30. MÄRZ 2015 Wie in Südtirol das Holz „fließt“ Sommer Forschungszentrum in Südtirol untersucht erstmals die Hintergründe der Holzwirtschaft des Landes – und analysiert dabei das einzigartige Netz der Südtiroler Fernheizwerke Im Südtiroler Pustertal liegen – knapp 30 Kilometer voneinander entfernt – zwei Fernheizwerke, die zu den größten ihrer Art in Europa zählen: Die Anlage in Bruneck versorgt an die 4000 Haushalte und Betriebe mit Wärme, die Anlage in Toblach hat rund 1000 Abnehmer. Waren früher unzählige private Öltanks, Gasöfen und Holzherde im Einsatz, um für wohlige Wärme zu sorgen, läuft die Versorgung jetzt über zwei kilometerlange Leitungsnetze, die in die Heizzentralen von Bruneck und Toblach münden. An kalten Tagen werden dort rund 2000 Schüttraummeter – etwa 26 LKWLadungen – Biomasse verheizt. Jetzt hat das Südtiroler Unternehmen „TIS innovation park“ in einer groß angelegten Studie erstmals die „Holzströme“ in Südtirol untersucht und dabei auch den Sektor der Fernheizwerke analysiert. Woher kommt die Biomasse, die verfeuert wird? Woraus setzt sie sich zusammen? Und wie viel Prozent des Holzaufkommens im Land macht sie aus? Bisher war nur bekannt, wie viel Energie in Südtirol aus Biomasse erzeugt wird. Mit 72 Fernheizwerken in 116 Gemeinden verfügt Südtirol über das dichteste Versorgungsnetz dieser Art in Europa. Der jährliche Holzverbrauch der Südtiroler Fernheizwerke liegt bei 527.000 Kubikmetern – etwa die Hälfte des Holzes, das aus den heimischen Wäldern geholt werden kann. Rund 60% der verheizten Biomasse sind Hackgut, 12% sind Rinde. Beides fällt bei der Arbeit in den Sägewerken als Nebenprodukt an. 24% der benötigten Biomasse kommen als Rundholz direkt aus dem Wald. Während das Rundholz zur Gänze aus Südtirol stammt, sind es beim Hackgut rund 60%. Der Rest wird aus Österreich und den umliegenden italienischen Provinzen importiert. Vor der Einführung der Fernwärmeanlage wurden in Bruneck mehr als 14 Millionen Liter Heizöl pro Jahr für Heizung und Warmwasser benötigt – das entspricht einem CO2-Ausstoß von rund 30.000 Tonnen. Die Beheizung mit Biomasse gilt als klimaneutral. Nicht nur die Umwelt, auch die Verbraucher profitieren vom neuen System: Die Kunden des Fernheizwerkes in Toblach, das in der TIS-Studie als Beispielbetrieb herangezogen wurde, sparen im Vergleich zum Heizöl jährlich rund vier Millionen Euro. Kontakt: TIS-Innovation Park Projekt „Foropa“ Christoph Mühlberg und Michael Stauder Tel. +39 0471 068 012 und +39 0471 068 308 [email protected] [email protected] Holzströme in Südtirol Biomasse in Südtirol Gut zu wissen: Wie Fernwärme funktioniert Das Leitungsnetz einer Fernwärmeanlage besteht aus zwei isolierten Rohren – dem Vor- und dem Rücklauf. Der Vorlauf befördert das Heißwasser zu den Kunden. Dort wird die Wärme über eine Wärmeübergabestation an die bestehende Heizungsanlage übertragen und anschließend im Haushalt verteilt. Die Regelung der gewünschten Temperatur erfolgt vollautomatisch. Daten & Fakten zum Fernheizwerk von Bruneck: Baubeginn: Frühjahr 2001 (Errichtung des Biomasse-Fernheizwerkes, Verlegung der ersten Leitungen des Fernwärmeverteilungsnetzes) Versorgung der ersten Kunden mit Fernwärme: Dezember 2001 Versorgungsgebiet: Bruneck (Stadt und Fraktionen), Percha, Gais Beteiligung potentieller Kunden: 95% jährliche Wärmeerzeugung: 165.000.000 kWh gesamte Trassenlänge von Vor- und Rücklauf: ca. 260 Kilometer; Temperatur Wasser Vorlauf: 95°C; Temperatur Wasser Rücklauf: 50°C 4 Biomassekessel (davon 1 mit ORC-Koppelung), 1 Biogaskessel, 5 Blockheizkraftwerke, 6 Gaskessel, 1 industrielle Abwärmerückgewinnung, gesamte installierte Leistung ca. 93.000 kW Speicherkapazität der 2 Pufferspeicher: 3,5 Mio Liter Wasser, ca. 160.000 kWh Jahresbedarf Biomasse: 200.000 srm (1 Schüttraummeter Hackschnitzel hat einen Energiegehalt von 65 Liter Heizöl. Bei der Verbrennung von 1 Schüttraummeter Holz fallen 1,5 Kilogramm Asche und 140 Liter Kondensatwasser an.) jährliche Stromproduktion: 23.000.000 kWh Kontakt: Stadtwerke Bruneck Nordring 19 I-39031 Bruneck (BZ) Tel. +39 0474 533 533 www.stadtwerke.it [email protected] Daten & Fakten zum Fernheizwerk von Toblach-Innichen: 1995: Bau des Heizhauses und des Fernwärmenetzes 2003: Erweiterung des Hauses mit einer ORC-Anlage und Eröffnung des Schaugangs des Fernheizwerkes (einzigartig in Europa) Wiederaufbau nach Brand im Jahr 2012, vollständige Modernisierung 3 Heizkessel mit einer Leistung von 18.000 kW ideale Verbrennungstemperatur für Hackschnitzel im Heizkessel: 900°C Versorgungsgebiet: Gemeinden Toblach und Innichen jährliche Wärmeerzeugung: 55.000 MWh jährlich erzeugte Stromenergie: 10.000 MWh Länge des Versorgungsnetzes: 90 Kilometer (Vor- und Rücklauf) Brennstofflager: 80.000 m3 im Freien, 5000 m3 in Lagerhalle Kontakt: Fernheizkraftwerk Toblach-Innichen Bahnhofstraße 8 I-39034 Toblach (BZ) Tel. +39 0474 973 214 www.fti.bz [email protected] Holz Wald Waldgebiet © © Helmuth Rier © Baumstamm © TVB Kronplatz