Leseprobe - Kneipp Verlag Wien

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Bitterstoffe sind wahre Lebenselixiere
Sie sind in vielen Pflanzen enthalten, in Obst, Gemüse, Kräutern und einigen
Getreidesorten: Bitterstoffe stärken das gesamte Verdauungssystem – Magen,
Leber, Galle und Darm. Sie wirken stark basisch und sorgen für eine bessere
Aufnahme von Nährstoffen und Vitaminen. Eine Tasse bitterer Tee vor dem Essen
dämpft den Heißhunger auf Süßes, denn: Bitterstoffe wirken wie eine Essbremse.
Die Verbrennung der Fettzellen wird angekurbelt, das Abnehmen fällt leichter.
Der regelmäßige Genuss von Bitterpflanzen oder Bitterpflanzenauszügen kräftigt
aber auch das Immunsystem und klärt die Haut. Wer Artischocke, Löwenzahn,
Rucola & Co. in seinen täglichen Speiseplan aufnimmt, schenkt sich Energie und
Lebensfreude.
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Bitterstoffe – gute Begleiter durchs Leben
Geschichte und Theorie der Bitterstoffe
Schon seit Tausenden Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
Bittere Pflanzen im Porträt
Kleines Glossar der Bitterstoff-Nützlichkeiten
Vital und schlank mit
Bitterstoffen
Löwenzahn, Rucola, Grapefruit & Co
stärken das Immunsystem
regen die Verdauung an
helfen beim Abnehmen
BITTERSTOFFE SIND NATÜRLICHE FATBURNER
Christiane Holler gestaltete viele Sendungen
über Religion, Kultur- und Zeitgeschichte
für das Hörfunkprogramm des ORF.
Im Kneipp-Verlag hat sie bereits mehrere
Bücher zu Themen wie Fasten, Klosterküche,
Klostermedizin oder Kräuter veröffentlicht.
ISBN 978-3-7088-0649-5
ISBN 978-3-7088-0649-5
www.kneippverlag.com
www.facebook.com/KneippVerlagWien
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783708
806495
Christiane Holler
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Vital und schlank mit Bitterstoffen
Christiane Holler
47 BITTERE PFLANZEN
Inhalt
5 BITTERSTOFFE –
GUTE BEGLEITER DURCHS LEBEN
6 »Das Bittere«
8 Bitteres für Pflanze, Tier – und Mensch
11 Wie viele Geschmackrichtungen gibt es?
13 Iss Bitteres und du fühlst dich satt
15 Bitterstoffe –
eine Wohltat für die Verdauung
17 Bitterstoffe sind Basenspender
17 Bitteres als Jungbrunnen
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Von Andorn bis Wegwarte –
bitterstoffhaltige Pflanzen im Porträt
Andorn
Angelika – Engelwurz
Beifuß
Benediktenkraut
Bitterklee
Bockshornklee
Enzian – Gelber Enzian
Galgant
Hopfen
Kalmuswurzel
Kardamom
Kurkuma
Löwenzahn
Mariendistel
Salbei
Schafgarbe
Tausendguldenkraut
Wegwarte
Wermut
Wilde Karde
Drei »bittere Bäume«
Die Exoten unter den Bitterpflanzen
21 Bitterstoffe für alle und alles
89 Besonders reich an Bitterstoffen:
Wildpflanzen
23 GESCHICHTE UND THEORIE
96 Kräuter und Gewürze –
Bitteres Tag für Tag
DER BITTERSTOFFE
24 Eine kleine Bitterstoff-Geschichte
31 Eine kleine Bitterstoff-Theorie
35 SEIT TAUSENDEN VON JAHREN:
BITTERSTOFFE IN DER HEILKUNDE
36 Ayurveda
36 Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)
37 Tibetische Medizin
38 Traditionelle Europäische Medizin/
Heilkunde (TEM oder TEH)
