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Werbung
Media
Anders
als die anderen
Erfolgsmessung von Sonderwerbeformen
S
onderwerbeformen im Fernsehen liegen im Trend. Der klassische
30-Sekünder macht zwar noch immer den Löwenanteil des Geschäfts aus, doch die Chance herauszustechen nehmen immer mehr
Werbekunden wahr: Framesplit, Skyscraper, Cut-In, Promosplit, Singlespot, Pre- und Postsplit, Sponsoring – die Liste der Varianten lässt
sich beliebig fortsetzen, denn vor allem eines sollen diese Werbeformen ja sein: aufmerksamkeitsstark und individuell.
Geht es aber darum, ihre Wirksamkeit zu bewerten, wird meist auf
Reichweite, TKP und die Abfrage von Recognition und Recall zurückgegriffen. Diese Messgrößen lassen jedoch keine Evaluierung der
Kontaktqualität zu. Aber gerade Sonderwerbeformen zeigen ihre Effektivität und Kommunikationskraft in Bereichen, die bei den üblichen Werbeerfolgskontrollen nicht berücksichtigt werden.
Dieser reduzierten Betrachtungsweise von Sonderwerbeformen
wollen der RTL II-Vermarkter El Cartel Media (ECM) und sein
Kunde Ferrero entgegenwirken. In einem integrativen Forschungsansatz wurde die spezifische Wirkungsweise einer Sonderwerbeform
erforscht. Konkret wurde ein Scharnier-Split für den Riegel „Kinder
Country“ mit einem klassischen 25-Sekunden-Spot verglichen.
Außergewöhnlich oder klassisch?
Der Spot im Scharnier-Split war identisch mit jenem im Werbeblock.
Die Unterschiede lagen in der Einbindung und Überleitung der Son52
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esults 4 · 2010
derwerbeform. Der Scharnier-Split wurde stimmig in das SitcomUmfeld eingebunden. Zusätzlich gab es eine kundenindividuelle
Überleitung mit „Fun-Trailer“ und „Snackpause“ in der „Kinder“-CI
von Ferrero.
Das zentrale Ergebnis vorweg: Passgenau eingebundene Sonderwerbeformen sind vor allem in qualitativen Dimensionen der Werbewirkung besonders erfolgreich. Die Zuschauer nehmen sie intensiver
wahr als Spots im Werbeblock und bewerten sie positiver.
Im November 2009 wurden 200 Sitcom-affine RTL II-Zuschauer in
das Teststudio des Kölner Marktforschungsinstituts Mediascore eingeladen. Über einen Scorer bewerteten die Probanden kontinuierlich,
ob ihnen das Gebotene gefällt oder nicht - Programm wie Werbung.
Zeitgleich erfasste eine Fingermanschette ihre körperliche, sprich
emotionale Aktivierung (Aufmerksamkeit, Langeweile, Spannung).
Im Anschluss wurden Fragebögen ausgefüllt und vertiefende Einzelinterviews geführt, um der qualitativen Erlebnisdimension nachzugehen. Die Testteilnehmer waren in vier Altersgruppen aufgeteilt.
Der Schwerpunkt lag bei den 20- bis 39-Jährigen. Den Probanden war
zu über 95 Prozent das Produkt „Kinder Country“ bereits bekannt,
knapp 60 Prozent kaufen den Riegel mindestens einmal im Monat.
Das zeigt: Kinder Country ist eine etablierte Marke mit einer starken
Werbepräsenz.
Um bei einer werblich derart aktiven Marke eine konkrete Werbewirkung untersuchen zu können, musste die Vielzahl der Einfluss-
Fotos: © Ewe Degiampietro, tomtitom – Fotolia.com, Unternehmen, RTL II Sonja Calvert
Cut-In, Promosplit oder Singlespot – Sonderwerbeformen im TV sind im Kommen. Ziel dieser
Formate ist es, möglichst individuell zu sein und damit Aufmerksamkeit zu erregen. Ihre spezifische
Wirkungsweise hat Jens Feucht untersucht.
