Datum: 27.03.2016 NZZ am Sonntag 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch/sonntag Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 126'855 Erscheinungsweise: wöchentlich Themen-Nr.: 374.003 Abo-Nr.: 1044548 Seite: 53 Fläche: 362'502 mm² 1 In der Schweiz werden immer mehr Irwloor-Hanf anlagen von der Polizei entdeckt. Im Jahr 2014 wurden 1759 Plantagen ausgehoben. Wir sind Weltmeister im Kiffen Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 61056325 Ausschnitt Seite: 1/8 Datum: 27.03.2016 NZZ am Sonntag 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch/sonntag Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 126'855 Erscheinungsweise: wöchentlich Themen-Nr.: 374.003 Abo-Nr.: 1044548 Seite: 53 Fläche: 362'502 mm² Schweizer Knaben zählen weltweit zu den intensivsten Kiffern. Bald könnte der Stoff legalisiert werden, obwohl Cannabis bei Jugendlichen schwere psychische Schäden verursachen kann. Tun wir genug für den Schutz unserer Teenager? Von Regula Freuler und Theres Lüthi wird 2016 zum Schlüs- prozesse eingreifen.» Hinweise dafür ergeseljahr in der Droben sich aus Tierversuchen: Verabreicht man genpolitik? Nachdem einige US-Gliedstaaten und Uruguay Cannabis unlängst legalisiert haben, will der kanadische Premierminister dieses Jahr nachziehen. Und in drei Wochen findet in New York eine Uno-Sondertagung statt, die Cannabislegalisierung gehört zu den Haupttraktanden. Auch in der Schweiz steht ein Umbruch bevor: Noch bis Ende Jahr dürfte das Bundesamt für Gesundheit vier Schweizer Städten die Erlaubnis für ein Pilotprojekt zur regulierten legalen Cannabisabgabe geben. Was bedeutet das für die Jugendlichen in diesem Land? Kiffen ist unter Schweizer Teenagern weit verbreitet, und nirgendwo haben so viele 15-jährige Buben Cannabiserfahrung wie bei uns. Dies zeigen die neusten Daten der internationalen Schülerbefragung «Health Behaviour in School-aged Children» (HBSC). Demnach haben hierzulande 29 Prozent der 15-jährigen Buben und 19 Prozent der 15-jährigen Mädchen schon einmal Cannabis konsumiert. Der internationale Durchschnitt liegt bei 15 Prozent. Zwar hat sich der hiesige Anteil der Buben mit Cannabiserfahrung in den letzten Jahren von 46 Prozent im Jahre 2002 verringert, gleichwohl ist er noch immer dreimal so hoch wie 1986. Laut dem «Suchtpanorama Schweiz» hat der Konsum unter den 15- bis 19-Jährigen seit 2011 sogar wieder zugenommen. Dabei steht fest, dass Cannabis in der Pubertät besonders problematisch ist. Die Hirnentwicklung des Menschen ist erst im Alter von etwa 25 Jahren abgeschlossen, und das Cannabinoid-System spielt darin eine wichtige Rolle. «Das Gehirn wird gerade in der Pubertät noch einmal stark umgebaut», sagt Boris Quednow, Drogenexperte an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, «und einer der Inhaltsstoffe des Cannabis, das THC, kann in diese neuronalen Umbau- Ratten während der Pubertät THC, entwickeln sie später kognitive Defizite. «Behandelt man sie jedoch vor oder erst nach der Pubertät, treten die Probleme nicht auf», sagt Quednow. Trigger für Psychose Besonders brisant ist der Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum im Jugendalter und der Entwicklung einer schizophrenen Psychose, die das weitere Leben einschneidend verändern kann. Maurizia Franscini arbeitet beim Ambulatorium Zürich der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie und ist für den Bereich Psychose zuständig. Sie