Physik BG11 1 Das internationale System (SI) der Maßeinheiten 1.1 Längenmessung: Der Meter Eine der Grundgrößen in der Physik ist die Länge, die die geradlinige Entfernung zweier Punkte A und B angibt. Sie wird in Meter (m) gemessen. Der Meter war ursprünglich (1791) definiert als der vierzigmillionste Teil des Erdmeridians, der durch die Sternwarte von Paris verläuft. Dieser Meter wurde in Form eines Platinstabes als Vergleichsnormal hergestellt. Eine später von Bessel durchgeführte, genauere Erdvermessung offenbarte jedoch, dass der Meterstab ein wenig zu kurz ausgefallen war. Daher löste man sich auf einer Meterkonvention 1879 von der ursprünglichen Definition und verwendete den Platinstab als neue Definition des Meters. Um eine noch größere Genauigkeit und gleichzeitig Unabhängigkeit von einem Vergleichsnormal zu erreichen, revidierte man 1960 die Meterdefinition und legte den Meter als ein bestimmtes Vielfaches einer Wellenlänge fest, die das Krypton Atom aussendet. 1983 wurde diese Definition erneut revidiert und durch die Zeit ersetzt, die das Licht zum Durchlaufen eines Meters benötigt (1/299.792.458 Sekunde). Diese Feinheiten sind für praktische Messungen im (Schul-) Alltag jedoch unbedeutend. Da in der Physik höchst unterschiedliche Längen vorkommen, werden dezimale Vielfache und Teile der Basiseinheit Meter gebildet und durch Vorsätze unmittelbar vor die Maßeinheit gesetzt. Diese Vorsätze werden auch für andere Einheiten (Volt, Sekunde, Ohm, Joule usw.) benutzt. Sie sind in der folgenden Tabelle zusammengefaßt: Bezeichnung Abk. Faktor Beispiel Exa E 1018 Em, EJ Peta P 1015 Pm, PJ Tera T 10 12 Tm, TJ Giga G 109 Gm, GJ Mega M 106 Mm, MJ Kilo k 103 km, kJ Hekto h 102 hm, hJ, ha, hl Deka da 10 dam, daJ Dezi d 10-1 dm, dJ Zenti c 10-2 cm, cJ, cl Milli m 10-3 mm, mJ, ml Mikro µ 10-6 µm, µJ Nano n 10-9 nm, nJ, nA 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 1 Physik BG11 Bezeichnung Abk. Faktor Beispiel Pico p 10-12 pm, pJ -15 Femto f 10 Atto a 10-18 fm am Hier ist insbesondere genau auf die Groß- bzw. Kleinschreibung zu achten, denn z. B. der Buchstabe m kommt klein als Abkürzung für Milli, aber auch groß als Abkürzung für Mega vor. Hausaufgabe 1 Lernen Sie die fett dargestellten Zeilen auswendig. Zur Veranschaulichung enthält die folgende Tabelle die ungefähre Länge einiger Objekte: Durchmesser der Milchstraße 1020 m Entfernung des Sirius 1017 m Entfernung Erde – Sonne 1,5*1011 m Durchmesser der Sonne 1,4*109 m Entfernung Erde – Mond 3,8*108 m Durchmesser der Erde 1,3*107 m Mensch 1,7 m Durchmesser eines Regentropfens 10-3 m Bakterien 10-6 m Durchmesser eines Atoms 10-10 m Durchmesser eines Atomkerns 10-14 m Flächen sind das Produkt zweier Längen und werden folglich in der Einheit Quadratmeter (m2) gemessen. Die früher benutzte Abkürzung qm ist offiziell nicht mehr zulässig, ist aber trotzdem im Alltag noch häufig anzutreffen. Für die Fläche von Grundstücken ist noch das Ar (a) in Gebrauch, das einem Quadratdekameter entspricht: 1 a = 1 dam2 = 100 m2. Ein gerade in der Landwirtschaft häufig anzutreffendes Vielfaches davon ist das Hektar (ha): 1 ha = 100 a = 10.000 m2. Umrechnungen nach Arbeitsblatt üben! Volumina sind das Produkt einer Fläche mit einer Länge und werden in m3 gemessen. Ferner ist für die Einheit Kubikdezimeter das Liter (l) in Gebrauch. Es gilt also 1 l = 1 dm3 = 10-3 m3. Die Bezeichnung cbm für m3 usw. ist nicht mehr zulässig. 1.2 Zeitmessung: Die Sekunde Der Tag/Nacht Rhythmus hat die Menschen schon seit dem Altertum zur Zeitmessung angeregt. Tatsächlich wurde die Zeiteinheit früher anhand der Erdrotation festgelegt. Mit zunehmenden Ansprüchen an die Genauigkeit wurde diese Definition aber unzureichend, da sich die Erde nicht ganz 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 2 Physik BG11 gleichmäßig dreht und ihre Rotationsgeschwindigkeit zudem allmählich abnimmt. Daher wird seit 1967 die Zeiteinheit Sekunde über die Schwingungsdauer der Strahlung definiert, die ein bestimmtes Cäsium Atom aussendet. Eine der drei genauesten Atomuhren der Welt, das sog. Cäsium-Normal CS 2, befindet sich in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig. Bei dieser Uhr wird mit einer Gangabweichung von 1 Sekunde in zwei Millionen Jahren gerechnet! Von dort wird auch ein Funksignal ausgesandt, mit dem entsprechend ausgestattete Uhren gesteuert werden. Solche Funkuhren gibt es heutzutage bereits zu erschwinglichen Preisen für den Hausgebrauch. Daneben ist aber auch die Zeitmessung mit Hilfe eines Schwingquarzes weit verbreitet. Dabei wird ein Quarzkristall elektrisch zu Schwingungen angeregt. Diese werden durch integrierte Schaltkreise in die Anzeige von Stunden, Minuten, Sekunden und meist auch des Datums übersetzt. Neben der Basiseinheit Sekunde sind auch die folgenden Zeiteinheiten in Gebrauch: Minute: 1 min = 60 s Stunde: 1 h = 60 min = 3600 s Tag: 1 d = 24 h = 1440 min = 86400 s Bei diesen zuletzt genannten Einheiten dürfen keine Vorsätze für dezimale Vielfache oder Teile gebildet werde, nur bei der Sekunde ist dies zulässig. Zur Veranschaulichung wieder einige ungefähre Zeitangaben: Hausaufgabe 2 a) b) Rechnen Sie die Gangabweichung der Atomuhr CS 2 in eine tägliche Abweichung um. Alter der Welt 4∗1017 s Beginn der Eiszeit vor 1013 s Lebensdauer des Menschen 2*109 s Laufzeit des Lichts Sonne – Erde 5*102 s Rechnen Sie um: Alter der Welt in Jahren. Schließen der Augen 10-1 s Laufzeit des Lichts von („Augenblick“) der Sonne zur Erde in Minuten und Sekunden. Dauer eines Blitzes 10-4 s 12‘45“ als Dezimalzahl jeweils in Stunden, in Minuten und in Sekunden. 16,4 min in Minuten und Sekunden sowie in dezimalen Stunden. Lösungen: a) b) 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 3 Physik BG11 1.3 Die Masse und das Kilogramm Die Masse eines Körpers gibt an, wieviel Materie er enthält. Sie wird in der Einheit Kilogramm (kg) gemessen. Dies ist die einzige Grundeinheit, die bereits mit einem Vorsatz („Kilo“) versehen ist. Will man größere oder kleinere Einheiten durch die oben genannten Vorsätze bilden, bezieht man sich aber wieder auf das Gramm. Für ein tausendstel Gramm schreibt man also mg, nicht etwa µkg. Für größere Massen ist die Einheit Tonne (t) in Gebrauch, die für 1000 kg steht: 1 t = 1000 kg Im Alltagsleben trifft man auch noch oft auf den (offiziell nicht mehr zugelassenen) Zentner, der für 50 kg steht. Die Masse von Edelsteinen wird dagegen in Karat (Kt) angegeben. Das (metrische) Karat ist ein besonderer Name für 1/5 Gramm. Die durch eine Wägung ermittelte Masse bezeichnet man als das Gewicht eines Körpers. Somit ist das Gewicht heute das gleiche wie die Masse, wie es auch dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht. Früher verstand man in der Physik darunter die Kraft, mit der ein Körper auf seine Unterlage drückt, was häufig zu Verwirrung führte. Daher nennen wir diese Kraft heute Gewichtskraft, um deutlich zu machen, dass hiermit nicht eine Masse, sondern eine Kraft angegeben werden soll. So ist z. B. die Gewichtskraft eines Körpers auf dem Mond nur 1/6 derjenigen auf der Erde, weil die Anziehungskraft des Mondes um eben diesen Faktor 6 geringer ist. Die Masse des Körpers ändert sich jedoch nicht, wenn wir ihn auf den Mond transportieren. Sie hängt nur von der Art des vorliegenden Stoffes und dem Volumen des Körpers ab. Die Masse eines Körpers ändert sich auch nicht, wenn wir ihn verflüssigen oder verdampfen. Ebenso bei Auflösen des Körpers in Wasser oder einer Säure. Auch bei chemischen Reaktionen stellt man fest, dass die Masse der Ausgangsstoffe sich vollständig in den Reaktionsprodukten wiederfindet. Aus dieser experimentell sehr genau bestätigten Erfahrung heraus hat man das Gesetz von der Erhaltung der Masse formuliert: Die Gesamtmasse der an physikalischen oder chemischen Vorgängen beteiligten Stoffe ist konstant. Dieses Gesetz hat in unserer Zeit eine gewisse Einschränkung erfahren. So stellt man bei gewissen Kernreaktionen fest, dass die Masse nicht mehr ganz genau erhalten ist. Von diesen sehr speziellen Sonderfällen abgesehen hat sich aber das Gesetz von der Erhaltung der Masse gut bewährt. Hausaufgabe 3 Rechnen Sie um: 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 4 Physik BG11 a) 0,35 kg = x g. b) 1350 kg = x t. c) 65 l = x m3. d) 1,6 l = x cm3. e) 60000 m2 = x km2 = y ha. f) 1200 cm3 = x l = y m3. g) 430 cm2 = x m2. h) 8 t = x kg. Damit haben wir die mechanischen Grundgrößen der Physik kennengelernt. Der Vollständigkeit halber sei hier noch die vierte Grundgröße, der elektrische Strom, erwähnt. 1.4 Der Strom und das Ampere Ein stromdurchflossener Leiter ist von einem Magnetfeld umgeben. Wird ein zweiter stromdurchflossener Leiter in die Nähe des ersten gebracht, so übt das Magnetfeld des ersten Leiters eine Kraft auf den zweiten Leiter aus und umgekehrt. Die elektrische Stromstärke (I) ist auf relativ komplizierte Weise über diese Kraftwirkung definiert. Als Maßeinheit wurde das Ampere (A) festgelegt zu Ehren des französischen Physiker A. M. Ampère (1775–1836). Dementsprechend nennt man Strommeßgeräte auch Amperemeter. Zur Messung des Stroms werden in der Praxis Vielfachmeßgeräte, sog. Multimeter, mit einem Drehspulmeßwerk oder elektronische, digitale Multimeter verwendet. Diese lassen sich meist auch als Voltmeter (zur Messung der elektrischen Spannung) und als Ohmmeter (zur Messung des elektrischen Widerstands) einsetzen. 1.5 Zusammenfassung Damit haben wir die vier wichtigsten Grundgrößen des SI Systems kennengelernt. Das Einheitensystem wird auch kurz als MKSA System bezeichnet (nach Meter, Kilogramm, Sekunde und Ampere). Andere Größen und ihre Einheiten lassen sich auf diese Grundgrößen zurückführen. Ausgespart haben wir dabei die Grundgrößen Temperatur, Lichtstärke und Stoffmenge, da sie für das weitere Vorgehen nicht relevant sind. Zu beachten ist, dass wir nur gleichartige Größen addieren oder subtrahieren können, wenn sie die gleiche Maßeinheit haben. Gegebenenfalls ist vorher auf eine einheitliche Maßeinheit umzurechnen. Beispiel: 3 m – 8 mm = 3 m – 0,008 m = 2,992 m Dagegen macht 3 m – 8 s keinen Sinn, da es sich um unterschiedliche Größen handelt. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 5 Physik BG11 2 Bewegung eines Massenpunktes (Kinematik)Die geradlinig gleichförmige Bewegung 2.1.1 Die Geschwindigkeit Wir untersuchen nun die Bewegung eines Körpers (Buch S. 14). Die Form und Ausdehnung des Körpers ist dabei unwichtig, so dass wir ihn uns in Gedanken auf einen Punkt zusammengeschrumpft denken können. In diesem Punkt denken wir uns die gesamte Masse des Körpers konzentriert (Massenpunkt). Wo dieser Punkt innerhalb des Körpers liegt, ist unwichtig. Man wählt häufig den Schwerpunkt des Körpers. (Beispiel: Teleskopzeigestab auf dem Finger ausbalancieren) Ein Massenpunkt ist eine idealisierte Vorstellung von einem ausgedehnten Körper, wobei man sich die gesamte Masse des Körpers in einem Punkt konzentriert denkt. Wie schnell sich ein Körper (repräsentiert durch einen Massenpunkt) bewegt, wird durch seine Geschwindigkeit ausgedrückt. Wir betrachten vorerst nur Bewegungen, bei denen sich der Körper strikt geradeaus bewegt. Eine solche Bewegung nennen wir auch geradlinige Bewegung. Beispiele: • Ein Radfahrer erreicht eine Geschwindigkeit von rund 20 km/h. Das bedeutet, dass er eine Stunde lang fahren muss, um 20 km zurückzulegen. • Ein Auto auf der Landstraße fährt mit 100 km/h. In einer Stunde legt es bereits 100 km zurück (in 2 Stunden dann 200 km, in 3 Stunden 300 km usw). • Ein Auto auf der Autobahn fährt beispielsweise mit 160 km/h. Es legt also in einer Stunde 160 km zurück, 8 mal soviel wie der Radfahrer. Die Beispiele zeigen: Für die Geschwindigkeit kommt es auf zwei Größen an: erstens der zurückgelegte Weg und zweitens die dafür benötigte Zeit. Eine hohe Geschwindigkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass in einer Zeiteinheit (beispielsweise eine Stunde oder eine Sekunde) ein weiter Weg zurückgelegt wird. Bei einer kleinen Geschwindigkeit ist der zurückgelegte Weg in der gleichen Zeiteinheit kürzer. Daher definiert man die Geschwindigkeit als Geschwindigkeit = zurückgelegter Weg benötigte Zeit Beispiel: Wir betrachten die Fahrt eines Autos auf einer Autobahn gemäß folgender Tabelle: Nr. Zeit t [h] 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff Position s [km] t-t0 [h] BG11_2014_P.doc s-s0 [km] 6 Physik BG11 Nr. Zeit t [h] Position s [km] t-t0 [h] s-s0 [km] 0 9:45 60 0 0 1 10:30 123 0,75 63 2 12:00 249 2,25 189 3 13:15 354 3,5 294 Wir beginnen die Betrachtung (willkürlich) um 9:45 Uhr. Dieser Anfangszeitpunkt wird üblicherweise mit t0 bezeichnet. Zu diesem Zeitpunkt hat das Auto den Kilometerstein 60 erreicht. Dieser Anfangsort wird entsprechend mit s0 bezeichnet. Um die Geschwindigkeit zu berechnen, brauchen wir noch zwei weitere Werte für Zeit und Ort. Wir wählen zuerst den Zeitpunkt t1 = 10:30 Uhr, dann ist der Ort s1 = 123 km. Der zurückgelegte Weg ist dann s1 - s0 = 123 - 60 km = 63 km. Diese Wegdifferenz wird mit ∆s bezeichnet: ∆s = 63 km. Die benötigte Zeit erhalten wir ebenso: t1 - t0 = 10,5 h - 9,75 h = 0,75 h (entsprechend 45 Minuten). Diese Zeitdifferenz wird mit ∆t bezeichnet: ∆t = 0,75 h (Tabelle ergänzen). Die Geschwindigkeit wird mit v bezeichnet (velocity). Wir erhalten sie nun nach obiger Formel: v= 63 km = 84 km/h 0,75 h Die Einheit der Geschwindigkeit ergibt sich dann automatisch aus der gewählten Längeneinheit (km) und der gewählten Zeiteinheit (h). Die Rechnung überträgt sich 1:1 auf die Maßeinheiten. Allgemein erhalten wir als Formel für die Geschwindigkeit: Formel 1: v = ∆s/∆t Die Schüler berechnen die Geschwindigkeit nach Formel 1 für die letzten beiden Tabellenzeilen. Wir sehen daraus, dass das Auto mit einer gleichbleibenden, also konstanten Geschwindigkeit fährt. Eine solche Bewegung mit einer konstanten Geschwindigkeit bezeichnet man als gleichförmige Bewegung. Frage: Ändert sich im Beispiel der Ort proportional zur Zeit? Welche Größen verändern sich proportional zueinander? Die Geschwindigkeit eines Körpers wird berechnet gemäß v = ∆s/∆t. Bei einer gleichförmigen Bewegung ist sie konstant. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 7 Physik BG11 Hausaufgabe 4 a) Ein Auto legt 25 km in 12 Minuten zurück. Wie groß ist seine Geschwindigkeit in km/h? b) Ein Auto legt 200 km in 1 Stunde und 20 Minuten zurück. Wie groß ist seine Geschwindigkeit in km/h? c) Ein Auto legt 330 m in 15 Sekunden zurück. Wie groß ist seine Geschwindigkeit in m/s und km/h? d) Welche Strecke legt ein Auto mit 120 km/h in 1 Minute bzw. 1 Sekunde zurück? e) Wieviel Minuten braucht man, um 66 km mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h zurückzulegen? Lösung: a) b) c) d) e) . Beispiele für eine gleichförmige Bewegung: • Ein Auto (Zug, Schiff, Flugzeug) fährt mit konstanter Geschwindigkeit geradeaus. • Der Schall breitet sich in Luft mit einer konstanten Geschwindigkeit von ca. 333 m/s aus (abhängig von der Dichte der Luft). Wasser- und Erdbebenwellen breiten sich ebenfalls mit (annähernd) konstanter Geschwindigkeit aus. (Zum merken dieser Zahl: Wie schnell ist ein Schrei? In Luft sind’s 333.) • Das Licht und ebenso Funkwellen (Rundfunk, Fernsehen, Handy) breitet sich mit einer konstanten Geschwindigkeit c von rund c = 3*108 m/s aus. Diese Geschwindigkeit wird von keinem materiellen Körper erreicht. • Die Planeten bewegen sich mit annähernd konstanter Geschwindigkeit um die Sonne. Letztgenanntes Beispiel ist hier streng genommen unpassend, weil diese Bewegung nicht mehr geradlinig erfolgt. Hausaufgabe 5 a) Ein Auto fährt mit gleichbleibender Geschwindigkeit auf der Autobahn. Um 9:30 Uhr kommt es an Kilometerstein 190 vorbei, um 12:00 Uhr erreicht es Km-Stein 490. Mit welcher Geschwindigkeit fährt das Auto? Welchen Km-Stein wird es um 13:15 passieren? Wann fuhr es an Km-Stein 100 vorbei? b) Um 9:30 Uhr beginnt eine Tagung in Reinfeld. Ein Teilnehmer fährt um 9:10 Uhr in Lübeck-Zentrum auf die Autobahn. Auf der 16 km langen Autobahnstrecke kann er Tempo 120 fahren, danach braucht er in Reinfeld noch ca. 6 Minuten bis zur Tagungsstätte. Kann er rechtzeitig dort sein? 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 8 Physik BG11 Lösung: a) b) Übungsaufgabe: Ein Zug fährt um 9:25 Uhr in Hobbingen los und trifft um 11:01 Uhr im 192 km entfernten Ort Bree ein. Welche Geschwindigkeit erreichte der Zug im Durchschnitt? Lösung: ∆s = 192 km ist bereits angegeben. Zeitdifferenz: 11:01 h – 9:25 h = 11 1/60 – (9 25/60) = 1 3/5 h = 1,6 h. Geschwindigkeit: v = 192 km/1,6 h = 120 km/h. Es handelt sich hier um eine Durchschnittsgeschwindigkeit, da die Beschleunigung beim Anfahren und die Abbremsung vor dem Halt nicht berücksichtigt wurden. 2.1.2 Das Weg-Zeit-Diagramm Wir kehren zurück zu dem Beispiel mit dem Auto und zeichnen die Daten in ein s-t-Diagramm ein. Der Ort s wird auf der y-Achse aufgetragen, die Zeit t entlang der x-Achse. Skalierung der Achsen: x-Achse: Wir wählen 2 cm pro Stunde, beginnend mit 9:45 Uhr. Ein Kästchen entspricht dann einer Viertelstunde. Die t-Achse beschriften wir (in anderer Farbe) zusätzlich mit den ∆t-Werten. y-Achse: 400 km auf 10 cm, beginnend ab 0, so dass 1 km 1/40 cm. D. h. alle Zahlen werden durch 40 geteilt. Dementsprechend rechnen wir die s-Werte in cm um: s [km] 60 123 249 354 y [cm] 1,5 3,1 6,2 8,85 Die Daten werden in ein Diagramm eingetragen. Es ergibt sich eine Gerade. Wir identifizieren die Punkte A(10:30|123) und B(13:15|354) in der Grafik. Aus den Daten berechnen wir: ∆s = 354-123 = 231 km und ∆t = 13,25 h-10,5 h = 2,75 h Diese Strecken tragen wir in Form eines Steigungsdreiecks in die Grafik ein. Die Geschwindigkeit des Autos ergab sich aus ∆s/∆t = 231 km/2,75 h = 84 km/h. Wir erkennen darin die Steigung der Geraden. Da die Steigung konstant ist, legt das Auto in gleichen Zeitintervallen ∆t immer gleich große Strecken ∆s = v·∆t zurück. Wenn das Auto in der entgegengesetzten Richtung fahren würde, käme ∆s immer negativ heraus (die neuere Position ist immer kleiner als die ältere), so dass sich eine negative Geschwindigkeit ergäbe. Im s-t-Diagramm zeigt sich das durch eine abfallende Gerade. Wenn z. B. die s-Achse von Lübeck 11.10.15, 23:26 BG11_2014_P.doc 9 © K.-B. Rohloff Physik BG11 nach Hamburg zeigt und ein Auto fährt von Hamburg nach Lübeck, dann könnte das so aussehen: t [h] s[km] 0 65 0,25 40 Dadurch dass das Auto nach Lübeck fährt, werden die s-Werte ständig kleiner. Wir erhalten ∆s = 40 km – 65 km = -25 km und ∆t = 0,25 h – 0 h = 0,25 h so dass wir als Geschwindigkeit erhalten v = -25 km/0,25 h = -100 km/h, also ein negativer Wert, der uns anzeigt, dass das Auto nicht in Richtung der s-Achse fährt, sondern entgegengesetzt dazu. Jetzt zurück zum vorigen Beispiel. Der Achsenabschnitt der Geraden ist die Strecke s0, die das Auto zu Beginn bereits erreicht hat, d. h. zur Zeit t=t0. Im Beispiel sind das 60 km. Im Weg-Zeit-Diagramm erscheint ein gleichförmig bewegter Körper als Gerade mit Achsenabschnitt s0 und Steigung v. Der Körper legt in gleich großen Zeitintervallen immer gleich große Strecken zurück. Übungsaufgabe: Wir tragen in die Grafik einen Punkt P ein, der auf der Geraden liegen soll und seine x-Koordinate soll 5,2 cm sein: P(5,2 cm|?). Welche Uhrzeit und welchen Ort repräsentiert er? Lösen Sie die Aufgabe zuerst rein zeichnerisch, dann rechnerisch! Lösung: x-Achse: 5,2 cm 2,6 h ab 9:45 h, also t = 9,75+2,6 h = 12,35 h = 12:21 h. y-Achse: ca. 5,6 cm 50·5,6 km = 280 km. Berechnung mit v=84 km/h und ∆t=2,6 h (durch die Schüler): s(2,6 h) = 84 km/h·2,6 h + 60 km = 278,4 km Wir wiederholen die Aufgabe mit dem Punkt Q(3,9 cm|?). Lösung: x-Achse: 3,9 cm 1,95 h ab 9:45 h, also t = 9,75+1,95 h = 11,7 h = 11:42 h. y-Achse: ca. 4,5 cm 225 km (rechnerisch: s(1,95h) = 223,8 km). Frage: Wie müsste die Gerade liegen, damit man sagen könnte, dass der Ort proportional zur Zeit anwächst? Wie würde dann die Gleichung der Geraden lauten? Frage (Buch S. 12 A3): Welche Rolle spielt es für die Definition der Geschwindigkeit, ob die Gerade durch den Nullpunkt verläuft oder nicht? Die Beispiele zeigen uns, wie wir den Ort des Autos berechnen können (Weg-Zeit-Gesetz): Formel 2: s(t) = s0 + v·(t-t0) 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 10 Physik BG11 In diesem Beispiel lautet das Weg-Zeit-Gesetz konkret: s(t) = 60 km + 84 km/h·(t - 9,75 h) Wir sehen an diesem Beispiel auch den Unterschied zwischen Parametern und Variablen. Die Parameter (s0, v und t0) werden für einen bestimmten Bewegungsvorgang durch ihre konkreten Werte ersetzt und bleiben dann für diesen Bewegungsvorgang konstant. Für einen anderen Bewegungsvorgang werden sich i. A. andere Werte ergeben. Die Variable (wir behandeln in der Schule nur Funktionen mit einer Variablen) bleibt in einem Gesetz stets erhalten (wird nicht durch einen Wert ersetzt). Sobald sie durch einen Wert ersetzt wird, liegt kein Gesetz mehr vor, sondern ein Wert, der eventuell noch auszurechnen ist. Ein Gesetz enthält immer (mindestens) eine Variable. Formel 2 lässt sich vereinfachen, indem wir unsere Zeitmessung im Zeitpunkt t0 beginnen lassen (z. B. mit einer Stoppuhr). Dann ist t0=0. Wir erhalten dann als vereinfachtes Weg-Zeit-Gesetz der gleichförmigen Bewegung: Formel 3: s(t) = s0 + v∗t Folie „Gleichförmige Bewegung“ auflegen. s-t-Gesetze bestimmen lassen. Das vereinfachte Weg-Zeit-Gesetz der gleichförmigen Bewegung lautet: s(t) = s0 + v∗t. Hausaufgabe 6 Ein Pendelzug fährt von Lübeck nach Hamburg und zurück gemäß folgendem Fahrplan: Ort Entfernung [km] Hinfahrt Rückfahrt Lübeck 0 9:10 10:51 Reinfeld (an/ab) 16 9:19/9:20 10:41/10:42 Bad Oldesloe (an/ab) 25 9:26/9:27 10:33/10:34 Hamburg Hbf 9:51 10:11 65 a) Stellen Sie seine Fahrt in einem Weg-Zeit-Diagramm dar. Skalierung: x-Achse: 10 Minuten 1 cm; y-Achse: 5 km 1 cm. b) Stellen Sie für den Streckenabschnitt Bad Oldesloe - Hamburg das Weg-Zeit-Gesetz auf (für die Hin- und Rückfahrt). c) Wo befindet er sich um 10:25 Uhr? Lösung: a) Zeichnung auf handschr. Zettel, Pendelzug_s-t.png. