Mit schweren Ionen gegen hartnäckige Tumoren

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M E D I Z I N R E P O R T
Onkologie
Mit schweren Ionen gegen
hartnäckige Tumoren
Das Universitätsklinikum Heidelberg erhält das europaweit
erste Schwerionen-Synchroton für die Strahlentherapie.
S
also nicht gleichmäßig ausgeleuchtet,
erläuterte Schlegel, sondern in viele
kleine Teilchen-Strahlen zerlegt und
mit jeweils unterschiedlicher Intensität
punktgenau bestrahlt. In der Nähe von
Risikoorganen ist die Bestrahlung weniger intensiv und im Tumorgewebe
stärker. Dabei wird der Tumor mit
mehreren intensitätsmodulierten Strahlenbündeln von verschiedenen Richtungen ins Visier genommen und somit
optimal erfasst.
In den letzten Jahren wurden klinische Erfahrungen mit der SchwerionenTherapie an der Anlage der Gesellschaft
für Schwerionenforschung (GSI) in
Darmstadt gesammelt. Bestrahlt werden Patienten mit strahlenresistenten
Tumoren der Schädelbasis – Chordome,
Chondrosarkome und adenoidzystische
Fotos: DKFZ
chwere Teilchen sind die neuen Gewebe im Eingangsbereich der StrahHoffnungsträger in der radiologi- lung und hinter dem Tumor wird geschen Krebstherapie. So sprechen schont, was eine Dosissteigerung geauf die Bestrahlung mit Schwerionen genüber der Photonentherapie um 15 bis
Tumoren an, bei denen die herkömmli- 35 Prozent erlaubt. Die Röntgenstrahlen
che Photonentherapie nicht effizient hingegen sind elektromagnetische Welgenug ist. Diese Art der Bestrahlung len, die ihr Dosismaximum schon nach
macht es möglich, Tumoren gezielt zu drei Zentimetern Eindringtiefe
treffen, die inoperabel sind oder nur erreichen und danach kontinuierzum Teil entfernt werden können, weil lich fallen. Tiefer liegende Tumosie in gefährlicher Nähe lebenswichti- ren bekommen nicht die optimale
ger strahlensensibler Organe liegen.
Strahlendosis.
Ein weiterer Vorteil der Schwerionen:
Werden nun die durch „schweSie sind im Vergleich zur Photonen- oder re“ Teilchen erzeugten StrahlenProtonenbestrahlung biologisch wirksa- bündel mit Computerprogrammer – das heißt, sie schädigen das
Erbgut der Tumorzellen irreversibel und verursachen somit den
gewünschten Zelltod. Das geModell der Heidelberger
lingt auch bei Tumorzellen, die
Schwerionen-Anlage, die inwenig oder keinen Sauerstoff
ternational neue Maßstäbe
enthalten, und jenen, die wenig
im Bereich der Strahlentherapie setzen wird
teilungsaktiv sind, also langsam
wachsen. Der Medizinphysiker
Prof. Dr. Wolfgang Schlegel vom
Karzinome. Eine OptiDeutschen Krebsforschungszenon ist die intensitätsmotrum erläutert die physikalidulierte Schwerionenschen Eigenschaften der Schwertherapie möglicherweise
ionen: Sie und andere „schwere“
auch bei ProstatakarziAtomkerne (zum Beispiel Wasnomen und Weichteilserstoff, Kohlenstoff oder Helisarkomen. Studien aus
Vorbereitung eines Patienten für die Intensitätsmodulierte Radiotheum) unterscheiden sich von den rapie, die eine bessere Anpassung der Bestrahlungsfelder und der Do- Japan und den USA, wo
Röntgenstrahlen dadurch, dass sisverteilung an die Tumorgeometrie ermöglicht
diese Anlagen bereits
die Atomkerne – wenn sie mit
betrieben werden, haBeschleunigern auf hohe Geschwindig- men räumlich und mit exakt vorausbe- ben bei Weichteilsarkomen und Prostakeit gebracht werden – ein Bündel von rechneter Energie und Reichweite ge- takarzinomen wesentlich bessere TheraTeilchenstrahlen bilden, das äußerst ex- steuert, kann bei Tumoren in jeder pieerfolge gezeigt als bei den konvenakt geradlinig verläuft und kaum seit- Form, Größe und Tiefe im Gewebe tionellen Therapieverfahren.
lich abstrahlt.
punktgenau die nötige Strahlendosis apDoch zunächst ein Blick zurück: Im
Der Strahl durchdringt das gesunde pliziert werden.
