Onkologie Strahlentherapie 4 - Medizinische Kleintierklinik

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Moderne Strahlentherapie
in der Tiermedizin
Isabella Zenker, Dip. ECVIM-CA (Oncology), Medizinische Kleintierklinik, München
Die Strahlentherapie ist aus der modernen
Onkologie nicht mehr wegzudenken. Auch
in der Tiermedizin spielt sie – in Kombination mit der Chirurgie – eine große Rolle
bei der lokalen Tumorkontrolle, aber auch
als palliative Maßnahme kann sie in vielen
Fällen dazu beitragen, die Lebensqualität
des Patienten entscheidend zu verbessern.
Funktionsweise
Bei den modernen Linearbeschleunigern
(Abb. 1) werden durch hochfrequente elektromagnetische Wellen Elektronen beschleunigt. Diese beschleunigten Elektronen können entweder direkt zur Therapie
von oberflächlichen Tumoren eingesetzt
werden oder sie werden durch ein WolframSchild abgebremst und setzen so hochenergetische Röntgenstrahlung (= Photonen)
frei, welche zur Therapie tiefer gelegener
Tumoren verwendet wird.
Abb. 1
Linearbeschleuniger der Medizinischen Kleintierklinik, Modell Elekta Precise mit Multi-Leaf-Kollimator, IMRT und digitalem Port-Film-System
Man unterscheidet direkt und indirekt ionisierende Strahlung. Alle geladenen Partikel,
wie z.B. Protonen oder Elektronen sind direkt ionisierend, d.h. sie können direkt eine
DNA-Schädigung hervorrufen. Indirekt ionisierende Strahlung, wie elektromagnetische
Strahlung (Röntgen- oder γ-Strahlung), gibt
ihre Energie im Gewebe ab und führt dort
zur Produktion von schnellen Elektronen,
die ihrerseits eine DNA-Schädigung verursachen. Direkt und indirekt ionisierende Strahlung wirkt DNA-schädigend. Bei
hoch-energetischer elektromagnetischer
Strahlung treffen durch den Compton-Effekt freigesetzte Elektronen entweder direkt auf DNA und führen dort zu schwer
reparierbaren Einzel- oder Doppelstrangbrüchen oder sie treffen auf Wasser und führen zur Bildung von Sauerstoffradikalen, die
dann wiederum zur DNA-Schädigung führen. Beim Compton-Effekt interagieren Photonen mit sog. freien Elektronen. Das ankommende Photon überträgt einen Teil seiner Energie als kinetische Energie auf das
Elektron und setzt seinen Weg mit reduzierter Energie fort. Die so gesetzten DNA-Doppelstrangbrüche sind besonders schwer zu
reparieren und führen oft zum Tod der betroffenen Zelle. Dieser Effekt tritt in vielen
Fällen jedoch erst ein, wenn die Zelle den
Zellzyklus durchläuft und versucht sich zu
teilen. Zellen in der G2-Mitose-Phase sind
besonders sensibel gegenüber ionisierender Strahlung wohingegen Zellen in der SPhase besonders resistent sind. Diese Resistenz in der S-Phase hängt damit zusammen, dass hier, wie der Name schon sagt,
DNA synthetisiert wird und deshalb alle Reparaturenzyme bereits auf Hochtouren laufen und Fehler in der DNA besonders schnell
und effektiv erkannt und auch repariert werden. In der G2-M-Phase sind alle Kontroll-
punkte bereits durchlaufen und vorhandene Fehler können nicht mehr repariert werden, sondern führen bei dem Versuch der
Zellteilung zum Tod der Zelle.
Klinische Anwendung
Tumore, bei denen Bestrahlung die Therapie der Wahl darstellt, sind Nasentumore
und viele Gehirntumore. Hier wird auch ohne
vorherige chirurgische Resektion bestrahlt.
Auch beim nasalen Lymphom der Katze werden mit Bestrahlung alleine erstaunliche
Remissionsraten und -zeiten erzielt. Auch
als adjuvante Maßnahme nach einer inkompletten chirurgischen Resektion ist die Radiotherapie sehr erfolgreich. So kann nach
einer marginalen Resektion eines Tumors
(z.B. Mastzelltumore und Weichteilsarkome)
an einer Gliedmaße durch eine Strahlentherapie das Bein nicht nur erhalten, sondern in vielen Fällen auch der Patient vom
Tumor geheilt werden. Auch bei nicht-resezierbaren Schilddrüsenkarzinomen oder
oralen Plattenepithelkarzinomen des Hundes können durch Bestrahlung alleine lange
Überlebenszeiten erreicht werden.
