PDF, 340 KB - Input Consulting AG

Werbung
20
strategy
Community Marketing
Die hohe Markenloyalität
der Bergführer
Community Marketing gewinnt durch die steigende Zahl von Communities an Bedeutung
und bietet – strategisch und konsequent verfolgt – neue Chancen in stagnierenden Märkten.
_V O N P A T R I C K P F Ä F F L I U N D C L A U D I A P R O B S T
Communities sind homogene Gruppen von Personen mit gemeinsamen Interessen und
einem ausgeprägten Interaktionsverhalten. Sie existieren schon länger – ein Beispiel sind die christlichen Kirchen oder
die Fangemeinschaften von Sportclubs –,
waren vor allem zu Zeiten des Internetbooms im Zusammenhang mit Webcommunities ein viel diskutiertes Thema und
gewinnen durch die aktuelle Diskussion
zur zunehmenden Bedeutung von Randgruppen (Stichwort «ethnisches Marketing») wieder an Aktualität. Communities
bieten für viele Unternehmen interessante Marketingmöglichkeiten, denn wer sich
bei diesen Zielgruppen etabliert, kann oft
auf eine loyale und einflussreiche Käuferschaft zählen. Allerdings besteht in der Praxis eine gewisse Hilflosigkeit bezüglich der
Art und Weise, wie das Marketing aus strategischer und operativer Sicht auf ausgewählte Communities ausgerichtet werden
soll. Dieser Artikel geht der Frage nach,
ob und wie Unternehmen einzelne Communities durch ihr Marketing adressieren
können.
overview
P A T R I C K P F Ä F F L I ist
geschäftsleitender Partner der Firma input Unternehmens- und Marketingberatung AG in Zürich.
[email protected]
CLAUDIA PROBST,
lic.rer.pol, ist Beraterin bei input
Unternehmens- und Marketingberatung AG in Bern.
[email protected]
ie Strukturen unserer Gesellschaft verändern sich grundlegend. Nachhaltige soziodemografische Umwälzungen, so die Überalterung oder der wachsende Anteil
ethnischer Minderheiten, die Entstehung neuer Lebensformen, wie z. B.
Patchwork-Familien, und die wachsende Heterogenisierung des Individuums
führen zu einem Zerfall starrer sozialer
Muster und zu einer zunehmenden
Fragmentierung der Gesellschaft (Tomczak, Koch 2005). Die Grösse spezifischer Segmente ändert sich, es gibt z. B.
immer mehr Senioren und immer weniger Jugendliche. Zudem entstehen neue
Zielgruppen, wie z. B. ethnische Minderheiten. Weiter bewegen sich Individuen als hybride Käufer immer häufiger
in mehreren Segmenten gleichzeitig
oder wechseln ihre Zugehörigkeit je
nach Lebenssituation. Die Prognosen
über Kundenlebenszyklen sowie die
Identifikation und Bearbeitung von
interessanten Zielgruppen werden dadurch für Anbieter immer schwieriger.
Bevor jedoch darauf weiter eingegangen
wird, soll zunächst der Begriff der Community für die Zwecke des Marketing
näher beschrieben werden.
Der Begriff «Community» entspringt dem Lateinischen und lässt sich
mit «soziale Gemeinschaft» übersetzen.
Abgesehen von der Bezeichnung «virtuelle Communities» – Internetplattformen für Gruppen mit sehr spezifischen,
gemeinsamen Interessen –, gibt es im
Marketing keine allgemein gültige Defi-
D
nition. In der Praxis wird eine Community oft fälschlicherweise mit Zielgruppe oder Segment gleichgesetzt.
Gemeinsame Werte und
starkes Involvement
Eine nähere Betrachtung des Konzeptes
zeigt, dass diese Auslegung zu wenig
weit geht. Es gibt sehr wohl Unterschiede zwischen «traditionellen», d. h.
primär soziodemografischen (z. B. Jugendliche oder ältere Menschen), verhaltensorientierten (z. B. Intensivreisende) oder einstellungsbasierten (z. B.
