bis zwei Jahre verdoppeln. gesamten industriellen Die anschwellende Datenflut zählt zu den neuen RohstofWertschöpfungskette fen von Industrie 4.0. Aus durch Digitalisierung.» der Datenmenge lassen sich Verhaltensmuster erkennen, Bedürfnisse ableiten und entsprechend neue Produkte und Dienstleistungen kreieren, bis und mit neuen Geschäftsmodellen. Industrie 4.0 beschleunigt auch die Forschung und ­Entwicklung. Die einzelnen Schritte werden mittels 3D-Design simuliert, bis ein virtuelles Ergebnis als ausgereifte Lösung vorliegt. Die früher notwendigen Proto­t ypen, Pilotund Testserien, Kalibrierungen und Feinjustierungen ­erübrigen sich. Bei der Umsetzung einer Innovation in die reale Produktionswelt verschwimmen die Grenzen zwischen Labor und Werkbank. Wenn es hauptsächlich nur noch darum geht, Daten zu transferieren, kann die physische Produktion ebenso gut in ­mobilen Fertigungsinseln dezentral und lokal erfolgen, in Kleinstserien und ohne lange Umrüstzeiten. Dabei wird der 3D-Printer zum wichtigsten ­Zulieferer. Die grössere Freiheit und Flexibilität im Produktionsprozess erlaubt c next floor 5 Industrie 4.0 es, auch massgeschneiderte Produkte zu vergleichsweise geringen Grenzkosten zu fertigen. Zudem wird die Verteilung von Ersatzteilen und einfachen Konsumgütern leichter. In den Medien, auf Kongressen und bei Symposien ist Industrie 4.0 längst ein Dauerthema. Auf den Podien diskutieren die Experten, ob der Prozess Fluch oder Segen bedeutet. Einig sind sie sich darin, dass Unternehmen, die die sich damit bietenden Möglichkeiten nicht nutzen, an Wettbewerbsfähigkeit einbüssen. Sie riskieren, aus dem Markt gedrängt zu werden. Selbst etablierte Player, die in der analogen Welt gross geworden sind, kommen folglich nicht darum herum, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken und sich allenfalls neu zu erfinden. Dabei treffen sie auf neue Mitbewerber und werden mit radikal neuen Geschäftsmodellen konfrontiert. Allianzen werden geschmiedet, es gibt neue Formen der Zusammenarbeit zwischen multinationalen Playern und auf Nischen ausgerichteten KMUs. Die Rollen entlang der Wertschöpfungsketten werden neu verteilt. c Die Schweiz in bester Ausgangsposition Welche Chancen bietet Industrie 4.0 speziell der Schweiz? «Die Schweiz befindet sich laut unserer Studie in einer ausgezeichneten Ausgangslage», sagt Oliver Grassmann. Sie gehört mit Deutschland und Irland zu den Spitzentreibern der Entwicklung. Die gute Ausgangsposition beruht auf einer breiten industriellen Basis mit einem, im internationalen Vergleich, hohen industriellen Wertschöpfungsanteil von annähernd 20 Prozent. Zudem ist der Automatisierungsgrad vieler Unternehmen bereits jetzt hoch. Die Autoren der Studie weisen ausserdem auf die fortschrittlichen Geschäftsbedingungen hin, auf eine gesunde Mischung von traditionellen und avantgardistischen Unternehmen, von KMUs und globalen Playern. Nicht zuletzt sind die digitalen Infrastrukturen auf neustem Stand, und dem Land fehlt es nicht an gut ausgebildetem Personal. Wissen ist das Kerngeschäft der 4.0-Zukunft der Industrie. Die Schweiz verfügt ­dafür heute schon über führende Kompetenzzentren in Inge­nieurs­ kunst, Robotik, Automation, Computerwissenschaften, Pharma, Sensortechnik, Bio- und Nanotechnologie, Optik usw. «Wir sehen, dass Schweizer Unternehmen wie auch europäische ­Firmen in ­Industrie 4.0 führend sind», betont Oliver Grassmann. Die vierte ­industrielle Revolution hat also begonnen, zum Beispiel bei ABB mit dem Yumi-Roboter. Oder beim deutschen Hersteller Kuka, der die 6 Arbeitswelt ebenfalls mit lernfähigen Robotern beliefert. ­Industrie 4.0 lässt sich auch bei BMW in Regensburg erleben, wo wiederum mit Hilfe von Robotern derzeit neun Fahrzeugtypen im stabilen Takt über ein Hauptmontageband produziert werden. ­Siemens setzt mit der «Digital Factory» neue Massstäbe, Bosch mit der eigenen IoT Cloud. Zu den Pionieren von Industrie 4.0 zählen die Berater von Roland Berger auch Schindler. Sie verweisen dabei auf den digitalen Werkzeugkoffer (siehe auch Seite 16). Tatsächlich hat Schindler mit diesem und weiteren Digitalisierungsschritten heute schon realisiert, was in der Industrie 4.0-Welt punkto Service bald Standard sein könnte: eine vorausschauende Wartung, die den Zustand der Anlagen permanent im Auge behält und das Risiko unvorhergesehener Unterbrüche massiv reduziert. Die installierten Aufzüge und Fahr­­ treppen sind jetzt ein Teil des «Internets der Dinge» und bleiben über ihren gesamten Lebenszyklus in den betrieblichen Alltag integriert. n Selbst etablierte Player, die in der analogen Welt gross geworden sind, kommen folglich nicht darum herum, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken und sich allenfalls neu zu erfinden. Peter Schneidewind ist Senior Partner im Competence Center EPHT in ­Zürich, mit Verantwortung für Anlagenbau. Als Experte der Industrie – mit grosser Praxis­erfahrung – und der Beratung hat er fundiertes ­W issen in der Konzeption und Umsetzung von Smart- ­Efficiency-Programmen, im Vertrieb und PMI. «Wir erleben eine dramatische Beschleunigung» Nachgefragt beim Berater Peter ­Schneidewind von Roland Berger in Zürich. Industrie 4.0 ist in aller Munde, doch wie weit sind wir mit der Umsetzung: Stecken wir schon mittendrin im Prozess oder stehen wir erst am Anfang? Peter Schneidewind: In Branchen wie der Automobil- oder der Maschinenindustrie ist Industrie 4.0 schon in vollem Gange. In anderen Branchen hingegen steckt sie noch in den Anfängen. Mittel- und längerfristig erwarten wir noch grössere Veränderungen im Hochbau. In 20 bis 30 Jahren dürften ganze Gebäude mit Hilfe von 3D-gedruckten Komponenten erstellt werden, die tragenden Bauteile genauso wie die Haustechnik. Dabei eröffnen sich völlig neue gestalterische und technische Möglichkeiten. Und die ausführenden Arbeiten unterstützen dann vermehrt ­Roboter. Wo zum Beispiel? Ich denke etwa an das Bauhauptgewerbe. Auf den heutigen Baustellen dominiert immer noch maschinenunterstützte Handarbeit. Verbreiteter ist I­ndustrie 4.0 bei den Architekten und Ingenieuren, also in der Planung, sowie bei den Bauzulieferern, die über die digitale Vernetzung die Lieferketten optimieren. Insgesamt aber hat die Reise im Bausektor gerade erst begonnen. Es zeichnet sich klar ab, dass Industrie 4.0 den Planungsprozess dramatisch beschleunigen und verkürzen wird. In der Zulieferung ermöglicht sie eine bislang unvorstellbare Transparenz über die Verfügbarkeit von Materialien und eine sehr präzise Abstimmung. Gemäss dem «Industry 4.0 Readyness Index» ­befindet sich die Schweiz in hervorragender ­Ausgangsposition. Ist das Land bereit, diese Chance zu nutzen? Wir sind in der Schweiz hinsichtlich Industrie 4.0 tatsächlich gut aufgestellt. Der Automatisierungsgrad vieler Unternehmen ist bereits hoch, es gibt gut ausgebildetes Personal, und es fehlt auch nicht am notwendigen Investitionskapital. Werden alle Möglichkeiten genutzt, erwarten wir über alle Industrien hinweg ein zusätzliches Wertsteigerungspotenzial von 15 Milliarden Franken. Das bedingt aber, dass wir uns mit dem gleichen Wagemut an Industrie 4.0 heranwagen, wie das amerikanische Unternehmen tun: Unverkrampft und ohne Angst, auch mal Fehler zu machen. In Bezug auf Dynamik und innovatives Umfeld setzen die USA in der Industrie 4.0 die Massstäbe. Wir können und müssen davon noch einiges lernen, auch wenn es in der Schweiz bereits einige Unternehmen gibt, die wir zu den Pionieren von Industrie 4.0 zählen, wie ABB oder Schindler. Was passiert in Zukunft auf der Baustelle selbst? Das grösste Potenzial hat Industrie 4.0 kurzfristig im Tiefbau, wo die Bedienung von Maschinen automatisiert werden kann. Der autonome Bagger wird wahrscheinlich schneller kommen als der autonome Personenwagen. Wird uns, wie Kritiker von Industrie 4.0 ­befürchten, die Arbeit ausgehen, wenn die Roboter und Algorithmen das Kommando ­übernommen haben? Wenn dem so wäre, dann wäre uns schon bei der Einführung des mechanischen Webstuhls oder der Dampfmaschine die Arbeit ausgegangen. Durch Industrie 4.0 entsteht neues Wertschöpfungspotenzial, das letztlich zu mehr Wohlstand führt. Der Strukturwandel, den Industrie 4.0 zweifellos auslöst, muss ­allerdings gestaltet und begleitet werden. ­Niederqualifizierte Produktionsarbeitsplätze werden weitgehend automatisiert. Ersetzt werden diese durch höherqualifizierte Arbeitsplätze in der Bedienung und Programmierung der neuen, automatisierten Produktion sowie durch neue Jobs in den neuen Geschäfts­ modellen. Darüber ­hinaus können Länder wie die Schweiz durch vermehrten Technologie-Export Arbeitsplätze hinzugewinnen. Die grosse Herausforderung ist es, dafür zu sorgen, dass die Umschulung bestehender und die Ausbildung zukünftiger Arbeitnehmer in eine Richtung läuft, wo nicht einzelne Menschen auf der Strecke bleiben. Ich bin aber ­optimistisch und überzeugt, dass wir mit der richtigen Weichenstellung in der Bildung die Frage der zukünftigen Arbeitsverteilung in der Industrie 4.0 lösen können. n next floor 7 Digitale Revolution Kunden erwarten heute in allen Geschäftsfeldern einen Premium-Service und das in Rekordzeit. Dabei spielen neu entwickelte Apps eine zentrale Rolle. 