Eine palliative Bestrahlung sorgt bei vielen
Patienten mit nicht-resezierbaren Maulhöhlentumoren für eine gute Lebensqualität. Auch bei Osteosarkompatienten kann
durch eine palliative Bestrahlung in den
meisten Fällen eine gute bis sehr gute
Schmerzkontrolle erreicht werden. Im Folgenden finden sich Empfehlungen zu verschiedenen Tumoren.
Diese Informationen finden Sie
auch auf unserer Homepage:
www.medizinische-kleintierklinik.de.
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Orales Melanom
Das orale Melanom ist der häufigste Maulhöhlentumor des Hundes. Diese Tumoren
verhalten sich lokal sehr aggressiv und verursachen oft eine Osteolyse und neigen auch
zu sehr früher Metastasenbildung, v. a. in
die regionären Lymphknoten und die Lunge.
Mit Bestrahlung kann eine sehr gute lokale
Kontrolle erzielt werden, jedoch sterben die
meisten Tiere innerhalb eines Jahres. Mit
einer palliativen Bestrahlung zur kurzfristigen Tumorkontrolle und Verbesserung der
Lebensqualität liegt die lokale Kontrolle bei
ca. 80% für ungefähr ein halbes Jahr. Bei
mikroskopischer Erkrankung liegt die lokale Kontrollrate nach einem Jahr bei ca. 85
– 90 %, wobei die regionären Lymphknoten
meist mitbestrahlt werden. Bei einer palliativen Behandlung werden die Patienten
einmal pro Woche und insgesamt 4-mal bestrahlt, das kurative Protokoll bei mikroskopischen Tumorresten besteht aus 16 Bestrahlungsfraktionen.
Schilddrüsenkarzinom des Hundes
Schilddrüsenkarzinome beim Hund sind
sehr aggressive Tumoren mit einer hohen
Metastasierungsrate, v. a. in die Lunge.
Auch lokal wachsen sie sehr invasiv und
sind chirurgisch oft nur schwer zugänglich. Aber trotz Metastasen oder bei einem
großen Primärtumor kann eine Bestrahlung zu einer guten lokalen Kontrolle führen. Mediane Überlebenszeiten liegen bei
bis zu zwei Jahren, sowohl nach Bestrahlung alleine oder in Kombination mit Chemotherapie. Das Bestrahlungs-Protokoll
bei Schilddrüsenkarzinomen besteht aus
16 Fraktionen über 3,5 Wochen.
Orales Plattenepithelkarzinom der Katze
Plattenepithelkarzinome sind die häufigsten
Maulhöhlentumoren der Katze. Sie sind lokal sehr aggressiv und verursachen massive Osteolyse, metastasieren aber erst sehr
spät und auch nur selten. Auch mit Bestrahlung wird in den allermeisten Fällen keine
lokale Kontrolle erreicht. Obwohl diese Tumoren zu Beginn der Bestrahlungstherapie sehr schnell kleiner werden und in vielen Fällen auch ganz verschwinden, erfolgt
das Rezidiv oft schon während der laufen-
den Therapie. Die mediane Überlebenszeit
liegt bei 2 - 3 Monaten. In Fällen mit Knochenbeteiligung kann mittels Bestrahlung
versucht werden, die Schmerzen zu nehmen. In diesem Fall wird einmal pro Woche für insgesamt vier Wochen bestrahlt.
Orales Plattenepithelkarzinom
des Hundes
Das Plattenepithelkarziom ist der zweithäufigste Maulhöhlentumor des Hundes. Sie
sind lokal sehr aggressiv und verursachen
Osteolyse, metastasieren aber erst sehr spät
und auch nur selten. Die lokale Kontrollrate nach einem Jahr mit Bestrahlung allein
liegt bei ca. 85 – 90 %. Das BestrahlungsProtokoll bei Plattenepithelkarzinomen besteht aus 16 Fraktionen über 3,5 Wochen.