Kosmopoliten) Segmenten auf der
einen und Communities auf der anderen Seite. Die wesentlichen Merkmale
einer Community sind (Media in Res
2004; Schoberth, Schrott 2001; siehe
auch Abbildung 1 auf Seite 22):
Gemeinschaft von Personen: Im Vordergrund steht nicht das Individuum,
sondern die Gruppe als solche, von deren Verhalten und Bedürfnisse sich
Rückschlüsse auf den Einzelnen ziehen
lassen. Dies kann z. B. bei Fangemeinschaften von Sportvereinen beobachtet
werden. Die weltweit grösste Sportfachmesse «ispo summer 2005», die im Juli
in München stattfindet, richtet sich z. B.
neu auf «Special Communities» aus –
neben verschiedenen anderen Communities spricht sie mit einem «Board Village» die Surfer-Gemeinschaft an (Pressetext a 2005).
Verbindendes Element: Ein bestimmter Sachverhalt, eine spezifische
io new management Nr. 7-8 | 2005
Community Marketing
Wird eine Community als attraktiv für die eigene Firma eingeschätzt, gilt es die richtige Marketingstrategie zu finden.
Neigung oder ein für diese Gruppe prägendes Merkmal – z. B. die gleiche Herkunft in der New Yorker Chinatown –
steht als verbindendes Thema im Zentrum. Community-Mitglieder verfügen
über ein überdurchschnittliches Wissen darüber und haben ein hohes Interesse daran.
Eine verbindliche bzw. verbindende
Art, über ein Thema zu kommunizieren:
Gemeinsame Normen und Werte und
eine gemeinsame Sprache regeln die Interaktion innerhalb der Gemeinschaft –
u. a. zu beobachten bei Gebeten und
Gesängen in der christlichen Kirche.
Hohes Involvement: Das überdurchschnittliche Interesse und das starke
Zusammengehörigkeitsgefühl fördern
die emotionale Bindung an die Community. So fördern in Studentenverbindungen Rituale die Identifikation und
grenzen gegen Aussenstehende ab.
Gemeinsame Interaktionsplattform
für den Meinungsaustausch: Es existiert
eine Art gruppenspezifisches Raum-Zeit-
io new management Nr. 7-8 | 2005
Gefüge, das es den Community-Mitgliedern ermöglicht, sich selbst als Teil der
Gruppe wahrzunehmen. Erst der aktive
Informations- und Meinungsaustausch
und die intensive Pflege von Beziehungen lassen eine Gruppe zu einer echten Community werden, die «lebt» und
sich ständig weiterentwickelt, wie die
Harley-Davidson-Fahrer mit ihren legendären Treffen und der Harley Owners
Group (www.hog.com).
Attraktivität der Community
muss evaluiert werden
Aus Anbietersicht stellen Communities
neue Zielgruppen dar, über deren Bearbeitung im Rahmen des strategischen
Marketings zu entscheiden ist. Während zu Beginn die Nischen vor allem
von neuen spezialisierten Anbietern erschlossen werden, besteht die Herausforderung für die Follower-Firmen darin, eine zusätzliche Zielgruppe zu bearbeiten, ohne das eigene Angebot zu
strategy
Illustration: Lorenz Meier
stark zu differenzieren und damit das
neue Geschäft unrentabel zu betreiben.
Unternehmen müssen die Attraktivität einer Community evaluieren, um
fundiert darüber zu entscheiden, ob
gezielte Marktbearbeitungsmassnahmen realisiert werden sollen. Die folgenden Fragen können dazu eine Entscheidungsgrundlage liefern (siehe
auch Abbildung 1 auf Seite 22):
Sind die Communities genügend
gross, d. h., überschreiten sie die kritische Grösse in Bezug auf das wertmässige Marktvolumen? Eine zu kleine Com-
munity rechtfertigt keine eigenständige Bearbeitung mit einer eigenen
Positionierung und einem ausgewählten Marketingmix. Kosten und Aufwand sind gemessen am Potenzial zu
gross. Blic Evropa, das Boulevardblatt
des Schweizer Verlagshauses Ringier für
Serben im Ausland, avisiert beispielsweise das Marktpotenzial von rund 1
Million Serben in Europa, da das in der
Schweiz erzielbare Volumen zu klein ist.
21
22
strategy
Community Marketing
Abb. 1: Besonderheiten von Communities
Eine Community ist eine Gemeinschaft von Personen mit ...
einem hohen Interesse an einem bestimmten Sachverhalt.
gemeinsamen Normen und Werten.
Ω einem starken Zusammengehörigkeitsgefühl.