105 Bitterstoffe in Gemüse,
Früchten und Körnern
105 Das Gemüse ...
112 Die Früchte ...
115 Die Körner ...
117 Bittere Pflanzen
zum Trinken und Naschen
117 Getränke voller Bitterstoffe
120 Bitteres für Feinschmecker
121 KLEINES GLOSSAR
40 Hildegard von Bingen
127 ANHANG: Bezugsquellen
und die bitteren Heilpflanzen
DER BITTERSTOFF-NÜTZLICHKEITEN
Bitterstoffe – gute Begleiter durchs Leben
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SEIT TAUSENDEN VON JAHREN:
BITTERSTOFFE
IN DER HEILKUNDE
Seit Tausenden von Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
36
Ayurveda
Die traditionelle indische Heilkunst Ayurveda ist an die fünftausend Jahre alt und gilt als das älteste
medizinische System der Welt. Bis heute wird sie in Indien, Sri Lanka und Nepal gelebt. Wie in
allen großen alten Gesundheitslehren geht man auch im Ayurveda von der Einheit des Menschen
aus: Wenn sich Körper, Geist und Seele miteinander in Harmonie befinden, ist der Mensch gesund.
Eine Störung dieser Harmonie kann aus dem Menschen selbst kommen, aber auch von äußeren
Einflüssen herrühren. Heute gehören viele schädliche Umwelteinflüsse wie z. B. der Einsatz von
Insektiziden und Herbiziden, die Umweltverschmutzung allgemein oder Probleme mit sauberem
Trinkwasser zu den Verursachern dieser Störungen. Ayurvedische Ärzte helfen dem Patienten, die
große Einheit, die Harmonie wiederzuerlangen.
Fünftausend Pflanzen sollen es insgesamt sein, die im Ayurveda zur Heilung eingesetzt wer­
den, und ein großer Teil dieser Pflanzen enthält Herb- und Bitterstoffe.
Ayurveda bedeutet: »Das Wissen von einem
langen, gesunden Leben«. In den Veden, den
heiligen Schriften, wird von Heilungen berichtet
und auch von chirurgischen Eingriffen, sogar von
Augenoperationen. Die Veden wurden vor mehr
als dreitausend Jahren aufgezeichnet.
Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)
Die chinesische Heilkunde ist sehr alt, bereits vor mehr als zweitausend Jahren wurde damit
begonnen, das Heilwissen und die gewonnenen Erfahrungen aufzuschreiben. Von China
ausgehend hat diese Lehre den ganzen ostasiatischen Raum erobert. Die Harmonie zwischen
Körper, Geist und Seele und die ungestört fließende Lebensenergie sind Grundpfeiler der TCM. Nie
wird ein Organ für sich behandelt, immer der Mensch in seiner Ganzheit, im Gleichgewicht von Yin
und Yang, den weiblichen und männlichen Energien. Ein wichtiger Punkt in der TCM ist auch die
Naturbeobachtung aus dem Weltbild des Daoismus (auch: Taoismus) und der Gedanke, eins mit
dem Universum zu sein.
Seit Tausenden von Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
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Basis für die Behandlung ist der Einsatz von pflanzlichen Arzneien – Kräutern, Kräuterauszügen,
Essenzen. Bitterpflanzen zählen dabei zu den wichtigsten Heilkräutern. Für den westlichen
Geschmack werden sie mit anderen Kräutern kombiniert, um die Tees bekömmlicher zu machen. In
den Heimatgebieten der TCM trinkt man die Arzneitees wirklich sehr bitter. Der bittere Geschmack
wird in der TCM allgemein dem Herzen und dem Dünndarm zugeordnet.
Die TCM nennt den Menschen einen »Verdau­
ungsschwächling«. »Die Kraft des Feuers muss
die Speisen aufschließen, damit sie verdaut
werden können« – Nahrungsmittel sollen laut
TCM also gekocht werden. Bitterpflanzen helfen,
das Verdauungssystem zu stärken.
