20 strategy Community Marketing Die hohe Markenloyalität der Bergführer Community Marketing gewinnt durch die steigende Zahl von Communities an Bedeutung und bietet – strategisch und konsequent verfolgt – neue Chancen in stagnierenden Märkten. _V O N P A T R I C K P F Ä F F L I U N D C L A U D I A P R O B S T Communities sind homogene Gruppen von Personen mit gemeinsamen Interessen und einem ausgeprägten Interaktionsverhalten. Sie existieren schon länger – ein Beispiel sind die christlichen Kirchen oder die Fangemeinschaften von Sportclubs –, waren vor allem zu Zeiten des Internetbooms im Zusammenhang mit Webcommunities ein viel diskutiertes Thema und gewinnen durch die aktuelle Diskussion zur zunehmenden Bedeutung von Randgruppen (Stichwort «ethnisches Marketing») wieder an Aktualität. Communities bieten für viele Unternehmen interessante Marketingmöglichkeiten, denn wer sich bei diesen Zielgruppen etabliert, kann oft auf eine loyale und einflussreiche Käuferschaft zählen. Allerdings besteht in der Praxis eine gewisse Hilflosigkeit bezüglich der Art und Weise, wie das Marketing aus strategischer und operativer Sicht auf ausgewählte Communities ausgerichtet werden soll. Dieser Artikel geht der Frage nach, ob und wie Unternehmen einzelne Communities durch ihr Marketing adressieren können. overview P A T R I C K P F Ä F F L I ist geschäftsleitender Partner der Firma input Unternehmens- und Marketingberatung AG in Zürich. [email protected] CLAUDIA PROBST, lic.rer.pol, ist Beraterin bei input Unternehmens- und Marketingberatung AG in Bern. [email protected] ie Strukturen unserer Gesellschaft verändern sich grundlegend. Nachhaltige soziodemografische Umwälzungen, so die Überalterung oder der wachsende Anteil ethnischer Minderheiten, die Entstehung neuer Lebensformen, wie z. B. Patchwork-Familien, und die wachsende Heterogenisierung des Individuums führen zu einem Zerfall starrer sozialer Muster und zu einer zunehmenden Fragmentierung der Gesellschaft (Tomczak, Koch 2005). Die Grösse spezifischer Segmente ändert sich, es gibt z. B. immer mehr Senioren und immer weniger Jugendliche. Zudem entstehen neue Zielgruppen, wie z. B. ethnische Minderheiten. Weiter bewegen sich Individuen als hybride Käufer immer häufiger in mehreren Segmenten gleichzeitig oder wechseln ihre Zugehörigkeit je nach Lebenssituation. Die Prognosen über Kundenlebenszyklen sowie die Identifikation und Bearbeitung von interessanten Zielgruppen werden dadurch für Anbieter immer schwieriger. Bevor jedoch darauf weiter eingegangen wird, soll zunächst der Begriff der Community für die Zwecke des Marketing näher beschrieben werden. Der Begriff «Community» entspringt dem Lateinischen und lässt sich mit «soziale Gemeinschaft» übersetzen. Abgesehen von der Bezeichnung «virtuelle Communities» – Internetplattformen für Gruppen mit sehr spezifischen, gemeinsamen Interessen –, gibt es im Marketing keine allgemein gültige Defi- D nition. In der Praxis wird eine Community oft fälschlicherweise mit Zielgruppe oder Segment gleichgesetzt. Gemeinsame Werte und starkes Involvement Eine nähere Betrachtung des Konzeptes zeigt, dass diese Auslegung zu wenig weit geht. Es gibt sehr wohl Unterschiede zwischen «traditionellen», d. h. primär soziodemografischen (z. B. Jugendliche oder ältere Menschen), verhaltensorientierten (z. B. Intensivreisende) oder einstellungsbasierten (z. B. Kosmopoliten) Segmenten auf der einen und Communities auf der anderen Seite. Die wesentlichen Merkmale einer Community sind (Media in Res 2004; Schoberth, Schrott 2001; siehe auch Abbildung 1 auf Seite 22): Gemeinschaft von Personen: Im Vordergrund steht nicht das Individuum, sondern