Ω einem aktiven Meinungsaustausch über eine Interaktionsplattform.
Ω
Ω
Voraussetzungen für die differenzierte Bearbeitung einer Community
Grundlegende Unterschiede zu anderen Zielgruppen oder Communities
(Differenzierbarkeit).
Ω Kritische Grösse und hohes Wachstumspotenzial (= hohe Attraktivität).
Ω Einfache Erreichbarkeit.
Ω Interne Fähigkeiten und Ressourcen stehen zur Verfügung.
Ω Attraktive Wettbewerbsintensität.
Ω
Sind die Communities im Markt etabliert und welches Wachstumspotenzial
weisen sie aus? Mit der Erschliessung
einer neuen Community kann eine Firma eine Vorreiterrolle übernehmen.
Gelingt dies nicht und ist die Gemeinschaft nicht genügend gefestigt, so ist
das nötige Wachstum kaum zu realisieren und die entsprechende Marketingstrategie langfristig kaum erfolgreich.
Sind die Communities (einfach) erreichbar? Wenngleich Communities oft
relativ klein sind, müssen ihre Mitglieder über Vermarktungsmassnahmen mit
den vorhandenen bzw. finanzierbaren
Ressourcen erreichbar sein. Das Internet
eignet sich besonders für die Bearbeitung von Communities; es ist gleichzeitig Interaktionsplattform für die Mitglieder als auch Kommunikationskanal
vom Unternehmen zur Zielgruppe.
Wie ausgeprägt ist der Wettbewerb
um die Community? Es gibt zwei Grün-
de, weshalb diese Frage zentral ist. Erstens sind die Zielgruppen häufig relativ
klein und bieten damit nur für wenige
Anbieter genügend Potenzial. Zweitens
stellt man innerhalb einer Community
oft eine hohe Skepsis gegenüber (neuen) Anbietern fest, was umgekehrt etablierte Anbieter von der hohen Markenloyalität profitieren lässt. Die Bergführer in der Schweiz schwören z. B.
grösstenteils auf Seile von Mammut.
Inwiefern unterscheiden sich die
Communities? Passt die neu zu adres-
sierende Community imagemässig zu
den bisherigen Zielgruppen? Eine
gleichzeitige Bearbeitung mehrerer
Gruppen darf dabei nicht zu negativen
Rückkoppelungen führen. Z. B. erfährt
DaimlerChrylser in Deutschland regelmässig negative Rückwirkungen bei
ihrer angestammten Klientel, wenn die
türkische Community mit einer spezifischen Kampagne beworben wird.
Entscheidet sich eine Firma für die
Bearbeitung einer Community, geht es
in einem zweiten Schritt um die Festlegung der Bearbeitungsstrategie und insbesondere um den Grad der Differenzierung (siehe Abbildung 2 auf der rechten Seite).
Für die Bearbeitung der Community lassen sich drei verschiedene Strategien unterscheiden:
1. Konzentration auf eine Community:
Spezialisierung
2. Eigenständige Positionierung innerhalb eines Gesamtangebotes mit eigenem Marketingmix
3. Eigenständige Positionierung innerhalb eines Gesamtangebotes, aber mit
differenziertem Marketingmix
1. Konzentration auf eine
Community: Spezialisierung
Der Spezialist ist ein Nischenanbieter,
der sich konsequent auf eine bestimmte Community konzentriert. Als Beispiel dazu dient Western Union: Der
Sending Money Service richtet sich konsequent an im Ausland wohnende Personen, die ihren Angehörigen regelmässig Geld senden. Die Positionierung
und der Marketingmix werden stets auf
diese Kundengruppe ausgerichtet.
Das schwul-lesbische Privatradio
«BluRadio» (www.bluradio.de) wurde
2003 gegründet und war das erste dieser Art. Seit zwei Jahren behauptet sich
der Sender erfolgreich im Radiomarkt
Berlin/Brandenburg, mit rund 30 Sendern der am härtesten umkämpfte
Deutschlands. Gesendet wird nur zu
Zeiten, «wenn Schwule und Lesben am
intensivsten leben», jeweils Freitag bis
Sonntag von 20 bis 2 Uhr. Das Radio berichtet über Szene-Events des Abends
und bietet Call-ins, Szene-News und Services rund um das schwul-lesbische Leben in Berlin.