Tibetische Medizin
Von der Tibetischen Medizin weiß man seit über zweitausendfünfhundert Jahren. Alte
schamanische Traditionen sind ihre Basis, später kam der Einfluss des Buddhismus dazu, in ihm ist
die Tibetische Medizin tief verwurzelt. Enge Verbindungen gibt es zum Ayurveda, buddhistische
Mönche haben diese Heilkunst einst nach Tibet gebracht. Im 8. Jahrhundert war der tibetische
Königshof ein Treffpunkt für Mediziner. Heilkundige verschiedenster Länder und Kulturen
tauschten dort ihr medizinisches Wissen aus, darunter Ärzte aus China, Indien, Persien und der
Mongolei. Die Heiler Tibets haben vieles aus den verschiedensten Lehren angenommen und
weiterentwickelt. Bis heute steht für den tibetischen Arzt der Mensch in seiner Ganzheit im
Mittelpunkt: Jeder Mensch ist eine Einheit aus Körper, Geist und Seele, eng verbunden mit seiner
Umwelt, der Gesellschaft und vor allem der Natur. Lebendig sein, eins sein mit sich, mit den
Elementen, mit dem Universum, das ist das Ziel, das es zu erreichen gilt – auf dass die Energieflüsse
ungehindert strömen können. Wie im Ayurveda gibt es auch in der Tibetischen Medizin sechs
Geschmacksrichtungen, dem bitteren Geschmack wird die stärkste Heilkraft zugeschrieben.
Bitteres nimmt die Hitze, heilt Verdauungsbeschwerden, wirkt entgiftend auf Leib und Seele und
lindert die Angst. Im Übermaß genossen, so sagen die Tibeter, kann das Bittere aber auch den
Körper schwächen und Gewichtsverlust, Kopfschmerzen und Kreislaufprobleme verursachen.
Seit Tausenden von Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
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Im 17. Jahrhundert regierte in Tibet das erste geistliche
Oberhaupt, der fünfte Dalai Lama. Sein großes Interesse
galt der Heilkunde und so begann eine Blütezeit der
Tibetischen Medizin. Tibetische Ärzte wurden welt­
be­
rühmt. Im Jahr 1860 forderte der russische Zar die Hilfe
eines tibetischen Heilers ein, um eine Typhusepidemie
einzudämmen. Dieser Mönch lebte in Sibirien, hatte
tibetische Wurzeln und soll den Grundstock für das
in Europa berühmteste tibetische Arzneimittel gelegt
haben: Padma 28 (auch: Padma basic). Es wird heute in
der Schweiz hergestellt, die »tibetischen Kräuter« dafür
wachsen ebenfalls in der Schweiz. Padma 28 besteht aus
28 Heilpflanzen, wirkt vor allem entzündungshemmend
und gilt als großer Schutz für die Zellen. Viele Herb- und
Bitterstoffe sind in dieser Arznei enthalten.
Traditionelle Europäische Medizin/Heilkunde
(TEM oder TEH)
Der große Trend zu fernöstlichen Gesundheitslehren hat die heimischen Kräuterexperten
nachdenklich gemacht. Und so besann man sich der Traditionellen Europäischen Medizin und
gab ihr – angelehnt an die TCM – auch ein Kürzel: TEM oder TEH (für Traditionelle Europäische
Heilkunde).
Auch in Europa hat man ein großes Heil- und Kräuterwissen, volksmedizinische Traditionen
und wunderbar wirksame Arzneipflanzen. Dieses Wissen wurde allerdings jahrzehntelang wenig
beachtet. Die moderne Medizin mit ihren Apparaten, Labors und chemischen Medikamenten hat
vieles verdrängt. Wer sich mit Kräutern beschäftigte, wurde belächelt, Kräutermedizin dem Land
der Fabeln zugeordnet und die große Heilkraft der Pflanzen mit der geringschätzigen Bemerkung
»Hilft es auch nichts, so schadet es wenigstens nicht« abgetan.
In den letzten Jahren hat sich die Einstellung vieler Menschen aber verändert. Heilpflanzen und
deren Wirkung sind wieder ein wichtiges Thema geworden – spät, aber nicht zu spät: Es gibt noch
Seit Tausenden von Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
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Kräuterfrauen und -männer, die mit dem alten Kräuterwissen aufwachsen durften, auch wenn
dieses Wissen in den meisten Familien verloren gegangen ist. Wer heute an der europäischen
Heilkräutertradition interessiert ist, hat viele Möglichkeiten, sich dieses Wissen anzueignen: Bei
Kräuterwanderungen und in Workshops, Büchern, Zeitungsartikeln und nicht zuletzt auch im
Internet wird die Volksmedizin neu entdeckt.