8 App statt Hotline, Fernsteuerung statt Besuch des Servicetechnikers, Nachbarschaftshilfe statt Unternehmenssupport – der Kundenservice ändert sich derzeit gewaltig. Digitalisierung, Automatisierung und neue Geschäftsmodelle machen Kunden das Leben leichter. Digitale Revolution im Kundenservice Text Vera Hermes Bild Gettyimages | Fotolia | OPEL E igentlich verdient die Mila AG ihr Geld mit der guten alten Nachbarschaftshilfe. Die nennt sich heute kollaborativer Service oder Crowdservicing und hat es wirklich in sich: Diese Spielart des Customer Care könnte für den traditionellen Kundenservice so etwas werden wie Uber für die Taxi-Branche oder AirBnB für die Hotellerie, nämlich ein völlig neues plattformbasiertes Geschäftsmodell. Das 2013 gegründete und Ende 2015 von Swisscom mehrheitlich übernommene Start-up funktioniert zum Beispiel so: Der Kunde ­eines Telekommunikationsanbieters unterzeichnet einen Mobilfunkvertrag und erhält zugleich ein neues Smartphone. Ein anderer wechselt zum Breitband-Internetzugang und bekommt dafür einen speziellen Router. Ein dritter erwirbt eine diWie kriegt man die gitale TV-Box und ausserdem einen Dinger zum Laufen? neuen Fernseher. Kaum sind die beBei der Hotline rufen gehrten Produkte ­geliefert, gehen die die wenigsten an, Probleme los: Wie kriegt man die Dindenn das kann ger zum Laufen? Bei der Hotline rufen bekanntlich lange die wenigsten an, denn das kann bedauern, ist mühsam kanntlich lange dauern, ist mühsam und kostet Nerven. und kostet Nerven. Also fragen viele Menschen Freunde oder Bekannte, die sich auskennen. Kunden suchen «Friends» via App Dieses Verhalten macht sich Mila zunutze: Über den Online-Marktplatz oder via App können Endkunden so­genannte «Friends» – ganz normale Leute, die ihnen weiterhelfen – in ihrer Gegend finden, buchen und bewerten. Laut Mila erhalten 80 Prozent der Kunden innerhalb der ersten Stunde Hilfe. Den Preis für den Service handeln Friend und Kunde individuell aus. Mila ­erhält eine Provision. Weil viele Menschen ihr Wissen gern weitergeben, hat Mila kein Problem, Friends zu generieren. Die Kunden nutzen den Service gern, denn er ist schnell und flexibel. Zudem vertrauen sie den Friends, denn die wohnen in der Regel in der Nachbarschaft und können auch mal abends oder am Wochenende vorbeikommen. Oder man trifft sich samt Gerät im Café um die Ecke. Beim Crowdservicing fungieren die Auftraggeber nur noch als Mittler – deren Contact Center verweist die Endkunden an die Plattform, die technisch in die Kundenserviceprozesse integriert ist. Die Auftraggeber müssen weder das Personal vorhalten, noch bezahlen oder schulen. Premium-Service in Rekordzeit Derlei Geschäftsmodelle nützen den Kunden und das ist heute oberste Priorität. Kunden erwarten heute Premium-Service in Rekordzeit. Die Messlatte legen digitale Superstars wie Amazon oder Apple, deren Service in puncto Einfachheit, Anwendbarkeit und Kundenorientierung geradezu revolutionär gut ist. Kein Mensch versteht mehr, warum eine Kontoeröffnung acht Tage dauert, eine Versicherung Wochen zur Bearbeitung eines Vorfalls braucht oder eine Ware nicht binnen Tagen verfügbar ist. Apropos Kontoeröffnung: Auch die Finanzdienstleistungsbranche wird sich künftig im Kundenservice deutAlso fragen viele lich mehr anstrengen müssen. Menschen Freunde Junge Fintech-Start-ups drängen oder Bekannte, mit schnellen, kostenlosen Services auf den Markt. Beim unlängst mit die sich auskennen. viel Venture-Capital bedachten Start-up Number 26 dauert die Eröffnung eines kostenlosen Girokontos via Smartphone gerade mal acht Minuten. Für viele Kunden sind Self Services, etwa via App, schon heute eine Selbstverständlichkeit, sie rufen erst dann beim Kundenservice an, wenn sie im Web keine Lösung ihres Problems finden. Immer öfter muss der Kunden schon gar nicht mehr tätig werden, Service geschieht ohne sein Zutun, das Stichwort lautet: Internet der Dinge. Produkte werden ein Update bekommen, bevor sie kaputtgehen. Während beispielsweise VW Dieselfahrzeuge in die Werkstätten c next floor 9 Digitale Revolution Service wird in Zukunft im alltäglichen Leben allgegenwärtiger, er wird stark daten­getrieben und für Unternehmen nahezu aller Branchen ein unverzicht­barer Bestandteil ihres Geschäfts­modells sein. 10 Dr. Heike Simmet, BWL-Professorin an der Hochschule Bremerhaven, bezeichnet Autobauer Opel als Vorbild in Sachen digitalisierter Kundenservice. zurückholt, implementiert Tesla regelmässig neue Funktionen via Mobilfunk; da kann es schon mal passieren, dass das Fahrzeug nach einem Software-Update zehn Prozent weniger Strom verbraucht bei zehn Prozent höherer Leistung. Fernwartung (remote maintenance) und Fernsteuerung (remote control) sorgen schon heute in der Industrie dafür, dass Produktionsausfälle erst gar nicht entstehen. Wie das ganz hervorragend funktioniert, stellt Schindler mit seiner gemeinsam mit Apple entwickelten Softwareplattform unter Beweis (siehe Seite 12 und 16). c Autobauer Opel als Vorbild Für Dr. Heike Simmet, BWL-Professorin an der Hochschule Bremer­ haven, ist Opel OnStar ein Vorbild für innovativen Service: Die Fahrer kommen unter anderem in den Genuss eines leistungsstarken WLAN-Hotspots, einer automatischen Pannen- und Notfallhilfe per Knopfdruck sowie natürlich der Zieleingabe. Sie können per Smartphone Fahrzeuginformationen wie Reifenluftdruck und Öllebensdauer abrufen, und es gibt einen Diebstahl-Notfallservice, für den Opel mit der Polizei zusammenarbeitet. Ausserdem sendet das ­System monatlich einen Statusbericht mit den wichtigsten Fahrzeugdaten. «Opel macht das fantastisch», sagt Heike Simmet, «das ist ein hervorragendes Beispiel für Service über das Internet der Dinge.» Selbst bei der Erklärung des Systems im Web ist Opel voll im Trend, nämlich im Bewegtbild-Trend: Sämtliche Features werden in kurzen ­Filmen einfach und verständlich erläutert. Somit vereint der Autobauer rund um OnStar gerade die wesentlichen Service-Erfolgsfaktoren Internet der Dinge, Smartphone und Bewegtbild zu einem ­cleveren, nutzwertigen Service. Vieles hat Opel automatisiert: Erst wenn es ans Eigentum oder gar ums Leben geht – etwa bei einem Unfall –, wird sofort ein persönlicher Kontakt zu einem Menschen aus Fleisch und Blut hergestellt. «Menschen, die solche Premium-Services erbringen, werden ihren Preis haben», sagt Heike Simmet. Sie schätzt, dass Contact-CenterAgenten zu 99 Prozent durch Maschinen ersetzt werden – nicht aber qualifizierte Berater, denn der Bedarf der Menschen an per­ sönlichem, individuellem Service werde wachsen. Service, so viel steht fest, wird in Zukunft im alltäglichen Leben allgegenwärtiger, er wird stark datengetrieben und für Unternehmen nahezu aller Branchen ein unverzichtbarer Bestandteil ihres Geschäftsmodells sein. n next floor 11 Digitale Revolution Die Schindler-Gruppe ist auf dem Weg in die neue digitale Zukunft. Ein fachübergreifendes Team hat in den vergangenen Jahren Innovationen vorangetrieben, die nicht nur für die Aufzugsindustrie revolutionär sind. Welche Verbesserungen das für die Kunden bringt, erklärt Michael Nilles, Chief Digital Officer (CDO) und Mitglied der Konzernleitung von Schindler. 12 «Die Digitalisierung unterstützt den Austausch zwischen den Menschen» Text Marc Lustenberger Bild Nique Nager | Michael Zollinger S chindler ist ein klassischer Industriekonzern, der mit Aufzügen und Fahrtreppen täglich eine Milliarde Menschen bewegt. Warum geniesst gerade die Digitalisierung bei Ihnen einen derart hohen Stellenwert? Michael Nilles: Schindler war schon immer ein Unternehmen, das sehr stark auf Innovationen gesetzt hat. Bereits in den vergangenen Jahrzehnten wurden bahnbrechende Innovationen gemacht. So hat Schindler zum Beispiel die Zielrufsteuerung auf den Markt gebracht. Im Zuge der Digitalisierung ergeben sich nun vielfältige neue Chancen, wie wir unseren Kundinnen und Kunden einen noch besseren Service bieten können. Gleichzeitig konnten wir uns innerhalb der Branche einen klaren Wettbewerbsvorteil verschaffen. Schindler wurde vergangenes Jahr mit dem «MIT Sloan CIO Leadership Award» des ­Massachusetts Institute of Technology für den innovativen Einsatz digitaler Technologien ausgezeichnet. Was ist an den Methoden neu, die Sie mit Ihrem Team entwickelt haben? Wir haben uns sehr über den MIT-Award gefreut, weil er eine ­renommierte Auszeichnung ist. Sie zeigt, dass Schindler auf dem Gebiet der Digitalisierung in der obersten Liga spielt. Wir haben als Team bei Schindler sehr intensiv an digitalen Lösungen gearbeitet. Wir entwickelten in den vergangenen drei Jahren komplett neue und innovative Lösungen für das Servicegeschäft mit unseren Kunden. Dazu haben wir eine integrierte Plattform aufgebaut, die es ­ermöglicht, dass die Servicetechniker, die Kunden, aber auch unsere Call-Center-Mitarbeiter in einem integrierten System zusammenarbeiten. So konnten wir den Prozess für die Kunden und alle Beteiligten deutlich verbessern. Die Erfolge der Schindler-Gruppe bei der Digitalisierung der Dienstleistungen und Prozesse sind der intensiven Zusammenarbeit von fachübergreifenden Teams zu verdanken. Was können wir uns konkret darunter vorstellen? Wie funktioniert heute die Arbeit des Servicetechnikers? Ein Servicemitarbeiter von Schindler beginnt seinen Arbeitstag ­irgendwo auf der Welt. Als erstes startet er sein iPhone. Auf seinem Display findet er den sogenannten digitalen Werkzeugkoffer. Das sind verschiedene Apps, die ihm alle wichtigen Informationen ­liefern. Er sieht zum Beispiel die Route, die er an diesem Tag abfahren muss. Er findet aber auch technische Angaben zu den einzelnen Aufzügen, die er auf seiner Tour warten muss. Und er erhält An­gaben zur Historie einer Anlage, Informationen über den Kunden sowie die Möglichkeit, direkt über eine App Ersatzteile zu bestellen. Welche Vorteile bringen diese neuen Technologien den Kunden? Für unsere Kunden ist es ein noch einfacherer Weg, mit Schindler zusammenzuarbeiten. Wenn früher ein Aufzug ausfiel, konnte es lange dauern, bis beispielsweise der Facility Manager des Gebäudes informiert war. Das war für ihn unter Umständen unangenehm. Heute erhält er eine solche Nachricht über eine App direkt auf sein Smartphone oder auf ein anderes Gerät. Er sieht auf einen Blick, dass eine seiner Anlagen ausgefallen ist, dass bereits ein Servicetechniker unterwegs ist und wann die Anlage voraussichtlich wieder in Betrieb genommen werden kann. Mit diesem Angebot sind wir führend in der Aufzugsindustrie. Findet der Kontakt mit den Kunden nur noch auf digitalem Weg statt? Oder gibt es weiterhin auch Telefon-Hotlines? Die Digitalisierung ist für uns ein wichtiges Thema. Aber wir haben natürlich weiterhin Telefon-Hotlines und Customer Call Center, die rund um die Uhr Auskunft geben. Es gibt für unsere Kunden verschiedene Kanäle – je nach ihren Bedürfnissen. Die Digitalisierung unterstützt dort, wo es Sinn macht, den Austausch zwischen den verschiedenen Menschen. Der persönliche Kontakt bleibt aber auch in Zukunft sehr wichtig. c next floor 13 Digitale Revolution Der