2. Eigenständige Positionierung mit
eigenem Marketingmix
Auch diese Strategie sieht für eine
Community ein spezifisches Positionierungskonzept mit einem eigenständigen Marketingmix vor. Der Unterschied
liegt darin, dass das Unternehmen ein
ebensolches für mehrere Kundengruppen realisiert. Voraussetzung dafür sind
Differenzierbarkeit zwischen Communities, eine kritische Community-Grösse und einfache Erreichbarkeit.
Gute Beispiele für die erfolgreiche
Umsetzung einer solchen Strategie sind
Konzerne aus dem Kosmetikbereich, die
Mitte der Neunzigerjahre mit Produkten für Frauen ab fünfzig – die bei weiterer Auslegung als Community gesehen werden können – auf den Markt gekommen sind. Vorreiter war Nivea mit
«Nivea Vital», einer der ersten Nachahmer L'Oréal mit «Revitalift». Sämtliche
Instrumente des Marketingmix werden
konsequent auf diese Zielgruppe ausge-
io new management Nr. 7-8 | 2005
Community Marketing
richtet. Einzige Verbindung zum angestammten Geschäft ist der Markenname.
3. Eigenständige Positionierung mit
differenziertem Marketingmix
Etwas weniger weit geht die teilweise
differenzierte Marktbearbeitung. Hier
kann nach der Differenzierung über das
Produkt und jener über die Kommunikation unterschieden werden. Beim Ansatz der Produktdifferenzierung werden
zwar für einzelne Communities gezielt
neue Produkte entwickelt, sämtliche
weiteren Marketinginstrumente orientieren sich aber an der Hauptzielgruppe. Banken- und Versicherungen setzen
besonders häufig – oft im Zusammenhang mit der Bearbeitung ethnischer
Minderheiten – auf diesen Ansatz. So
gewinnt z. B. der Markt für Islam-konforme Geldanlagen für westliche Banken zunehmend an Bedeutung. Die
Commerzbank-Tochter Cominvest bietet seit fast fünf Jahren einen speziellen
Fonds an, welcher der traditionellen
islamischen Rechtsprechung, der Scharia, entspricht. Ein vergleichbares Angebot in Deutschland ist der «Norbia Global Equity Fonds» der UBS-Gruppe.
Die Versuche von Ikea, schwule Zielgruppen zu bearbeiten, gehen über eine
ausschliesslich spezifisch kommunikative Ansprache hinaus. In den vielerorts
anzutreffenden Einrichtungsvorschlägen werden typische Wohnsituationen
dieser Zielgruppe nachgestellt.
Eine Filiale von Wal-Mart in Middlefield, Ohio, hat sogar eigens für die
Community der Amish ein Zusatzangebot mit Pferdegeschirr für Kutschen, mit
nicht-stromgetriebenen Haushaltgeräten oder Stoffen für die Anfertigung von
Kleidern zu Hause ins Sortiment aufgenommen.
Vom iPod von Apple wird behauptet, er spreche jede Community an, weil
er im Prinzip nur die eine Hälfte des Produktes darstelle. Durch die unzähligen
Variationsmöglichkeiten des Music
Downloads werde er zum perfekten Produkt für alle und damit auch für jede
Community.
Obwohl der Marketingmix eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Differenzierung des Gesamtangebotes bieten würde,
ist die Beschränkung auf die Mittel der
Kommunikation am häufigsten anzutreffen. Das mag mit der einfachen Realisierbarkeit zusammenhängen. Erfolgsvoraussetzung ist der konsequent differenzierte Einsatz der Kommunikationsinstrumente, um negative Rückwirkungen auf die Kernzielgruppen zu verhindern. Die Strategie der Differenzierung
der Kommunikation kommt häufig im
Zusammenhang mit Ethno-Marketing
zum Einsatz: Der Autokonzern General
Motors lancierte im Juni 2004 eine neue
Print-Anzeigen-Kampagne, die sich direkt an afro-amerikanische Kunden wendet. Ziel ist es, den grossen Einfluss der
Afro-Amerikaner innerhalb von General
Motors aufzuzeigen, um die Verbundenheit mit dieser Kundengruppe zu demonstrieren. Die Kampagne hat dazu
beigetragen, dass General Motors heute
strategy
in den USA einen knapp 30-ProzentMarktanteil unter den schwarzen Autokäufern besitzt (Pressetext 2004).
