Rechtzeitige Chemotherapie beim metastasierten Prostatakarzinom „Wir müssen lernen, der Heterogenität des Tumors besser gerecht zu werden" Längst nicht alle Patienten mit auf die antihormonelle Therapie gut an. Ein Grund hierfür dürfte unter anderem die Heterogenität des Tumors mit meist polyklonalem Tumorzellmuster sein. Das unterstreicht die Bedeutung der Chemotherapie, die konsequent und vor allem frühzeitig genug erfolgen sollte, um dem Patienten nicht wertvolle Therapieoptionen vorzuenthalten, so die Forderung der Experten bei der „6. Expertise Prostata“ in Eltville. Da bislang Biomarker, mit denen sich der Therapieerfolg verschiedener Behandlungsmaßnahmen konkret vorhersagen ließe, für die Praxis fehlen, ist beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom stets eine multimodale Therapie in Betracht zu ziehen. „Denn wir wissen nicht, wie viele hormonsensible Zellen der Tumor enthält und inwieweit Tumorzellen chemotherapiesensibel sind", betonte Privatdozent Dr. Frank König aus Berlin. Mutationsmuster kann sich ändern Zu bedenken ist nach seinen Worten ferner, dass verschiedene Tumorzellklone nebeneinander vorliegen können und sich das Mutationsmuster im Verlauf der Erkrankung durchaus auch ändern kann. Die Chemotherapie sollte daher frühzeitig in die Sequenztherapie beim metastasierten Prostatakarzinom integriert werden, um dem Patienten auf lange Sicht gute Behandlungschancen zu sichern. Dabei kann es in der Praxis durchaus schwierig sein, im individuellen Fall aus dem „bunten Strauß an Möglichkeiten die richtige Therapie zum richtigen Zeitpunkt zu wählen", betonte Dr. Clemens Linne aus Dresden. Üblicherweise wird primär antihormonell behandelt. Kommt es jedoch zum Progress, so kann nach Dr. Stefan Machtens, BergischGladbach, als Erstlinienbehandlung eine Chemotherapie sinnvoll sein. Sie ist nach den Worten des Mediziners indiziert bei einer viszeralen Metastasierung, bei Vorliegen symptomatischer Metastasen, bei nur kurzem Ansprechen auf die vorangegangene antihormonelle Behandlung und bei aggressivem Karzinom. Selbstverständlich sollte der Patient zudem „fit genug" für eine Chemotherapie sein - ein Argument, das eindeutig für den frühzeitigen Einsatz von Docetaxel sowie Cabazitaxel (Jevtana®) bei Docetaxel-Versagen spricht. nom sieht derzeit Dr. Götz Geiges, Berlin, nachdem nunmehr mehrere Studien vorliegen, die eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens dokumentieren (l, 2,3,6). So konnte beispielsweise in der CHAARTED-Studie bei High-volume-Patienten ( 1 ) eine Verlängerung des Überlebens um 17 Monate bei früher Chemotherapie gezeigt werden und die jüngst bekannt gegebenen Daten der Studie STAMPEDE (2) dokumentierten sogar eine Lebensverlängerung um 22 Monate in der metastasierten Situation, wie Geiges darlegte. „Die Patienten haben ein Recht darauf, über alle Therapieoptionen aufgeklärt zu werden." Chemotherapie: Längeres Gesamtüberleben Nicht auf die lange Einen Paradigmenwechsel hin zu einer frühzeitigen Chemotherapie beim metastasierten hormonnaiven Prostatakarzi- Kommt es unter der Behandlung mit Docetaxel zum Progress, so kann die Taxan-Re- sistenz in aller Regel durch eine Behandlung mit Cabazitaxel überwunden werden, so Machtens. Das belegen die Ergebnisse der TROPIC-Studie (3), in der bei Patienten mit Krankheitsprogress unter Docetaxel bei einer Behandlung mit Cabazitaxel eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens gegenüber Mitoxantron von median 12,7 auf 15,1 Monate dokumentiert wurden (s. Abb.). Eine Subgruppenanalyse der Studie (4) hat dabei gezeigt, dass der Überlebensvorteil unabhängig vom Ansprechen der Patienten auf eine primäre Androgendeprivation und unabhängig von der Dauer des Ansprechens auf Docetaxel erwirkt wird (4). Es ist nach Machtens deshalb wichtig, die richtige Therapiesequenz zu wählen, um nicht dem Patienten effektive Therapielinien vorzuenthalten. Denn wird mit der Chemotherapie zu lange gewartet, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eine solche Behandlung später nicht mehr möglich sein wird (5). „Je weiter die Therapielinie fortgeschritten ist, umso unwahrscheinlicher ist der Einsatz einer Chemotherapie", sagte Machtens. Quelle Sanofi Fachpresse-Workshop: „6. Expertise Prostata", 17. Juni 2015 im Kloster Eberbach, Eltville Literatur 1. Sweeny C et al., J Clin Oncol 2014; 32: 5s (suppl abstr LBA2) 2. James ND et al, J Clin Oncol 2015; 33 (suppl abstr. 5001) 3. DeBono JS et al, Lancet 2010; 376;1147-1154 4. OudardSetal.,ESM02012, Poster 933P 5. Schnadig ID, J Clin Oncol 2013; 31: suppl 6, abstr. 79 6. Bahl A et al, Ann Oncol 2013;24:2402-2408 UroForum 9/2015