Nr. 06/14 22.März 2010 04. bis 10. Februar 2014 Wochenspiegel 06/14 online 10.02.2014 Neue Forschungsergebnisse: Wie das Ohr wächst und reift Göttingen. Das Hören und das Ohr sind wohl erforscht. Wie sich aber das Ohr und die Funktionsfähigkeit entwickelt war lange unbekannt – auch, weil sich dieser Prozess im Mutterleib vollzieht. Göttinger Forscher der Universitätsmedizin (UMG) haben jetzt Details der Hörentwicklung entdeckt – bei Mäusen. So sehen Haarzellen im Innenohr aus. Bei ihnen nämlich entwickelt sich das Ohr und Hören erst nach der Geburt. Die Wissenschaftler des InnenOhr-Labors in der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde haben jetzt aufgedeckt, welche Entwicklungsschritte auf molekularer und zellulärer Ebene ablaufen, damit das Hören gelingt. Konkret konnten die Göttinger UMG-Mediziner entschlüsseln, wie in der Hörschnecke die dafür wichtigen synaptischen Kontakte zwischen Haarsinneszellen und Nervenzellen (Synapsen) zur vollen Funktionstüchtigkeit reifen. Erst nach dieser Entwicklung können die Synapsen den Schall effizient und präzise in Nervensignale übersetzen. „Die Haarzellen unserer Hörschnecke sind zunächst Schrittmacher, die die Entwicklung des Hörsystems antreiben. Sie werden erst nach der Reifung echte Sinneszellen, die Umgebungsreize in einf ür unseren Körper verwertbares Signal wandeln“, erklärt Prof. Dr. Tobias Moser, Leiter des InnenOhr-Labors. Die Erkenntnisse haben die Göttinger Forscher mit Untersuchungen an jungen Mäusen gewonnen. Bei Nagetieren beginnt das Hören erst nach der Geburt und die Reifung der Hörschnecke durchläuft dabei verschiedene Stadien. Besonders spannend sind dabei die Tage um den Beginn des Hörens. Noch während das Ohr ausreift und bevor Geräusche wie die der Mutter oder Geschwister gehört werden können, imitiert das Innenohr den Hörvorgang. Damit, so vermuten die Forscher, wird die korrekte Verschaltung und Reifung des zentralnervösen Hörsystems vorangetrieben. Erst nach Abschluss eines Reifungs- oder Trainingsprogramms werden im Ohr schließlich Schallreize präzise in Nervensignale übersetzt. (umg/tko) 2/2 Wochenspiegel 06/14 3/3 Wochenspiegel 06/14 4/4 Wochenspiegel 06/14 5/5 Wochenspiegel 06/14 6/6 Wochenspiegel 06/14 7/7 Wochenspiegel 06/14 8/8 Wochenspiegel 06/14 9/9 Wochenspiegel 06/14 10/10 Wochenspiegel 06/14 4.2.2014 Uni Göttingen: Zersetzung von Kampfstoffen An der Universität Göttingen gibt es Forschungsprojekte mit einem Budget von mehr als drei Millionen Euro. Dort wurde beispielsweise im Institut für anorganische Chemie an einer Notfalldiagnostik geforscht: Chemiker untersuchen die Zersetzung von Kampfstoffen. An der Universitätsmedizin wurde zudem untersucht, wie im Katastrophenfall die Bevölkerung sowie die zivilen Einsatzkräfte geschützt werden können. Es handele sich dabei nicht um Militärforschung, betont Sprecher Stefan Weller. Seit einem Jahr gelte hier eine Zivilklausel, nach der Wissenschaftler durch Forschung und Lehre dem Frieden in der Welt dienen. "Das ist keine Dienstanweisung, nur ein Appell", so Weller. Es gilt die Freiheit der Forschung, die im Grundgesetz zugesichert ist - und so bleibt es bei dem Spagat zwischen Freiheit und Selbstverpflichtung. 