Auch die Mannesmann-Telefontochter Otelo setzt seit der Liberalisierung des Marktes auf Spezialkampagnen in Türkisch. Die Deutsche Telekom
hat nachgezogen und versucht ihrerseits
mit gezielten Massnahmen türkische
Kunden zu binden (Turkischweb 2002).
Einen weiteren Ansatz wählt der USAutomobilhersteller Ford: Er engagiert
sich als Hauptsponsor bei einer im September beginnenden Gospel-MusikShow und folgt damit dem Trend, die
religiösen Communities in Amerika als
werberelevante Zielgruppen zu erkennen (Pressetext b 2005).
Positiver «Word of Mouth»Effekt für Firmen
Eine Besonderheit von Communities
sind wie erwähnt die Interaktionsplattformen, über die sich Mitglieder austauschen, treffen, ihre Gemeinsamkeiten pflegen, kaufen, kritisieren, bewerten, empfehlen. Gelingt es einer Firma,
für eine von ihr anvisierte Community
eine Interaktionsplattform aufzubauen
und zu betreiben, dann können ihr
erhebliche Vorteile erwachsen: Sie besitzt einen kostengünstigen Kommunikationskanal zur Zielgruppe, erhält
Cross-Selling-Möglichkeiten, ermöglicht die Öffnung der Plattform für Dritte und Partner und besitzt ein Marktforschungsinstrument. In vielen Fällen
Abb. 2: Mit welchen Strategien Communities bearbeitet werden können
Total differenzierte Marktbearbeitung
Teilweise differenzierte Marktbearbeitung
Ausschliessliche Bearbeitung
einer Community
Community als eine Zielgruppe unter anderen
1. Spezialisierung:
«Nischenstrategie»
2. Eigenständige Positionierung und eigener
Marketing-Mix innerhalb eines Gesamtangebotes
3. Angepasste Positionierung und Differenzierung
über ausgewählte Elemente des Marketing-Mix
Tiefe und Umfang der differenzierten Marktbearbeitung
Unternehmen, die eine Nischenstrategie fahren, sprechen mit ihren Produkten und Dienstleistungen gezielt eine Community an.
io new management Nr. 7-8 | 2005
23
24
strategy
Community Marketing
sind die Plattformen von Anbieterseite
her initiiert (Stadien für Sportfans, Ausländerclubs, Kirchen etc.). Ist eine Firma
in der Community etabliert, profitiert
sie zudem von einem positiven «Word
of Mouth»-Effekt.
Oft ist der Zugang zur Community
aber eine Gratwanderung, weil zu starke kommerzielle Interessen kontraproduktiv wirken und zu einer Abwehrhaltung führen können. Dass es aber erfolgreiche Wege gibt, zeigt folgendes Beispiel: Unilever hat Anfang 1999 mit dem
Deodorant Axe nach neuen Wegen in
der Marktbearbeitung gesucht, da mit
klassischer Kommunikation die Marktposition nicht verbessert werden konnte. Axe begann fortan, Partys für eine
sehr eng definierte Zielgruppe von jungen Partygängern – einer Community
– zu organisieren. Diese Veranstaltungen fanden unter dem Namen VoodooNight statt und Axe beteiligte sich über
spezifische Aktivitäten an diesen Anlässen. Schliesslich entwickelte Axe 2002
sogar eine Internetplattform für die Partybesucher. Die Neutralität des Veranstalters wurde sichergestellt und der
Einsatz kommerzieller Zwecke blieb
dezent. Nur so war eine hohe Akzeptanz
der Community garantiert und die Marketingmassnahme hatte einen ausserordentlich hohen (finanziellen) Erfolg.
Meist werden die Plattformen jedoch
von neutraler Stelle betrieben oder entstehen auf Initiative der Community.
Interessant wird in diesem Zusammenhang die Beobachtung der Entwicklung
der M-Budget-Partys – der Billiglinie der
Migros – sein, die ursprünglich als Versuch in Luzern gestartet und mittlerweile mit jeweils mehr als 4000 Gästen
zu einem Riesenerfolg in der ganzen
Schweiz geworden sind. An den Partys
sind Softgetränke und Knabbersnacks
gratis und der Eintritt kostet lediglich
9.90 Franken. Den Marketingverantwortlichen dürfte also die Verankerung
ihrer preisorientierten Marke in der
Community der Partygänger sehr gut
gelingen.