die Gruppe als solche, von deren Verhalten und Bedürfnisse sich Rückschlüsse auf den Einzelnen ziehen lassen. Dies kann z. B. bei Fangemeinschaften von Sportvereinen beobachtet werden. Die weltweit grösste Sportfachmesse «ispo summer 2005», die im Juli in München stattfindet, richtet sich z. B. neu auf «Special Communities» aus – neben verschiedenen anderen Communities spricht sie mit einem «Board Village» die Surfer-Gemeinschaft an (Pressetext a 2005). Verbindendes Element: Ein bestimmter Sachverhalt, eine spezifische io new management Nr. 7-8 | 2005 Community Marketing Wird eine Community als attraktiv für die eigene Firma eingeschätzt, gilt es die richtige Marketingstrategie zu finden. Neigung oder ein für diese Gruppe prägendes Merkmal – z. B. die gleiche Herkunft in der New Yorker Chinatown – steht als verbindendes Thema im Zentrum. Community-Mitglieder verfügen über ein überdurchschnittliches Wissen darüber und haben ein hohes Interesse daran. Eine verbindliche bzw. verbindende Art, über ein Thema zu kommunizieren: Gemeinsame Normen und Werte und eine gemeinsame Sprache regeln die Interaktion innerhalb der Gemeinschaft – u. a. zu beobachten bei Gebeten und Gesängen in der christlichen Kirche. Hohes Involvement: Das überdurchschnittliche Interesse und das starke Zusammengehörigkeitsgefühl fördern die emotionale Bindung an die Community. So fördern in Studentenverbindungen Rituale die Identifikation und grenzen gegen Aussenstehende ab. Gemeinsame Interaktionsplattform für den Meinungsaustausch: Es existiert eine Art gruppenspezifisches Raum-Zeit- io new management Nr. 7-8 | 2005 Gefüge, das es den Community-Mitgliedern ermöglicht, sich selbst als Teil der Gruppe wahrzunehmen. Erst der aktive Informations- und Meinungsaustausch und die intensive Pflege von Beziehungen lassen eine Gruppe zu einer echten Community werden, die «lebt» und sich ständig weiterentwickelt, wie die Harley-Davidson-Fahrer mit ihren legendären Treffen und der Harley Owners Group (www.hog.com). Attraktivität der Community muss evaluiert werden Aus Anbietersicht stellen Communities neue Zielgruppen dar, über deren Bearbeitung im Rahmen des strategischen Marketings zu entscheiden ist. Während zu Beginn die Nischen vor allem von neuen spezialisierten Anbietern erschlossen werden, besteht die Herausforderung für die Follower-Firmen darin, eine zusätzliche Zielgruppe zu bearbeiten, ohne das eigene Angebot zu strategy Illustration: Lorenz Meier stark zu differenzieren und damit das neue Geschäft unrentabel zu betreiben. Unternehmen müssen die Attraktivität einer Community evaluieren, um fundiert darüber zu entscheiden, ob gezielte Marktbearbeitungsmassnahmen realisiert werden sollen. Die folgenden Fragen können dazu eine Entscheidungsgrundlage liefern (siehe auch Abbildung 1 auf Seite 22): Sind die Communities genügend gross, d. h., überschreiten sie die kritische Grösse in Bezug auf das wertmässige Marktvolumen? Eine zu kleine Com- munity rechtfertigt keine eigenständige Bearbeitung mit einer eigenen Positionierung und einem ausgewählten Marketingmix. Kosten und Aufwand sind gemessen am Potenzial zu gross. Blic Evropa, das Boulevardblatt des Schweizer Verlagshauses Ringier für Serben im Ausland, avisiert beispielsweise das Marktpotenzial von rund 1 Million Serben in Europa, da das in der Schweiz erzielbare Volumen zu klein ist. 21 22 strategy Community Marketing Abb. 1: Besonderheiten von Communities Eine Community ist eine Gemeinschaft von Personen mit ... einem hohen Interesse an einem bestimmten Sachverhalt. gemeinsamen Normen und Werten. Ω einem starken Zusammengehörigkeitsgefühl. Ω einem aktiven