Mastzelltumore
Mastzelltumoren sind die häufigsten Hautund Unterhauttumoren des Hundes. Sie können sich lokal sehr invasiv und aggressiv
verhalten. In vielen Fällen ist das Metastasierungspotential nur gering, aber bei GradIII oder undifferenzierten Tumoren kommt
es häufig zu Metastasen, v. a. in Lymphknoten, Leber und Milz. Am besten kann dieser
Tumor mit einer aggressiven chirurgischen
Entfernung behandelt werden. Ist eine aggressive Operation nicht ausreichend oder
möglich, sollte adjuvant bestrahlt werden.
Sogar Mastzelltumoren der Gliedmaßen
können auf diesem Weg sehr effektiv behandelt werden, wobei die betroffene Gliedmaße erhalten bleibt. Durch die Kombination
von Chirurgie und Bestrahlung können sehr
gute Kontrollraten erzielt werden, 90 – 95 %
nach einem Jahr, auch bei bestehender
Lymphknotenmetastase. Bei Grad-III-Mastzelltumoren ist eine gleichzeitige Chemotherapie anzuraten. Das Bestrahlungs-Protokoll bei Mastzelltumoren besteht aus 16
Fraktionen über 3,5 Wochen.
Nasentumore
Die Behandlung der Wahl von Nasentumoren ist die Bestrahlung mit oder ohne begleitende Chemotherapie. Eine Bestrahlungstherapie ist sehr effektiv für die
Kontrolle der klinischen Symptome wie
Nasenbluten, Niesen und Nasenausfluss.
Abb. 2
Lagerung eines Patienten mit Nasentumor in
Vakuumkissen und Maskensystem zur Anfertigung
des Planungs-CTs
In vielen Fällen geht auch der Tumor für
eine gewisse Zeit in Remission. Die mediane Überlebenszeit liegt je nach Tumortyp
bei 12 bis 16 Monaten. Überlebenszeiten
für Karzinome sind etwas kürzer als für
Sarkome. Bei der Katze ist der häufigste
Tumor der Nasenhöhle das maligne Lymphom. Dieser Tumor spricht exzellent auf
Bestrahlung an und bei mehr als 50 % der
Patienten kann der Tumor über zwei Jahre
kontrolliert werden. Da Lymphome jedoch
dazu neigen, sich im gesamten Organismus
auszubreiten, wird hier eine gleichzeitige
Chemotherapie empfohlen. Um Nasentumoren behandeln zu können muss zur Erstellung eines Behandlungsplans ein sog.
Planungs-CT angefertigt werden. Die Tiere
werden in einem speziellen modellierbaren Kissen und einem Maskensystem gelagert, um Positionierungsfehler zu vermeiden (Abb. 2). Das Bestrahlungs-Protokoll bei Nasentumoren besteht aus 16 - 20
Fraktionen über 3,5 - 4 Wochen.
Gehirn- und Hypophysentumore
Die Behandlung der Wahl von Gehirntumoren ist die Bestrahlung mit oder ohne
chirurgische Tumorentfernung. Die Möglichkeit der chirurgischen Tumorentfernung
hängt sowohl vom Tumortyp als auch von
der Tumorlokalisation ab. Eine Bestrahlungstherapie ist sehr effektiv um die klinischen Symptome, wie Anfälle, Depression, Lethargie zu kontrollieren. In vielen
Fällen wird auch der Tumor für eine gewisse Zeit zurückgedrängt. Die mediane
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Überlebenszeit liegt bei 8 bis 12 Monaten, je
nach Tumortyp. Meningiome und Hypophysentumoren besitzen eine bessere Prognose als Gliome und Astrozytome. Nach der
Bestrahlung von Hypophysentumoren liegt
die mediane Überlebenszeit sogar bei über
drei Jahren. Um Gehirntumore behandeln
zu können, muss zur Erstellung eines Behandlungsplans ein Planungs-CT gefahren
werden. Die Tiere werden in einem speziellen modellierbaren Kissen und einem Maskensystem gelagert, um Positionierungfehler zu vermeiden. Das BestrahlungsProtokoll bei Gehirntumoren besteht aus
20 Fraktionen über 4 Wochen.
Weichteilsarkome des Hundes
Weichteiltumore gehen von Haut und Unterhaut aus. Sie verhalten sich lokal sehr
aggressiv und wachsen sehr invasiv. Sie
metastasieren nur selten, allerdings ist das
Metastasierungsrisiko v. a. in die Lunge
bei einer Untergruppe, sog. Grad III–Tumoren, deutlich erhöht. Eine lokale Kontrolle kann am besten durch die Kombination von aggressiver Chirurgie mit darauffolgender Bestrahlung erreicht werden.
