Materialienmappe Konzentrationslager Buna

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Fritz Bauer Institut
Geschichte und
Wirkung des Holocaust
Materialienmappe
Konzentrationslager Buna/Monowitz
Zur Ausstellung des Fritz Bauer Instituts:
Die IG Farben und das Konzentrationslager Buna/Monowitz
Wirtschaft und Politik im Nationalsozialismus
Fritz Bauer Institut
Norbert-Wollheim-Platz 1
60323 Frankfurt am Main
Telefon: 069.798 322-38
Telefax: 069.798 322-41
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Kapitel 1
Buna/Monowitz: Zusammenhänge
› IG Farben
› Zeittafel
› Lageplan des Lagers Buna-Monowitz
› Legende zum Lageplan
Buna/Monowitz: Zusammenhänge
IG Farben
1925 gründeten sechs Chemieunternehmen die „Interessengemeinschaft Farbenindustrie
Aktiengesellschaft“. Das waren: Badische Anilin- & Soda-Fabrik,Ludwigshafen; Farbenfabrik vorm.
Friedr. Bayer u. Co., Leverkusen; Farbwerke vorm. Meister Lucius und Brüning, Höchst;
Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation, Berlin; Chemische Fabriken vorm. Weiler-ter Meer,
Uerdingen; Chemische Fabrik Griesheim-Elektron, Frankfurt am Main.
IG Farben war einer der weltweit größten Industriekonzerne mit internationaler Aktivität. Das
Management stellte sich ab 1933 auf die wirtschaftlichen Bedingungen und Chancen des auf Rüstung
und Autarkie orientierten NS-Regimes ein. Bis 1937 wurden all jüdischen Direktoren entlassen und
die Spitzenmanager traten geschlossen in die Partei ein.
Durch die Beteiligung an der Kriegsproduktion und vor allem an der Ausbeutung von KZ-Häftlingen
und Zwangsarbeitern, aber auch durch die Einbindung in die „Lebensraum“-Politik in Osteuropa,
wurde die IG Farben zu einem integralen Bestandteil des NS-Systems.
Die IG Farben-Tochter Degesch lieferte das Giftgas Zyklon B, mit dem in Auschwitz die
fabrikmäßige Vernichtung von Menschen durchgeführt wurde.
Die Produktion des Kautschuk-Ersatzstoffes Buna war ökonomisch nur unter der Voraussetzung einer
Abschottung Deutschlands vom Weltmarkt sinnvoll. Sobald der Rohstoff Kautschuk verfügbar war,
lohnte sich die teure Technologie nicht. Das technische Konzept für das Buna-Werk im
„Generalgouvernement“ war daher darauf ausgelegt, nach dem Kriegsende andere Produktionslinien
fahren zu können.
1945 beschlagnahmten die Alliierten das Vermögen der IG Farben. Der Konzern wurde in den
folgenden Jahren entflochten, es entstanden mehrere Gesellschaften in Westdeutschland, im Osten
wurden 17 Betriebe enteignet. Die bekanntesten Nachfolgefirmen sind Bayer, BASF, Hoechst und
Agfa. Die „I.G. Farbenindustrie in Abwicklung“ besteht seit 1955 als Aktiengesellschaft.
1947 verurteilte der amerikanische Militärgerichtshof 13 Direktoren des IG Farben-Konzerns wegen
Raub und Teilnahme am Massenmord zu Freiheitsstrafen.
1996 lehnte das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde der I.G. Farbenindustrie in
Abwicklung auf Rückgabe der enteigneten Betriebe in Ostdeutschland ab.
Standorte der Buna-Werke
Drei Werke zur Buna-Produktion waren 1939 in Ludwigshafen (Rhein), Hüls (Ruhrgebiet) und
Schkopau (Sachsen) bereits in Betrieb. Sie sollten die Unabhängigkeit Deutschlands von KautschukImporten sichern. Am 8. Oktober 1939 erklärte das Deutsche Reich den nicht annektierten Teil Polens
zum „Generalgouvernement“. Der Standort für das vierte Buna-Werk der IG Farben sollte neben
seinen wirtschaftlichen Vorzügen ein Beitrag der IG „für ein kräftiges, gesundes Deutschtum im
Osten“ (Otto Ambros) sein. Möglichst viele „Volksdeutsche“ aus Osteuropa sollten als Arbeitskräfte
angezogen werden. Sie sollten in die Häuser der aus der Stadt Oswiecim (Auschwitz) vertriebenen
Juden und Polen einziehen. Das KZ Auschwitz wurde als Lieferant von Arbeitskraft neben der
verkehrstechnischen Lage und den Rohstoffen ein wichtiger „Standortfaktor“. Die Entscheidung für
den Bau des Werkes in Auschwitz fiel im Winter 1940/1941.
Buna/Monowitz: Zusammenhänge
Zeittafel
1940
April 1940
Dezember 1940
Befehl von Reichsführer SS Heinrich Himmler zur Errichtung des
Konzentrationslagers
Auschwitz. SS-Gruppenführer Richard Glücks, Inspekteur der
Konzentrationslager, ernennt SS-Hauptsturmführer Rudolf Höß zum
Kommandanten des KZ Auschwitz.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 7879
Die Lagerstärke beträgt vermutlich ca. 6000 Häftlinge. Von den 7879 in
Auschwitz registrierten Häftlingen sind folglich in sieben Monaten etwa 1800 ums
Leben gekommen.
1941
Jaunar 1941
Otto Ambros, Mitglied des Vorstands der I.G. Farbenindustrie AG, bereist
Oberschlesien auf der Suche nach einem Standort für das geplante vierte
Buna-Werk der I.G. Farben.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 9570
Februar 1941
Reichsmarschall Hermann Göring in seiner Funktion als Beauftragter für
den Vierjahresplan weist Himmler an, für den Bau des Buna-Werks der I. G.
Farben Häftlinge des KZ Auschwitz bereitzustellen.
Fertigstellung eines zweiten Einäscherungsofens (2 Brennkammern).
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 10.900
März 1941
Besuch Himmlers in Auschwitz (1. März 1941).
Himmler erteilt Höß u.a. folgende Befehle: Ausbau des Lagers, Errichtung eines
Kriegsgefangenenlagers für 100.000 Insassen, Abstellung von 10.000 Häftlingen
für den Bau der I.G. Farben-Werke
Aussiedlung der jüdischen Einwohner der Stadt Auschwitz.
Erschießung von 72 polnischen Häftlingen in der Kiesgrube.
Besprechung von Vertretern der I.G. Farben und der SS in Berlin (20.März
1941) über die Kooperation der KZ-Leitung mit der Bauleitung der I.G.
Farben.
Besprechung von Lagerleitung und Bauleitung der I.G. Farben in Auschwitz
(27. März 1941). Folgende Vereinbarungen werden getroffen: das KZ stellt
1000 Häftlinge für die I.G. Farben ab; pro Hilfsarbeiter und Tag zahlt die
I.G. Farben 3 RM an die SS, pro Facharbeiter und Tag 4 RM; die Arbeitszeit
beträgt im Sommer 10-11 Stunden, im Winter mindestens 9 Stunden.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 11.121
April 1941
Das „Kommando Buna“ beginnt mit der Arbeit auf der Baustelle der I.G.
Farben; das Kommando marschiert vom Lager Auschwitz zur 6 km
entfernten Baustelle.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 15.181
Juli 1941
Sowjetische Kriegsgefangene werden ins Lager verbracht und in der Kiesgrube
ermordet.
Auf Befehl Himmlers wählt eine Sonderkommission 573 Häftlinge aus, die in die
Euthanasieanstalt Sonnenstein bei Pirna transportiert und dort ermordet werden.
Das „Kommando Buna“ wird täglich mit der Bahn zur Baustelle und zurück
gebracht (Im September 1941 ca. 1300 Häftlinge).
Himmler bestellt Höß nach Berlin und erteilt ihm den Befehl, in Auschwitz
Vernichtungsanlagen zu bauen.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 19.856
1942
Januar 1942
Die Lagerstärke beträgt ca. 12.000 Häftlinge und 1500 Kriegsgefangene.
In Birkenau wird ein Bauernhaus in eine Vernichtungsstätte umgewandelt, Bunker
Nr. 1, Rotes Haus, mit zwei Gaskammern.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 26.288
Belegstärke des Lagers: 11.449 Häftlinge.
März 1942
Die Venichtungsanlage Bunker Nr. 1, Rotes Haus, wird in Betrieb genommen; die
Leichen werden in Massengräbern in Birkenau verscharrt.
Ende März trifft ein Transport mit 999 weiblichen Häftlingen aus dem KZ
Ravensbrück in Auschwitz ein, am selben Tag kommt ein Transport mit 1000
slowakischen Jüdinnen an. In den Blöcken 1-10 wird das
„Frauenkonzentrationslager“ eingerichtet, das bis Mitte 1942 dem KZ
Ravensbrück unterstellt ist.
Juli 1942
Zum ersten Mal werden die Deportierten eines RSHA-Transportes nach der
Ankunft selektiert; die vergasten Opfer werden in Massengräbern verscharrt.
Das Frauenkonzentrationslager wird dem KZ Auschwitz unterstellt.
Inbetriebnahme des Nebenlagers Golleschau (Zementwerke).
SS-Obersturmführer Schöttl übernimmt die Leitung des „Kommandos
Buna“; Schöttl wird im Oktober 1942 Lagerführer des neu errichteten
Lagers Buna.
Reichsführer SS Heinrich Himmler besucht an zwei Tagen (17./18. Juli)
Auschwitz, u.a. läßt sich Himmler von I.G.-Oberingenieur Max Faust die
Baumaßnahmen auf dem I.G.-Baugelände zeigen.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 54.422 (Männer)
Belegstärke des Männerlagers: 21.421 Häftlinge.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 13.244 (Frauen)
August 1942
Das Frauenkonzentrationslager (Blöcke 1-10 des Stammlagers) wird aufgelöst; die
weiblichen Häftlinge werden nach Birkenau (BIa) überstellt.
Ausbruch einer Flecktyphusepidemie.
Inbetriebnahme des Nebenlagers Jawischowitz (Kohlebergwerk).
Das „Komando Buna“ stellt wegen der Epidemie seine Arbeit ein.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 62.251 (Männer)
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 18.819 (Frauen)
Oktober 1942
Überstellung von jüdischen Häftlingen aus den KZs im „Reichsgebiet“ nach
Auschwitz.
Etwa 800 Häftlinge werden vom Stammlager in das „Arbeitslager Buna“
überstellt.
Inbetriebnahme des Nebenlagers Chelmek (Schuhfabrik).
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 72.160 (Männer)
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 23.376 (Frauen)
1943
Juli 1943
Kommandant Höß und I.G.-Betriebsleiter Walther Dürrfeld besichtigen die beiden
Kohlenbergwerke Fürstengrube und Janinagrube und beschließen, Häftlinge aus
Auschwitz in den Kohlengruben einzusetzen.
Inbetriebnahme des Nebenlagers Eintrachthütte (Rüstungsindustrie).
Inbetriebnahme des Nebenlagers Neu-Dachs (Kohlebergwerk).
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 132.252 (Männer)
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 50.836 (Frauen)
November 1943
SS-Obersturmbannführer Arthur Liebehenschel wird SS-Standortältester und
Kommandant von Auschwitz I; der bisherige Kommandant, Rudolf Höß, wird
Chef der Abteilung D im WVHA.
Liebehenschel führt eine Verwaltungsneustrukturierung des Lagers Auschwitz
durch: Auschwitz I (Stammlager); Auschwitz II (Birkenau); Auschwitz III
(Buna/Monowitz, Nebenlager); Kommandant von Auschwitz II (Birkenau) wird
SS-Sturmbannführer Friedrich Hartjenstein, Kommandant von Auschwitz III
SS-Hauptsturmführer Heinrich Schwarz.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 165.244 (Männer)
Belegstärke des Männerlagers: 54.446 Häftlinge.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 69.445 (Frauen)
Belegstärke des Frauenlagers: 33.846 Häftlinge.
Dezember 1943
Umbenennung von „Arbeitslager Buna“ in „Arbeitslager Monowitz“.
Fertigstellung des Effektenlagers „Kanada“ (30 Baracken); das bisherige
Effektenlager (BIIc) wird aufgelöst.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 171.352 (Männer)
Belegstärke des Männerlagers: 55.785 Häftlinge.
Die letzte in diesem Monat vergebene Häftlings-Nummer war: 73.982 (Frauen)
Belegstärke des Frauenlagers: 29.513 Häftlinge.
1944
Oktober 1944
Errichtung eines neuen Frauenlagers (Schutzhaftlagererweiterung) nahe
Stammlager.
Belegstärke des Frauenlagers in Birkenau: 26.230 Häftlinge.
Ca. 17.000 weibliche Häftlinge („Depothäftlinge“) werden in den Bestand des
Frauenlagers in Birkenau aufgenommen.
Gesamtbelegstärke: 43.000 weibliche Häftlinge.
Belegstärke des Frauenlagers in Auschwitz: 3785 Häftlinge.
Aufstand des Sonderkommandos in Birkenau.
Lagerselektion in Buna/Monowitz. Ca. 2000 Häftlinge werden selektiert und
in Birkenau vergast.
November 1944
Im Lagerabschnitt BIIe, vormals Zigeunerlager, wird ein
Häftlingskrankenbaulager für Frauen eingerichtet.
Das Quarantänelager BIIa und das Depotlager BIIc werden aufgelöst.
Die weiblichen Häftlinge aus dem Frauenlager BIa-b werden nach BIIb und BIIe
überstellt.
Auf Befehl von SS-Gruppenführer Oswald Pohl, Chef des WVHA, wird
Auschwitz I in „KL Auschwitz“ und Auschwitz III in „KL Monowitz“
umbenannt. Das bisherige Lager Auschwitz II (Birkenau) wird dem „KL
Auschwitz“ unterstellt.
Die Vergasung mit Zyklon B wird eingestellt.
Demontage der Krematorien.
Dezember 1944
18. Dezember - Luftangriff auf die I.G. Farbenwerke.
Alliierte Luftaufklärung macht Aufnahmen der bombardierten I. G.
Farbenwerke.
26. Dezember - Luftangriff auf die I.G. Farbenwerke.
Demontage der Krematorien.
Belegstärke der Frauenlager einschließlich der weiblichen Häftlinge in
Nebenlagern: 20.743 Häftlinge.
1945
Januar 1945
Belegstärke des „KL Monowitz“ einschließlich der Nebenlager: 33.307
männliche und 2044 weibliche Häftlinge.
Belegstärke des „KL Auschwitz-Birkenau“: 15.325 männliche und 16.421
weibliche Häftlinge.
Insgesamt sind etwa 65.000 Häftlinge in den Auschwitzer Lagern.
18. Januar 1945: „Evakuierung“ von Auschwitz; die Häftlinge müssen in
Todesmärschen Richtung Westen unter strengster SS-Begleitung gehen.
Am Abend des 18. Januar gehen die 10.000 Häftlinge des Lagers
Buna/Monowitz auf den Todesmarsch; im Ort Nicolai, in einer Ziegelei,
verbringen die meisten die Nacht; in Gleiwitz werden die Häftlinge in offene
Waggons gepfercht und in KZs verbracht; in Buna/Monowitz bleiben etwa
850 kranke Häftlinge zurück.
Am 27. Januar erreicht eine Aufklärungsgruppe der sowjetischen Armee das
Lager. Die in Auschwitz verbliebenen etwa 7000 Häftlinge werden befreit. Die in
KZs im „Deutschen Reich“ verbrachten Insassen von Auschwitz erleben ihre
Befreiung erst im April/Mai 1945. Tausende Häftlinge sind während der
Todesmärsche und Todestransporte oder in den Lagern in den letzten Monaten vor
dem Ende des „Dritten Reiches“ umgekommen.