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 11 Physik BG11 b) Hinfahrt: s(t) = Rückfahrt: s(t) = Die Fahrtrichtung nach Lübeck drückt sich in der Grafik durch eine fallende Gerade aus, das bedeutet eine negative Geschwindigkeit. c) s(10:25) = km Umrechnungsgleichungen bei der Besprechung: 2.1.3 Einheiten der Geschwindigkeit Im Alltagsleben werden Geschwindigkeiten gern in km/h angegeben. In der Physik werden Längen jedoch in Meter und Zeiten in Sekunden gemessen (Basiseinheiten). Für die Geschwindigkeit ergibt sich dann die Maßeinheit m/s (zurückgelegter Weg in Meter, benötigte Zeit in Sekunden). Da sich diese Einheit aus der Längeneinheit Meter und aus der Zeiteinheit Sekunde ableiten lässt, spricht man auch von einer abgeleiteten Einheit. Wir rechnen um: 1 km = 1000 m 1 h = 3600 s 1000 m = 1/3,6m/s 1 km/h = 3600 s Bsp.: Das Auto aus dem einleitenden Beispiel fuhr mit 84 km/h, das sind also 84/3,6 m/s = 231/3m/s. Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn sind 130 km/h, das sind 361/9 m/s. Umgekehrt: 1 m/s = 3,6 km/h. Also z. B. 15 m/s = 54 km/h. Die physikalische Maßeinheit der Geschwindigkeit ist m/s. Im Alltagsleben verwendet man auch km/h. Umrechnung: 1 m/s = 3,6 km/h. Im Prinzip lassen sich auch andere Einheiten für die Geschwindigkeit bilden, indem man eine gültige Längeneinheit durch eine gültige Zeiteinheit teilt (z. B. cm/min). Die Wahl der Einheiten geschieht zweckmäßigerweise so, dass sie der anzugebenden Geschwindigkeit gut angepasst ist. Für eine Schnecke könnte man etwa cm/min wählen, während für ein Düsenflugzeug km/h oder m/s angemessener wäre. Übungsaufgabe: Rechnen Sie um: cm/min m/s (1 cm/min =1/6∗10-3 m/s) also 240 cm/min = 40∗10-3 m/s = 0,04 m/s Rechnen Sie um: m/s cm/s (1 m/s = 100 cm/s) also 0,19 m/s = 19 cm/s Weitere Aufgaben: v-umrechnen.doc 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 12 Physik BG11 Hausaufgabe 7 Rechnen Sie um: a) 50 km/h = ?m/s b) 90 km/h =?m/s d) 0,3 m/s = ?km/h c) 450 km/h = ?m/s e) 333 m/s = ?km/h Lösung: a) ; b) ; c) 5∗10 -6 d) ; e) ; Hausaufgabe 8 a) Die Erde bewegt sich um die Sonne mit einer Geschwindigkeit von 3∗104 m/s. Rechnen Sie dies um in km/h. Welchen Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit c macht dies aus? b) Mit welcher Zeitverzögerung hört ein Beobachter, der beim 100-m Lauf an der Ziellinie steht, den Startschuß? Die Schallgeschwindigkeit beträgt 333 m/s. c) Ein Flugzeug startet in Hamburg um 10 Uhr und fliegt mit 215 km/h in südlicher Richtung. Welche Stadt überfliegt es um 12 Uhr? Bei der Besprechung auch auf negative Geschwindigkeiten eingehen. Übungsaufgabe: Wir verfolgen den Lauf einer Kugel. Zeichnen Sie für die Zeitspanne 0…5 s ein s-t-Diagramm für diesen Vorgang und stellen 1,5 2,5 Sie das Weg-Zeit-Gesetz auf. Bestimmen Sie 4 10 die Parameter auch rechnerisch! Alternativ (oder zusätzlich): Die Schüler denken sich die Zahlen selbst aus mit der Bedingung, dass in der t-Spalte keine Null vorkommen soll. t [s] s [m] Lösung: Zeichnung am besten mit 1 s 2 cm, 1 m 1 cm anfertigen. s = -2 m + 3 m/s·t. Auf den Unterschied zwischen Parametern und Variablen eingehen. 2.1.4 Die Durchschnittsgeschwindigkeit Bei einer gleichförmigen Bewegung ist die Geschwindigkeit konstant. In Wirklichkeit lässt sich eine gleichförmige Bewegung nur für eine begrenzte Zeit aufrecht erhalten. Beim Autofahren etwa müssen wir zunächst anfahren, die Geschwindigkeit nimmt dann zu (der Wagen wird beschleunigt). Dann fahren wir ein Stück mit konstanter Geschwindigkeit (gleichförmige Bewegung), um dann aber an der nächsten roten Ampel wieder abzubremsen (Geschwindigkeit nimmt ab). Auch die beiden Läufer (Buch S. 10) laufen nicht die gesamte Strecke mit konstanter Geschwindigkeit. Bei der Durchschnittsgeschwindigkeit setzt man die gesamte Strecke ins Verhältnis zur gesamten Zeit. Wir schreiben dafür v. Formel 4: v = ∆s/∆t 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff Durchschnittsgeschwindigkeit BG11_2014_P.doc 13 Physik BG11 Zwischenzeitlich mag sich der Körper mal schneller, mal langsamer bewegt haben (er kann dabei zeitweilig auch stillstehen). Hätte er sich die ganze Zeit (∆t) über mit dieser Durchschnittsgeschwindigkeit bewegt, so hätte er auch die gleiche Strecke ∆s zurückgelegt. Beispiel: Die Durchschnittsgeschwindigkeit der beiden Läufer (Buch S. 10) wird für die gesamte Strecke und für die letzten 90 Meter berechnet: s [m] t [s] Lewis v [m/s] Lewis t [s] Johnson v [m/s] Johnson 0 0 10 1,94 090m: 11,264 1,86 090m: 11,292 100 9,93 100m: 10,07 9,83 100m: 10,17 0 Offenbar waren die Läufer auf den ersten 10 Metern langsamer. Bei einer gleichförmigen Bewegung stimmt die Durchschnittsgeschwindigkeit mit der Geschwindigkeit des Körpers in jedem Moment genau überein. 2.1.5 Die Momentangeschwindigkeit Bei einer nicht gleichförmigen Bewegung ändert sich die Geschwindigkeit im Zeitablauf, sie ist eine Funktion der Zeit. Wir schreiben dafür v(t) oder einfach nur v. Man kann sie näherungsweise ermitteln, indem man die Geschwindigkeit nur in einem kleinen Zeitintervall misst. Je kleiner das Zeitintervall gewählt wird, desto genauer ergibt sich die Geschwindigkeit in diesem Zeitervall. Bsp.: Der Läufer Johnson war bei 70 m zur Zeit 7,21 s und bei 80 m zur Zeit 8,11 s. Es ist dann ∆s = 10 m und ∆t = 0,9 s, so dass v = 10 m / 0,9 s = 11,11 m/s als Näherungswert für die Geschwindigkeit zur Zeit 7,66 s betrachtet werden kann. Diese Näherung ist noch sehr grob. Theoretisch betrachtet man den Grenzfall einer beliebig kleinen Zeitspanne ∆t und definiert als Momentangeschwindigkeit v = ∆s / ∆t für ∆t 0 Der Zusatz „∆t 0“ (lies: ∆t strebt gegen Null) besagt: Lasse ∆t immer kleiner werden, ohne dass jedoch Null erreicht wird. Es ist also zu untersuchen, gegen welchen Wert der Quotient ∆s / ∆t strebt, wenn ∆t gegen Null strebt. Für diesen Grenzfall einer „unendlich kleinen“ Zeitspanne schreibt man dann ds/dt (lies: ds nach dt): Formel 5: v = ds/dt Momentangeschwindigkeit Für praktische Messungen eignet sich die Messung von Strecke und Zeit dann nicht mehr, man benutzt andere Verfahren (z. B. Tachometer), die die Momentangeschwindigkeit direkt anzeigen. Bsp. gemäß Arbeitsblatt Momentangeschwindigkeit (Momentangeschw.xls). 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 14 Physik BG11 Hausaufgabe 9 Lehrbuch S. 10, Tabelle 100-m Lauf für Läufer Lewis: a) Welche Durchschnittsgeschwindigkeit v erreichte Lewis insgesamt? b) Welche (näherungsweise momentanen) Geschwindigkeiten ergeben sich in den einzelnen 10 m Intervallen? Bilden Sie von diesen den Mittelwert! Stimmt er mit der Durchschnittsgeschwindigkeit überein? c) Stellen Sie den 100 m Lauf in einem Weg-Zeit Diagramm grafisch dar. In welchem Bereich ist die Bewegung näherungsweise gleichförmig (vergl. Sie mit den berechneten Teilgeschwindigkeiten)? Welche Art von Bewegung liegt wohl am Anfang vor? d) Wie sieht die Bewegung des anderen Läufers (Johnson) im Weg-Zeit Diagramm aus, wenn er zeitgleich mit Lewis startet, aber von der Ziellinie zum Startpunkt läuft? Skizzieren Sie! Lösung zu Teil b: Fällt die Gerade ab, so bedeutet dies, dass sich der Körper rückwärts, also entgegengesetzt zur gewählten s-Achse, bewegt. Wir zählen seine Geschwindigkeit dann negativ. Im s-t-Diagramm wird eine gleichförmige Bewegung als Gerade dargestellt. Ihre Steigung ist die Geschwindigkeit v des Körpers. Ihr Achsenschnittpunkt ist die Position s0 des Körpers zur Zeit t=t0 (Startpunkt). Häufig können wir t0 = 0 setzen. Vorzeichen von v: v>0 (v<0) bedeutet, dass sich der Körper in Richtung der positiven (negativen) s-Achse bewegt. 2.1.6 Das Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm In einem Geschwindigkeits-Zeit Diagramm ergibt sich eine horizontale Linie. Die im Intervall ∆t liegende Fläche ist die zurückgelegte Wegstrecke ∆s = s1 – s0. Den Anfangsort s0 können wir aus diesem Diagramm nicht bestimmen, so dass auch der erreichte Ort s1 unbestimmt bleibt. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 15 Physik BG11 2,00 1,50 v [m/s] 1,00 v = 0,5 m/s v = 1,0 m/s 0,50 v = 1,5 m/s v = -1,0 m/s 0,00 0 1 2 t [s] 3 4 5 -0,50 -1,00 Simulation mit s=vmalt.gxt Beispiel: Wir betrachten wieder die Gerade mit v = 1,5 m/s. Im Zeitintervall von 2 s bis 4 s (∆t = 2 s) hat der Körper die Strecke ∆s = v∗∆t = 1,5 m/s∗2 s = 3 m zurückgelegt, nämlich von s0 = 4 m bis s1 = 7 m, wie man dem s-t-Diagramm entnehmen kann. Aus dem v-t-Diagramm allein ist nicht ersichtlich, dass er bei 7 m angekommen ist, sondern nur, dass er sich um 3 m weiterbewegt hat. Hinweis auf Formelsammlung (Pfeile)! Hausaufgabe 10 Ein Körper mit der Geschwindigkeit v=2 m/s befindet sich zur Zeit t=0 am Ort s0=-3 m. Stellen Sie das Weg-Zeit-Gesetz für diesen Körper auf! Berechnen Sie seinen Ort zu den Zeiten t=0 s, 1 s, 2 s, 3 s und 4 s und stellen Sie die Ergebnisse in einer Tabelle (t, s) zusammen. Tragen Sie ferner die Werte in ein s-t Diagramm ein. Zu welcher Zeit ist er am Ort s = 12,66 m angekommen (Berechnung!)? Lösung: s(t) = , s=12 m zur Zeit . Wertetabelle: t s 0 1 2 3 4 Hausaufgabe 11 Zwei Autos (A und B) fahren zur gleichen Zeit t0=0 los, einer (A) von Lübeck (s=0 km) nach Hamburg (s=66 km), der andere (B) entgegenge11.10.15, 23:26 BG11_2014_P.doc 16 © K.-B. Rohloff Physik BG11 setzt. A braucht für die Fahrt 33 min, B braucht 36 min. Stellen Sie das Weg-Zeit Gesetz für beide Fahrzeuge auf (mit konkreten Zahlen)! Wann und wo treffen sie sich (Berechnung)? Skizzieren Sie den Vorgang im s-tDiagramm! (Tipp: Rechnen Sie die Zeit in Stunden.) Lösung: sA(t) = Treffpunkt: Addition von Geschwindigkeiten Bei der Bewegung in einer Richtung (entlang der s-Achse) ist die Addition von Geschwindigkeiten einfach die arithmetische Addition bzw. die Differenz die arithmetische Differenz. Bsp. 1: Ein Zug fährt mit einer Geschwindigkeit von 43,2 km/h. Im Güterwaggon rollt eine kleine Kugel mit 1,5 m/s in Vorwärtsrichtung (Rückwärtsrichtung). Wie groß ist ihre Geschwindigkeit in Bezug auf die Erde? Lösung: vZug = 43,2/3,6 m/s = 12 m/s. In Vorwärtsrichtung: vKugel,Erde = vZug+vKugel,Zug = 12 m/s + 1,5 m/s = 13,5 m/s = 48,6 km/h. In Rückwärtsrichtung: vKugel,Erde = vZug-vKugel,Zug = 12 m/s - 1,5 m/s = 10,5 m/s = 37,8 km/h. Bsp. 2: Zwei Autos fahren aufeinander zu, einer (A) mit einer Geschwindigkeit von vA = 60 km/h, der andere (B) mit vB = 80 km/h. Mit welcher Geschwindigkeit fahren sie aufeinander zu (die sog. Relativgeschwindigkeit)? Lösung: Angenommen, A fahre in Richtung der s-Achse, dann fährt B entgegengesetzt dazu. Folglich müssten wir seine Geschwindigkeit negativ zählen, vB = -80 km/h. Die Relativgeschwindigkeit ist die Differenz der beiden Geschwindigkeiten: vrel. = vA-vB = 60 km/h - (-80 km/h) = 140 km/h. Es kommt also letztlich die Summe beider Geschwindigkeiten heraus! Hausaufgabe 12 Auf der Autobahn fährt vor Lastzug A mit Geschwindigkeit vA = 80 km/h der etwas langsamere Lastzug B mit Geschwindigkeit vB = 78 km/h. A will B überholen und dabei einen Sicherheitsabstand von 10 m einhalten (vor und hinter B). Beide Lastzüge sind jeweils 12,5 m lang. a) Wie groß ist die Relativgeschwindigkeit der beiden Lastzüge? b) Wie lange dauert der Überholvorgang? Betrachten Sie den Vorgang aus der Sicht des Fahrers B. c) Welche Strecke verbringt A auf der Überholspur? Lösung: a) ; b) ; c) ; 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 17 Physik BG11 Komplizierter wird die Situation, wenn die beiden Geschwindigkeiten nicht gleichgerichtet sind. Hierbei müssen wir bedenken, dass die Geschwindigkeit ein Vektor ist und die Regeln der vektoriellen Addition anwenden. Summe 2er Vektoren: Differenz 2er Vektoren: Den Fall einer gleichgerichteten Bewegung noch einmal mit Vektoren erklären! Bsp.: Ein Schwimmer will durch einen Fluss schwimmen. Er schwimmt geradewegs auf das gegenüberliegende Ufer zu mit einer Geschwindigkeit von 0,25 m/s. Der Fluss hat jedoch eine starke Strömung. Das Wasser strömt mit einer Geschwindigkeit von 0,1 m/s und treibt den Schwimmer nach rechts ab. Mit welcher Geschwindigkeit schwimmt der Schwimmer und um welchen Winkel wird er abgelenkt? Wie weit muss er schwimmen, wenn der Fluss 18 m breit ist? Wie weit driftet er ab? Lösung: v = 0,2693 m/s, Ablenkwinkel: tan α = 0,1/0,25, α = 21,80°. Abdriftung ∆s = 10/25∗18 m = 7,2 m. Schwimmweite: 19,39 m. Hausaufgabe 13 Ein Sportflugzeug fliegt mit einer Geschwindigkeit von 168 km/h südwärts (Kurs 180°). Starker Westwind (Windgeschwindigkeit 26 km/h) treibt es nach Osten ab. Wie schnell fliegt das Flugzeug im Endeffekt und in welche Richtung (als Winkel gegen Norden)? Lösung: v = km/h, Ablenkwinkel , Kurs Ost. 2.2 Die gleichmäßig beschleunigte Bewegung 2.2.1 Definition der Beschleunigung Buch ab S. 13: Ändert sich die Geschwindigkeit im Zeitablauf, so spricht man von einer beschleunigten Bewegung. Wir werden hier nur den wichtigen Spezialfall einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung behandeln. Dabei nimmt die Geschwindigkeit in gleichen Zeitintervallen um den gleichen Betrag zu oder ab. Somit wird in der Physik auch eine Abbremsung als eine Beschleunigung, allerdings mit negativem Vorzeichen, angesehen. 11.10.15, 23:26 BG11_2014_P.doc 18 © K.-B. Rohloff Physik BG11 Als Beispiel ist in der nebenstehenden Tabelle ein Bewegungsvorgang angegeben. Die Geschwindigkeit ist zunächst t [s] v [m/s] a [m/s2] negativ, erhöht sich dann jedoch im Zeit0 -1,6 ablauf. In der Spalte „a“ wird die Geschwin1 -0,8 0,8 digkeitsänderung ∆v (zur vorigen Zeile) ins 2 0 0,8 Verhältnis zu dem Zeitintervall ∆t gesetzt. 3 0,8 0,8 Z. B. in Zeile 2: (-0,8 – (-1,6)) / (1 – 0) = 4 1,6 0,8 0,8. Dieser Quotient ist die Beschleunigung a, die in diesem Fall konstant ist. Somit liegt eine Beschleunigung von a=0,8 m/s vor. Als Formel geschrieben: Formel 6: a = ∆v/∆t Aufgrund dieser Definition ergibt sich die Maßeineinheit für die m/s = m/s². Beschleunigung zu s Unter einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung versteht man eine geradlinige Bewegung, bei der sich die Geschwindigkeit in gleichen Zeitintervallen ∆t um den gleichen Betrag ∆v ändert. Die Geschwindigkeitsänderung pro Zeiteinheit (Sekunde) definiert man als Beschleunigung a: a = ∆v/∆t. Als Maßeinheit der Beschleunigung ergibt sich m/s2. Ausführlich geschrieben lautet die letzte Gleichung: a = (v1–v0)/(t1–t0). Gemäß unserer Voraussetzung einer gleichmäßigen Beschleunigung ist dieser Quotient konstant. Beispiel: Bei einem Auto wird angegeben: Von 0 auf 100 in 13,5 Sekunden. Gemeint ist: Das Auto erreicht aus dem Stand (v = 0 km/h) die Geschwindigkeit von 100 km/h in 13,5 s. Wie groß ist dann seine Beschleunigung? Wir haben: t0 = 0 s, t1 = 13,5 s ⇒ ∆t = 13,5 s v0 = 0 km/h, v1=100 km/h ⇒ ∆v = 100 km/h Da die Zeit in Sekunden angegeben ist und eine Beschleunigung standardmäßig in m/s2 angegeben wird, müssen wir zunächst die Endgeschwindigkeit in m/s umrechnen: 1 km/h = 1/3,6 m/s ⇒ Beschleunigung: a = ∆v/∆t = 100 km/h = 100/3,6 m/s = 27,78 m/s 27,78 m/s = 2,06 m/s2 13,5 s Genaugenommen ist dies ein schlechtes Beispiel, da die Beschleunigung sicher nicht konstant ist. Der errechnete Wert kann also nur als eine Durchschnittsbeschleunigung in dem betrachteten Zeitraum aufgefaßt werden. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 19 Physik BG11 Hausaufgabe 14 Auf einem Flugzeugträger muss ein Flugzeug binnen zwei Sekunden auf seine Startgeschwindigkeit von 216 km/h gebracht werden. Welche durchschnittliche Beschleunigung erfährt es dabei? Lösung: 2.2.2 Geschwindigkeits-Zeit Gesetz der gleichmäßig beschleunigten Bewegung a [m/s 2] Buch S. 15: Trägt man in einem a-t-Diagramm die Beschleunigung a gegen die Zeit t auf, so erhält 2,5 man eine horizontale Gerade. In nebenste2 hender Abbildung ist sie A = a (t1 - t0) 1,5 beispielsweise für a = 2 2 m/s dargestellt. Die 1 Fläche, die von dieser Geraden, der t-Achse 0,5 und zwei Zeitpunkten t0 0 und t1 eingeschlossen 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 wird, ist die in dieser t [s] Zeitspanne erreichte Geschwindigkeitsänderung ∆v = v1 - v0 = a ∗ (t1 - t0). Hinweis auf Formelsammlung (Pfeile) Lösen wir diese Gleichung nach v1 auf, so erhalten wir: v1 = v0 + a∗(t1–t0) Geschwindigkeits-Zeit-Gesetz Dabei ist v0 die Geschwindigkeit des Körpers zur Zeit t=t0. Wählen wir als Anfangszeitpunkt t0=0, so können wir den Index 1 jetzt weglassen. Somit vereinfacht sich die Gleichung zu Formel 7: v(t) = v0 + a∗t vereinfachtes Geschwindigkeits-Zeit-Gesetz der gleichmäßig beschleunigten Bewegung Beispielrechnung: Wir nehmen eine Beschleunigung von a=2,5 m/s² und eine Anfangsgeschwindigkeit von v0=1,5 m/s an. Damit berechnen wir nach obiger Formel die Geschwindigkeiten nach folgender Tabelle: t [s] v(t) [m/s] 0 1,5 0,5 2,75 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc a nach ∆v/∆t [m/s²] 2,5 20 Physik BG11 t [s] v(t) [m/s] a nach ∆v/∆t [m/s²] 1 4 2,5 1,5 5,25 2,5 2 6,5 2,5 Darstellung im v-t-Diagramm: 12 10 8 v [m/s] 6 4 a = 2,0 m/s2 2 a = -1,5 m/s2 0 -2 0 1 2 3 4 5 6 -4 -6 t [s] In einem v-t Diagramm ergibt sich eine Gerade, deren Steigung die Beschleunigung angibt. Der Achsenabschnitt ist gerade die Anfangsgeschwindigkeit v0. Eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung stellt sich im v-t-Diagramm als Gerade mit Achsenabschnitt v0 und Steigung a dar. Das GeschwindigkeitsZeit-Gesetz lautet demnach (für t0=0): v(t) = v0 + a∗t. Die Beschleunigung kann ebenso wie v0 positiv oder negativ sein. Welche Auswirkung dies auf die Bewegung des Körpers hat, ist in folgender Tabelle zusammengestellt . 