Vor einer OP ist es meist notwendig die Tumorausdehnung mittels Computertomographie oder Magnetresonanztomographie
zu bestimmen. Sogar Weichteilsarkome an
Gliedmaßen können durch adjuvante Bestrahlung sehr effektiv behandelt werden, wobei die betroffene Gliedmaße erhalten bleiben kann. Durch die Kombination von Chirurgie und Bestrahlung können
sehr gute Kontrollraten erzielt werden, 85
– 90 % nach einem Jahr und 75 % nach
fünf Jahren. Bei Grad III-Tumoren ist eine
gleichzeitige Chemotherapie in Erwägung
zu ziehen. Das Bestrahlungs-Protokoll bei
Weichteilsarkomen besteht aus 16 Fraktionen über 3,5 Wochen.
das Metastasierungsrisiko bei rezidivierenden oder lang bestehenden Tumoren bei ca.
25 %. Eine lokale Kontrolle kann am besten durch die Kombination von aggressiver
Chirurgie mit darauffolgender Bestrahlung
erreicht werden. Vor einer OP ist es meist
notwendig die Tumorausdehnung mittels
Computertomographie zu bestimmen. Bei
chirurgischer Entfernung alleine liegt die
Rezidivrate bei ca. 50 – 70 % oder sogar
höher. Bei der Kombination von Chirurgie
und Bestrahlung sind Rezidivraten von
37 % nach einem Jahr und 40 % nach zwei
Jahren beschrieben. Das BestrahlungsProtokoll bei Injektionsstellen-assoziierten Sarkomen besteht aus 19 Fraktionen
über 4 Wochen.
Osteosarkom
Osteosarkome sind sehr aggressive Tumoren mit einer sehr hohen Metastasierungsrate. Sie kommen häufig bei großen und Riesenrassen in den langen Röhrenknochen
vor (Abb. 3). Betroffene Hunde sind meist
hochgradig lahm, da diese Tumoren starke Schmerzen verursachen. Mit Amputation der betroffenen Gliedmaße in Kombination mit Chemotherapie überleben mehr
als 50 % der Patienten ca. 12 Monaten, wobei ca. 90 % aller Hunde Metastasen entwickeln. Ist eine Amputation nicht möglich
oder nicht erwünscht, kann mittels Bestrahlung des Tumors eine effektive Schmerzbekämpfung erfolgen. Ca. 75 % der bestrahlten Hunde zeigen eine deutliche Reduktion
Injektionsstellen-assoziiertes Sarkom
der Katze (Fibrosarkom)
Diese Sarkome sind Tumoren ausgehend
von Haut und Unterhaut. Sie verhalten sich
lokal sehr aggressiv und wachsen sehr invasiv. Sie treten an typischen Injektionsstellen, wie zwischen den Schulterblättern
oder seitliche Brust-/Bauchwand, auf. Sie
metastasieren nur selten, allerdings liegt
Abb. 3
Röntgenbild eines
Hundes mit Osteosarkom. Typische
hochgradig osteolytische und osteoproduktive Veränderungen an der
distalen Ulna.
der Schmerzen für eine Zeit von 2 - 3 Monaten. Es wird über vier Wochen einmal pro
Woche bestrahlt.
Vorteile der neuen
Linearbeschleuniger
Haut-schonender Effekt (Skin-sparing)
Mit den modernen Geräten in der Strahlentherapie gelingt es heute auch viel besser,
Schäden an gesunden Geweben im Bestrahlungsfeld gering zu halten. So ist es bei den
heutigen Linearbeschleunigern, durch den
sog. Skin-Sparing-Effekt (Haut-schonender
Effekt) möglich, akute Hautschäden im Vergleich zur Therapie mit Orthovoltage-Geräten (ähnlich einem konventionellen Röntgengerät) zu minimieren. Die Maximaldosis wird bei Megavoltage-Geräten nicht auf
der Haut erreicht, sondern abhängig von
der gewählten Energie erst nach einer gewissen Eindringtiefe. Ein Vorteil hiervon ist
der eben erwähnte Skin-Sparing-Effekt, ein
weiterer ist die Möglichkeit tiefer gelegene
Tumoren, wie z.B. Nasen- oder Gehirntumore besser erreichen zu können.
