Mengenlehre Russelsches Paradox in der naiven Mengenlehre

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Formale Grundlagen der Informatik (Fuchs/Kraan SS 98)
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Mengenlehre
Russelsches Paradox in der naiven
Mengenlehre
• Grundbegriff ist die Menge
Definition (Naive Mengenlehre). Eine Menge ist die
„Zusammenfassung von Elementen unserer Anschauung zu
einem wohldefinierten Ganzen“. (Georg Cantor)
• Notation
1. Aufzählung aller Elemente: { 1 , { 2 } , { 3 , 4 } , { 5 } }
2. Beschreibung der Eigenschaften der Elemente:
{ x | x mod 2 = 0 }
Informell wird auch geschrieben: { 2, 4, 6, 8, … }
• Begriff der Mengenzugehörigkeit x ‰ M, x Ê M
>x : x ‰ { a1, … an } 2 x = a1 e … e x = an
• Man definiere M als die Mengen aller Mengen, die sich
selbst nicht enthalten:
M={X|XÊX}
Frage: Enthält M sich selber?
Ja. Wenn M sich selbst enthält, dann darf M sich selbst nicht
enthalten
Nein. Wenn M sich selbst nicht enthält, dann muss M sich
selbst enthalten
Wir wissen aber aus der Logik, dass aus einem Widerspruch
alles abgeleitet werden kann.
>x : x ‰ { y | P(y) } 2 P(x)
• Begriff der leeren Menge
Die leere Menge ist die Menge, die kein Element enthält. Sie
wird A oder {} geschrieben:
>x : x Ê A
Mengenlehre 1
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Vergleichen von Mengen
Beweis: A ist Teilmenge jeder Menge
• Gleichheit
• Gegeben:
T A 2 >x : x ‰ T / x ‰ A
Zwei Mengen A und B heissen gleich, wenn sie genau die
gleichen Elemente enthalten:
>x : x Ê A
A = B 2 ( >x : x ‰ A 2 x ‰ B )
Beispiel: { 1 , 2 , 3 } = { n | n ‰ £ d n < 4 }
• Zu beweisen:
AA
• Teilmengenrelation
Die Menge T heisst eine Teilmenge der Menge A, wenn jedes
Element, das in der Teilmenge T liegt, auch in der Menge A
liegt:
T A 2 ( >x : x ‰ T / x ‰ A )
Beispiel: { 2 } { 1 , 2 }
Die Menge T heisst eine echte Teilmenge der Menge A, wenn
T eine Teilmenge von A ist, aber nicht gleich A ist:
T
A 2 (>x : x ‰ T / x ‰ A) d T Ž A
Beispiel: { 2 }
• Beweis:
A A 2 >x : x ‰ A / x ‰ A
(1)
A A 2 >x : f / x ‰ A
(2)
A A 2 >x : t
(3)
AA2t
(4)
(1) Definition von (2) Axiom für A
(3) f / x ‰ A ist Tautologie
{1,2}
(4) >x : t ist Tautologie
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Operationen auf Mengen
Operationen auf Mengen (2)
• Durchschnitt
• Differenz
Der Durchschnitt zweier Mengen A und B ist die Menge aller
Elemente, die sowohl in A als auch in B enthalten sind.
Seien A und B beliebige Mengen. Die Differenz A minus B ist
die Menge A \ B aller Elemente, die in A und nicht in B liegen.
AbB={x|x‰Adx‰B}
A\B={x|x‰AdxÊB}
Beispiel: { 1 , 2 } b { 1 } = { 1 }
Beispiel: { 1 , 2 , 3 } \ { 3 , 4 } = { 1 , 2 }
• Vereinigung
Die Vereinigung zweier Mengen A und B ist die Menge aller
Elemente, die entweder in A oder in B enthalten sind.
