Problematik der blutübertragbaren Erreger – sichere Produkte Andreas Wittmann Blutübertragbare Krankheitserreger z Hepatitisviren (HBV, HCV) z Humanes Immundefizienzvirus (HIV) z nahezu alle anderen Erreger! Übertragungswahrscheinlichkeiten Gefährlichkeit / Serokonversonsraten nach Nadelstichverletzungen an positiven Spendern Infektionsrisiko bei einer Kanülenstichverletzung HBV „Rule of three“ Bis 100 % in Abhängigkeit von der Viruslast HCV 2,7 – 10 % HIV 0,3 % abhängig vom Subtyp bei unbehandeltem Spender Quellen: Werner BG, 1982; Lanphear BP, 1994; Bell DM. 1997; 30% 3% 0,3% Nadelstichverletzungen – Wer ist betroffen? Wer hat sich verletzt? (n=2105) 1400 1171 1200 1000 Anzahl 800 616 600 400 159 200 62 58 27 12 0 Ärztliches Personal Med.-techn. Personal Pflegepersonal Reinigungspersonal Beschäftigungsgruppe Hausangestellte (nicht med.) sonstiges Personal keine Angabe eg Tätigkeit ec d de rv ei ne eh äl te he n fb sb äl tn d ) is an c. ül le eh rn ,M ng st et de n el tc . rK or g an ap es ül pi eh e ng en et (a c en uf Be se tz nu en tz un de g rS ch ut zh ül le So ) ns tig e N (b äh itt en e be sc hr ei be n) re n au sz ie ur ts or gu te en en rG eg am ne i ad r 75 R W äh er Ab w En de ed ik Sc h rN de 100 H vo n de m (M ge n n li e ei te um gk er au s H üs si nd 41 ng te gu ra g Fl de re en 21 so r ta nd n hr en äh m ds 49 En t en s vo fü ,w an rä u st en ng s ab rg a en Au f G eg Vo An g 12 G he n Ei n in e de s ng s n de gu en ts or eb En rg re ite ke 50 zi e be rb e 150 Au f Ü Vo Anzahl Nadelstichverletzungen – gefährliche Tätigkeiten Bei welcher Tätigkeit hat sich die Verletzung ereignet? (n=2105) 450 400 402 370 350 300 248 275 250 200 119 107 130 61 86 83 26 0 Nadelstichverletzungen - Häufigkeit Wie oft haben sich die Beschäftigten in ihrem Berufsleben insgesamt verletzt? (n=259) achtmal 1% zehnmal fünfzehnmal 1% 4% siebenmal 1% fünfzigmal 0% k.A. 4% sechsmal 1% fünfmal 3% noch nie 29% viermal 2% dreimal 11% zweimal 19% einmal 24% Meldequote Uni Bonn Warum haben Sie (die Befragten) die Verletzung nicht gemeldet? "Ich habe die Immerhin 66% der Geschädigten meldeten ihre Verletzung nicht gemeldet, weil..." (n=31, Mehrfachnennungen) Nadelstichverletzung den zuständigen Stellen! aus einem anderen Grund 19% es mir unangenehm war 0% nein, und zwar weil es sich um Bagatellverletzung handelte 33% es sich nachts ereignete 6% ich es vergessen habe 3% nein, weil ich gegen HepB geimpft/immun bin 16% ich keine Zeit hatte 23% ich nicht wusste, wo ich es melden sollte 0% ich nicht wusste, dass es wichtig ist 0% Gefährlichkeitübertragene Blutvolumina Übertragene Blutvolumina 3,00 2,50 µl 2,00 1,50 1,00 0,50 0,00 Stichart Durchschnitt 15V 10V 15V 20V 10V 15V 20V 15V 15V 15V 20V 20V 15V 15V 15V 8mm 4mm 4mm 4mm 8mm 8mm 8mm 4mm 8mm 10mm 8mm 10mm 4mm 8mm 10mm 23G 22G 22G 22G 22G 22G 22G 21G 21G 21G 21G 21G 20G 20G 20G 0,24 0,31 0,18 0,26 0,73 0,51 0,80 0,20 0,83 1,52 0,54 0,98 0,67 0,81 1,86 Gefährlichkeitübertragene Blutvolumina II Einfluss medizinischer Latexhandschuhe Volumen in µl 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 22G 22G 22G 22G 22G 22G 23G 21G 21G 4mm 4mm 4mm 8mm 8mm 8mm 8mm 4mm 8mm 10V 15V 20V 10V 15V 20V 15V 15V 15V Ohne Handschuhe Stichart Mit Handschuhen, n=78 Schutz durch Doppelhandschuhsysteme - Das allgemeine Blutkontaktrisiko wird um den Faktor 10 gesenkt! (Bebbigton, M.W.; Treisman M.J. 1996) - Das Tragen zweier Handschuhe übereinander reduziert das Risiko eines Durchstichs durch den hautnäheren Handschuh signifikant. (Tanner, J., Parkinson, H., 2003) §4 ArbSchG Wichtige Aussagen “Stand der Technik" ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, z Stand der Technik Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische „…bei den (Schutz-)Maßnahmen sind der Stand von Technik, Eignung einer Maßnahme zum Schutz der Gesundheit Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherten Erkenntnisse zu berücksichtigen.