Verschiedene Strahlungsarten
und unterschiedliche Energien
Linearbeschleuniger besitzen im Vergleich
zu Kobalt-Geräten noch den Vorteil mit verschiedenen Energie-Stufen und verschiedenen Strahlungsarten, nämlich Photonen
und Elektronen, bestrahlen zu können. Sowohl die Dosis als auch die Eindringtiefe
können hier direkt am Gerät über die Auswahl verschiedener Energien bzw. Strahlungsarten variiert werden. Ein großer Vorteil der Elektronen ist ihre begrenzte Eindringtiefe bzw. der rapide Dosisabfall nach
dem Dosismaximum. Unter dem Tumor liegende Strukturen können so besser geschont werden. Ein Tumor an der Brustwand beispielsweise kann so die Maximaldosis erhalten, ohne die direkt darunter
liegende Lunge mit hohen Strahlendosen
zu belasten.
Multi-Leaf-Kollimator
Ein nächster Vorteil der modernen Linearbeschleuniger ist die Aufrüstung mit ei-
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nem sog. Multi-Leaf-Kollimator. Ein Multi-Leaf-Kollimator besteht aus einzelnen,
in verschiedenen dicken erhältlichen Bleiplatten, die durch separate Motoren einzeln bewegt werden können und sich so
Computer-gesteuert genau der Tumorform
anpassen können. Ohne Multi-Leaf-Kollimator müssen Bleiblöcke aufwendig von
Hand gegossen werden oder es können nur
rechteckige Felder erzeugt werden. Durch
den Einsatz eines Multi-Leaf-Kollimators
können beispielsweise bei der Bestrahlung
von kaudal gelegenen Maulhöhlentumoren bzw. retropharyngealen Lymphknoten,
Auge und Innenohr bzw. Innenohr und Rückenmark geschont werden.
Intensitäts-modulierende
Radiotherapie (IMRT)
Mit einer ganz neuen Technik, der sog.
Intensitäts-modulierenden Radiotherapie (IMRT), können bei sehr komplexen
Bestrahlungsfeldern, wie z.B. bei Nasentumoren oder Gehirntumoren, besonders
sensible Strukturen wie Augen oder Gehirn
noch besser geschont werden als mit herkömmlichen Bestrahlungstechniken. Bei
der IMRT errechnet der Computer die optimalen Felder und Strahlungsmengen, um
den Tumor maximal zu bestrahlen und sensible Strukturen im Gegensatz dazu maximal zu schonen. Der ‚Strahl’ wird sozusagen während der Therapie moduliert und
die Strahlenstärke angepasst, je nachdem
ob Tumor bestrahlt wird oder gesundes Gewebe ‚im Weg’ ist.
Port-Film-System
Auch besteht bei den neueren Geräten die
Möglichkeit die Lagerung des Patienten akkurat mittels Röntgenbildern zu überprüfen. Diese sog. Port-Filme werden direkt
nach Lagerung und vor Durchführung der
Bestrahlung mit dem Linearbeschleuniger
angefertigt. Ihre Qualität ist aufgrund der
hochenergetischen Strahlung nicht mit diagnostischen Röntgenbildern zu vergleichen,
jedoch kann anhand markanter Knochenpunkte die korrekte Lagerung überprüft
und mit digital rekonstruierten oder initial angefertigten Bildern verglichen werden. Die neueren Systeme arbeiten auch
digital, d. h. die Bilder können direkt am
Monitor betrachtet und bearbeitet werden.
Dies verkürzt die Narkosezeit ungemein
und so können diese Port-Filme bei komplexeren Bestrahlungen zur Lagerungskontrolle auch täglich angefertigt werden.