ist oft mit Jugendlichen konfrontiert, die nach intensivem Cannabiskonsum mit präpsychotischen Symptomen wie das Gefühl, beobachtet zu werden, Wahrnehmungsveränderungen sowie Derealisation und Depersonalisation zu ihr kommen. «Die Jugendlichen haben das Gefühl, wie in einem für sie gemachten Film zu leben», sagt Franscini, «sie empfinden die Realität als unecht.» Diese Symptome können auf eine entstehende psychotische Störung hinweisen. Solche Probleme treten in der Regel nach intensivem Konsum auf. Doch es gibt auch Ausnahmen. Bei einer kleinen Anzahl von ihren jungen Patienten passierte es nach dem ersten Mal. «Sie haben einmal Cannabis konsumiert und dann Derealisationssymptome entwickelt, die über Monate präsent waren.» Auch wenn der Cannabiskonsum alleine nicht für die Entwicklung psychotischer Störungen verantwortlich gemacht werden kann: «Cannabis kann den Weg zu einer Psychose vereinfachen, es wird als Trigger gesehen», sagt die Zürcher Ärztin. Bei manchen Jugendlichen führt der weitere Konsum zum definitiven Bruch mit der Realität: Eine Cannabis-induzierte Psychose dauert etwa eine Woche, leichtere Symptome können aber Monate andauern. Alar- Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 61056325 Ausschnitt Seite: 2/8 Datum: 27.03.2016 NZZ am Sonntag 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch/sonntag Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 126'855 Erscheinungsweise: wöchentlich mierend ist, dass drei Viertel jener, die eine Cannabis-induzierte Psychose entwickeln, später an einer chronisch psychotischen Störung wie Schizophrenie erkranken. «Wenn jemand anfängt, nach dem Cannabiskonsum Stimmen zu hören, oder sich verfolgt fühlt, sollte er unbedingt damit aufhören», sagt auch Boris Quednow. Experten gehen heute davon aus, dass das Risiko einer Psychose nur bei Menschen mit einer genetischen Veranlagung besteht. «Es glaubt heute fast keiner mehr, dass man sich eine Psychose ankiffen kann, wenn man diese genetische Vulnerabilität nicht hat», sagt Quednow. «Das Problem ist nur, dass sich diese bisher nicht bestimmen lässt.» Und der Aufwand, solche Ereignisse zu verhindern, rechnet sich nicht. Denn laut Schätzungen müsste man zwischen1000 und 10 000 Personen von der Droge fernhalten, um einen Fall einer schizophrenen Psychose zu verhindern. Diese Zahl wird von Legalisierungsbefürwortern gerne ins Feld geführt. Eine falsche Argumentation, findet Quednow. «Psychosen sind nicht das eigentliche Problem des Cannabis», sagt er, «weil sie relativ selten auftreten.» Weit häufiger sind andere Leiden. «Die Abhängigkeit wird massiv unterschätzt. Viele glauben, Cannabis mache nicht abhängig. Aber das ist ein Mythos und schlicht nicht wahr.» Das Suchtrisiko von Cannabis liegt ähnlich hoch wie von Alkohol, nämlich bei etwa 10 Prozent der Konsumenten. Von jenen, die bereits als Jugendliche mit dem Kiffen beginnen, werden sogar 17 Prozent abhängig. Zudem spielt ein früher Cannabiskonsum bei der Entstehung von Suchterkrankungen Themen-Nr.: 374.003 Abo-Nr.: 1044548 Seite: 53 Fläche: 362'502 mm² generell eine Rolle. «Wer im jungen Alter Cannabis konsumiert, entwickelt im Laufe des Lebens häufiger eine Abhängigkeit als andere Menschen, und dies nicht nur von Cannabis, sondern auch von anderen Substanzen», sagt Quednow. Bei starkem Konsum erhöht sich ausserdem das Risiko für andere psychische Störungen wie Depressionen und Angsterkrankungen. Der