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 21 Physik BG11 a>0 v0 0 v 0 nimmt zu. a<0 v0 < 0 v0 0 v0 > 0 v < 0 nimmt zunächst dem Betrage nach ab und wird dann positiv. Der Körper bewegt sich zunehmend schnelDer Körper bewegt ler in positiver sich zunächst in neRichtung. gativer Richtung und wird dabei abgebremst. Für einen Moment kommt er zum Stillstand. Danach wird er in der Gegenrichtung wieder zunehmend schneller. v > 0 nimmt zunächst ab und wird dann negativ. Dem Betrage nach wird v dann immer größer (d. h. immer „negativer“). Der Körper bewegt sich zunächst in positiver Richtung und wird dabei abgebremst. Für einen Moment kommt er zum Stillstand. Danach wird er in der Gegenrichtung wieder zunehmend schneller. v 0 nimmt dem Betrage nach zu. Der Körper bewegt sich in negativer Richtung zunehmend schneller. Man kann zusammenfassend sagen: Haben v0 und a das gleiche Vorzeichen, wird der Körper schneller. Bei verschiedenen Vorzeichen wird der Körper zunächst abgebremst und dann in der Gegenrichtung wieder schneller. Eine positive Beschleunigung „versucht“ den Körper in die positive s-Richtung zu ziehen, bei einer negativen Beschleunigung ist es genau umgekehrt. Hausaufgabe 15 a) Erstellen Sie zwei v-t Diagramme, eins für a>0 und eins für a<0, und stellen Sie darin die drei verschiedenen Fälle v0<0, v0=0 und v0>0 qualitativ dar. b) Ein Körper besitzt eine Anfangsgeschwindigkeit v0 = -9 m/s und erfährt eine Beschleunigung von a = 1,5 m/s2. Stellen Sie sein GeschwindigkeitsZeit-Gesetz mit konkreten Zahlen auf! Berechnen Sie seine Geschwindigkeit zu den Zeiten 4 s, 6 s und 8 s. Zeichnen Sie ein v-t Diagramm (0...10 s). Lösung: b) t 4s v 6s 8s 10s Arbeitsblatt ÜA_beschleunigte Bewegung.doc verteilen Übungsaufgabe: Ein Körper besitzt eine Anfangsgeschwindigkeit v0 = 7,5 m/s. Er kommt zur Zeit t=3 s kurzzeitig zur Ruhe. Welche Beschleunigung wirkte auf ihn ein? Wie lautet sein v-t-Gesetz? Lösung: v(t) = 7,5 m/s + a·t ⇒ ! -7,5 m/s v(3s) = 7,5 m/s + a·3s = 0 ⇒ a = = -2,5 m/s² 3s 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 22 Physik BG11 Sein v-t-Gesetz lautet folglich: v(t) = 7,5 m/s - 2,5 m/s²·t. Probe: v(0s) = 7,5 m/s , v(3s) = 7,5 m/s - 2,5 m/s²·3s = 0 m/s . Übungsaufgabe: Nach welcher Zeit t erreicht ein Flugzeug seine Abhebegeschwindigkeit von 234 km/h, wenn es aus dem Stand mit einer Beschleunigung von 2,5 m/s² beschleunigt wird? Lösung: Wir lösen nach t auf: t = v / a. Umrechnung von v: 234 km/h = 65 m/s, also t = 65 m/s / (2,5 m/s²) = 26 s. EN.: m/s m s² = =s m/s² sm Übungsaufgabe: Ein Zug fährt mit verringerter Geschwindigkeit durch eine Baustelle. Anschließend beschleunigt er wieder, um auf die Reisegeschwindigkeit von 140 km/h zu kommen. 10 s nach Verlassen der Baustelle hat er bereits 65,4 km/h erreicht, nach weiteren 20 s hat er 76,2 km/h erreicht. Wie lautet das v-t-Gesetz des Zuges? Wie stark beschleunigt er? Mit welcher Geschwindigkeit fuhr er durch die Baustelle? Nach welcher Zeit hat er seine Reisegeschwindigkeit erreicht? Lösung: Zuerst wird die Beschleunigung a berechnet: ∆v = (76,2 - 65,4)/3,6 m/s = 3 m/s ∆t = 20 s m·1 m/s = = m/s² a = 3 m/s/20 s= 0,15 m/s²; EN.: s² s Ansatz: v(t) = v0 + a·t = v0 + 0,15 m/s²·t auf gleiche Einh. hinweisen! t in Sekunden nach Verlassen der Baustelle. Punktprobe: t1 = 10 s und v1 = 65,4/3,6 m/s = 181/6 m/s 181/6 m/s = v0 + 0,15 m/s²·10 s = v0 + 1,5 m/s | - 1,5 m/s v0 = 181/6 m/s - 1,5 m/s = 162/3 m/s = 60 km/h EN.: m/s - m/s = m/s (!) Das v-t-Gesetz lautet: v(t) = 162/3 m/s + 0,15 m/s²·t Die Beschleunigung des Zuges beträgt a = 0,15 m/s². Die Geschwindigkeit in der Baustelle betrug v0 = 162/3 m/s = 60 km/h. Zeit für 140 km/h? Umrechnung: 140 km/h = 388/9 m/s = v(t) 388/9 m/s = 162/3 m/s + 0,15 m/s²·t 222/9 m/s = 0,15 m/s²·t t= 222/9 m/s = 1484/27 s ≈ 148,15 s = 2,469 min. 0,15 m/s² EN.: m/s m s² = =s m/s² sm Die Reisegeschwindigkeit erreicht der Zug 1484/27 s nach Verlassen der Baustelle. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 23 Physik BG11 2.2.3 Weg-Zeit-Gesetz der gleichmäßig beschl. Bewegung v [m/s] Buch S. 15: Wir fragen uns nun, welchen Weg ∆s der Körper in diesem Spezialfall nach Ablauf 12 der Zeit t zurückgelegt 10 hat. Grafisch lässt sich der Weg ∆s bestimmen, 8 A =½ t v indem im v-t Diagramm 6 die Fläche unter der Ge4 schwindigkeitsgeraden 2 bis zum Zeitpunkt t er0 mittelt wird. Das (recht0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 winklige) Dreieck mit t [s] den beiden Katheten t und v hat die Fläche ½*t*v, oder mit obiger Formel für v: 5 ∆s = ½ a t2 Beispiel: In dem dargestellten v-t-Diagramm ist bei t=3 s die erreichte Geschwindigkeit v=6 m/s. Der binnen 3 s zurückgelegte Weg ∆s ist durch die Größe der schraffierten Fläche gegeben, also: ∆s = ½ ∗ 3 s ∗ 6 m/s = 9 m Das gleiche Ergebnis erhalten wir mit der Formel ∆s = ½ a t2. Es ist a = 6 m/s / 3 s = 2 m/s. Also ergibt sich: ∆s = ½ a t2 = ½ ∗ 2 m/s2 ∗ (3 s)2 = 9 m. Wir erhalten auf diese Weise die Strecke ∆s, um die sich der Körper in dem Zeitintervall 0 s ... 3 s fortbewegt hat, nicht jedoch den erreichten Ort s(t), denn wir kennen seinen Anfangsort s0 nicht. Der Anfangsort (und damit auch der Endort s) bleibt bei dieser „Flächenmethode“ prinzipiell unbestimmbar. Hinweis auf Buch S. 15: dort fehlt das s0 auf der rechten Seite! Für den allgemeineren Fall, dass sich der Körper zur Zeit t0=0 am Ort s=s0 befindet und dort die Anfangsgeschwindigkeit v0 hat, ergibt sich das WegZeit-Gesetz der gleichmäßig beschleunigten Bewegung Formel 8: s = s0 + v0 t + ½ a t2 Ein gleichmäßig beschleunigter Körper befinde sich zur Zeit t0 = 0 am Ort s0 und habe zu dieser Zeit die Anfangsgeschwindigkeit v0. Für ihn gilt dann das Weg-Zeit-Gesetz s(t) = s0 + v0t + 1/2at². Falls t0 ≠ 0 ist, so ist in der Formel immer t durch (t-t0) zu ersetzen. Im Weg-Zeit-Diagramm ergibt sich eine Parabel mit Achsenabschnitt s0 und Steigung im Achsenabschnitt v0. Die Parabel ist nach oben (unten) geöffnet, wenn a positiv (negativ) ist. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 24 Physik BG11 Beispiel: Ein Auto fährt auf der Landstrasse mit 80 km/h. Zur Zeit t0=0 s (s0=0 m angenommen) bremst das Auto mit einer Beschleunigung von a=-4,5 m/s² ab. Wo kommt das Auto zum Stehen? Lösung: Die Geschwindigkeit von 80 km/h ist seine Anfangsgeschwindigkeit v0, nicht v! Wir rechnen sie zunächst in m/s um: v0=80/3,6 m/s = 222/9 m/s ≈ 22,22 m/s Der Zeitpunkt des Stillstands ist unbekannt. Wir können die Zeit aus dem Geschwindigkeits-Zeit Gesetz bestimmen: Zum Stehen kommen bedeutet formelmässig: v=0 (nicht v0=0, da v0 ein unveränderlicher Parameter dieser Bewegung ist). Daraus ergibt sich: 0 = v0 + a·t ⇒ t = -v0/a -222/9 m/s m/s m s² t= = 476/81s ≈ 4,938 s | EN.: = ∗ =s -4,5 m/s² m/s² s m Mit dieser Zeit können wir nun den Bremsweg nach dem Weg-Zeit Gesetz ausrechnen: s = 222/9 m/s ∗ 476/81s + 0,5∗(-4,5 m/s²)∗(476/81s)² = m m 54,87 m | EN.: ∗s ∗s² = m – m = m (!) s s² Das Auto kommt nach 4,938 s und nach 54,87 m zum Stehen. Arbeitsblatt_Kinematik2.doc, Verhalten mit Excel beschleunigte_Bewegung.xls erkunden. Reihenfolge: s0, a, v0. Um die Geschwindigkeit mit der Steigung in Zusammenhang zu bringen: s0 = 0, v0 = -8, a = 4 einstellen. Das s-t Diagramm ist dann eine allgemeine Parabel, die im Fall a>0 nach oben, im Fall a<0 nach unten geöffnet ist. 30 25 s [m] 20 a = 2,0 m/s2 15 a = -1,5 m/s2 10 5 0 0 1 2 3 4 5 6 t [s] Den Anfangsort s0 entnehmen wir dem Schnittpunkt der Kurve mit der s-Achse (hier 2 m und 0 m). Die Anfangsgeschwindigkeit v0 äußert sich in der Steigung der Kurve in diesem Punkt (hier 0 m/s und 4 m/s, die genauen 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 25 Physik BG11 Zahlenwerte können Sie der Grafik natürlich nicht ohne weiteres entnehmen). Die (Durchschnitts-) Geschwindigkeit v = ∆s/∆t erscheint in diesem Diagramm als Steigung der Sekante im Zeitintervall ∆t. Die Momentangeschwindigkeit v ergab sich für den Grenzübergang ∆t 0. In diesem Fall geht die Sekante in die Tangente (zum Zeitpunkt t) über. Hinweis auf Formelsammlung und Folie! Die beiden Gleichungen s = s(t) und v = v(t) bezeichnet man zusammengenommen als die Bewegungsgleichungen eines Körpers. Aus ihrer Kenntnis lässt sich der Bewegungsablauf eines Körpers vollständig berechnen. Hausaufgabe 16 a) Erstellen Sie zwei s-t Diagramme (mit s0=0), eins für a>0 und eins für a<0, und stellen Sie darin die drei verschiedenen Fälle v0<0, v0=0 und v0>0 qualitativ dar. b) Ein Körper hat zur Zeit t0=0 die Geschwindigkeit v0=–4 m/s und befindet sich zu dieser Zeit an der Stelle s0=3 m. Er erfährt eine konstante Beschleunigung von 2 m/s2. Geben Sie das v-t-Gesetz und das s-tGesetz an. Berechnen Sie seine Geschwindigkeit v und seinen Weg s im Sekundenabstand bis t=6 s und stellen Sie die Resultate tabellarisch und grafisch im v-t bzw s-t Diagramm dar. (Zeitachsen genau übereinander. Zweizeilig schreiben.) Tabelle: t | v(t) | s(t) | ∆s/∆t Lösung in Physik_ha_20.xls, Physik_HA_20.gxt Folie Fotokopie „Anglerlatein“ verteilen und besprechen Hausaufgabe 17 Berechnen Sie mit den Daten der vorigen Hausaufgabe (Teil b) die Geschwindigkeit des Körpers aus ∆s/∆t (mit ∆t = 1s). Tragen Sie die Werte zwischen die entsprechenden Zeilen in die Tabelle und als Balken (Breite = 1 s) in die Grafik ein. Welche Regelmäßigkeit fällt Ihnen dabei auf? 2.2.4 Geschwindigkeit als Funktion des Ortes Buch S. 16 oben Häufig liegt der Fall vor, dass die Geschwindigkeit als Funktion des Ortes bestimmt werden soll. Die Zeit ist also unbekannt. Beispiel: Beim Start eines Flugzeugs wird die Maschine mit a=2,41 m/s2 beschleunigt (als konstant angenommen). Die Startbahn sei 1,5 km lang. Welche Geschwindigkeit erreicht das Flugzeug am Ende der Startbahn? Hier ist die Zeit für den Startvorgang nicht gegeben. Um die Aufgabe zu lösen, müssen wir t aus den Bewegungsgleichungen die Zeit eliminieren. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 26 Physik BG11 Wir legen die s-Achse in Richtung der Startbahn, den Nullpunkt legen wir in den Startpunkt der Maschine (wo sie zunächst steht und auf die Startfreigabe wartet). Es ist dann s0=0, v0=0 und t0=0 (Startzeitpunkt). Wir gehen also aus von s = ½ a t2 und v=at Die zweite Gleichung lösen wir nach t auf: t = v/a und setzen das Ergebnis in die erste Gleichung ein: s = ½ a (v/a)² = ½ v²/a ⇒ v² = 2 s a Formel 9: v = 2 s a (s. Buch S. 16 oben rechts) Nun sind wir in der Lage, die obige Aufgabe zu lösen. Es ergibt sich (mit s=1500 m): v = 85,03 m/s ≈ 306 km/h Anmerkung zum Vorzeichen: Die negative Lösung der Wurzel kann in diesem Fall ausgeschieden werden, da das Flugzeug nur vorwärts fliegen kann. Sie käme bei einer negativen Beschleunigung zur Anwendung. Dann wäre s auch negativ, so dass der Radikand immer positiv (oder 0) ist. Hausaufgabe 18 Die erste Stufe einer Rakete soll die Rakete in 700 m Höhe auf eine Geschwindigkeit von 140 m/s bringen. Welche Beschleunigung ist dazu erforderlich? Lösung: Hinweis auf Formelsammlung, Pfeile nochmal erklären! 2.2.5 Zusammengesetzte Bewegungen Bisher haben wir die gleichförmige Bewegung und die gleichmäßig beschleunigte Bewegung getrennt behandelt. In der Wirklichkeit kommen aber oft Bewegungsvorgänge vor, die (näherungsweise) zum Teil gleichförmig, zum Teil gleichmäßig beschleunigt sind. In diesem Abschnitt werden wir sehen, wie man diese zusammengesetzte Bewegung berechnen kann. Beispiel: Ein Auto fährt (aus dem Stand) an und beschleunigt dabei mit einer (als konstant angenommenen) Beschleunigung von a = 1,4 m/s2. Sobald die Endgeschwindigkeit von 50,4 km/h erreicht ist, fährt das Auto drei Minuten mit dieser Geschwindigkeit weiter. Wo ist es dann angekommen? Zur Lösung dieser Frage gehen wir schrittweise vor. Zunächst berechnen wir den Ort am Ende der Beschleunigungsphase, die zur Zeit t0 = 0 beginnt und zu einem Zeitpunkt t1 beendet sein möge. Danach behandeln wir die Phase konstanter Geschwindigkeit, die zu einem Zeitpunkt t2 beendet sein möge. Skizze a-t, v-t u. s-t Diagramm, Folie 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 27 Physik BG11 In der Beschleunigungsphase gelten die Gesetze der gleichmäßig beschleunigten Bewegung. Wir können hier Anfangsort s0 und Anfangsgeschwindigkeit v0 gleich Null setzen. Da wir die Zeit t1 nicht kennen und auch nicht benötigen, ist es am günstigsten, von der Formel v = 2 s a auszugehen. Bis auf s(t1) sind darin alle Größen bekannt. Wir lösen nach s auf und erhalten: v2 = 2 s a ⇒ s = v2 / (2a) Zum Zeitpunkt t1 ist die Geschwindigkeit bekannt (50,4 km/h = 14 m/s). Zu diesem Zeitpunkt muss also gelten: s(t1) = (14 m/s)2 / (2∗ 1,4 m/s2) = 70 m; EN.: … Die anschließende Phase konstanter Geschwindigkeit könnten wir nun berechnen, indem wir in das Weg-Zeit Gesetz als Anfangsort die eben berechneten 70 m und als Anfangszeitpunkt (t0) den noch unbekannten Zeitpunkt t1 einsetzen. Dieses Verfahren ist jedoch häufig unbequem. Man benutzt daher meist einen kleinen Trick: Wir verschieben den Nullpunkt unserer sund t-Achse so, dass wir wieder bei Null anfangen. Dadurch werden die Formeln einfacher. Um nicht durcheinander zu kommen, bezeichnen wir unsere neuen Größen mit einem Strich, also s‘ und t‘. Die Anfangsgeschwindigkeit darf allerdings nicht auf Null gesetzt werden. Dann stellt sich der Bewegungsvorgang folgendermaßen dar: Zur Zeit t0‘ = 0 s fährt das Auto am Ort s0‘ = 0 m mit einer konstanten Geschwindigkeit v = 14 m/s los. Wo ist es nach 3 Minuten (=180 s, Zeitpunkt t2‘) angekommen? Die Lösung liefert uns das Weg-Zeit Gesetz: s‘(t2‘) = v ∗ t2‘ = 14 m/s ∗ 180 s = 2520 m Zum Schluss setzen wir die beiden Bewegungen wieder zusammen: sges = s(t1) + s‘(t2‘) = 70 + 2520 m = 2590 m Hausaufgabe 19 Ein Auto fährt mit gleichbleibender Geschwindigkeit von 60 km/h auf der Straße. Nach 90 s (=t1) gibt er Gas und beschleunigt mit a = 1,4 m/s² auf eine Endgeschwindigkeit von 120,48 km/h. Wann und wo hat er sie erreicht (s2, t2)? Lösung: 1. Phase: gleichf. Bewegung: 2. Phase: beschleunigte Bewegung 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 28 Physik BG11 Übungsaufgabe: Ein Autofahrer befindet sich zur Zeit t0 = 0 2 km vor einem Ort und fährt jetzt mit 90 km/h. Sobald er das Ortsschild erreicht, bremst er für 5 Sekunden, um die Geschwindigkeit auf 50 km/h zu drosseln. Wie stark hat er gebremst? Welche Strecke hat er dann insgesamt zurückgelegt? Wann hat er die Endgeschwindigkeit erreicht? Lösung: 1. Phase: konstante Geschwindigkeit (gleichförmige Bewegung). Anfangsgeschwindigkeit: v0 = 90/3,6 m/s = 25 m/s. Zeit bis zum Ortsschild: t1 = 2000 m/(25 m/s) = 80 s. Er hat die Endgeschwindigkeit also nach 85 s erreicht. 2. Phase: Bremsung auf v1 = 50/3,6 m/s = 138/9 m/s ≈ 13,89 m/s (138/9 - 25) m/s Bremsverzögerung: a = = -22/9 m/s² ≈ -2,222 m/s² 5s Bremsweg: sB = v0·t + 1/2at² = 25 m/s·5 s - 1/2·22/9 m/s²·25 s² = 125 m - 277/9 m = 972/9 m. Gesamtweg: s = 2000 m + 972/9 m = 20972/9 m 2.2.6 Zusammenfassung Folie „Zusammenstellung der Diagramme...“ Mathematisch gesehen sind die Gesetze der gleichmäßig beschleunigten Bewegung eine Stufe komplizierter als die der gleichförmigen Bewegung. So ergibt sich für das Weg-Zeit Gesetz der beschleunigten Bewegung bereits eine quadratische Funktion, während es für die gleichförmige Bewegung nur eine lineare Funktion ist. Setzt man in die Formeln der beschleunigten Bewegung die Beschleunigung a = 0, so ergeben sich automatisch die Gesetze der gleichförmigen Bewegung. Folie „Zusammenhang zwischen...“ und Vergleich mit Formelsammlung In der Reihenfolge s(t) - v(t) - a(t) erhalten wir abwärts immer aus der Steigung einer Funktion den Wert der darunterliegenden Funktion (zur gleichen Zeit). Aufwärts erhalten wir aus dem Flächeninhalt im Zeitintervall ∆t die Änderung der darüberliegenden Funktion. Später werden wir diesen Zusammenhang mit Hilfe der Differentialrechnung bzw. Integralrechnung noch einmal beleuchten. 2.2.7 Die Erdbeschleunigung Buch S. 20: Als prominentes Beispiel einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung sei hier die Fallbewegung erörtert. Wie jeder weiß, fallen frei bewegliche Körper unter dem Einfluß der Erdanziehung senkrecht nach unten. Die dabei wirkende Beschleunigung heißt Erdbeschleunigung oder Fallbeschleunigung und wird mit g bezeichnet. Da die Erde keine gleichmäßig mit Masse gefüllte Kugel ist und sich außerdem um die eigene Achse dreht, ist die Fallbeschleunigung von Ort zu Ort leicht verschieden. Ihr Wert 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 29 Physik BG11 schwankt zwischen ca. 9,78 m/s2 am Äquator und 9,83 m/s2 an den Polen, jeweils auf Meereshöhe. Man hat daher einen einheitlichen Normwert definiert, um von diesen örtlichen Schwankungen absehen zu können. Normwert der Fallbeschleunigung: g=9,80665 m/s2 Wir rechnen in der Regel mit g=9,81 m/s2 Die Fallbeschleunigung kann als konstant angesehen werden, solange wir uns nicht zu weit von der Erdoberfläche entfernen. Genauer gesagt bedeutet dies, dass h « RE sein muss, wobei h die Höhe über dem Meeresspiegel und RE der Erdradius ist (« lies „ist viel kleiner als“). Da diese Fallbeschleunigung ständig auf uns einwirkt, stellt sie eine Art Standard oder Vergleichsmaßstab dar. Man gibt deshalb andere Beschleunigungswerte auch häufig in Vielfachen bzw. Bruchteilen von g („in ‚g‘“) an. Beispiel: Für ein startendes Flugzeug auf einem Flugzeugträger hatten wir eine Beschleunigung von 30 m/s2 ermittelt (s. Hausaufgabe 14 auf S. 20). Das wievielfache der Fallbeschleunigung ist das? 30 m/s2 = x∗g ⇒ x = 30 m/s2 / g = 3,06 Man sagt dann auch, die Beschleunigung betrage 3,06g. 2.2.7.1 Der freie Fall Mit diesen Einschränkungen können wir die weiter oben erhaltenen Formeln für die gleichmäßig beschleunigte Bewegung auf den freien Fall anwenden. Dabei legen wir jetzt die s-Achse senkrecht nach unten. Wenn wir ferner annehmen, dass der Körper zur Zeit t=0 am Ort s=0 und in Ruhe sei, erhalten wir für die Geschwindigkeit zu der Zeit t Formel 10: v = g t und für die Fallstrecke zur Zeit t Formel 11: s = ½ g t2 Bsp.: Eine Kugel fällt vom Turm der Marienkirche (126 m hoch). Gesucht: Fallzeit, Aufprallgeschwindigkeit Lösung: Berechnung der Fallzeit aus s = 1/2gt² = t² = ! 9,81 m/s² t² = 126 m ⇒ 2 2 126 m = 2575/109 s² 9,81 m/s² t ≈ 5,068 s Berechnung der Aufprallgeschwindigkeit: v = 9,81 m/s²·t = 49,72 m/s ≈ 179 km/h! Es mag auf den ersten Blick verwundern, dass beide Formeln unabhängig von der Masse, Größe und Form des Körpers sind, obwohl wir doch aus dem Alltag wissen, dass ein Blatt Papier langsamer (und unregelmäßiger) zu 11.10.15, 23:26 BG11_2014_P.doc 30 © K.