Nebenwirkungen
Typische kurative Bestrahlungsprotokolle
bestehen aus 16 bis 20 täglichen Fraktionen, im Gegensatz zu palliativen Protokollen, bei denen 1-mal pro Woche für insgesamt 3 bis 4-mal bestrahlt wird. Bei kurativen Protokollen wird die Gesamtdosis
auf viele kleine Einzeldosen aufgeteilt, um
sog. Spätschäden zu minimieren und den
Tumor trotzdem mit einer hohen Gesamtdosis zu therapieren. Spätschäden treten
frühestens 6 Monate bis ein Jahr nach Abschluss der Behandlung auf. Sie sind viel
wahrscheinlicher, wenn mit wenigen hohen Einzeldosen therapiert wird und betreffen v. a. wenig regenerationsfähige Gewebe wie Knochen, Auge und Nervengewebe. So kann es nach der Bestrahlung des
Auges zu einem Strahlen-induzierten Katarakt kommen, auch kann sich aufgrund
einer Tränendrüsenatrophie eine Keratokonjunktivits sicca entwickeln. Ein gefürchteter Spätschaden ist die Knochennekrose,
z. B. die Entwicklung einer oronasalen Fistel nach Bestrahlung von Maulhöhlentumoren oder auch die Gehirnnekrose nach Bestrahlung von Nasen-, Hypophysen- oder
Gehirntumoren, da eine Therapie hier nur
wenig erfolgversprechend ist. Auch können
sich durch ionisierende Strahlung, die ja
karzinogen wirkt, sekundäre Tumore entwickeln. Diese sind in der Regel Sarkome,
entstehen oft mehrere Jahre nach der initialen Therapie im Bestrahlungsfeld und
sind glücklicherweise sehr selten.
Verzögerte oder gestörte Wundheilung
Ein weiterer Nebeneffekt der Bestrahlung
ist eine gestörte oder verzögerte Wundheilung. Wird das bestrahlte Gebiet verletzt, z.B. durch eine Operation, oder sollen
nach einer Maulhöhlenbestrahlung Zähne
gezogen werden, kann es passieren, dass
die Wundheilung nur sehr zögerlich oder
auch gar nicht von Statten geht. Eingriffe
an den Zähnen bei Strahlentherapie-Pa-
tienten sollten nur von Spezialisten durchgeführt werden.
Bestrahlungs-induzierte
Pneumonitis
Eine weitere Spätfolge ist die Bestrahlungsinduzierte Pneumonitis. Zu dieser Nebenwirkung kommt es nach Bestrahlung von
gesunder Lunge, v. a. Behandlung von Tumoren im Bereich der Brustwand. Es sollte mittels regelmäßiger Röntgenkontrollen
auf diese Nebenwirkung untersucht werden. Sollten typische Veränderungen bestehen, werden die Patienten prophylaktisch
anti-entzündlich behandelt. Anzeichen für
eine Bestrahlungs-induzierte Pneumonitis
können bereits einen Monat nach der Bestrahlung gefunden werden, typischerweise treten sie aber erst 2 - 3 Monate später auf. Bei rechtzeitiger prophylaktischer
Therapie treten klinische Symptome in den
allermeisten Fällen nicht auf.
Kataraktbildung und
Keratoconjunctivitis sicca
Bei Tieren, die wegen eines Gehirn- oder
Nasentumors bestrahlt wurden, kann es
zu Nebenwirkungen am Auge kommen. Da
sich hier meist ein Auge im Bestrahlungsfeld befindet und dieses nicht genug vor der
Strahlung geschützt werden kann, kommt
es zur Ausbildung eines Katarakts. Dies
geschieht jedoch erst 6 - 12 Monate nach
Abschluss der Therapie. Auch ist diese Nebenwirkung durch den Einsatz neuer Techniken (Intensitäts-modulierte Radiotherapie [IMRT]) selten geworden. Eine weitere Spätfolge ist das sog. ‚trockene Auge’.
Betroffene Tiere zeigen eitrig-schleimigen
Augenausfluss, Kneifen und Reiben des betroffenen Auges. Patienten mit Bestrahlungen im Augenbereich können eine Atrophie dieser Drüsen entwickeln. Hierdurch
wird die Tränenproduktion stark vermindert. Betroffene Tiere benötigen lebenslang
künstliche Tränen, um eine Austrocknung
des Auges und somit Ulzera und Sekundärinfektionen zu vermeiden. Manchmal
hilft auch die Gabe von lokalem Cyclosporin, die Tränenproduktion anzuregen. Die
Patienten sollten während und nach einer
Bestrahlung regelmäßig auf ausreichende
Tränenproduktion getestet werden.