Hauptinhaltsstoff von Cannabis, das Delta-9-Tetrahydrocannabinol, kurz THC, dockt im Gehirn an sogenannte CB1-Rezeptoren an. Diese liegen in Regionen des Gehirns, die mit Lernen und Gedächtnis, Motivation und Entscheidungsfähigkeit zu tun haben - Fähigkeiten also, die für die Entwicklung junger Menschen besonders wichtig sind. Wie ein regelmässiger Cannabiskonsum in die Hirnentwicklung genau eingreift, ist zwar noch nicht verstanden. Doch beobachtet man bei regelmässigem Cannabiskonsum oft Symptome wie Antriebslosigkeit, Gleichgültigkeit und generelles Desinteresse. Für junge Menschen in Ausbildung schlechte Voraussetzungen. «Das kann eine Kettenreaktion mit weitreichenden Folgen für die weitere Entwicklung lostreten», sagt Maurizia Franscini. So zeigen Studien einen tieferen IQ im Alter. Zudem erreichen diese Personen ein niedrigeres Bildungsniveau, sie sind beruflich weniger erfolgreich, und ihre Lebenszufriedenheit ist geringer. Sorgen bereitet den Fachleuten, dass der THC-Gehalt in den letzten Jahren stark gestiegen ist. «Jugendliche sollten so wenig Zugang wie möglich zum Cannabis haben», sagt darum Boris Quednow. Doch das ist nachweislich nicht der Fall. Im Gegenteil, nirgendwo in Europa wird so viel gekifft wie unter Schwei- Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Um so viel nahm die Zahl der Cannabis-bedingten Verkehrsopfer im Gliedstaat Colorado zwischen 2010 und 2014 zu. 2012 wurde Cannabis dort lega- lisiert. Argus Ref.: 61056325 Ausschnitt Seite: 3/8 Datum: 27.03.2016 NZZ am Sonntag 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch/sonntag Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 126'855 Erscheinungsweise: wöchentlich Themen-Nr.: 374.003 Abo-Nr.: 1044548 Seite: 53 Fläche: 362'502 mm² Jugendliche mit einer Bong und Hanfblüten. In der ' Schweiz ist Canna- bis die mit Abstand am häufigsten konsumierte illegale Substanz. Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 61056325 Ausschnitt Seite: 4/8 Datum: 27.03.2016 NZZ am Sonntag 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch/sonntag Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 126'855 Erscheinungsweise: wöchentlich zer Buben, und diese belegten auch international bei der letzten HBSC-Studie von 2009/2010 Platz eins (bei der neueren Studie lieferten die USA keine Daten). Dabei werden jährlich viele Millionen Franken für Suchtprävention ausgegeben. Was läuft schief? Suchtprophylaxe ist im Lehrplan 21 verankert, jedoch nur allgemein formuliert. Präventionsangebote gibt es viele. Informationen erhält man bei der überregionalen privaten Stiftung «Sucht Schweiz», die mit Bundesgeldern mitfinanziert wird. Dazu kommen viele lokale Beratungsstellen. Die positive Nachricht der letzten HBSCStudie ist, dass der Cannabiskonsum in der Schweiz allgemein etwas abgenommen hat. «Aber leider nicht bei der Untergruppe mit dem grössten Risiko», sagt Felix Hanselmann von der Suchtpräventionsstelle Zürich Oberland. Das Hauptproblem eines intensiven Cannabiskonsums sieht der Soziologe im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung. «Zwischen 10 und 18 Jahren wird die sekundäre Sozialisation abgeschlossen. Wer zu viel kifft, riskiert, die Entwicklung seiner Kompetenzen in Bereichen wie Empathie und Konfliktlösung zu verzögern.» Früher musste ein Handwerker nicht unbedingt sozialkompetent sein. «Ohne diese Fähigkeit hat man heute aber viel mehr Mühe auf dem Arbeitsmarkt.» Die