AaB={x|x‰Aex‰B}
• Symmetrische Differenz
Die symmetrische Differenz zweier Mengen A und B ist die
Menge A B aller Elemente, die genau in einer der beiden
Mengen liegen.
Beispiel: { 1 , 2 } a { 3 } = { 1 , 2 , 3 }
A B = (A a B) \ (A b B)
Beispiel: { 1 , 2 , 3 } { 3 , 4 } = { 1 , 2 , 4 }
• Komplement
Sei eine Menge X gegeben und sei U eine Teilmenge von X.
Das Komplement von U bezüglich der Menge X ist die Menge
˜XU aller Elemente der Menge X, die nicht in U liegen.
• Potenzmenge
Sei A eine Menge. Die Potenzmenge von A ist die Menge V(A)
aller Teilmengen von A.
U X / ˜XU = { x | x ‰ X d x Ê U }
V(A) = { U | U A }
Beispiel: ˜{ 1 , 2, 3 } { 1 , 2 } = { 3 }
Beispiel: V({ 1 , 2 }) = { A , { 1 } , { 2 } , { 1 , 2 } }
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Mengenlehre 6
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Operationen auf Mengen (3)
Cantors Diagonalisierungsargument für
|V(£)| > |£|
• Anzahl von Elementen (informell)
Sei A eine Menge mit endlich vielen Elementen. Die Anzahl
|A| nennt man die Mächtigkeit oder Kardinalität der Menge.
• Zwei endliche Mengen haben dieselbe Kardinalität, wenn
die Anzahl Elemente in beiden Mengen gleich ist. Man
stelle sich vor, dass man immer je ein Element aus beiden
Mengen herausnimmt, und es bleiben zwei leere Mengen.
• Cantor hat diese Idee für unendliche Menge
weiterentwickelt: Zwei unendliche Mengen haben
dieselbe Kardinalität, wenn sich die Elemente beider
Mengen paaren lassen:
1
r
2
2
r
4
3
r
6
4
r
8
5
r
10
6
r
12
7
r
14
8
r
16
9
r
18
10
r
20
…
Beweis durch Widerspruch. Wir nehmen an, das
|V(£)| <= |£|. D.h., man kann jeder Teilmenge von £
eine Zahl aus £ so zuordnen, dass jede Zahl aus £
höchstens einmal benutzt wird.
Uns interessieren die Paare, bei denen die Teilmenge von £
die Zahl aus £ nicht enthält, mit der sie gepaart wird. Beim
Paar (1 , { 2 }) z.B. enthält die Teilmenge die Zahl nicht,
beim Paar (2 , { 2 , 3 }) enthält sie sie.
Wir definieren eine Teilmenge M £ so, dass M die Zahlen
enthält, die entweder nicht gepaart sind oder mit einer
Teilmenge von £ gepaart sind, die die Zahl nicht
enthalten. M ist eine Teilmenge von £. Also muss es ein
Paar (z , M) geben. Ist z ein Element von M?
Die Kardinalität von £ wird F0 (Aleph null) genannt. Sie
ist die kleinste unendliche Kardinalität.
Ja: Dann ist z gepaart mit einer Menge, die z enthält. Das ist
eine Widerspruch zur Definition von M.
Eine weitere Kardinalität ist c. Dies ist die Kardinalität
von V(£) und §.
Nein: Dann ist z gepaart mit einer Menge aus |V(£)|
(nämlich M), die z nicht enthält. Nach der Definition von M
muss z dann aber ein Element von M sein. Widerspruch.
• Cantors Diagonalisierungsargument beweist c <> F0.
Mengenlehre 7
Also muss |V(£)| > |£| gelten.
