DEPENDABLE SYSTEMS AND SOFTWARE Fachrichtung 6.2 — Informatik Universität des Saarlandes Christian Eisentraut, M.Sc. Julia Krämer Mathematik-Vorkurs für Informatiker (Wintersemester 2012/13) Lösungsblatt 3 (Prädikatenlogik) 1 Aussage oder Aussageform? Aufgabe 3.1 (Der Unterschied ) Finden Sie eine mathematische-informatische und nicht mathematische-informatische Analogie, um den Unterschied zwischen Aussagen und Aussageformen zu verdeutlichen. Aufgabe 3.2 (Aussage oder Aussageform? ) Entscheiden Sie für die folgenden Sätze, ob es sich um Aussagen oder um Aussageformen handelt. Entscheiden Sie zusätzlich bei Aussageformen, was ein sinnvolles Universum ist. Beispiel: x ist die Königin von England. – Es handelt sich um eine Aussageform (mit Variable x) über der Menge aller Frauen bzw. Menschen. (a) (b) (c) (d) (e) (f) (g) (h) (i) (j) (k) x ist durch 2 teilbar. 46527846 ist durch 2 teilbar. x spielt in der Fußballbundesliga. Januar ist ein Monat mit 31 Tagen. ∃n ∈ N : n + m = 2 x ist ein Monat mit 31 Tagen. x+4=y x+5=7 Januar ist ein x mit 32 Tagen. x+y =z ∀x ∈ N : x ≥ 0 Lösung 3.2: Die hier angegebenen Universen sind die größt möglichen bisher bekannten. Alle Teilmengen dieser Universen sind ebenfalls möglich. (a) x ist durch 2 teilbar. – Es handelt sich um eine Aussageform über Z. (b) 46527846 ist durch 2 teilbar. – Der Satz ist eine wahre Aussage. (c) x spielt in der Fußballbundesliga. - Es ist eine Aussageform über der Menge aller Menschen. (d) Januar ist ein Monat mit 31 Tagen. - Es handelt sich um eine wahre Aussage. (e) ∃n ∈ N : n + m = 2 – Da m eine freie Variable ist, handelt es sich um eine Aussageform über R. (f) x ist ein Monat mit 31 Tagen. – Hierbei handelt es sich um eine Aussageform über der Menge aller Monate, da x eine freie Variable ist. (g) x + 4 = y – (x, y) sind ungebunde Variablen. Daher handelt es sich um eine Aussageform über R × R (Erinnerung: Gleichungen ohne Variablen sind immer Aussagen). (h) x + 5 = 7 – Auch hierbei handelt es sich um eine Aussageform, diesmal über R. 1 (i) Januar ist ein x mit 32 Tagen. – Es handelt sich um eine Aussageform über der Menge {M onat} (j) x + y = z – Da diese Gleichung nur aus Variablen besteht, handelt es sich um eine Aussageform über R × R × R. (k) ∀x ∈ N : x ≥ 0 – Der Ausdruck enthält die Variable x, diese wird jedoch mit ∀ gebunden. Daher handelt es sich um eine Aussage (in diesem Fall sogar eine wahre). 