2 Leben Der Sonntag – 26./27. September 2015 Farbenprächtige Dirndl aus afrikanischen Stoffen: Rahmée Wetterich präsentiert in ihrem Laden im Glockenbachviertel eines ihrer Unikate. TRACHT Dirndl in den Farben Afrikas Von Verena Doyé Foto: Doyé/Henning D irndl und Lederhosen gehören momentan zum Stadtbild von München. Die einen gehen in traditioneller Tracht auf die Wiesn, andere bevorzugen die Billigversion, aber mitten im Münchner Glockenbachviertel, nicht weit weg vom Viktualienmarkt, stechen ganz andere Gewänder ins Auge. Auf 50 Quadratmetern hängen hier Dirndl à l’africaine: bayerische Dirndl aus afrikanischen Stoffen und afrikanischem Design. Wenn man den kleinen Laden „Noh Nee“ (auf Suaheli heißt das Geschenk Gottes) betritt, besticht die Farbenpracht. Hier bestimmen keine leisen Töne den Raum, sondern satte, kräftige Farben in Pink, Rot, Grün, Blau oder Gelb. Marie Darouiche und ihre Schwester Rahmée Wetterich sind für diesen Colour-Mix verantwortlich. „Die Natur“, sagt sie, „macht uns vor, wie Farben kombiniert werden können.“ In zwei Welten leben Jedes Dirndl erzählt eine Geschichte – auch die der beiden Schöpferinnen dieser einzigartigen Kreationen. Die Schwestern sind in Kamerun aufgewachsen, eingebettet in eine große Familie, in der Bildung und Kreativität keine Fremdwörter waren. Inzwischen leben sie in München, inspiriert von vielen Ideen, ihrer Erfahrung und Erinnerung. Denn auch wenn Rahmée Wetterich schon mit zwölf Jahren Afrika verlassen hat, ist das Land bei ihr sehr präsent. „Hier in Deutschland gestalten wir unsere Welt, wie sie uns gefällt. Afrika dagegen hat keinen Filter. Man speichert eine Menge unverfälschter Eindrücke.“ Die Schwestern haben schon in Afrika in zwei Welten gelebt: „Unser Vater hatte ein Haus gebaut, das er im ersten Stock französisch eingerichtet hatte und unten afrikanisch.“ Also pendelten sie schon dort zwischen Europa und Afrika. Diese Erinnerung an ihre Heimat nähen sie in ihr Gwand ein. Das Wort gefällt Rahmée Wetterich. „Da klingt eine große Wertschätzung mit. Man merkt auf der Wiesn, wer ein Gwand anhat oder kostümiert ist“, sagt die 50-Jährige, die seit über 20 Jahren mit einem Deutschen Die Schwestern Rahmée Wetterich und Marie Darouiche wollen ihre Kundinnen von Kopf bis Fuß einkleiden und haben deshalb ihre Kollektion erweitert. Neben Dirndln entwerfen sie jetzt auch Kleider, Jacken, Röcke, Hosen und Blusen – noch in begrenzter Stückzahl. Hier zeigt Hanna, die Tochter von Rahmée Wetterich, Rock und Jacke aus der neuen Kollektion. verheiratet ist. „Nein, mit einem Bayern“, verbessert sie. Deshalb versteht sie auch diese Kultur. Verstärkt wird das noch, wenn sie zum Beispiel bei der Schwiegermutter in Riedenburg lernt, wie man einen Zopf oder „Ausgezogene“ backt. So bringen die beiden Schwestern mit ihren Mitarbeiterinnen Bayern und Afrika zusammen. Der bayerische Schnitt des Dirndls ist aus den 1950er Jahren, wenngleich auch leicht verändert. So verzichten sie zum Beispiel auf die Schürze. Das passe nicht mehr in ihr Frauenbild. Und in die ansonsten steifen Blusen haben sie Elasthan eingearbeitet. „Damit wird es entspannter“, meint Wetterich. Die Stoffe aus Afrika sind echt und deshalb nicht gerade günstig, weil Originale rar sind. Bevorzugt kaufen die Schwestern sie in Holland. Das ist noch ein Relikt aus der Kolonialzeit. „Wir sind ständig auf der Jagd nach Stoffen, um daraus kleine Kunstwerke zu machen“, erklärt Rahmée, Denn als Kunstwerke werden die Unikate angesehen – in Basel, wo sie im Museum hängen, und natürlich von den Frauen. „Erst wenn eine Frau strahlend aus der Kabine kommt, bin ich zufrieden.