Es gibt auch wieder praktische Ärzte, die ihren Patienten raten, zu einer guten Teemischung
aus der Apotheke zu greifen, bei Husten zu Thymiantee, bei Schlafschwierigkeiten zu einer Tasse
Hopfentee. Während zum Beispiel in China oder auch im größten Teil Russlands Volksmedizin
und Schulmedizin neben- und miteinander existieren, war dies in Mitteleuropa viele Jahrzehnte
verpönt. Erst langsam darf ein »Nebeneinander« entstehen, bis zum »Miteinander« ist es noch ein
weiter Weg.
Die Europäische Kräutermedizin hat viele Wurzeln
Das europäische Heilkräuterwissen ist stark von der Tradition der Kelten geprägt.
Großen Einfluss hatten später auch Hildegard von Bingen, Paracelsus, Pfarrer Sebastian
Kneipp und der Schweizer Kräuterpfarrer Künzle. Auch Henri Leclerc (der Begründer
der Phytotherapie), Jean-Marie Pelt (Botaniker und Pharmakologe), die Kräuterfrau Maria
Treben, der Waldviertler Kräuterpfarrer Weidinger und der Ethnobotaniker Wolf-Dieter
Storl waren und sind bedeutende Impulsgeber – wobei diese Auswahl nur ein kleiner Teil
aus einer langen Liste von Frauen und Männern ist, die ihr Leben lang auf die heilende Kraft
der Pflanzen vertraut haben. Neben dem Wissen um Pflanzen und Pflanzenmedizin ist ihnen
noch eines gemeinsam: der große Respekt vor allem, was die Natur uns schenkt, und die
Bereitschaft, sich in einen tiefen und meditativen Dialog mit einer Heilpflanze zu begeben.
Seit Tausenden von Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
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Hildegard von Bingen und die bitteren Heilpflanzen
Eine Kräutermedizin aus dem Hochmittelalter
Hildegard von Bingen (1098 – 1179) war Benediktiner­
nonne, Naturforscherin, Heilkundige und Äbtissin des
Klosters Rupertsberg bei Bingen am Rhein. Als umfassend
interessierte und gebildete Frau agierte sie aber auch als
Dichterin, Komponistin, Universalgelehrte und Mystikerin.
Bis heute berühmt ist sie für ihr reiches Wissen um die
Natur, vor allem um die Heilpflanzen und deren segens­
reiche Wirkung. Zu ihrer Zeit wurde sie »Meisterin der
Heilkunde« genannt.
Es gibt Mediziner, die es für gewagt halten, heute von einer Hildegard-Medizin zu sprechen. Ein
»kühnes Unterfangen« sei das, denn die Methoden der Hildegard hätten keine Gültigkeit mehr.
Und dann wiederum gibt es Ärzte, die sich sehr stark an den Schriften der Hildegard von Bingen
orientieren. Der wichtigste und bekannteste war Dr. Gottfried Hertzka (1913 – 1997) aus Bad
Gastein, der erste moderne Mediziner, der sich mit Begeisterung und Bedingungslosigkeit an die
Erforschung und Erprobung der medizinischen Anleitungen dieser heilkundigen Frau gemacht
hat. Fünfhundert Heilmittel hat Dr. Hertzka für seine »Hildegard-Apotheke« – so hat er sein Buch
genannt – gefunden. Die Rezepte hat er alle ausprobiert und geprüft, in eine moderne Sprache
übertragen, zum Teil auch angepasst an heutige Bedingungen und mit klugen Kommentaren
versehen.
Hildegard von Bingen – eine Ganzheitsmedizinerin
In der Hildegard-Medizin geht es immer um den Menschen in seiner Ganzheit. Um Leib und
Seele, um die Verbindung zur Welt und zur Umwelt, um das ganze Sein. Die Seele ist das
Zentrum der Gesundheit. Sie gilt es zu stärken.
Seit Tausenden von Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
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Hildegards Klosterapotheke
In Hildegards Klosterapotheke finden sich Heilkräuter, Blumen, Gemüse- und Gewürzpflanzen, so,
wie sie auch im Klostergarten in schöner Eintracht wachsen. Der Fenchel gehört dazu, der Kümmel,
die Quitte, die Petersilie, die Ringelblume, der Beifuß – all diese Pflanzen beinhalten Bitterstoffe.