2 Bindungen Aufgabe 3.3 (Auftreten von Variablen) Erklären Sie den Unterschied zwischen gebundenem und ungebundenem Auftreten, sowie definierendem und benutzendem Auftreten. Lösung 3.3: Ein definierendes Auftreten gibt es nur genau ein Mal und ist immer von der Form ∀ oder ∃ Variable ∈ Universum. Es weist einer Variable für den folgenden Ausdruck eine Menge von möglichen Werten zu. Innerhalb des Skopus des Quantors sind alle Auftreten einer Variable gebunden. Alle Auftreten außer das definierende, heißen benutzend. Ein benutzendes Auftreten kann auch frei sein, nämlich dann, wenn es kein definierendes Auftreten gibt, zu dem die Variable gehören kann. Aufgabe 3.4 (Gebunden oder ungebunden? ) Geben Sie jeweils die ungebunden Variablen der folgenden Ausdrücke an. Sei im Folgenden U eine beliebige Menge und P, Q, R beliebe Prädikate. Zeichnen Sie zur Hilfe den Syntaxbaum der Ausdrücke. (a) (b) (c) (d) (e) ∀x ∈ U : P (x, y) → ∃y ∈ U : Q(x, y) (∃(x, y) ∈ U × U : P (x, y)) → Q(x, y) ∀x ∈ U : ∃y ∈ U : ∀z ∈ U : P (x) → P (y) → P (z) (∀x ∈ U : ∃y ∈ U‘ : ∀z ∈ U : P (x) → P (y)) → P (z) ∀(x, y, z) ∈ U × U × U : P (x, y, z) → Q(z) ∨ R(y) Lösung 3.4: Ungebundene Variablen werden durch Überstreichen gekennzeichnet. (a) ∀x ∈ U : P (x, y) → ∃y ∈ U : Q(x, y) – In P (x, y) ist y ungebunden, da der Quantor vorher nur x bindet. In Q(x, y) ist y dagegen gebunden, da es im ∃-Quantor ein definierendes Auftreten hat. ∀x → P (x, y) ∃y Q(x, y) (b) (∃(x, y) ∈ U × U : P (x, y)) → Q(x, y) – In Q(x, y) sind beide auftretenden Variablen ungebunden, da der Skopus des einzigen auftretenden Quantors mit der schließenden Klammer endet. → ∃(x, y) Q(x, y) P (x, y) (c) ∀x ∈ U : ∃y ∈ U : ∀z ∈ U : P (x) → P (y) → P (z) – Alle auftretenden Variablen sind gebunden, da jede ein definierendes Auftreten hat und immer der längst mögliche sinnvoll 2 geklammerte und korrekte prädikatenlogische Ausdruck als Skopus gewählt wird. ∀x ∃y ∀z → → P (x) P (y) P (z) (d) (∀x ∈ U : ∃y ∈ U : ∀z ∈ U : P (x) → P (y)) → P (z) – z mit definierendem Auftreten in im dritten Quantor wird bis zum Ende seines Gültigkeitsbereiches (schließende Klammer) nicht verwendet, dafür ist aber z im Ausdruck P(z) frei. → ∀x P (z) ∃y ∀z → P (x) P (y) (e) ∀(x, y, z) ∈ U × U × U : P (x, y, z) → Q(z) ∨ R(y) Alle Variablen werden im einzigen vorkommenden