Meinung der Initianten des Schweizer Pilotprojekts, Cannabis mit tiefem THC-Gehalt sei gefragt, überzeugt Felix Hanselmann nicht «Ein THC-Gehalt unter 12 Prozent ist nicht für alle Konsumenten attraktiv.» Das heisst, es wird auch weiterhin Konsumenten geben, die Cannabis mit hohem THC-Gehalt bevorzugen. Petra Buchta von der Suchtpräventionsstelle der Stadt Zürich vertritt einen Ansatz, über den in der Schweizer Sozialarbeit Konsens herrscht: «Wir verteufeln das Kiffen nicht, weil man Jugendliche damit nicht erreicht. Stattdessen wollen wir mit ihnen Strategien entwickeln, wie sie ihren Konsum reduzieren oder ganz aufgeben können. Sie sollen beurteilen lernen, welche Konsequenzen Drogenkonsum für sie haben könnte.» Das Zauberwort heisst «Konsumkompetenz». Selbstverantwortung ist wichtig, aber überfordert man damit die Schweizer Buben, oder warum kiffen sie mehr als ihre europäischen Kollegen? Keine der befragten Suchtpräventionsstellen hat darauf eine Antwort. Auch Buchta nicht. «Ich kann nur etwas zu Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen Themen-Nr.: 374.003 Abo-Nr.: 1044548 Seite: 53 Fläche: 362'502 mm² ihren Motiven sagen: Mädchen konsumieren Drogen, um Sorgen zu vergessen, bei Buben geht es vor allem um Männlichkeitsdemonstration und Gruppenzugehörigkeit.» Hört man sich unter Teenagern um, so ist Cannabis omnipräsent. «Es ist leichter, Cannabis zu bekommen als Alkohol», sagt Michael (Name geändert). Der Lehrling aus dem Kanton Zürich ist gerade 19 geworden. «Bei uns im Quartier sind mindestens sechs Dealer unterwegs, und weil drei Viertel meiner Kollegen kiffen, hat sicher immer irgendjemand etwas dabei.» Zum ersten Mal Cannabis probiert hat Michael mit 15. «Ich hatte keinen Stress oder so, mir war einfach langweilig», erinnert er sich. An Michaels Schule gab es zwar Suchtpräventionslektionen. «Aber bei Cannabis bringt das nichts», ist er überzeugt. «Bei Heroin heisst es: Abstand! Aber Gras wird wie Alkohol eingestuft - oder sogar als noch harmloser.» Bald rauchte Michael vor der Schule, in der Mittagspause und wieder am Abend. Zwei bis drei Gramm pro Tag. Eines Tages kamen seine Eltern dahinter. «Sie nahmen es nicht so schwer. Am schlimmsten fanden sie, dass mein Taschengeld so rasch aufgebraucht war.» Er musste mit auf eine Beratungsstelle. Offenbar hat das etwas ausgelöst: Michael hat es geschafft, seinen Konsum zu reduzieren, und er kifft nur noch etwa jeden zweiten Tag. «Es ist besser so, ich hatte nämlich Stimmungsschwankungen. Ausserdem habe ich bald Lehrabschlussprüfung. Bin ich bekifft, kann ich mir den Schulstoff nicht merken.» Zu sanfte Prävention? Wie wirken Präventionsanlässe auf Jugendliche? An der Kantonsschule Freudenberg in Zürich fand unlängst ein solcher statt. Drei Lektionen, bei denen die Substanz und die rechtliche Lage erläutert wurden sowie ein Gespräch unter der Leitung eines Sozialpädagogen. Anouk, Paula, Nico und Sam (Namen geändert), 14 und 15 Jahre alt, sind sich einig: Die juristischen Informationen der Polizistin fanden sie interessant, denn viele wissen nicht, dass nicht nur Dealen, sondern schon Kiffen ein Delikt ist. Das Gruppengespräch hingegen lief harzig. «Der Sozialpädagoge wollte auf Kumpel machen», sagt Nico, «indem er erzählte, er habe auch schon ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 61056325 Ausschnitt Seite: 5/8 Datum: 27.03.2016 NZZ am Sonntag 