Dezember 1997 wurden erstmals in EuGewebe und gibt bei immer langsamer
Diese hochpräzise Bestrahlung ge- ropa Krebspatienten in Darmstadt mit
werdender Geschwindigkeit erst am lingt mit „intensitätsmodulierten Raster- schweren Ionen bestrahlt. Schon bald
Ende seiner Reichweite die maximale scanverfahren“: Die Intensität der zeigte sich, dass die guten klinischen ErEnergie ab („Bragg Peak“) und bricht Strahlendosis wird innerhalb eines Be- gebnisse, die mit dieser Bestrahlung bei
dort abrupt ab. Der Effekt: Das gesunde strahlungsfeldes „moduliert“. Es werde Patienten im kalifornischen Berkeley
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Deutsches Ärzteblatt
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in den Jahren von 1957 bis 1992 erzielt
worden waren, in Deutschland noch
verbessert werden konnten. Zunächst
wurden im Rahmen eines seit 1994 laufenden gemeinsamen Projektes des
Deutschen Krebsforschungszentrums,
der Radiologischen Universitätsklinik
Heidelberg und des Forschungszentrums Rossendorf bei Dresden Patienten mit nicht operierbaren oder nur teilweise operierten Tumoren im Rahmen
von klinischen Studien behandelt.
Unter Leitung des Strahlentherapeuten und Physikers Prof. Dr. Dr. med.
Jürgen Debus, jetzt Direktor der Radiologischen Universitätsklinik in Heidelberg, wurden an der Forschungsanlage jährlich 70 Patienten therapiert –
mit ausgezeichneten Erfolgen: Zwischen 70 bis 90 Prozent liegt die Heilungsrate bei Patienten mit Schädelbasistumoren wie Chordomen oder
niedriggradigen Chondrosarkomen.
Aufgrund dieser guten klinischen
Ergebnisse ist nun in Heidelberg mit
dem Bau einer Bestrahlungseinheit mit
einem Schwerionen-Synchroton begonnen worden. Sie soll 2006 fertig gestellt
sein und wird die erste Anlage dieser
Art für den Klinikbetrieb europaweit
sein. Das Zentrum wird über ein
Synchroton von 20 Metern Durchmesser zur Beschleunigung der Teilchen
verfügen. Dabei sollen Energien von 50
bis 430 MeV erzeugt werden mit möglichen Eindringtiefen in den Tumor bis zu
30 Zentimetern.
In der Schwerionenanlage wird es
darum gehen, in klinischen Studien zu
ermitteln, welche Art der Teilchenbestrahlung – etwa Helium-, Sauerstoffoder Kohlenstoffionen – für welche Tumorentität und für welchen Patienten
am besten geeignet ist. So scheinen
Weichteilsarkome besonders gut auf
Sauerstoffionen und kindliche Tumoren
des Bauchraums auf Heliumionen anzusprechen. Das 72 Millionen Euro teure
Projekt wird zu gleichen Teilen vom
Bund und vom Heidelberger Klinikum
finanziert. Jährlich sollen etwa 1 000 Patienten – meist ambulant – behandelt
werden. Die Kosten würden pro Patient etwa 20 000 Euro betragen und
damit „im unteren Bereich“ der üblichen operativen und medikamentösen Krebstherapien liegen, erläuterte
Ingeborg Bördlein
Debus.
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KOMMENTAR
D
Für die praktische Ärzteausbildung
ie Ärzteausbildung erfolgt seit über
hundert Jahren an den medizini- erscheint das skandinavische Modell beschen Fakultäten der Deutschen sonders geeignet. Vormittags erfolgt die
Universitäten. Wilhelm von Humboldt praktische Arbeit im Krankenhaus und
(1767–1835) verstand Bildung als uni- nachmittags der theoretische Unterricht.
verselle Bildung „universitas literarum“ Dabei werden die klinischen Fächer
und forderte die Einheit von Forschung nacheinander gelehrt. Für die Innere Medizin und die Chirurgie sind acht Monate
und Lehre in völliger Freiheit.