11/11 Wochenspiegel 06/14 12/12 Wochenspiegel 06/14 online 08.02.2014 Urkunden-Übergabe: Göttinger Uni-Medizin ehrt 148 Absolventen Göttingen. Die Medizinische Fakultät der Universität Göttingen hat ihre 148 Absolventinnen und Absolventen des Wintersemesters 2013/2014 gefeiert und verabschiedet. Die Zeremonie fand in der Aula am Wilhelmsplatz statt. Sie haben es geschafft: Die frisch gebackenen Ärzte wurden von der Universitätsmedizin feierlich verabschiedet. Foto: UMG/nh Dort hatte Prof. Dr. Michael Schön, Dekan für Allgemeine Akademische Angelegenheiten an der Universitätsmedizin, die jungen Medizinerinnen und Mediziner und deren Angehörige sowie Mitglieder der Medizinischen Fakultät begrüßt. Die Absolventen erhielten ihre Urkunden aus den Händen von Prof. Dr. Gerhard Burkhardt, und der Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, Dr. Martina Wenker. Den Festvortrag hielt Prof. Dr. Michael Ghadimi, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie der UMG, zum Thema: „Universitäre Chirurgie 2014: Was beschäftigt Sauerbruchs Erben?“ Inhalt: Die Anforderungen an die universitäre Chirurgie haben sich in Bezug auf Lehre, Krankenversorgung und Forschung geändert. Wie kam es zu dieser Entwicklung und was bedeutet sie für den medizinischen Nachwuchs? 13/13 Wochenspiegel 06/14 Mit dem Habilitationspreis für das Sommersemester 2013 wurde Priv.-Doz. Dr. Silke Jeannette Pauli aus dem Institut für Humangenetik ausgezeichnet. Sie erhielt den Preis für ihre Arbeit „Molekulargenetische Untersuchungen zum Charge Syndrom“. Prof. Dr. Wolfgang Engel, Direktor des Instituts für Humangenetik, sprach die Laudatio. Dr. Ruth Stassart vom Institut für Neuropathologie erhielt für Ihre Doktorarbeit „Der Einfluss von Neuroregulin-1 auf die Remyelinisierung im peripheren Nervensystem“ den Promotionspreis für das Sommersemester 2013. Ihre Doktorarbeit hat Dr. Stassart in der Klinik für Klinische Neurophysiologie angefertigt. Die Laudatio hält Promotor Prof. Dr. Martin Oppermann. Außerdem konnte die Medizinische Fakultät zwei Goldene Doktorjubiläen feiern. Dr. Stephan Bartels, Vorsitzender der Ärztekammer Niedersachsen in Göttingen, übergab die Urkunden an Dr. Schapur Ghawami und Dr. Klaus-Jürgen Seelig. Abschluss war das gemeinsame Genfer Gelöbnis. Für den musikalischen Rahmen der Feier sorgte das „Adriano-Quartett“. (tko) 14/14 Wochenspiegel 06/14 3.2.2014 Tipps: Tiere im Flugzeug - Tipps für Allergiker Göttingen Auf langen Flügen zwickt es irgendwann in den Beinen und im Rücken. Manche Allergiker, die auf Tierhaare reagieren, kann es aber noch viel schlimmer treffen: Hat der Sitznachbar eine Katze dabei, fängt das große Niesen an. Vorsicht, Vierbeiner an Bord: Für Tierhaarallergiker kann eine Katze als Sitznachbar im Flugzeug problematisch werden. Foto: Rainer Jensen Tierhaarallergiker haben im Flugzeug schlechte Karten: Den Notausgang können sie nicht benutzen, falls der Sitznachbar einen kleinen Hund oder eine Katze dabei hat. Deshalb sollten sie vorsorgen, wenn es auf Reisen geht. Dazu gehört, das Personal beim Einchecken auf die Allergie hinzuweisen. Die Mitarbeiter am Schalter können sehen, wo sich im Flugzeug Tiere befinden werden. Denn wer ein Tier mitnehmen will, muss es frühzeitig anmelden, bei Air Berlin zum Beispiel 48 Stunden, bei Lufthansa 24 Stunden vor dem Abflug. Beim Check-in platzieren die