STRASSE
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TOR
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49
LAGERSTRASSE
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LAGERVERWALTUNG
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34
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KARTOFFELBUNKER
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APPELLPLATZ
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27
26
S
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GÄRTNEREI
© Manuela Ritzheim, Fritz Bauer Institut
Buna/Monowitz
Legende zum Lageplan
A
B
C
D
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F
H
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M
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X
Y
Toiletten
Bunker
Löschwasserbehälter
Blockführerstube
Werkstatt
Arbeitsdienst
Desinfektionskammer
Zentralheizung
Leichenhalle/Badehaus
Lagerorchester/Instrumentenkammer
Pferdeställe
Waschgelegenheiten
Waschbaracken
Wachtürme
Hinrichtungsplatz/Galgen
BARACKEN/BLÖCKE
4
11
30
37-41
41
54
Schreibstube, Prominentenblock
Kantine/Orchester
Lagerbordell
Erziehungslager (E-Häftlinge)
Ambulanz/Quarantäne für E-Häftlinge
Kleiderkammer, Magazin
HÄFTLINGSKRANKENBAU
13
14
15
16
17
18
19
20
22
Schonungsblock (seit Januar 1945)
II. Chirurg. Abt. (seit Juli 1944)
III. Innere Abt., Zahnstation (seit Mitte 1943)
I. Chirurg. Abt. (seit Mitte 1943)
II. Innere Abt. (seit November 1943)
Schreibstube, Ambulanz (seit Oktober 1942)
I. Innere Abt. (seit Oktober 1942)
Infektionsabteilung, "Durchfall-Block" (seit Februar 1943)
Schonungsblock (seit Januar 1944)
Kapitel 2
Perspektiven auf Buna
› Ankunft
› Facharbeit
› Kapo
› SS
› IG Farben kontrolliert
› Die Sicht der Opfer
› Die Sicht der Täter
› Hunger
› Buna-Suppe
› Das Sterben: Selektion
› Selektionen auf Betreiben der I.G.
› Das Sterben: Mittäterschaft der IG-Angestellten
› Das Sterben: Häftlingskrankenbau
› „Überstellung“
› Widerstand
› Britische Kriegsgefangene
› Walther Dürrfeld, Direktor und Bauleiter
Perspektiven auf Buna
Ankunft
Paul Steinberg, der aus Frankreich deportiert wurde, berichtet:
„Am Morgen des dritten Tages hielt der Zug an, es war der 10.Oktober. Wir befanden uns auf
etwas, was wie ein Bahnhof auf freiem Feld aussah. Von draußen drang Lärm zu uns, und es
gab Zeichen großer Aufgeregtheit. Kurze Befehle wurden auf deutsch gebrüllt. Aufrecht an der
Fensterluke stehend, sah ich Männer, als blau-weiß gestreifte Zebras verkleidet, von allen Seiten
herbeilaufen, deutsche Soldaten, fraglos von der SS, einige hielten beängstigende Wachhunde
an der Leine. Wir hörten, wie die Waggontür entriegelt wurde, das Tageslicht drang in das
Halbdunkel, in dem wir drei Tage verbracht hatten. „Raus, raus“, hörten wir, „Laßt euer Gepäck
stehen.“ Philippe und ich sprangen zuerst hinunter, ich hinkend: mein Abszeß war schlimmer
geworden, und ich konnte kaum den Fuß aufsetzen. Wir haben versucht, den Alten zu helfen, ein
SS-Mann hetzte uns: „Schnell, in die Reihe.“ (...) Ich hatte Philippe meinen Arm um den Hals
gelegt und stützte mich auf ihn, um meinen Fuß zu entlasten. Wir standen vor drei SS-Offizieren.
Philippe wurde in die linke Reihe geschickt. Der älteste Offizier, der in der Mitte - später erfuhr
ich, daß es Mengele war -, fragte mich: „Was ist mit dem Fuß? Gebrochen?“ Ich antwortete:
“Nein, Herr Offizier, ein Abszeß an der Fußsohle.“
Er sah mich an, mein Akzent überraschte ihn, er besprach sich mit einem seiner Helfershelfer
und schickte mich zu Philippe, in die Reihe der Lebenden. Die rechte Reihe hat, von ein paar
jungen Frauen abgesehen, den Sonnenaufgang des nächsten Tages nicht erlebt.“ (...)
„Die Lastwagen fuhren los. Wir kamen durch Dörfer, an kahlen Feldern vorbei, passierten
Fabrikgebäude. Die Fahrt war kurz. Wir kamen vor ein großes Tor, das von SS-Männern
bewacht wurde. Ein kurzes Gebell. Das Tor öffnete sich. Wir sahen die Stacheldrahtgitter, die
Wachtürme, Männer in Blau und Weiß mal hier, mal dort, einen großen leeren Platz, eine Reihe
niedriger Häuser aus Holz. Die Lastwagen blieben plötzlich stehen. Wir mußten aussteigen,
einen Flur entlanglaufen. Männer, Häftlinge sagten uns auf deutsch - ein paar auf französisch:
„Gib alles her, was du hast, du darfst nichts bei dir behalten, du kannst es nachher wieder
abholen.“ (...) Der Befehl sauste auf uns nieder: „Alles ausziehen.“ Dreihundertvierzig Männer
splitternackt, das hatte ich noch nie gesehen, das war irgendwie lächerlich. Die einen hielten ihre
Hände wie ein Feigenblatt, andere krümmten sich. Niemand lachte. Die nächste Etappe war die
Dusche, lauwarm, mit etwas, das an Seife erinnerte. Hätten wir gewußt, was für eine Bedeutung
das Duschen hatte, splitternackt, für die, die am Bahnhof in der rechten Reihe standen, hätten
wir uns in diesem Augenblick ganz sicher unwohl gefühlt.
Als wir aus der Dusche kamen, sind wir wie die Bleisoldaten an den Männern der Kleiderkammer
vorbeigegangen, die uns eine lange Unterhose, ein Hemd sowie eine Hose, eine Jacke, eine
Kappe - alles blau-weiß gestreift - und ein Paar große Schuhe mit schwerer Holzsohle
aushändigten. (...) Ohne Gürtel, unsere Hose festhaltend, vorwärtsgetrieben vom Gebrüll derer,
die, wie wir lernen sollten, über unser Schicksal entschieden, Kapos, Blockälteste,
Stubendienste, Helfershelfer der SS, so gelangten wir in den Frisiersalon.
Aufrecht stehend, hinter einer Reihe von Hockern, erwarteten uns die Haarschneidemaschinen
der örtlichen Figaros. Es dauerte durchschnittlich zwei Minuten, um unsere Kugel kahlzuscheren.
(...) Am Ende der Wegstrecke gab man jedem eine mehr oder weniger abgeplatzte rote Schüssel
und sagte uns: „Ohne Schüssel keine Suppe.“ Ebenso einen Löffel: in der Folgezeit lernten wir,
daß man ihn an einer Seite des Griffes abschleifen mußte, um ihn als Klinge zum Schneiden der
morgendlichen Brotration zu verwenden.
Als wir aus der Fließbandproduktion heraustraten und dem Abbild eines Standardhäftlings
entsprachen, führte man uns als willige Herde zu unserer Residenz, dem großen Zelt, wo wir
innerhalb von acht Tagen für das Lagerleben gedrillt werden sollten.“ (...)
Paul Steinberg, Chronik aus einer dunklen Welt. Aus dem Französischen von Moshe Kahn. München,
Wien: Carl Hanser Verlag, 1998, S. 44 ff.
Perspektiven auf Buna
Facharbeit
Zeugenberichte:
„Die Handwerker in Auschwitz-Monowitz wurden, sofern man sie nicht aus irgendwelchen, hier
nicht weiter zu besprechenden Gründen auf der Stelle vergaste, meist ihren Berufen
entsprechend eingeteilt. Ein Schlosser etwa war ein privilegierter Mann, da man ihn in der zu
errichtenden IG-Farben-Fabrik brauchen konnte und er die Chance hatte, in einer gedeckten, der
Witterung nicht ausgesetzten Werkstatt zu arbeiten. Das gleiche gilt für den Elektriker, den
Installateur, den Tischler oder den Zimmermann. Wer Schneider oder Schuster war, hatte
vielleicht das Glück, in eine Stube zu kommen, wo man für die SS arbeitete. Für den Maurer, den
Koch, den Radiotechniker, den Automechaniker gab es die Minimalchance eines erträglichen
Arbeitsplatzes und damit des Überstehens.
Anders war die Lage dessen, der einen Intelligenzberuf hatte. Ihn erwartete das Schicksal des
Kaufmanns, der gleichfalls zum Lumpenproletariat im Lager gehörte, das heißt: er wurde einem
Arbeitskommando zugeteilt, wo man Erde aufgrub, Kabel legte, Zementsäcke oder
Eisentraversen transportierte.“
Jean Améry, Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuche eines Überwältigten,
München: dtv, 1988, S. 16f.
„Wieder hatten wir Glück. Mein Vater fand jemanden, den er noch aus Frankfurt kannte, einen
Herrn Tiber (oder Tieber), der in der Schreibstube im Verwaltungsgebäude arbeitete. Er
versprach, uns Arbeit als Zimmerleute zu verschaffen. Obwohl wir ein wenig besorgt darüber
waren, wie der neue Kapo auf unsere mangelnde Qualifikation reagieren würde, waren wir froh,
denn der Job selbst konnte bestimmt nicht ärger sein als der Straßenbau - die härteste Arbeit im
Lager.
Dieses Versprechen half uns über die kommende Woche, in der wir ungeduldig auf den
>Berufswechsel< warten mußten. B 3406 und B 3407 begannen ihre Arbeit als >Zimmerleute<,
indem sie halfen, einen Kühlturm zu bauen. (...) Mit gemischten Gefühlen meldeten wir uns beim
Vorarbeiter des Zimmermann-Kommandos. Von früher Jugend an betrachtete ich meinen Vater
als >den Mann, der alles kann<. Ob dies berechtigt war oder nicht, zum ersten Mal fürchtete ich
mich weniger für ihn als für mich. Denn ich hatte noch nie einen Nagel in Holz schlagen können,
ohne ihn zu verbiegen. Was würde geschehen, wenn das herauskäme?“
Henry Wermuth, Atme, mein Sohn, atme tief. Die Überlebensgeschichte, Kassel: bLoch Verlag 1996, S. 193
Perspektiven auf Buna
Ankunft
Paul Steinberg, der aus Frankreich deportiert wurde, berichtet:
„Am Morgen des dritten Tages hielt der Zug an, es war der 10.Oktober. Wir befanden uns auf
etwas, was wie ein Bahnhof auf freiem Feld aussah. Von draußen drang Lärm zu uns, und es
gab Zeichen großer Aufgeregtheit. Kurze Befehle wurden auf deutsch gebrüllt. Aufrecht an der
Fensterluke stehend, sah ich Männer, als blau-weiß gestreifte Zebras verkleidet, von allen Seiten
herbeilaufen, deutsche Soldaten, fraglos von der SS, einige hielten beängstigende Wachhunde
an der Leine. Wir hörten, wie die Waggontür entriegelt wurde, das Tageslicht drang in das
Halbdunkel, in dem wir drei Tage verbracht hatten. „Raus, raus“, hörten wir, „Laßt euer Gepäck
stehen.“ Philippe und ich sprangen zuerst hinunter, ich hinkend: mein Abszeß war schlimmer
geworden, und ich konnte kaum den Fuß aufsetzen. Wir haben versucht, den Alten zu helfen, ein
SS-Mann hetzte uns: „Schnell, in die Reihe.“ (...) Ich hatte Philippe meinen Arm um den Hals
gelegt und stützte mich auf ihn, um meinen Fuß zu entlasten. Wir standen vor drei SS-Offizieren.
Philippe wurde in die linke Reihe geschickt. Der älteste Offizier, der in der Mitte - später erfuhr
ich, daß es Mengele war -, fragte mich: „Was ist mit dem Fuß? Gebrochen?“ Ich antwortete:
“Nein, Herr Offizier, ein Abszeß an der Fußsohle.“
Er sah mich an, mein Akzent überraschte ihn, er besprach sich mit einem seiner Helfershelfer
und schickte mich zu Philippe, in die Reihe der Lebenden. Die rechte Reihe hat, von ein paar
jungen Frauen abgesehen, den Sonnenaufgang des nächsten Tages nicht erlebt.“ (...)
„Die Lastwagen fuhren los. Wir kamen durch Dörfer, an kahlen Feldern vorbei, passierten
Fabrikgebäude. Die Fahrt war kurz. Wir kamen vor ein großes Tor, das von SS-Männern
bewacht wurde. Ein kurzes Gebell. Das Tor öffnete sich. Wir sahen die Stacheldrahtgitter, die
Wachtürme, Männer in Blau und Weiß mal hier, mal dort, einen großen leeren Platz, eine Reihe
niedriger Häuser aus Holz. Die Lastwagen blieben plötzlich stehen. Wir mußten aussteigen,
einen Flur entlanglaufen. Männer, Häftlinge sagten uns auf deutsch - ein paar auf französisch:
„Gib alles her, was du hast, du darfst nichts bei dir behalten, du kannst es nachher wieder
abholen.“ (...) Der Befehl sauste auf uns nieder: „Alles ausziehen.“ Dreihundertvierzig Männer
splitternackt, das hatte ich noch nie gesehen, das war irgendwie lächerlich. Die einen hielten ihre
Hände wie ein Feigenblatt, andere krümmten sich. Niemand lachte. Die nächste Etappe war die
Dusche, lauwarm, mit etwas, das an Seife erinnerte. Hätten wir gewußt, was für eine Bedeutung
das Duschen hatte, splitternackt, für die, die am Bahnhof in der rechten Reihe standen, hätten
wir uns in diesem Augenblick ganz sicher unwohl gefühlt.
Als wir aus der Dusche kamen, sind wir wie die Bleisoldaten an den Männern der Kleiderkammer
vorbeigegangen, die uns eine lange Unterhose, ein Hemd sowie eine Hose, eine Jacke, eine
Kappe - alles blau-weiß gestreift - und ein Paar große Schuhe mit schwerer Holzsohle
aushändigten. (...) Ohne Gürtel, unsere Hose festhaltend, vorwärtsgetrieben vom Gebrüll derer,
die, wie wir lernen sollten, über unser Schicksal entschieden, Kapos, Blockälteste,
Stubendienste, Helfershelfer der SS, so gelangten wir in den Frisiersalon.
Aufrecht stehend, hinter einer Reihe von Hockern, erwarteten uns die Haarschneidemaschinen
der örtlichen Figaros. Es dauerte durchschnittlich zwei Minuten, um unsere Kugel kahlzuscheren.
(...) Am Ende der Wegstrecke gab man jedem eine mehr oder weniger abgeplatzte rote Schüssel
und sagte uns: „Ohne Schüssel keine Suppe.“ Ebenso einen Löffel: in der Folgezeit lernten wir,
daß man ihn an einer Seite des Griffes abschleifen mußte, um ihn als Klinge zum Schneiden der
morgendlichen Brotration zu verwenden.
Als wir aus der Fließbandproduktion heraustraten und dem Abbild eines Standardhäftlings
entsprachen, führte man uns als willige Herde zu unserer Residenz, dem großen Zelt, wo wir
innerhalb von acht Tagen für das Lagerleben gedrillt werden sollten.“ (...)
Paul Steinberg, Chronik aus einer dunklen Welt. Aus dem Französischen von Moshe Kahn. München, Wien:
Carl Hanser Verlag, 1998, S. 44 ff.
Perspektiven auf Buna
IG Farben kontrolliert
Zeugenberichte:
„Die IG war ausserdem ueber die schlechten Zustaende in Monovice noch dadurch informiert,
dass die Betriebsleitung persoenlich ins Lager kam, um fuer Facharbeiter-Kommandos
Haeftlinge auszusuchen. Ich habe persoenlich am Tor mehrere Male Duerrfeld gesehen, der sich
in Begleitung von SS-Hauptsturmfuehrer Schwarz [dem Lagerkommandanten],
SS-Obersturmfuehrer Schoettl [dem Lagerführer] und Hauptscharfuehrer Rakers [dem
Rapportführer] befand und die ausmarschierenden Haeftlinge beobachtete. (...)