Meinungsaustausch über eine Interaktionsplattform. Ω Ω Voraussetzungen für die differenzierte Bearbeitung einer Community Grundlegende Unterschiede zu anderen Zielgruppen oder Communities (Differenzierbarkeit). Ω Kritische Grösse und hohes Wachstumspotenzial (= hohe Attraktivität). Ω Einfache Erreichbarkeit. Ω Interne Fähigkeiten und Ressourcen stehen zur Verfügung. Ω Attraktive Wettbewerbsintensität. Ω Sind die Communities im Markt etabliert und welches Wachstumspotenzial weisen sie aus? Mit der Erschliessung einer neuen Community kann eine Firma eine Vorreiterrolle übernehmen. Gelingt dies nicht und ist die Gemeinschaft nicht genügend gefestigt, so ist das nötige Wachstum kaum zu realisieren und die entsprechende Marketingstrategie langfristig kaum erfolgreich. Sind die Communities (einfach) erreichbar? Wenngleich Communities oft relativ klein sind, müssen ihre Mitglieder über Vermarktungsmassnahmen mit den vorhandenen bzw. finanzierbaren Ressourcen erreichbar sein. Das Internet eignet sich besonders für die Bearbeitung von Communities; es ist gleichzeitig Interaktionsplattform für die Mitglieder als auch Kommunikationskanal vom Unternehmen zur Zielgruppe. Wie ausgeprägt ist der Wettbewerb um die Community? Es gibt zwei Grün- de, weshalb diese Frage zentral ist. Erstens sind die Zielgruppen häufig relativ klein und bieten damit nur für wenige Anbieter genügend Potenzial. Zweitens stellt man innerhalb einer Community oft eine hohe Skepsis gegenüber (neuen) Anbietern fest, was umgekehrt etablierte Anbieter von der hohen Markenloyalität profitieren lässt. Die Bergführer in der Schweiz schwören z. B. grösstenteils auf Seile von Mammut. Inwiefern unterscheiden sich die Communities? Passt die neu zu adres- sierende Community imagemässig zu den bisherigen Zielgruppen? Eine gleichzeitige Bearbeitung mehrerer Gruppen darf dabei nicht zu negativen Rückkoppelungen führen. Z. B. erfährt DaimlerChrylser in Deutschland regelmässig negative Rückwirkungen bei ihrer angestammten Klientel, wenn die türkische Community mit einer spezifischen Kampagne beworben wird. Entscheidet sich eine Firma für die Bearbeitung einer Community, geht es in einem zweiten Schritt um die Festlegung der Bearbeitungsstrategie und insbesondere um den Grad der Differenzierung (siehe Abbildung 2 auf der rechten Seite). Für die Bearbeitung der Community lassen sich drei verschiedene Strategien unterscheiden: 1. Konzentration auf eine Community: Spezialisierung 2. Eigenständige Positionierung innerhalb eines Gesamtangebotes mit eigenem Marketingmix 3. Eigenständige Positionierung innerhalb eines Gesamtangebotes, aber mit differenziertem Marketingmix 1. Konzentration auf eine Community: Spezialisierung Der Spezialist ist ein Nischenanbieter, der sich konsequent auf eine bestimmte Community konzentriert. Als Beispiel dazu dient Western Union: Der Sending Money Service richtet sich konsequent an im Ausland wohnende Personen, die ihren Angehörigen regelmässig Geld senden. Die Positionierung und der Marketingmix werden stets auf diese Kundengruppe ausgerichtet. Das schwul-lesbische Privatradio «BluRadio» (www.bluradio.de) wurde 2003 gegründet und war das erste dieser Art. Seit zwei Jahren behauptet sich der Sender erfolgreich im Radiomarkt Berlin/Brandenburg, mit rund 30 Sendern der am härtesten umkämpfte Deutschlands. Gesendet wird nur zu Zeiten, «wenn Schwule und Lesben am intensivsten leben», jeweils Freitag bis Sonntag von 20 bis 2 Uhr. Das Radio berichtet über Szene-Events des Abends und bietet Call-ins, Szene-News und Services rund um das schwul-lesbische Leben in Berlin. 