“ derarbeitswissenschaftliche Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung desder Standes der Technik sind z Rangfolge Schutzmaßnahmen insbesondere z „Gefahren sindvergleichbare an ihrer Quelle zuVerfahren, bekämpfen“ Einrichtungen und Betriebsweisen heranzuziehen, dieArbeitsorganisation, mit Erfolg in z „Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, (…), sachgerecht zu verknüpfen.“ dersonstige PraxisArbeitsbedingungen, erprobt worden(…) sind. Gleiches gilt für den z „…individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Stand der Arbeitsmedizin und Hygiene. Maßnahmen.“ (§3 Abs.9 GefStoffV alt) Infektionsschutz Infektion •Impfungen/PEP •Vermeidung des Kontaktes •Organisatorische Änderungen •Sichere Instrumente •PSA •Ersatz des Stoffes ? Exposition/Kontakt Infektiöses Material Wie teuer ist eine (gemeldete) Nadelstichverletzung? Abhängigkeit der Kosten von der Durchimpfungsrate gegen HBV Prävalenz Klinikum Wuppertal Prävalenz Allgemeinbevölkerung HBVDurchimpfungsrate Gesamtkosten Kostenanteil KH Gesamtkosten Kostenanteil KH 100% 450,57 € 118,80 € 395,48 € 109,84 € 90% 487,48 € 147,78 € 431,71 € 138,90 € 80% 524,39 € 176,76 € 467,94 € 167,95 € 70% 561,30 € 205,74 € 504,17 € 197,01 € 60% 598,20 € 234,72 € 540,39 € 226,06 € 50% 635,11 € 263,69 € 576,62 € 255,12 € Präventionsstrategien: Anforderungen an Abwurfbehälter z „Für das Sammeln von spitzen oder scharfen Gegenständen müssen Abfallbehältnisse zur Verfügung bereitgestellt und verwendet werden, die stich- und bruchfest sind und den Abfall sicher umschließen.“(TRBA 250, 4.1.1.4) Präventionsstrategien: Abwurfbehältertest, Methoden z z z z z z z Durchstichsicherheit angelehnt an BS (15N) Druckfestigkeit Falltest aus 1,2m Höhe Umsturztest Verschlusssystem Gebrauchsanweisung / Hinweise „vorhandene Abstreifvorichtungen“ Präventionsstrategien: Abwurfbehältertests, Ergebnisse Von 57 Behältern erfüllten bis auf drei alle unsere Testanforderungen ! TRBA 250 Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege z Ersatzgebot 4.2.4 „Spitze, scharfe (…) Arbeitsgeräte sollen durch solche geeigneten Arbeitsgeräte oder –verfahren ersetzt werden, bei denen keine oder geringere Gefahr von Stich und Schnittverletzungen besteht.“ Konsequenzen* der TRBA 250 z z z §10 Abs. 1 Satz 2 BiostoffV: „die vom Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe ermittelten (…)Regeln und Erkenntnisse sind zu berücksichtigen.“ TRBA 001: Der Arbeitgeber hat zu „prüfen, ob diese neuen Regelungen und Erkenntnisse zu berücksichtigen und die bestehenden Schutzmaßnahmen daran anzupassen sind.“ „Der Arbeitgeber muß unverzüglich technische Schutzmaßnahmen ergreifen, bzw. ändern, wenn dadurch erhebliche Gefahren für Leben oder Gesundheit der Beschäftigten vermieden werden.“ (TRBA 001 §3.2) *Laut Gutachten der RA Möller Theobald Jung Zenger Präventionsstrategien II: Sichere Instrumente – 1. Schutzschildvorrichtungen am Spritzenkörper – 2. Schutzschildvorrichtungen an der Kanüle – 3. Entschärfungsmechanismen – 4. retraktive Kanülen Erfolg der Prävention von KSTV Nach Einführung von sicheren Instrumenten wurde die Zahl von 1,5 KSTV/10.000 i. v. Eingriffe auf 0,2 KSTV/10.000 i. v. Eingriffe gesenkt 1 z z In einer einjährigen Testphase in am UK Heidelberg kam es zu keiner Verletzung an einem Sicheren Instrument! 