Servicetechniker nutzt das Smartphone mit seinen spezifischen Apps beim Feldeinsatz als digitalen Werkzeugkoffer. Schindler wandelt sich zu einem digitalen ­ nternehmen. Dennoch werden die Passagiere U wohl auch in Zukunft physisch mit Aufzügen und Fahrtreppen transportiert. Was genau verstehen Sie darunter? Digitalisierung bedeutet für uns nicht, den Aufzug zu ersetzen oder gar Menschen einen Stock höher zu ­beamen. Wir wollen unseren Passagieren damit ein ­sichereres und zuverlässigeres Fahrerlebnis ermöglichen. Zudem können wir unseren Kunden, wie etwa den Projektentwicklern oder den Hausverwaltungen, bessere Dienst­leistungen und zusätzliche Services ­bieten. c Mit den von Ihnen entwickelten neuen Techno­ logien werden riesige Mengen an Daten erzeugt. Wie gelingt es, den Überblick zu behalten und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen? Grosse Datenmengen alleine bringen noch keinen ­Nutzen, weder für uns als Betreiber der Aufzüge noch für den Kunden. Es braucht Intelligenz und technisches Know-how, um daraus einen Mehrwert zu schaffen. Wir nutzen neue digitale Technologien, um daraus Informationen zum Nutzen der Kunden zu generieren. Wir können zum Beispiel auf der Basis der Daten eine vorausschauende und vorsorgende Wartung unserer Aufzüge ermöglichen. Damit können wir die Ausfallzeiten der Anlagen auf ein Minimum reduzieren. Schindler befindet sich zurzeit in einem Transformations­prozess, der alle Geschäfts­ bereiche umfasst. Zahlt sich das bereits aus? Auf jeden Fall. Die Digitalisierung erhöht massiv den Kundennutzen. Wir sind schneller beim Kunden und können einen zuverlässigeren Service bieten. Sie sind schrittweise an diesen Prozess herangegangen. Wie ist das konkret abgelaufen? Wir haben die Digitalisierung in verschiedene Phasen aufgeteilt. In der ersten Phase haben wir uns intensiv mit der IT-Rationalisierung beschäftigt, indem wir die alten Systeme auf den aktuellsten Stand brachten. In der zweiten Phase haben wir weltweit einheitliche ­Prozesse aufgebaut, zum Beispiel für das Neuanlagengeschäft oder für das Finanz- und Rechnungswesen. In der dritten Phase haben wir dann einen digitalen Werkzeugkoffer für die Mitarbeitenden im Feld geschaffen. Wir verbinden unsere Aufzüge so über das Internet der Dinge und integrieren sie schrittweise in den Gesamtprozess, um Datenanalysen zu ermöglichen. 14 Und wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Nachhaltigkeit, also auf die Umweltbilanz des Schindler-Konzerns aus? Die Servicetechniker müssen beispielsweise durch ­unsere intelligente Routenoptimierung jährlich rund 40 Millionen Kilometer ­weniger im Auto zurücklegen, was zu einer Einsparung von mehr als 4000 Tonnen CO2 führt. Mit dem digitalen Werkzeugkoffer haben wir zudem eine Lösung geschaffen, die uns hilft, sehr viel Papier zu sparen – nämlich einen fast 18 Kilometer hohen Stapel. Dazu haben wir die wichtigsten ­Dokumentationen digitalisiert. Viele der rund 57 000 Mitarbeitenden von ­Schindler gehören nicht zu den Digital Natives, sind also älter als 40 Jahre. Sind einige der Mit­ arbeitenden nicht überfordert durch den rasanten Wandel, der jetzt im Konzern im Gang ist? Wir hatten sehr viel Respekt vor der Aufgabe, die ­Mitarbeitenden auf die Reise in das digitale Zeitalter mitzunehmen. Dafür haben wir entsprechende vor­ bereitende Massnahmen getroffen wie Trainings und Change Management. Wir waren sehr positiv überrascht, wie offen und engagiert die Mitarbeitenden dieses Thema angenommen haben. Das liegt bestimmt auch daran, dass wir mit den Geräten von Apple eine sehr intuitiv bedienbare Lösung gefunden haben. Die Mitarbeitenden nutzen auch in ihrem ­Privatleben Smartphones. Viele waren stolz, am Abend ihrer Familie zeigen zu können, mit welchen tollen Tools sie bei Schindler ihre Arbeit ausführen können. Schindler hat sehr früh auf die Digitalisierung gesetzt. Wird dieses Thema den Konzern noch etwas länger beschäftigen? Die digitale Transformation ist noch längst nicht abgeschlossen, sondern es ist eine Reise, auf der wir uns befinden. Wir haben sehr grosse Fortschritte ­gemacht und sind nun in vielen Bereichen in ­unserer Industrie führend. Wir haben aber bereits viele weitere Ideen, wie wir unseren Kunden neue digitale Produkte und noch besseren Service anbieten können. Einige davon befinden sich bereits in der Entwicklung oder Umsetzung. Der nächste grosse Trend ist also noch nicht absehbar? Es gibt auf jeden Fall Themen, die wir sehr genau ­anschauen und in die wir auch bereits investieren. So steht zum Beispiel das Thema Smart Buildings in Zukunft weit oben auf der Agenda. n Zur Person Michael Nilles ist seit April 2016 Chief Digital Officer (CDO) und Mitglied der Konzernleitung von Schindler. Er war seit 2009 als Chief Information Officer (CIO) verantwortlich für die Bereiche Digital Business, Business Process Management und Informationstechnologie. Zuvor war er bei verschiedenen Unternehmen im Bereich digitale Technologien tätig und lebte mehrere Jahre in China und den USA. Michael Nilles hat an der Universität Köln Wirtschaftsinformatik studiert und ­seinen MBA an der Kellogg School of Management in den USA gemacht. Der Vater von zwei Töchtern spielt in seiner Freizeit gerne Tennis, geht joggen oder segeln und interessiert sich für Architektur und Geschichte. Der MIT-Award Das Schindler-Team gewann 2015 den «MIT Sloan CIO Leadership Award» des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT). Damit ehrt das MIT seit acht Jahren Unternehmen für den innovativen Einsatz von digitalen Technologien, die einen signifikanten ­Beitrag zum Unternehmenswert schaffen. Die AwardBewerber kommen aus unterschiedlichen Industrie­ zweigen und Ländern. Schindler erhielt den Preis für das Projekt «Leading-Edge Digital Business», mit dem das Unternehmen die Digitalisierung erfolgreich vorantreibt. next floor 15 Digitale Revolution Leichter und besser unterwegs mit dem digitalen Werkzeugkoffer iPhone und iPad als «digitale Werkzeugkoffer» nutzen? Diese Vision hat Schindler in Partnerschaft mit Apple und mit Hilfe selber entwickelter Apps vor einem Jahr umgesetzt. Mittlerweile sind über 30 000 Schindler-Servicetechniker mit dem neuen Tool unterwegs, das sie bei der Arbeit unterstützt und zur besseren Servicequalität beiträgt. 16 Text Pirmin Schilliger Bild Marcel kaufmann | Alexander Kreuzer O bwohl noch kaum ein Jahr aufgeschaltet, ist die Neuerung für die Servicetechniker von Schindler bereits zum Ritual geworden: Sie starten heute ihren Arbeitstag mit einem Fingertipp aufs iPhone und die App FieldLink. Dort sehen sie die Auftragsliste des Tages, mitsamt den Details für die einzelnen Aufträge. Ohne selber lange planen zu müssen, weiss der Servicetechniker sofort, welche Ersatzteile und Werkzeuge er auf die Tagestour mitnehmen muss. Schwere Handbücher braucht er keine mehr, denn via App sind alle Daten über die betreuten Aufzüge abrufbar. Die Routenplanung ist ebenfalls kein Thema mehr. FieldLink reagiert auch auf plötzlich auf- Emissionen um 4435 Tonnen reduzieren. Eingespart wurde ausserdem viel Papier, insgesamt ein A4-Stapel von 18 Kilo­­metern Höhe oder mehr als zweimal die Grösse des Mount Everest. Die Entwicklung des digitalen Werkzeugkoffers beruht auf einer 2013 gestarteten Zusammenarbeit zwischen Apple und Schindler. Bei der App FieldLink handelt es sich – rein technisch gesehen – gleich um mehrere Applikationen. Alle laufen sie auf dem iOS-­ Betriebssystem. Sie wurden aber von IT-Spezialisten des SchindlerKonzerns entwickelt und programmiert. Der digitale Werkzeug­­koffer ist letztlich ein wichtiger Baustein der umfassenden digitalen Trans- Digitaler Werkzeugkoffer: Informations- und Kommunikationsfluss zwischen dem Backend-System von Schindler und den mit mobilen Geräten ausgerüsteten Servicetechnikern. tretende Störungen. Der Einsatzplan wird dann automatisch angepasst, die Reparatur einem Techniker in der Nähe zugewiesen. Im ­digitalen Werkzeugkoffer stecken also nebst vielen Daten auch eine grosse Portion Flexibilität und Intelligenz. Zum Informationsfluss gehören Echtzeitanalysen, wie sie mittels Sensoren und eines ständigen Informationsflusses zwischen den Aufzügen mit dem Backend-System von Schindler möglich sind. Sie ermöglichen dem Servicetechniker, Unregelmässigkeiten im Anlagenbetrieb frühzeitig zu entdecken und noch vor einem eigentlichen Störungsfall zu beheben. Der digitale Werkzeugkoffer unterstützt als Universaltool den Servicetechniker praktisch bei all seinen Tätigkeiten. Und er versorgt ihn auch mit den notwendigen Kundeninformationen. Zusammenarbeit mit Apple Kaum eingeführt, ist das neue Instrument aus dem Feldeinsatz kaum mehr wegzudenken. Mehr als 30 000 Mitarbeitende nutzen es inzwischen so selbstverständlich, als ob es das Tool schon immer gegeben hätte. Sie führen dank der digitalen Unterstützung ihren Job noch besser aus und sorgen für noch mehr Sicherheit und Zuverlässigkeit bei den Aufzügen. Verbessern lässt sich mit dem digitalen Werkzeugkoffer auch die Ökobilanz: Schindler konnte die Wartungsrouten innerhalb eines Jahres um 40 Millionen Kilometer verkürzen und die formation von Schindler in Richtung Industrie 4.0. Dabei werden die ­Informationen über Prozesse, Produkte, Mitarbeitende und Kunden auf einer Plattform zusammengeführt und intelligent miteinander verbunden. Vorzeigebeispiel der Digitalisierung «Die Bemühungen tragen, obwohl wir noch nicht alles umgesetzt haben, bereits Früchte», sagt Michael Nilles, Chief Digital ­Officer (CDO) der Schindler Group und verantwortlich für die digitale Transformation. «Wir haben die Effizienz unserer Serviceleistungen, die Zufriedenheit unserer Kunden und das Engagement unserer ­Mitarbeitenden deutlich steigern können», betont er weiter. FieldLink gilt inzwischen auch bei Apple als Vorzeigebeispiel. Die Amerikaner waren darüber derart begeistert, dass sie im vergangenen Jahr eigene Filmteams zu Schindler schickten. Wie die Servicetechniker konkret mit dem Digital Toolcase arbeiten, lässt sich nun auf der Apple-Website bestaunen. «Für uns ist dieses Feedback von Apple eine Bestätigung, dass wir mit der FieldLink-App alles richtig gemacht haben», meint Clemens Marliani, Communication Officer von Schindler Digital Business. n www.apple.com/business/schindler next floor 17 Building Information Modeling Der Druck in der Bauindustrie steigt: Mehr Tempo und mehr Qualität werden gefordert, aber für weniger Geld. Vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen Digitalisierung und dank innovativer Software können jetzt die Produktivität erhöht und die Kosten gesenkt werden: Dem sogenannten «Building Information Modeling» (kurz BIM) gehört die Zukunft. Beim Neubau Spital Limmattal in Schlieren bei Zürich, wo auch Schindler-Aufzüge eingebaut werden, kommt das digitale Modell zum Einsatz. BIM – Bauen vor dem Bauen, am Beispiel Spital Limmattal Text Losinger Marazzi AG Bild Losinger Marazzi AG | Julien Vonier I n vielen Lebensbereichen ist die Digitalisierung selbstverständlich geworden. Auch in der Bauindustrie findet derzeit ein solcher Paradigmenwechsel statt. Die klassische Bauplanung ist geprägt von phasenweisen Abläufen und nach Disziplinen segmentierten Prozessen. Wiederkehrende Informationserfassungen im Lebenszyklus eines Projektes führen dabei rasch zu gravierenden Fehlern, Zeitverlust und Budgetüberschreitungen. Das «Building Information Modeling» – zu Deutsch auch «Gebäudedatenmodellierung» – markiert den Auftakt zur Digitalisierung der Welt des Bauens. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung der klassischen Arbeitsweise mit CAD-Programmen (Computer Aided Design). Dabei werden Bauprojekte nicht mehr nur gezeichnet, sondern objektbasiert und parametrisch modelliert. Am Computer entsteht ein dreidimensionales, virtuelles Gebäude, das aus Bauteilen und Bauteilgruppen zusammengesetzt ist und laufend mit Informationen ergänzt werden kann. Durch die Arbeit mit digitalen Modellen wird der Informationsaustausch zwischen den Beteiligten verbessert. Zudem entstehen vielseitige Nutzungsmöglichkeiten (Mengen- und Kostenberechnungen, Ressourcen-­ Planung, nachhaltige Projektierung usw.). 18 Man spricht von 3D, 4D, 5D, 6D und sogar 7D: einem 3D-Modell mit Zeitplanung, Kostenberechnung, Energieeffizienz-Simulationen und sogar Informationen zum Betrieb und Unterhalt. Auch der Bauherr zieht einen grossen Nutzen aus dem BIM: Er kann sowohl bei der Planung und Ausführung wie auch in der Phase Betrieb/Unterhalt die Informationen aus der Gebäudedatenmodellierung für Lebenszyklusanalysen seines Projektes nutzen. Bauen vor dem Bauen Bevor ein Projekt realisiert werden kann, wird es ­digital gebaut. Das heisst: Die Bauherrschaft kann ­bereits in der frühen Entwicklungsphase des Projektes das zukünftige Gebäude virtuell besichtigen und die Konzeption anhand zuverlässiger und verständlicher Angaben validieren. Potenzielle Fehler werden zudem bei der Projektentwicklung erkannt und eliminiert, bevor sie sich auf die Realisierung auswirken. Der Bauherrschaft kann somit verlässlich zugesichert werden, dass ein Projekt termingerecht und im Kostenrahmen übergeben werden kann. Durch das digitale Baumanagement ist zudem ein kontinuierlicher Soll-Ist-Vergleich möglich. Das Ziel ist es, aufgrund der vollständigen Digitalisierung der Projekte sowie c Mit BIM wird das ganze «Innenleben» eines Gebäudes digital abgebildet und kann neu auf- und umgebaut werden. Man kann das Gebäude virtuell besichtigen und erfahren. next floor 19 Building Information Modeling Facts & Figures Ort Bauherrschaft Totalunternehmung Architekten Planung/Realisierung Aufzüge Schlieren, Zürich Spitalverband Limmattal Losinger Marazzi AG BFB Architekten AG, Zürich Brunet Saunier Architecture, Paris 2012 bis 2018 11 Schindler 5500 5 Schindler 2200 3 Spezialaufzüge Dank BIM können potenzielle Fehler bereits bei der Produktentwicklung erkannt und eliminiert werden. c eines kollaborativen Prozesses besser planen, besser bauen und besser betreiben zu können. BIM bedeutet somit Bauen vor dem Bauen. Pilotprojekt beim Neubau Spital Limmattal Schlieren In Ländern wie Norwegen und Grossbritannien wird die Gebäudedatenmodellierung im Bauwesen in vielen Bereichen angewendet, in der EU wird das BIM zu einem wichtigen Bestandteil der Wettbewerbsrichtlinien. Die Schweiz mit ihren vielen mittelständischen Unternehmen steckt in diesem Bereich dagegen noch in den Kinderschuhen. Beim Neubau Spital Limmattal (siehe Artikel rechte Seite) in Schlieren kommt die Technik hier­zulande erstmals auf breiter Basis zum Einsatz. Die ­Totalunternehmung Losinger Marazzi AG setzt dabei auf das Prinzip «openBIM» – ein gemeinsames, interdisziplinäres BIM. Ziel ist es, möglichst viele Projektbeteiligte einzubeziehen: Die beiden Architekten BFB Architekten AG aus Zürich und Brunet Saunier Architecture aus Paris, die das Projekt modellieren; die Tiefbauingenieure von BG Ingenieure und Berater, die die Statik prüfen und die Ausführungsplanung des Rohbaus erstellen; die HLK-Ingenieure von Hans Abicht AG, die die 3D-Koordination realisieren; die Totalunternehmung 20 L­ osinger Marazzi AG, die BIM und Design koordiniert und dabei die gemeinsam genutzte Datenbank pflegt, sowie der Kunde, der darin unter anderem sein Mobiliar verwalten und sein Projekt validieren kann. Die wichtigsten Fachdisziplinen sind somit mit eigenen digitalen Modellen beteiligt. Neben den jeweiligen Modellen werden alle Daten in einer zentralen Datenbank erfasst und sind für alle Projektbeteiligten zugänglich. Ein Synthesezyklus ermöglicht es, alle Anmerkungen und Änderungen in digitaler Form anzubringen. Dadurch kann die Entwicklung des ­Projektes laufend nachverfolgt werden. Anhand der 3D-Synthese können zudem während der Koordinationssitzungen Unstimmigkeiten zwischen den verschiedenen Projektpartnern ausgemacht und eliminiert werden. Der Kunde hat zu jeder Zeit Zugriff auf die Datenbank und kann in voller Transparenz darin eingreifen. BIM hat bereits bei der strategischen Planung des ­Spitals vieles für die Vorstudien vereinfacht. Bei der Projektierung war BIM für Entwurfsbesprechungen, Modellierung, Berechnung des Energiebedarfs, statistische und technische Analysen, Normenprüfung und 3D-Koordination im Einsatz. In der Realisierungsphase dient die Methode der Baustelleneinrichtung, den Konstruktionssystemen, der Fertigteillieferung, dem Material und der Dokumentation. Wichtig ist jedoch die kontinuierliche Betrachtung über die gesamte Projektdauer. BIM kann somit auch Informationen für den späteren Betrieb zur Verfügung stellen und unterstützt die künftige Bewirtschaftung. Neubau Spital Limmattal durch die Losinger Marazzi AG Für die Losinger Marazzi AG bestätigen sich beim Neubau Spital Limmattal die Erfahrungen aus früheren Projekten: Dank BIM ist die Kohärenz zwischen Konzept und Realität gewährleistet. Der Kunde kann den Betrieb und Unterhalt des Gebäudes planen – ausgehend von einer konsolidierten Datenbank. Auch die Steuerung und Einhaltung der vertraglichen Leistungen und Verpflichtungen sind vereinfacht. Schon im Pflichtenheft des Projektwettbewerbs hatte der Bauherr den Einsatz des BIM gefordert, um seine Ziele in Bezug auf Flächenmanagement, Raumstudien usw. einhalten zu können. Entwicklung geht weiter Das «Building Information Modeling» wird in Zukunft noch stärker zum Einsatz kommen. Das vorhandene Potenzial wird sich mehr und mehr ausschöpfen lassen. Dank verbesserter Ausbildung an den Universitäten steigen die Kompetenzen der Anwender laufend. Gültige Standards werden die Datenübermittlung zudem weiter vereinfachen. Bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen und Ausschreibungen wird das digitale Modell wohl zur Pflicht werden. BIM wird in Zukunft bei wichtigen Bauvorhaben nicht mehr wegzudenken sein. n Das aus einem Gesamtleistungswettbewerb her­ vorgegangene Projekt «Neubau Spital Limmattal» in Schlieren bei Zürich wird von der Totalunter­ nehmung Losinger Marazzi AG entwickelt und ­realisiert. Die Losinger Marazzi AG ist eine in der Schweiz führende Unternehmung in den Bereichen Immobilien- und Quartierentwicklung, Generalund Totalunternehmung. Das Projekt Neubau Spital Limmattal ist eines der ersten grossen Bauvorhaben in der Schweiz, das mit BIM-Technologie realisiert wird. Es handelt sich um ein Projekt von 215 Mio. CHF für 200 Betten mit einem Gebäudevolumen von 205 000 m³ und einer Geschossfläche von 48 500 m². Insgesamt entstehen bis Ende 2018 Behandlungsmöglichkeiten für rund 10 000 stationäre und 60 000 ambulante Patienten pro Jahr. Bei der Spitalinfrastruktur kommt die neuste Umwelttechnik zum Einsatz: Moderne Elektro- und Lüftungsanlagen minimieren Infektionsrisiken. Die Minergie-Bauweise sowie Wärmepumpen und Erdsonden tragen zur Nachhaltigkeit bei. Im September 2015 fand in Paris die Preisverleihung des Wettbewerbs BIM D’OR 2015 von der renommierten Fachzeitschrift «Le Moniteur» für die beste Verwendung der Gebäudedatenmodellierung BIM und des digitalen Modells statt. Der Neubau Spital Limmattal wurde dabei in der Kategorie internationale Projekte zum Sieger gekürt. next floor 21 Building Information Modeling Das Gebäude zuerst am Computer bauen Dank intelligenter Software sollen die Effizienz und die Qualität von Bauten gesteigert werden. Die Schweizer Bauwirtschaft tut sich noch schwer mit der Digitalisierung. Entziehen kann sie sich der Entwicklung aber nicht. Text David Eppenberger Bild Beat Brechbühl W er ein Haus baut, braucht Nerven aus Stahl. Es beginnt mit dem Papierkrieg bei den Baubehörden. Ist der Aushub dann einmal gemacht, halten Handwerker Termine nicht ein, Kosten werden überschritten und in der ganzen Hektik entstehen auch noch Baufehler. Aber es gibt Licht am Horizont: Denn auch die Baubranche kann sich der fortschreitenden Digitalisierung unseres Lebens nicht entziehen. «Wer hier den Kopf in den Sand steckt, hat ver­ loren», sagt Paul Curschellas von buildup AG. Das Unternehmen ist ein Spin-off der ETH Zürich, in Zusammenarbeit mit der Schweizer Bauwirtschaft. Paul Curschellas ist überzeugt, dass in der Schweiz Beim idealen BIM haben alle Beteiligten Zugriff zur Plattform mit dem elektronischen Gesamt- oder Teilmodell und können über Schnittstellen Änderungen anbringen. die Bauten schon