Mitarbeiter Allergiker dann möglichst weit vom Tier entfernt, erklärt Florian Gränzdörffer von der Lufthansa. Wenn der Betroffene beim Check-in vergessen hat, auf seine Allergie hinzuweisen und sich im Flugzeug ein Tier in der Nähe befindet, setzen die Mitarbeiter die Fluggäste noch spontan an Bord um, so Gränzdörffer. Auch bei Air Berlin suchten die Flugbegleiter in diesem Fall nach einem alternativen Sitzplatz, erklärt Kathrin Zirkel. Trotz größerer Entfernung können Betroffene auf das Tier in der Kabine allergisch reagieren. Juckende Augen, eine laufende Nase und Luftnot sind typische Symptome einer Tierhaarallergie. Prof. Thomas Fuchs vom Ärzteverband Deutscher Allergologen rät, Notfallmedikamente dabei zu haben. Denn Tierhaare können auch in den Kleidungsstücken vom Sitznachbar stecken - selbst, wenn er sein Tier zu Hause gelassen hat. Um sich zu schützen, können Betroffene außerdem schon vor dem Abflug ein Antihistaminikum einnehmen. «Geringe Reaktionen kann man damit schon eindämmen», sagt der Mediziner vom Universitätsklinikum in Göttingen. Eine schwere allergische Reaktion aber nicht - deshalb gehören entsprechende Medikamente ins Handgepäck. Die Flugbegleiter seien für medizinische Notfälle geschult, beruhigt Zirkel. Gränzdörffer weist außerdem darauf hin, dass Tiere an Bord bei Lufthansa nicht die Regel seien. Je nach Flugzeugtyp ist die Mitnahme ohnehin beschränkt. In kleineren Flugzeugen dürfen maximal zwei Tiere in der Kabine mitreisen, in größe- 15/15 Wochenspiegel 06/14 ren maximal sechs. «Man will vermeiden, dass es ein fliegender Zoo ist», sagt Gränzdörffer. Auch bei Air Berlin sind sechs Tiere die Obergrenze. Außerdem erlauben längst nicht alle Airlines die Mitnahme von Haustieren. Ryanair und Easyjet beispielsweise weisen auf ihren Webseiten darauf hin, dass sie keine Tiere befördern - ausgenommen sind in speziellen Fällen Führ- und Begleithunde. 16/16 Wochenspiegel 06/14 04.02.2014 Grüne Woche: Leckeres zum Probieren im Kauf-Park Göttingen. Leckere und genussvolle Speisen stehen bei der Grünen Woche im Göttinger KaufPark im Mittelpunkt. Die Aktion läuft vom 6. bis 15. Februar. Grüne Woche: Vor zwei Jahren kochte die Interdisziplinäre Adipositas-Ambulanz der Universitätsmedizin Göttingen: Die Oecotrophologinnen von links Helen Schöberle, Angelika Vollmer und Nadine Wagner präsentierten gesunde Speisen für übergewichtige Menschen. Foto: Kopietz Dreimal täglich werden um 11, 14 und 17 Uhr Koch-Shows angeboten. Dabei werden sowohl Hobby- als auch Profi-Köche an den Herden wirbeln. Zur offziellen Eröffnung der Aktionswoche ist am Donnerstag, 6. Februar, um 17 Uhr Präsidenten-Kochen angesagt. Begleitet von Daniel Raub vom Landhaus Biewald aus Friedland kochen unter anderem ASC-Präsident Rainer Bolli und Göttingens Polizeipräsident Robert Kruse. Kandidaten am Herd Ein weiterer Höhepunkt ist das Oberbürgermeisterkandidaten-Kochen am Samstag, 8. Februar, um 11 Uhr. Um 14 Uhr beginnt an diesem Tag das Bürgermeister-Kochen. Um 17 Uhr folgen „kulinarische Elfmeter“ bei der Fußball-Bundesliga-Kochshow. Die Kinder-Uni wird am Freitag, 14. Februar, in den Kauf-Park verlegt. Um 11 Uhr gibt es die Vorlesung „Unser Essen – Benzin für den Körper“ mit Privat-Dozent Dr. Thomas Ellrott. Die Aktion ist speziell für Grundschukinder gedacht. Zum Abschluss der Aktionstage präsentieren sich am Samstag, 15. Februar, um 17 Uhr der Frauenkochclub und der Club kochender Männer an den Herden. 