Hildegard hat den Themen Ausleitung, Reinigung und Verdauung großes Augenmerk geschenkt
und daher viele Bitterpflanzen eingesetzt, ihre Kräuterelixiere und Kräutermischpulver enthalten
vor allem Bitterstoffe. So empfiehlt sie ein Bärwurzpulver zur inneren Reinigung, Galgantwein
als pflanzliches Schmerzmittel und für den täglichen Gebrauch eine Fenchelmischung (SivesanPulver) – sie regt Stoffwechsel und Kreislauf an und stärkt den ganzen Organismus. Stets wird
auf die reinigende und heilende Kraft der Pflanzen hingewiesen, auf deren blutbildende und
verdauungsfördernde Wirkung. Unter dem Namen Hildegard-Medizin werden etliche dieser
Kräuterprodukte in Apotheke, Reformladen und Kräuterdrogerie angeboten.
»Der Körper wird von innen heraus geheilt und gereinigt.« Hildegard von Bingen
REZEPT FÜR BIRNENHONIG
(bei Hildegard heißt das »Latwerg«, also gekochtes Mus)
Zutaten: 500 g vollreife Birnen, zwei Esslöffel Bärwurzmischpulver, ein Esslöffel Honig.
Das Bärwurzmischpulver ist im Fachhandel erhältlich. Es besteht aus 30 g Bärwurzpulver,
30 g Galgantpulver, 20 g Süßholzpulver, 15 g Bohnenkrautpulver (Pulver heißt: sehr
fein gemahlene Kräuter).
Zubereitung: Birnen schälen, Kerne entfernen, Birnen in einen Topf mit Wasser
geben (sie sollen gut bedeckt sein) und ganz weich kochen. Zudecken, etwa zehn
Minuten nachziehen lassen. Wasser abgießen, die gekochten Birnen pürieren. In das
Birnenpüree zwei Esslöffel vom Kräuterpulver einrühren. Danach die Mischung noch
einmal erhitzen, kurz aufkochen. Ein wenig abkühlen lassen, den Esslöffel Honig
unterrühren.
Von diesem Birnenhonig nimmt man morgens einen Kaffeelöffel auf nüchternen Magen,
mittags einen Esslöffel nach dem Essen und abends drei Esslöffel. Die Hildegard-Medizin empfiehlt
den Birnenhonig besonders bei Migräne. Der Brei entgiftet den Darm, das wirkt entspannend und
erleichtert auch bei Kopfschmerzen. Die Ausscheidungen haben anfangs oft einen üblen Geruch
– ein Zeichen der Entgiftung.
Seit Tausenden von Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
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»Das ist das beste Latwerg und wertvoller als Gold … weil es die Migräne
beseitigt … Außerdem verzehrt es alle schlechten Säfte, die im Menschen
sind, und den Menschen reinigt es so, wie ein Gefäß von Schmutz gereinigt
wird.« Hildegard von Bingen
Fenchelmischpulver (Sivesan-Pulver)
Dieses Pulver ist im Fachhandel erhältlich. Es besteht aus Fenchel, Galgant, Diptam und
Habichtskraut. Eine Stunde nach dem Mittagessen gibt man zwei bis drei Messerspitzen vom
Pulver in ein Likörglas mit warmem Wein und trinkt das. Dr. Hertzka, der berühmte Hildegard-Arzt,
nennt dieses Pulver ein »Universalmittel für alle gefährdeten Manager unserer Zeit«. Es verbessert
Stoffwechsel und Kreislauf und wird Herzinfarktpatienten wärmstens empfohlen. Auch stärkt es
all jene, die nach überstandener Krankheit wieder auf die Beine kommen wollen.
Wermutwein
REZEPT FÜR
GALGANTWEIN
Zutaten: ein Viertelliter
guter, trockener Rot­
wein, ein Teelöffel
der getrockneten, zer­
kleinerten Galgantwurzel.
Zubereitung: Rotwein
und Galgant erhitzen,
etwa fünf Minuten
auf kleinster Flamme
kochen. Noch warm
schluckweise trinken.