Quantor definiert. Nach Definition des Skopus sind damit alle Auftreten nach dem Doppelpunkt gebunden. ∀(x, y, z) → ∨ P (x, y, z) Q(z) R(y) 3 Aufgabe 3.5 (Skopus) Markieren Sie jeweils zu welchem definierendem Auftreten ein benutztendes Auftreten gehört. Sei U eine beliebige Menge und P , Q und R beliebige Prädikate. Zeichnen Sie zur Lösung der Aufgabe den entsprechenden Syntaxbaum des Ausdrucks. Beispiel: (∀x ∈ U : ∃y ∈ U : P (x, y) ∧ Q(x, y)) → ∃x ∈ U : R(x) – (∀x1 ∈ U : ∃y1 ∈ U : P (x1 , y1 ) ∧ Q(x1 , y1 )) → ∃x2 ∈ U : R(x2 ) → ∀x ∃x ∀y R(x) ∧ P (x, y) (a) (b) (c) (d) Q(x, y) ∀x ∈ U : (∀x ∈ U : ∃y ∈ U : ∀z ∈ U : P (x) → Q(y, z)) → R(x) ∀(x, y, z) ∈ U × U × U : (∀(x, y) ∈ U × U : (∃x ∈ U : P (x, z)) ∧ Q(x, y)) ∨ R(x, y, z) ∀(x, y, z) ∈ U × U × U : R(x, y, z) → ∃x ∈ U : ∃y ∈ U : ∃z ∈ U : P (x, y, z) ∃x ∈ U : P (x) → ∀x ∈ U : P (x, x) Lösung 3.5: (a) ∀x1 ∈ U : (∀x2 ∈ U : ∃y1 ∈ U : ∀z1 ∈ U : P (x2 ) → Q(y1 , z1 )) → R(x1 ) ∀x → ∀x R(x) ∃y ∀z → P (x) Q(x, y) (b) ∀(x1 , y1 , z1 ) ∈ U × U × U : (∀(x2 , y2 ) ∈ U × U : (∃x3 ∈ U : P (x3 , z1 )) ∧ Q(x2 , y2 )) ∨ R(x1 , y1 , z1 ) ∀x, y, z ∨ ∀x, y R(x, y, z) ∧ ∃x Q(x, y) P (x, z) (c) ∀(x1 , y1 , z1 ) ∈ U × U × U : R(x1 , y1 , z1 ) → ∃x2 ∈ U : ∃y2 ∈ U : ∃z2 ∈ U : P (x2 , y2 , z2 ) 4 ∀x, y, z → ∃x R(x, y, z) ∃y ∃z P (x, y, z) (d) ∃x1 ∈ U : P (x1 ) → ∀x2 ∈ U : Q(x2 , x2 ) ∃x → P (x) ∀ Q(x, x) Aufgabe 3.6 (Bindungen) Kombinieren Sie die Arbeitsaufträge von 3.4 und 3.5 wie folgt: Denken Sie sich mindestens drei prädikatenlogische Ausdrücke aus. Tauschen Sie diese mit mindestens einem Ihrer Kommilitonen aus und verfahren Sie mit den neuen Ausdrücken so wie in den oben genannten Aufgaben. Aufgabe 3.7 (Ersetzung) Wenden Sie den Ersetzungsoperator an. Das Universum sei dabei die Menge der natürlichen Zahlen und P , Q und R beliebige Prädikate. (a) ((∀x : ∃y : ∀ : z : P (x, y, z) → R(x)) → Q(x, y, z))[x := 5] (b) (((R(x) → P (x, y)) ∨ ∀y : R(y))[y := 5])[x := 5] (c) ((∀w : ∀x : ∀y : P (w, x, y))[z := 3])[w := 3] (d) (((∀x : P (x)) ∨ P (x))[x := 3])[x := 2] Lösung 3.7: (a) (b) (c) (d) ((∀x : ∃y : ∀ : z : P (x, y, z) → R(x)) → Q(5, y, z)) ((R(5) → P (5, 5)) ∨ ∀y : R(y)) (∀w : ∀x : ∀y : P (w, x, y)) ((∀x : P (x)) ∨ P (3)) 5 3 Prädikatenlogische Ausdrücke Aufgabe 3.8 (Negation) Negieren Sie die folgenden prädikatenlogischen Ausdrücke. Seien dazu P , Q und R beliebige Prädikate. 