-B. Rohloff Physik BG11 Boden sinkt als eine Eisenkugel. Dies liegt daran, dass wir in unserer Betrachtung den Luftwiderstand nicht berücksichtigt haben. Unsere Formeln gelten also nur im Vakuum (oder auf dem Mond, wenn man berücksichtigt, dass das dortige g nur 1/6 der Erdbeschleunigung ist). Man mag sich fragen, welchen Wert diese Formeln dann noch haben, wenn doch in Wirklichkeit wieder alles anders abläuft. Nun, erstens gelten die beiden Formeln für kleine massive Körper (z. B. Eisenkugel) tatsächlich in sehr guter Näherung. Zweitens erlauben sie uns, das Prinzip zu erkennen (dass nämlich hier eine Bewegung mit einer konstanten Beschleunigung vorliegt). Und drittens haben sie den großen Vorteil, wesentlich einfacher zu sein als die Formeln, die den tatsächlichen Bewegungsablauf genau beschreiben (das wäre bei einem Blatt Papier mit seinem Hin- und Herschaukeln wahrscheinlich sogar extrem schwierig). Dieser letztgenannte Faktor ist nicht zu unterschätzen, denn er verzögert die Erkenntnis, wenn er sie nicht sogar ganz verhindert. Dann ist es schon besser, frühzeitig zu einer näherungsweisen, im Prinzip richtigen physikalischen Beschreibung zu kommen, die mit der Zeit ja noch verfeinert werden kann, als lange Zeit an einer schwierigen Aufgabe zu arbeiten, die sich am Ende womöglich als zu schwierig herausstellt. Ähnlich wie beim punktförmigen Körper („Massenpunkt“) sehen wir auch hier ein Beispiel für die Modellbildung in der Physik. Wir beschreiben die Bewegung in einem idealisierten Modell der Wirklichkeit, in dem der Luftwiderstand (und mögliche Reibungswiderstände) wegfällt. Es dürfte klar sein, dass wir mit unseren Bewegungsgleichungen den Fall eines Fallschirmspringers nicht zutreffend wiedergeben können. Folie „Bewegung mit Reibung“ (Reibung3.xls) Hausaufgabe 20 a) Wir lassen eine kleine Eisenkugel in einen dunklen Brunnen fallen. Wir hören nach 1,6 s den Aufprall. Wie tief war der Brunnen? b) Nach vier Wochen ist durch starken Regen der Wasserspiegel im Brunnen um 2 Meter angestiegen. Wie lange würde der Fall der Eisenkugel nun dauern? c) Ein Castor-Behälter muss einen Sturz aus 9 m Höhe überstehen. Mit welcher Geschwindigkeit prallt er auf? Lösung: a) b) c) 2.2.7.2 Der senkrechte Wurf Buch S. 28: Beim senkrechten Wurf wird ein Körper mit einer Anfangsgeschwindigkeit v0 senkrecht nach oben (oder nach unten) geworfen. Wir legen die s-Achse daher nach oben, bei s=0 werde der Körper hochgeworfen. Da 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 31 Physik BG11 die Fallbeschleunigung nach unten wirkt (a=-g), lauten die Bewegungsgleichungen nun Formel 12: s(t) = v0 t - ½ g t2 Formel 13: v(t) = v0 – g t Beispiel: Mit einer Schleuder wird ein Stein nach oben geschleudert. Seine Anfangsgeschwindigkeit betrage v0=17,5 m/s. Nach welcher Zeit tmax erreicht er den höchsten Punkt smax und wie hoch ist dieser? Lösung: Am höchsten Punkt kehrt sich die Bewegungsrichtung um, es ist dort gerade v(tmax) = 0 = v0 – g tmax. Daraus folgt: v0 = g tmax oder aufgelöst: Formel 14: tmax = v0/g In unserem Beispiel ergibt sich: tmax = 17,5 m/s = 1,78 s 9,81 m/s2 Die erreichte Höhe h = smax erhalten wir durch Einsetzen in die s(t) Formel. Wir führen dies zunächst allgemein mit dem Ausdruck tmax = v0/g aus und erhalten: h = v0∗v0/g – ½ g (v0/g)2 = ½ v02 / g Das gleiche Ergebnis hätten wir auch einfacher durch Anwendung der verallgemeinerten Fassung der Formel 9 (s. Formelsammlung) erhalten können, wenn wir s=h, s0=0, a=-g berücksichtigen. Formel 15: h = ½ v02 / g Somit kann h auch ohne Kenntnis von tmax berechnet werden. Wir erhalten h = 0,5∗(17,5 m/s)2 / 9,81 m/s2 = 15,61 m Der Körper fällt dann wieder zurück. Nach welcher Zeit t1 ist er wieder am Ursprungsort und mit welcher Geschwindigkeit? Die Antwort ergibt sich aus der Bedingung s(t1) = 0. Daraus folgt 0 = v0∗t1 – ½ g t12 ⇒ t1∗(v0 – ½ g t1) = 0 Die eine Lösung t1 = 0 ist der Anfangszeitpunkt, wo wir den Körper hochschleudern. Die andere Lösung ergibt sich aus v0 – ½ g t1 = 0 oder aufgelöst: t1 = 2 v0 / g = 2∗tmax Die Zeit für den Fall vom Höchstpunkt ist also genauso groß wie die Zeit tmax für den Aufstieg. Im Beispiel ergibt sich t1 = 3,57 s. Die Geschwindigkeit v1=v(t1) erhalten wir durch Einsetzen von t1 (als Formel) in v(t): v1 = v0 – g ∗ (2 v0/g) = –v0 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 32 Physik BG11 Er kommt also mit der gleichen Geschwindigkeit, mit der wir ihn auch abgeschleudert haben, wieder unten an, nur in umgekehrter Richtung (daher negativ). Hausaufgabe 21 a) Eine Gewehrkugel wird mit der Anfangsgeschwindigkeit v0 = 280 m/s senkrecht nach oben geschossen. Stellen Sie das v-t-Gesetz und das s-tGesetz auf. Welche Höhe erreicht sie und wann? Wann fällt sie uns auf den Kopf? Skizzieren Sie den Vorgang im v-t und s-t Diagramm (v-tDiagramm genau unter dem s-t-Diagramm). b) Mit welcher Geschwindigkeit müsste die Kugel abgeschossen werden, um eine Höhe von 6 km zu erreichen? Lösung: a) b) 2.3 Wirkung von Geschwindigkeit und Beschleunigung auf den Menschen Buch S. 23: Wenn wir an einer gleichförmigen Bewegung teilnehmen, so merken wir von dieser Bewegung nichts. Beispiel: • Wir fahren im Zug mit konstanter Geschwindigkeit. Bei geschlossenen Augen nehmen wir die Geschwindigkeit des Zuges gar nicht wahr. Nur durch einen Blick aus dem Fenster (und durch die Schienenstöße) merken wir, dass wir uns bewegen. Die Höhe der Geschwindigkeit ist dabei irrelevant. • Noch besser kann man diese Aussage im Flugzeug nachvollziehen. Wenn das Flugzeug seine Endgeschwindigkeit erreicht hat, die bei 900 bis 1000 km/h liegen kann, bemerken wir von der hohen Geschwindigkeit nichts, außer durch einen Blick aus dem Fenster. • Die Erde bewegt sich mit hoher Geschwindigkeit (3∗104 m/s) um die Sonne. Diese Bewegung nehmen wir überhaupt nicht wahr. • Die Erdrotation bewirkt ebenfalls, dass wir uns alle mit hoher Geschwindigkeit bewegen. Auch diese Bewegung nehmen wir nicht wahr. (Sie ist streng genommen auch nicht gleichförmig.) Früher waren die Gelehrten darüber ganz anderer Meinung. Kurz nach der Eröffnung der ersten Eisenbahn erklärte die Académie de Médicine in Lyon im Jahre 1835, dass der menschliche Organismus nicht in der Lage sei, die „schwindelerregende Geschwindigkeit der Eisenbahn“ zu ertragen. Die Erschütterungen sollten nervöse Erkrankungen hervorrufen und die rapide Aufeinanderfolge von Bildern würde Entzündungen der Netzhaut bewirken. Weiter hieß es, dass jede Eisenbahnreise für eine schwangere Frau unwei11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 33 Physik BG11 gerlich eine Fehlgeburt zur Folge habe. Deutsche Ärzte meinten, eine Lungenentzündung durch den Fahrtwind würden sich alle holen, „die mit der vollkommen wahnsinnigen Geschwindigkeit von 30 oder gar 40 Stundenkilometern durch die Gegend rasen würden“. Dabei fuhr die legendäre Dampflokomotive „Adler“ mit einer 40 PS Dampfmaschine um 1836 auf der Strecke Nürnberg – Fürth gerade einmal mit einer Geschwindigkeit von 23 km/h. Folie „Adler“, Fahrbericht der Adler verteilen Hausaufgabe 22 Lesen ‚Die erste Fahrt mit dem „Adler“’! Welche Gefahren sollten nach damaliger Meinung den Fahrgästen drohen (schriftl.)? Was wir dagegen spüren, sind jedwede Beschleunigungen. • Die Erdbeschleunigung zieht uns nach unten, wir spüren unser Gewicht, auch ohne dass wir uns bewegen. • Wir sitzen in einem anfahrenden Auto und verspühren einen Druck nach hinten in den Sitz. Noch deutlicher wird dieser Effekt bei einem startenden Flugzeug. • Wir sitzen im Auto und müssen bremsen. Dabei werden wir nach vorn gedrückt. Die Sicherheitsgurte sollen verhindern, dass wir uns dabei verletzen. • Wir sitzen im Bus, der gerade in eine Kurve einbiegt. Dabei werden wir nach außen gedrückt. Auf uns wirkt eine (nach außen gerichtete) Zentrifugalbeschleunigung. Beschleunigungen hält unser Körper nur in begrenztem Maße aus. Als natürlicher Maßstab dient uns die Erdbeschleunigung, der wir alle ohnehin unterliegen. Beschleunigungen, die auf den menschlichen Körper wirken, werden demgemäß als Vielfaches (oder Bruchteil) der Erdbeschleunigung g angegeben. Untersuchungen haben ergeben, dass der menschliche Körper entlang der Längsachse Beschleunigungen von 4g (d. h. das vierfache Eigengewicht) noch gut ertragen kann. Senkrecht dazu können sogar 12g für mehrere Minuten ausgehalten werden. Bei den Mondflügen im Rahmen des Apollo Programms ertrugen die Astronauten während der Start- und Wiedereintrittsphase Beschleunigungen von bis zu 5g. Die Astronauten werden auf solche Belastungen in Zentrifugen vorbereitet. Dabei werden sie in einer Kabine im Kreis herumgeschleudert. Durch die dabei auftretende Zentrifugalbeschleunigung können die Beschleunigungen, die im realen Flug vorkommen, simuliert werden. Hausaufgabe 23 Lesen Buch S. 23 „Der rote und der schwarze Schleier“ mit kurzer schriftl. Zusammenfassung. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 34 Physik BG11 3 Kräfte als Bewegungsursache (Dynamik) Bisher haben wir den Ablauf von Bewegungen lediglich beschrieben. Wodurch diese Bewegungen verursacht werden, haben wir bislang nicht untersucht. Das wollen wir nun nachholen. Wir werden sehen (und kennen das ja bereits aus unserer Alltagserfahrung), dass Kräfte dabei eine entscheidende Rolle spielen. Über die Wirkung und den Einfluß von Kräften hat sich Sir Isaac Newton (1643 – 1727) bereits grundlegende Gedanken gemacht. Den Begriff Kraft verbinden wir intuitiv mit unserer Muskelkraft. Wenn wir etwas tragen, heben oder schieben, müssen wir Kraft aufwenden. Ohne Kraftaufwand läßt sich kein Körper in Bewegung setzen. Wir merken das ganz deutlich beim Anfahren mit dem Fahrrad, ebenso beim Anschieben eines Autos. Auch beim Abbremsen muss eine Kraft aufgewendet werden. Bei diesen Bewegungsvorgängen wird der Körper schneller (Anfahren) oder langsamer (Abbremsen). Diese Änderung der Geschwindigkeit eines Körpers bezeichnet man als Beschleunigung. Eine positive Beschleunigung liegt vor, wenn der Körper schneller wird, eine negative dagegen, wenn der Körper langsamer wird. Beschleunigungen werden durch Kräfte verursacht und es gilt auch umgekehrt, dass wir auf eine Krafteinwirkung schließen dürfen, wenn wir eine Beschleunigung feststellen. 3.1 Das erste Newtonsche Axiom Buch S. 6: Allerdings weiss auch jeder Radfahrer, dass eine Kraft aufgewendet werden muss, um eine gleichbleibende Geschwindigkeit aufrecht zu erhalten. Es ist das Verdienst Galileis (1564 – 1642) erkannt zu haben, dass diese Kraft nur notwendig ist, um Reibungswiderstände auszugleichen. Hier ist zunächst der unvermeidliche Luftwiderstand zu nennen. Aber auch in den Lagern der Achsen treten Reibungswiderstände auf. Im Zeitalter der Raumfahrt lassen sich Belege für die These anführen, dass eine Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit keine Kraft erfordert: • Satelliten umkreisen in großer Höhe die Erde ohne eigenen Antrieb. (Hier ist die Bahngeschwindigkeit dem Betrage nach konstant, nicht jedoch ihre Richtung.) • Raumkapseln bewegen sich ohne Antrieb zum Mond oder zu anderen Planeten. Hier ist nur am Anfang eine Kraft erforderlich (die durch die Trägerrakete bereitgestellt wird), um auf die nötige Geschwindigkeit zu kommen. Gerade das letztgenannte Beispiel veranschaulicht sehr gut das erste Newtonsche Axiom, das auch als Trägheitsprinzip bezeichnet wird. Es besagt: 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 35 Physik BG11 Jeder Körper behält seine Geschwindigkeit nach Betrag und Richtung so lange bei, wie er nicht durch äußere Kräfte gezwungen wird, seine Geschwindigkeit zu ändern. Das Trägheitsprinzip gilt insbesondere auch für die Geschwindigkeit 0, also den Ruhezustand. Beispiel: Wir sitzen in einem anfahrenden Auto. Zunächst steht das Auto, unser Körper ruht. Wenn das Auto anfährt, „möchte“ unser Körper in Ruhe bleiben, aber der Sitz (äußere Kraft!) überträgt die Beschleunigung des Wagens auf unseren Körper und schiebt uns mit nach vorne. Wir selbst werden dabei in den Sitz gedrückt und verspüren eine rückwärts gerichtete Kraft. Solche Kräfte, die der sich bewegende (beschleunigte) Körper selbst erfährt, nennt man Trägheitskräfte. Wegen der höheren Beschleunigung treten sie beim Abbremsen noch stärker in Erscheinung. Sie können das selbst einmal ausprobieren, indem Sie mit einem Auto gegen ein Haus fahren (zuvor empfiehlt sich jedoch der Abschluß einer Lebensversicherung). Das Trägheitsprinzip besagt auch, dass ein Körper nicht aus sich heraus seine Geschwindigkeit ändern kann, sondern nur durch eine von „außen“ auf ihn einwirkende Kraft. Man mag einwenden, dass wir beim Fahradfahren ja sehr wohl aus eigener Kraft vorwärtskommen. Aber wie wäre es, wenn des Rad aufgehängt wird, so dass seine Räder nicht mehr die Straße berühren können? Man sieht: es muss hier eine Reibungskraft der Straßenoberfläche auf das Rad einwirken, um vorwärts zu kommen. Dies ist aber wieder eine äußere Kraft. Hausaufgabe 24 a) Erläutern Sie das Auftreten von Trägheitskräften am Beispiel einer Fahrt mit dem Fahrstuhl. b) Lesen Buch S. 6 „Der Trägheitssatz“ mit schriftl. Zusammenfassung und A1 und A2. 3.2 Das zweite Newtonsche Axiom Buch S. 19/20: Jetzt haben wir die notwendigen Vorarbeiten geleistet, um uns dem zweiten Axiom von Newton zu widmen. Wir wissen aus der Alltagserfahrung, dass eine Kraft nötig ist, um a) einen Körper in Bewegung zu versetzen, d. h. ihm eine Beschleunigung zu erteilen, und b) eine Bewegung gegen die Wirkung von Reibungskräften aufrecht zu erhalten, d. h. eine gleichbleibende Geschwindigkeit zu halten. Wenn wir der Einfachheit wieder unsere reibungsfreie Modellwelt betrachten, dann wäre im zweiten Fall gar keine Kraft erforderlich, wohl aber im ersten Fall. Man kann also sagen, dass Beschleunigungen (in dieser Modellwelt) durch Kräfte verursacht werden. Wo Kräfte wirken, treten auch Beschleuni11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 36 Physik BG11 gungen auf. Umgekehrt können wir, wenn wir eine Beschleunigung feststellen, auf eine Kraftwirkung schließen (dies sogar in der wirklichen Welt). Die Kraft ist die Ursache für eine Beschleunigung. Wie hängen nun Beschleunigung und Kraft genau miteinander zusammen? Jeder Radfahrer weiß, dass er für eine höhere Beschleunigung auch kräftiger treten muss. Die Beschleunigung ist der wirkenden Kraft proportional: F ~ a (s. Bilder auf S. 20). Außerdem wissen wir aus Erfahrung, dass es mehr Kraft erfordert, ein schwer mit Gepäck beladenes Fahrrad zu beschleunigen. Aus dem gleichen Grund benötigt ein Lkw auch einen stärkeren Motor als ein Kleinwagen. Die wirkende Kraft ist auch zu der Masse des Körpers proportional: F ~ m. Es ist daher sinnvoll, den bislang aus der menschlichen Muskelkraft abgeleiteten Begriff der Kraft nun physikalisch als Produkt aus Masse und Beschleunigung zu definieren. Wir können unsere Definition der Kraft damit als Formel folgendermaßen schreiben: Formel 16: F = m ∗ a Diese Gleichung bezeichnet man als das Grundgesetz der Mechanik. Als Maßeinheit der Kraft ergibt sich demzufolge das Produkt aus der Maßeinheit der Masse (kg) und der Maßeinheit der Beschleunigung (m/s2). Diese Maßeinheit bekommt, da sie sehr häufig gebraucht wird, den neuen Namen Newton, abgekürzt N. Der Name wurde zu Ehren des britischen Forschers Sir Isaac Newton (1643 – 1727) gewählt. 1 N = 1 kg∗m/s2 Wir können nun das zweite Newtonsche Axiom formulieren: Um einer Masse m eine Beschleunigung a zu erteilen, ist eine Kraft F erforderlich, die gleich dem Produkt aus der Masse und der Beschleunigung ist: F = m∗a. Die Maßeinheit der Kraft ist Newton (N), wobei gilt 1 N = 1 kg∗m/s2 Beispiel: In dem Beispiel von Seite 27 wurde ein Auto mit einer Beschleunigung von a = 1,4 m/s2 aus dem Stand beschleunigt. Welche Kraft ist dazu nötig? Lösung: Um die Kraft berechnen zu können, müssen wir zusätzlich die Masse des Autos kennen. Wir nehmen an, das Auto besitze eine Masse m von 1200 kg. Die nötige Kraft ist dann: F = m ∗ a = 1200 kg ∗ 1,4 m/s2 = 1680 kg m/s2 = 1680 N. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 37 Physik BG11 Hausaufgabe 25 a) Ein Auto mit einer Masse von 1800 kg beschleunigt in 15 s von 0 auf 100 km/h. Berechnen Sie unter der Annahme einer konstanten Beschleunigung den zurückgelegten Weg s (in m) und die Antriebskraft (in N). Beachten Sie die Maßeinheiten! b) Lesen S. 19/20 „Grundlagen: Kraftmessung“ mit schriftl. Zusammenfassung! Lösung: a) Kräfte können durch die Dehnung einer Feder sichtbar und messbar gemacht werden. Die Dehnung einer Feder ist nämlich der wirkenden Kraft direkt proportional (Hookesches Gesetz). Kräfte sind ebenso wie Beschleunigungen gerichtete Größen (Vektoren). Die Verknüpfung zwischen Beschleunigung und Kraft wird durch die Masse hergestellt. Wenn eine bestimmte Kraft einwirkt (sagen wir 100 N), so erfährt ein leichter Körper eine höhere Beschleunigung als ein schwerer. Die Masse wirkt daher in Bezug auf die erreichte Beschleunigung wie eine „Trägheit“. Man spricht deshalb mitunter auch von der „trägen Masse“, wenn man sie aus Messungen der Kraft und Beschleunigung ermittelt. In der älteren physikalischen Literatur wird aus dem gleichen Grund die Masse auch kurz als „Trägheit“ bezeichnet. Man kann auch sagen, die Masse setzt der Beschleunigung einen Widerstand entgegen. Hausaufgabe 26 Ein Auto soll mit einer negativen Beschleunigung von a = -3,5 m/s2 abgebremst werden. Welche Kraft ist erforderlich, wenn das Auto 1200 kg schwer ist? Führen Sie die gleiche Rechnung für einen 7,5 t schweren Lkw durch! Lösung: 3.2.1 Die Gewichtskraft Wie bereits erwähnt, unterliegen alle Körper auf der Erde der Erdbeschleunigung g. Die Erde übt auf sie eine Anziehungskraft aus. Diese Gewichtskraft FG lässt sich nun berechnen, wenn wir in das Grundgesetz der Mechanik für a die Erdbeschleunigung g einsetzen: Formel 17: FG = m∗g 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 38 Physik BG11 Beispiel: Wenn wir eine Tafel Schokolade von 0,1 kg tragen, zieht die Masse aufgrund der Erdbeschleunigung (rund 10 m/s2) mit einer Kraft von (rund) 1 N an unserem Arm (genauer 0,981 N). Die Erdbeschleunigung g hat, wie bereits auf S. 30 erwähnt, nur in der Nähe der Erdoberfläche einen (näherungsweise) festen Wert. Damit ist folglich die obige Formel auch nur in der Nähe der Erdoberfläche gültig. Durch die Erdanziehung erhält ein Körper mit der Masse m ein Gewicht. Die Gewichtskraft FG lässt sich berechnen nach der Formel FG = m∗g. Sie ist zum Erdmittelpunkt hin gerichtet. Im Volksmund hört man oft Angaben wie „Die Kraft ist 4 Zentner“. Was ist damit gemeint? Streng genommen ist die Aussage in dieser Verkürzung falsch, denn eine Kraft wird in Newton angegeben und nicht in Zentner oder Kilogramm. Trotzdem ist diese Angabe für die meisten Menschen intuitiv verständlicher als 1962 N, da wir für Newton kein Gefühl entwickelt haben, wohl aber für Massen, die wir heben können. Gemeint ist also: „Die Kraft ist so groß wie die Gewichtskraft einer Masse von 4 Zentnern“. Diese Angabe können wir nun leicht in die physikalische Einheit Newton umrechnen: FG = m∗g = 200 kg∗9,81 m/s² = 1962 N ≈ 2000 N. Umgekehrt können wir nun Kräfte in die äquivalenten Massen umrechnen: Formel 18: m = F/g. Rechnen wir näherungsweise mit g=10 m/s², so entsprechen 1N 0,1 kg 50 N 5 kg 750 N 75 kg 10 000 N 1t Übungsaufgabe: Ein Auto übt an einem Reifen eine Kraft auf die Straße von 5000 N aus. Welchem Gewicht entspricht dies? Wie schwer ist das Auto? Rechnen Sie mit dem genauen Wert für g, also 9,81 m/s². Lösung: m = F/g = 5000 N/9,81 m/s² = 509,7 kg. Das Gewicht ist Autos ist dann 4mal so groß, also 2039 kg = 2,039 t. Mit einer Waage wird die Gewichtskraft gemessen. Die Umrechnung in die Masse hat der Hersteller durch eine entsprechende Kalibrierung der Waage bereits vorgenommen. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 39 Physik BG11 Im Alltagsleben werden Kräfte oft durch eine Masse ausgedrückt, die die gleiche Gewichtskraft verursacht. Die äquivalente Masse erhalten wir aus m = F/g. Hausaufgabe 27 a) Ein Sportflugzeug hat ein Gewicht von 4,3 t. Im Flug wird es durch den Auftrieb an den Flügeln in der Luft gehalten. Welche Kraft ist dazu nötig? b) Welche Masse würde die gleiche Gewichtskraft erzeugen wie die in der Hausaufgabe 25 berechnete Antriebskraft? Lösung: a) b) 3.2.2 Richtung und Angriffspunkt Wer schon einmal einen Nagel mit einem Hammer eingeschlagen hat, der weiß, dass es nicht nur auf die Stärke der Kraft ankommt, sondern auch auf ihre Richtung. Trifft der Hammer nicht genau in Längsrichtung des Nagels auf den Kopf, wird der Nagel schief eingeschlagen oder er verbiegt sich. Eine Kraft ist daher durch Stärke und Richtung definiert. Beides zusammen legt den Kraftvektor fest, geschrieben F. Die Stärke nennt man auch den Betrag des Kraftvektors. Wir schreiben dafür wie bisher einfach F oder auch |F|. Kraftvektoren kann man sich durch Pfeile (Vektorpfeile) veranschaulichen, wobei die Pfeilrichtung die Kraftrichtung angibt und die Länge des Pfeils proportional zum Betrag der Kraft ist, s. Buch S. 7 unten. Dies wird insbesondere dann bedeutungsvoll, wenn mehrere Kräfte an einem Körper angreifen (s. u.). Die Richtung der Kraft ist dann auch die Richtung, in der der Körper beschleunigt wird. Damit haben wir auch die Beschleunigung (a) als einen Vektor erkannt. Auch die Geschwindigkeit ist ein Vektor, wobei seine Richtung die Bewegungsrichtung des Körpers angibt und sein Betrag den Betrag der Geschwindigkeit. Physikalische Größen ohne Richtung nennt man demgegenüber Skalare, wie z. B. die Temperatur, die Masse oder die Zeit. Was eine Kraft bewirkt, hängt aber nicht nur von dem Kraftvektor ab, sondern auch vom Angriffspunkt der Kraft. Man kann dies beim Stoß einer Billardkugel sehr schön beobachten. Die Kugel rollt oftmals nicht in der gewünschten Richtung, weil der Stab die Kugel nicht genau mittig (zentral) getroffen hat. Der Angriffspunkt einer Kraft ist nicht immer so einfach auszumachen wie beim Stoß einer Billardkugel. So durchsetzt die Erdanziehungskraft alle Körper gleichmäßig und wirkt auf jedes einzelne Atom ein. Wir müssten also alle diese Einzelkräft aufsummieren, um die resultierende Gesamtkraft zu erhal11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 40 Physik BG11 ten. Zum Glück ist dieses umständliche Vorgehen nicht nötig, da ja alle Einzelkräfte die gleich Richtung haben. Man kann stattdessen so tun, als ob die Gesamtkraft im Mittelpunkt des Körpers angreift. Der Körper verhält sich also wie ein Massenpunkt (s. 2.1.1 Die Geschwindigkeit), an dem die Gesamtkraft angreift. Der Punkt in einem ausgedehnten Körper, den man sich als Angriffspunkt der Gewichtskraft denken kann, wird sein Schwerpunkt oder Massenmittelpunkt genannt. Sie merken, wo der Schwerpunkt ist, wenn Sie ein Tablett tragen. Man hält automatisch die Hand unter den Schwerpunkt des Tabletts, weil es hier nicht kippt. Wenn man es dagegen an der Seite anfasst, muss man nicht nur das Gewicht tragen, sondern auch noch die Drehbewegung verhindern, und das geht schwerer. Demo mit Teleskopzeiger 3.2.3 Das allgemeine Gravitationsgesetz Die Gewichtskraft ist ein Sonderfall der allgemeinen Massenanziehung. Newton entdeckte, dass sich irgend zwei materielle Körper anziehen und konnte auch eine Formel für die Anziehungskraft angeben. Sie ist nicht mehr auf die Nähe der Erdoberfläche beschränkt, sondern gilt für beliebige Distanzen. Ihre Gültigkeit ist auch nicht auf die Erde als Anziehungskörper eingeschränkt, sondern sie gilt ganz allgemein für die Anziehung zweier Massen m1 und m2. Damit konnte z. B. die Bewegung des Mondes um die Erde oder die Bewegung der Planeten um die Sonne erstmals zufriedenstellend erklärt werden. Newtons Formel lautet: Formel 19: F = G∗ m1∗m2 r2 Newtonsches Gravitationsgesetz Darin ist G die allgemeine Gravitationskonstante mit dem Wert G = 6,6726∗10-11 m3/(kg s2), m1 und m2 sind die Massen der beiden Körper und r ist ihr Abstand (genauer der Abstand ihrer Schwerpunkte). Wie hängt F vom Abstand r der beiden Massen ab? Wir erhalten beim 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 41 Physik BG11 doppelten Abstand (2r) m1∗m2 /4 der Kraft, denn sei F1 = G∗ , hingegen r2 m1∗m2 m1∗m2 m1∗m2 F2 = G∗ = G∗ = 1/4 G∗ = 1/4F1 2 2 (2r) 4r r2 1 1 dreifachen Abstand (3r) /9 der Kraft (die Schüler leiten das Ergebnis selbstständig her) zehnfachen Abstand (10r) 1 /100 der Kraft halben Abstand das 4fache der Kraft (1/2r) viertel Abstand das 16fache der Kraft usw. Übungsaufgabe: Wie stark ziehen sich demnach 2 Menschen an (je 75 kg), die sich im Abstand von 1/2m gegenüberstehen? (75kg)² = 1,501∗10-6 N, (0,5m)² das entspricht einer Masse von 1,53∗10-4 g oder 0,153 mg. Dies ist so winzig klein, dass wir es physikalisch nicht bemerken (auch wenn wir uns vielleicht emotional stark angezogen fühlen). Lösung: F = 6,6726∗10-11 m3/(kg s2)∗ Besonders wichtig ist für uns die Anziehungskraft der Erde. Es ist dann m1 = mE = 5,9736∗1024 kg und r = RE = 6378,15 km (Zahlen aus Anhang im Buch). Die zweite Masse m2 ist dann die Masse des Körpers, dessen Anziehungskraft wir berechnen wollen. Beispiel: Mit welcher Kraft wird ein Satellit mit Masse mS = 3 t in 1000 km Höhe angezogen? Lösung: r = h + RE = 1000∗103 m + 6378,15∗103 m = 7,37815∗106 m FG = 6,6726∗10-11 m3/(kg s2)∗ 5,9736∗1024 kg∗3000 kg = 21966 N (7,37815∗106 m)² Obere Grenze: mg = 29430 N (Anziehungskraft auf der Erde). Das ‚g’ ist in der Höhe kleiner, nämlich g = FG/mS = 7,322 m/s² Das Beispiel zeigt noch einmal, das der Wert g=9,81 m/s² nur in der Nähe der Erdoberfläche gilt. Alle Massen ziehen einander an. Die Anziehungskraft zweier Massen m1 und m2 im Abstand r voneinander lässt sich nach dem Newtonschen Gravitatim1∗m2 onsgesetz F = G∗ berechnen. Dabei ist G die Gravitationskonstante r2 mit dem Wert G = 6,6726∗10-11 m3/(kg s2). 