Zu wenig beachtetes
Marketingthema
Verfolgt ein Unternehmen Community
Marketing, muss es unabhängig vom
Differenzierungsgrad der Marktbearbeitung allfällige Anpassungen der Marketing-Infrastruktur in Betracht ziehen.
So stellt sich z. B. bei einer Differenzierungsstrategie die Frage des Einsatzes
eines Community Managers – in Analogie zum Segmentmanager, der für die
erfolgreiche Bearbeitung einer Zielgruppe verantwortlich ist. Für die Marktforschung sind Interaktionsplattformen
besonders interessante Instrumente, da
sie neben der Funktion als Marktforschungsinstrument auch zur Marktbearbeitung eingesetzt werden können.
Community Marketing gewinnt an
Universitäres Nachdiplomstudium
Weiterbildungsmanagement
2006–2008
4. Studiengang
Der zweijährige berufsbegleitende Studiengang findet an der Universität Bern statt. Die Teilnehmenden sind
leitende MitarbeiterInnen in Weiterbildungseinrichtungen und in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung.
Start: 28. März 2006/Anmeldetermin: 30. September 2005
Universität Bern, Koordinationsstelle für Weiterbildung, Falkenplatz 16, 3012 Bern,
Telefon 031 631 53 41, E-Mail: [email protected], www.weiterbildungsmanagement.ch
Mit dem Weiterbildungsdiplom «Weiterbildungsmanagement» zum Weiterbildungsmaster:
Master of Advanced Studies in Education and Management, Universität Bern (MAS EM): www.masterprogramm.ch
Bedeutung. Dies ist sowohl auf die
zunehmende Anzahl und die deutlichere Ausprägung von Communities
als auch auf die in Zeiten von stagnierenden Märkten intensivere Suche nach
neuen Chancen zurückzuführen. Communities sind auf der einen Seite attraktive Zielbereiche, da sie als homogene
Gruppen mit hoher Loyalität im Marketing einfach zu adressieren sind. Andererseits sind sie aber oft kritische und
anspruchsvolle Zielgruppen, die ein hohes Mass an Authentizität erfordern
und deshalb in der Bearbeitung heikel
und aufwändig sind. Wer Communities
erfolgreich bearbeiten will, ist gut beraten, dabei die Chancen und Risiken genau abzuwägen und vor allem der Art
und Weise der Differenzierung in Positionierung und Marketinginstrumenten eine hohe Bedeutung beizumessen.
Konsequent verfolgt, bietet Community Marketing vielen Unternehmen neue
Chancen, gerade auch weil es sich dabei
um ein bisher (zu) wenig beachtetes
Thema in den Marketingetagen handelt.
Literatur
Media in Res (2004): Hat jetzt jeder seine Lieblingsfarbe? Oder: Instrumente für die interaktive Community-Bildung. In: http://www.xmachina.de/
medias-in-res/0312/mediasinres0312.pdf
Pressetext (2004): US-Autokonzern setzt verstärkt
auf Minderheiten-Marketing. General Motors wollen unter Afro-Amerikanern mehr Autos verkaufen.
In: http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=040810024
Pressetext a (2005): Grösste Sportfachmesse setzt
auf Communities. Nordic Fitness auch dieses Jahr
weiterhin ein grosses Thema. In: http://www.pressetext.ch/pte.mc?pte=050528002
Pressetext b (2005): Ford sponsert Gospel-Show.
US-Trend: Religiöse Gruppen als werberelevante
Zielgruppe. In: http://www.pressetext.ch/
pte.mc?pte=050415002
Schoberth, T.; Schrott, G. (2001): Virtual Communities. In: Wirtschaftsinformatik Jg. 43, Nr. 5.
Vieweg Verlag. GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden.
Tomczak, T. ; Koch, M. (2005): New Diversity.
Herausforderungen und Lösungsansätze im
Umgang mit der neuen Vielfalt. St. Gallen.
Turkischweb (2002): Hosgeldiniz. Marketingexperten entdecken Deutschtürken. In: http://www.turkischweb.com/D-Migration/seite23_old.htm
io new management Nr. 7-8 | 2005
Herunterladen