Media
Abspann und Programmvorschau im Splitscreen
Trailer „it's fun.”
faktoren reduziert und die Erhebung unter kontrollierten und damit vergleichbaren
Bedingungen durchgeführt werden. Eine
Hälfte der Testpersonen bekam den klassischen Spot zu sehen, die andere den Scharnier-Split. In beiden Fällen war das gezeigte
Material gleich aufgebaut: Einer Episode der
Sitcom „Still Standing“ mit Werbeblock 1
folgten Abspann und Programmvorschau im
Splitscreen. Daran schloss sich „Immer wieder Jim“ mit Werbeblock 2 an. Einziger Unterschied: Der klassische Spot war regulärer
Teil des Werbeblocks 2, als Sonderwerbeform im Scharnier-Split war er zwischen Abspann/Vorschau und der folgenden Sendung
platziert. Ein Countdown zeigte an, wie lange
die Werbung dauert.
Die forschungsleitende Fragestellung war
nun: Unterscheiden sich Sonderwerbeform
und klassischer Spot beim unmittelbaren
Werbeerleben und bei der qualitativen Verarbeitung der Werbebotschaft?
Höhere Aufmerksamkeit und
positivere Resonanz
Trailer „Milchwelle”
Überleitung „Snackpause”
Splitscreen Werbespot
Im ersten Schritt wurde untersucht, wie sich
die Exklusivplatzierung auf die primäre Werbewirkung auswirkt, das heißt auf Involvement und Aktivierungsgrad während der
Spot-Rezeption sowie die unmittelbare kognitive Resonanz. Die Ergebnisse zeigen:
Die Sonderwerbeform unterscheidet sich im
unmittelbaren Rezeptionserleben deutlich
vom Werbeblock-Spot. Der Kinder Country-Spot ist zwar auch im klassischen Werbeblock erfolgreich, profitiert aber dennoch
nachhaltig von der Ausstrahlung als Scharnier-Split. Exklusive Platzierung und Gestaltung der Sonderwerbeform optimieren
die Spot-Performance in relevanter Weise.
Der Werbebotschaft wird ein höheres Maß
an Aufmerksamkeit zuteil: „Fun-Trailer“
und „Snackpause“-Hinweis sorgen für eine
fließende Überleitung vom Programm in
die Werbung. Es gelingt, das über das Programmumfeld erzeugte Involvement der Zuschauer für die Verarbeitung der Werbebotschaft zu nutzen. Unmittelbar und exklusiv
an das beliebte Format „Still Standing“ herangerückt, stößt der Spot rezeptionsbegleitend auch kognitiv auf positivere Resonanz
als dieselbe Botschaft im Werbeblock.
Die Folge sind günstige Bedingungen für
das Entfalten der primären Werbewirkung:
Der Scharnier-Split wird physiologisch in-
volviert und mit einem für Werbung auffallend hohen Maß an Akzeptanz rezipiert.
Diese Unterschiede in der primären Werbewirkung beeinflussen unmittelbar auch die
postrezeptive Werbewirkung, also die qualitative Verarbeitung der Botschaft.
Sonderwerbeform spricht
stärker an
So zeigt die freie Nacherzählung: Das qualitative Erleben der Werbung wird durch die
kreative Einbindung in das Programmumfeld um eine entscheidende Dimension bereichert: In der „Pause“ zwischen den beiden
Sitcoms vermittelt die Werbebotschaft nicht
nur die Produkteigenschaften, sondern es
treten Assoziationen hinzu, die erkennen lassen, dass der Spot in der Sonderwerbeform
über einen stärkeren Aufforderungscharakter verfügt. Die Probanden bekommen Lust,
gerade in diesem Moment den Riegel zu genießen.
Dem durch RTL II-„it’s fun.“-Trailer und
„Snackpause“ eingeläuteten Scharnier-Split
gelingt es also besser als dem WerbeblockSpot, die Werbebotschaft in den Köpfen
zu verankern. Obendrein werden auch die
Überleitung zur Sonderwerbeform und die
Gestaltung des Rahmens von den Zuschauern positiv bewertet.
Die Studie belegt also den hohen Wirkungsbeitrag von Sonderwerbeformen, die
abgestimmt auf ein Kommunikationsziel
eingesetzt werden. Dass solche individuellen, aufwendigen Lösungen anders zu bewerten und zu honorieren sind als klassische
TV-Spots, ist evident.■
Mehr Fachartikel zum Thema
„Werbeforschung” unter
www.research-results.de/fachartikel
Jens Feucht
ist seit 2007 Senior Projektmanager Forschung bei EL
CARTEL MEDIA. Der DiplomBetriebswirt (FH Pforzheim) ist
zuständig für die Koordination
und Planung aller Forschungsaktivitäten.
www.elcartelmedia.de
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Titel der Folgesendung
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