bald zuerst mit intelligenter 3D-Software virtuell erstellt werden, bevor die Bagger auffahren. Ist von der Digitalisierung des Bauens die Rede, steht oft der Fachbegriff BIM (Building Information Modeling, siehe auch Beitrag Seite 18) im Raum. Bei BIM sind im Idealfall alle Teile des Gebäudes im elektronischen Modell mit Informationen versehen, vom Dach über die Wand bis zur ­Elektroinstallation. Bei jedem Fenster und bei jeder Türe sind im Modell Parameter wie Wärmedurchgangs­ koeffizient oder Preis hinterlegt. So können bereits vor dem Bau optimale Lösungen gefunden werden. Mit der Modellierung kann die Statik oder das Heizungssystem getestet werden, überdimen­ sionierte Heizungen soll es künftig also nicht mehr geben. Beim idealen BIM haben alle Beteiligten Zugriff zur Plattform mit dem 22 elektronischen Gesamt- oder Teilmodell und können über Schnittstellen Änderungen anbringen. Bei Projektänderungen sieht der Bauherr sofort die Kostenfolgen, die Planung wird entsprechend frühzeitig angepasst. Folgefehler und Leerläufe sollen mit BIM ­vermieden werden: Maler werden künftig nicht mehr vor unverputzten Wänden stehen. Paul Curschellas ist überzeugt: «Die ­bevorstehende ­Effizienzsteigerung in der Baubranche wird unausweichlich über die Digitalisierung ablaufen.» Baubranche noch im Dämmerzustand Doch, wie digital ist die Schweizer Baubranche heute? Bei den Gipsern und Malern vor Ort auf den Baustellen sei BIM noch kaum ein Thema, sagt Peter Seehafer vom Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verband (SMGV). Doch der Verband beschäftigt sich mit der digitalen Zukunft und ist seit kurzem Mitglied bei der nationalen Interessengemeinschaft «Bauen digital Schweiz» (siehe Box Seite 25). «Wir wollen auf dem Zug mitfahren und nicht von diesem überrollt werden», sagt Peter Seehafer. Zurzeit entwickelt sein Verband für die Mitglieder ein wissensbasiertes Ausschreibungssystem, das mit seiner Ausrichtung auf funktionale Einheiten und Anforderungen bereits ein bisschen in Richtung BIM geht. Noch nicht ganz angekommen ist das Thema beim Schweizerischen Baumeisterverband (SBV). Workflow-Optimierungen seien in der Branche bereits umgesetzt, sagt Vizedirektor Martin A. Senn. Er sehe das Potenzial von BIM zurzeit nicht. Zumindest die grösseren Mitglieder seines Verbandes sind allerdings längstens im BIM-Zeitalter angekommen. Implenia hat kürzlich eine Ausschreibung der Deutschen Bahn für den Bau des Albvorlandtunnels gewonnen. Die Nutzung von BIM sei dabei ein Pflichtkriterium gewesen, sagt Reto Aregger von Implenia. Die international tätige Unternehmung profitiere davon, dass sie in Projekten in Schweden und Norwegen beteiligt sei. Diese Länder schreiben BIM bei öffentlich finan­zierten Bauvorhaben bereits seit 2008 vor. «In der Schweiz profitiert Implenia von diesem Knowledge-Transfer», sagt Reto Aregger. Das c Architekten werden in Zukunft die Gebäude am Computer bauen, wie auf dem Bild Tanja Temel und Attilio Lavezzari von Scheitling Syfrig Architekten in Luzern. next floor 23 Building Information Modeling Tablets werden künftig auf Baustellen gehören wie der Schraubenzieher oder die Messlatte. 24 Bauen digital Schweiz Thema habe bei Implenia eine hohe strategische Relevanz. Die Gruppe baut aktuell eine Abteilung mit einem eigenen «Head of BIM» auf. Auch andere grössere Bauunternehmen planen BIMAbteilungen. c Mehr als ein Hype Etwas anders sieht es in den vielen kleinen und mittleren Betrieben in der Branche aus. Diese laufen seit Jahren am Limit und haben kaum Zeit, sich mit einem vermeintlich so abgehobenen Thema zu beschäftigen. Das bestätigt auch Jost Estermann, Verwaltungsratspräsident beim mittelgrossen Zentralschweizer Bauunternehmen ­Estermann AG: «Bei uns ist BIM noch kein Thema!» Bei der Branchenorganisation der im Infrastrukturbau tätigen Unternehmen Infra Suisse beschäftigt sich Dejan Lukic intensiv mit dem Thema. Er stelle zurzeit tatsächlich fest, dass das Interesse an BIM in der Branche noch gering sei. «Allerdings sind viele, ohne es zu ­wissen, bereits ein Bestandteil davon, beispielsweise wenn sie mit Planer-Software konstruieren oder auf einer gemeinsamen Plattform arbeiten.» Es gehe jetzt eigentlich vor allem darum, einen Standard zu entwickeln, der die Austauschbarkeit der vielen Daten ermögliche. Lukic warnt davor, dass zu viele unterschiedliche Standards festgelegt werden und alles zu kompliziert werde. Andere in der Branche sprechen sogar von einem «Hype», vergleichbar mit den Diskussionen um das Internet in den Nullerjahren. Doch Die Digitalisierung ist in der Bauwirtschaft eigentlich längstens im Gang. ein Jahrzehnt später ist gerade beim Internet vieles Wirklichkeit geworden, für das die Zeit damals noch nicht reif war. Vorarbeiter mit iPads, die permanent online sind, trifft man heute schon auf Baustellen an. Das mobile Telefon sowieso. Es ist praktisch, wenn man dem Kollegen schnell ein Bild von einer Installation schicken kann. Die Digitalisierung ist in der Bauwirtschaft eigentlich längstens im Gang. Planer beispielsweise arbeiten seit Jahrzehnten mit 2D-Software. Vor allem kleinere Architekturbüros wehren sich aber zurzeit noch vehement gegen die Einführung von BIM, zu dem sie vor ­allem die Softwarebetreiber auffordern. Doch schon beim Auf­kommen der 2D-Software zeichneten einige Architekten aus Trotz noch von Hand weiter. Heute macht das niemand mehr, weil dafür im Markt kein Platz ist. Mit BIM werde das ähnlich ablaufen, sind sich die ­E xperten einig. In der Interessengemeinschaft «Bauen digital Schweiz» sind über 100 Firmen und rund 30 Institutionen der gesamten Wertschöpfungskette «Bestellung, Planung, Zulieferung, Bau, Betrieb und Technologie» vereinigt. Ziel ist es, die Schweizer Bauwirtschaft bei der Umstellung hin zur Digitalisierung zu unterstützen und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Die Interessensgemeinschaft hat sechs Thesen zu den grundlegenden Veränderungen in der Wertschöpfungskette entwickelt, die bearbeitet werden sollen: veränderte Prozesse, neue Zusammenarbeitskultur, Rolle der Bauindustrie, revolutionäre Arbeitshilfsmittel, veränderte Rechte und Pflichten sowie neue Geschäftsmodelle. www.bauen-digital.ch Jugendliche machen es vor Paul Curschellas von buildup AG ist überzeugt, dass sich die Baubranche bei der Digitalisierung in einer Übergangsphase befindet. Die technologischen Neuerungen beschleunigten den ökonomischen Druck laufend. Die Transformation sei voll im Gang. Obwohl es in der Baubranche noch oft anders töne, sei sie in Wirklichkeit sehr agil und werde in drei bis fünf Jahren im BIM-Zeitalter angekommen sein. Sogar schneller als beispielsweise die Bankenbranche, weil sie stärker im nationalen und internationalen Wettbewerb stehe und dynamischer sei. In bestimmten Ländern sei man schon deutlich weiter bei der Digitalisierung als in der Schweiz. «Immer mehr Bauherren werden BIM verlangen, weil es ihnen ­einen Nutzen bringt», sagt Paul Curschellas. Letztlich sei es eine Frage der Offenheit der Marktteilnehmer gegenüber Neuem. Die Technologie und die Software seien bereits vorhanden, genauso wie die Fachkompetenz im Bauen. Die Leute müssten nun vor allem lernen, kooperativ an einem Projekt zusammenzuarbeiten und aufeinander zuzugehen. Vielleicht helfe hier auch ein Blick auf den Computer unserer Kinder, sagt Paul Curschellas. Wenn ­Jugendliche spielerisch auf ihren Tablets virtuelle Räume, Villen und ganze Landschaften gemeinsam bauen, werde eigentlich klar, dass BIM bereits Realität sei. n next floor 25 Digitale Fabrikation Präzise und effizient: Norman Hack (links) und Markus Giftthaler präsentieren einen Baustellenroboter, der schweissen und Ziegelsteine schichten kann. Quantensprung für die Architektur 26 Am Computer entworfen, von ­Robotern gebaut: Die digitale Fabrikation soll den Bauprozess revolutionieren. Die Schweiz nimmt bei den neuen Technologien eine Spitzenposition ein. Text Raphael Hegglin Bild Nique Nager W ie ein kleiner Trümmerhaufen liegen die Gips­ elemente auf dem Labortisch. Vorsichtig greift Doktorandin Ursula Frick nach den einzelnen Teilen und stapelt sie aufeinander – ähnlich einem 3DPuzzle. Nur: Die Teile sind weder ineinander gesteckt noch verklebt. «Die Form der Bauteile ist so berechnet worden, dass die Stabilität der Zielform nur über Druck- und Reibungskräfte realisiert wird.» Langsam formt sich – senkrecht stehend – das Wort DMSc. «Es ist nur eine Studie, die ich für einen Fachkongress angefertigt habe», sagt Ursula Frick und zieht an ­einem der unteren Gipsteilchen – alles fällt in sich ­zusammen. Ursula Frick ist Architektin und forscht für den Nationalen Forschungsschwerpunkt Digitale Fabrikation an der ETH Zürich, Science City (siehe Box Seite 29). Nichts weniger als eine Revolution der Architektur und der Bauprozesse versprechen sich Ursula Frick und ihre Kolleginnen und Kollegen davon. Es geht ­darum, eine nahtlose Verbindung zwischen digitalen Technologien und physischem Bauprozess herzustellen. Die ­digitale Fabrikation umfasst dabei den Entwurf, die Planung, die Vorfabrikation von Bauteilen und das Bauen von Gebäuden vor Ort, die sogenannte Vor-Ort-Fabrikation. Maschinelle Massfertigung Doktorandin Ursula Frick entwickelt digitale Entwurfsverfahren, um Tragwerkskonstruktionen zu ­finden, die eine neue Formensprache erlauben. Dank Ursula Fricks komplexen Berechnungen reichen Druck- und Reibungskräfte, um die Gipselemente zusammenzuhalten. E­ ntstanden sind so komplex gestapelte Modelle im optimalen Gleichgewicht. Statisch betrachtet, unterscheiden sich die Modelle kaum von historischen Steinbogenbrücken, die ebenfalls ohne Mörtel oder mechanische Verbindungselemente auskommen: Sie sind so konstruiert, dass nur Druckspannungen und keine Zugspannungen auftreten. Doch Ursula Fricks Bauteile sind wesentlich komplexer, und keines ist gleich wie das andere. Ihre Formen sind das Resultat neu entwickelter Berechnungsmethoden. «Müsste man solche Bauteile einzeln mit individuellen Schalungen fertigen, wären sie unbezahlbar. Nicht aber durch digitale Fabrikation: Sie ermöglicht eine effiziente Massfertigung», erklärt Ursula