Galgantwein ist ein gutes
Schmerzmittel, er hilft vor
allem bei rheumatischen
Schmerzen, ist ein
richtiger »Medizinalwein«
und schmeckt recht
bitter.
Für den Wermutwein muss der Saft der Pflanze im
Frühling, »wenn der Wermut frisch grünt«, gewonnen
werden. Der Wein wird mit Honig aufgekocht, dann
gießt man den Pflanzensaft dazu.
Wermutwein wird im Rahmen der HildegardMedizin im Handel angeboten und sollte besser
gekauft werden. Von Mai bis Oktober wird er morgens
getrunken: jeden dritten Tag ein Likörglas voll auf
nüchternen Magen. Das wirkt anregend auf das
gesamte Verdauungssystem, stärkt das Herz und das
Immunsystem. Die Augen werden klar, die Seele wird
heiter.
Über das Wermutelexier: »Es beseitigt
in dir die Nierenschwäche und die
Melancholie und klärt deine Augen
und stärkt dein Herz und lässt nicht
zu, dass deine Lunge krank wird. Es
wärmt den Magen (Darm) und reinigt
die Eingeweide und bereitet eine gute
Verdauung.« Hildegard von Bingen
Seit Tausenden von Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
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Heilkräuter gegen die Traurigkeit
Schon im Hochmittelalter gab es sie, die »schreckliche Melancholia« – Depression würde man
heute wohl sagen. Hildegard vergleicht diese Stimmung mit dem Rhythmus des Jahres: Wenn
ein Mensch an »Melancholia« leidet, ist es in seinem Inneren Herbst und Winter. Kälte und
Trockenheit breiten sich aus und auch die Traurigkeit. Hier gilt es, für Mittel zu sorgen, die Wärme
und Feuchtigkeit fördern. Daher soll man den Speisen reichlich Ysop beimengen, das wirkt
reinigend und macht die Leber lebendig. Auch das Veilchen kann diese Traurigkeit vertreiben.
Veilchenelixier
Aus frischen Veilchen, Galgantpulver, Süßholzwurzel und Weißwein wird ein Elixier bereitet. Es
wirkt reinigend, anregend, stärkt Verdauung und Organismus und macht »ein frohes Herz«.
Veilchenelixier ist im Handel erhältlich. Man kann es zwar selbst herstellen, es ist aber nicht
lange haltbar und könnte nur kurze Zeit – zur Veilchenblüte – verwendet werden.
Das heilende Prinzip liegt im Menschen selbst. Man muss ausgleichen,
damit das Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Hildegard von Bingen
Bitterpflanzen aus Hildegards Apotheke
In ihren umfassenden Aufzeichnungen schreibt Hildegard sehr viel über Bitterpflanzen – allerdings
nennt sie sie nicht so. Meist beschreibt sie diese Pflanzen als »warm« und »trocken«, selten als
»heiß«. Auffallend ist hier die Ähnlichkeit zur TCM, der Traditionellen Chinesischen Medizin, und
zur indischen Gesundheitslehre Ayurveda. Dort werden Bitterpflanzen als »austrocknend« und
»wärmend« bezeichnet. Eine Pflanze, die dem Organismus Wärme und Trockenheit schenkt,
entfacht das Verdauungsfeuer und nimmt die Entzündungen.
Seit Tausenden von Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
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Hildegards Medizin fußt auf der »Viersäftelehre« des Claudius Galenus von Pergamon.
Galen, so wurde er genannt, war im 2. Jahrhundert der Leibarzt des römischen Kaisers Marc
Aurel. Er fasste das medizinische Wissen seiner Zeit zusammen und sagte:
»Vier Säfte sind im menschlichen Körper wirksam und diese Säfte müssen im Gleichgewicht
sein.Aufgabe der Ärzte ist es, jeglichem Ungleichgewicht entgegenzuarbeiten. Dieses geschieht
vor allem durch Kräutergaben und die richtige Ernährung.«
Jeder dieser vier Säfte hat besondere Eigenschaften, jeder entspricht einem der vier Elemente
– Erde, Wasser, Luft und Feuer. Weiters entsprechen die vier Säfte den vier Jahreszeiten und
den vier Phasen eines Menschenlebens.