17/17 Wochenspiegel 06/14 Das Publikum ist bei vielen der Aktionen eingeladen, selbst zu probieren. Gekocht wird in einer mobilen Küche mit Backofen, zwei Gasherden, Kühlschrank sowie Gefrierschrank. Weitere Informationen gibt es im Internet. (bsc) www.diegruenewoche.de 04.02.2014 Was stresst uns am meisten? Auf Belastungen reagieren Menschen sehr unterschiedlich. Chronischer Stress kann krank machen. Doch wir können gegensteuern Alle wollen gleichzeitig etwas von Ihnen? Das bedeutet: Stress Früher war es der Säbelzahntiger. Heute stressen uns vor allem die Mitmenschen. Auf diesen einfachen Nenner bringt es Professor Gerald Hüher, Leiter der Zentralstelle für Neurobiologische Präventionsforschung der Universität Göttingen. „Die meisten Belastungssituationen haben wir heute im Umgang mit anderen Menschen“, erklärt er. „Ständige Konflikte mit dem Partner oder Chef, pubertierenden Kindern, Kollegen oder Nachbarn signalisieren dem Körper Gefahr und erzeugen chronischen Stress, der auf Dauer krank macht.“ Haben wir heute mehr Stress als früher? Tatsächlich sind die Ursachen chronischer Anspannung oft im Privatleben zu finden: Bei Umfragen klagen die Deutschen nicht nur über Arbeits- und Schulstress, sondern zunehmend auch über Familien-, Beziehungs- und Freizeitstress. Aber haben wir heute wirklich mehr Stress als früher? Experten bezweifeln es: „Die Überbetonung des Gestresstseins ist ein Phänomen unserer modernen Gesellschaft, in der es kaum noch existenzielle Bedrohungen gibt“, sagt Professor Florian Holsboer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München. „Noch vor 80 bis 100 Jahren hatten die Menschen echten Stress durch harte Arbeit, Armut, Krankheiten und Krieg – aber von Stress hat keiner gesprochen.“ Lärm kann krank machen und stresst viele Menschen Für den Neurobiologen Hüther ist die Klage über zu viel Stress im Grunde eine Bewältigungsstrategie. „Dadurch schützen sich die Menschen vor weiteren Belastungen“, sagt er. „Und weil das heute fast jeder tut, befindet man sich in guter Gesellschaft.“ Das verstärkte Stressempfinden in hoch entwickelten Industriestaaten führt er vor allem auf einen Mangel an tragfähigen Beziehungen zurück, aber auch auf eine dauernde Reizüberflutung, die ständige Erreichbarkeit durch neue Kommunikationsmittel und eine Flut 18/18 Wochenspiegel 06/14 beunruhigender Informationen: „Die Medien versetzen uns ständig in Alarmbereitschaft, obwohl die berichteten Bedrohungen uns real nur selten gefährden“, sagt Gerald Hüther. Wie reagiert der Körper auf Stress? Im Grunde ist Stress eine lebenswichtige Reaktion, die es uns ermöglicht, bei Gefahr schnell zu reagieren und uns an Veränderungen anzupassen. Zunächst schüttet das Nebennierenmark das Stresshormon Adrenalin aus. Dieses erhöht den Blutdruck, beschleunigt den Herzschlag sowie die Atmung und mobilisiert die in den Zellen gespeicherte Energie. Schmerzempfinden und Verdauung werden unterdrückt, die Blutgerinnung wird angekurbelt: Nun sind wir bereit für Kampf oder Flucht. Etwa zehn Minuten später schüttet die Nebennierenrinde Kortisol aus. Dieses zweite wichtige