Die Medizinerausbildung folgt bis vorgesehen, für die kleineren Fächer reiheute diesem Ideal. Der Studierende der chen ein bis drei Monate. Der Vorteil läge
Medizin gestaltet sein Studium sehr frei, gegenüber dem jetzigen System darin,
lediglich eingeschränkt durch Pflichtvor- dass man wenigstens einen Monat jedes
lesungen, Übungen und Kurse, die den Fach einmal praktisch und theoretisch
Studenten nur wenig einengen. Der gelernt hat, während man gegenwärtig
Medizinstudent kann deshalb seinen die kleinen Fächer gern links liegen lässt.
Neigungen nachgehen, und er wendet Mit dem erfolgreichen Abschluss der letzten Klasse hätte
dann dem Mediman dann das
zinstudium nicht
Medizinstudium
Staatsexamen
die Zeit und
bestanden.
Mühe zu, die
Mit dieser
notwendig wäre.
FachhochschulDurch
die
ausbildung wäre
Freiheit des Mefür die Masse
dizinstudiums
der künftigen
erhält die Masse
Ärzte eine hinder Medizinstudierenden nicht die notwendige umfas- reichende Ausbildung für den Arztberuf
sende Ausbildung, die der Arztberuf er- sichergestellt. Eine Weiterbildung an
fordert. Der Medizinische Fakultätentag einer Universität wäre für wissenschaftforderte deshalb schon vor Jahren, dass lich Interessierte jederzeit möglich.
das Ziel des Medizinstudiums nicht mehr Auch gäbe es Promotionsmöglichkeit an
der selbstständig tätige Arzt, sondern le- jeder Medizinischen Fakultät.
Eine weitere Verbesserung wäre gediglich der zur Weiterbildung fähige Arzt
geben, wenn man das Beispiel der Bunsein solle.
Obwohl das gegenwärtige Ausbil- deswehrhochschulen kopieren würde,
dungssystem der Mediziner für eine nämlich die Einführung von Trimestern
kleine Gruppe von Studierenden her- bei Begrenzung der Ferien auf jährlich vier
vorragende Ausbildungsmöglichkeiten Wochen. Bei einem vierjährigen Studium
bietet, müssen wir sehen, dass für die stünden zwölf Trimester zur Verfügung,
große Masse der Studenten die Effekti- die sicher ausreichen würden. Man hätte
vität dieser Ausbildung nicht ausreicht. damit eine Verkürzung um zwei Jahre erEine erhebliche Verbesserung der Me- reicht, mit erheblichen individuellen und
dizinerausbildung könnte erreicht wer- volkswirtschaftlichen Verbesserungen.
Selbstverständlich müsste man dann
den, wenn man sich die Erfahrungen der
angelsächsischen und skandinavischen die Medizinstudenten finanziell unterLänder ansehen würde und auch das stützen, da für Erwerbsarbeit neben dem
Prinzip der deutschen Fachhochschulen Studium keine Zeit bliebe. Zunächst wäre
kopieren würde: eine Verschulung des zu prüfen, wie hoch sich die Einsparung
Medizinstudiums. Die Studenten wür- durch die Verkürzung der Studienzeit um
den in Lerngruppen (Klassen) zusam- zwei Drittel rechnen würde. Alternativ
mengefasst und hätten klare Lernziele wäre ein Unterstützungsdarlehen denkmit ständiger Leistungsüberprüfung. bar, das nach Beendigung des Studiums
Die nächste Klasse könnte erst nach in Raten zurückgezahlt werden könnte.
bestandener Prüfung der niedrigeren In Skandinavien ist es darüber hinaus
Klasse erreicht werden. Der Lehrkörper möglich, schon nach Abschluss der
bestünde aus hauptamtlichen Lehr- Ausbildung in einem klinischen Fach in
kräften, die keinesfalls Professorenrang diesem Fach als Assistent eingesetzt zu
Prof. Dr. med. Rolf Bialas, Hamburg
werden.
haben müssten.
Vorbild
Fachhochschulen
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