Spannende Einblicke in die Arbeitswelt der Biotechnologie „Das war fantastisch“, urteilten die Studierenden des RahelVarnhagen-Kollegs einhellig nach dem Besuch der mobilen Erlebniswelt BIOTechnikum, die am 25. und 26. November in Hagen Station machte. Die Idee dazu entstand im Rahmen des Projektkurses „Präsentationstechniken“, in dem auf verschiedenen Wegen primär Themen aus dem Bereich der MINT-Fächer aufgearbeitet werden sollen. Während die Teilnehmer dieses Kurses sich neben der praktischen Arbeit von DNA-Extraktion aus Mundschleimhautzellen, deren Vervielfältigung und der Analyse eines genetischen Fingerabdrucks auch noch mit der Dokumentation der Praktika befassten, hatten auch andere Studierende der Stufen E2FH, H1v/H1, H2v/H2, H3v/H3 Hemer Gelegenheit, selbst mit der Ausstattung eines modernen Biotechnologie-Labors zu hantieren und so einen Einblick in die Arbeitswelt der Biotechnologie zu erhalten. Der imposante Truck der Initiative „BIOTechnikum: Erlebnis Forschung – Gesundheit, Ernährung Umwelt“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bietet einen Überblick über die verschiedensten Aspekte aktueller Forschung. Auch der Hagener Bundestagsabgeordnete René Röspel (SPD), Forschungsexperte seiner Fraktion und von Hause aus Molekularbiologe, nahm sich die Zeit, vorbei zu schauen. Er machte in seiner Begrüßungsansprache auf die Wachstumspotentiale der Zukunftstechnik aufmerksam. Dann wurde es ernst: Mit Hilfe einer Schritt für Schritt-Anleitung wurden die Proben aufgearbeitet. Dabei war es schon recht praktisch, nicht nur die beiden Wissenschaftlerinnen Dr. Anne Wiekenberg und Dr. Aline Anton, die die Ausstellung begleiten, um Rat fragen zu können, sondern auch von Herrn Röspel Hilfestellung beim Hantieren mit den ungewohnten Eppendorf-Pipetten zu bekommen. Gelernt ist eben gelernt. In mehreren Schritten wurde die eigene DNA extrahiert und aufgearbeitet, zwischendurch abzentrifugiert. Am Ende stand eine wasserklare Flüssigkeit, in der die winzigen DNA-Spuren kaum auszumachen waren. Das war schon anders als im größer dimensionierten Versuch, den einige Studierende bereits im Unterricht mit Zwiebel-DNA gemacht hatten und bei dem die riesige Menge sichtbar ausgefällt wurde. Daher musste nun im nächsten Schritt diese winzige Ausgangsmenge vermehrt werden. Dabei wird die DNA erwärmt, um die Wasserstoffbrückenbindungen zu lösen, die die beiden Einzelstränge zusammenhalten. Nach dem Abkühlen kann dann mit Hilfe von Nukleotidbausteinen in der Lösung komplementär der Gegenstrang synthetisiert werden, so dass am Ende die DNA-Menge verdoppelt ist. Der Thermocycler führt mehrere dieser Heiz- und Abkühlvorgänge aus, bis dass genug Material vorliegt, mit dem dann in anderen Verfahren weitergearbeitet werden kann. Während die PCR lief, wurden im oberen Stockwerk des Trucks kurze Filme gezeigt, die die vielfältigen Anwendungsgebiete der Ergebnisse biotechnologischer Forschung zeigten. Beispiele waren der Ersatz zerstörten Knorpels im Kniegelenk, der aus patienteneigenen Zellen gezüchtet und konstruiert wird, die Weiterentwicklung von Stents, Drahtgeflechten, die bei der Verengung von Blutgefäßen diese wieder gangbar machen und deren Beschichtung mit Wirkstoffen verhindert, dass ein zu heftiges Zellwachstum die Adern wieder verlegt oder die Anwendung von Nanopartikeln bei der Behandlung eines Prostata-Tumors, der eine wesentlich schonendere Behandlung ermöglicht, als die herkömmliche Bestrahlung mit einer Cobalt-Kanone. Alles sehr spannende und wichtige Themen, die großes Interesse