IG-Farben hatte Angestellte, die als Kontrolleure fungierten. Die Kontrolleure gingen von
Arbeitsstelle zu Arbeitsstelle und orientierten sich ueber die Arbeitsleistung. Sie meldeten jeden
Haeftling, der ihrer Meinung nach nicht genug leistete, sich zu lange auf der Toilette aufhielt oder
sich am Ofen waermte. Diese Meldungen kamen zur Betriebsführung der IG, die sie an die
Lagerleitung weitergab.“
Salomon Kohn, Eidesstattliche Erklärung vom 29.5.1947, I.G.-Farben-Prozeß, NI-10824, S. 4.
„(...) viele unserer Freunde (...) mußten (...) in die Fabrik nach Buna auf Außenarbeit gehen.
Abends kamen sie völlig entkräftet zurück und berichteten vom Wüten der SS-Männer, Kapos
und Vorarbeiter auf den Arbeitsstellen. Es gab damals keine Postenkette und mit jeder
Arbeitsgruppe gingen SS-Männer zur Arbeit. Wenn ihnen die Zeit langweilig wurde, trieben sie
mit Knüppelschlägen an, fleißig unterstützt von Kapos und Vorarbeitern, die ihre Vorrangstellung
nicht verlieren wollten. Unzählige Häftlinge wurden abends auf Brettern ins Lager
zurückgebracht, sie hatten durch die Mißhandlungen keine Kraft mehr, den Marsch bis ins Lager
mitzumachen. Viele wurden wegen zu geringer Arbeitsleistung beim Rapportführer gemeldet,
aussortiert und nach Birkenau geschickt. Von ihnen hörten wir nie wieder.(...)
Obwohl der Sinn der Sklavenarbeit darin bestand, die Kraft der Sklaven so lange als möglich zu
erhalten, um dementsprechende Gewinne zu erzielen, mußten die Nazis dieses Prinzip bei uns
nicht anwenden. Wir waren für den Tod durch Arbeit bestimmt. Dementsprechend gab es für uns
nicht einmal ein Minimum an Essen, eine ständige Steigerung des Arbeitstempos, und wer dies
nicht aushielt, wurde in den Gaskammern von Birkenau ermordet und durch Neuzugänge aus
den Transporten ersetzt. Das Geld für unsere Arbeit kassierte die SS.“
Fritz Kleinmann, 'Doch der Hund will nicht krepieren...'. Tagebuchnotizen aus Auschwitz.
Hrsg. zusammen mit Reinhold Gärtner. Thaur: Kultur-Verlag, 1995, S.67 f.
Perspektiven auf Buna
Die Sicht der Opfer
Zeugenaussagen:
„Als ich in der Rechnungspruefung der IG Farben arbeitete, habe ich einen Brief gesehen, der
von Ingenieur Murr an Obersturmfuehrer Schwarz gerichtet war. Hierin klagte Murr im Namen
der IG-Direktion darueber, dass die Leistung der Haeftlinge etwa 80% niedriger waere als die
Leistung der Zivilarbeiter, wogegen etwas unternommen werden muesse. In diesem Brief stand
weiter, dass die Haeftlinge bei 15 Grad Frost ruhig an der Arbeit bleiben koennten.“
Isaac Spetter, Eidesstattliche Erklärung vom 13.11.1947, I.G.-Farben-Prozeß, NI-12383, S. 3a.
„Wenn ich gefragt werde, ob die I.G. unser Schicksal in Monowitz verschlimmert hat oder besser
hätte gestalten können, so möchte ich sagen, dass die I.G. auch anders konnte. Es wurde ein
aus jüdischen Häftlingen zusammengestelltes Buchhalterkommando, zu dem etwa 50 bis 70
Häftlinge gehörten, gebildet. Die I.G.-Leute haben dieses Kommando selbst rekrutiert. Diese
jüdischen Häftlinge bekamen sofort etwas Kleider, und zwar richtig geschnittene (...)
Häftlingskleidung und gute Schuhe. Man hat ihren Block mit Steppdecken und reiner Wäsche
ausgestattet. Die Leute wurden mittags in der I.G. selbst verpflegt. Sie haben sich meistens ein
für damalige Verhältnisse sehr gutes Abendessen mitgebracht und haben die Lagersuppe
meistens verschenkt. Man konnte sie auch deutlich mit dem Auge unterscheiden. Sie waren
besser ernährt. Den anderen Häftlingen ging es schlecht.“
Paul Herzberg, Aussage, Wollheim-Prozeß (2/3 O 406/51), Sitzungsprotokoll vom 27.11.1952, S. 6.
„Wir Haeftlinge berieten jeden Abend, wie wir den unhaltbaren Ernaehrungszustand und der
damit fuer uns alle drohenden Katastrophe begegnen koennten. Wir kamen zu dem Entschluss,
dass einer von uns das ueberaus gefaehrliche Experiment wagen muesse, Aussenstehende z.B. massgebende Herren der IG - zu verstaendigen und ihnen das Unmoegliche unserer Lage
zu beweisen. Einige Haeftlinge versuchten auf ihrem Arbeitsplatz, IG-Meister und andere
Aufsichtspersonen aufzuklaeren, was der Grund fuer das Nachlassen der Arbeitsleistung der
Haeftlinge, ihre Koerperschwaeche und das daraus folgende Zusammenbrechen am Arbeitsplatz
sei. Die Folge war, dass diese Meister Meldungen u.a. auch an die Lagerfuehrung erstatteten,
worauf einige Haeftlinge von der SS schwerstens bestraft wurden.“
Heinrich Schuster, Eidesstattliche Erklärung vom 13.10.1947, I.G.-Farben-Prozeß, NI-11862, zitiert nach: StA
Frankfurt am Main, 4 Js 444/59, Bd. 18, Bl. 2851.
Perspektiven auf Buna
Die Sicht der Täter
Aussagen in Prozessen:
„Durch die Errichtung von Monowitz wollte die IG die Lage der Haeftlinge verbessern: Sie hatten
dadurch nicht mehr den langen An- und Abmarsch bzw. den Transport von zusammen rund
vierzehn Kilometer(n) taeglich zurueckzulegen. Dadurch konnte auch die Leistungsfähigkeit der
Haeftlinge erhoeht werden. Es sollte auch eine Distanzierung von dem KZ Auschwitz erreicht
werden.“
Otto Ambros, Vorstandsmitglied der I.G. Farben, I.G.-Farben-Prozeß,
Eidesstattliche Erklärung vom 29.4.1947, NI-9542, S. 13.
„Wir sind allgemein der Ansicht gewesen, dass die Haeftlinge, die nach Monowitz kamen, von
dem gerettet worden sind, was ihnen im Konzentrationslager Auschwitz passierte.“
Otto Ambros, Vorstandsmitglied der I.G. Farben, I.G.-Farben-Prozeß,
Eidesstattliche Erklärung vom 29.4.1947, NI-9542, S. 14.
„Eines steht fest, daß, je länger Häftlinge bei uns eingesetzt waren, sich ihr Gesundheitszustand
verbesserte.“
Walther Dürrfeld, Betriebsleiter in I.G. Auschwitz, 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß,
Vernehmung vom 9.4.1965, StA Frankfurt am Main, 4 Ks 2/63, Bl. 18911 d. A.
Perspektiven auf Buna
Hunger
Zeugenaussagen:
„Jedenfalls war die Verpflegung im Lager so, daß ein Häftling, der sich nichts dazuorganisieren
konnte, nach ca. 3 Monaten völlig entkräftet und damit arbeitsunfähig war.“
Herbert Buchhold, H.-Nr. 123.193, Vernehmung vom 18.10.1960, Auschwitz-Prozeß, StA Frankfurt am Main,
4 Js 444/59, Bd. 39, Bl. 6733 d. A.
„Die Arbeit in Buna war schwer. Das Essen war schlechter als es in anderen Lagern jedesmal
gewesen ist. Wir haben nach kurzer Zeit, ein paar Wochen später, die sogenannte Buna-Suppe
bekommen, die von der IG ausgeteilt wurde und während der Mittagspause am Arbeitsplatz
eingenommen werden konnte. Sie war am Anfang manchmal nicht schlecht, da gab es hier und
da einmal Hülsenfrüchte oder etwas Aehnliches. Nach den ersten Tagen ist die Suppe völlig
ungeniessbar geworden und nur die Verhungerten haben sie noch gegessen“
Benedikt Kautsky, Aussage, Wollheim-Prozeß (2/3 O 406/51), Sitzungsprotokoll vom 30.1.1953, S. 2.
„Die Suppe, die wir mittags von der IG bekamen, war eine Wassersuppe, in der 3-4 Kartoffeln in
einem Kessel von 30-40 Liter schwammen. Die IG liess verschiedene Sorten dieser Suppe in
verschiedener Qualität kochen, so für die Meister, die Kriegsgefangenen, die freiwilligen
Zivilarbeiter usw. Das Wasser blieb für die Häftlinge.“
Marcel Stourdze, Aussage, Wollheim-Prozeß (2/3 O 406/51), Sitzungsprotokoll vom 15.1.1953, S. 3
„Es wurde vom 1. Tag an, seit dem gearbeitet wurde, von der IG in der Mittagszeit den Häftlingen
eine Suppe verabfolgt, und zwar jeweils ¾ l. Bei meinem Eintreffen und in den ersten Tagen war
die Suppe wunderbar. Sie bestand aus Bohnen, Erbsen, Linsen oder Gemüse. Nach 14 Tagen
wurde sie von Tag zu Tag schlechter, und um die Weihnachtszeit gab es nur noch die
sogenannte Buna-Suppe, die aus einem undefinierbaren Gemisch von getrocknetem Gemüse
(Dörrgemüse) und heissem Wasser bestand. Es war etwas Heisses, aber keine Nahrung.“
Josef Löwenstein, H.-Nr. 68.563, Aussage, Wollheim-Prozeß (2/3 O 406/51),
Sitzungsprotokoll vom 4.12.1952, S. 8.
„Die Arbeit war für die Ernährung in den meisten Kommandos viel zu schwer. Es war selbst für
uns Aerzte, die wir unter Dach arbeiteten, 1942/43, als wir die gleichen Portionen bekamen,
unmöglich, unsere Arbeit zu verrichten.
Die Buna-Suppe war warmes Wasser. Es ist ein Wahnsinn, sie überhaupt zu erwähnen. Wir
haben die Buna-Suppe auch im Lager bekommen. Mit der Buna-Suppe konnte man sich den
Hunger nicht stillen.“
Jonas Silber, Aussage, Wollheim-Prozeß (2/3 O 406/51), Sitzungsprotokoll vom 29.1.1953, S. 2.
Perspektiven auf Buna
Buna-Suppe
Aussagen in Prozessen:
„Mir ist bekannt, dass die Haeftlinge 1941 in keinem guten Gesundheitszustand waren. Wir
haben, um ihnen zu helfen, eine Suppe eingefuehrt (Buna-Suppe), die sie mittags bekommen
haben.“
Otto Ambros, Vorstandsmitglied der I.G. Farben, I.G.-Farben-Prozeß, Eidesstattliche Erklärung vom
29.4.1947, NI-9542, S. 17.
„Wir haben dann 1941, auch wieder durch Verhandlungen mit der SS, die Genehmigung
bekommen, den Häftlingen in der Mittagszeit eine Gemüse-Suppe zu geben. Das ist die
berühmte Buna- oder Bunker-Suppe. Dazu war es erforderlich, dass wir zusätzlich Lebensmittel
bekamen, Nährmittel, Gemüse und dergl. Fett haben wir für die Suppe keines bekommen. Wir
haben uns gesagt, wenn wir den Leuten während der Mittagszeit wenigstens eine heisse Suppe
geben können, so ist das schon etwas.“
Max Faust, I.G.-Oberingenieur, Wollheim-Prozeß (2/3 O 406/51), Vernehmung, Sitzungsprotokoll vom
4.12.1952, S. 12.
„Ich hatte sehr häufig an allen Stellen des Werkes die Verpflegung zu kontrollieren und möchte
sagen, dass die Buna-Suppe einen täglichen Kaloriengehalt von 300-500 Kalorien hatte. Das ist
nicht sehr viel, aber eine warme Suppe auf der Baustelle war doch unseres Erachtens eine
wesentliche Hilfe für die Häftlinge. (...)
Die Buna-Suppe war eine Suppe aus Trockengemüse hergestellt, die mit irgendwelchen Zutaten
zusammen gekocht worden ist, z. B. mit Maggi, um das Gemüse schmackhaft und appetitlich zu
machen, Kartoffeln waren auch drin, aber in der Regel nicht als Frisch- sondern als
Trockenkartoffeln. Fleisch oder Fett war nicht in der Suppe, das war auch nicht möglich, denn die
Beschaffung von Fleisch und Fett ausserhalb der Rationssätze war nicht möglich.“
Rolf Brüstle, I.G.-Angestellter, Wollheim-Prozeß (2/3 O 406/51), Vernehmung, Sitzungsprotokoll vom
19.2.1953, S. 2 f.
„Wir haben eine besondere Suppe ausgegeben, die von den Häftlingen gerne gegessen wurde.
Ich selbst wurde von Dr. Dürrfeld vorübergehend beauftragt, die Güte dieses Gerichts zu
überprüfen. Ich musste feststellen, dass es eine an sich leckere Suppe war, die immerhin sehr
zur Belebung des Speiseneinerlei beitrug und gerade in den Wintermonaten doch eine innere
Erwärmung gegeben hat.“
Heinz Frank, Leiter der Werkberufsschule der I.G., Wollheim-Prozeß (2/3 O 406/51), Vernehmung,
Sitzungsprotokoll vom 29.1.1953, S. 12.
„Fuer die Verpflegung der KZ-Haeftlinge von Monowitz war bis etwa Ende 1942 ausschliesslich
die SS verantwortlich. Von da ab uebernahm die IG den Einkauf der Lebensmittel nach den von
der SS gelieferten Bezugsscheinen und die Ueberwachung der Verarbeitung in der Lagerkueche
Monowitz. Ich habe mich an Hand der Speisezettel davon ueberzeugt, dass die taegliche
Kalorienzahl der KZ-Haeftlinge mindestens 2800 Kalorien betrug. Ich habe nie daran gezweifelt,
dass sie diese bekommen haben, weiss es aber nicht. Ich habe bei der Essensausgabe der
Werkssuppe an die KZ-Haeftlinge im IG Werk Auschwitz oft zugesehen.“
Walther Dürrfeld, Betriebsführer von I.G. Auschwitz, I.G. Farben-Prozeß, Eidesstattliche Erklärung vom
18.2.1947, NI-4184, S. 3.
Perspektiven auf Buna
Das Sterben: Selektion
„Den Ausdruck ‘Selektion’ habe ich erst in Monowitz kennengelernt. Er hieß dort ‘Auswahl zum
Tode’.“
Kurt Posener, Aussage, Wollheim-Prozeß (2/3 O 406/51), Sitzungsprotokoll vom 20.11.1952, S. 2.
„Eines Tages im Winter 1942/43, als der Lagerstand von Buna (Monowitz) etwa 3-3500
Haeftlinge war, liess Hauptsturmfuehrer Schwarz, der in Begleitung von Walther Duerrfeld und
einiger SS-Leute der Lagerfuehrung war, saemtliche Haeftlinge in 5-er Reihen antreten und an
sich vorbeimarschieren. Hauptsturmfuehrer Schwarz hat alle Haeftlinge, die nur irgendwie nicht
ganz kraeftig schienen, heraustreten lassen. Sie wurden von SS-Leuten umstellt, und ihre
Nummern wurden notiert.
Walther Duerrfeld fragte hie und da nach besonderen Berufen, wie Elektriker und Schleifer.