1 Beispiel: ∀x : ∀y : P (x) ∧ Q(y) – Begründen Sie jeden Ihrer Schritte: ¬(∀x : ∀y : P (x) ∧ Q(y)) Negation-∀ ≡ ∃x : ¬(∀y : P (x) ∧ Q(y)) Negation-∀ ≡ ∃x : ∃y : ¬(P (x) ∧ Q(y)) De Morgan ≡ ∃x : ∃y : ¬P (x) ∨ ¬Q(y) (a) (b) (c) (d) (e) ∀x : ∃y : P (x, y) → ∀z : Q(z) ∀x : ∀y : ∃z : P (x) → Q(y, z) ∨ ∀x : R(x) ∃x : ∃y : P (x) ↔ P (y) ∃x : P (x) ↔ ∀y : P (y) ∃x : ∀y : ∃z : P (x, y) ∧ Q(y, z) → ∀x : ∀y : R(x, y) Lösung 3.8: Hinweis: Die Begründung für die jeweilge Umformung von Zeile i nach i + 1 findet sich am Ende der Zeile i. ≡ ≡ ≡ ≡ ≡ ¬(∀x : ∃y : P (x, y) → ∀z : Q(z)) ∃x : ¬(∃y : P (x, y) → ∀z : Q(z)) ∃x : ∀y : ¬(P (x, y) → ∀z : Q(z)) ∃x : ∀y : ¬(¬P (x, y) ∨ ∀z : Q(z)) ∃x : ∀y : P (x, y) ∧ ¬(∀z : Q(z)) ∃x : ∀y : P (x, y) ∧ ∃z : ¬Q(z) ≡ ≡ ≡ ≡ ≡ ≡ ≡ ¬(∀x : ∀y : ∃z : P (x) → Q(y, z) ∨ ∀x : R(x)) ∃x : ¬(∀y : ∃z : P (x) → Q(y, z) ∨ ∀x : R(x)) ∃x : ∃y : ¬(∃z : P (x) → Q(y, z) ∨ ∀x : R(x)) ∃x : ∃y : ∀z : ¬(P (x) → Q(y, z) ∨ ∀x : R(x)) ∃x : ∃y : ∀z : ¬(¬P (x) ∨ (Q(y, z) ∨ ∀x : R(x))) ∃x : ∃y : ∀z : P (x) ∧ ¬(Q(y, z) ∨ ∀x : R(x))) ∃x : ∃y : ∀z : P (x) ∧ ¬Q(y, z) ∧ ¬(∀x : R(x)) ∃x : ∃y : ∀z : P (x) ∧ ¬Q(y, z) ∧ ∃x : ¬R(x) Negation-∀ Negation-∀ Negation-∃ Definierbarkeit - → De Morgan De Morgan Negation-∀ ≡ ≡ ≡ ≡ ≡ ≡ ¬(∃x : ∃y : P (x) ↔ P (y)) ∀x : ¬(∃y : P (x) ↔ P (y)) ∀x : ∀y : ¬(P (x) ↔ P (y)) ∀x : ∀y : ¬((P (x) → P (y)) ∧ (P (y) → P (x))) ∀x : ∀y : ¬((¬P (x) ∨ P (y)) ∧ (¬P (y) ∨ P (x))) ∀x : ∀y : ¬(¬P (x) ∨ P (y)) ∨ ¬(¬P (y) ∨ P (x)) ∀x : ∀y : (P (x) ∧ ¬P (y)) ∨ (P (y) ∧ ¬P (x)) Negation-∃ Negation-∃ Definierbarkeit - ↔ Definierbarkeit - → De Morgan De Morgan Negation-∀ Negation-∃ Definierbarkeit - → De Morgan Negation-∀ ¬(∃x : P (x) ↔ ∀y : P (y)) Negation-∃ ≡ ∀x : ¬(P (x) ↔ ∀y : P (y)) Definierbarkeit - ↔ und De Morgan ≡ ∀x : (P (x) ∧ ¬(∀y : P (y))) ∨ (∀y : P (y) ∧ ¬P (x)) Negation-∀ ≡ ∀x : (P (x) ∧ ∃y : ¬P (y)) ∨ (∀y : P (y) ∧ ¬P (x)) 1 Um die Schreibweise zu verkürzen, wird im Folgenden angenommen, dass alle auftretenden Variablen Elemente des Universums sind und daher der Teil ∈ U, wenn U das Universum ist, weggelassen. 