2. Eigenständige Positionierung mit eigenem Marketingmix Auch diese Strategie sieht für eine Community ein spezifisches Positionierungskonzept mit einem eigenständigen Marketingmix vor. Der Unterschied liegt darin, dass das Unternehmen ein ebensolches für mehrere Kundengruppen realisiert. Voraussetzung dafür sind Differenzierbarkeit zwischen Communities, eine kritische Community-Grösse und einfache Erreichbarkeit. Gute Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung einer solchen Strategie sind Konzerne aus dem Kosmetikbereich, die Mitte der Neunzigerjahre mit Produkten für Frauen ab fünfzig – die bei weiterer Auslegung als Community gesehen werden können – auf den Markt gekommen sind. Vorreiter war Nivea mit «Nivea Vital», einer der ersten Nachahmer L'Oréal mit «Revitalift». Sämtliche Instrumente des Marketingmix werden konsequent auf diese Zielgruppe ausge- io new management Nr. 7-8 | 2005 Community Marketing richtet. Einzige Verbindung zum angestammten Geschäft ist der Markenname. 3. Eigenständige Positionierung mit differenziertem Marketingmix Etwas weniger weit geht die teilweise differenzierte Marktbearbeitung. Hier kann nach der Differenzierung über das Produkt und jener über die Kommunikation unterschieden werden. Beim Ansatz der Produktdifferenzierung werden zwar für einzelne Communities gezielt neue Produkte entwickelt, sämtliche weiteren Marketinginstrumente orientieren sich aber an der Hauptzielgruppe. Banken- und Versicherungen setzen besonders häufig – oft im Zusammenhang mit der Bearbeitung ethnischer Minderheiten – auf diesen Ansatz. So gewinnt z. B. der Markt für Islam-konforme Geldanlagen für westliche Banken zunehmend an Bedeutung. Die Commerzbank-Tochter Cominvest bietet seit fast fünf Jahren einen speziellen Fonds an, welcher der traditionellen islamischen Rechtsprechung, der Scharia, entspricht. Ein vergleichbares Angebot in Deutschland ist der «Norbia Global Equity Fonds» der UBS-Gruppe. Die Versuche von Ikea, schwule Zielgruppen zu bearbeiten, gehen über eine ausschliesslich spezifisch kommunikative Ansprache hinaus. In den vielerorts anzutreffenden Einrichtungsvorschlägen werden typische Wohnsituationen dieser Zielgruppe nachgestellt. Eine Filiale von Wal-Mart in Middlefield, Ohio, hat sogar eigens für die Community der Amish ein Zusatzangebot mit Pferdegeschirr für Kutschen, mit nicht-stromgetriebenen Haushaltgeräten oder Stoffen für die Anfertigung von Kleidern zu Hause ins Sortiment aufgenommen. Vom iPod von Apple wird behauptet, er spreche jede Community an, weil er im Prinzip nur die eine Hälfte des Produktes darstelle. Durch die unzähligen Variationsmöglichkeiten des Music Downloads werde er zum perfekten Produkt für alle und damit auch für jede Community. Obwohl der Marketingmix eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Differenzierung des Gesamtangebotes bieten würde, ist die Beschränkung auf die Mittel der Kommunikation am häufigsten anzutreffen. Das mag mit der einfachen Realisierbarkeit zusammenhängen. Erfolgsvoraussetzung ist der konsequent differenzierte Einsatz der Kommunikationsinstrumente, um negative Rückwirkungen auf die Kernzielgruppen zu verhindern. Die Strategie der Differenzierung der Kommunikation kommt häufig im Zusammenhang mit Ethno-Marketing zum Einsatz: Der Autokonzern General Motors lancierte im Juni 2004 eine neue Print-Anzeigen-Kampagne, die sich direkt an afro-amerikanische Kunden wendet. Ziel ist es, den grossen Einfluss der Afro-Amerikaner innerhalb von General Motors aufzuzeigen, um die Verbundenheit mit dieser Kundengruppe zu demonstrieren. Die Kampagne hat dazu beigetragen, dass General Motors heute strategy in den USA einen knapp 30-ProzentMarktanteil unter den schwarzen