Damals wurden 1000 - 2000 Haeftlinge ausgewaehlt und kamen sofort in die Gaskammern. Ich
weiss es daher, da die Haeftlingsschreibstube, in der ich zu dieser Zeit arbeitete, 2 oder 3 Tage
spaeter die Listen erhielt mit der Bemerkung, diese Haeftlinge vom Stand abzusetzen. Das
wurde offiziell SB (Sonderbehandlung) genannt. Ein weiterer Beweis dafuer, dass diese
Haeftlingen - in verschiedenen anderen Faellen ist in gleicher Weise vorgegangen worden vergast worden sind, ist die Tatsache, dass bei dieser Gelegenheit und bei spaeteren
Gastransporten kurze Zeit danach (meist noch am selben Tage) die Kleider dieser Haeftlinge,
Brillen, Prothesen und dergleichen nach Monowitz zurueckgeliefert worden sind. Spezielle
Prothesen erkannten wir beispielsweise leicht wieder.“
Dr. Gustav Herzog, Zeugenaussage beim IG-Farben-Prozeß, Nürnberg 21.10.1947 (NI-12069)
„Der SS-Oschaf. [SS-Oberscharführer] Stolten war Arbeitsdienstführer im Lager Buna. Er stand
jeweils morgens beim Ausrücken zur Arbeit am Lagertor und beobachtete die Häftlinge während
des Vorbeimarschierens. Er überprüfte dabei die Stärken der einzelnen Arbeitskommandos. Ich
konnte bei diesem Ausrücken der Häftlinge täglich beobachten, wie Stolten solche Häftlinge
aussonderte, die entweder hinkten oder sonst gehbehindert waren oder einen Verband trugen.
Diese nicht mehr voll arbeitsfähigen Häftlinge wurden jeweils im Lager zurückbehalten und
mußten auf dem Appellplatz antreten. In der Regel wurden diese ausgesonderten Häftlinge noch
am selben Tage abtransportiert. Was mit diesen Häftlingen geschah, weiß ich nicht.“
Josef Heinemann, H.-Nr. 68.475, Vernehmung vom 8.6.1960, Auschwitz-Prozeß, StA Frankfurt am Main, 4 Js
444/59, Bd. 34, Bl. 6011 d. A.
Die Registratur des Todes
„Während meiner Anwesenheit in Monowitz haben laufend Selektionen stattgefunden.
Zahlenmässig kann ich mich nicht mehr festlegen, aber 20 dürften es gewesen sein. Die Zahl
der Selektierten ist eindeutig zu ersehen aus der graphischen Darstellung über den
Häftlingsbestand in Monowitz. (...) Immer dann, wenn in der graphischen Darstellung der
Häftlingsstand stark absinkt, hat eine Selektion stattgefunden. Für die Selektion, d.h. die Tötung
in der Gaskammer, wurden Häftlinge aus dem Krankenrevier herausgezogen und auch aus den
Lagerblöcken. Die Selektionen im Revier haben häufiger stattgefunden als im Lager. Man kann
davon ausgehen, dass während der Winterszeit dann Selektionen stattfanden, wenn ungef(ähr)
10% aller Häftlinge arbeitsunfähig waren, im Sommer wurden Selektionen bereits durchgeführt,
wenn 6 bis 7% der Häftlinge arbeitsunfähig waren.“
Robert Elie Waitz, Richterliche Vernehmung vom 26.6.1962, Auschwitz-Prozeß, StA Frankfurt am Main, 4 Js
444/59, Bd. 68, Bl. 12792 d. A.
Perspektiven auf Buna
Selektionen auf Betreiben der I.G.
Aussagen in Prozessen:
„Soweit (...) von einer Lagerselektion die Rede ist, habe ich bei einer Selektion dieser Art
mitgewirkt. Es gab in Monowitz eine Reihe von Häftlingen, die sich nicht in den Krankenbau
hatten einweisen lassen, andererseits aber auch nicht zur Arbeit gingen. Darüber hatte sich die
IG beschwert. Jedenfalls habe ich gehört, dass sich die IG beschwert hatte. Es wurden daraufhin
sämtliche Häftlinge, die sich auf den Blöcken aufhielten und nicht zur Arbeit gingen, in den
Krankenbau geführt. Dort habe ich mir die Häftlinge (...) angesehen. Die Kranken wurden notiert.
Die Liste wurde dem Arzt vorgelegt. (...) Nach der Entscheidung durch den Arzt erfolgte der
Abtransport nach Birkenau.“
Gerhard Neubert, SS-Oberscharführer, Sanitätsdienstgrad in Buna/Monowitz, Richterliche Vernehmung
vom 5.6.1962, Auschwitz-Prozeß, StA Frankfurt am Main, 4 Js 444/59, Bd. 68, Bl. 12621 d. A.
„Es bestand eine allgemeine Anordnung in Monowitz, dass kein Häftling länger als 5-6 Wochen
im Häftlingskrankenbau verbleiben sollte. Die IG-Farbenindustrie, bei der die Häftlinge in
Monowitz sämtlich beschäftigt waren, hatte Schwierigkeiten gemacht. Sie wollte für den langen
Arbeitsausfall nicht bezahlen. Aus diesen Gründen fand von Zeit zu Zeit eine
Bestandsbesichtigung des Häftlingskrankenbaus durch den zuständigen Arzt statt. Der Arzt
bestimmte dann, wer den Häftlingskrankenbau in Monowitz zu verlassen hatte. Die länger
kranken Häftlinge wurden nach Auschwitz oder nach Birkenau verbracht.“
Gerhard Neubert, SS-Oberscharführer, Sanitätsdienstgrad in Buna/Monowitz, Richterliche Vernehmung
vom 21.3.1962, Auschwitz-Prozeß, StA Frankfurt am Main, 4 Js 444/59, Bd. 64, Bl. 11941 d. A.
„Bezüglich des Einsatzes arbeitsfähiger Häftlinge und der Beseitigung nicht arbeitsfähiger
Häftlinge kann ich keine Angaben machen. Ich weiss nicht, wer hierzu die Befehlsgewalt hatte.
Ich weiß nichts darüber, durch wen die im Lager Monowitz durchgeführten Selektionen von nicht
mehr voll arbeitsfähigen Häftlingen zur Ermordung angeordnet wurde. Ich weiss überhaupt nichts
von irgendwelchen Selektionen, ob solche angeordnet sind. (...)
Mir ist eine Vereinbarung, daß die I.G. alle ihr als nicht voll arbeitsfähig angegebenen Häftlinge
zurückweisen konnte, nicht in Erinnerung.
Mir ist auch nicht bekannt, dass zwischen der I.G. und der SS eine Vereinbarung bestand, dass
die I.G. für kranke Häftlingsarbeiter nicht länger als 14 Tage zu zahlen brauchte.“
Heinrich Bütefisch, Vorstandsmitglied der I.G. Farben, Richterliche Vernehmung vom 8.4.1965,
Auschwitz-Prozeß, StA Frankfurt am Main, 4 Ks 2/63, Bl. 18883 d. A.
Perspektiven auf Buna
Das Sterben: Mittäterschaft der IG-Angestellten
Zeugenaussagen:
„Von seiten der Bauleitung sind sehr oft an die SS-Lagerführung Beschwerden gerichtet worden,
dass so viele kranke Häftlinge im Arbeitsvorgang nicht folgen konnten. Man verlangte seitens der
Werksleitung, dass die arbeitsunfähig erkrankten Häftlinge gegen gesunde ausgetauscht
wurden. Dieser Austausch bedeutete, dass die arbeitsunfähig erkrankten Häftlinge in die
Vergasung nach Birkenau gingen und dass dafür neue Häftlinge aus Auschwitz angefordert
wurden. Über diese Tatsache wurden in den Kreisen der deutschen Meister und Zivilangestellten
ganz offen gesprochen, und es ist wiederholt vorgekommen, dass deutsche Meister mit diesem
Tatbestand drohten, um Häftlinge zu erhöhter Arbeitsleistung anzutreiben. Diese Selektionen
haben sich sehr oft, zu einer Zeit sogar wöchentlich 2-3mal wiederholt.“
Curt Posener, Eidesstattliche Erklärung, I.G.-Farben-Prozeß, NI-9808, S. 6.
„Ich kann nicht verstehen, dass die Verwaltung der IG nichts von den Selektionen gewusst haben
soll. Die Herren haben persönlich alle gewusst, dass bis zu zweimal am Tage die LKW mit den
zu Vergasenden, die nach Birkenau kamen, an den IG-Gebäuden vorbeifuhren, und zwar auch
unmittelbar bei der Tausendmann-Halle und den Hauptverwaltungsgebäuden der IG vorbei. Man
konnte sehen, wozu diese Leute ausgesucht waren. (...) Es sind so viele Transporte
durchgegangen, und es haben so viele Arbeiter und Angestellte der IG diese Transporte
gesehen und sich gegenseitig darauf aufmerksam gemacht. Wir haben von Leuten der
IG gehört, dass sie uns bedauert haben, aber nichts sagen durften. Es ist vorgekommen, dass
uns von Meistern, Angestellten oder Arbeitern der IG gedroht wurde, wenn wir nicht mehr oder
die Arbeit nicht richtig machen würden, so kämen wir genauso ins Gas, wie die anderen auch.
Es kann heute niemand sagen, der bei der IG beschäftigt war, dass er das nicht gewusst habe.“
Josef Löwenstein, H.-Nr. 68.563, Aussage, Wollheim-Prozeß (2/3 O 406/51),
Sitzungsprotokoll vom 4.12.1952, S. 7.
Perspektiven auf Buna
Das Sterben: Häftlingskrankenbau
Zeugenaussagen:
„Die Zahl der bei den Selektionen ausgesuchten Häftlinge schwankte. Es waren manchmal 10,
es konnten aber mitunter auch 30 Häftlinge ausgesondert werden. Die Regel war, daß Häftlinge,
die nach 14 Tagen nicht genesen waren, in die Gaskammer kamen. Es wurden hier auch völlig
sinnlose Maßnahmen getroffen. Junge Häftlinge, die beispielsweise an Lungenentzündung
erkrankt waren und nach 14 Tagen noch nicht wieder völlig genesen waren, wurden in die
Gaskammer geschickt, obwohl sie bei einem längeren Aufenthalt im HKB mit Sicherheit wieder
arbeitsfähig geworden wären. Ich habe bei dem Abtransport der Selektierten beobachtet, daß auf
die Lastkraftwagen, die sie nach Birkenau zu verbringen hatten, zunächst bereits verstorbene
Häftlinge gelegt wurden, die Selektierten mussten sich dann auf die Leichen legen, und so fuhr
man Tote und noch Lebende nach Birkenau. Die Fleckfieberkranken wurden in der Regel nach
Birkenau abtransportiert. Dies geschah offensichtlich aus der Erwägung, keine
Fleckfieberkranken in Monowitz zu dulden, um durch Neuerkrankungen den Arbeitsprozeß bei
der IG Farbenindustrie nicht zu stören.“
Oszkar Betlen, Vernehmung vom 18.9.1962, Auschwitz-Prozeß, StA Frankfurt am Main,
4 Js 444/59, Bd. 72, Bl. 13588 f. d. A.
„Selektionen waren in Monowitz bis fast zuletzt. Am Anfang war es so, dass bei dem
Arztvormelder von 50-60 Häftlingen nur 10 aufgenommen wurden, während die anderen warten
mussten, bis das Krankenauto kam. Diese wurden dann nach Auschwitz überstellt. Ausserdem
waren dann noch grössere Selektionen. Es kam zeitweise vor, dass der Krankenstand zu hoch
war. Er durfte nicht über 6-7% der Belegschaft sein. Es wurden darüber auch Statistiken geführt.
Wenn der Krankenbau überfüllt war, dann ging der SS-Arzt durch den Bau, liess sich die
Krankenkarteikarte zeigen; wer länger als 14 Tage da war, liess er sich nackt vorstellen und liess
dessen Nummer aufschreiben. Diese wurde öfters im Krankenbau und hier und da auch im
Lager durchgeführt. Dann mussten in jedem Block die Häftlinge mit der Karteikarte in der Hand
nackt an dem SS-Arzt vorbeilaufen. Es wurden immer Häftlinge aufgeschrieben und zu einer
gewissen Stunde kam der LKW, bewacht von SS-Leuten. Die Häftlinge wurden der Nummer
nach aufgerufen und mussten auf das Auto steigen. Sie wurden, von der SS bewacht, im offenen
LKW an den IG-Gebäuden vorbeigefahren. 2 Stunden später kamen dann die Kleider dieser
Häftlinge zurück. Diese Selektion ist, soweit ich mich erinnern kann, 3-4 mal passiert in grossem
Ausmasse. Bei solchen Selektionen war nie jemand von der IG dabei.“
Jonas Silber, Aussage, Wollheim-Prozeß (2/3 O 406/51), Sitzungsprotokoll vom 29.1.1953, S. 2f.
„Nein, wir hatten keine Angst vor dem Tode. Deutlich erinnere ich mich, wie Kameraden , in
deren Blocks Selektionen für die Gaskammern erwartet wurden, nicht über diese sprachen, wohl
aber mit allen Anzeichen von Furcht und Hoffnung über die Konsistenz der zu verteilenden
Suppe. Mühelos triumphierte die Lagerrealität über den Tod und über den ganzen Komplex der
sogenannten letzten Fragen.“
Jean Améry, Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuche eines Überwältigten.
München: dtv 1988, S. 33 f.
Perspektiven auf Buna
„Überstellung“
Aussage im Prozeß:
„Nach der Fertigstellung der Krematorien in Birkenau seien die selektierten Häftlinge dorthin
überstellt worden. Die Überstellung nach Birkenau, insbesondere mit dem Vermerk 'Überstellt
nach B II f' habe nichts anderes bedeutet, als dass die Häftlinge unmittelbar der Tötung durch
Giftgas zugeführt worden seien.“
Bekundung von SS-Arzt Dr. Horst Fischer, zitiert im Urteil des Schwurgerichts bei dem Landgericht
Frankfurt/Main vom 16.9.1966, Strafsache gegen Burger u.a. (2. Frankfurter Auschwitz-Prozeß),
Fritz Bauer Institut, Sammlung Auschwitz-Prozeß.
Zeugenaussage:
„Mir ist genau bekannt, dass regelmässig in den Krankenbaracken des HKB von der SS
Selektionen durchgeführt worden sind. Es wurden dabei diejenigen kranken Häftlinge
ausgesucht, die nach Ansicht der SS in absehbarer Zeit nicht arbeitsfähig zu werden
versprachen. Diese Selektionen wurden vom SS-Lagerarzt durchgeführt. Er hat befohlen, welche
Häftlinge nummernweise aufzuschreiben waren. In unserer Schreibstube mussten dann
vorläufige Listen zusammengestellt werden, welche der Lagerarzt mit sich nahm. Diese Listen
wurden nun von der Politischen Abteilung durchgesehen und einzelne Nummern daraus
gestrichen. Wir bekamen diese so bearbeiteten Listen einige Tage später. Wir konnten
feststellen, dass diejenigen Häftlinge von den Selektionslisten gestrichen worden waren, die
nicht als 'Transport-Juden' galten. Daraufhin mussten wir endgültige Transportlisten
zusammenstellen. Ihr offizieller Titel war 'Überstellungsliste nach Birkenau'. Es war bei uns
allgemein bekannt, dass die Opfer dieser Selektionen in den Gaskammern von Birkenau
ermordet wurden.“
Felix Rausch, H.-Nr. 68.626, Erklärung vom 16.1.1960, Auschwitz-Prozeß, StA Frankfurt am Main,
4 Js 444/59, Bd. 24, Bl. 3940 d. A.
Perspektiven auf Buna
Widerstand
Zeugenbericht:
„Ich betrachte es als meine Pflicht, einen Meister besonders zu erwähnen, den Meister Kuss aus
Leipzig. Er war klein und schmächtig und besonders freundlich zu uns. Wenn die SS in unsere
Nähe kam, rief er uns immer ‘Sechs’ zu, um uns zu warnen. Obwohl ich selbst seine Hilfe nicht
im Anspruch genommen habe, weiß ich, daß er verschiedenen von uns geholfen hat. Eines
Tages verschwand er, und wir sahen ihn nicht wieder. Es wurde erzählt, er sei erschossen
worden. Mir persönlich war es unmöglich, Genaueres zu erfahren, aber es war bekannt, daß er
Antinazi war. Wir waren alle traurig, ihn verloren zu haben. Er war einer, der uns allen den
Glauben an die Menschheit zurückgeben konnte.“
Joseph Schupack, Tote Jahre. Eine jüdische Leidensgeschichte. Tübingen: Katzmann, 1984, S. 161
Zeugenaussage:
„Aus den Erfahrungen im Lager Dachau und Buchenwald heraus, beschlossen einige wenige
kameraden, zu denen ich gehörte, eine politische Untergrundbewegung im Lager aufzuziehen.