weckten. Bereits vor dem Besuch der mobilen Erlebniswelt hatten einige Studierende mit Berufen in diesem Bereich geliebäugelt, nun mit dem Einblick in die Arbeit und die praktischen Anwendungen ist das Interesse noch mehr gewachsen. Um sich in der Vielfalt der Möglichkeiten zu orientieren, gab es Informationsmaterial und die Chance, die Wissenschaftlerinnen direkt zu fragen, die sich auch freundlicherweise für Interviews des Projektkurses zur Verfügung stellten. Einige der Studierenden hatten sich zusätzlich zur allgemeinen Öffnungszeit für die Öffentlichkeit die Ausstellung mit Exponaten zu den einzelnen Bereichen angesehen und sich von den Modellen und interaktiven Medien faszinieren lassen. Anschließend ging es an die Auswertung, ob die DNA-Extraktion und ihre Vermehrung erfolgreich abgelaufen waren. Das lässt sich anhand von Kurven beurteilen, bei denen die Emission eines DNA-Farbstoffkomplexes gemessen wird. Fazit: In jeder Probe konnte DNA nachgewiesen werden, die Nachwuchsforscher hatten also sauber gearbeitet. Im letzten Schritt erfolgt nun in der Kriminaltechnik oder bei einem Vaterschaftsnachweis die Auftrennung von DNA-Fragmenten mittels Agarose-Gelelektrophorese. Dazu wurden die mittels PCR vermehrten DNA-Fragmente in die Taschen eines Agarose-Gels gefüllt, dass sich in einer Kammer mit elektrisch leitfähiger Flüssigkeit befindet. Dabei bewegen sich die negativ geladenen Fragmente in einem elektrischen Feld zum positiven Pol einer Gelkammer. Es entsteht eine Verteilung von Fragmenten, die ein sogenanntes Bandenmuster bilden, das ein bisschen an den Barcode auf Verpackungen erinnert. Sichtbar gemacht wird das Bandenmuster in diesem Fall durch die Zugabe des Stoffs Ethidiumbromid, der dem Gel beigefügt wird. Er interkaliert zwischen die Basen der DNA-Fragmente und fluoresziert unter UV-Licht. Die Lichtintensität ist dabei proportional zur vorliegenden DNA/RNA-Konzentration, sowie zur Länge der Nukleinsäure. Da das Gießen und Beschicken eines Gels sowohl einige handwerkliche Routine als auch einen entsprechenden Zeitaufwand erfordert, hätte es den Rahmen des Praktikums gesprengt, wenn die Studierenden auch diesen Schritt selbst gemacht hätten. So wurde exemplarisch ein Gel in der Elektrophoresekammer gefahren und anschließend beurteilt. Da gleich lange DNA-Fragmente gleich weit laufen, kann bei einem Vergleich der DNA verschiedener Personen mit einer Referenz abgelesen werden, ob eine Übereinstimmung vorliegt. In einem weiteren Verfahren, der Kapillarelektrophorese, könnte dann noch die Feinabstimmung erfolgen, so dass die Aussage abgesichert werden kann. Die einzelnen Banden könnten auch mit einem Skalpell aus dem Gel ausgeschnitten und diese speziellen DNA-Fragmente für andere Untersuchungen weiterverwendet werden. Zurück im Unterricht gab es viel zu diskutieren. Während die Teilnehmer des Projektkurses nun dabei sind, ihr Material zu sichten und zu einer Präsentation zusammen zu stellen, informieren sich die Studierenden des Leistungskurses der H2/on weiter über die verschiedenen Aspekte der roten, grünen und weißen Biotechnologie und bereiten diese allgemeinverständlich auf, um sie dann bei einem geplanten Diskussionsabend in der Schule, zu dem auch Herr Röspel als Sachverständiger herzlich eingeladen ist, vorzustellen und als Diskussionsgrundlage zu nutzen. Bio- und Gentechnologie sind die Forschungsbereiche der Zukunft, mit deren Hilfe viele Probleme der Menschheit gelöst werden können, allerdings stellen sich auch ethische Fragen, in wie weit der Mensch in die Natur eingreifen darf.