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Gesetze für Mengenoperationen
Das Beweisen von Mengengesetzen
AbA=A
AbB=BbA
(A b B) b C =
A b (B b C)
A b (B a C) =
Distributivität
(A b B) a (A b C)
A b (A a B) = A
Absorption
De Morgan Regeln
˜(A b B) =
(˜A) a (˜B)
Neutrale Elemente* A b X = A
Invariable Elemente* A b A = A
Komplementarität* A b ˜A = A
Involutionsgesetz
˜˜A = A
• Venn-Diagramme: graphische Veranschaulichung
Idempotenz
Kommutativität
Assoziativität
Reflexivität
Extremalität*
Kontraktion
Monotonie
Antitonie
AA
AA
(A b B) A
AB/
AbCBbC
AB/
˜A ˜B
AaA=A
AaB=BaA
(A a B) a C =
A a (B a C)
A a (B b C) =
(A a B) b (A a C)
A a (A b B) = A
˜(A a B) =
(˜A) b (˜B)
AaA=A
AaX=X
A a ˜A = X
• Tableau Methode: Tabelle von Fallunterscheidungen
• Transfer Methode: Eine mengentheoretische Formel wird
in eine äquivalente aussagenlogische Formel
umgewandelt, die dann bewiesen wird. Diese Methode
beruht auf der Verwandschaft zwischen Aussagenlogik
und Mengenlehre, die damit zu tun hat, dass beide
Systeme Boole’sche Algebren sind.
AA
XA
(A a B) A
AB/
AaCBaC
A B/
˜A ˜B
Mengenlehre
Aussagenlogik
a
e
/
˜
b
¬
d
.
• Direkter Beweis durch Einsetzen von Definitionen,
Axiomen und Gesetzen.
* wobei A X
Mengenlehre 9
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Direkter Beweis De Morgan Regel für b
Familien von Mengen
• Eine Familie von Mengen ist eine Ansammlung von
Mengen A die durch eine Indexmenge I indiziert sind.
Genauer gesagt ist eine Familie eine Funktion, die jedem
Index i ‰ I eine Menge Ai zuordnet.
• Gegeben: Die Definitionen von b, a, ˜, Ê, 8
• Zu beweisen: ˜X(A b B) = (˜X A) a (˜X B)
• Beweis:
Beispiel:
˜X { x | x 8 A d x 8 B } = { x | x 8 ˜X A e x 8 ˜X B }
(1)
I={1,2,3}
A1 = { a , b , c } , A2 = { b , c , d } , A3 = { c }
{ x | x 8 X d xÊ { x | x 8 A d x 8 B }} =
{ x | x 8 { x | x 8 X d x Ê A} e x 8 { x | x 8 X d x Ê B }} (2)
• Operationen auf Familien:
Der Durchschnitt einer Familie von Mengen A ist die Menge
jener Elemente, die in jedem Ai vorkommen.
{ x | x 8 X d (x Ê A e x Ê B) } =
{ x | x 8 X d x Ê A e x 8 X d x Ê B) }
(3)
XA = Xi‰ I Ai = { x | >i ‰ I : x ‰ Ai }
Beispiel: XA = { c }
{ x | x 8 X d (x Ê A e x Ê B) } =
{ x | x 8 X d (x Ê A e x Ê B) }
(4)
(1) Definition von b und a, (2) Definition von ˜,
(3) Definition von Ê und 8, de Morgan, (4) Distributivität
Mengenlehre 11
Die Vereinigung einer Familie von Mengen A ist die Menge
jener Elemente, die in mindestens einem Ai vorkommen.
WA = Wi‰ I Ai = { x | ?i ‰ I : x ‰ Ai }
Beispiel: WA = { a , b , c , d }
Mengenlehre 12
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Eigenschaften von Familien
• Zwei Mengen heissen disjunkt, wenn ihr Durchschnitt leer
ist.
• Eine Familie von Mengen heisst disjunkt, wenn der
Durchschnitt aller Mengen der Familie leer ist.
XA = A
• Eine Familie von Mengen heisst paarweise disjunkt,
wenn der Durchschnitt von jedem Paar von Mengen leer
ist.
>i, j ‰ I : i <> j / Ai b Aj = A
Mengenlehre 13
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