Diese Bewegung sollte folgenden Zwecken dienen:
1. zur Rettung von Menschenleben,
2. einer genauen Kontrolle über die von der SS herausgegebenen Befehle,
3. zur Hinauszögerung der Fertigstellung der Bauten,
4. Schulung Jugendlicher,
5. Aufnahme von Verbindungen zu Zivilisten, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen.
Diese Aufgaben wurden weitgehendst unter den erschwerten Bedingungen eines Häftlings
durchgeführt. Es gelang uns, gegen den Willen der SS und der Werksleitungder IG Farben eine
Reihe von Massnahmen durchzuführen, die obigen Zwecken dienten. So war es möglich, einer
Reihe von Kameraden das Leben durch verschiedene Manipulationen zu retten. Die Kontrolle
von SS-Befehlen und anweisungen der IG Farben-Werksleitung ermöglichte uns, bestimmte
Massnahmen zu durchkreuzen bezw. zu verhindern. Aus der Praxis der SS und auch der
IG Farben-Werksleitung wussten wir, dass Jugendliche als Arbeitskräfte, da sie zu einem
grossen Teil noch Schüler waren, nicht angenommen sondern vergast wurden. Durch
verschiedene Methoden, z.T. durch Korruption, veranlassten wir Meister sogenannte LehrlingsKommandos zu errichten. Auch haben wir gegen den willen dieser beiden Instanzen es
ermöglicht, dass den Jugendlichen Lebensmittel zugeteilt wurden, die wir z.T. mittels Korruption,
z.T. durch Diebstahl für diese Zwecke sicherstellten. Dazu kommt noch, dass die sanitären
Verhältnisse die denkbar schlechtesten waren und die ärztliche Betreuung besonders unter dem
Mangel an Medikamenten und Verbandstoffen litt, was sich besonders gegen die Jugendlichen
auswirkte. Durch den Einsatz unserer Organisation ermöglichten wir es, gegen den Willen der
IG Werksleitung, durch Diebstahl seitens unserer Kameraden, Medikamente und Verbandstoffe,
die in einem Lager in Buna in sehr reichem Maße vorhanden waren, zu besorgen.“
Curt Posener, Eidesstattliche Erklärung, I.G.-Farben-Prozeß, NI-9808, S. 3 f.
Perspektiven auf Buna
Britische Kriegsgefangene
Eidesstattliche Erklärungen:
„... am 9. April 1941 wurde ich in der Nähe von Tobruk gefangen genommen. (...) Kurz danach
begann ich, in der IG Farben-Fabrik in Auschwitz zu arbeiten.
Von allen Leuten, die bei der IG Farben in Auschwitz arbeiteten, hatten es die Juden am
schlechtesten. Ich stand sehr gut mit ihnen und sprach oft mit ihnen. Ich gewann den Eindruck,
dass mindestens die Haelfte der Insassen nicht wieder in gesitteter Gesellschaft leben koennten,
auf Grund der schlechten geistigen und koerperlichen Verfassung, in der sie sich befanden. Ihre
Kleidung bestand aus gestreiften Pyjamas, und ihr Schuhwerk aus Holzlatschen. Das Essen war
sehr schlecht. Sie baten uns immer um unsere Suppe. Die Suppe, die wir ihnen gaben, war so
schlecht, dass wir sie selbst nicht essen konnten.“
Douglas Tilbrook Frost, Eidesstattliche Erklärung, Nottingham 16. Juli 1947 (NI-11692)
„Die britischen Jungen warfen oft Zigaretten oder andere Sachen zu den Haeftlingen hinueber.
Die Haeftlinge wussten, wenn sie auch nur versuchen sollten, ihre Arbeit zu unterbrechen und
was ihnen zugeworfen worden war, aufzuheben, so wuerden sie mindestens gut verpruegelt
werden. Ich erinnere mich gesehen zu haben, wie einer von uns etwas zu den Haeftlingen
hinueberwarf, und als sich dieser Haeftling bueckte, um es aufzuheben, zog ein grosser, starker
Vorarbeiter seinen Revolver und schoss ihn nieder.“
Charles Joseph Coward, Eidesstattliche Erklärung, London, 24. Juli 1947 (NI-11696), S. 2
„Ich dachte, dass es schwierig sein könnte, in das Lager zu kommen. Durch Bestechung einer
Wache wechselte ich meine Kleidung und zog einen Häftlingsanzug an. Dies spielte sich
ungefähr gegen 5 Uhr abends ab und ungefähr 10 vor 6 Uhr machte ich meine Hände und mein
Gesicht etwas schmutzig und ungefähr 5 von den Häftlingen wußten, wer ich war, als wir
antraten. Als wir durch das Tor marschierten, wurden wir gezählt. Es wurde dann weiter
marschiert, obwohl sich einige in sehr schlechtem Zustand befanden, direkt zu den Baracken.
Dort wurden wir wieder gezählt, dann wurden die Baracken geöffnet und wir konnten
hineingehen. In dieser Nacht wurde uns Suppe zugeteilt. Ich habe selbst nichts genommen, es
war nur Kartoffelsuppe. Als wir in die Baracke kamen, fielen wenigsten 4 - 5 Mann erschöpft auf
den Boden. Sie wurden von ihren Häftlingsfreunden und dem Kapo, der die Suppe ausgab,
aufgehoben und die Freunde haben die Kranken aufrechtgehalten, damit sie ihre Rationen in
Empfang nehmen konnten. Der Grund, warum ich in das Lager ging, war, weil dort ein britischnaturalisierter Doktor war. Ich hatte von ihm Briefe bekommen, die mir von den Häftlingen
zugestellt worden waren, in denen er sich über die Behandlung beklagte und mich bat,
Beziehungen oder Verbindungen mit Genf aufzunehmen. Er wußte offensichtlich nicht, dass die
Häftlinge nicht der Genfer Konvention unterstanden. Es war mir nicht möglich, wirklich
Verbindung mit dem Arzt aufzunehmen, obwohl ich ihm Benachrichtigung zukommen liess. In
den Baracken standen dreistöckige Betten. In einem Bett lagen 2 oder 3 Häftlinge. (...) am
nächsten Morgen bekamen wir etwas Pfefferminztee, wir mussten wieder ausmarschieren, aber
es gab einige, die ihr Bett nicht verlassen konnten und einige Häftlinge lagen auf dem
Fussboden, die waren aus dem Bett gefallen. Die Kapelle spielte und wir marschierten aus, über
die Strasse in die Fabrik und die Meister haben dann 6 - 8 Mann, einzelne Leute übernommen.
Die brit. Kriegsgefangenen fingen später an zu arbeiten. Als die brit. Kriegsgefangenen dann
zum Werk marschierten, hat derjenige, der mit mir die Kleider gewechselt hatte, mit mir wieder
die Kleider getauscht. Dann bin ich zurückgekehrt und ging in mein Büro.“
Charles Joseph Coward, Zeugenaussage im Wollheim-Prozeß, Frankfurt am Main 19. Februar 1953
Perspektiven auf Buna
Walther Dürrfeld, Direktor und Bauleiter
Walther Dürrfeld, geb am 24. Juni 1899 in Saarbrücken, Dr. ing., Mitglied des Vorstands der I.G. Farben, von
1932 bis 1941 Chefingenieur bei den Leuna-Werken, von 1941 bis 1945 Prokurist, von 1942 Direktor und
Bauleiter von I.G. Auschwitz, seit 1937 Mitglied der NSDAP, seit 1934 Mitglied der Deutschen Arbeitsfront, im
Juni 1945 von der amerikanischen Militärpolizei verhaftet, mit Urteil vom 29./30. Juli 1947 zu 8 Jahren
Zuchthaus verurteilt, 1951 vorzeitig entlassen, Vorstandsmitglied der Scholven-Chemie AG, GelsenkirchenBuer, Mitglied des Aufsichtsrats der Phenolchemie GmbH, Gladbeck i. W., Mitglied des Aufsichtsrats der
Friesecke & Hoepfner GmbH, Erlangen, 1967 verstorben.
Aussagen in Prozessen:
„Von Beseitigung von Häftlingen zum Zwecke ihrer Vernichtung als Arbeitsunfähige ist mir nie
etwas bekannt geworden. (...) Wenn man anstelle des Wortes ‘Beseitigung nicht arbeitsfähiger
Häftlinge’ den Ausdruck ‘Auswechslung nicht arbeitsfähiger gegen arbeitsfähige Häftlinge’ setzt,
so kann man eigentlich selbst davon nicht reden, weil ich nicht übersehen konnte, ob und wieviel
Häftlinge jeweils nach dem Stammlager geschickt und dafür andere Häftlinge nach Monowitz
gekommen sind. Wir fanden uns nämlich arbeitsmäßig auf einer stets ansteigenden Linie des
Einsatzes von Häftlingen.“
„Mir ist bekannt gewesen, daß (s)chwerkranke (...) Häftlinge in d(en) Krankenbau des
Stammlagers Auschwitz überführt worden sind. Unter Schwerkranken verstehe ich solche
Personen, die sich zum Beispiel Operationen unterziehen müssen oder über eine längere
Zeitdauer hinweg infolge ihrer Krankheit nicht mehr arbeitsfähig sind. Wer die Überstellung von
solchen Schwerkranken aus dem Lager Monowitz in den Krankenbau des Stammlagers
Auschwitz anordnete, ist mir unbekannt. Mir ist niemals bekannt geworden, daß solche Kranke,
die von Monowitz nach Auschwitz zurücküberstellt wurden, der Vernichtung anheimfielen. (...)
Von Vereinbarungen zwischen der IG-Farbenindustrie AG und der SS, daß solche Häftlinge zum
Zwecke ihrer Beseitigung von Monowitz nach Auschwitz zurücküberstellt wurden, ist mir nichts
bekannt gewesen, bis die ersten Rundfunkmeldungen über diese Vernichtungen nach Räumung
des Werkes im Januar 1945 bekannt wurden.“
Staatsanwaltschaftliche Vernehmung vom 9.4.1965, Bad Oeynhausen, Auschwitz-Prozeß
StA Frankfurt am Main, 4 Ks 2/63, Bd. 98, Bl. 18908 f.
Kapitel 3
Das Ende des KL Auschwitz/ Monowitz
› Luftangriffe der Alliierten
› Befreiung
Das Ende des KL Auschwitz/Monowitz
Luftangriffe der Alliierten auf die I.G. Farbenwerke
20.08.1944: 127 B-17 Bomber, 1336 Zweizentnerbomben
13.09.1944: 96 B-24 Bomber, 943 Zweizentnerbomben
18.12.1944: 2 B-17 und 47 B-24 Bomber, 436 Zweizentnerbomben
26.12.1944: 95 B-24 Bomber, 679 Zweizentnerbomben
„Die vier Luftangriffe auf Monowitz richteten sich sämtlichst gegen eine Ölraffinerie mit einer
geschätzen Ausdehnung von 1,1 Quadratkilometern und ein Gummiwerk mit einer Fläche
von 1,8 Quadratkilometern.“
Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden. Die Gesamtgeschichte des Holocaust.
Berlin: Olle & Wolter Verlag, 1982, S. 765.
Zeugenberichte:
„Wer könnte wohl glauben, daß plötzlich eine Lebensgefahr entstand, die uns nicht nur willkommen
war, nach der wir uns sogar sehnten? Ich kann mich nicht genau erinnern, ob es Sirenen oder das
Gesumme von Bombern war, das ‘Herren’ und ‘Sklaven’ vereinte — alle liefen in Deckung. Oh, welch
herrlicher Ausblick: die SS, die ‘Herren’ und ‘Obersten der Herrenrasse’ zu beobachten, wie sie alle
Würde vergaßen, ihre Gefangenen sich selbst überließen und um die Wette rannten, um ihr
erbärmliches Leben zu retten. Ich hatte den Eindruck, daß sie — solange Bombengefahr bestand —
keinen Finger rühren würden, falls jemand während dieses Durcheinanders flüchtete. Ich wollte gerade
diese erheiternde Beobachtung meinem Vater mitteilen, als das sonore Dröhnen der
herankommenden Flugzeuge direkt über uns schien. Alle Anwesenden warfen sich nieder, Vater und
ich landeten in einem Graben an der Wegseite.“
Henry Wermuth: Atme, mein Sohn, atme tief. Die Überlebensgeschichte. Frankfurt am Main: bLoch Verlag 1996,
S. 206 f.
„Vielleicht ist es schwer verständlich, warum die abgeworfenen Bomben uns Häftlinge glücklich
machten, obwohl sie uns doch ebenfalls gefährdeten. Aber diese Bomben galten allen Menschen in
Buna, ohne Unterschied von Rasse, Glauben und Nationalität. Fallende Bomben haben keine Adresse,
sie bedrohen unterschiedslos jeden. Alle Leiden: Schläge, Selektionen, Aussiedlungen, Vergasung,
Erschießung usw. wurden in diesem Lager nur uns Juden zugefügt. Einmal leiden wie alle Menschen,
ohne Unterschied von Glauben und Rasse, das tat nicht so weh.“
Joseph Schupack: Tote Jahre. Eine jüdische Leidensgeschichte. Tübingen: Katzmann Verlag 1984, S. 164 f.
Das Ende des KL Auschwitz/Monowitz
Befreiung
Zeugenbericht:
„Wir waren etwa achthundert, die im Krankenbau von Buna-Monowitz zurückblieben. Davon
starben ungefähr fünfhundert infolge ihrer Krankheiten, erfroren oder verhungerten, noch ehe die
Russen kamen, und weitere zweihundert starben trotz aller Hilfe in den unmittelbar folgenden
Tagen.
Die erste russische Patrouille tauchte gegen Mittag des 27. Januar 1945 in Sichtweite des
Lagers auf. Charles und ich entdeckten sie zuerst: wir waren dabei, die Leiche Sómogyis, des
ersten, der aus unserem Raum gestorben war, in das Massengrab zu transportieren. Wir kippten
die Bahre auf dem zertretenen Schnee aus, denn da das Grab inzwischen voll war, gab es keine
andere Begräbnismöglichkeit. Charles nahm die Mütze ab, um die Lebenden und die Toten zu
grüßen. Es waren vier junge Soldaten zu Pferde; vorsichtig ritten sie mit erhobenen
Maschinenpistolen die Straße entlang, die das Lager begrenzte. als sie den Stacheldraht erreicht
hatten, hielten sie an, um sich umzusehen, wechselten ein paar Worte und blickten wieder, von
einer seltsamen Befangenheit gebannt, auf die durcheinanderliegenden Leichen, die zerstörten
Baracken und auf uns wenige Lebende.
Sie grüßten nicht, lächelten nicht; sie schienen befangen, nicht so sehr aus Mitleid, als aus einer
unbestimmten Hemmung heraus, die ihnen den Mund verschloß und ihre Augen an das düstere
Schauspiel gefesselt hielt. Es war die gleiche wohlbekannte Scham, die uns nach den
Selektionen und immer dann überkam, wenn wir Zeuge einer Mißhandlung sein oder sie selbst
erdulden mußten.: jene Scham, die die Deutschen nicht kannten, die der Gerechte empfindet vor
einer Schuld, die ein anderer auf sich lädt und die ihn quält, weil sie existiert, weil sie
unwiderruflich in die Welt der existenten Dinge eingebracht ist und weil sein guter Wille nichts
oder nicht viel gilt und ohnmächtig ist, sie zu verhindern.