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Akute Nebenwirkungen
Bei einer palliativen Radiotherapie kommt
es jedoch so gut wie nie zu akuten Nebenwirkungen, wie beispielsweise einer Dermatitis oder Mukositis. Bei kurativen, d. h.
fraktionierten Protokollen zeigen sich meist
ab dem Ende der zweiten Therapiewoche
erste akute Nebenwirkungen. Diese akuten Nebenwirkungen betreffen vor allem
sich im Zellzyklus befindende Zellen, wie
z.B. Haut- oder Schleimhautzellen. Diese
werden, wie auch die Tumorzellen, durch
die ionisierende Strahlung geschädigt und
sterben ab, in der Folge kommt es zu einer Dermatitis bzw. Mukositis. Diese verschlechtert sich die ersten sieben bis zehn
Tage nach Beendigung der Therapie, heilt
dann aber meist ohne Komplikationen vollständig ab.
Hautreaktionen
Die häufigste akute Nebenwirkung einer
Bestrahlung ist eine Reizung der Haut. Die
Stärke der Reaktion kann variieren, sie ist
abhängig von Lokalisation, Bestrahlungsprotokoll und persönlicher Empfindlichkeit
des Patienten. Manche Tiere zeigen keinerlei Hautreizungen, andere wiederum entwickeln eine hochgradige nässende Entzündung. Hellhäutige Tiere sind generell
etwas empfindlicher und Hunde reagieren eher als Katzen. Diese Reizungen können einfach nur eine Rötung der Haut mit
Schuppen und trockener Haut sein oder das
andere Extrem: eine tiefe nässende Dermatitis. Diese Reaktionen beginnen meist 2 - 3
Wochen nach dem Start der Bestrahlung
und verschlechtern sich über 7 - 10 Tage
nach Beendigung der Therapie. Sie heilen
in fast allen Fällen im Verlauf mehrerer Wochen jedoch vollständig ab. Die Patienten
sollten routinemäßig nach der Hälfte der
Therapie Medikamente zur Entzündungshemmung und ein Antibiotikum, um Sekundärinfektionen vorzubeugen, erhalten.
Fellverlust
Hunde und Katzen verlieren typischerweise ihr Fell in dem bestrahlten Gebiet (Abb.
4). In den meisten Fällen wächst es jedoch
wieder nach, allerdings in einer helleren
Farbe, oft weiß oder grau. In Fällen mit
Abb. 4
Fellverlust bei einem Patienten nach Bestrahlung
im therapierten Gebiet.
schwerwiegenden Hautreizungen kann eine
partielle Alopezie bestehen bleiben.
Mukositis, Laryngitis, Tracheitis,
Rhinitis und Sinusitis
Nach einer Bestrahlung der Nasenhöhle oder der mandibularen und retropharyngealen Lymphknoten kann es zu einer
Entzündung der Schleimhäute im Bestrahlungsgebiet kommen. Im Wesentlichen ist
diese Reaktion dieselbe wie auf der Haut,
nur sind Schleimhäute etwas empfindlicher als die normale Haut. Betroffene Tiere können Nasen- oder Maulhöhlenausfluss, Schmerzen beim Fressen oder Trinken oder verminderten Appetit zeigen. Sie
können auch einen trockenen bellenden
Husten entwickeln, sollten die Luftröhre
und der Kehlkopf betroffen sein. Wie bei allen akuten Nebenwirkungen kann die Ausprägung von nicht existent über mild bis
zu hochgradigen Symptomen gehen. Diese
Reaktionen beginnen meist 2 - 3 Wochen
nach dem Start der Bestrahlung und verschlechtern sich über 7 - 10 Tage nach Beendigung der Therapie. Sie heilen in fast
allen Fällen im Verlauf mehrerer Wochen
jedoch vollständig ab. Eine Bestrahlungsinduzierte Rhinitis kann in seltenen Fällen
chronisch werden. Die Patienten erhalten
routinemäßig nach der Hälfte der Therapie
Medikamente zur Entzündungshemmung
und ein Antibiotikum, um Sekundärinfektionen vorzubeugen. Trotz oben beschriebener Nebenwirkungen trinken und fressen
die meisten Patienten während der gesamten Bestrahlungstherapie selbstständig.
Literatur:
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