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 42 Physik BG11 Hausaufgabe 28 a) Mit welcher Kraft zieht die Erde den Mond an? Mondmasse: mM = 7,35∗1022 kg, Abstand Erde-Mond: 384 400 km. b) Ein Satellit in 22000 km Höhe wird von der Erde mit einer Kraft von 1732 N angezogen. Wie schwer ist der Satellit? c) Lesen im Buch S. 20 „Erdbeschleunigung...“ mit schriftl. Zusammenfassung! Lösung: a) b) 3.2.4 Kraftmessung mit Federn Kräfte lassen sich gut mit Schraubenfedern sichtbar machen und bei entsprechender Kalibrierung auch messen. Die Grundlage dieser Kraftmessung liefert uns das Hooke’sche Gesetz, nach dem die Auslenkung einer Feder direkt proportional der wirkenden Kraft ist. Die Feder darf dabei allerdings nicht überdehnt werden. Solange dies nicht geschieht, sprechen wir von einer elastischen Verformung der Feder. Sie geht dann bei Fortfall der Kraft wieder in ihre Ausgangslage zurück. (Bei Überdehnung sprechen wir von einer inelastischen Verformung. Die Feder bleibt dann nach Wegfall der Kraft dauerhaft „verbogen“.) Der Zusammenhang zwischen der Auslenkung (Dehnung oder Stauchung) s und der wirkenden Kraft kann durch eine einfache Gleichung beschrieben werden: Formel 20: F = D∗s Hooke’sches Gesetz Dabei ist D eine Proportionalitätskonstante, die für die jeweilige Feder charakteristisch ist. Sie wird deshalb Federkonstante genannt und hat die Maßeinheit kg/s2 = N/m. Bsp.: Durch eine Kraft von 12,6 N wird eine Feder um 32 mm ausgelenkt. Wie gross ist ihre Federkonstante? Welche Kraft ist nötig, um sie um 20 mm auszulenken? Lösung: Durch Auflösen nach D erhalten wir: D = F/s = 12,6 N / 32∗10-3 m = 393,75 N/m Die Kraft für 20 mm Auslenkung erhalten wir aus Formel 20 zu F = 393,75 N/m∗20∗10-3 m = 7,875 N Tipp: Gewöhnen Sie sich an, die Vorsätze von Einheiten durch ihre Zehnerpotenz zu ersetzen. Das vermeidet Umrechnungsfehler! 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 43 Physik BG11 Hooke’sches Gesetz: Die beim Spannen einer Feder auftretende Kraft F ist der Auslenkung s proportional: F = D∗s. Die Konstante D heißt Federkonstante und ist von der verwendeten Feder abhängig. Ihre Maßeinheit ist N/m. Hausaufgabe 29 a) An eine Feder wird eine Masse von 100 g gehängt, wodurch sich die Feder um 13 mm dehnt. Berechnen Sie die Federkonstante. b) An diese Feder wird nun ein unbekanntes Massestück gehängt, das eine Dehnung um 20 mm hervorruft. Welche Masse hat das Stück? Lösung: a) b) 3.3 Das dritte Newtonsche Axiom Buch S. 7/8: Wenn wir eine Masse von 1 kg tragen, zieht die Masse an unserem Arm. Diese durch das Gewicht (und die Erdanziehung) hervorgerufene Kraft nennt man Gewichtskraft (s. Abschnitt 3.2.1). Umgekehrt ziehen wir an der Masse, um die Gewichtskraft, die an der Masse angreift, auszugleichen. Die Masse zieht an unserem Arm nach unten, wir dagegen üben auf die Masse eine nach oben gerichtete Gegenkraft aus. Beide Kräfte sind hier gleich stark, greifen an verschiedenen Körpern an und haben entgegengesetzte Richtung. Dadurch heben sie sich im Endeffekt auf, die Masse bleibt in Ruhe. Anderes Beispiel: Zwei Personen stehen auf Rollwagen (Buch S. 7, Bild 7 und S. 8, Bild 5) und ziehen an einem Seil. Beide Wagen setzen sich in entgegengesetzter Richtung in Bewegung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob nur einer zieht oder beide. Ebensogut könnte eine Person durch eine Masse ersetzt werden. Es kommt auch nicht darauf an, ob beide Personen gleich schwer oder gleich stark sind. Man sieht dies an dem Beispiel Erde-Mond (s. Buch auf S. 8, Bild 7). Man sieht daraus, dass Kräfte immer in Paaren auftreten, die gleich groß, aber entgegensetzt gerichtet sind und an verschiedenen Körpern angreifen. Die entgegengesetzte Richtung bringen wir durch ein Minuszeichen zum Ausdruck. Anm.: In der Physik unterscheidet man zwischen gerichteten Größen (wie Geschwindigkeit oder Beschleunigung) und ungerichteten Größen (wie Masse). Kräfte gehören zu den gerichteten Größen. Sie werden durch Vektoren (Pfeile) dargestellt und dann als F geschrieben, s. Buch S. 7 unten. Wir werden uns jedoch in der Regel auf eine Richtung beschränken und 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 44 Physik BG11 die Orientierung entlang dieser Richtung wie bisher durch das Vorzeichen zum Ausdruck bringen. Dann können wir mit dem Betrag der Kraft arbeiten, wie es bisher schon bei Geschwindigkeit und Beschleunigung geschah. Damit können wir nun das dritte Newtonsche Axiom formulieren: Wirkt ein Körper A auf einen Körper B mit einer Kraft F1, so wirkt der Körper B auf den Körper A mit einer Kraft F2, die den gleichen Betrag, aber die entgegengesetzte Richtung wie F1 hat: F2 = -F1. Das dritte Newtonsche Axiom wird auch als das Prinzip von Kraft und Gegenkraft oder von actio und reactio oder als das Wechselwirkungsprinzip bezeichnet. Wenn also wir von der Erde angezogen werden, gilt auch umgekehrt, dass wir die Erde anziehen. Wegen der großen Erdmasse tritt dabei für die Erde aber keine spürbare Beschleunigung auf. Anders verhält es sich bei der Anziehung zwischen der Erde und dem Mond. Die Anziehungskraft, die der Mond auf die Erde ausübt, führt zu einer Torkelbewegung der Erde um den gemeinsamen Schwerpunkt von Erde und Mond. Hausaufgabe 30 a) Lesen im Buch S. 7 unten „Grundlagen…“ mit schriftl. Zusammenfassung! b) Buch S. 9 A9 Für Trägheitskräfte gilt das 3. Newtonsche Axiom allerdings nicht! Deshalb werden die Trägheitskräfte manchmal auch als „Scheinkräfte“ bezeichnet, was aber irreführend ist, denn sie treten sehr wohl real auf. Vielleicht erinnern Sie sich noch an das Zugunglück in Brühl: Ein Zug fuhr in den Bahnhof Brühl mit zu hoher Geschwindigkeit ein und wurde dadurch in einem Kurvenstück aus der Schiene geschleudert. Die Trägheit (Masse) des Zuges führte dazu, dass er seine ursprüngliche Bewegungsrichtung beibehalten „wollte“. Die Fliehkraft (Zentrifugalkraft) hat ihn dann aus der gekrümmten Schiene geworfen (s. a. Bild 3 auf S. 6 im Buch). Der angerichtete Schaden war verheerend! Für Trägheitskräfte gilt das 3. Newtonsche Axiom nicht! Sie treten nur für Beobachter auf, die an einer beschleunigten Bewegung teilnehmen. Hausaufgabe 31 Eine Kugel liegt auf der spiegelglatten Ladefläche eines anfahrenden Lkw’s. Ein Beobachter auf dem Lkw bemerkt, dass die Kugel nach hinten rollt, offenbar wirkt eine Kraft auf sie. Wo tritt hier vom Standpunkt des 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 45 Physik BG11 mitfahrenden Beobachters aus betrachtet eine Gegenkraft auf? Wie würde man den gleichen Vorgang vom Straßenrand aus beschreiben? Wodurch unterscheiden sich physikalisch die beiden Standpunkte? 3.4 Wirkung mehrerer Kräfte 3.4.1 Addition von Kräften Auf einen Körper können mehrere Kräfte gleichzeitig wirken. Beispiele in Bild 6 auf S. 7 oder Bild 1 auf S. 8 im Buch. In den gezeigten Fällen wirken zwei gleichgroße Kräfte in entgegengesetzter Richtung. Dadurch heben sie sich in ihrer Wirkung auf. Man spricht dann von einem Kräftegleichgewicht. Rechnerisch gehen die Kräfte mit umgekehrten Vorzeichen ein und addieren sich dadurch zu Null. Auf den Körper wirkt dann keine (resultierende) Kraft. Wechselwirkungskräfte greifen immer an verschiedenen Körpern an. Ein Kräftegleichgewicht entsteht z. B., wenn am gleichen Körper 2 gleich starke Kräfte in entgegengesetzter Richtung wirken. Hausaufgabe 32 Buch S. 8 lesen („Grundlagen“) mit schriftl. Zusammenfassung sowie A1 und A2 auf S. 9 Der allgemeinere Fall ist im Buch auf S. 24/25 dargestellt. Am Beispiel der beiden Schlepper (Bild 5) wird gezeigt, wie man die letztendlich wirkende Kraft, die sog. Resultierende findet: Die beiden Kräfte werden zu einem Parallelogramm ergänzt (sog. Kräfteparallelogramm) und in der Diagonalen kann man die Resultierende ablesen. Die resultierende Kraft ist hier kleiner als die Summe der beiden Beträge der Kräfte, man muss die unterschiedliche Richtung mitberücksichtigen. Die rechnerische Lösung ist komplizierter. Zahlenbeispiel: Zwei Kräfte F1 = 10 kN und F2 = 7 kN schließen einen Winkel von α=100° miteinander ein. Bestimmen Sie zeichnerisch die Resultierende F und ihren Winkel zu F1! Maßstab: 1 kN 1 cm. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 46 Physik BG11 Zwei Kräfte F1 und F2 werden addiert, indem man an den ersten Kraftvektor (F1) den zweiten Kraftvektor (F2) anlegt. Dazu wird F2 so parallel verschoben, dass sein Anfangspunkt auf den Endpunkt von F1 fällt. Der Summenvektor Fges ist dann der Vektor vom Anfangspunkt des ersten zum Endpunkt des zweiten Vektors. Übungsblatt Kräfteaddition ÜA 2. Wenn mehr als 2 Kräfte auf einen Körper wirken, herrscht ein Kräftegleichgewicht, wenn sich alle Kräfte vektoriell zu Null addieren. Es wirkt dann keine resultierende Kraft und damit tritt auch keine Beschleunigung auf. Der Körper verbleibt in Ruhe. Ein Beispiel dafür sehen wir in der folgenden Übungsaufgabe. Übungsaufgabe: Buch S. 26 A5: Fadenzugkraft FF und die unbekannte Kraft Fx des Wägestücks müssen zusammen eine senkrecht nach oben gerichtete Kraft ergeben, die die Gewichtskraft FG auf die Kugel wieder ausgleicht. Die Gewichtskraft lässt sich berechnen: FG = 0,1 kg ∗ 9,81 m/s² = 0,981 N Senkrecht nach oben gespiegelt ergibt sich ein rechtwinkliges Dreieck. Daraus lässt sich ablesen: Fx/FG = tan 20° ⇒ Fx = FG∗tan 20° = 0,981∗0,364 = 0,3571 N m = Fx/g = 0,0364 kg = 36,4 g Ein Kräftegleichgewicht liegt vor, wenn sich alle an einem Körper angreifenden Kräfte vektoriell zu Null addieren. 3.4.2 Kräftezerlegung Mitunter ist es nützlich, eine wirkende Kraft in zwei gedachte Kräfte zu zerlegen, deren Resultierende die tatsächliche Kraft ist. Beispiel in Bild 7 auf S. 25. Man spricht dann von einer Zerlegung der Kraft in zwei Komponenten. Diese Zerlegung (in zwei beliebige Richtungen) lässt sich gedanklich immer durchführen, auch dann, wenn tatsächlich keine Kraftkomponenten vorhanden sind. Bezogen auf Bild 5 könnte man die Gesamtkraft auf das Schiff auch dann zerlegen, wenn tatsächlich keine zwei Schlepper an dem Schiff ziehen. Buch S. 25 „Physik und Alltagswelt“ 1. Absatz vorlesen lassen, anschließend Übungsaufgabe: Buch S. 26 A1. Wir zerlegen gedanklich die Gewichtskraft FG des Piloten in eine Kraft FS, die ihn auf den Sitz drückt, und eine zweite Kraft FB, die ihn nach vorne zieht und damit die auftretende Trägheitskraft simuliert. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 47 Physik BG11 Zahlenbeispiel: Masse des Piloten: m = 75 kg, FG = mg = 735,75 N, diese Kraft zeichnen wir 6 cm lang (0,008155 cm/N). Der Neigewinkel der Kabine sei 15°. Die Kraft FS ergibt sich aus FS = FG·cos(15°) = 710,68 N ( 5,8 cm) Die Kraft FB ergibt sich dann aus FB = FG·sin(15°) = 190,4 N ( 1,55 cm) Dadurch wird eine Bremsverzögerung von a = FB/m = 2,539 m/s² bzw. 0,2588g simuliert. Die Bremsverzögerung in g ist gerade sin(15°). Übungsaufgabe: Ein Auto mit der Masse 1,4 t steht an einem Hang, der 30° geneigt ist. Mit welcher Kraft drückt das Auto auf die Straße? Mit welcher Kraft wird es den Hang hinuntergezogen? Lösung: Gesamte Gewichtskraft des Autos: FG = mg = 1400 kg·9,81 m/s² = 13 734 N = 13,734 kN (STO) Wir zerlegen sie in eine Kraft Fs, die senkrecht auf die Straße wirkt, und eine zweite Kraft Fp (Hangabtriebskraft) parallel zur Straßenoberfläche. Zeichnerische Lösung (1 kN 0,5 cm) Rechnerische Lösung: Fs = FG·cos(30°) = 11,894 kN Fp = FG·sin(30°) = 6,867 kN Beide Teilkräfte addieren sich vektoriell zur Gesamtkraft, denn (11,894kN)² + (6,867kN)² = 13,734 kN Übungsaufgabe: Buch S. 26 A4. Wir lösen die Aufgabe zunächst zeichnerisch. FG bringen wir auf 6 cm Länge. Lösung: Rechnerisch ist dann die Fadenkraft 5,2 cm lang (FG·cos(30°)), die Beschleunigungskraft 3 cm (FG·sin(30°)). Zahlenbeispiel: Es sei FG=30 N. Die Fadenkraft ist dann 25,98 N ≈ 26 N, die Beschleunigungskraft ist 15 N. Anschließend rechnerische Lösung. Weiterführende Aufgaben auf Übungsblatt „Kräfteaddition“. ÜA 1.1 und 2.1 als HA. Hausaufgabe 33 Buch S. 25 lesen „Grundlagen“ mit schriftl. Zusammenfassung sowie auf S. 26 A6 (zeichnerisch). Lösung A6 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 48 Physik BG11 4 Die Kreisbewegung Buch S. 63 ff: Bisher waren wir immer von einer geradlinigen Bewegung ausgegangen. Wir werden nun einen weiteren wichtigen Fall einer Bewegung untersuchen, die Bewegung auf einer Kreisbahn. Diese Bewegung kommt im Alltagsleben häufig vor, z. B. ein drehendes Rad. Manche tatsächlichen Bewegungen lassen sich zumindest näherungsweise durch eine kreisförmige Bewegung beschreiben, z. B. die Fahrt eines Autos in einer Kurve. 4.1 Die Bahngeschwindigkeit Buch S. 65: Wir betrachten nun den Fall, dass sich ein Massenpunkt auf einem Kreis mit dem Radius r bewegt. Das Wegelement ∆s ist in diesem Fall ein Stück des Kreisbogens. Wenn ∆t die Zeitspanne ist, die der Körper zum Durchlaufen des Bogenstücks benötigt, ist seine Geschwindigkeit auf der Kreisbahn wieder definiert durch vB = ∆s/∆t Diese Geschwindigkeit wird auch als Bahngeschwindigkeit bezeichnet. Wir werden uns im weiteren auf den Spezialfall beschränken, dass die Bahngeschwindigkeit konstant ist. Man spricht dann von einer gleichmäßigen Kreisbewegung. Unter einer gleichmäßigen Kreisbewegung versteht man eine Bewegung auf einem Kreis, bei der in gleichen Zeitintervallen ∆t stets gleich lange Wege ∆s auf dem Kreis zurückgelegt werden. Die Bahngeschwindigkeit vB eines Punktes auf dem Kreis ist durch vB = ∆s/∆t gegeben und konstant. Wegen der Konstanz der Bahngeschwindigkeit besteht keine Notwendigkeit, ein sehr kleines Zeitintervall zu wählen. Wir können also insbesondere die Zeit wählen, die der Körper für einen vollen Umlauf benötigt. Diese Zeit wird Umlaufzeit oder Periode der Kreisbewegung genannt und üblicherweise mit T abgekürzt. Der zurückgelegte Weg ist dann der Umfang des Kreises 2∗π∗r. Wir erhalten so Formel 21: vB = 2π∗r/T Beispiel: Die Erde umrundet die Sonne in 149,6∗106 km Abstand (= 1 Astronomische Einheit AE). Für einen Umlauf benötigt sie 1 Jahr. Welche Geschwindigkeit in m/s und km/h hat die Erde? Lösung: Wir rechnen der Genauigkeit wegen das Jahr zu 365,25 Tagen, das sind 365,25∗24∗3600 s = 31 557 600 s. Mit r = 149,6∗109 m ergibt sich: vB = 2π∗149,6∗109 m/31 557 600 s = 29,786∗103 m/s = 107 228 km/h. Die Erde fliegt also mit rund 30 km/s durch den Weltraum. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 49 Physik BG11 Hausaufgabe 34 a) Ein Propeller mit einem Durchmesser von 2 m benötigt für einen Viertelkreis 6 ms. Welche Geschwindigkeit hat die Spitze des Propellers? b) Ein Flugzeug fliegt mit 540 km/h eine kreisförmige Warteschleife. Nach 10 Minuten und 28,3 s kommt es wieder am gleichen Punkt an. Welchen Durchmesser hatte die Warteschleife? Lösung: 4.2 Die Frequenz Buch S. 65: Bei schnellen Kreisbewegungen ist es vorteilhafter, statt dessen mit der Frequenz (Drehzahl) zu arbeiten. Damit bezeichnet man die Anzahl n der Umläufe pro Zeiteinheit (Sekunde): Formel 22: f = n/t mit n=Anzahl der Umläufe in der Zeit t Da die Anzahl n eine reine Zahl ist, ergibt sich für die Frequenz die Maßeinheit 1/s. Obwohl eigentlich überflüssig, ist es doch üblich, dafür in diesem Zusammenhang (d. h. bei periodischen Vorgängen) die Einheit Hertz (Hz) zu benutzen. Es gilt also: 1 Hz = 1/s Unter der Frequenz f einer gleichmäßigen Kreisbewegung versteht man den Quotienten aus der Anzahl n der in der Zeit t erfolgten Umläufe und der Zeit t: f = n/t. Als Maßeinheit der Frequenz wird das Hertz (Hz) verwendet, wobei 1 Hz = 1/s ist. Die Maßeinheit wird zu Ehren des Hamburger Physiker Heinrich Hertz (22.2.1857 – 1.1.1894) so genannt. Ihm gelang es als erstem, elektromagnetische Wellen zu erzeugen (Sender) und diese in einem entfernten Schwingkreis (Empfänger) wieder nachzuweisen. Seine Arbeiten bilden also die Basis für Rundfunk, Fernsehen, Amateur- und Mobilfunk, die ja aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind. Nach ihm wurde ebenfalls der Hamburger Fernsehturm benannt. Dagegen ist es bei rotierenden technischen Geräten (z. B. Bohrmaschine) üblich, die Drehzahl (=Frequenz) in Umdrehungen pro Minute (abgekürzt U/min oder Upm, englisch: revolutions per minute = rpm) anzugeben. Umrechnung: 1 U/min = 1 U/(60 s) = 1/60 U/s = 1/60 Hz Anmerkung: Das „U“ ist nur eine Pseudoeinheit, die lediglich zur Verdeutlichung hinzugefügt wird. Physikalisch betrachtet ist U/min gleich der Einheit 1/min, das „U“ steht für eine einheitenlose Anzahl von Umdrehungen. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 50 Physik BG11 Beispiel: Bei einer Bohrmaschine ist die Drehzahl angegeben zu 1800 U/min. Rechnen Sie um in Hertz! Lösung: 1800 U/min = 1800∗1/60 Hz = 30 Hz, d. h. der Bohrer dreht sich 30mal in der Sekunde. Wählen wir insbesondere nur einen Umlauf, so ist n=1 und t=T. Wir erhalten so den elementaren Zusammenhang zwischen Frequenz und Periode: Formel 23: f = 1/T Mit Hilfe der Frequenz läßt sich für die Bahngeschwindigkeit dann auch schreiben: Formel 24: vB = 2π∗r∗f Beispiel: Ein Plattenteller eines Plattenspielers dreht sich mit 33 Upm, das sind 33/60 1/s = 0,55 Hz. Bei einer 30 cm Langspielplatte hat die Nadel am äußersten Rand (r=15 cm) eine Geschwindigkeit (sog. Schnelle) von vB,a = 2π∗0,15 m∗0,55 1/s = 0,518 m/s. In der Auslaufrille sei r=6 cm, die Geschwindigkeit der Nadel ist dort nur noch vB,i = 2π∗0,06 m∗0,55 1/s = 0,207 m/s. Hausaufgabe 35 a) Wie groß sind Frequenz und Periode des Flugzeugpropellers aus der vorigen Hausaufgabe? b) Die Drehzahl einer Bohrmaschine ist angegeben zu 1500 Upm. Berechnen Sie die Frequenz (in Hz) und die Periode (in ms)! Angenommen, der Bohrer rückt bei jeder Umdrehung 0,01 mm vor, wie groß ist dann die Vortriebsgeschwindigkeit? Wie lange dauert es, eine 6 mm dicke Platte zu durchbohren? Lösung: a) b) 4.3 Die Winkelgeschwindigkeit Das Beispiel mit der Schallplatte zeigt: Wir erhalten verschiedene Werte der Geschwindigkeit, je nachdem, ob wir weiter innen oder außen messen. Da die Bahngeschwindigkeit vom Abstand r von der Drehachse abhängig ist, ist sie ungeeignet, die Geschwindigkeit der Drehung eines starren Körpers als Ganzes, z. B. einer Schallplatte oder eines Propellers, zu beschreiben. Die Platte dreht sich ja mit einer einheitlichen Umdrehungsgeschwindigkeit. Eine Möglichkeit wäre, mit der Frequenz zu arbeiten. Aus Gründen, die hier nicht ausgeführt werden können, macht man davon in der Physik aber keinen Gebrauch. Man benutzt stattdessen den von einem Kreisradius („Fahrstrahl“) überstrichenen Winkel ∆ zur Beschreibung der Umdrehungsgeschwindigkeit. Setzt man diesen ins Verhältnis zur dafür benötigten Zeit ∆t, erhält man die Winkelgeschwindigkeit ω: 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 51 Physik BG11 Formel 25: ω = ∆ /∆t Analogie zur linearen Bewegung! Winkel werden in der Physik üblicherweise im Bogenmaß gemessen. Das Bogenmaß eines Winkels ist definiert als die Länge des Kreisbogens s über dem Winkel dividiert durch den Kreisradius r (vgl. Buch S. 66): Formel 26: = s/r r s Da s und r beides Längen sind, ist der Winkel im Bogenmaß eigentlich eine reine Zahl ohne Einheit. Um aber klarzustellen, dass diese Zahl einen Winkel angibt, erhält das Bogenmaß eine „künstliche“ Maßeinheit Radiant, abgekürzt rad. Der Vollkreis hat also ein Bogenmaß von 2π rad, entsprechend 360 Grad. 360° = ˆ 2π rad Daraus leiten wir die Umrechnungen ab: ˆ π/180 rad, 1 rad = ˆ 180˚/π 1° = Beispiele: 60° π/3 rad = 1,047 rad 90° π/2 rad = 1,571 rad 0,1 rad 5,730° 2 rad 114,6° Die Maßeinheit der Winkelgeschwindigkeit ergibt sich dann aus der Definitionsgleichung Formel 25 zu Radiant pro Sekunde, abgekürzt rad/s. Man könnte im Grunde genommen die Winkelgeschwindigkeit auch in Hertz angeben, dies ist jedoch nicht üblich. Anmerkung: Die Einheit rad wird nur bei der Winkelgeschwindigkeit benutzt. Wird daraus dann eine Bahngeschwindigkeit oder Frequenz berechnet (s. u.), entfällt das rad wieder. Es ist ebenso wie das „U“ eine Pseudomaßeinheit, die sich den normalen Regeln für das Rechnen mit Maßeinheiten entzieht. Beispiel: Wir berechnen nun die Winkelgeschwindigkeit des Plattentellers. Die Drehzahl ist zu 33 Upm angegeben. 33 Umdrehungen bedeuten einen überstrichenen Winkel von 33 Vollkreisen, also ∆ = 33∗2π rad = 207,35 rad. Die dafür benötigte Zeit ∆t ist 1 Minute = 60 Sekunden. Es ergibt sich daher ω = 207,35 rad / 60 s = 3,456 rad/s. Umrechnung in Grad/s: 3,456×180/π = 198°/s Hausaufgabe 36 a) Rechnen Sie um (Grad ↔ Radiant): 10°; 45°; 0,5236 rad; 1 rad! b) Wie groß ist die Frequenz (in Hz) und die Winkelgeschwindigkeit (in rad/s) des Sekundenzeigers einer Uhr? Wie schnell bewegt sich die Spitze eines 12 mm langen Zeigers (in mm/s)? 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 52 Physik BG11 Lösung: a) b) Wir fassen zusammen: Unter der Winkelgeschwindigkeit ω einer Kreisbewegung versteht man den Quotienten aus dem vom Kreisradius überstrichenen Winkel ∆ und dem dafür benötigten Zeitintervall ∆t: ω = ∆ /∆t. Die Maßeinheit für die Winkelgeschwindigkeit ist Radiant pro Sekunde (rad/s). Entsprechend unserer Einschränkung ist bei einer gleichmäßigen Kreisbewegung auch die Winkelgeschwindigkeit konstant. Wählen wir speziell einen Umlauf, so können wir auch schreiben: ω = 2π/T oder mit f=1/T: Formel 27: ω = 2π∗f Wegen der Analogie zur Gleichung für den Umfang eines Kreises wird ω auch manchmal Kreisfrequenz genannt. Merke: Bei der Frequenz f zählt jede Umdrehung 1 mal, bei der Winkelgeschwindigkeit ω dagegen 2π mal! Weiter oben hatten wir für die Bahngeschwindigkeit vB die Formel vB = 2π∗r∗f gefunden. Wir können nun den Ausdruck 2π∗f durch ω ersetzen. Daraus ergibt sich der Zusammenhang zwischen der Bahn- und der Winkelgeschwindigkeit: Formel 28: vB = r∗ω Daraus sehen wir: Ein rotierender starrer Körper besitzt eine einheitliche Winkelgeschwindigkeit ω (und ebenso eine einheitliche Frequenz f). Die Bahngeschwindigkeit von Punkten auf dem Körper ist dagegen nicht einheitlich, sondern proportional zu ihrem Abstand von der Drehachse. Beispiel: Die Erde (Radius: RE = 6378,15 km) dreht sich in 24 h einmal um ihre eigene Achse. Wie groß sind Winkelgeschwindigkeit und Bahngeschwindigkeit für einen Beobachter, der auf dem Äquator bzw. auf dem 54. Breitenkreis steht? Lösung: Die Winkelgeschwindigkeit ist für einen Umlauf ω = 2 π / T. Mit T=86400 s ergibt sich: ω = 2 π / 86400 s = 7,272∗10-5 rad/s. Die Bahngeschwindigkeit am Äquator ergibt sich nach vB = r∗ω zu vB = 0,4639 km/s = 463,9 m/s = 1670 km/h. Auf dem 54. Breitenkreis herrscht die gleiche Winkelgeschwindigkeit, jedoch ist der Abstand von der Drehachse nur noch r∗cos(54˚) = 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 53 Physik BG11 3749 km. Somit ergibt sich für vB: vB = 3749 km∗7,272∗10-5 rad/s = 0,2726 km/s = 272,6 m/s = 981,5 km/h. Zusatzfrage: Welche Zeit benötigt die Erde für eine Drehung um 1°? Um welchen Winkel (in rad und Grad) dreht sich die Erde in 1 h? Lösung: ω = π/43200s = ∆ϕ/∆t ⇒ ∆t = ∆ϕ/ω ∆ϕ = 1°·π/180 ≈ 0,01745 rad ∆t = π/180 : π/43200s = 43200s/180 = 240 s = 4 min Winkel: ∆ϕ = ω·∆t = π/43200s·3600s = 1/12π ≈ 0,2618 rad = 180/12 = 15°. Beispiel: Die Winkelgeschwindigkeit des Plattentellers (33 Upm) hatten wir bereits berechnet zu 1,1π = 3,456 rad/s. Die Langspielplatte hatte innen einen Radius von ca. 6 cm, außen von ca. 14,5 cm. Wie groß ist jeweils die Bahngeschwindigkeit der Nadel (sog. Schnelle)? Lösung: Mit der Formel vB = r∗ω erhalten wir: innen: vB = 0,06 m∗3,456 rad/s = 0,2073 m/s außen: vB = 0,145 m∗3,456 rad/s = 0,5011 m/s Zusatzfrage: Wie lange dauert eine Umdrehung innen bzw. außen? Lösung: Innen ist der Umfang 2∗π∗0,06 m = 0,3770 m, folglich T = U/vB = 2πr/(r·ω) = 2π/ω = 1/f = 60/33 s = 19/11 s ≈ 1,818 s. Außen ergibt sich der gleiche Wert. Zusatzfrage: Um welchen Winkel dreht sich der Plattenteller in 1/10s? ∆ϕ = ω·∆t = 1,1π·0,1 rad = 0,11π rad ≈ 0,3456 rad = 19,8°. Hausaufgabe 37 a) Der Mond umrundet die Erde auf einer Kreisbahn mit einem Radius von 384 400 km. Für einen Umlauf benötigt er 27 Tage, 7 Stunden, 43 Minuten und 12 Sekunden. Berechnen Sie seine Bahngeschwindigkeit (in km/h und m/s) und seine Winkelgeschwindigkeit (in rad/s). Um welchen Winkel bewegt er sich in 1 Stunde (in rad und in Grad)? b) Wie groß sind Winkel- und Bahngeschwindigkeit für einen Beobachter, der auf dem Nordpol steht? Lösung: a) b) 4.4 Die Rollbewegung Die Rollbewegung stellt eine zusammengesetzte Bewegung dar. Sie setzt sich nämlich aus einer Geradeausbewegung (man spricht hier auch von einer Translationsbewegung) und einer reinen Drehbewegung (Rotationsbe- 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 54 Physik BG11 wegung) zusammen. Für die Untersuchung dieser Bewegung ist es vorteilhaft, beide Bewegungen gedanklich zu trennen. Wird ein Rad auf einer Ebene gerollt, so bewegt es sich bei einer Umdrehung des Rades gerade um einen Umfang (des Rades) geradeaus weiter. Für beide Teilbewegungen wird die gleiche Zeit benötigt. Die geradlinige Geschwindigkeit vT des Rades ist also gerade so groß wie die Bahngeschwindigkeit vB eines Punktes auf der Lauffläche des Rades: Formel 29: vT = vB (Rollbedingung) Bei bekanntem Radradius kann aus der Winkelgeschwindigkeit (bzw. Drehzahl) des Rades also die Translationsgeschwindigkeit berechnet werden und umgekehrt. Beispiel: Die Räder eines Autos haben einen Durchmesser von 80 cm. Es fährt mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h. Wie groß sind Winkelgeschwindigkeit und Drehzahl der Räder? Mit welcher Drehzahl läuft der Motor bei einer Getriebeübersetzung von 1:0,22 (Motor:Rad)? Lösung: Die vorwärts gerichtete (Translations-) Geschwindigkeit vT ist vT = 90/3,6 m/s = 25 m/s. Wegen der Rollbedingung vT = vB ist dies auch die Bahngeschwindigkeit eines Punktes auf der Lauffläche. Die m Winkelgeschwindigkeit ist somit ω = vB / r = 25 s / 0,4 m = 62,5 rad/s 62,5 rad/s. Die Drehzahl ist dann f = ω / (2π) = = 9,947 1/s 6,283 rad = 596,83 Upm. Der Motor läuft dann mit einer Drehzahl von fM = f / 0,22 = 2713 Upm. Etwas ähnliches passiert, wenn zwei Zahnräder ineinander greifen. Auch hierbei müssen die Zähne mit gleicher Bahngeschwindigkeit laufen, sonst würden sie sich blockieren. Die Rollbedingung lautet hier vB1 = vB2. Bsp. Ein Zahnrad mit 6 cm Radius dreht sich mit einer Drehzahl von 900 Upm. Es treibt ein zweites Zahnrad mit 20 cm Durchmesser an Mit welcher Drehzahl dreht es sich (in Upm)? Lösung: Aus vB1 = vB2 folgt mit vB = 2πf·r: 2π·f1·r1 = 2π·f2·r2 | : 2π f1·r1 = f2·r2 Daran sieht man, dass sich Radius und Drehzahl umgekehrt proportional (antiproportional) zueinander verhalten. Nach f2 aufgelöst erhält man: f2 = r1 f1 r2 f2 = 6 cm ·900 Upm = 540 Upm 10 cm 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff | r2 = 10 cm BG11_2014_P.doc 55 Physik BG11 Beim Rollen eines Rades muss die Translationsgeschwindigkeit vT gleich der Bahngeschwindigkeit vB für einen Punkt auf der Lauffläche sein: vT = vB (Rollbedingung) Wenn zwei Zahnräder ineinander greifen, gilt entsprechend vB1 = vB2. Radius und Drehzahl der Zahnräder verhalten sich dann umgekehrt proportional zueinander. Hausaufgabe 38 a) Die Reifen eines Autos haben einen Radius von 28 cm. Das Auto fährt mit einer Geschwindigkeit von 100,8 km/h. Wie groß ist die Winkelgeschwindigkeit des Reifens? Wie oft dreht sich der Reifen in einer Sekunde? Wie lange dauern 10 Umdrehungen des Rades und wieviel Meter fährt das Auto dabei? b) Ein Zahnrad mit Radius r1 = 2,5 cm rotiert mit einer Drehzahl von f1 = 300 U/min. Mit Hilfe eines zweiten Zahnrads soll die Drehzahl auf f2 = 500 U/min heraufgesetzt werden. Wie gross muss das 2. Zahnrad sein (in cm)? Lösung: a) b) 4.5 Die Radial- oder Zentripetalbeschleunigung Obwohl die Bahngeschwindigkeit bei der gleichmäßigen Kreisbewegung konstant ist, liegt dennoch eine beschleunigte Bewegung vor. Der Grund dafür ist, dass sich die Richtung der Bahngeschwindigkeit ständig ändert. Auch eine Richtungsänderung der Geschwindigkeit fasst man in der Physik als Beschleunigung auf (jede Änderung des Geschwindigkeitsvektors, und dazu gehört eben auch die Richtung) (s. Buch S. 67, Bild 10). Folie Radialbeschleunigung Diese Beschleunigung muss nun ständig dafür sorgen, dass die Richtung der Geschwindigkeit stets ein bißchen zum Kreismittelpunkt hin „umgebogen“ wird. Sie wirkt also in Richtung auf die Drehachse (s. Abb 10 auf S. 67 im Buch.). Würde sie aufhören zu wirken, würde der Körper tangential wegfliegen. Man kann dies gut am Funkenflug bei einem Schleifstein beobachten (s. Abb. 1 und 2 auf S. 64 im Buch). Der Betrag dieser Radialbeschleunigung ist proportional sowohl zur Bahngeschwindigkeit als auch zur Winkelgeschwindigkeit: ar = vB ∗ ω Mit vB = r∗ω erhalten wir: 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 56 Physik BG11 Formel 30: ar = r ∗ ω2 Alternativ können wir die Radialbeschleunigung gemäß ω = vB/r auch aus der Bahngeschwindigkeit berechnen: Formel 31: ar = vB2/r Beispiel: Ein Hammerwerfer dreht sich in 1,4 s einmal um sich selbst und hält dabei die Kugel in 1,3 m Abstand von seiner Körperachse. Welche Radialbeschleunigung erfährt die Kugel dabei? Lösung: Die Winkelgeschwindigkeit der Kugel ergibt sich aus ω = 2π/T mit T = 1,4 s zu ω = 4,488 rad/s. Damit ergibt sich: ar = r ∗ ω2 = 1,3 m ∗ (4,488 rad/s)2 = 26,18 m/s2. Umrechnung in g: ar=2,669 g. Wir merken uns: Bei einer gleichmäßigen Kreisbewegung wirkt eine zum Kreismittelpunkt hin gerichtete Radialbeschleunigung (Zentripetalbeschleunigung). Sie sorgt dafür, dass die Bahngeschwindigkeit ständig ihre Richtung (nicht jedoch den Betrag) ändert und so stets tangential gerichtet ist. Der Betrag der Radialbeschleunigung ist durch ar = r∗ω2 = vB2/r gegeben. Ihre Maßeinheit ist m/s2. Hausaufgabe 39 a) Berechnen Sie mit den Daten der Hausaufgabe 37 (auf S. 54) die Radialbeschleunigung des Mondes! b) Eine Zentrifuge mit 30 cm Durchmesser rotiert mit 1620 U/min. Welche Radialbeschleunigung wird am äußersten Rand der Zentrifuge erzeugt (in m/s2 und in g)? Mit welcher Drehzahl (in Upm) müsste sie rotieren, um eine Radialbeschleunigung von 800 g zu erzeugen? Lösung: a) b) 4.6 Kräfte bei der Kreisbewegung Wir hatten bereits festgestellt, dass auf einen Körper, der sich mit konstanter Bahngeschwindigkeit auf einer Kreisbahn bewegt, eine zum Kreismittelpunkt wirkende Radialbeschleunigung ar wirkt (s. S. 56). Nach dem Grundgesetz der Mechanik muss demnach eine Kraft Fr auf den Körper mit der Masse m einwirken. Diese sog. Radialkraft oder Zentripetalkraft ist zum Kreismittelpunkt gerichtet und hat den Betrag Formel 32: Fr = m∗ar = m∗v2 / r = m∗r∗ω2 Wenn wir eine Kugel an einem Faden im Kreis schleudern, verspühren wir in unserer Hand eine Gegenkraft, die nach außen gerichtet ist. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 57 Physik BG11 Fotokopie mit Abbildungen zur Kreisbewegung austeilen Wenn die Radialkraft nicht mehr wirkt, weil wir den Faden loslassen, fliegt die Kugel gemäß dem Trägheitsprinzip tangential davon (Beispiel: Schleifstein, Hammerwerfer). Für einen mitrotierenden Beobachter (Abb. 4) stellt sich die Situation etwas anders dar. Für ihn befindet sich die Kugel ja in Ruhe, also kann per Saldo keine Kraft auf die Kugel wirken. Neben der Radialkraft muss es also noch eine nach außen gerichtete, gleich starke Kraft geben, die an der Kugel angreift und die Wirkung der Radialkraft gerade aufhebt. Diese Kraft nennt er Zentrifugalkraft. Die Zentrifugalkraft ist eine Trägheitskraft. Trägheitskräfte treten immer in beschleunigten Bezugssystemen auf (vgl. Hausaufgabe 31 mit dem anfahrenden Lkw). Für Trägheitskräfte, also insbes. die Zentrifugalkraft, gilt das dritte Newtonsche Axiom nicht. Die dabei auftretende Beschleunigung nennen wir dementsprechend Zentrifugalbeschleunigung. Auch sie ist nach außen gerichtet, betragsmäßig ist sie gleich der Radialbeschleunigung. Zentrifugalbeschleunigung: az = r∗ω2 Zentrifugalkraft: Fz = m∗az = m∗r∗ω2 beide wirken nach außen, d. h. von der Drehachse weg Wir begegnen der Zentrifugalkraft beispielsweise, wenn wir stehend in einem Bus fahren, der in eine Kurve einbiegt. Wir bemerken dann, dass wir nach außen geschleudert werden. Die Zentrifugalkraft tritt auch in einer Raumfähre auf, die sich antriebslos um die Erde bewegt. Als Radialkraft tritt hierbei die Erdanziehungskraft in Erscheinung. Beide Kräfte heben sich gegenseitig auf, so das die Insassen keine Schwerkraft mehr verspüren. Es herrscht dann ein Zustand der Schwerelosigkeit, dessen kuriose Auswirkungen manchmal im Fernsehen zu sehen sind. Die Zentrifugalkraft tritt nur für einen Beobachter auf, der selbst an der Drehbewegung teilnimmt. Sie ist nach außen gerichtet und hat den gleichen Betrag wie die Radialkraft (Zentripetalkraft). Der Darstellung im Buch S. 63 unten mag ich mich nicht anschließen. Viele Vorgänge lassen sich mit der Zentrifugalkraft einfacher und plausibler beschreiben als mit der Zentripetalkraft. Es ist auch nicht richtig, die 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 58 Physik BG11 Zentrifugalkraft als „Scheinkraft“ zu bezeichnen und damit zum Ausdruck zu bringen, dass es sie ja „in Wirklichkeit“ gar nicht gibt. Die Existenz der Zentrifugalkraft hat wohl jedes Kind schon einmal im Karussel erfahren. Auch das katastrophale Zugunglück im Bahnhof von Brühl zeigte eindrucksvoll die Existenz der Zentrifugalkraft. Dass der Wechselwirkungspartner bei der Zentrifugalkraft fehlt, spricht nicht gegen ihre Existenz, das ist nämlich bei allen Trägheitskräften so. Artikel „Tanz in den Tod“ und Bilderserie des Zugunglücks bei Santiago de Compostella Hausaufgabe 40 Ein Schaukelkarussel mit 8 m Durchmesser braucht für eine Umdrehung 6 s. Berechnen Sie die auftretende Zentrifugalbeschleunigung (in m/s² und in ‚g’). Welche Zentrifugalkraft wirkt auf einen 80 kg schweren Fahrgast? (Kettenlänge: l=2,5 m) Lösung: Rekursive Berechnung des Radius: Genau genommen ist diese Aufgabe nicht genau lösbar, weil der Radius r des Drehkreises, den der Fahrgast beschreibt, sicherlich größer als der Radius des Schaukelkarussels r’ = 4 m ist (d. h. wenn es still steht). Der Fahrgast wird ja nach außen geschleudert. Durch die Zentrifugalkraft vergrößert sich der Drehkreisradius um ∆r = r - r’. Diese Vergrößerung blieb aber bei der „einfachen“ Berechnung der Zentrifugalkraft unberücksichtigt. Aus der Zeichnung entnehmen wir: ∆r = l·sinα und damit r = r’ + ∆r = r’ + l·sinα Bei bekanntem Auslenkungswinkel α könnten wir uns daraus den richtigen Radius r berechnen. Den Auslenkungswinkel erhalten wir aus dem Kräfteparallelogramm (in diesem Fall ein Rechteck): sinα = FZ/F = FZ/ FG²+FZ² Um FZ zu berechnen (FZ = m r ω2) bräuchten wir aber schon den richtigen Radius. Den richtigen Radius können wir aber nur berechnen, wenn wir die Zentrifugalkraft schon kennen. Der Volksmund würde sagen: Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Das Problem lässt sich nur schrittweise lösen. Wir berechnen zunächst FZ mit r0=r’ (=4 m), ignorieren also zunächst die Auslenkung ∆r. Daraus berechnen wir einen ersten Näherungswert für den Auslenkungswinkel α 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 59 Physik BG11 bzw. sin α und damit dann einen ersten Näherungswert für die Auslenkung ∆r. Das gibt uns einen ersten Näherungswert r1 für r. Mit diesem (besserem) Radius wiederholen wir die Berechnung und erhalten dann einen zweiten Näherungswert r2. Die Hoffnung ist nun, dass wir durch mehrmalige Wiederholung des Verfahrens allmählich zu einem stabilen r-Wert kommen (mathematisch gesprochen sollten die r-Werte gegen einen Grenzwert streben). Das Verfahren wird dann abgebrochen, wenn eine hinreichende Genauigkeit erreicht ist. Beim Radius könnten wir uns beispielsweise mit einer Genauigkeit von 1 cm zufrieden geben. Durch Einsetzen von sinα in r erhalten wir: rneu = r’ + l·FZ/ FG²+FZ² Indem wir FZ vom Zähler in den Nenner bringen und unter die Wurzel ziehen, erhalten wir: 1 rneu = r’ + l· 1 F Z· = r’ + FG²+FZ² l 1 FZ2·(FG²+FZ²) = r’ + l 2 FG + 1 FZ Für den Quotienten FG/FZ lässt sich durch Einsetzen der entsprechenden Formeln schreiben: g/ω2 mg g FG/FZ = = = ralt m ralt ω² ralt∗ω2 Dafür können wir aber nur den „alten“ Wert für r heranziehen. Deswegen haben wir schon gleich ralt geschrieben. Da g/ω2 konstant ist, haben wir diesen Term in den Zähler gesetzt. Wenn wir dies auch noch in die Formel für rneu einsetzen, erhalten wir eine sog. Rekursionsformel für r: rneu = r’ + l 2 2 g/ω +1 ralt oder in die Sprache der Mathematik übersetzt: r0 = 4 m rn = r0 + l 2 2 g/ω , n=1, 2, 3… +1 rn-1 Die Berechnung ist mit einem zweizeiligen Taschenrechner sehr einfach, wenn wir den Antwortspeicher benutzen. Den Wert g/ω2 rechnen wir vorher aus und speichern ihn in A ab (8,946 m). Den ersten Wert für ralt, also r0 = 4 m, speichern wir in Ans ab: 4= Nun liefert uns die obige Formel nacheinander die Näherungswerte für r: 4 + 2.5/√(([Rcl A]/Ans)²+1) = 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 60 Physik BG11 n rn 0 4 1 5,0205 2 5,224 3 5,261 4 5,267 5 5,268 Damit ist schon eine Genauigkeit von 1 cm erreicht. Wir erhalten damit: aZ = r·ω² = 5,778 m/s² = 0,5889g; FZ = m∗aZ = 462,2 N; sinα = (rn-r0)/l = 0,5074 ⇒ α = 30,49° Damit hätten wir nun mit ein bißchen Mühe alle fraglichen Größen mit ausreichender Genauigkeit berechnet. Die Formel für r zeigt uns außerdem, dass der Radius und somit der Auslenkungswinkel von dem Gewicht des Fahrgastes unabhängig sind. Deswegen werden bei einem Schaukelkarussel alle Schaukeln gleich weit nach außen geschleudert, egal, ob ein Kind oder ein Erwachsener in der Schaukel sitzt. Die Zentripetalkraft ist keine „wirkende“ Kraft, sondern eine zu fordernde Kraft, um die Kreisbahn des Körpers aufrechtzuerhalten. Es muss eine Kraft in dieser Stärke wirken, die dann die Zentripetalkraft aufbringt. Das kann die Zugkraft eines Seils sein (s. Abbildungen zur Kreisbewegung, Abb. 1). Es kann auch die Erdanziehungskraft sein, wenn sich ein Satellit um die Erde bewegt. Beispiel: Ein Satellit fliegt auf einer kreisförmigen, polaren Umlaufbahn in 18 Stunden um die Erde. In welcher Höhe muss er fliegen? Wie schwer darf er maximal sein? Lösung: Die Zentripetalkraft wird durch die Erdanziehungskraft aufgebracht. Die Erdanziehungskraft darf nicht nach der einfachen Formel FG = m∗g berechnet werden, da zu erwarten ist, dass der Satellit in großer Höhe über der Erde fliegt. Wir müssen stattdessen das Allgemeine Gravitationsgesetz von Newton (Formel 19, s. S. 41) verwenden: m1∗m2 FG = G∗ r2 Gewichtskraft des Satelliten der Masse m1 (m2=mE) Im Satelliten selbst würden wir sagen: Die Erdanziehungskraft (nach innen gerichtet) gleicht die Zentrifugalkraft (nach außen gerichtet) gerade aus, es herrscht ein Kräftegleichgewicht. Von der Erde aus betrachtet sagen wir, dass die Erdanziehungskraft die Zentripetalkraft (nach innen gerichtet) aufbringt. In beiden Fällen müssen die Kräfte gleich stark sein: FZ = FG 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 61 Physik BG11 m1∗m2 m1∗r∗ω2 = G∗ r2 :m1 m2 r∗ω2 = G∗ 2 r 2 *r r3∗ω2 = G∗m2 :ω² r3 = G∗m2 / ω2 3 r= 3 _ G∗m2/ω2 Aus Formelsammlung: G = 6,6726∗10-11 m3/(kg s2). Die Erdmasse (aus Anhang) ist m2 = 5,9736∗1024 kg. Einheitennachweis: ω wird in rad/s angegeben, also physikalisch 1/s. ⇒ m³ ∗ kg Radikand: =m³ kg∗s² ∗ 1/s² Berechnung von ω: ω = 2 π / T = 2π /(18∗3600 s) = 9,696∗10-5 rad/s 3 Berechnung von r: r = 4,239∗1022 = 34,87∗106 m = 34870 km. Die Masse des Satelliten ist dabei irrelevant! Der Radius wird vom Erdmittelpunkt aus gemessen. Um die Höhe über der Erdoberfläche zu erhalten, muss der Erdradius abgezogen werden: Erdradius (aus Anhang): rE = 0,5∗12756,3∗103 m = 6,378∗106 m h = r – rE = 34,87∗106 m - 6,378∗106 m = 28,49∗106 m = 28490 km. Hausaufgabe 41 In welcher Höhe muss ein auf einer äquatorialen Bahn umlaufender geostationärer Satellit um die Erde fliegen? Er dreht sich dabei mit derselben Winkelgeschwindigkeit wie die Erde selbst, so dass er von der Erde aus betrachtet immer über dem gleichen Ort zu stehen scheint. Lösung: 5 Mechanische Arbeit und Energie 5.1 Physikalische Definition von Arbeit und Energie 5.1.1 Definition der Energie Buch S. 46: Wir wissen aus dem Alltag, dass uns die Energie Arbeit abnehmen kann (Beispiel: Förderband). Arbeit und Energie hängen in der Tat eng miteinander zusammen. Sie werden beide in der Einheit Joule gemessen. Ein angehobenes Gewicht kann z. B. Arbeit verrichten, indem es beim Fallen 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 62 Physik BG11 einen anderen Körper zertrümmert (Deformationsarbeit) oder über eine Wippe einen anderen Körper hochschleudert (Hubarbeit) oder über eine Umlenkrolle und einen Faden einen Körper beschleunigt (Beschleunigungsarbeit). Wir sagen dann, das Gewicht habe Energie. Ob das angehobene Gewicht tatsächlich eine dieser Arbeiten ausführt oder eine ganz andere oder gar keine, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr seine Fähigkeit, eine derartige Arbeit zu verrichten. Ist das Gewicht zu Boden gefallen, hat es diese Fähigkeit nicht mehr, seine Energie ist aufgebraucht. In der Physik verstehen wir unter Energie gerade diese Fähigkeit zur Verrichtung von Arbeit. Unter Energie versteht man die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten. Energie und Arbeit haben beide die Maßeinheit Joule (J). Hausaufgabe 42 Lesen Buch S. 46 Grundlagen mit schriftl. Zusammenfassung! Damit stehen wir schon vor der nächsten Frage: Was ist eigentlich Arbeit? 5.1.2 Der Begriff der Arbeit Der Begriff der Arbeit ist uns aus dem Alltagsleben bereits vertraut. Wir verbinden mit ihm Kraftaufwand, Schweißtropfen und Erschöpfung. In der Physik müssen die verwendeten Begriffe jedoch genau definiert und meßbar sein (letzteres ist z. B. bei geistiger Arbeit gar nicht gegeben). Wir fassen den Begriff Arbeit daher enger und legen zunächst fest: Arbeit im physikalischen Sinne wird immer dann verrichtet, wenn eine Kraft längs eines Weges wirkt. Die Kraft muss also in Richtung des Weges wirken. Beispiele: • Wir heben einen Koffer hoch. Die Kraft wirkt in Wegrichtung, also wird Arbeit verrichtet. • Wir tragen den Koffer und gehen dabei. Die Gewichtskraft des Koffers zieht an unserer Hand nach unten, die Bewegung erfolgt jedoch senkrecht dazu. Also wird physikalisch keine Arbeit verrichtet, obwohl wir möglicherweise schwer zu tragen haben. • Wir stemmen uns mit aller Kraft gegen eine einsturzgefährdete Mauer. Auch hierbei wird keine Arbeit im physikalischen Sinne verrichtet, solange die Mauer nicht kippt. Es wird nämlich kein Weg zurückgelegt. • Auch die Radialkraft, die einen rotierenden Körper auf seiner Kreisbahn hält, leistet keine Arbeit, da sie nicht in Richtung des Weges wirkt, sondern immer senkrecht dazu. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 63 Physik BG11 • Beim Spannen eines Expanders liegt Arbeit nur solange vor, wie die Spannbewegung andauert. Wenn man dagegen den gespannten Expander in dieser Form unverändert hält, kostet das zwar auch Kraft, es wird aber keine Arbeit mehr verrichtet, da kein Weg mehr zurückgelegt wird. An diesen Beispielen wird bereits deutlich, dass sich der in der Physik benutzte Arbeitsbegriff vom dem im Alltagsleben mitunter deutlich unterscheidet. 5.1.3 Definition der Arbeit Buch S. 48: Eine Arbeit wird an einem Körper verrichtet, wenn eine Kraft auf ihn einwirkt und den Körper dabei verschiebt. Wir nehmen dabei an, dass die Kraft konstant ist und in Richtung der Verschiebung wirkt. Anmerkung: Im Gegensatz zu Energie und Arbeit hat die Kraft nicht nur eine Stärke, sondern auch eine Wirkrichtung. Zwei gleich starke Kräfte in entgegengesetzter Richtung können sich in ihrer Wirkung aufheben. Kräfte sind gerichtete Größen und werden Vektoren genannt. Ungerichtete Größen wie Energie oder Masse heißen dagegen Skalare. Die Arbeit ist umso größer, je größer die Kraft F und der zurückgelegte Weg ∆s ist. Es ist daher sinnvoll, die Arbeit als Produkt aus Kraft und Weg zu definieren. Für die Arbeit wird das Formelzeichen W (work) benutzt (im Buch: ∆E). Da die Kraft in Newton und die Wegstrecke in Meter gemessen wird, ergibt sich für die Arbeit die Maßeinheit Nm. Wir halten fest: Formel 33: W = F∗∆s in der Einheit: 1 J = 1 Nm Somit kann die Einheit Joule auch als Nm angegeben werden. Die Arbeit von 1 Joule (genauer 0,981 J) wird verrichtet, wenn wir eine Tafel Schokolade (100 g) einen Meter hochheben. Unter der Arbeit W versteht man das Produkt aus der in Richtung des Weges ∆s wirkenden Kraft F und dem Weg ∆s: W = F∗∆s m² Die Maßeinheit der Arbeit ist das Joule (J), wobei gilt 1 J = 1 Nm = 1 kg . s² Bei der angegebenen Formel wird vorausgesetzt, dass die Kraft konstant ist. Beispiel: Um ein Auto auf konstanter Geschwindigkeit zu halten, muss der Motor ständig eine Kraft von 320 N aufbringen. Für eine Fahrtstrecke von 1 km wird dann eine Arbeit von 320 000 J vom Motor verrichtet. Trägt man in ein Diagramm die Kraft nach oben und den Weg, mit 0 m beginnend, nach rechts auf, läßt sich die Arbeit geometrisch als Rechteckfläche deuten. Die Fläche wird durch die beiden Achsen, die Gerade 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 64 Physik BG11 F = const. und die senkrechte Gerade, die den jeweils erreichten Weg s darstellt, begrenzt (s. Abb. 1). Eine derartige Darstellung nennt man Arbeitsdiagramm. Fotokopie Arbeitsdiagramm austeilen. Ist die Kraft nicht mehr konstant, so kann man die Arbeit näherungsweise ermitteln, indem der Gesamtweg s in kleine Teilstücke ∆si (i = 1, 2, 3...) eingeteilt wird, innerhalb derer die Kraft näherungsweise konstant (= Fi) ist (s. Abb. 2, rechts). Die Arbeit ist dann die Summe aller Teilrechtecke mit der Teilarbeit Wi = Fi∗∆si. Je kleiner ∆s gewählt wird, desto genauer läßt sich die Arbeit ermitteln. Hausaufgabe 43 a) Ein Körper wird längs der Strecke ∆s = 20 m mit der konstanten Kraft F = 15 N bewegt. Welche Arbeit wird durch die Kraft dabei verrichtet? Zeichnen Sie dazu ein Arbeitsdiagramm! b) Lesen im Buch S. 48 „Grundlagen“ mit schriftl. Zusammenfassung und S. 49 Kasten 3! c) Bestimmen Sie in dem ausgeteilten Arbeitsdiagramm die Gesamtarbeit (Punkte alle 10 Meter). Lösung: a) c) Im Gegensatz zum Alltagsleben ist es in der Physik üblich, auch mit negativer Arbeit zu rechnen. In diesem Fall wirkt die Kraft genau entgegengesetzt zur Bewegung des Körpers. An dem bewegten Körper wird dann keine Arbeit verrichtet, sondern es wird ihm Arbeit entzogen, d. h. der Körper selbst verrichtet Arbeit. Beispiel: Ein bewegter Wagen wird durch Muskelkraft abgebremst. Die am Wagen angreifende Kraft wirkt entgegen seines Weges, dem Wagen wird Arbeit entzogen. Die Einführung einer negativen Arbeit ist deswegen sinnvoll, weil, wie wir gesehen haben, Kräfte immer paarweise auftreten. Daher tritt auch die Arbeit paarweise auf. Der eine Körper leistet Arbeit, ihm wird also Arbeit entzogen (negative Arbeit). An dem anderen Körper wird Arbeit verrichtet, ihm wird also Arbeit zugeführt (positive Arbeit). Mit der Energie ausgedrückt: Die Energie, die der eine Körper abgibt, nimmt der andere auf. Die Energie fließt dabei gewissermaßen vom einen Körper auf den anderen. Wenn wir das Beispiel mit dem Wagen wieder aufgreifen, können wir sagen, dass an der Person, die den Wagen abbremst, Arbeit verrichtet wird (Kraft wirkt in Richtung des Weges, also positive Arbeit). Diese Arbeit wird von dem Wagen geleistet (negative Arbeit). 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 65 Physik BG11 5.2 Winkel zwischen Kraft und Weg Im allgemeinen Fall liegt ein beliebiger Winkel γ zwischen der Richtung, in der die Kraft wirkt, und der Wegrichtung (Buch S. 48). In diesem Fall müssen wir zunächst die Kraft bestimmen, die in Wegrichtung wirkt, denn nur dieser Anteil der Kraft trägt zur Arbeit bei (s. Fotokopie „Arbeitsdiagramm“, Abb. 3). Man nennt einen solchen Anteil der Kraft auch Komponente der Kraft. Geometrisch erhalten wir die in Wegrichtung wirkende Kraftkomponente, indem wir zunächst einen Pfeil zeichnen, der in Richtung der Kraft zeigt und dessen Länge proportional zum Betrag der Kraft ist. (Einen solchen Kraftpfeil nennt man auch Vektor.) Projizieren wir diesen Pfeil nun auf die Wegrichtung, so erhalten wir die Kraftkomponente in Wegrichtung. Rechnerisch ergibt sich diese Komponente, indem wir die Kraft mit dem Kosinus des von Wegrichtung und Kraftrichtung eingeschlossenen Winkels multiplizieren: Fp = F∗cos γ F ist dabei die gesamte Kraft, Fp ist die Komponente in Wegrichtung. Im Winkelbereich 90˚ ≤ γ ≤ 270˚ nimmt der Kosinus negative Werte an, Fp wirkt dann entgegen der Wegrichtung s und wird daher negativ, so dass sich auch eine negative Arbeit ergibt. Da der Kosinus betragsmäßig stets kleiner oder gleich 1 ist, ist auch Fp stets kleiner oder gleich F. Eine Kraftkomponente kann nicht größer als die gesamte Kraft werden. Für die Arbeit ergibt sich somit: Formel 34: W = Fp ∗ ∆s = F ∗ ∆s ∗ cos γ Da der Kosinus bei einem Winkel von 90˚ Null ist, sieht man hier auch formelmäßig, dass eine Kraft, die senkrecht zum zurückgelegten Weg wirkt, keine Arbeit leistet. Dies kommt z. B. vor, wenn wir im Gehen einen Koffer tragen. Die Schwerkraft zieht den Koffer nach unten, die Bewegungsrichtung ist jedoch horizontal. Kraft und Bewegungsrichtung schließen einen rechten Winkel ein, also wird keine Arbeit geleistet. Ein weiteres Beispiel wäre ein Satellit, der die Erde auf einer Kreisbahn umrundet. Auch hier wirkt die Kraft senkrecht zum Weg. Wenn die Kraft bereits in Richtung des Weges wirkt, ist γ = 0 und cos γ = 1, so dass sich dann wieder die einfache Formel W = F∗∆s ergibt. Beispiel: Ein Handwagen wird mit einer Kraft von 60 N gezogen (s. Abbildung 3). Der Winkel des Zugseils gegen die Horizontale sei 30˚. In horizontaler Richtung wirkt dann nur die Kraft Fp = 60 N ∗ cos 30˚ = 60 ∗ 0,866 N ≈ 52 N Um den Wagen 1 m weit zu ziehen, wird also eine Arbeit von 52 Nm verrichtet. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 66 Physik BG11 Wirkt die Kraft F nicht genau in Wegrichtung, sondern in einem Winkel γ zu ihr, so ist für die Arbeit nur die Komponente FP der Kraft relevant, die in Wegrichtung wirkt. Die geleistete Arbeit berechnet sich dann gemäß W = F ∗ ∆s ∗ cos γ Hausaufgabe 44 Ein Schlepper zieht ein Frachtschiff mit einer Zugkraft von 5 kN. Der Schlepper fährt 50 m vor dem Schiff. Das Schlepptau ist am Schlepper 0,5 m über dem Wasserspiegel angebracht, am Frachter aber 11 m. a) Fertigen Sie eine Skizze an! b) Mit welcher Kraft wird der Frachter vorwärts gezogen? c) In welcher Richtung wirken sonst noch Kräfte auf das Frachtschiff? d) Fertigen Sie eine maßstäbliche Zeichnung der Kräfte an! e) Welche Arbeit leistet der Schlepper entlang einer Strecke von 240 m? Lösung: 5.3 Die Hubarbeit Buch S. 49: Hubarbeit wird verrichtet, wenn ein Körper auf der Erdoberfläche gegen die Schwerkraft angehoben wird. Hat der Körper die Masse m, so wirkt auf ihn die nach unten gerichtete Gewichtskraft FG = m∗g Um ihn mit einer konstanten Geschwindigkeit um die Höhe ∆h zu heben, ist eine gleich große Gegenkraft erforderlich, die nach oben weist (am Anfang sogar etwas mehr, um ihn in Bewegung zu setzen). Die geleistete Arbeit ist dann WH = F∗∆s mit ∆s=∆h (im Buch wird W mit ∆E bezeichnet!): Formel 35: WH = m∗g∗∆h Die genannten Formeln gelten nur in der Nähe der Erdoberfläche, d. h. h soll klein gegenüber dem Erdradius sein (geschrieben h « RE). Nur dann kann g als konstant angesehen werden. Beispiel: Zum Heben eines Sacks Zement (50 kg) um einen Meter ist folgende Arbeit nötig: WH = 50 kg ∗ 9,81 m/s2 ∗ 1 m = 490,5 kg m2/s2 = 490,5 J Um sich die „Arbeit“ zu erleichtern, werden schwere Gegenstände oft über geneigte Ebenen nach oben gezogen. Der Neigungswinkel der geneigten Ebene sei α. Die (nach unten gerichtete) Gewichtskraft FG = m∗g des Körpers muss durch eine nach oben weisende, 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff ge s Län FH α BG11_2014_P.doc FG ∆h Fs 67 Physik BG11 betragsgleiche Gegenkraft FG’ ausgeglichen werden. Entlang der geneigten Ebene wirkt dann nur ein Teil dieser Kraft FH (Hangabtriebskraft), der sich aus der Projektion von FG auf die Ebene ergibt: FH = FG∗cos(90˚-α) = m∗g∗sin α Da sin α 1 ist, ist somit nur ein kleiner Teil der Gewichtskraft aufzuwenden. Dafür muss jedoch ein längerer Weg s entlang der geneigten Ebene zurückgelegt werden. Für die Arbeit ergibt sich dann WH = FH∗ s = m∗g∗s∗sin α Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass wir bei der Bewegung keine Reibungskräfte berücksichtigen. In Wirklichkeit kämen diese natürlich noch dazu. Beispiel: Ein Körper der Masse m=0,4 kg soll eine um 30˚ geneigte Ebene von 3 m Länge hinaufgezogen werden. Welche Arbeit ist zu leisten? Lösung: Es ist in diesem Fall sin(30˚) = 0,5. Für die Arbeit ergibt sich dann: WH = 0,4 kg ∗ 9,81 m/s2 ∗ 3 m ∗ 0,5 = 5,886 Nm Hausaufgabe 45 Ein Gewicht von 35 kg soll durch einen Elektromotor entlang einer geneigten Ebene hochgezogen werden. Der Motor kann maximal eine Kraft von 60 N erbringen. Wie stark darf die Ebene höchstens geneigt sein? Welche Arbeit leistet er, wenn die Ebene 12 m lang ist? Wie schwer darf das Gewicht höchstens sein, damit der Motor es senkrecht hochziehen kann? Lösung: Auf arcsin hinweisen! Die Weglänge s lässt sich leicht aus der Höhe ∆h bestimmen, da ja sin α = ∆h/s ist. Folglich ist s = ∆h / sin α Ein kleiner Neigungswinkel führt also zu einem langen Weg s (und zu einer kleinen Kraft FH). Setzen wir die Formel für s in die Formel für WH ein, so erhalten wir: WH = m∗g∗(∆h / sin α)∗sin α = m∗g∗∆h Somit ergibt sich die gleiche Arbeit wie bei senkrechter Anhebung des Körpers. Die Arbeit im physikalischen Sinn kann man sich dadurch nicht erleichtern! Was wir an Kraft einsparen, müssen wir an Wegstrecke wieder aufwenden. Der Vorteil der geneigten Ebene liegt also nur darin begründet, dass weniger Kraft aufgewandt werden muss. Dies kann allerdings ein entscheidender Vorteil sein. Wenn man z. B. mit dem Auto einen Berg hochfahren muss, würden viele Autos und insbesondere Lkw’s nicht genügend Kraft aufbringen, wenn die Straße geradewegs 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 68 Physik BG11 nach oben führen würde. Man führt die Straße daher als Serpentine aus, um den Steigungswinkel zu verringern und ebenso den Kraftaufwand. Der Weg entlang der Serpentine ist dadurch aber länger geworden (man denke sich die Serpentinenstraße dazu auseinandergezogen). Modell Serpentinenstraße Bereits die alten Ägypter kannten diesen Trick und konnten auf langen geneigten Ebenen die schweren Steinblöcke auf die Pyramiden ziehen. Um einen Körper mit der Masse m gegen die Gewichtskraft um die Höhendifferenz ∆h zu heben, ist die Hubarbeit WH = m∗g∗∆h erforderlich. Dabei ist es gleichgültig, ob die Hebung senkrecht oder schräg erfolgt. In einem Arbeitsdiagramm stellt sich die Hubarbeit als rechteckige Fläche dar. F Hausaufgabe 46 Das aus dem Walchensee ausströmenF = m g = const. de Wasser fließt durch Rohre und durch Kraftwerksturbinen in den 200 m tiefer gelegenen Kochelsee. Wieviel W = mg ∆ h Liter Wasser müssen fließen, um an den Turbinen eine Arbeit von 1 kWh zu verrichten? (Lösungshinweis: Zur Umrechnung von kWh in J s. Formelh ∆h sammlung. Ein Liter Wasser wiegt 1 kg.) Wieviel Wasser müsste fließen, wenn die Turbinen mechanische Arbeit in elektrische Arbeit mit einem Wirkungsgrad von 0,3 umwandeln? Lösung: WH = Umgekehrt verrichtet der Körper selbst Arbeit, wenn er auf der geneigten Ebene von oben nach unten herunterrutscht oder senkrecht fällt. Er kann dann dadurch über einen Faden einen Wagen ziehen oder beim Aufprall eine Deformation hervorrufen. Auch dabei wird Arbeit geleistet. 5.4 Die potenzielle Energie oder Lageenergie Wir haben gesehen, dass beim Heben eines Körpers auf ein höheres Niveau gegen die Schwerkraft Arbeit, die Hubarbeit, verrichtet werden muss. Umge11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 69 Physik BG11 kehrt kann der Körper beim Herunterfallen eine gleich große Arbeit verrichten. Er besitzt durch das Hochheben also die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten. Diese Fähigkeit hatten wir mit Energie bezeichnet. Unter der potenziellen Energie (Formelzeichen Epot) verstehen wir die Arbeitsfähigkeit, die ein Körper aufgrund seiner Lage (Höhe) besitzt. Die Hubarbeit, die beim Hochheben nötig ist, wird als potenzielle Energie in dem Körper gespeichert. Die Energie wird generell so gebildet, dass sich die Arbeit, die während eines Vorgangs verrichtet wird, aus der Differenz der Energien nach bzw. vor dem Vorgang ergibt. Da wir für die Hubarbeit die Formel W = m∗g∗∆h gefunden hatten, liegt es nahe, die Lageenergie durch die Größe m∗g∗h zu beschreiben. In der Nähe der Erdoberfläche gilt deshalb für die potenzielle Energie die Formel: Formel 36: Epot = m g h Im Gegensatz zur Hubarbeit tritt hier nicht die Höhendifferenz ∆h, sondern die Höhe h selbst auf. Die Höhe h muss auf ein Ausgangs- oder Nullniveau bezogen werden („Wo ist h=0?