So schlug auch die Stunde der Freiheit für uns ernst und lastend und erfüllte unsere Seelen mit
Freude und zugleich einem schmerzlichen Schamgefühl, um dessentwillen wir gewünscht
hätten, unser Bewußtsein und unser Gedächtnis vor dem Greuel, den es beherbergte,
reinzuwaschen: und mit Qual, weil wir spürten, daß es nicht möglich war, daß nie irgend etwas
so Gutes und Reines kommen könnte, das unsere Vergangenheit auslöschen würde, und daß
die Spuren der Versündigung für immer in uns bleiben würden, in der Erinnerung derer, die
miterlebt haben, an den Orten, wo es geschehen war, und in den Berichten, die wir darüber
abgeben würden.“
Primo Levi: Die Atempause. In: Ders.: Ist das ein Mensch? Die Atempause. Aus dem Italienischen von Moshe
Kahn. München: Hanser Verlag 1988, S. 181 f. (gekürzt)
Kapitel 4
Prozesse gegen das IG Farben-Management
› Nürnberger Prozeß (Anklage)
› Nürnberger Prozeß (Urteile)
› Nürnberger Prozeß (Bsp. Walther Dürrfeld)
› Nürnberger Prozeß (Weitere Beispiele)
› Wollheim-Prozeß (Aktennotiz)
› Wollheim-Prozeß (Plädoyer Anklage)
› Wollheim-Prozeß (Erklärung IG Farben)
› Auschwitz-Prozeß (Stellungnahme IG Farben 1)
› Auschwitz-Prozeß (Stellungnahme IG Farben 2)
Prozesse gegen das IG Farben-Management
Nürnberger Prozeß
Anklageschrift:
„Allen Anstand und jede menschliche Ruecksichtnahme mit Fuessen tretend, missbrauchte die
I.G. ihre Arbeitssklaven, indem sie sie u.a. unmaessig langer, harter und erschoepfender Arbeit
aussetzte, ohne sich im geringsten um ihre Gesundheit und ihre koerperliche Verfassung zu
kuemmern. Die Faehigkeit, Arbeit zu leisten, war das einzige Kriterium fuer Leben und Tod. (...)
Beim ersten Anzeichen eines Nachlassens der Leistungsfaehigkeit, auch wenn Krankheit oder
Erschoepfung die Ursache war, wurden die betreffenden Arbeiter der wohlbekannten 'Selektion'
unterworfen, Das hiess, in des Wortes einfachster Bedeutung, dass, wenn eine oberflaechliche
Untersuchung ergab, dass der Haeftling nicht binnen weniger Tage die volle Leistungsfaehigkeit
wiedererlangen wuerde, er als entbehrlich galt und zu der ueblichen Vernichtung nach dem
Auschwitzer Birkenau-Lager verschickt wurde. Was 'Selektion' und 'Birkenau' bedeutete, wusste
in Auschwitz jeder; die Begriffe waren allgemeinkundig. (...) Alle Luecken, die durch Ausrottung
und andere Todesarten entstanden, wurden durch Einweisung neuer Haeftlinge gefuellt. So
sicherte sich die I.G. den bestaendigen Zustrom neuer Haeftlinge, um die volle Produktion
aufrechtzuerhalten.“
Anklageschrift, im Prozeß Vereinigte Staaten von Amerika gegen Carl Krauch u.a. (I.G.-Farben-Prozeß) vom
3. Mai 1947 (Ankläger: Telford Taylor) S. 87 f.
Urteil:
„Die Vertreter der I.G., die fuer die Errichtung des Auschwitzer Betriebes in erster Linie
unmittelbar verantwortlich waren, sind AMBROS, BUETEFISCH und DUERRFELD. (...) Der
Angeklagte DUERRFELD fuehrte in seiner Eigenschaft als Chefingenieur und spaeterhin als
Bauleiter in Auschwitz die allgemeine Oberaufsicht ueber die Arbeit. Zahlreiche Zeugen haben
bestaetigt, dass er bei verschiedenen Gelegenheiten auf der Baustelle anwesend war. Er machte
haeufige Besichtigungsreisen, waehrend derer er die Leute bei der Arbeit beobachtete. Er
stattete auch dem nahegelegenen Arbeitslager in Monowitz einen Besuch ab, das unter der
Oberaufsicht der SS stand.“
Urteil im Prozeß Vereinigte Staaten von Amerika gegen Carl Krauch u.a. (I.G.-Farben-Prozeß) vom 29./30. Juli
1948 (Richter: Curtis G. Shake, James Morris und Paul M. Herbert) , S. 142 f.
„Im Jahre 1942 wurde auf die Veranlassung der I.G. neben und gegenueber der Baustelle ein
besonderes Arbeitslager namens Monowitz errichtet. (...) Die Arbeitsunfaehigen oder diejenigen,
die sich der Disziplin nicht unterwarfen, wurden in das Konzentrationslager Auschwitz
zurueckgeschickt oder, was weit oefter der Fall war, nach Birkenau, um in den dortigen
Gaskammern liquidiert zu werden.“ (Urteil, S. 148)
„Die Verwendung von Konzentrationslagerhaeftlingen und auslaendischen Zwangsarbeitern in
Auschwitz stellt, wenn man berücksichtigt, dass die leitenden Beamten der I.G. aus eigenem
Antrieb Massnahmen zur Beschaffung und Verwendung dieser Arbeitskraefte getroffen haben,
ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar (...) Es ist ferner erwiesen, dass die Verwendung
der Konzentrationslagerhaeftlinge in Kenntnis der schlechten, ja unmenschlichen Behandlung
erfolgt ist, die den Haeftlingen durch die SS zuteil wurde, und dass die Arbeit auf dem
Baugelaende in Auschwitz das bedauernswerte Schicksal dieser ungluecklichen Haeftlinge noch
verschlimmert und zu ihrer verzweifelten Lage beigetragen hat.“
Urteil im Prozeß Vereinigte Staaten von Amerika gegen Carl Krauch u.a. (I.G.-Farben-Prozeß) vom 29./30. Juli
1948 (Richter: Curtis G. Shake, James Morris und Paul M. Herbert) , S. 152.
Prozesse gegen das IG Farben-Management
Nürnberger Prozeß
Urteil vom 30. Juli 1948
Angeklagte
Urteil
Carl Krauch
6 Jahre
Hermann Schmitz
4 Jahre
Georg von Schnitzler
5 Jahre
Fritz Gajewski
Freispruch
Heinrich Hörlein
Freispruch
August von Knieriem
Freispruch
Fritz ter Meer
7 Jahre
Christian Schneider
Freispruch
Otto Ambros
8 Jahre
Ernst Bürgin
2 Jahre
Heinrich Bütefisch
6 Jahre
Paul Häfliger
2 Jahre
Max Ilgner
3 Jahre
Friedrich Jähne
1½ Jahre
Hans Kühne
Freispruch
Carl Lautenschläger
Freispruch
Wilhelm Mann
Freispruch
Heinrich Oster
2 Jahre
Karl Wurster
Freispruch
Walther Dürrfeld
8 Jahre
Heinrich Gattineau
Freispruch
Erich von der Heyde
Freispruch
Hans Kugler
1½ Jahre
Spätestens 1951 wurden alle zu zeitigen Zuchthausstrafen Verurteilten vorzeitig entlassen.
Prozesse gegen das IG Farben-Management
Nürnberger Prozeß: Urteil W. Dürrfeld
Walther Dürrfeld
*24. Juni 1899 in Saarbrücken +1967
Dr. ing., Mitglied des Vorstands der I.G. Farben, von 1932 bis 1941 Chefingenieur bei den LeunaWerken, von 1941 bis 1945 Prokurist, von 1942 Direktor und Bauleiter von I.G. Auschwitz, seit 1937
Mitglied der NSDAP, seit 1934 Mitglied der Deutschen Arbeitsfront, im Juni 1945 von der
amerikanischen Militärpolizei verhaftet, mit Urteil vom 29./30. Juli 1947 zu 8 Jahren Zuchthaus
verurteilt, 1951 vorzeitig entlassen, Vorstandsmitglied der Scholven-Chemie AG, GelsenkirchenBuer, Mitglied des Aufsichtsrats der Phenolchemie GmbH, Gladbeck i. W., Mitglied des Aufsichtsrats
der Friesecke & Hoepfner GmbH, Erlangen.
In der Anklageschrift vom 3. Mai 1947 führte die amerikanische Anklagebehörde aus:
„Allen Anstand und jede menschliche Ruecksichtnahme mit Fuessen tretend, missbrauchte die
I.G. ihre Arbeitssklaven, indem sie sie u.a. unmaessig langer, harter und erschoepfender Arbeit
aussetzte, ohne sich im geringsten um ihre Gesundheit und ihre koerperliche Verfassung zu
kuemmern. Die Faehigkeit, Arbeit zu leisten, war das einzige Kriterium fuer Leben und Tod. (...)
Beim ersten Anzeichen eines Nachlassens der Leistungsfaehigkeit, auch wenn Krankheit oder
Erschoepfung die Ursache war, wurden die betreffenden Arbeiter der wohlbekannten 'Selektion'
unterworfen, Das hiess, in des Wortes einfachster Bedeutung, dass, wenn eine oberflaechliche
Untersuchung ergab, dass der Haeftling nicht binnen weniger Tage die volle Leistungsfaehigkeit
wiedererlangen wuerde, er als entbehrlich galt und zu der ueblichen Vernichtung nach dem
Auschwitzer Birkenau-Lager verschickt wurde. Was 'Selektion' und 'Birkenau' bedeutete, wusste
in Auschwitz jeder; die Begriffe waren allgemeinkundig. (...) Alle Luecken, die durch Ausrottung
und andere Todesarten entstanden, wurden durch Einweisung neuer Haeftlinge gefuellt. So
sicherte sich die I.G. den bestaendigen Zustrom neuer Haeftlinge, um die volle Produktion
aufrechtzuerhalten.“
(Anklageschrift, S. 87 f.)
Im Prozeß Vereinigte Staaten von Amerika gegen Carl Krauch u.a. (I.G.-Farben-Prozeß) urteilte
das aus den Richtern Curtis G. Shake, James Morris und Paul M. Herbert bestehende Gericht am
29./30. Juli 1948:
„Die Vertreter der I.G., die fuer die Errichtung des Auschwitzer Betriebes in erster Linie
unmittelbar verantwortlich waren, sind ABMROS, BUETEFISCH und DUERRFELD. (...) Der
Angeklagte DUERRFELD fuehrte in seiner Eigenschaft als Chefingenieur und spaeterhin als
Bauleiter in Auschwitz die allgemeine Oberaufsicht ueber die Arbeit. Zahlreiche Zeugen haben
bestaetigt, dass er bei verschiedenen Gelegenheiten auf der Baustelle anwesend war. Er machte
haeufige Besichtigungsreisen, waehrend derer er die Leute bei der Arbeit beobachtete. Er
stattete auch dem nahegelegenen Arbeitslager in Monowitz einen Besuch ab, das unter der
Oberaufsicht der SS stand.“
(Urteil, S. 142 f.)
„Im Jahre 1942 wurde auf die Veranlassung der I.G. neben und gegenueber der Baustelle ein
besonderes Arbeitslager namens Monowitz errichtet. (...) Die Arbeitsunfaehigen oder diejenigen,
die sich der Disziplin nicht unterwarfen, wurden in das Konzentrationslager Auschwitz
zurueckgeschickt oder, was weit oefter der Fall war, nach Birkenau, um in den dortigen
Gaskammern liquidiert zu werden.“
(Urteil, S. 148)
„Die Verwendung von Konzentrationslagerhaeftlingen und auslaendischen Zwangsarbeitern in
Auschwitz stellt, wenn man berücksichtigt, dass die leitenden Beamten der I.G. aus eigenem
Antrieb Massnahmen zur Beschaffung und Verwendung dieser Arbeitskraefte getroffen haben,
ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar (...) Es ist ferner erwiesen, dass die Verwendung
der Konzentrationslagerhaeftlinge in Kenntnis der schlechten, ja unmenschlichen Behandlung
erfolgt ist, die den Haeftlingen durch die SS zuteil wurde, und dass die Arbeit auf dem
Baugelaende in Auschwitz das bedauernswerte Schicksal dieser ungluecklichen Haeftlinge noch
verschlimmert und zu ihrer verzweifelten Lage beigetragen hat.“
(Urteil, S. 152).
Prozesse gegen das IG Farben-Management
Nürnberger Prozeß: Einige Verurteilte und ihr
Werdegang
AMBROS, OTTO
Wehrwirtschaftsführer
19.05.1901 Weiden.
Chemiker, ab 1926 IG Farben. Prof. Dr. phil.
Im Vorstand des Technischen und Chemischen Ausschusses der IG Farben Ludwigshafen.
1937 NSDAP.
Giftgas-, und Buna-Experte der IG. Sonderbeauftragter für Forschung und Entwicklung beim
Beauftragten für den Vierjahresplan (Göring). Leiter des Sonderausschusses Chemische
Kampfmittel und Leiter der Hauptabteilung Pulver und Sprengstoffe beim Rüstungsamt des
Reichsrüstungsministers.
Anfangs Betriebsführer des Bunawerks (zur Produktion synthetischen Kautschuks als Ersatz
für Gummi) der IG Auschwitz. Am 12.4.1941 an IG-Direktor Fritz ter Meer über Auschwitz
(faks. Abdruck bei Poliakov, Juden): „Anlässlich eines Abendessens, das uns die Leitung des
Konzentrationslagers gab, haben wir weiterhin alle Maßnahmen festgelegt, welche die
Einschaltung des wirklich hervorragenden Betriebs des KZ-Lagers zugunsten der BunaWerke betreffen.“
Betriebsführer der Nervengasfabrik Dyhernfurth (Produktion von Tabun und Sarin) und der
Lostfabrik Gendorf.
Im IG-Prozeß am 30.07.1948 wegen „Versklavung und Massenmord“ zu 8 Jahren Haft
verurteilt, vorzeitige Entlassung.
In zahlreichen Aufsichtsräten, unter anderem Feldmühle, Telefunken, Chemie Grünenthal.
1960 – 1975 Aufsichtsratvorsitzender der Knoll AG, Berater von Adenauer und Flick.
Todesanzeige BASF/ Knoll AG: „Eine ausdrucksvolle Unternehmerpersönlichkeit von großer
Ausstrahlungskraft“. Q.: Erklärung Ambros vom 1.5.1947 (Nbg.Dok.NI-6788).
MEER, FRITZ TER
Wehrwirtschaftsführer
*4.7.1884 Uerdingen +21.10.1967 Uerdingen.
Vorstandsmitglied und Vorsitzender des Technischen Ausschusses der IG Farben.
Mai 1937 NSDAP.
Im IG-Prozeß am 30.07.1948 wegen Raub und Versklavung zu 7 Jahren Haft verurteilt,
Entlassung Landsberg 1950.
1956-1964 Aufsichtsratvorsitzender der Farbenfabriken Bayer (DBE). Aufsichtsrat in
mehreren Unternehmen.
BÜTEFISCH, HEINRICH
Wehrwirtschaftsführer
*24.02.1894 Hannover +13.8.1969 Essen.
1930 Leiter des Leuna-Werks der IG Farben.
1932 Treffen mit Hitler. 1936 Mitarbeiter Krauchs als Produktionsbeauftragter für Öl in
Görings Vierjahresplanbehörde.