Frick. Ohne effiziente Vorfabrikation lassen sich die von ­Ursula Frick konstruierten Strukturen kaum verwirklichen. Im Untergeschoss von Science City wird deshalb ebenfalls intensiv geforscht und getüftelt. Architektin Ena Lloret-Fritschi ist Doktorandin. In einem inter­disziplinären Team fertigt sie individuelle Betonsäulen – ganz ohne statische Schalungen. «Grundvoraus­setzung ist ein in enger Zusammenarbeit mit Materialwissenschaftlern entwickeltes Betongemisch», erklärt Ena Lloret-Fritschi. Dieses lasse sich aufschichten und ­formen, ohne dass es gleich zer- c next floor 27 Digitale Fabrikation Ena Lloret-Fritschi zeigt modellierte Betonsäulen. Sie sind ohne Schalung entstanden. fliesst. «Wir sind so in der Lage, Betonelemente mit den unterschiedlichsten Formen zu modellieren. Und das nicht von Hand, sondern mittels robotischer Maschinen.» c Weniger Zeit und Material Im nahe gelegenen Trocknungsraum reiht sich Betonsäule an Betonsäule – gekrümmte, spiralförmige, ­konisch zulaufende. Sie sind das handfeste Resultat des Forschungsprojektes «Smart Dynamic Casting» der Gramazio Kohler Research Group an der ETH ­Zürich. Im Rahmen des Projektes untersuchen Ena Lloret-Fritschi und weitere Forschende ein digitales Gleitbauverfahren für nicht-standardisierte Beton­ elemente. «Dank unserer neu entwickelten Fertigungsmethode können wir auf klassische Schalungen verzichten», sagt Ena Lloret-Fritschi. Doch nicht nur das: Grosser Formenreichtum wird so möglich. «Mit solchen Bauteilen können wir die Statik eines Gebäudes besser berücksichtigen. Säulen sind an jeder Stelle nur so massiv ausgeführt, wie es wirklich notwendig ist – das reduziert den ­Materialaufwand und somit die Kosten.» Hinzu kommt: «Dank weniger Beton und dem Verzicht auf individuelle Einmal-Schalungen verbessert sich auch die Ökobilanz eines Gebäudes.» Nicht nur das Herstellen der Bauteile, auch das Zusammenfügen soll künftig durch Roboter erfolgen. 28 Ein solcher steht in einer anderen Halle auf dem Campus und sieht auf den ersten Blick wenig spektakulär aus: Raupen zum Fortbewegen, Motoren, ein Roboterarm. Doch der Arm hat es in sich: «Je nach aufgesetztem Werkzeugkopf kann er Backsteine ablegen oder Stahldraht schneiden und schweissen», erklärt Markus Giftthaler, Doktorand in Robotik, und zeigt auf eine wellenförmig geschwungene Mauer aus Backsteinen. Kein Stein liegt dabei in gleicher Orientierung auf dem andern. «Es ist kaum denkbar, eine so differenzierte Mauer von Hand zu erstellen. Was unser Roboter in einer Stunde schafft, dauert von Hand Tage – und die robotische Präzision bleibt unerreicht.» Mensch weiterhin gefragt Giftthalers Kollege Norman Hack, Doktorand in Architektur, zeigt auf dreidimensionale Drahtgeflechte, die neben dem Roboter stehen. «Auch das ist sein Werk.» Die an der ETH entwickelte Technologie soll dereinst das schalungsfreie Bauen von komplex geformten Stahlbetonstrukturen ermöglichen. Dazu schweisst der Roboter Stahlgeflechte in den Dimen­ sionen der zu erstellenden Mauern. Diese Stahlgeflechte bestehen aus einer engmaschigen Vorderund Rückseite, die mittels Draht verflochten sind und dann mit einem Betongemisch aufgefüllt werden. Aufgrund der engmaschigen Bauweise bleibt der Beton im Gitter, nur wenig fliesst zwischen den Maschen hinaus und wird glatt gestrichen. Das Stahlgeflecht ist so vollständig von Beton umschlossen. «Mit dieser Technik erstellen wir Schalung und Armierung in einem – der Bauprozess wird so erheblich effizienter und gleichzeitig voll individualisiert. Dem Formenreichtum sind kaum Grenzen gesetzt», sagt Norman Hack. Werden anstelle von Menschen bald nur noch Roboter auf Baustellen arbeiten? «Nein», sind die Forscherinnen und Forscher des Nationalen Forschungsschwerpunkts Digitale Fabrikation überzeugt. Die digitale Fabrikation werde neue Architekturformen ermöglichen und die Bauqualität verbessern. Jedes Gebäude lasse sich individuell und ­seiner Nutzung entsprechend erstellen. Roboter und ähnliche Maschinen seien die Schlüssel dazu. Doch auch sie müssen von Menschen programmiert und bedient werden. c Digitale Fabrikation – neue Architekturformen und Konstruktionsarten Wer jahrzehntealte Bilder einer Baustelle betrachtet, dem fällt auf: Das meiste wird heutzutage immer noch gleich gemacht. Zwar sind die Baumaschinen moderner, doch gemauert und betoniert wird heute genauso wie früher. Die Baubranche ist in diesem Punkt ein Spezialfall: In anderen Wirtschaftsbereichen hat die Digitalisierung längst Einzug gehalten. So produzieren ­Roboter in der gegenwärtigen Zeit zum Beispiel Autos, Möbel und elektronische Geräte. In der Architektur und auf der Baustelle ist hingegen noch heute vieles Handarbeit. Die Gründe dafür sind einerseits auf den Baustellen selbst zu suchen: Sie sind komplexe, sich ständig verändernde Arbeitsorte. Andererseits ist Bauen ein sehr individueller Prozess, fast jedes Gebäude ist ein Unikat, und selbst Fertighäuser variieren je nach Kundenwunsch. Die digitale Fabrikation nimmt darauf Rücksicht. Sie umfasst die Entwurfs- und Planungsphase, die Vorfabrikation einzelner Bauteile und deren Montage auf dem Bau sowie die direkte Vor-Ort-Fabrikation. Dabei geht es nicht darum, standardisierte ­Verfahren für Fertigbauten zu entwickeln. Im ­Gegenteil: Die digitale Fabrikation ermöglicht neue Architekturformen und Konstruktionsarten. Gebäude werden am Computer entworfen und dimensioniert. Der so entstehende ­Datensatz dient dann Robotern und anderen Maschinen dazu, das Gebäude zu bauen. Doch nur durch ­intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit lässt sich das Potenzial der digitalen Fabrikation ausschöpfen. Im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) Digitale Fabrikation arbeiten deshalb Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Architektur, Tragwerksentwurf, Material- und Computerwissenschaften, Elektrotechnik, Maschinenbau sowie Robotik eng miteinander zusammen. Sie kommen aus verschiedenen Schweizer Hochschulen und ­Forschungseinrichtungen. www.dfab.ch next floor 29 Digitale Fabrikation Im Gespräch mit Dr. Russell Loveridge, Geschäftsführer Nationaler Forschungsschwerpunkt Digitale Fabrikation (NFS) c «Planen und Bauen wird sich dramatisch verändern» H äuser aus dem 3D-Drucker, ­mauernde Roboter und Beton, der ohne Schalung gegossen wird: Das klingt nach Zukunftsmusik. Wo liegen die Möglichkeiten kurz- und mittelfristig – und wie ­beeinflussen sie die Arbeit auf der Baustelle? Dr. Russell Loveridge: In den nächsten zehn Jahren werden sich die Roboter weiter verbessern und langsam ihren Weg auf die Baustelle finden. Künftig werden Mensch und Maschine eng auf den Baustellen zusammenarbeiten. Wir erforschen und entwickeln Roboter, die in erster Linie repetitive oder körperlich anstrengende Arbeiten übernehmen – wie etwa das Erstellen von Mauerwerk. Bedeutsame Entwicklungen sind auch hinsichtlich der Materialien zu erwarten – zum Beispiel bei Karbonfasern sowie Verbund- oder Holzwerkstoffen. Doch schon heute ist die digitale Fabrikation im Bauprozess angekommen: und zwar bei der Vorfabrikation von Bauteilen. Sie werden in spezialisierten Industriebetrieben gefertigt und lassen sich auf der Baustelle effizient montieren – quasi im Plug-and-play-Verfahren. 30 Energieeffizienz und Baubiologie sind mittlerweile zentrale Anliegen beim Bauen. Was kann die ­digitale Fabrikation hierzu beitragen? Die digitale Fabrikation hilft, Bauen nachhaltiger zu machen: Gebäude werden so designt, dass künftig weniger Baumaterialien nötig sind. Denn die Wahl und die Menge der Baumaterialien sowie die Art, wie diese in der Architektur des Gebäudes angeordnet sind, beeinflussen den ökologischen Fussabdruck eines Neubaus ganz wesentlich. Der Anteil an grauer Energie reduziert sich dadurch stark. Die digitale Fabrikation ermöglicht neue ­Architekturformen. Dürfen wir mit revolutionären Architekturkonzepten rechnen? Ich sehe die digitalen Technologien als Evolution, nicht als Revolution. Sie ändern zwar die Art und Weise, wie wir entwerfen und bauen, dramatisch. Doch das Erscheinungsbild eines Gebäudes hängt von vielen Faktoren ab – wie Bauvorschriften, Umgebung, ­Kultur und natürlich den Kosten. Architekten werden aber mehr gestalterische Möglichkeiten haben und das zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Bauland wird knapper, wir bauen mehr in die Höhe. Welche Rolle spielt die digitale Fabrikation bei Hochhäusern und Wolkenkratzern? Die digitale Fabrikation wird die Palette an Möglichkeiten erweitern – nicht nur was Bauweise und Architektur, sondern auch was die Finanzierbarkeit von solchen Bauprojekten betrifft. Wir können dazu beitragen, dass der Bau von Wolkenkratzern einfacher und günstiger wird. n Aiguille du Midi Der Mont Blanc zwischen Frankreich und Italien ist mit 4810 Metern Höhe der höchste Berg Europas. Auf dem beliebten Aussichtspunkt Aiguille du Midi hat Schindler jetzt im Auftrag der Compagnie du Mont-Blanc (CMB) zwei neue Hochleistungsaufzüge installiert – in jeder Hinsicht ein Projekt der Superlative. Es handelt sich dabei um die höchsten Duplexaufzüge ganz Europas. «Pas dans le vide» auf 3842 Meter über Meer next floor 31 Aiguille du Midi Facts & Figures 3842 m ü. M. 2 Schindler 7000 (High-Requirements) Hubhöhe 65 m Traglast 630 kg / 8 Personen Geschwindigkeit 2,5 m / s Kapazität 300 Personen pro Stunde September 2014 Demontage des alten Aufzuges Mai bis August 2015 Montage der neuen Aufzüge 8. / 15. August 2015 Eröffnung Aiguille du Midi Aufzüge Die Aussichtsterrasse auf dem Aiguille du Midi mit der gläsernen Kabine «Pas dans le Vide» bietet einen atemberaubenden Blick auf das Mont-Blanc-Massiv. 