Stresshormon schützt den Körper vor einer anhaltenden Überaktivierung durch Adrenalin und erhält die Wachsamkeit auf etwas niedrigerem Niveau. Sobald die akute Gefahrensituation überstanden ist, sinkt der Stresshormon-Pegel wieder auf das Ausgangsniveau. Bei anhaltendem Stress, etwa ständigen Konflikten mit nahestehenden Menschen, bleibt der Kortisolspiegel dagegen dauerhaft erhöht. Das wirkt sich ungünstig auf unser Verhalten aus. „Bei der Auseinandersetzung mit anderen Menschen reagieren wir oft kopflos, weil das Frontalhirn, mit dem wir Handlungen planen und Situationen einschätzen, durch eine Übererregung vorübergehend beeinträchtigt wird“, erklärt Neurobiologe Hüther. Angst und Wut werden ausgelöst Er vergleicht die Vorgänge im Gehirn mit einem Fahrstuhl. Wenn wir im Stress sind, rutschen wir Stockwerk für Stockwerk in entwicklungsgeschichtlich ältere Hirnbereiche ab: Zuerst wird das limbische System aktiviert, das für Gefühle wie Angst und Wut zuständig ist, und schließlich der Hirnstamm, wo es um das nackte Überleben geht. „Statt neue Ideen zu entwickeln, retten wir uns zunächst in bewährte Gewohnheiten“, sagt Hüther. „Wenn das nicht mehr funktioniert, fallen wir in alte Kindheitsmuster zurück und brüllen oder hauen auf den Tisch.“ Bei extremem Stress schließlich springen die archaischen Notfallprogramme an, die wir mit allen Säugetieren gemeinsam haben: Angriff, Flucht oder Erstarrung. Bei Konflikten mit Menschen, die uns nahestehen oder von denen wir abhängig sind, scheiden Angriff und Flucht in der Regel aus. Oft bleibt nur die ohnmächtige Erstarrung. Dieser Zustand ist Stress pur, denn nun sind beide Teile des vegetativen Nervensystems hochgefahren: Der Sympathikus befähigt den Körper zu Kampf oder Flucht, und wenn beides nicht möglich ist, erzwingt sein Gegenspieler, der Parasympathikus, die Erstarrung. „Das ist wie Vollgas geben und gleichzeitig bremsen“, erklärt Hüther. „Dann kann man darauf warten, dass einem ein Teil des Wagens um die Ohren fliegt.“ Chronischer Stress kann krank machen Ein dauerhaft erhöhter Stresshormonspiegel führt zu Problemen an den körperlichen Schwachstellen. „Je nach Anfälligkeit bekommt der eine Diabetes, der andere Bluthochdruck, der Dritte eine Depression“, sagt Stressforscher Holsboer. „Chronischer Stress erhöht das Risiko für eine Vielzahl von Erkrankungen.“ Auch viele unspezifische Beschwerden gehen auf sein Konto: Bei einer aktuellen Umfrage der Techniker Krankenkasse etwa klagten Menschen mit hohem Stresslevel am häufigsten über Rückenschmerzen und Muskelverspannungen, gefolgt von Erschöpfung, Schlafstörungen und Nervosität. 19/19 Wochenspiegel 06/14 Stress am Arbeitsplatz kann zusammen mit emotional belastenden Situationen und fehlender Anerkennung eine überwältigende Erschöpfung verursachen, den sogenannten Burn-out. „Dabei handelt es sich im Grunde um eine Depression“, berichtet Holsboer. „Die Diagnose Burn-out wird jedoch gesellschaftlich positiver bewertet.