1937 NSDAP, 1938 Vorstandsmitglied des Technischen Ausschusses der IG. 1939
Ehrenmitglied SS, Obersturmbannführer, im Freundeskreis Reichsführer-SS. Ab 1941
zuständig für IG Auschwitz, zuerst als Leiter der Treibstoffproduktion (Borkin).
Am 30.7.1948 im IG-Prozeß zu 6 Jahren Haft verurteilt.
Im Aufsichtsrat unter anderem von Deutsche Gasolin AG, Feldmühle, Papier- und
Zellstoffwerke, Ruhrchemie AG Oberhausen.
1964 Großes Verdienstkreuz BRD auf Betreiben der Industrie, später wieder aberkannt.
KRAUCH, CARL
*7.4. 1887 Darmstadt, Prof. Dr. Phil. + 3.2.1968
Experte für Hochdruckchemie
1934 im Vorstand der IG Farben
1935 Leiter der Vermittlungsstelle Wehrmacht der IG in Berlin
1936 Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung im Amt für deutsche Roh-, und
Werkstoffe in Görings Vierjahresplanbehörde (zur Hochrüstung des Reiches). 1937 NSDAP
Am 22. 8. 1938 Generalbevollmächtigter für Sonderfragen der chemischen Erzeugung [unter
anderem Giftgas] beim Beauftragten für den Vierjahresplan. Borkin: „Krauch wurde zum
Symbol des Rüstungsbeitrages der IG.“ Am 28. 4. 1939 vor dem Generalrat des
Vierjahresplanes (zit. n. Michalka): „Heute wie 1914 erscheint [sic!] die deutsche politische
und wirtschaftliche Lage …eine rasche Kriegsentscheidung durch Vernichtungsschläge gleich
zu Beginn der Feindseligkeiten zu verlangen.“ Schlußfolgerung: „Freiheit des Handelns ist für
die oberste Kriegsleitung also gegeben, wenn die Vorräte an Pulver und Sprengstoff so groß
sind, dass der Bedarf vieler aufeinanderfolgender Kampfhandlungen gedeckt werden kann.“
1939 Verleihung des eisernen Kreuzes von Hitler für „Siege auf dem Schlachtfeld der
deutschen Industrie“. 1940 Aufsichtsratvorsitzender der IG. Senator Kaiser-WilhelmGesellschaft. Mitglied deutsche Akademie für Luftfahrtforschung.
Am 30.7.1948 im IG-Prozeß zu 6 Jahren Haft verurteilt, Entlassung 1950.
Aufsichtsratmitglied der Bunawerke Hüls.
SCHNITZLER, GEORG VON
Wehrwirtschaftsführer
*29.10.1884 Köln + 24.5.1962, Basel
Vorstandsmitglied und Vorsitzender des kaufmännischen Ausschusses der IG Farben.
Februar 1933 Mitfinanzier des Wahlkampfs der NSDAP (Fest). 1934 SA, Hauptsturmführer.
1937 NSDAP.
1943 Vorsitzender des Chemikalienausschusses, verantwortlich für die Ausbeutung der
polnischen und französischen Chemie-Industrie (Weiß).
Im IG-Prozeß am 30.7.1948 zu 5 Jahren Haft verurteilt.
Präsident der Deutsch-Ibero-Amerikanischen Gesellschaft.
SCHMITZ, HERMANN
Vorstandsvorsitzender der IG Farben (1935)
*1.1.1881 Essen als Arbeitersohn + 8.10.1960 Heidelberg
Ab 1906 bei der Metallgesellschaft in Frankfurt/ Main, Leiter des gesamten
Auslandsgeschäfts.
Im I. Weltkrieg Generalbevollmächtigter der Wehrmacht für die chemische Produktion
(Munition, auch Giftgas). Danach Finanzberater Carl Boschs.
1925 Finanzdirektor der IG Farben. Zahlreiche Mitgliedschaften in Aufsichtsräten. NSDAP,
Ehrenabgeordneter der NSDAP im Reichstag.
Im IG-Prozeß zu 4 Jahren Haft „wegen Plünderung und Raub“ (DBE) verurteilt.
Danach Aufsichtsratvorsitzender der Rheinischen Stahlwerke (Hilberg).
Quelle: Klee, Ernst: „Das Personenlexikon im dritten Reich“. Frankfurt am Main, 2003
Prozesse gegen das IG Farben-Management
Wollheim-Prozeß
Aktennotiz von Norbert Wollheim,
Anlage zu einem Schreiben vom 27. 11.1950 an RA Henry Ormond
(Abschrift)
Betrifft: Ansprüche ehemaliger Häftlinge aus Buna/Monowitz gegen die IG Farbenwerke
Im Zuge der gegenwärtig zur Erörterung stehenden Entflechtung des IG Farben-Konzerns
erscheint es mir angemessen, zunächst nach der juristischen Seite hin die Frage zu prüfen,
inwieweit bei der Abwicklung dieses Konzerns auch die Ansprüche der ehemaligen Häftlinge ihre
Berücksichtigung finden.
Bekanntlich bediente sich die IG Farben zum Aufbau ihres Werkes bei Auschwitz in
Buna/Monowitz weitgehendst der Arbeitskraft der im Nebenlager von Auschwitz, Buna, gefangen
gehaltenen Häftlinge. (Im Nürnberger IG Farben Prozeß wurde das Arbeitslager Monowitz auch
regelmässig als das Arbeitslager der IG Farben bezeichnet.)
Das Nürnberger Militärgericht hat in seinem Urteil anerkannt, dass die Methoden, deren sich die
IG Farben in Auschwitz beim Arbeitseinsatz der Häftlinge bediente, ein Verbrechen gegen die
Menschlichkeit darstellten und hat die Verantwortlichen hierfür bestraft.
Offen gelassen wurde bei diesem auf das Strafrechtliche beschränkten Urteil die Frage der
bürgerlich rechtlichen Haftung des IG Konzerns hinsichtlich der Entschädigungsansprüche, die
die als Arbeitssklaven in Auschwitz beschäftigten Personen geltend machen können.
Das Wirtschaftsamt der SS hat für Auschwitz in ähnlicher Form wie für andere Rüstungsfabriken
in Deutschland (Reichswerke Hermann Göring etc.) einen Vertrag abgeschlossen, in dem die
Bedingungen für das Ausleihen der Häftlinge an die IG Farben zwecks Verrichtung von
Arbeitsleistungen beim IG Konzern festgelegt waren. Die IG zahlte auf Grund dieses Vertrages
an die Leitung des Konzentrationslagers Auschwitz einen Festsatz, der für ungelernte und
Facharbeiter differierte. Die Konzentrationslagerleitung verpflichtete sich ihrerseits, für
Unterbringung und Verpflegung der Häftlinge Sorge zu tragen.
Von dem durch den einzelnen Häftling bei der IG verdienten Arbeitslohn hat der Häftling selbst
niemals auch nur einen Pfennig in die Hand bekommen, da nach den im Konzentrationslager
geltenden Bedingungen ihm der Besitz von Geld streng verboten war.
Ansprüche, die sich aus der Tatsache der zwangsweisen und unrechtmässigen Unterbringung in
einem Konzentrationslager ergeben, dürften ausser über die Haftentschädigungsgesetze der
Länder im Grunde genommen als abgegolten betrachtet werden müssen. Damit haben jedoch
nicht die Ansprüche eine Erledigung gefunden, die gegen den IG Farben Konzern aus der
Tatsache entstanden sind, dass die IG Farben
1. beim Aufbau ihres Werkes in Auschwitz die regelmässige Belieferung von HäftlingsArbeitskraft voraussetzen. (Näheres hierüber ist aus dem Nürnberger Urteil zu ersehen).
2. das von ihr gezahlte Arbeitsentgelt weit unter dem Satz hielt, den sowohl ein ungelernter
wie auch Facharbeiter unter normalen Anstellungsbedingungen zu beanspruchen hat.
Es bedarf der Feststellung, welche Gegenleistung die IG Farben in Auschwitz pro Kopf und
Arbeitstag gezahlt haben. (Meiner Erinnerung nach höchstens 4.- bis 5.- RM.) Für Facharbeiter
betrug der Lohn jedoch zur Kriegszeit bis zu RM 1.20 pro Stunde. Die Arbeitszeit betrug im
Sommer bis zu 72 Stunden, in Einzelfällen auch mehr. Daraus ergibt sich, dass sich der IG
Farben Konzern alle für die in Auschwitz-Monowitz zur Arbeit eingesetzten fast 10 000 Häftlinge
an nicht gezahlten Arbeitslöhnen in erheblichem Umfange ungerechtfertigt bereichert hat.
Es dürfte zunächst zu prüfen sein:
1. aufgrund welcher rechtlichen Bestimmungen die Geltendmachung der Ansprüche
ehemaliger Häftlinge an die IG Farben erfolgen kann,
2. ob die Durchsetzung solcher Ansprüche von jedem einzelnen Häftling oder nicht
zweckmässigerweise in Form einer Interessengemeinschaft vorgenommen werden sollte,
3. der Erlass diesbezüglicher gesetzlicher Massnahmen gefordert werden muss, falls die
geltenden Rechtsbestimmungen für die Durchsetzung der Ansprüche nicht ausreichen.
Da die vorgesetzte Verwaltungsstelle für das Auschwitzer IG Farben Werk Ludwigshafen ist,
dürfte auch heute die Zuständigkeit für alle Ansprüche hier liegen.
Sollte es gelingen, ein obsiegendes Urteil im Sinne dieser Ansprüche gegen die IG Farben zu
erlangen, so dürfte damit ein wichtiges Präjudiz hinsichtlich aller Ansprüche geschaffen sein, die
unterbezahlte Häftlinge gegen ihre früheren Arbeitgeber geltend machen können.
Lübeck, den 27. November 1950
Fritz Bauer Institut, Sammlung Wollheim-Prozeß.
Prozesse gegen das IG Farben-Management
Wollheim-Prozeß
Plädoyer von RA Otto Küster vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main
i. S. Wollheim ./. I.G. Farben vom 1. März 1955
(Abschrift)
„Was die Leute der Bekl. [der I.G. Farbenindustrie AG i. A.] durch positives Tun den Häftlingen
erwiesenermassen zugefügt haben, ist im Sinne des Klaganspruchs übergenug.
Meister der Bekl. haben in Ausübung ihres Weisungsrechts Häftlinge ohne Brillen schweissen
lassen, ohne Wasserstiefel im eisigen Wasser arbeiten lassen, ohne Schulterschutz schwere
Kabel ziehen lassen, in Holzschuhen auf vereiste Pfeiler gejagt, sie in schwindelnder Höhe ohne
Gurte dort arbeiten lassen. Sie haben sie Säcke von einem Zentner im Laufschritt schleppen
lassen und ihnen, wenn das nicht nach Wunsch ging, einen zweiten Zentnersack auflegen
lassen. Sie haben auf diese Weise, ohne Hand anzulegen, bewirkt, dass die Häftlinge
abstürzten, an unbehandelter Lungenentzündung starben, im Herzkollaps zusammenbrachen.
Sie haben als wirksames Mittel die Todesangst eingesetzt, indem sie ihnen das Gas androhten,
in das sie sie schon dadurch schicken konnten, dass sie ungenügende Leistung meldeten. Sie
haben sich aber auch nicht gescheut, selbst Hand an die Häftlinge zu legen und sie zu schlagen,
mit dem Schippenstiel, mit dem Seil, mit dem Eisen, sie haben die Niedergeschlagenen mit
Füßen getreten, oder sie haben die Kapos veranlasst, dies zu tun. Sie haben sogar Kinder durch
Schläge und Fußtritte angetrieben. Sie mögen bei alledem unter Druck der von ihnen seitens der
Vorgesetzten erwarteten Leistung und alles dessen gehandelt haben, was von der Erfüllung des
Solls oder gar eines Übersolls an Vorankommen und auch an Unabkömmlichbleiben abhing.
Aber sie haben darüber hinaus Handlungen begangen, die die Feststellung des Landgerichts
erzwangen, die Leute der Bekl. hätten sich der Lehre hingegeben, hier seien nicht Menschen,
sondern Untermenschen zu behandeln.“
Fritz Bauer Institut, Sammlung Wollheim-Prozeß
Prozesse gegen das IG Farben-Management
Wollheim-Prozeß
Schriftsatz der I.G. Farbenindustrie AG in Abwicklung, veröffentlicht im
Geschäftsbericht für das Geschäftsjahr 1956, zur Information der Aktionäre:
(Abschrift)
„Die I.G. sieht in dem mit der C.C. [Claims Conference] geschlossenen Abkommen keine
Präjudizierung in anders gearteten Fällen (...) Der Wollheim-Komplex ist besonders gelagert,
weil in Auschwitz das jüdische Vernichtungslager errichtet wurde; daß die I.G. ein Werk in der
Nähe des Ortes bauen mußte, wohin später dieses jüdische Vernichtungslager kam, ist ihr nicht
zuzurechnen. Die Belastung aus diesem Umstand legte aber, da das Gericht erster Instanz aus
der besonderen Gefahrenlage der Auschwitzer KZ-Häftlinge auch eine besondere
Fürsorgepflicht der I.G. herleitete, eine außergerichtliche Regelung nahe, obwohl die I.G.
ihrerseits für die ihr zur Arbeit zugewiesenen KZ-Häftlinge alles nach der damaligen Lage der
Dinge Menschenmögliche glaubt getan zu haben.“
I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft in Abwicklung Frankfurt (Main): Geschäftsbericht der
Liquidatoren, Bericht des Aufsichtsrats, Jahresabschluß für das Geschäftsjahr 1956, S. 17 f. (Fritz Bauer
Institut, Sammlung Wollheim-Prozeß)
Prozesse gegen das IG Farben-Management
Auschwitz-Prozeß
Aus einer apologetischen Stellungnahme der I. G. Farbenindustrie in
Abwicklung zum 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß (Juni 1964):
„Dieser Brief wird neuerdings wieder öfter zitiert (...) Als der Brief vom 12. April 1941 geschrieben
wurde, war das Konzentrationslager Auschwitz - über 7 km von der Baustelle des Bunawerkes
entfernt - mit einigen tausend Häftlingen, im wesentlichen Kriminelle, belegt, die in
handwerklichen und landwirtschaftlichen Betrieben des Lagers beschäftigt waren, die auf den
Besucher einen ordentlichen Eindruck machten. (...) Mit dem KZ Auschwitz, wie es sich ab 1942
entwickelt hat und das heute als Stätte des Grauens zu einem makabren Begriff geworden ist,
hat der Brief vom 12. April 1941 nicht das Geringste zu tun. (...)