32 «Wir haben es gemeinsam geschafft. Die höchste Duplexanlage Europas wird tausende von Touristen aus der ganzen Welt auf die 3842 Meter hohe Aussichtsplattform ‹Pas de Vide› transportieren. Besten Dank an alle Beteiligten.» Luc Bonnard (l.), Vizepräsident des Verwaltungsrates der Schindler-Gruppe, mit Mathieu Dechavanne, Präsident der Compagnie du Mont-Blanc. Text Beat Baumgartner Bild Amanda Events | Fotolia N achdem die beiden neuen Schindler-7000-Hochleistungsaufzüge im August letzten Jahres den Betreibern übergegeben ­waren, stand François ­Reutter, Schindler-France-Direktor High-Rise Division, die Erleichterung buchstäblich ins Gesicht geschrieben: «Wir haben unter schwierigsten klimatischen, geologischen und technischen Bedingungen ohne Zwischenfälle die zwei Aufzüge montiert. Sie laufen jetzt zuverlässig und zur vollen Zufriedenheit der Compagnie du Mont-Blanc und bieten für die zahl­reichen Besucher der Aussichtsplattform auf dem ­Aiguille du Midi deutlich mehr Sicherheit und Komfort als die alte Anlage.» Die Aussichtsterrasse auf dem Aiguille du Midi im Mont-Blanc-­ Massiv ist tatsächlich eine der Top-Attraktionen der Region. Leicht auch mit der Seilbahn zu erreichen, zieht der Aussichtspunkt auf 3842 Metern Höhe jährlich mehr Touristen an – mittlerweile sind es rund eine halbe Million pro Jahr –, insbesondere auch seit der Eröffnung des «Pas dans le Vide» (Schritt ins Leere) im Dezember 2013. Von dieser vollverglasten Kabine aus, auch die Füsse stehen auf ­einem Glasboden, hat man einen unvergleichlichen Blick auf das Mont-Blanc-Massiv und die Nebengipfel – sofern man den Mut hat, den gläsernen Boden zu betreten. Die Aussichtsplattform und der «Pas dans le Vide» sind allerdings nur per Aufzug zu erreichen und dieser, Jahrgang 1966 (modernisiert 1996), war ziemlich in die Jahre gekommen. Zudem war der ­Zugang zur Aussichtsplattform jeweils blockiert, wenn Unterhalts­ arbeiten oder Reparaturen anstanden. Als das Betreiberunternehmen Compagnie du Mont-Blanc (CMB) darum 2011 beschloss, den ganzen Aussichtspunkt Aiguille du Midi, inklusive Seilbahn, total zu sanieren, war auch klar, die Situation der vertikalen Erschliessung zu verbessern. Die Verhandlungen zwischen CMB und Schindler Frankreich begannen im September 2013, der Vertrag wurde am 15. Mai 2014 unterschrieben und bereits ein Jahr später, am 8. beziehungsweise 15. August 2015 wurden die beiden Aufzüge übergeben. Dass die Montage von Aufzügen auf 3800 Metern Höhe – in ewigem Eis und bei extremen klimatischen Bedingungen – kein Zuckerlecken ist, versteht sich von selbst. Die sechs beteiligten Monteure von Schindler Frankreich unter der Leitung von Robert Fridmann wurden intensiven medizinischen Tests unterzogen und bereiteten sich während Monaten auf die strapaziöse Arbeit auf dem Aiguille du Midi vor. Und als sie dann endlich loslegen wollten, gab es eine mehrmonatige Verspätung, da die Firma Acro BTP länger benötigte als geplant mit der Vergrösserung des Granitschachtes und dem Abtransport des Geröllmaterials. Die Schindler-Monteure überbrückten diese Zeit mit einem Aufenthalt auf dem 3500 Meter hohen Gipfel Torino, wo sie sich weiter an die Höhe akklimatisierten, Montagetrainings übten und zwecks Teambildung Hochgebirgstouren unternahmen. Nachdem die 200 m³ Schachtmaterial ausgebrochen und entsorgt waren, begannen im Dezember 2014 die Umbau- und Montagearbeiten: Die Monteure waren fünf Tage pro Woche, im August sogar sechs, im Einsatz, bei hoher Kälte und Luftfeuchtigkeit, Dunkelheit sowie ständig wechselnden Wetterbedingungen. Statt eines Aufzuges wurden im 70 cm breiteren Schacht zwei neue Schindler 7000 nebeneinander eingebaut, mit je eigenem Maschinenraum unten seitlich. Zwei grosse Vorteile hat diese Lösung: Auch bei Unterhaltsarbeiten oder Reparaturen ist immer ein Aufzug im Einsatz. Und falls es mal zu einer Störung kommt, können die Passagiere im 65 Meter hohen Schacht sicher von der stillstehenden Kabine in die noch laufende evakuiert werden. «Die neuen Aufzüge sind darum nicht nur komfortabler, sondern auch schneller und sicherer», sagt François Reutter. Seit Mitte August 2015 laufen nun die beiden Schindler 7000 zu­ verlässig und einwandfrei und vermitteln den Touristen auf dem ­Aiguille du Midi ein einmaliges Erlebnis, nachdem die Aussichtsplattform wegen des Umbaus rund ein Jahr nicht zugänglich ge­ wesen war. Luc Bonnard, Vizepräsident des Verwaltungsrates der Schindler-Gruppe, liess es sich nicht nehmen, am 11. Januar 2016 allen Beteiligten dieses Grosserfolges in Chamonix persönlich zu gratulieren, nachdem er bereits am 18. Juli 2014 mit CMB-Präsident Mathieu Dechavanne auf 3842 Meter Höhe, im «Pas dans le Vide», die Partnerschaft von Schindler und der Compagnie du Mont-Blanc mit einem Handschlag besiegelt hatte. n next floor 33 Architektur Schweiz Eines der energieeffizientesten Hochhäuser Europas Durch die im Energieleitbild des Pharmakonzerns Roche definierten Zielvorgaben ist beim markanten Hochhaus Bau 1 in Basel grosses Augenmerk auf die Energieeffizienz gelegt worden. Der Neubau mit 2000 Büroarbeitsplätzen – das mit 178 Meter höchste Gebäude der Schweiz – besticht durch seine markante Keilform und die stufenförmigen Geschosstreppen auf der Westseite sowie eine Gebäudehülle mit Bandfenstern. 34 Der Bau 1 von Roche in Basel ist ein sich in der Höhe verjüngendes Hochhaus von 178 Metern mit 41 Geschossen. Das bebaute Lichtraumprofil ist Grundlage für die klare regelmässig abgetreppte Form, welche nach Westen in ZweierStufen terrassiert und im Osten durch feinere Dreier-Stufen beinahe senkrecht verläuft. Text Curt M. Mayer Bild Ruedi Walti | Curt M. Mayer D ie Architektur von Bau 1 bringt die neuen Möglichkeiten der ­Bürokommunikation zum Ausdruck und unterstützt sie aktiv. Das Konzept ist flexibel und bietet attraktive Arbeitsplätze und ­Infrastruktureinrichtungen. Die Herausforderung für die mit der ­Planung betrauten Architekten Herzog & de Meuron bestand darin, einen urbanen Ort zu schaffen im Gegensatz zu einem monofunktionalen Bürobau, wo jedes Geschoss vom nächsten abgetrennt und nur über einen zentralen Kern erschlossen wird. Die Wendeltreppen, wie sie den Eingangsbereich und die ­Kommunikationszonen dominieren, entspringen einer baulichen ­Tradition von Roche, wie sie auf die Architektur im Direktions­gebäude von 1937 des Architekten Salvisberg zurückgeht. Hochhaustypologie der Architektur Vor der Projektierung des 178 Meter hohen Gebäudes stand ein ­intensiver Dialog für die Formfindung an. Daraus kristallisierte sich eine Hochhaustypologie heraus, welche die interne Organisation und Kommunikation der verschiedenen Funktionseinheiten abbildet und fördert, wie Architekt Jacques Herzog anlässlich der Einweihung ausführte. Die rund 2000 Arbeitsplätze unterschiedlicher Abteilungen von Roche waren bisher auf diverse Standorte in der Stadt verteilt. Mit diesem «Office Re-entry» genannten Verdichtungsprozess wurden sie nun im Hochhaus zusammengefasst. Dadurch entsteht eine Kommunikation zwischen und innerhalb der Einheiten, die ­bisher nicht möglich war. Es werden einerseits Arbeitssynergien ausgelöst, anderseits wird die Identifikation mit dem Unternehmen durch ­Integration der Mitarbeitenden auf dem Gelände gefördert. Die Nutzungen mit hohen Personenströmen, wie das Auditorium mit 500 Sitzplätzen, das Mitarbeiterrestaurant sowie die zentralen Sitzungszimmer, sind im unteren Gebäudebereich angeordnet und somit für alle Mitarbeiter schnell zu erreichen. Das Auditorium ­zeichnet sich als ein weit auskragendes Bauvolumen ab, welches klar den Haupteingang mit dem grosszügig überdeckten Aussen­ bereich markiert. Ab dem fünften Obergeschoss folgen die Büros «Die Fertigstellung von Bau 1 ist der Startpunkt für den weiteren Ausbau von Roche am Standort Basel. Dafür sind zusätzliche Investitionen in Gebäude in der Architektur­sprache des Pharmakonzerns in der Grössenordnung von 3 Milliarden Franken initiiert worden.» Severin Schwan, CEO von Roche mit den Kommunikationszonen. Im 38. Stockwerk befindet sich die Top-Floor-Cafeteria mit prächtigem Ausblick auf Basel und das Umland. Durch die schlichte, aber unverwechselbare Form und die Höhe des Gebäudes wird das Roche-Areal im Stadtraum verankert, geben sich die Architekten überzeugt. Die Geometrie des Gebäudes lässt Bau 1 von verschiedenen Standpunkten aus ganz anders erscheinen. So tritt das Gebäude vom Rhein, also von Süden aus als abgetreppte Keilform in Erscheinung. Aus der Fussgängerperspektive heraus fügt sich das Gebäude durch die zurückspringenden Bandfenster in den Strassenraum ein. Damit bildet sich ein weich verlaufender Übergang vom menschlichen Massstab zu den auf der Nord- und Südseite glatten Fassaden der urbanen Messlatte. Innovative Fassade als Gebäudehülle Das Hochhaus mit 41 Stockwerken verjüngt sich in seiner Höhe von 178 Metern. Das bebaute Lichtraumprofil ist Grundlage für die klare regelmässig abgetreppte Form, welche nach Westen in ZweierStufen terrassiert und im Osten durch feinere regelmässige DreierStufen beinahe senkrecht verläuft. Das Gebäude besteht aus ­einem Kern und gliedert sich durch übereinandergeschichtete Geschossplatten. Diese drücken sich gegen aussen in Ost/West-Richtung durch weisse, horizontal umlaufende Brüstungsbänder plastisch aus. Das Bandfenster als typisches Merkmal der Moderne hatte bei der Entwicklung der architektonischen Identität von Roche seit den dreissiger Jahren eine stilbildende Wirkung. Diese prägt einige Gebäude am Standort Basel bis heute, wie Herzog rückblickend festhält. Bau 1 verkörpert diese architektonische Identität und Tradition und verleiht ihnen einen neuen Ausdruck. Das geforderte energieeffiziente Konzept wird durch eine innovative Fassade nach dem System Closed Cavity Fassade (CCF) erfüllt. Diese weist bei gesamthaft 38 000 m2 Fläche eine grosse Typenvielfalt, c next floor 35 Architektur Schweiz Der grosszügige Eingangsbereich wird durch eine weit auskragende Deckenkonstruktion geprägt, auf der sich das Auditorium mit 500 Sitzplätzen entwickelt. Als Besonderheit sind gemeinsame Kommunikationszonen erschlossen worden. Diese zwei- oder drei­ geschossigen Raumeinheiten sind im Westen und Osten der Stockwerke angeordnet und durch grosszügige Wendeltreppen verbunden. hochtransparente Gläser und effizienten Sonnenschutz auf. Als Green Building erreicht Bau 1 Werte deutlich unter dem Minergie-Standard und setzt neue Massstäbe bezüglich Nach­haltigkeit und Energieeffizienz bei gleichzeitig sehr hoher Raumluftqualität. Im Vergleich mit europäischen «Green Buildings» ist Bau 1 eines der energieeffizientesten