6 ≡ ≡ ≡ ≡ ≡ ≡ ≡ ¬(∃x : ∀y : ∃z : P (x, y) ∧ Q(y, z) → ∀x : ∀y : R(x, y)) ∀x : ¬(∀y : ∃z : P (x, y) ∧ Q(y, z) → ∀x : ∀y : R(x, y)) ∀x : ∃y : ¬(∃z : P (x, y) ∧ Q(y, z) → ∀x : ∀y : R(x, y)) ∀x : ∃y : ∀z : ¬(P (x, y) ∧ Q(y, z) → ∀x : ∀y : R(x, y)) ∀x : ∃y : ∀z : ¬(¬(P (x, y) ∧ Q(y, z)) ∨ (∀x : ∀y : R(x, y))) ∀x : ∃y : ∀z : ((P (x, y) ∧ Q(y, z)) ∧ ¬(∀x : ∀y : R(x, y))) ∀x : ∃y : ∀z : ((P (x, y) ∧ Q(y, z)) ∧ (∃x : ¬(∀y : R(x, y)))) ∀x : ∃y : ∀z : ((P (x, y) ∧ Q(y, z)) ∧ (∃x : ∃y : ¬R(x, y))) Negation-∃ Negation-∀ Negation-∃ Definierbarkeit - → De Morgan Negation-∀ Negation-∀ Aufgabe 3.9 (Wichtige Implikationen) (a) (∀x ∈ U : A(x)) → (∃x ∈ U : A(x)) (b) (∃x ∈ U : A(x) ∧ B(x)) → (∃x ∈ U : A(x)) ∧ (∃x ∈ U : B(x)) (c) (∀x ∈ U : A(x)) ∨ (∀x ∈ U : B(x)) → ∀x ∈ U : A(x) ∨ B(x) (d) (∀x ∈ U : A(x) → B(x)) → (∀x ∈ U : A(x)) → (∀x ∈ U : B(x)) (e) (∃x ∈ U : ∀y ∈ U : P (x, y)) → ∀y ∈ U : ∃x ∈ U : P (x, y) Die obenstehenden Implikationen sind alle wahr, ihre Umkehrungen jedoch nicht (d.h. wenn sie Prämisse und Konklusion austauschen). Geben Sie passende Gegenbeispiele an. Beispiel: Für A(x) := “x = 2” über dem Universum N gilt: Es gibt eine Zahl, die 2, so dass A(x) wahr wird, aber die Aussage gilt nicht für alle n ∈ N, denn z.B. ist 3 6= 2. Damit ist die Prämisse der Implikation wahr, die Konklusion jedoch falsch und die Implikation wird falsch. Lösung 3.9: (a) (∀x ∈ U : A(x)) → (∃x ∈ U : A(x)) – siehe Beispiel (b) (∃x ∈ U : A(x) ∧ B(x)) → (∃x ∈ U : A(x)) ∧ (∃x ∈ U : B(x)) – Für A(x) := “x = 2” und B(x) := “x = 3” über N wird zwar die Konjunktion l(∃x ∈ U : A(x)) ∧ (∃x ∈ U : B(x)) wahr, weil beide Teilaussagen wahr werden, da es aber keine Zahl gibt, die sowohl 2 als auch 3 ist, wird (∃x ∈ U : A(x) ∧ B(x)) nicht wahr. (c) (∀x ∈ U : A(x))∨(∀x ∈ U : B(x)) → ∀x ∈ u : A(x)∨B(x) – Für A(x) := “x ist gerade” und B(x) := “x ist ungerade” über N ist die Aussage A(x) ∨ B(x) für alle x ∈ N wahr, weil jede natürliche Zahl entweder gerade oder ungerade ist. Dahingegen ist weder ∀x ∈ N : A(x) noch ∀x ∈ N : B(x) wahr, da weder alle Zahlen gerade noch alle Zahlen ungerade sind, damit ist auch die Veroderung falsch. (d) (∀x ∈ U : A(x) → B(x)) → ((∀x ∈ U : A(x)) → (∀x ∈ U : B(x))) – Für A(x) := “x ist gerade” und B(x) := “x ist ungerade” über N ist sowohl die Aussage ∀x ∈ N : A(x) falsch als auch ∀x ∈ N : B(x) falsch. Die Implikation (∀x ∈ U : A(x)) → (∀x ∈ U : B(x)) ist aber aufgrund der falschen Prämisse wahr.