Im übrigen dürfte der Ausdruck ‘neue Freundschaft mit der SS’ einer gewissen Ironie nicht
entbehren, denn weder Verfasser noch Empfänger des Briefes waren zu irgendeinem Zeitpunkt
Mitglied der SS oder anderer ähnlicher Organisationen jener Zeit: auch wäre es dem damaligen
Regime bei Bekanntwerden dieser Formulierung nicht gerade wohlgefällig gewesen, eine
Freundschaft mit der SS im Jahre 1941 als neu bezeichnet zu bekommen, nachdem
Deutschland seit 8 Jahren unter der Herrschaft dieses Regimes stand.“
I.G. Farben in Abwicklung, Die I.G. Farbenindustrie und der Bau einer chemischen Fabrik Auschwitz
1941-1945. Im Juni 1964. (Fritz Bauer Institut, Sammlung Auschwitz-Prozeß)
Aussage im Prozeß 1947:
„Otto Ambros, der fuer den Bau des Werkes verantwortlich war, legte mir die ersten
Anforderungen auf Arbeitskraefte fuer den Bau nach der Wahl des Gelaendes von Auschwitz
vor. Als die SS wegen der Verwendung von KZ-Haeftlingen an mich herantrat, lehnte ich das ab,
da mir die Einsatzbedingungen fuer die Haeftlinge menschenunwuerdig erschienen. Daraufhin
erhielt das Werk Buna Auschwitz eine Mitteilung von Seiten des Ministeriums in dem Sinne, dass
die Absicht bestuende, KZ-Haeftlinge in dem IG Buna-Werk Auschwitz einzusetzen. Buetefisch
legte die Angelegenheit dem Vorstand der IG Farben vor und erhielt die Bewilligung, KZHaeftlinge zu verwenden. (...) Der Vorstand der IG Farben, insbesondere die Vorstandsmitlieder
Schmitz, ter Meer, Ambros und Buetefisch, wusste von dem Einsatz von KZ-Haeftlingen in dem
IG Bunawerk Auschwitz und erhob dagegen keinen Einspruch.“
Carl Krauch, Vorsitzender des Aufsichtsrates der I.G. Farbenindustrie von 1940 bis April 1945,
I.G. Farben- Prozeß, Eidesstattliche Erklärung vom 13.2.1947 (NI-4033)
Prozesse gegen das IG Farben-Management
Auschwitz-Prozeß
Geschichtsklitterung
Aus einer apologetischen Stellungnahme der I.G. Farbenindustrie in Abwicklung zum
1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß (Juni 1964)
„Das gegenwärtig in Frankfurt laufende Strafverfahren gegen Bewachungsmannschaften des
Konzentrationslagers Auschwitz wird von kommunistischer Seite dazu benutzt, als die wahren
Schuldigen an den grauenhaften Ereignissen, die sich in diesem Lager abgespielt haben, die
deutsche Industrie zu verdächtigen, insbesondere die seinerzeitige I.G. Farbenindustrie AG, die
in über 7 km Entfernung (...) ein grosses chemisches Werk errichtete. (...) Die Baustelle lag vom
Konzentrationslager Auschwitz (...) über 7 km entfernt (...) Zunächst wurden die Häftlinge aus
dem Konzentrationslager Auschwitz täglich zur Baustelle gebracht und mußten abends in das
Lager zurückkehren, und zwar zu Fuß, später mit Hilfe einer - ungünstigen
Eisenbahnverbindung. Diese An- und Abtransporte bedeuteten für die Häftlinge eine schwere
Strapaze. Daraus entstand der Plan der I.G. Farbenindustrie, eines ihrer in Errichtung
befindlichen Arbeiter-Wohnlager, das für normale deutsche Arbeiter bestimmt war und kurz vor
der Fertigstellung stand, für die auf der Baustelle beschäftigten Häftlinge zur Verfügung zu
stellen. Damit wurde dieses Lager das „Arbeitslager Monowitz“ des Konzentrationslagers
Auschwitz. (...) Wie damals generell angenommen wurde und sich inzwischen klar bestätigt hat,
bedeuteten diese Arbeitslager für die Häftlinge insgesamt eine wesentliche Verbesserung
gegenüber den Verhältnissen in den Konzentrationslagern, die nicht Arbeitslager waren. (...)
Es wird behauptet, daß Angehörige der I.G. Farbenindustrie bei Selektionen von KZ-Häftlingen
mitgewirkt hätten dadurch, daß sie die SS auf Häftlinge, die ihrer Ansicht nach nicht mehr
arbeitsfähig waren, hingewiesen hätten, obwohl sie wußten oder hätten wissen müssen, daß
derartige Hinweise die Vergasung der Häftlinge automatisch zur Folge gehabt hätten. (...) aus
zahlreichen Bekundungen (geht) hervor, daß den maßgeblichen Angehörigen der IG, die mit
dem Bau des IG-Werkes zu tun hatten, das Wort und der Begriff 'Selektion' und die Tötung von
Arbeitsfähigen zum erstenmal während des Nürnberger Prozesses bekannt geworden ist. (...)
Alle am Aufbau des IG-Werkes beteiligten Firmen wünschten naturgemäss immer mit den
gleichen eingearbeiteten Häftlingen zu arbeiten. Wegen wechselnder Zusammensetzung der
einzelnen Arbeitskommandos wurde bei der SS öfter Beschwerde geführt. So weit dies nicht
zum Erfolg führte, wurde die Fluktuation damit erklärt, dass die in dem Kommando vorher tätigen
Häftlinge für andere Arbeiten benötigt würden, oder dass sie wegen Erkrankung in die
Krankenbauten des Hauptlagers überwiesen worden seien.“
I.G. Farben in Abwicklung, Die I.G. Farbenindustrie und der Bau einer chemischen Fabrik Auschwitz
1941-1945. Im Juni 1964. (Fritz Bauer Institut, Sammlung Auschwitz-Prozeß)
Anhang
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demokratischen Deutschland. o. O., o. J., [1965], 136 S., 2., erw. Aufl.
I.G. Farben – Auschwitz – Experimente. Über die Blutschuld der I.G. Farben. Dokumentation zum
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Vol. VII –VIII, Washington 1952 / 1953
► Das Urteil im I. G. Farben-Prozess. Der vollständige Wortlaut mit Dokumentenanhang.
Offenbach: Bollwerk-Verlag Karl Drott, 1948, 184 S.
► Wagner, Bernd C.:
IG Auschwitz. Zwangsarbeit und Vernichtung von Häftlingen des Lagers
Monowitz 1941–1945. München u.a.: Saur Verlag, 2000, 378 S.
(Darstellungen und Quellen zur Geschichte von Auschwitz, Bd. 3)
► Waitz, Robert:
»Auschwitz III, Monowitz«, in: Leon Polikaov, Josef Wulf, Das Dritte
Reich und die Juden. Dokumente und Aufsätze. 2., durchges. Aufl.
Berlin-Grunewald: Arani Verlag, 1955, S: 267–272.
► [Wollheim-Prozess]
»In Sachen Wollheim gegen I. G. Farben«. Beiträge von Wolfgang Benz,
Henry Ormond, Otto Küster, in: Dachauer Hefte, Jg. 2, H. 2 (1986), S.
142–174.
Zeugnisse von Buna/Monowitz-Häftlingen
[► = besondere Empfehlung]
► Améry, Jean:
Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuche eines
Überwältigten. München: Szczesny Verlag, 1966, 159 S.; München:
Deutscher Taschenbuch Verlag, 1970, 119 S. (dtv 661); Stuttgart: KlettCotta Verlag, 1977, 156 S.; München: Klett-Cotta im Deutschen
Taschenbuch Verlag, 1988, 122 S. (dtv 10923)
Berler, Willy:
Durch die Hölle. Monowitz, Auschwitz, Groß-Rosen, Buchenwald.
Aufgezeichnet und historisch kommentiert von Ruth Fivaz-Silbermann.
Mit einem Vorwort von Simon Wiesenthal. Augsburg: Ölbaum Vrlag,
2003, 225 S.
Betlen, Oszkár:
Leben auf dem Acker des Todes. Aus d. Ungar. von Bruno Heilig. Berlin:
Dietz Verlag, 1962, 368 S. <Èlet a halál földjén>
Frankenthal, Hans:
»Von Schmallenberg nach Auschwitz und zurück. Erinnerungen«, in:
Der Weg in den Holocaust. Mit Bildern aus dem Leben der jüdischen
Gemeinde in Schmallenberg. Texte zur Ausstellung im November 1994
anlässlich des 750jährigen Bestehens der Stadt Schmallenberg,
Schmallenberg, o. J. [1994], S. 36–42.
ders.:
»Mein Leben als Deutscher jüdischen Glaubens«, in: Jüdisches Leben im
Hochsauerland. Hrsg. vom Hochsauerlandkreis. SchmallenbergFredeburg 1994, S. 207–251.
ders.:
»Im Kommando Kraftwerk – Interview mit Hans Frankenthal über die
Zwangsarbeit im Gummiwerk der I. G. Farben in Monowice bei
Auschwitz«, in: Buna 4. Fabrik für synthetischen Gummi der I. G.
Auschwitz und Arbeitslager Monowitz / Auschwitz III (1940–1945).
Materialien zu einem Projekt von Olaf Arndt, Rob Moonen, Nils Peters.
Hannover 1995, S. 51–62.
► ders.:
Verweigerte Rückkehr. Erfahrungen nach dem Judenmord. Unter
Mitarbeit von Andreas Plake, Babette Quinkert und Florian Schmaltz.
Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 1999, 187 S.
Gärtner, Reinhold / Kleinmann, Fritz (Hrsg.): »Doch der Hund will nicht krepieren...«
Tagebuchnotizen aus Auschwitz. Thaur, Wien, München: Kulturverlag,
1995, 140 S.
Graumann, Samuel:
Deportiert! Ein Wiener Jude berichtet. Wien: Stern Verlag, 1947, 168 S.
► Halbreich, Siegfried:
Before – during – after. New York: Vantage Press, 1991, 263 S.
► Jachmann, Alfred:
»Ein deutsches Trauerspiel. Die Leiden des Juden Alfred Jachmann.«, in:
Winfried Maaß, Die Fünfzigjährigen. Porträt einer verratenen
Generation. Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag, 1980, S. 73–88.
Jacob, Werner:
Ich trage die Nummer 104953. Ein letztes Zeugnis. Werner Jacob,
Lehnhausen, im Gespräch mit Norbert Otto. Olpe: Kreisarchiv Olpe,
1997, 208 S. (Jüdisches Leben im Kreis Olpe, Bd. 1)
► Kalinski, Siegmund:
»Max – ganz einfach Max. Persönliche Erinnerungen an Menschen in der
Hölle von Auschwitz«, in: Moritz Neumann (Hrsg.), Max Willner.
Würdigung eines verdienten Mannes. o. O., o. J. [Frankfurt am Main
1991], S. 36–42.
Kampler, Josef:
Broken Mirrors, Shattered Lives. An Autobiography. As told to Rae
Halpern. New York: Shengold Publishers, 1996, 126 S.
Kautsky, Benedikt:
Teufel und Verdammte. Erfahrungen und Erkenntnisse aus sieben Jahren
in deutschen Konzentrationslagern. Zürich: Büchergilde Gutenberg,
1946, 328 S.; Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung, 1948,
376 S., um ein Vorw. erw. Neuausg.
Kessler, Willi:
»Einer muss überleben«, in: Jörn-Erik Gutheil u.a. (Hrsg.), Einer muss
überleben. Gespräche mit Auschwitzhäftlingen 40 Jahre danach.
Düsseldorf: der kleine verlag, 1984, S: 57–88.
Kielar, Wieslaw:
Anus Mundi. Fünf Jahre Auschwitz. Aus d. Poln. von Wera Kapkajew.
Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1979, 420 S. <Anus mundi; (1972)>;
Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 1982, 416 S. (Fischer
Taschenbuch 3469)
► Levi, Primo:
Ist das ein Mensch? Aus d. Ital. von Heinz Riedt. Frankfurt am Main,
Hamburg: Fischer Bücherei, 1961, 179 S. (Fischer Bücherei 421) <Se
questo é un uomo; (1958)>; Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch
Verlag, 1979, 183 S.; erw. Neuausg. (Fischer Taschenbuch 2226) u. d. T.
Ist das ein Mensch? Erinnerungen an Auschwitz; München: Deutscher
Taschenbuch Verlag, 1992, 207 S. (dtv 11561) u. d. T. Ist das ein
Mensch? Ein autobiographischer Bericht.
► ders.:
Atempause. Aus d. Ital. von Barbara und Robert Picht. Hamburg: Wegner
Verlag, 1964, 238 S. <La tregua>; Frankfurt am Main: Fischer
Taschenbuch Verlag, 1982, 203 S. (Fischer Taschenbuch 5105) u. d. T.
Atempause. Eine Nachkriegsodyssee.; München: Deutscher Taschenbuch
Verlag, 1994, 246 S. (dtv 11779) u. d. T. Die Atempause.
Linder, Bert:
Verdammt ohne Urteil. Holocaust-Erinnerungen eines Überlebenden.
Deutsche Bearbeitung von Gerhard Landauf. Graz, Wien, Köln: Verlag
Styria, 1997, 328 S. <Condemned without judgement (1995)>
Martini, Emil de:
Vier Millionen Tote klagen an...! Erlebnisse im Todeslager Auschwitz.
München-Obermenzing: Hans von Weber Verlag, 1948, 75 S.
Messerschmidt, Hans-Peter: Wie ein Optimist das sogenannte tausendjährige Reich überlebte. Bericht
über die Vorkriegszeit aus meiner Sicht und meine Zeit im Arbeitslager
Monowitz, K.Z. Buchenwald, Todeslager Ohrdruf, Ghetto
Theresienstadt. Berlin, o. J. (unveröffentlichtes Manuskript)
► Michel, Ernest W.:
Promises To Keep: one Man's Journey Against Incredible Odds!
Foreword by Leon Uris. New York: Barricade Books, 1993, 299 S.
► Moszkowicz, Imo:
Der grauende Morgen. Eine Autobiographie. [München]: Boer, 1996,
197 S.; München: Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., 1998,
203 S. (Knaur 60761); Münster: LIT Verlag, 2004, 164 S.
Porat, Eitan:
Stimme der toten Kinder. Von den Karpaten durch Auschwitz,
Nordhausen und Bergen-Belsen nach Israel 1928–1996. Hrsg. von
Erhard Roy Wiehn. Konstanz: Hartung-Gorre Verlag, 1996, 88 S.
Sachnowitz, Herman:
Auschwitz. Ein norwegischer Jude überlebte. Von Arnold Jacoby
geschrieben. Aus d. Norweg. von Josef Berg. Frankfurt am Main, Wien,
Zürich: Büchergilde Gutenberg, 1980, 207 S.
Schupack, Joseph:
Tote Jahre. Eine jüdische Leidensgeschichte. Mit 17 Fotos. Tübingen:
Katzmann Verlag, 1984, 224 S.
► Steinberg, Paul:
Chronik aus einer dunklen Welt. Ein Bericht. Aus dem Franz. von Moshe
Kahn. München, Wien: Hanser Verlag, 1998, 164 S. <Chroniques
d'ailleurs (1996)>
Vrba, Rudolf / Bestic, Alan: Ich kann nicht vergeben. Aus d. Engl. von Werner von Grünau.
München: Rütten & Loening Verlag, 1964, 318 S. <I cannot forgive
(1963)>
► Wermuth, Henry:
Atme tief, mein Sohn, atme tief : die Überlebensgeschichte. Frankfurt am
Main: bLoch-Verlag, 1996, 285 S. <Breathe deeply my son (1993)>
Wiesel, Elie:
Die Nacht zu begraben, Elischa. Nacht, Morgengrauen, Tag. Mit
Vorreden von Martin Walser und Francois Mauriac. Aus d. Franz. von
Curt Meyer-Clason. München und Esslingen a. N.: Bechtle Verlag, 1962,
400 S. <Le nuit (1958); L'aube (1960); Le jour (1961)>; Frankfurt am
Main, Berlin: Ullstein Verlag, 1987, 400 S. (Ullstein Buch 20823)
ders.:
Die Nacht. Mit einer Vorrede von Francois Mauriac. Aus d. Franz. von
Curt Meyer-Clason. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn,
1980, 147 S. (Gütersloher Taschenbücher / Siebenstern 347)
► Wohl, Tibor:
Arbeit macht tot. Eine Jugend in Auschwitz. Mit e. Vorw. von Hermann
Langbein. Hrsg. von Benjamin Ortmeyer. Frankfurt am Main: Fischer
Taschenbuch Verlag, 1990, 192 S. (Fischer Boot 10392)
Anhang
Bildmaterial
› Lageplan des Lagers IG Auschwitz III (Buna/Monowitz)
› Ausschnitt des Lageplans
Die folgenden drei Bilder stammen aus Aufnahmen der amerikanischen Luftaufklärung aus
dem Jahr 1944. Die Auswertung wurde allerdings erst 1979 hinzugefügt.
› Luftbildaufnahme des Lagerkomplexes Auschwitz I, II (Birkenau) und III (Monowitz)
› Luftbildaufnahme des IG Farben Werkes, links untern das Lager Auschwitz III (BunaMonowitz). Datiert auf den 26. Juni 1944.
› Luftbildaufnahme des Lagers Auschwitz III (Buna-Monowitz)
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