Was Schafe alles können Wenn du ein Schaf zeichnest, wie sieht das dann aus? Wie eine wollige Kugel mit vier Beinen, Kopf und Schwanz? Die meisten Menschen denken bei „Schaf“ als Erstes an die Wolle. Doch die Schafe, die vor langer, langer Zeit mit unseren Vorfahren auf die Weiden zogen, waren noch gar nicht wollig. Sie trugen ein ganz normales Fell, wie ihre wilden Verwandten, die Mufflons. Und wie die Mufflons wechselten sie das Fell zweimal im Jahr: Im Früh­ jahr ging ihnen in großen Flocken das Winterfell aus, und im Herbst verloren sie das dünnere ­Sommerfell und das Winterfell wuchs wieder nach. Erst als es den Menschen gelang, den Fellwechsel wegzuzüchten, konnte den Schafen Wolle wachsen. Aber Schafe können viel mehr, als nur Wolle liefern: Man kann Schafe melken wie Kühe und aus der Milch lässt sich leckerer Käse machen. Schafleder ist wunderbar weich und Lammfleisch ist bei Fein­ schmeckern sehr beliebt. Schafe sind Alleskönner. Kein Wunder, dass sie zu den ersten Haustieren unserer Vorfahren gehörten. 2 Eine Weide ist ein grasbe­ wachsenes Stück Land, auf dem Schafe, Ziegen oder Rin­ der sich ihre Nahrung suchen dürfen. Eine Wiese dagegen wird regelmäßig gemäht, um Grünfutter und Heu für den Winter zu bekommen. Mein Lexikon Domestikation: Die Menschen zähmten wilde Tiere und sorgten dafür, dass sich diejenigen vermehrten, die sie am besten für sich nut­ zen konnten. Wenn sich deshalb im Laufe der Zeit eine Tierart nach den Wünschen der Menschen verändert, sodass aus einem Wildtier ein Haus­ tier wird, nennt man das Domestikation. 3 Hellwach mit allen Sinnen Besonders aufmerksam sehen Schafe nicht gerade aus – aber das täuscht. Die Augen sitzen so weit seitlich am Kopf, dass die Tiere sogar mitbekommen, wenn sich ­hinter ihnen etwas be­­wegt. Und weil sie weitsichtig sind, er­­kennen sie einen Feind schon von fern – viel besser, als wir Menschen das könnten. Schafe haben außerdem sehr gute Ohren, die sie wie Radarschirme drehen können. Sie wissen dann ganz genau, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt. Hohe und laute Töne, so wie Hundegebell oder Knallfrösche, finden sie übrigens besonders scheußlich. Wenn Schafe – oder andere Tiere – einen Geruch er­­ schnuppern, dann wittern sie ihn. 4 Schafe haben immer alles im Blick, ohne den Kopf drehen zu müssen. Die tütenförmigen Ohren fangen das leiseste Geräusch auf. Mein Lexikon Schafe haben auch einen viel feineren Geruchssinn als wir: Sie riechen genau, was für ein Feind in der Nähe ist. Am Geruch erkennen Widder, wann weib­ liche Schafe paarungsbereit sind, und die Mutter­ schafe können am Geruch ihre Lämmer von anderen unterscheiden. Schafe können Wasser­­stellen er­­ schnüffeln und riechen feinste Unter­schiede im ­Futter oder an der Weide. Wenn etwas „falsch“ riecht, fressen sie es nicht. War da was? Schafe sind hellwach und ständig auf der Hut. Bock, Mutterschaf und Lamm: Männliche Schafe heißen Bock oder Widder, weibli­ che Schafe mit Jungen heißen Mutterschaf und das Junge wird Lamm genannt. 5 Alles reine Wolle Mein Lexikon scheren: Wenn Schafen die Woll­ haare abgeschnitten wer­ den, nennt man das sche­ ren. Man sagt auch, das Schaf muss zur Schur. Mein Lexikon Vlies: Wenn Schafe geschoren werden, hängt die Wolle in einem großen Stück zusammen. Das nennt man Vlies. 18 Für Forscher Bei „Schaf“ denkt jeder zuerst an Wolle. Noch bei unseren Ururgroßeltern war Kleidung aus Wolle etwas ganz Besonderes, das sich nur reiche Bürger kaufen konnten. Erst seit in Australien und Neusee­ land riesige Schafherden weiden, ist Wolle so billig geworden, dass sich jeder eine Wolljacke leisten kann. Die meisten Schafe müssen einmal im Jahr ge­­ schoren werden, weil ihre Haare nicht wie bei vielen anderen Tieren zweimal im Jahr ausfallen, sondern einfach immer weiterwachsen. Ein normalgroßes Schaf liefert bei einer Schur ungefähr dreieinhalb Kilogramm Wolle. Das reicht für vier bis fünf ­Pullover. Aber längst nicht jede Rasse liefert Wolle für ­Kleidung. Weiche, leichte Merinowolle ist die beste Wolle für Pullover und Jacken. Heidschnuckenwolle ist ­kratzig, aber für warme T ­ eppiche genau richtig. Und aus rauer, kurzer Abfallwolle werden große, dicke Matten als ­Dämmung gemacht, die von innen an Hausdächern befestigt werden und warm ­halten: wie ein ­Pullover fürs Haus! Bevor die Wolle zu Fäden ge­­ sponnen werden kann, muss sie gewaschen und gekämmt werden. Aus der weichen Merinowolle wird oft Strickgarn für Kleidung hergestellt. Aus gröberer, eher kratziger ­Wolle können warme Teppiche gewebt werden. Lammfell-Hausschuhe sind kuschelig und halten deine Füße mollig warm! Wenn es bei dir in der Nä­­ he Schafe gibt, findest du bestimmt Wollflocken am Zaun, aus denen du Filz herstellen kannst. Zieh die Wollflocken zu Strähnen auseinander und lege sie so umeinander, dass nach und nach ein lockerer Ball entsteht. Tränke diesen Ball mit warmem Spülmit­ telwasser und rolle ihn in deinen Händen, sodass sich die winzigen Schüpp­ chen an den Wollhaaren ineinander verhaken. Bald wird der Wollball immer fester und kleiner: Die Wol­ le ist verfilzt. 19