Autokäufern besitzt (Pressetext 2004). Auch die Mannesmann-Telefontochter Otelo setzt seit der Liberalisierung des Marktes auf Spezialkampagnen in Türkisch. Die Deutsche Telekom hat nachgezogen und versucht ihrerseits mit gezielten Massnahmen türkische Kunden zu binden (Turkischweb 2002). Einen weiteren Ansatz wählt der USAutomobilhersteller Ford: Er engagiert sich als Hauptsponsor bei einer im September beginnenden Gospel-MusikShow und folgt damit dem Trend, die religiösen Communities in Amerika als werberelevante Zielgruppen zu erkennen (Pressetext b 2005). Positiver «Word of Mouth»Effekt für Firmen Eine Besonderheit von Communities sind wie erwähnt die Interaktionsplattformen, über die sich Mitglieder austauschen, treffen, ihre Gemeinsamkeiten pflegen, kaufen, kritisieren, bewerten, empfehlen. Gelingt es einer Firma, für eine von ihr anvisierte Community eine Interaktionsplattform aufzubauen und zu betreiben, dann können ihr erhebliche Vorteile erwachsen: Sie besitzt einen kostengünstigen Kommunikationskanal zur Zielgruppe, erhält Cross-Selling-Möglichkeiten, ermöglicht die Öffnung der Plattform für Dritte und Partner und besitzt ein Marktforschungsinstrument. In vielen Fällen Abb. 2: Mit welchen Strategien Communities bearbeitet werden können Total differenzierte Marktbearbeitung Teilweise differenzierte Marktbearbeitung Ausschliessliche Bearbeitung einer Community Community als eine Zielgruppe unter anderen 1. Spezialisierung: «Nischenstrategie» 2. Eigenständige Positionierung und eigener Marketing-Mix innerhalb eines Gesamtangebotes 3. Angepasste Positionierung und Differenzierung über ausgewählte Elemente des Marketing-Mix Tiefe und Umfang der differenzierten Marktbearbeitung Unternehmen, die eine Nischenstrategie fahren, sprechen mit ihren Produkten und Dienstleistungen gezielt eine Community an. io new management Nr. 7-8 | 2005 23 24 strategy Community Marketing sind die Plattformen von Anbieterseite her initiiert (Stadien für Sportfans, Ausländerclubs, Kirchen etc.). Ist eine Firma in der Community etabliert, profitiert sie zudem von einem positiven «Word of Mouth»-Effekt. Oft ist der Zugang zur Community aber eine Gratwanderung, weil zu starke kommerzielle Interessen kontraproduktiv wirken und zu einer Abwehrhaltung führen können. Dass es aber erfolgreiche Wege gibt, zeigt folgendes Beispiel: Unilever hat Anfang 1999 mit dem Deodorant Axe nach neuen Wegen in der Marktbearbeitung gesucht, da mit klassischer Kommunikation die Marktposition nicht verbessert werden konnte. Axe begann fortan, Partys für eine sehr eng definierte Zielgruppe von jungen Partygängern – einer Community – zu organisieren. Diese Veranstaltungen fanden unter dem Namen VoodooNight statt und Axe beteiligte sich über spezifische Aktivitäten an diesen Anlässen. Schliesslich entwickelte Axe 2002 sogar eine Internetplattform für die Partybesucher. Die Neutralität des Veranstalters wurde sichergestellt und der Einsatz kommerzieller Zwecke blieb dezent. Nur so war eine hohe Akzeptanz der Community garantiert und die Marketingmassnahme hatte einen ausserordentlich hohen (finanziellen) Erfolg. Meist werden die Plattformen jedoch von neutraler Stelle betrieben oder entstehen auf Initiative der Community. Interessant wird in diesem Zusammenhang die Beobachtung der Entwicklung der M-Budget-Partys – der Billiglinie der Migros – sein, die ursprünglich als Versuch in Luzern gestartet und mittlerweile mit jeweils mehr als 4000 Gästen zu einem Riesenerfolg in der ganzen Schweiz geworden sind. An den Partys sind Softgetränke und Knabbersnacks gratis und der Eintritt kostet lediglich 9.90 Franken. Den Marketingverantwortlichen