Luft – warm und feucht (Frühling) – Kindheit
Erde – kalt und trocken (Sommer) – junger Mensch
Feuer – warm und trocken (Herbst) – Erwachsener
Wasser – kalt und feucht (Winter) – Greisenalter (und Baby)
Sind nun die Elemente – die Säfte – im Ungleichgewicht, wird durch Kräuter ausgeglichen.
»Trockene« Kräuter nehmen die Feuchtigkeit, »warme« die Kälte.
Dem Element Feuer werden die warmen, trockenen Körpersäfte zugeordnet. Im Winter
muss das Feuer oft besonders entfacht werden, auch im Alter.
Um das Feuer, speziell das Verdauungsfeuer zu entzünden, bekommt der Patient bittere
Kräuter verordnet – bei Galen wie bei Hildegard und auch bei Pfarrer Kneipp, im Ayurveda
wie in der TCM. Alte Heiltraditionen aus verschiedenen Teilen dieser Erde befinden sich hier
im Einklang miteinander.
Bitterpflanzen, die in Hildegards Rezepturen oft zu finden sind
Beifuß
Eine Heilpflanze für den Magen-Darm-Bereich, speziell für den
empfindlichen Magen, ist der Beifuß. Hildegard empfiehlt, ihn
als Gewürz bei allen Speisen mitzukochen, ganz besonders
bei schweren und fetten Gerichten, denn er »heilt kranke
Eingeweide und erwärmt den kranken Magen.«
Seit Tausenden von Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
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Bertram
Die Pflanze ist ein Universalkraut für den Verdauungsbereich.
Pulverisiert passt sie in alle Speisen, sowohl in den morgend­
lichen Frühstücksbrei als auch in Deftiges. Hildegard sagt
dazu: »Einem gesunden Menschen ist es gut, Bertram zu
essen, weil er Gewebswasser in ihm vermindert und das
gute Blut vermehrt … Einen Kranken, der körperlich fast ganz
heruntergekommen ist, bringt er zu Kräften.«
Galgant
Eine Heilpflanze bei jeglicher Schwäche, körperlicher wie geistiger, ist der Galgant. Wer unter
Krämpfen leidet, sollte stets ein paar Galganttabletten bei sich tragen, es gibt kaum ein besseres
krampflösendes Mittel. Galgant unter die Zunge legen, zergehen lassen, das schmeckt sehr
pfeffrig und hilft wunderbar. Wer will, kann auch Wasser nachtrinken. Sogar bei Herzproblemen
wird Galgant empfohlen. Hildegard sagt dazu: »Wer im Herzen Schmerzen leidet und wem von
Seiten des Herzens ein Schwächeanfall droht, der esse sogleich eine hinreichende Menge Galgant,
und es wird ihm besser gehen.«
Die Hildegard-Apotheke bietet Galganthonig und eine Galgant-Honig-Mischung
an. Auch Quitten-Galgant-Konfekt gibt es. Diese Produkte wirken sehr gut und sind
angenehm einzunehmen. Es gibt sie in speziellen Reformhäusern zu kaufen.
Ingwer
Bei Verdauungsstörungen hilft der Ingwer, weil er krampflösend und antibakteriell wirkt.
Hildegard empfiehlt ihn vor allem jenen, die zunehmen sollten: »Wenn jemand am Körper dürr
geworden und schon beinahe hinschwindet …« Trotz der vielen guten Wirkstoffe steht Hildegard
dieser Pflanze nicht vorbehaltlos gegenüber, Ingwer essen schade einem »gesunden und fetten
Menschen, weil er unkonzentriert, vergesslich, täppisch und lasziv macht.«
Mariendistel
Die überaus geschätzte Pflanze für die Leber empfiehlt Hildegard bei jeglichem »Stechen« – im
Herzen, in der Leber, den Gliedern, auch bei »Seitenstechen«. Besonders die Mischung mit Salbei
ist hilfreich: »Mariendistel und etwas weniger Salbei in etwas Wasser zu Saft machen … und
trinken.«
Seit Tausenden von Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
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Quendel (Wilder Thymian)
Eine Heilpflanze gegen viele Hautleiden ist der Quendel. Er passt zu Fisch, Fleisch, Gemüse, Getreide
und in Suppen – sollte allerdings gekocht werden. Wenn man reichlich mit Quendel würzt, dann
wird, so Hildegard, »das Gewebe des Körpers von innen heraus geheilt und gereinigt.«
Salbei
Die reinigende, entzündungshemmende Kraft des Salbeis empfiehlt Hildegard oft: für den Magen,
bei Blasenleiden, bei Rheuma und überhaupt bei allen »schädlichen Säften«. Salbei ist »nützlich
gegen die Schwachsäfte, weil Salbei trocken ist«. Er soll roh und gekocht gegessen werden. Ge­
trockneten feingehackten Salbei isst man »auf Brot«, das wirkt reinigend.