“ Zudem schädigt Stress die Gesundheit auch indirekt: Chronisch Gestresste konsumieren mehr Alkohol und Zigaretten, ernähren sich ungesünder und greifen häufiger zu Schmerz- und Beruhigungsmitteln. Nicht jeder Mensch reagiert negativ auf Stress Doch was der eine als Überforderung sieht, ist für den anderen eine motivierende Herausforderung, die ihn zu körperlicher und geistiger Höchstform auflaufen lässt. Ob Stress positiv oder negativ empfunden wird, liegt weniger an der tatsächlichen Belastung als an Bewertungen, Bewältigungsstrategien und der Persönlichkeitsstruktur. „Wie wir auf Belastungen reagieren, hängt ab von unserer genetischen Veranlagung und frühen Kindheitserfahrungen“, erklärt Holsboer. Wer in den ersten Lebensjahren starken Belastungen ausgesetzt war, könne je nach Veranlagung eine größere Widerstandskraft oder aber eine höhere Anfälligkeit für Stress und seine Folgeerkrankungen entwickeln. Menschen, die sich ständig gestresst fühlen, rät Holsboer, sich beim Arzt gründlich untersuchen zu lassen. „Wir behandeln zunächst die Symptome, die den Patienten am meisten belasten.“ Stehen Schlafstörungen im Vordergrund, müsse man einen Blick auf die Schlafgewohnheiten werfen, bei Problemen mit der Lebensbewältigung könne eine Psychotherapie helfen. Für den Neurobiologen Hüther sind Stress und Angst im Grunde positive Botschaften: „Sie zeigen uns, dass in unserem Leben etwas schiefläuft und wir unsere Einstellung ändern müssen.“ Fünf Wege aus der Stressfalle 1. Hilfe annehmen. Viele Menschen haben verlernt, Hilfe anzunehmen, Aufgaben abzugeben, sich entlasten zu lassen und auch einmal Nein zu sagen. „Wer keine Hilfe annehmen kann, hat kein Vertrauen“, sagt Neurobiologe Hüther. „Sobald ich anderen Menschen vertraue, muss ich nicht mehr alles alleine machen.“ Um psychosoziale Unterstützung zu finden, rät er, an guten, tragfähigen Beziehungen zu arbeiten. Auch Stressforscher Holsboer setzt auf Austausch und Gespräche: „Wer sozial gut eingebettet ist, hat ein geringeres Risiko für chronischen Stress als ein Einzelkämpfer.“ 2. Den Tag strukturieren. Zeitpläne, To-do-Listen und das Setzen von Prioritäten strukturieren den Arbeitstag. Holsboer warnt vor Multitasking: „Unser Gehirn kann nicht mehrere komplexe Aufgaben gleichzeitig erledigen. Dann leidet die Qualität der Arbeit, was wieder Stress erzeugt.“ Wichtig sind eine klare Trennung von Berufs- und Privatleben, regelmäßige Pausen und feste Schlafenszeiten. 3. Gelassenheit üben. In akuten Stresssituationen ist es wichtig, überschießende Emotionen zu regulieren. Wut oder Angst lassen sich ebenso wie körperliche Stressreaktionen durch Techniken reduzieren, die die Aufmerksamkeit auf Körperempfindungen, Gedanken oder Gefühle lenken. Sie können in Präventionskursen erlernt werden. 20/20 Wochenspiegel 06/14 4. Heilpflanzen nutzen. Präparate mit Baldrian, Hopfen, Melisse, Passionsblume oder Lavendel wirken beruhigend, ohne tagsüber müde zu machen. Abends erhöhen sie die Schlafbereitschaft. Auch ein Entspannungsbad oder eine Tasse Nerventee erleichtert das Einschlafen. 5. Für Ausgleich sorgen. Achten Sie im Alltag auf sinnvollen Ausgleich – etwa Bewegung für Büroarbeiter, Stille für Vielredner und Kreativität bei monotonen Tätigkeiten. Bei der Wahl der Freizeitaktivitäten sollte man immer die momentanen Bedürfnisse berücksichtigen. Auch im Urlaub sollten An- und Entspannung in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. 21/21 Wochenspiegel 06/14 22/22 Wochenspiegel 06/14 23/23 Wochenspiegel 06/14 24/24 Wochenspiegel 06/14 25/25 Wochenspiegel 06/14 26/26 Wochenspiegel 06/14 27/27