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch/sonntag Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 126'855 Erscheinungsweise: wöchentlich Auswirkungen der Liberalisierung bleibt die grosse Frage, welche Auswirkungen dies auf die Jugendlichen hätte. Untersuchungen aus den USA lassen vermuten, dass eine Legalisierung das Konsumverhalten beeinflussen könnte, weil damit der Eindruck einer harmlosen Droge vermittelt würde. Bei einer Umfrage unter 6000 Highschool-Schülern vor der Legalisierung gaben 10 Prozent der Nichtkonsumenten zu Protokoll, Cannabis im Falle einer Legalisierung ausprobieren zu wollen. Dazu zählten pikanterweise vor allem Schüler, die sonst die Finger davon lassen würden: Nichtraucher, Religiöse und solche mit einem Drogen abgeneigten Freundeskreis. Eine kürzlich publizierte Studie mit 172 000 15-Jährigen aus 38 Ländern verglich den Cannabiskonsum in Abhängigkeit der Gesetzeslage. Das Fazit: Die Cannabis-Liberalisierung ist an einen höheren Cannabiskonsum gekoppelt - wobei die Auswirkungen der Gesetzesänderung oft erst nach einigen Jahren ersichtlich werden. Beim Schweizer Pilotprojekt, das eine politische Initiative und eine wissenschaftliche Studie vereint, soll in Vereinslokalen qualitätskontrolliertes Cannabis an die Mitglieder abgegeben werden. Nur Volljährige sollen Zugang zum Cannabis bekommen, wie Sandro Cattacin betont. «Wissenschaftlich gesehen wäre 20 sogar besser als 18», sagt der Genfer Soziologieprofessor und Mit-Initiant. Eine Cannabis-Abgabe an jugendliche Problemkonsumenten kann er sich vorstellen, «aber nur in einem therapeutischen Setting, nicht in den Vereinen». In Genf gebe es ungefähr 50 solcher Problemkonsumenten, für Zürich vermutet er eine ähnliche Zahl. Mit dem Projekt hofft Cattacin, Cannabis schwerer verfügbar zu machen für Jugendliche, indem es dem Schwarzmarkt schade. Dieser ist stark gewachsen: Die Verzeigungen wegen Einfuhr von Hanfsamen haben sich verzehnfacht, die Zahl entdeckter Indoor-Plantagen stieg zwischen 2013 und Bei der Diskussion um eine Legalisierung 2014 von 1476 auf 1759. Hört man sich unter Teenagern um, so ist Cannabis omnipräsent. «Es ist leichter, Cannabis zu bekommen als Alkohol», sagt Michael. gekifft und wisse, wie das so sei als Jugendlicher.» Die vier lachen. «Da fühlte ich mich nicht ernst genommen.» Haben sie seit dem Präventionstag mehr Respekt vor der Droge? Wieder sind sie sich einig: Nein. Da erinnert sich Paula an einen Film über Tabakkonsum: «Das waren verstörende Bilder. Voll gruusig, so mit dem Loch im Hals vom Krebs.» Sind die Präventionslektionen in der Schweiz zu sanft? Sam denkt nach. «Ich brauche keine abschreckenden Bilder mit abgemagerten Junkies, das ist zu weit weg von meinem Leben. Aber mit einem jungen ehemaligen Kiffer würde ich schon gern diskutieren und ihm Fragen stellen.» Freudenberg-Prorektor Beat Gyger ist skeptisch gegenüber einem Betroffenen-Einbezug. «Da entsteht rasch eine Situation wie im Zoo.» Die Diskussion über eine CannabisLegalisierung (für Volljährige) verfolgt er mit gemischten Gefühlen. «Ich sehe die Vorteile einer Entkriminalisierung», sagt er, «aber bei einer Legalisierung wird es für die Schulen noch schwieriger, etwas durchzusetzen. Dabei verstehe ich es auch als meinen Auftrag, Schüler zu schützen, die nichts mit Kiffen zu tun haben wollen und nicht verstehen würden, wenn die Schule nichts dagegen unternähme.» Themen-Nr.: 374.003 Abo-Nr.: 1044548 Seite: 53 Fläche: 362'502 mm² Suchtpotenzial