2 Quellen: 1) Dale J, Pruett S, Maker M. Accidental needlesticks in the phlebotomy service of the Department of Laboratory Medicine and Pathology at Mayo Clinic Rochester. Mayo Clin Proc 1998; 73: 611-5 2) Nübling M, Müller-Barthelmeh R, Buchholz L, Häberle E. Handhabbarkeit und Akzeptanz von Instrumenten mit Nadelschutztechnik. Posterbeitrag auf dem 19. Freiburger Symposium Arbeitsmedizin im Gesundheitsdienst, zur Veröffentlichung in Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin angenommen Die Kosten-Nutzen- Problematik Das „Modellkrankenhaus“ z z z z Maximalversorgung 2.477 Mitarbeiter 1.006 Betten Fallzahl (2001): 38.175 Gemeldete NSV z 2000: 180 z 2001: 185 z 2002: 172 z 2003: 127 (Helios) Mehrkosten durch Komplettsubstitution z Ø Komplettsubstitution: 156.000 € – Venenverweilkatheter, Kanülen zur Blutentnahme, Butterflykanülen, Standardkanülen und Nadeln zur peripheren Blutentnahme werden durch Sicherheitsprodukte ersetzt z 63 € pro Mitarbeiter! Kosten-Nutzen-Rechnung Anzahl gemeldete NSV Anzahl NSV nach Einführung von SI Eingesparte Kosten KH Eingesparte Kosten UVT 500 75 62.000 € 207.000€ 269.000€ 400 60 50.000 € 166.000€ 216.000€ 300 45 38.000 € 124.000€ 162.000€ 200 30 25.000 € 83.000 € 108.000€ 166 25 21.000 € 69.000 € 90.000 € 100 15 13.000 € 42.000 € 54.000 € Eingesparte Kosten UVT+KH Ersparnis UVT Mehrkosten KH 207.000 € 93.000 € 166.000 € 106.000 € 124.000 € 118.000 € 83.000 € 131.000 € 49.000 € 136.000 € 42.000 € 144.000 € alle Zahlen gerundet Trends bei Sicheren Instrumenten z z z Preise sinken im Moment sehr stark! neben besonders einfachen Modellen werden verstärkt aufwändige Sicherheitsmechanismen angeboten. Zunehmend sind Fertigspritzen in sicherer Ausführung erhältlich. Sichere Instrumente - Mutterschutz z z Die Mutterschutzrichtlinie fordert eine Gefährdungsbeurteilung mit einer Bewertung der tatsächlichen Infektionsgefahr Im Allgemeinen wird für werdende Mütter ein Beschäftigungsverbot für Tätigkeiten mit erhöhter Infektionsgefahr (perkutane Eingriffe) ausgesprochen Infektionsrisiko/ allgemeinesLebensrisiko z z Sichere Instrumente senken das Risiko für Nadelstichverletzungen um 80-90%! Für die drei wichtigsten Erreger (HBV, HCV und HIV ergeben sich daher nach der Einführung von SI deutlich reduzierte Infektionsrisiken gegenüber den bisherigen Infektionsrisiken im Gesundheitswesen Infektionsrisiko/ allgemeines Lebensrisiko II z z Bei einem bisherigen Risiko für eine Nadelstichverletzung von 0,44 pro Person und Jahr ist nach der Einführung von SI mit nur noch 0,06 NSV pro Person und Jahr zu rechnen Eine Infektion mit Hepatitis B ist durch die Möglichkeit einer Schutzimpfung sicher zu verhindern Infektionsrisiko/ allgemeines Lebensrisiko III Sichere Instrumente reduzieren das Infektionsrisiko z für HCV auf 1,35 x 10-4 Inf. /Person x Jahr (Serokonversion alle 7427 Jahre) Allg.LR: SK alle 9300 Jahre z Für HIV auf 7,13 x 10-6 Inf./Person x Jahr (Serokonversion alle 140.292 Jahre) Allg.LR: SK alle 41.000 Jahre Stellenwert des Arbeitsschutzes Wann wurden Sie das letzte mal im richtigen Umgang mit spitzen Gegenständen unterwiesen? vor mehreren Jahren, aber nicht im Rahmen von Ausb/Stud 7% noch nie 10% k.A. 3% innerhalb der letzten 12 Monate aber nicht im Rahm v Ausbild/Stu 6% während der Ausbildung / des Studiums 74% NADELSTICHVERLETZUNGEN z sind häufig, z gefährlich, z teuer und z VERMEIDBAR Betriebsärztebefragung z z Das Institut für Sicherheitstechnik der Bergischen Universität Wuppertal wurde beauftragt, eine Handlungshilfe für Sicherheitsingenieure zur besseren Zusammenarbeit mit Betriebsärzten zu entwickeln. Mit dem Ausfüllen des Fragebogens können Sie uns helfen, Schwerpunkte in der Broschüre zu setzten! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!