Wermut
Diese stark bittere Pflanze empfiehlt Hildegard zur Linderung verschiedenster Schmerzen, zum
Beispiel gegen Kopfschmerzen, rheumatische Beschwerden und Bronchitis. Hildegard arbeitet
oft mit Wermutsaft, »auch den Kopf soll man mit diesem einreiben.« Mit Wermutöl hingegen
reibt man die vom Husten schmerzende Brust ein. Der Wermut, so Hildegard, »heilt innerlich und
äußerlich.«
Ysop
Die Pflanze ist reich an Gerb- und Bitterstoffen. Sie wirkt reinigend, entzündungshemmend und
zusammenziehend. Hildegard empfiehlt den Ysop bei Leber- und Lungenleiden, besonders aber bei
Traurigkeit, also bei Depressionen. Ysop sollte oft als Küchengewürz eingesetzt werden, auch im
Wein ist er zu empfehlen. Zur Stärkung von Leber und Lunge empfiehlt Hildegard eine Mischung
aus Süßholz, Zimtrinde, Fenchel und Ysop. Daraus wird ein Elixier bereitet, dick eingekocht und
neun Tage und neun Nächte in der Erde vergraben. Dann soll man: »reichlich davon trinken«.
Die Hildegard-Medizin empfiehlt, Bitterpflanzen in der Küche zu verwenden, zur
Bereicherung der alltäglichen Nahrung. Zu diesen Hildegard-Gewürzen zählen neben
den bereits genannten zählen zu diesen Hildegard-Gewürzen Bohnenkraut, Dille,
Melisse, Muskatnuss, Mutterkümmel (Kreuzkümmel), Odermennig, Ringelblume
und Zimt.
Bitterstoffe sind wahre Lebenselixiere
Sie sind in vielen Pflanzen enthalten, in Obst, Gemüse, Kräutern und einigen
Getreidesorten: Bitterstoffe stärken das gesamte Verdauungssystem – Magen,
Leber, Galle und Darm. Sie wirken stark basisch und sorgen für eine bessere
Aufnahme von Nährstoffen und Vitaminen. Eine Tasse bitterer Tee vor dem Essen
dämpft den Heißhunger auf Süßes, denn: Bitterstoffe wirken wie eine Essbremse.
Die Verbrennung der Fettzellen wird angekurbelt, das Abnehmen fällt leichter.
Der regelmäßige Genuss von Bitterpflanzen oder Bitterpflanzenauszügen kräftigt
aber auch das Immunsystem und klärt die Haut. Wer Artischocke, Löwenzahn,
Rucola & Co. in seinen täglichen Speiseplan aufnimmt, schenkt sich Energie und
Lebensfreude.
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Bitterstoffe – gute Begleiter durchs Leben
Geschichte und Theorie der Bitterstoffe
Schon seit Tausenden Jahren: Bitterstoffe in der Heilkunde
Bittere Pflanzen im Porträt
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Vital und schlank mit
Bitterstoffen
Löwenzahn, Rucola, Grapefruit & Co
stärken das Immunsystem
regen die Verdauung an
helfen beim Abnehmen
BITTERSTOFFE SIND NATÜRLICHE FATBURNER
Christiane Holler gestaltete viele Sendungen
über Religion, Kultur- und Zeitgeschichte
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Bücher zu Themen wie Fasten, Klosterküche,
Klostermedizin oder Kräuter veröffentlicht.
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