Wahrscheinlichkeit dass Konsumenten abhängig werden. Tabak: Tabak: 32% 32% Heroin: 23% 23% Heroin: Kokain: 17% 17% Kokain: Alkohol: Alkohol: 10-15% 10-15% Cannabis: Cannabis: 10-12% 10-12% Stimulanzien Stimulanzien (ohne Kokain): Kokain): 10% 10% (ohne Angstlösende und und Angstlösende Beruhigungsmittel: 9% 9% Beruhigungsmittel: Schmerzmittel: 9% 9% Schmerzmittel: Psychedelische Psychedelische Drogen: 5% 5% Drogen: Quelle: Quelle:Anthony Anthony2002 2002 Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 61056325 Ausschnitt Seite: 6/8 Datum: 27.03.2016 NZZ am Sonntag 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch/sonntag Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 126'855 Erscheinungsweise: wöchentlich Themen-Nr.: 374.003 Abo-Nr.: 1044548 Seite: 53 Fläche: 362'502 mm² Zutaten eines Joints: Zigarettenpapier, Filter, Tabak und ein Plättchen Haschisch, auch «Shit» genannt. Schweizer Knaben kiffen kiffen am am meisten meisten Cannabiserfahrung in in Europa Europa 15-Jährige mit Cannabiserfahrung Mädchen (in %) Knaben (in %) Schweiz 29 Frankreich 29 Italien 27 Belgien 26 19 19 26 17 17 18 Tschechien Tschechien Dänemark England 18 Niederlande Österreich Ungarn 19 19 Deutschland Finnland 18 20 Spanien 18 15 13 13 12 14 14 Schweden Quelle: HBSC HBSC 2013/2014 2013/2014 Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 61056325 Ausschnitt Seite: 7/8 Datum: 27.03.2016 NZZ am Sonntag 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch/sonntag Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 126'855 Erscheinungsweise: wöchentlich Fünf Fragen zu Cannabis Der Stoff hält sich lange im Körper 1. Was ist Cannabis? Cannabis ist der botanische Name von Hanf. Die weibliche Pflanze wird als Rauschmittel verwendet. Konsumiert wird Cannabis in Form von Marihuana (Gras), Haschisch (Harz, «Shit») oder Öl. Besonders gefährlich sind synthetische Cannabinoide («Spice»). In der Schweiz ist Cannabis illegal. Eine Volksabstimmung 2008 zur Legalisierung wurde mit 63 Prozent der Stimmen abgelehnt. 2. Was ist der THC-Gehalt? Verantwortlich für die Rauschwirkung ist das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC). Ab einem THC-Gehalt von 1 Prozent spricht man von Drogenhanf. Cannabis enthält aber auch viele andere Wirkstoffe. Das Cannabidiol etwa scheint vor Psychosen zu schützen. Doch THC und Cannabidiol Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen Themen-Nr.: 374.003 Abo-Nr.: 1044548 Seite: 53 Fläche: 362'502 mm² sind Gegenspieler - wird einer Pflanze mehr THC angezüchtet, vermindert sich der Cannabidiol-Gehalt. Der THC-Gehalt ist in den letzten Jahr stark gestiegen. 3. Wie wird es konsumiert? Am häufigsten wird Cannabis geraucht. Es kann auch als Gebäck gegessen oder mittels Vaporizer inhaliert werden. 4. Wie wirkt Cannabis? Bei manchen Menschen wirken Cannabinoide entspannend, bei anderen euphorisierend oder sedierend. In höheren Dosen können sie Paranoia und bei Personen mit genetischer Veranlagung Psychosen auslösen. THC lagert sich vorwiegend im Fettgewebe an und wird nur langsam abgebaut. 5. Ist Cannabis ein Heilmittel? THC kann bei Krebspatienten die durch Chemotherapien verursachte Übelkeit und Brechreiz unterdrücken. Andere Inhaltsstoffe wirken schmerzlindernd. Studien weisen zudem auf einen möglichen Einsatz bei Epilepsie und multipler Sklerose. WO ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 61056325 Ausschnitt Seite: 8/8