“ Kleine Kunstwerke Bis dahin ist viel Zeit und Liebe zum Detail gefragt. Oft bestehen die Dirndl aus vielen kleinen Stoffteilen, die zusammengesetzt herrliche Bilder ergeben. Der Stoffverschnitt ist groß und deshalb hat die Einzigartigkeit auch ihren Preis: Ein Dirndl gibt es ab 490 Euro bis über 1000 Euro, ein Paar Ballerinas ab 279 Euro. Angemessen findet Rahmée den Preis, wenn man den Aufwand berücksichtigt, der dahintersteckt. „Die Frauen würden auch mehr bezahlen, aber wir wollen möglichst viele erreichen“, sagt sie. Deshalb haben sie ihr Sortiment erweitert und bieten neben der Tracht auch Röcke, Kleider, Mäntel, Blusen und Hosen an. Demnächst wollen sie die Kollektion um eine jüngere Linie erweitern, die preiswerter ist, damit sich auch junge Frauen diesen kleinen Luxus leisten können. Ihre Kundinnen? Prominente, Intellektuelle, Junge, Alte, Dicke, Dünne. Namen verrät sie nicht. Nur so viel: „Es sind alles tolle Frauen. Uns ist egal, wie jemand ausschaut und woher er kommt. Wir haben auch schon bis Größe 58 genäht“, sagt Rahmée Wetterich. Neulich kam eine Bäuerin, die einen Beitrag über „Noh Nee“ im Fernsehen gesehen hatte. „Die ließ ihren Traktor stehen, nahm ihre Schatulle mit Geld und fuhr zu uns nach München“, erzählt die Unternehmerin lachend. Die Stoffe kommen aus Holland, London, Paris, entworfen und geschneidert werden die Dirndl in Bayern: Wo bleibt da Afrika? Diese Frage stellten sich Marie und Rahmée. Sie wollten aktive Entwicklungshilfe leisten und schlossen sich einer Frauengruppe in München an, die Kinder und Frauen in Benin, einem extrem armen Land in Afrika, unterstützen. Als Erste kam Justine nach München, um bei „Noh Nee“ eine Ausbildung zu machen. Die Von Jochen Münch B eim ersten Blick auf dieses Gasthaus rechnet man nicht unbedingt damit. Doch hinter der Fassade dieser zunächst gewöhnlichen Pension tut sich ein Gourmettempel auf, der wahre Spitzenküche bietet. So hat sich dieser einfache Gasthof im Neumarkter Vorort Pölling im Lauf der Zeit zum Ziel von Genießern entwickelt – obwohl dieser Geheimtipp immer noch vielen Feinschmeckern in der Oberpfälzer Kreisstadt und dem dazugehörigen Landkreis verborgen geblieben ist. Bis vor einigen Jahren haben den Gasthof Fleischmann nämlich fast ausschließlich die einheimischen Wirtshausbesucher angesteuert oder auch Monteure, die gerade in der Gegend arbeiteten. Doch seit sich Juniorchef Florian Fleischmann (35) in den Betrieb seiner Eltern einbringt, weht ein frischer Wind durch die rustikale Stube. Um die treue Kundschaft nicht zu verschrecken, haben zwar auch noch Schnitzel (9,80 Euro) und Currywurst (7 Euro) ihren Platz auf der Speisekarte. Doch auf den anderen Feldern wird schnell klar, dass hier ein Küchenchef am