∀x ∈ U : A(x) → B(x)) ist aber falsch, da zum Beispiel für x = 2 A(x) → B(x) falsch ist, da die Prämisse wahr und die Konklusion falsch ist. (e) (∃x ∈ U : ∀y ∈ U : P (x, y)) → ∀y ∈ U : ∃x ∈ U : P (x, y) – Mit P (x, y) := “x = y 00 über N ist ∀y ∈ U : ∃x ∈ U : P (x, y) wahr, da man für x einfach y wählen kann und y = y erhält. Es gibt in N aber kein Element, dass zu allen anderen gleich ist, damit ist ∃x ∈ U : ∀y ∈ U : P (x, y) falsch. Aufgabe 3.10 (∃! ) Definieren Sie ∃! (es existiert genau ein) als einen prädikatenlogischen Ausdruck. 7 Lösung 3.10: Sei P ein allgemeines Prädikat. Dann gilt: ∃!x : P (x) ≡ ∃x : (P (x) ∧ ∀y : P (y) → x = y) Aufgabe 3.11 (Knobelaufgabe) Definieren Sie einen Operator mit der Semantik “Es existieren genau zwei x im Universum, sodass ...” als einen prädikatenlogischen Ausdruck. Lösung 3.11: Sei P ein beliebiges Prädikat. Dann kann man ‘Es existieren genau zwei x im Universum, sodass P (x)” schreiben als: ∃x : P (x) ∧ ∃!y : x 6= y ∧ P (y) Aufgabe 3.12 (Knobelaufgabe) Drücken Sie die Aussageform “x ist König von” mit prädikatenlogischen Formeln und dem Prädikat P (x, y) :=“x ist Untertan von y” aus. Lösung 3.12: Sei U die Menge der Menschen. Dann erfüllt der König x folgende Eigenschaft : ∀y ∈ U : x 6= y → P (y, x) 8 4 Prädikatenlogik natürlichsprachlich Aufgabe 3.13 (Verbinden) Verbinden Sie jeweils den prädikatenlogischen Ausdruck links mit der Eigenschaft, die der prädikatenlogische Ausdruck beschreibt. Sei dazu im Folgenden P (x, y) := “x teilt y”. Beispiel: ∀y ∈ Q : ∃x ∈ Q : x · y = 1 – In Q ist die Multiplikation abgeschlossen. ∀x ∈ N : ∃y ∈ N : y > x ∃x ∈ N : ∀y ∈ N : y ≥ x ∃!x ∈ N : ∀y ∈ N : x ≥ y ∀x ∈ N : ∀y ∈ N : P (x, y) ∀y ∈ N : ∀x ∈ N : x = y ∀y ∈ N : ∃!x ∈ N : x = y ∃x ∈ N : > ∃y ∈ N : ∀x ∈ N : x + y > x ∀x ∈ N : ∃y ∈ N : P (x, y) Es gibt jede natürliche Zahl nur ein Mal. Alle Zahlen sind Vielfache voneinander. Es gibt eine Zahl größer 0. N ist unendlich. N hat eine kleinste Zahl. N hat genau eine größte Zahl. Jede Zahl hat Vielfache. Es gibt nur eine natürliche Zahl. Die Menge der natürlichen Zahlen ist nicht leer. Lösung 3.13: ∀x ∈ N : ∃y ∈ N : y > x ∃x ∈ N : ∀y ∈ N : y ≤ x ∃!x ∈ N : ∀y ∈ N : x > y ∀x ∈ N : ∀y ∈ N : P (x, y) ∀y ∈ N : ∀x ∈ N : x = y ∀y ∈ N : ∃!x ∈ N : x = y ∃x ∈ N : > ∃y ∈ N : ∀x ∈ N : x + y > x ∀x ∈ N : ∃y ∈ N : P (x, y) Es gibt jede natürliche Zahl nur ein Mal. Alle Zahlen sind Vielfache voneinander. Es gibt eine Zahl größer 0. N ist unendlich. N hat eine kleinste Zahl. N hat genau eine größte Zahl. Jede Zahl hat Vielfache. Es gibt nur eine natürliche Zahl. Die Menge der natürlichen Zahlen ist nicht leer. Aufgabe 