dürfte also die Verankerung ihrer preisorientierten Marke in der Community der Partygänger sehr gut gelingen. Zu wenig beachtetes Marketingthema Verfolgt ein Unternehmen Community Marketing, muss es unabhängig vom Differenzierungsgrad der Marktbearbeitung allfällige Anpassungen der Marketing-Infrastruktur in Betracht ziehen. So stellt sich z. B. bei einer Differenzierungsstrategie die Frage des Einsatzes eines Community Managers – in Analogie zum Segmentmanager, der für die erfolgreiche Bearbeitung einer Zielgruppe verantwortlich ist. Für die Marktforschung sind Interaktionsplattformen besonders interessante Instrumente, da sie neben der Funktion als Marktforschungsinstrument auch zur Marktbearbeitung eingesetzt werden können. Community Marketing gewinnt an Universitäres Nachdiplomstudium Weiterbildungsmanagement 2006–2008 4. Studiengang Der zweijährige berufsbegleitende Studiengang findet an der Universität Bern statt. Die Teilnehmenden sind leitende MitarbeiterInnen in Weiterbildungseinrichtungen und in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung. Start: 28. März 2006/Anmeldetermin: 30. September 2005 Universität Bern, Koordinationsstelle für Weiterbildung, Falkenplatz 16, 3012 Bern, Telefon 031 631 53 41, E-Mail: [email protected], www.weiterbildungsmanagement.ch Mit dem Weiterbildungsdiplom «Weiterbildungsmanagement» zum Weiterbildungsmaster: Master of Advanced Studies in Education and Management, Universität Bern (MAS EM): www.masterprogramm.ch Bedeutung. Dies ist sowohl auf die zunehmende Anzahl und die deutlichere Ausprägung von Communities als auch auf die in Zeiten von stagnierenden Märkten intensivere Suche nach neuen Chancen zurückzuführen. Communities sind auf der einen Seite attraktive Zielbereiche, da sie als homogene Gruppen mit hoher Loyalität im Marketing einfach zu adressieren sind. Andererseits sind sie aber oft kritische und anspruchsvolle Zielgruppen, die ein hohes Mass an Authentizität erfordern und deshalb in der Bearbeitung heikel und aufwändig sind. Wer Communities erfolgreich bearbeiten will, ist gut beraten, dabei die Chancen und Risiken genau abzuwägen und vor allem der Art und Weise der Differenzierung in Positionierung und Marketinginstrumenten eine hohe Bedeutung beizumessen. Konsequent verfolgt, bietet Community Marketing vielen Unternehmen neue Chancen, gerade auch weil es sich dabei um ein bisher (zu) wenig beachtetes Thema in den Marketingetagen handelt. Literatur Media in Res (2004): Hat jetzt jeder seine Lieblingsfarbe? Oder: Instrumente für die interaktive Community-Bildung. In: http://www.xmachina.de/ medias-in-res/0312/mediasinres0312.pdf Pressetext (2004): US-Autokonzern setzt verstärkt auf Minderheiten-Marketing. General Motors wollen unter Afro-Amerikanern mehr Autos verkaufen. In: http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=040810024 Pressetext a (2005): Grösste Sportfachmesse setzt auf Communities. Nordic Fitness auch dieses Jahr weiterhin ein grosses Thema. In: http://www.pressetext.ch/pte.mc?pte=050528002 Pressetext b (2005): Ford sponsert Gospel-Show. US-Trend: Religiöse Gruppen als werberelevante Zielgruppe. In: http://www.pressetext.ch/ pte.mc?pte=050415002 Schoberth, T.; Schrott, G. (2001): Virtual Communities. In: Wirtschaftsinformatik Jg. 43, Nr. 5. Vieweg Verlag. GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden. Tomczak, T. ; Koch, M. (2005): New Diversity. Herausforderungen und Lösungsansätze im Umgang mit der neuen Vielfalt. St. Gallen. Turkischweb (2002): Hosgeldiniz. Marketingexperten entdecken Deutschtürken. In: http://www.turkischweb.com/D-Migration/seite23_old.htm io new management Nr. 7-8 | 2005