Werk ist, der weitaus höhere Ansprüche hat. Da gibt es Vorspeisen wie beispielsweise ein Kürbis-Currysüppchen mit Jakobsmuscheln oder eine Kartoffel-Sellerie-Essenz mit ButterNuss-Nockerl (je 5,80 Euro). Als Gruß aus der Küche werden kleine Köstlichkeiten wie Oliven-ThunfischTapenade oder Zwiebelmarmelade junge Afrikanerin gibt nun ihr Wissen an andere Mädchen in Benin weiter und näht in einer eigenen, winzigen Schneiderei Schürzen, die in München verkauft werden. Im Oktober kommt die nächste Frau aus Afrika zur Ausbildung nach Bayern. Rahmée: „Wir machen einmal im Jahr eine Wohltätigkeitsveranstaltung. Das Geld daraus fließt nach Afrika. Unser Ziel ist, in Zukunft dort zu lehren und Arbeitsplätze zu schaffen.“ Die Liaison zwischen Bayern und Afrika, die 2010 in München entstand, ist nach fünf Jahren zum Erfolgsmodell geworden, nicht nur geschäftlich, sondern auch kulturell. Rahmée Wetterich: „Ich kann die Flüchtlinge gut verstehen. Für mich war es auch ein Kulturschock, als ich nach Bayern kam. Aber es ist möglich, die Kultur anzunehmen. Deshalb muss man seine eigene Kultur nicht aufgeben.“ n REZEPT VOM CHEF Fotos: J. Münch AUFGETISCHT Feine Küche im Landkreis Neumarkt Restaurant: Gasthof Fleischmann Sportheimstraße 8 92138 Neumarkt-Pölling Tel.: (0 91 81) 3 15 41 www.gasthof-fleischmann.de Küchenchef: Florian Fleischmann serviert. Und als Hauptgang locken der Seeteufel in Parmaschinken auf Kürbisrisotto oder der rosa gebratene Kalbsrücken mit Apfel-SellerieLasagne und getrüffeltem Püree (je 22,80 Euro). Letzteres haben wir probiert und als ebenso großartig empfunden wie das Filet vom Oberpfälzer Rind mit Pilzen und Kartoffelkrapferl (24,80 Euro) oder das Schokosoufflé zum Nachtisch. Den Schliff für seine feine Küche hat sich Florian Fleischmann nach seiner Lehrzeit sechs Jahre lang am Tegernsee geholt, wo er in einigen renommierten Restaurants wie im Hotel Egerner Höfe arbeitete. Auf Sterne-Niveau zu kochen hat Fleischmann also gelernt – was er auch mit Vorliebe unter Beweis stellt. Wie jetzt auch wieder bei den Neumarkter Schmankerlwochen im Oktober oder den Trüffelwochen im November, wenn der Küchenchef von seiner Reise zur Trüffelmesse in Alba zurückgekehrt ist. Aber es muss nicht immer Luxusküche sein. Selbst das klassische Cordon bleu kommt im Gasthof Fleischmann als Schlemmer-Variante mit einer Füllung aus Speck, Zwiebeln, Pilzen, Crème fraîche und Senf daher. So köstlich kann Gasthof-Küche sein. n Schokoladensoufflé mit flüssigem Kern Zutaten (für 5 Personen): 80 Gramm Zucker • 2 Eier • 2 Eigelb • 90 Gramm Butter • 100 Gramm Zartbitterkuvertüre • 80 Gramm Mehl Zubereitungszeit etwa acht Stunden: Die Eier, die beiden Eigelb und den Zucker schaumig schlagen. Butter und Zartbitterkuvertüre schmelzen und zu der Zucker-Ei-Mischung geben. Mehl daruntermischen und glatt rühren. Souffléformen oder Tassen ausbuttern und zuckern. Anschließend zu drei Viertel mit der Masse befüllen und für etwa acht Stunden in den Kühlschrank stellen. Im vorgeheizten Ofen auf der mittleren Schiene bei 180 Grad 12 bis 13 Minuten lang backen. Soufflé auf einen Teller stürzen und mit Puderzucker bestreuen. Nach Belieben mit Früchten garnieren. n