Hochhäuser, geben sich die Roche-Verantwortlichen überzeugt. c Nachhaltiges Energiekonzept umgesetzt Die Basis für die energetische Auslegung des Hochhauses bilden eine Minimierung des Energiebedarfs, eine nachhaltige Energieversorgung und ein energieeffizienter Betrieb. Dies im Rahmen des in der Realisierung begriffenen Energieleitbildes 2020 von Roche. Damit beträgt der Energieverbrauch des Bau 1 bei einer vergleichbaren Anzahl von Arbeitsplätzen nur ein Fünftel des zu ersetzenden über 40 Jahre alten Bau 74 und übertrifft somit den Standard für Minergie. Die nachhaltige Energieversorgung erfolgt durch Nutzung von Arealabwärme zum Heizen, der Grundwassernutzung zum Kühlen, der Wärmerückgewinnung sowie mit Wärmepumpen zur Warmwassererzeugung. Für eine Reduktion des Energiebedarfs wurde diesem Projekt ein ­limitierter Glasanteil der Fassade von 60 Prozent effektivem Sonnenschutz zugrunde gelegt. Die Basis für die Energieeffizienz ist durch eine gut isolierte Gebäudehülle gelegt. Zum Bereich der Lichtoptimierung gehört eine Tageslichtnutzung, hinzu kommen ferner LEDBeleuchtung und Konstantlichtregelung. Flexible Büronutzungen Die Gebäudenutzungen sind dem Lichtraumprofil folgend aufein­ andergestapelt. Durch Rücksprünge entstehen bei den 41 Geschossen zahlreiche begehbare Terrassen, die von den gemeinsamen Kommunikationszonen aus zugänglich sind. Das sind zwei- oder dreigeschossige Räume, jeweils durch grosszügige und elegante Wendeltreppen verbunden. Die begehbaren Terrassen bieten den Mitarbeitern, die in den festverglasten Bürobereichen arbeiten, ­einen Aussenbezug mit natürlicher Belüftung. Diese Begegnungsplattformen sind im Osten und Westen der Geschosse verteilt angeordnet. Sie schaffen auf diese Weise auf jedem Stockwerk Orientierungspunkte, wo sich die Mitarbeiter zum informellen Austausch und zu Sitzungen treffen und sich zu Pausen in den Loungebereichen zurückziehen können. Die Wendeltreppen entspringen einer baulichen Tradition von Roche, wie sie noch heute im Direktionsgebäude von 1937 des Architekten Salvisberg in Erscheinung tritt. n 36 Aufzugstechnik mit Energierückgewinnung Das höchste Gebäude der Schweiz ist mit 14 Hoch­ leistungsaufzügen sowie dem neuesten Verkehrs­ managementsystem ausgerüstet. Diese Aufzüge vom Typ Schindler 7000 bringen die Passagiere mit einer Geschwindigkeit von bis zu 6 m/sec bis ins 41. Stockwerk. Im Roche Bau 1 werden höchste Transport­ leistung mit hervorragender Energieeffizienz gepaart. Ermöglicht wird dies durch ein Energierückgewinnungssystem von Schindler, das überschüssigen Strom ins Gebäudenetz zurückspeist und damit zur positiven Energiebilanz beiträgt. Im Bau 1 kommt auch die Port-Technologie von ­Schindler zum Einsatz: Diese neuste Verkehrs­ managementsystem-Generation führt die Passagiere ­automatisch zu jenem Aufzug, der sie in kürzester Zeit zum gewünschten Ziel bringt. Facts & Figures Roche Turm Bau 1 Bauherrschaft F. Hoffmann-La Roche AG Architekten Herzog & de Meuron AG Gebäudehöhe 178 m Länge am Fuss 94 m Breite 37 m Stockwerke 41 (oberirdisch) Grundfläche 3500 m² Bruttogeschossfläche 83 000 m² davon oberirdisch 74 200 m² Gesamtvolumen 375 000 m³ davon oberirdisch 324 000 m³ Treppenstufen 3650 Kosten 550 Mio. CHF Nachhaltige Arealentwicklung Das Pharmaunternehmen Roche konkretisierte 2014 ein Investitionspaket in Höhe von 3 Milliarden Franken, mit dem der Standort ihres Basler Areals weiter gestärkt werden soll. Davon entfallen 1,7 Mrd. CHF auf ­Anlagen für Forschung und Entwicklung, 1,3 Mrd. CHF auf Erneuerungen am Hauptsitz sowie 550 Mio. CHF auf ein neues Bürogebäude Bau 2 mit einer Höhe von 205 Metern. Neben dem Ausbau der Forschungsstätten will das Unternehmen seine bisher im Stadt­ gebiet verteilten Arbeitsplätze weiter verdichten. Dazu soll als weiteres Hochhaus der Bau 2 bis 2021 für 1700 Büro­arbeitsplätze bezugsfertig sein. Dieser ­Neubau auf der gegenüberliegenden Seite der Grenz­ acherstrasse wird optisch an den Bau 1 angelehnt sein und mit rund 50 Stockwerken und 205 Metern Höhe den bisherigen Roche Tower übertreffen. next floor 37 nextnews Broschüre mit den Siegerprojekten des Schindler Award 2015. Schindler Global Award – von Shenzhen nach São Paulo Schindler-Aufzüge und Fahrtreppen für höchstes Gebäude Europas Der Schindler Global Award, einer der bedeutendsten Wettbewerbe für Studierende aus Architektur und Städtebau, geht in die nächste Runde und wechselt seinen Austragungsort von Shenzhen nach São Paulo. 2015 hatte der Schindler Award erstmals eine weltweite Ausrichtung, der Wettbewerb ­fokussierte auf die Metropole Shenzhen in China. Weltweit nahmen über 600 Teams teil, 12 Projekte wurden speziell ausgezeichnet. Der Wettbewerb war ein durchschlagender Erfolg und brachte Studierende aus allen Kontinenten zusammen, die ihre Ideen und Schindler liefert alle Aufzüge und Fahrtreppen für das Hochhaus Lakhta Center im russischen St. Petersburg. Die Fertigstellung des höchsten ­Gebäudes Europas mit seinen 462 Metern – sofern man die Spitze des Wolkenkratzers hinzuzählt – ist für 2018 vorgesehen. Mit dem Bau des Wolkenkratzers am finnischen Golf wurde bereits im Oktober 2012 begonnen. Am Ufer des finnischen Meer­ busens soll ein Gesamtkomplex mit ins­ gesamt 330 000 m² Büro- und Geschäfts­ fläche entstehen. Der türkische Entwürfe teilten. Die nächste Austragung verspricht noch spannender zu werden. Der Wettbewerb startet Mitte 2016 und ­dauert bis Mitte 2017. Teilnehmen können Studierende im letzten Jahr ihres Bachelor-­ Studiums sowie Master-Studierende aus den Bereichen Architektur, Landschaftsarchitektur, Städteplanung und -bau von Architekturund Städtebaufakultäten anerkannter Hochschulen und Universitäten. Der Schindler Global Award 2017 wird von der Schindler-Gruppe durchgeführt, erneut in Zusammenarbeit mit dem Institut für ­A rchitektur und Städtebau von Professor Kees Christiaanse der ETH Zürich. Der Wettbewerb 2017 thematisiert den Einfluss von aktuellen und künftigen Mobilitätssystemen in ­einer der bedeutendsten Metropolen Südamerikas und der Welt, São Paulo. www.schindleraward.com 38 Das Lakhta-Center im russischen St. Petersburg. Generalunternehmer Renaissance Construction ist für den Bau des Hochhauses zu­ ständig, der Investor ist JSC’Lakhta, eine Tochterfirma von Gazprom, dem grössten russischen Erdgasförderungsunternehmen. Schindler wird insgesamt 26 Schindler7000-Hochleistungsaufzüge für das Hochhaus liefern, davon 16 Doppeldecker, zusätzlich noch 7 Glasaufzüge, 3 Schindler 5500 sowie 2 Schindler 3300 und 2 Speiseaufzüge. Hinzu kommen noch 6 Fahrtreppen Schindler 9300. Schindler hat den Auftrag gegen harte internationale Konkurrenz gewonnen. Montagebeginn für den Millionenauftrag ist April 2016, die Übergabe aller Aufzüge und Fahrtreppen ist auf Anfang 2018 geplant. Für die Realisierung des Grossprojektes hat Schindler eigens einen Projektleiter aus der Schweiz in St. Petersburg stationiert. Die geplanten Erweiterungs­bauten des Kantonsspitals St. Gallen. Neubauprojekt Kantonsspital St. Gallen mit Schindler Schindler rüstet grössten Flug­ hafen der Welt in der Türkei aus Schindler liefert alle Aufzüge für die verschiedenen Neubauten des Kantons­spitals St. Gallen, die zwischen 2016 und 2027 errichtet werden sollen. Das Unternehmen ist stolz darauf, diese Grossausschreibung gewonnen zu haben. Ein Teil der Infrastruktur des Kantonsspitals St. Gallen entspricht nicht mehr den aktuellen betrieblichen Anforderungen. Daher ­werden in den nächsten Jahren zwei Nebengebäude auf dem Spitalareal errichtet, die perfekt angeordnete Untersuchungs- und Behandlungsräume beherbergen. Das Ge- Istanbul Grand Airport (IGA) hat Schindler als Hauptlieferanten für die Lieferung von Aufzügen und ­Fahr­treppen am neuen internationalen Flughafen in Istanbul gewählt. Mit der Vertragsvergabe der IGA an Schindler wird der grösste Flughafen der Welt mit insgesamt 648 Schindler Anlagen aus­ gerüstet. Der Auftrag für den neuen Flug­ hafen umfasst die Lieferung, Installation und Wartung von 306 Aufzügen, 159 Fahrtreppen sowie 183 Fahrsteigen. Der neue Flughafen erhöht die Kapazität der bestehenden Flughäfen der Stadt um bäude 07a sollte 2021 bezugsbereit sein und Gebäude 07b im Jahr 2027. Zudem wird das Ostschweizer Kinderspital bis 2022 in Neubauten auf dem Areal des Kantonsspitals umziehen. Die Gesamtkosten für die drei Neubauten betragen über 600 Mio. CHF. Schindler St. Gallen hat auch die Ausschreibung für die zukünftigen Bauvorhaben ­ge­­wonnen. Von Mai 2017 bis 2024 sollen 38 Aufzüge montiert werden: zwei Schindler 7000 für die Feuerwehraufzüge und 36 Personenaufzüge Schindler 5500. «Wir sind stolz darauf, dass Schindler St. Gallen das Vertrauen des Kunden für dieses ­wegweisende Vorzeigeprojekt gewinnen konnte. Nun liegt es an uns zu beweisen, dass wir dieses Vertrauen auch verdienen», so Beat Bussmann, Verkaufsleiter Neu­ anlagen, Schindler St. Gallen. Der neue Flughafen in Istanbul sprengt alle Grenzen. ein Vielfaches. Nach der Fertigstellung wird der neue Flughafen von mehr als 150 Airlines genutzt, die wiederum über 350 Destinationen anfliegen. Es wird ein jährliches Passagieraufkommen von rund 200 Millionen erwartet. «Wir sind absolut davon überzeugt, den richtigen Partner gewählt zu haben. Schindler liefert nicht nur qualitativ hochwertige Produkte und zuverlässigen Service sondern steht auch für ein hochstehendes Projekt­ management, welches den hohen terminlichen Anforderungen dieses Megaprojekts gerecht wird», erklärt Yusuf Akçayo ǧlu, CEO der IGA. Präzise, moderne und energieeffiziente Schindler-Produkte finden sich beispielsweise bereits in den Flughäfen von Singapur, Seoul, Mumbai, London, München oder Rom und werden nun – nach dessen Fertigstellung – auch den reibungslosen Verkehrsfluss innerhalb des weltweit grössten Flug­ hafens in Istanbul sicherstellen. next floor 39 4 World Trade Center, New York Wir bewegen. In Feusisberg und im weiteren Umkreis. Täglich nutzen weltweit mehr als 1 Milliarde Menschen Aufzüge, Fahrtreppen und innovative Mobilitätslösungen von Schindler. Hinter unserem Erfolg stehen 57 000 Mitarbeitende auf allen Kontinenten. www.schindler.ch