3.14 (Eigenschaften) Finden Sie für jeden der prädikatenlogischen Ausdrücke mit freier Variable x eine Zahl, eine Funktion, eine Person oder einen Gegenstand, der diese Aussage erfüllt. Sei U die Menge aller Menschen. Beispiel: ∀y ∈ U : “y liebt x” – George Clooney, Natalie Portman, ... (a) (b) (c) (d) (e) ∀y ∀y ∀y ∀y ∀y ∈N:x+y =y ∈N:x·y =y ∈ U : “x hasst y” ∈ R : x(y) = 0 ∈ U : “y benutzt x beim Zähneputzen” Lösung 3.14: (a) (b) (c) (d) (e) ∀y ∈ N : x + y = y – 0 ∀y ∈ N : x · y = y – 1 ∀y ∈ U : “x hasst y” – Joker (Batman), Darth Vader (Star Wars). ... ∀y ∈ R : x(y) = 0 – x : R → {0}, x(y) = 0 ∀y ∈ U : “y benutzt x beim Zähneputzen” – Zahnpasta, Zahnbürste, Zahnputzbecher, Wasser... 9 Aufgabe 3.15 (Deutsch - prädikatenlogischer Ausdruck ) Schreiben Sie die folgenden Sätze als prädikatenlogischer Ausdrücke. Beispiel: Alle Menschen sind Männer. – Sei M die Menge aller Menschen: ∀x ∈ M : “x ist Mann” (a) (b) (c) (d) Zwischen je zwei verschiedenen reellen Zahlen gibt es eine weitere reelle Zahl. Jede gerade natürliche Zahl ist größer oder gleich 0. x + 4 = 2 ist in den natürlichen Zahlen nicht lösbar. Die aussagenlogische Semantikabbildung ist total. Lösung 3.15: (a) Zwischen je zwei verschiedenen reellen Zahlen gibt es eine weitere reelle Zahl. – ∀x ∈ R : ∀y ∈ R : (x 6= y) → (∃z ∈ R : (x < z < y) ∨ (y < z < x)) (b) Jede gerade natürliche Zahl ist größer oder gleich 0. – ∀n ∈ N : “x ist gerade” → (x ≥ 0) (c) x + 4 = 2 ist in den natürlichen Zahlen nicht lösbar. – ∀x ∈ N : x + 4 6= 2 (d) Die aussagenlogische Semantikabbildung ist total. – Sei A die Menge der aussagenlogischen Ausdrücke: ∀ϕ ∈ A : JpK = w ⊕ JpK = f 5 Weck den Forschergeist Aufgabe 3.16 (Endliche Mengen) Betrachten Sie im Folgenden nur endliche Mengen. Wie können Sie dann für beliebige Mengen M und Prädikate P die Aussage ∀x ∈ M : P (x) bzw. ∃x ∈ M : P (x) nur mit aussagenlogischen Operatoren, also ohne Verwendung von Quantoren, darstellen? Können Sie mit Ihrer Darstellung die Negationgesetze prädikatenlogischer Ausdrücke intuitiv begründen? Funktioniert Ihre Konstruktion auch für unendliche Mengen M ? Lösung 3.16: Auf endlichen Mengen kann man ∀x ∈ M : P (x) bzw. ∃x ∈ M : P (x) auch so schreiben: ∀x ∈ M : P (x) = ∧x∈M P (x) bzw. ∃x ∈ M : P (x) = ∨x∈M P (x). ∧x∈M und ∨x∈M bezeichnen hier die prädikatenlogischen Ausdrücke, die für jedes x in der Menge M P (x) enthalten und alle einzelnen Teilaussagen der Form P (x) durch “und” bzw. “oder” verbinden. Die Negation der prädikatenlogischen Ausdrücke lässt sich nun intuitiv mit den Gesetzen von De Morgan begründen. Für unendliche Universen funktioniert diese Konstruktion nicht, da man mit Hilfe der Syntax und Semantik aussagenlogischer Ausdrücke keine unendlich großen Terme konstruieren kann. Aufgabe 3.17 (Äquivalenzen) Zeigen Sie mit Hilfe von Aufgabe 3.16 und den Gesetzen der Aussagenlogik durch Umformungen die folgenden beiden Äquivalenzen auf endlichen Universen U. (a) ∃x ∈ U : (A(x) ∨ B(x)) ≡ (∃x ∈ U : A(x)) ∨ ∃x ∈ U : B(x)) (b) ∀x ∈ U : (A(x) ∧ B(x)) ≡ (∀x ∈ U : A(x)) ∧ (∀x ∈ U : B(x)) 10 Lösung 3.17: Hinweis: Die Begründung für die jeweilige Umformung von Zeile i nach i+1 findet sich am Ende der Zeile i. Es genügt jeweils zu zeigen, dass die Aussagen rechts und links schon ≡ - gleich sind. ∃x ∈ U : (A(x) ∨ B(x)) 3.16 ≡ ∨x∈U (A(x) ∨ B(x)) Distributivgesetz ≡ (∨x∈U A(x)) ∨ (∨x∈U B(x)) 3.16 (∃x ∈ U : A(x)) ∨ (∃x ∈ U : B(x)) ∀x ∈ U : (A(x) ∧ B(x)) 3.16 ≡ ∧x∈U (A(x) ∧ B(x)) Distributivgesetz ≡ (∧x∈U A(x)) ∧ (∧x∈U B(x)) 3.16 ≡ (∀x ∈ U : A(x)) ∧ (∀x ∈ U : B(x)) Aufgabe 3.18 (Prädikatenlogische Gesetze) Sei ϕ ein geschlossener prädikatenlogischer Ausdruck. Überlegen Sie sich logische Äquivalenzen in Verbindung mit ∧ und ∨, sowie wie ∀ und ∃. Erinnern Sie sich dabei auch an Aufgabe 3.9. Beispiel: Sei P ein beliebiges Prädikat und U das Universum. Dann gilt: ∀x ∈ U : P (x) ∧ ϕ ≡ (∀x ∈ U : P (x)) ∧ ϕ Lösung 3.18: (a) (b) (c) (d) (∀x : P (x)) ∧ ϕ ≡ ∀x : P (x) ∧ ϕ (∀x : P (x)) ∨ ϕ ≡ ∀x : P (x) ∨ ϕ (∃x : P (x)) ∧ ϕ ≡ ∃x : P (x) ∧ ϕ (∃x : P (x)) ∨ ϕ ≡ ∃x : P (x) ∨ ϕ Aufgabe 3.19 (Verträglichkeit) Betrachen Sie die Äquivalenzen aus 3.17. Wenn sie ∧ durch ∨ und umgekehrt ersetzen, gelten die Äquivalenzen dann immer noch? Belegen Sie Ihre Behauptung. Lösung 3.19: ∀ ist nur mit ∧ und ∃ nur mit ∨ kompatibel, d.h. prädikatenlogische Ausdrücke können nur über diese Operatoren “auseinander gezogen” werden, wie in Aufgabe 3.17. Für konkrete Gegenbeispiele für die Äquivalenzen können Sie die Lösung der Aufgabe 3.9 betrachten. Aufgabe 3.20 (Logik verallgemeinert) Können Sie sich noch weitere Operatoren vorstellen, die eine Logik brauchen könnte? Versuchen Sie eine der Prädikatenlogik ähnliche Logik mit mehr Werten als w und f zu definieren. 11