“). Dieses Ausgangsniveau braucht nicht die Erdoberfläche oder das Meeresniveau zu sein, sondern es kann willkürlich nach praktischen Gesichtspunkten festgelegt werden. Es kann sich beispielsweise um die Oberfläche unseres Experimentiertisches oder den Fußboden im Klassenraum handeln. Bezogen auf dieses Nullniveau kann die potenzielle Energie sowohl positive (h>0) als auch negative (h<0) Werte annehmen. Hausaufgabe 47 a) Ein Handwagen wird mit einer horizontalen Kraft von 50 N vorwärts gezogen. Wieviel Arbeit wird geleistet, wenn er 10 m weit gezogen wird? b) Welche Höhe müsste ein Stein mit 0,6 kg Gewicht haben, um die gleiche potenzielle Energie zu erhalten wie die Arbeit aus Teil a? Lösung: a); b) Bsp.: Wir legen das Nullniveau auf die Oberfläche eines Tisches fest. Die Tischfläche befinde sich 0,8 m über dem Fußboden. Auf dem Fußboden liege ein Körper mit der Masse m, den wir auf eine Höhe von 1 m über die Tischfläche anheben wollen. Vor dem Heben hat der Körper dann eine potenzielle Energie Epot,vor = –m g∗ 0,8 m Da m und g beides positive Größen sind, ergibt sich ein negativer Wert. Nach dem Heben ist die potenzielle Energie gegeben durch Epot,nach = m g∗1 m Welche Hubarbeit wird beim Heben des Körpers geleistet? Wir wissen bereits, dass es für die Hubarbeit nur auf die Höhendifferenz ∆h, um die 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 70 Physik BG11 der Körper angehoben wird, ankommt. Die Höhendifferenz ist in unserem Beispiel die Differenz zwischen dem oberen Punkt und dem unterem Punkt, also ∆h = 1 m – (-0,8 m) = 1,8 m Die Hubarbeit ist also WH = m g∗1,8 m = m g∗1 m – (–m g∗0,8 m) = Ep,nach – Ep,vor Wir ändern nun unser Nullniveau und legen es auf den Fußboden fest. Bezogen auf dieses Nullniveau ergeben sich andere Werte für die potenzielle Energie: Epot,vor = m g∗0 m = 0 Epot,nach = m g∗1,8 m Beide Energiewerte sind dadurch um m g∗0,8 m größer geworden. Die Hubarbeit ist von dieser Änderung nicht betroffen, denn die Höhendifferenz hat sich dadurch nicht geändert: WH = m g∗1,8 m = Epot,nach – Epot,vor Was lernen wir daraus? • Wenn wir Zahlenwerte der potenziellen Energie angeben oder berechnen wollen, muss immer klargestellt werden, welches Nullniveau wir dabei zugrunde legen. • Das Nullniveau, das wir zur Berechnung der potenziellen Energie heranziehen, kann willkürlich nach dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit festgelegt werden. Ist das Nullniveau aber erst einmal gewählt, muss man alle Höhenangaben darauf beziehen. Das Nullniveau muss aber nicht mit dem Nullpunkt unseres Koordinatensystems übereinstimmen • Der absolute Zahlenwert der potenziellen Energie ist physikalisch nicht relevant. Wir können ohne weiteres zu allen potenziellen Energien eine Konstante addieren (oder subtrahieren), was der Änderung des Nullniveaus entspricht. Physikalisch ist dies bedeutungslos. • Energiewerte können zwar berechnet, aber nicht direkt gemessen werden. Sie ist eine Zustandsgröße, die einen bestimmten Zustand angibt. Im Falle der potenziellen Energie besteht der Zustand eines Körpers darin, eine bestimmte Höhenlage zu haben. • Physikalisch bedeutsam und direkt messbar ist allein die Arbeit. Die verrichtete Arbeit ergibt sich aus der Differenz der potenziellen Energien nach und vor der Hebung. Bei der Bildung der Differenz zweier potenzieller Energien fällt eine hinzuaddierte Konstante wieder heraus. Physikalisch bedeutet dies, dass das einmal gewählte Nullniveau für die Arbeit irrelevant ist. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 71 Physik BG11 Die Energie ist eine Zustandsgröße. Aus ihr lässt sich die Arbeit für einen Prozess berechnen, indem man die Energie nachher (Zustand 2) und vorher (Zustand 1) bestimmt und die Differenz bildet: W = ∆E = Enachher-Evorher. Praktisch wird man meistens versuchen, das Nullniveau dort festzulegen, wo auch die Hebung des Körpers beginnt. Dann ergibt sich für Hubarbeit und potenzielle Energie die gleiche Formel WH bzw. Epot = m g h, so dass beide Größen zahlenmäßig übereinstimmen. Wir merken uns: Unter der potenziellen Energie eines Körpers der Masse m versteht man die Arbeitsfähigkeit, die der Körper aufgrund seiner Höhenlage besitzt. In der Nähe der Erdoberfläche gilt die Formel Epot = m g h. Das Nullniveau, auf das sich h bezieht, kann beliebig gewählt werden. Physikalisch bedeutsam ist nur die Arbeit, die sich aus der Differenz der potenziellen Energie nachher und vorher ergibt. Mit der Energie verhält es sich ähnlich wie mit dem Kontostand. Wir können uns für den Kontostand direkt nichts kaufen, aber er versetzt uns in die Lage, uns etwas zu kaufen. Angenommen, wir hätten ein Guthaben von 1000 €. Wenn wir nun einen Discman zu 100 € kaufen und mit einer Kreditkarte bezahlen, werden uns 100 € vom Konto abgebucht, verbleiben 900 €. Dieser Kauf entspricht dann der geleisteten Arbeit. Wir erhalten den Kaufbetrag, indem wir vom Kontostand nach dem Kauf den Kontostand vor dem Kauf abziehen: 900 € -1000 € = -100 €. Umgekehrt müssen wir Arbeit leisten (Geld einzahlen), um den Kontostand (die Energie) zu erhöhen. Zahlen wir beispielsweise 180 € ein, so haben wir am Ende ein Guthaben von 1080 €. Die Einzahlung ergibt sich dann wieder aus der Differenz: 1080 € 900 € = 180 € (geleistete Arbeit). Hausaufgabe 48 Berechnen Sie die potenzielle Energie eines Körpers von 200 g Masse, der bezogen auf den Fußboden in einer Höhe von 0 m, 1 m und 1,5 m liegt. Berechnen Sie daraus die Hubarbeit für die Anhebung von 0 m auf 1 m und von 1 m auf 1,5 m. Nun wird das Nullniveau auf die Zimmerdecke gelegt, die 2,4 m über dem Fußboden ist. Führen Sie die gleichen Berechnungen mit diesem Nullniveau noch einmal aus. Tragen Sie die Werte in eine Tabelle nach folgendem Schema ein. Bilden Sie die Differenz der potenziellen Energien in gleicher Höhe in der letzten Spalte. Tabelle gelöscht! 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 72 Physik BG11 5.5 Die Beschleunigungsarbeit Buch S. 49: Unter der Beschleunigungsarbeit versteht man die Arbeit, die aufgebracht werden muss, um die Geschwindigkeit eines Körpers zu erhöhen, ihn also zu beschleunigen. Wir betrachten hier den Sonderfall einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung und sehen (wie immer) von Reibungseffekten ab. Um eine Beschleunigung a (=const.) zu erzielen, muss auf den Körper die konstante Kraft F=ma wirken. Wenn der Körper die Wegstrecke ∆s zurücklegt, muss die Arbeit W = F ∆s = m a ∆s verrichtet werden. Wenn der Körper aus dem Ruhezustand konstant beschleunigt wird, gelten die Bewegungsgesetze v=at s = s0 + ½ a t2 ⇒ ∆s = ½ a t2 Wenn wir diese Formel für ∆s in den oben gefundenen Ausdruck für die Arbeit einsetzen, ergibt sich W = m a ½ a t2 = ½ m (a t)2 Nun ist a∗t aber gerade v, so dass wir erhalten: Formel 37: WB = ½ m v2 Es lässt sich zeigen, dass diese Formel auch dann gilt, wenn die Beschleunigung nicht gleichmäßig erfolgt. Die Beschleunigungsarbeit ist von der Art der Beschleunigung und deren zeitlichem Ablauf unabhängig. Sie hängt vielmehr nur von der Masse m des Körpers und der Endgeschwindigkeit v ab. D. h. eine starke Beschleunigung (kurzer Weg) kostet die gleiche Arbeit wie eine geringe Beschleunigung (langer Weg)! Beispiel: Ein Auto mit 1,6 t Masse beschleunigt aus dem Stand auf eine Geschwindigkeit von 20 m/s (=72 km/h). Dafür muss die Beschleunigungsarbeit WB = ½ ∗ 1600 kg ∗ (20 m/s)2 = 800 ∗ 400 kg m2/s2 = 320 000 J = 320 kJ aufgebracht werden. Hausaufgabe 49 Lesen Buch S. 49 „Beschleunigungsvorgänge“ mit schriftl. Zusammenfassung! Hat der Körper bereits eine Anfangsgeschwindigkeit v1 und wird er dann auf die (höhere) Endgeschwindigkeit v2 beschleunigt, so ist eine Beschleunigungsarbeit W12 nötig, die sich aus folgender Überlegung ergibt: Um die Anfangsgeschwindigkeit v1 zu erreichen, muss vorher schon eine Beschleunigungsarbeit W01 = ½ m v12 geleistet worden sein. Diese Arbeit „enthält“ der Körper bereits (als kinetische Energie, s. u.). Um den Körper aus dem Stand auf die Endgeschwindigkeit v2 zu beschleunigen, wäre eine Beschleunigungs11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 73 Physik BG11 arbeit W02 = ½ m v22 zu verrichten. Da die Arbeit W01 schon geleistet wurde, verbleibt für die gesuchte Arbeit W12 nur die Differenz Formel 38: WB12 = WB02 – WB01 = ½ m v22 – ½ m v12 = ½ m (v22 – v12) zu leisten. Wenn die Endgeschwindigkeit v2 kleiner als v1 ist, ergibt sich eine negative Arbeit, d. h. der Körper leistet selbst Arbeit. Dies wird z. B. in modernen U-Bahn Waggons ausgenutzt, um beim Bremsen Strom zu erzeugen. Die Elektromotoren werden dann beim Bremsvorgang als Dynamos geschaltet. Der Sonderfall, dass der Körper aus dem Ruhezustand (v1=0) beschleunigt wird, ist in dieser Formel bereits enthalten (für v2 kann dann einfach v geschrieben werden). 30 2,5 25 2 1,5 20 1 15 0,5 10 a [m/s²] v [m/s] Beispiel: In Fortführung des vorigen Beispiels beschleunigt das Auto nun weiter auf v2 = 28 m/s, um einen Lkw zu überholen. Danach verringert es seine Geschwindigkeit wieder auf v3 = 24 m/s. v-t-Diagramm: 0 5 -0,5 0 0 20 40 60 80 -1 100 t [s] Für die Beschleunigung von v1 = 20 m/s auf v2 = 28 m/s muss die Arbeit WB12 = ½ ∗ 1600 kg ∗ ((28 m/s)2 – (20 m/s)2) = 800 kg ∗ (384 m2/s2) = 307 200 J = 307,2 kJ aufgebracht werden. Bei der anschließenden Abbremsung wird eine Arbeit WB23 = ½∗1600 kg∗((24 m/s)2 – (28 m/s)2) = 800 kg∗(-280 m2/s2) = -166 400 J = -166,4 kJ wieder frei (vom Auto geleistet), so dass für den Überholvorgang eine Arbeit von WB13 = WB12 + WB23 = 307,2 kJ + (-166,4 kJ) = 140,8 kJ erforderlich ist. Das gleiche Ergebnis erhalten wir, wenn wir die Arbeit berechnen, um von v1 = 20 m/s auf v3 = 24 m/s zu beschleunigen: WB13 = WB03 – WB01 = ½∗1600 kg∗((24 m/s)2 – (20 m/s)2) = 800 kg∗(176 m2/s2) =140 800 J 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 74 Physik BG11 Dieses Beispiel macht somit noch einmal deutlich, dass der zeitliche Ablauf der Beschleunigung keine Rolle spielt, sondern es nur auf die Anfangs- und Endgeschwindigkeit ankommt (d. h. auf den jeweiligen Bewegungszustand). Um einen Körper der Masse m von der Anfangsgeschwindigkeit v1 auf die Endgeschwindigkeit v2 zu beschleunigen, ist unabhängig von der Art der Beschleunigung die Beschleunigungsarbeit WB12 = ½ m (v22–v12) erforderlich. Hausaufgabe 50 Ein Auto mit der Masse m=850 kg wird aus der Geschwindigkeit v1 = 90 km/h auf die Geschwindigkeit v2 = 30 km/h abgebremst. a) Welche Arbeit leistet das Fahrzeug dabei? b) Auf welche Geschwindigkeit wird es abgebremst, wenn es bei gleicher Arbeit anfänglich eine Geschwindigkeit von 160 km/h hat? c) Auf welche Geschwindigkeit kommt das Auto aus dem Stand, wenn an ihm die gleiche Beschleunigungsarbeit verrichtet wird? Lösung: a) b) c) 5.6 Die Bewegungsenergie oder kinetische Energie Die Beschleunigungsarbeit, die aufgewendet werden muss, um einen ruhenden Körper auf die Geschwindigkeit v zu bringen, ist danach als Arbeitsfähigkeit in dem Körper enthalten. Er kann z. B. aufgrund seiner Bewegung über eine Umlenkrolle ein Gewicht hochziehen, wobei der Körper dann abgebremst wird. Diese Arbeitsfähigkeit wird Bewegungsenergie oder kinetische Energie Ekin genannt (Bild im Buch S. 6). Wir hatten bereits gesehen, dass die Arbeit, die erforderlich ist, um einen Körper von der Anfangsgeschwindigkeit v1 auf die Endgeschwindigkeit v2 zu bringen, durch WB12 = ½ m v22 – ½ m v12 gegeben ist. Da sich die Arbeit immer als Differenz der Energie nachher minus der Energie vorher ergibt, ist es naheliegend, als kinetische Energie den Ausdruck ½ m v2 festzulegen. Sie wird also nach der gleichen Formel wie die Beschleunigungsarbeit berechnet, wenn v1=0 ist: Formel 39: Ekin = ½ m v2 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 75 Physik BG11 Unter der Bewegungsenergie oder kinetischen Energie eines Körpers versteht man die Arbeitsfähigkeit, die der Körper aufgrund seiner Geschwindigkeit besitzt. Sie wird berechnet nach der Formel Ekin = ½ m v2. Rein theoretisch könnten wir auch hier noch eine Konstante hinzuaddieren. Dies ist jedoch unzweckmäßig, da es naheliegt, einem ruhenden Körper auch die Bewegungsenergie Null zuzuordnen. Mit Hilfe der kinetischen Energie lässt sich nun die Beschleunigungsarbeit, die für eine Geschwindigkeitsänderung von v1 auf v2 nötig ist, leicht berechnen: Formel 40: WB12 = Ekin,2 - Ekin,1 Dabei kann v2 auch kleiner als v1 sein, dann leistet der Körper (nicht „wir“) Arbeit. Bsp.: Wir greifen das vorige Beispiel wieder auf (m=1600 kg). a) Von v1 = 20 m/s auf v2 = 28 m/s: Ekin,1 = 800 kg·(20 m/s)2 = 320 kJ Ekin,2 = 800 kg·(28 m/s)2 = 627,2 kJ WB12 = 627,2 kJ - 320 kJ = 307,2 kJ b) Von v2 = 28 m/s auf v3 = 24 m/s: Ekin,3 = 800 kg·(24 m/s)2 = 460,8 kJ WB23 = 460,8 kJ - 627,2 kJ = -166,4 kJ c) Von v1 = 20 m/s auf v3 = 24 m/s: WB13 = 460,8 kJ - 320 kJ = 140,8 kJ, was sich auch ergibt als Summe von a) und b). Um einen Körper von der Anfangsgeschwindigkeit v1 auf die Endgeschwindigkeit v2 zu bringen, ist eine Beschleunigungsarbeit WB12 nötig, die mit Hilfe der kinetischen Energie berechnet werden kann: WB12 = Ekin,2 - Ekin,1. Hausaufgabe 51 a) Ein Auto (m=1600 kg) hat die Geschwindigkeit v1 = 90 km/h. Wie groß ist dann seine kinetische Energie? Um welchen Betrag ∆v muss die Geschwindigkeit erhöht werden, wenn die kinetische Energie des Fahrzeugs verdoppelt werden soll? b) Aus welcher Höhe müsste ein Auto fallengelassen werden, um einen Unfall mit einer Geschwindigkeit von 100,8 km/h zu simulieren? Lösung: a) b) 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 76 Physik BG11 Die kinetische Energie steigt quadratisch mit der Geschwindigkeit an! Auf Landstraßen ist Tempo 100 km/h erlaubt. Wird die Geschwindigkeit durch ein Schild auf 80 km/h verringert, fahren trotzdem viele Autofahrer mit unverminderter Geschwindigkeit weiter. Ihre Geschwindigkeit ist dann 25% zu hoch, oder als Faktor ausgedrückt: vist = 1,25·vsoll Die Energie des Fahrzeugs ist dann Eist = 1/2m vist2 = 1/2m (1,25vsoll)² = 1/2m 1,5625·vsoll² = 1,5625·Esoll, das sind bereits 56,25% mehr Energie! Fährt ein Auto mit 100 km/h statt mit 50 km/h (vist = 2vsoll), so besitzt es bereits die vierfache Bewegungsenergie, da vist2 = 4·vsoll2. Dies erklärt, warum Autounfälle bei hoher Geschwindigkeit so katastrophale Folgen haben. Bei einem Zusammenstoß wird die Bewegungsenergie in andere Energieformen, hauptsächlich Deformationsenergie, umgewandelt. Bei der doppelten Geschwindigkeit steht dafür also bereits die vierfache Energie zur Verfügung. Dementsprechend ist dann auch die zerstörerische Wirkung viermal so groß. Es kommt noch hinzu, dass bei einem Frontalzusammenstoß zweier Autos nicht ihre Geschwindigkeit in Bezug zur Straße zählt, sondern ihre Geschwindigkeit in Bezug zueinander! Angenommen, Sie fahren auf der Landstraße mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h und Ihnen kommt ein Auto entgegen, dass mit 80 km/h fährt. Dann nähert sich das andere Auto Ihnen bereits mit 140 km/h! Die beiden Geschwindigkeiten müssen also addiert werden. Zusammenstöße mit Bussen oder Lkw’s sind wegen der höheren Masse noch schwerwiegender. Wenigstens diese sollten Sie also tunlichst vermeiden! Wir betrachten jetzt den Fall, dass ein Körper anfangs die Geschwindigkeit v1 besitzt und dann auf die höhere Geschwindigkeit v2 gebracht werden soll. Als Beispiel nehmen wir an, dass der Körper eine Masse von 12 kg und eine Anfangsgeschwindigkeit von 8 m/s besitzt. Er soll nun auf eine Geschwindigkeit von 14 m/s beschleunigt werden. Die Bewegungsenergie ist dann: Ekin,1 = ½ m v12 = ½ ∗ 12 kg ∗ (8 m/s)2 = 384 J Ekin,2 = ½ m v22 = ½ ∗ 12 kg ∗ (14 m/s)2 = 1176 J Die notwendige Beschleunigungsarbeit ist nach dem auf Seite 74 Gesagten W12 = ½ m v22 – ½ m v12 = Ekin,2 - Ekin,1 = 1176 J – 384 J = 792 J Auch hier sehen wir also wieder, dass die Arbeit die Differenz der Bewegungsenergien (nachher - vorher) ist. Bei dieser Differenzbildung würde dann auch eine Konstante, die wir zur kinetischen Energie hinzufügen könnten, wieder herausfallen. Wir haben bereits gesehen, dass bei einem frei fallenden Körper potenzielle Energie in kinetische Energie umgewandelt wird. Andere Beispiele dafür wären ein Pendel oder eine Achterbahn. Solange wir uns auf den Bereich der reinen Mechanik beschränken und lediglich Vorgänge betrachten, die rei11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 77 Physik BG11 bungsfrei ablaufen, treten nur potenzielle und kinetische Energie als Energieformen auf. Man bezeichnet diese beiden Energieformen daher auch als die Energieformen der Mechanik. 5.7 Der Energieerhaltungssatz der Mechanik Die gesamte mechanische Energie eines physikalischen Systems setzt sich zusammen aus der potenziellen und der kinetischen Energie: Formel 41: Eges = Ep + Ekin Wir wissen bereits, dass sich die eine Energieform in die andere umwandeln lässt. Wir wollen diese Umwandlung nun noch einmal genauer mit dem Energiebegriff untersuchen. Wir lassen eine Eisenkugel aus der Höhe h über einem Tisch auf die Tischplatte fallen. Die Kugel wird zunächst in der Höhe h festgehalten. Ihre kinetische Energie ist dann Null, ihre potenzielle Energie ist m g h. Um ein Zahlenbeispiel zu haben, nehmen wir an: m=102 g; h=50 cm. Wir erhalten dann Epot = 0,102 kg∗9,81 m/s²∗0,5 m = 0,50031 J ≈ 0,5 J. oben Epot mgh (0,5 J) Ekin 0 Zum Energieerhaltungssatz Ep=mgh, Ekin = 0 s Ep=mg(h-s), Ekin = 1/2 m vs2 h Eges mgh (0,5 J) Ep=0, Ekin = 1/2 m vh2 Wir lassen die Kugel nun fallen und Tischplatte betrachten eine beliebige Zwischenposition, die um eine bestimmte Strecke s (z. B. 20 cm) unter dem Anfangsniveau liegt. Die potenzielle Energie ist dann nur noch mg(h-s). Im Beispiel erhalten wir: Epot = 0,102 kg∗9,81 m/s²∗0,3 m = 0,300186 J ≈ 0,3 J. Dafür hat die Kugel nun eine Geschwindigkeit, die wir mit vs bezeichnen. Ihre kinetische Energie ist dann ½ m vs2. Zwischenposition: Ep = mg(h-s), Ekin = ½ m vs2, Eges = mg(h-s) + ½ m vs2 Die Geschwindigkeit nach Durchlaufen einer Strecke s unter der Wirkung einer (konstanten) Beschleunigung a ist gegeben durch (s. Formel 9) v= 2sa wobei hier die Beschleunigung durch die Fallbeschleunigung g gegeben ist. Setzen wir dies ein, erhalten wir für vs2: vs2 = 2 g s, so dass wir für Ekin erhalten: Ekin = ½ m (2 g s) = mgs (im Beispiel: Ekin = 0,200124 J ≈ 0,2 J) 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 78 Physik BG11 Dieses Ergebnis hätten wir uns auch aus der allgemeinen Definitionsformel der Arbeit W = F∗s ableiten können, da hier eine konstante Kraft mg wirkt. Somit ergibt sich also in der Zwischenposition: Zwischenposition Epot mg(h-s) (0,3 J) Ekin mgs (0,2 J) Eges mgh (0,5 J) Die Gesamtenergie hat sich also nicht verändert, lediglich die Aufteilung auf potenzielle und kinetische Energie ist nun eine andere. Kommt die Kugel unten an, ist die potenzielle Energie Null, die kinetische Energie ist Ekin = ½ m vh2. Da hier nun s=h ist, ergibt sich für die kin. Energie nach der eben gefundenen Formel mgh. Wir erhalten also unten Epot 0 Ekin mgh (0,5 J) Eges mgh (0,5 J) Wir sehen daran, dass sich die Gesamtenergie bei dem Vorgang nicht verändert hat. Es hat sich lediglich Energie von einer Form (potentielle Energie) in eine andere Form (kinetische Energie) umgewandelt. Wenn die Kugel nun auf die Tischplatte aufprallt, tritt kurzzeitig eine elastische Verformung der Kugel und der Tischplatte ein. Dies bedeutet, dass die kinetische Energie in elastische Energie umgewandelt wird. Die Verformung bildet sich „augenblicklich“ wieder zurück, wodurch die elastische Energie wieder in kinetische Energie der Kugel übergeht. Die Kugel prallt zurück und bewegt sich wieder aufwärts. Die Kugel steigt nun, ständig langsamer werdend, wieder auf ihre ursprüngliche Höhe an. Dabei wandelt sich ihre kinetische Energie wieder in potenzielle Energie um, bis sie in der Höhe h kurzzeitig zum Stillstand kommt. Dann fällt sie wieder herunter, d. h. der Vorgang wiederholt sich nun von vorne. Theoretisch würde das beliebig oft so weitergehen. Wenn man den Versuch aber tatsächlich ausführt, so zeigt sich, dass die ursprüngliche Höhe nicht ganz wieder erreicht wird. Vielmehr ist die Höhe nach jedem Aufprall etwas kleiner als vorher, so dass die Kugel schließlich auf der Tischplatte liegenbleibt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass durch die Reibung an der Luft sowie bei der Verformung von Kugel und Tischplatte ein Teil der mechanischen Energie in Wärmeenergie umgewandelt wird. Diese Umwandlung nicht aber nicht umkehrbar (irreversibel), so dass ständig ein Teil der mechanischen Energie verlorengeht. Es entsteht also ein Verlust an nutzbarer Energie, was wir kurz als Energieverlust bezeichnen. Wenn wir messtechnisch diese Wärme mit erfassen könnten, würden wir wieder feststellen, dass die Gesamtenergie erhalten bleibt. Der hier an einem einfachen Beispiel dargestellte Sachverhalt gilt auch für alle anderen mechanischen Vorgänge. Man bezeichnet diese grundlegende Erkenntnis als der Energieerhaltungssatz der Mechanik. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 79 Physik BG11 Übungsaufgabe: Ein Auto mit 1200 kg Masse fährt mit einer Geschwindigkeit von 16 m/s. Es rollt dann ohne eigenen Antrieb einen Abhang hinunter, der eine Höhe von 15 m hat. Unten ist die Straße wieder horizontal. Mit welcher kinetischen Energie und mit welcher Geschwindigkeit kommt das Auto unten an? Lösung: Wir betrachten zwei Zustände: oben (vor dem Abrollen) und unten (nach dem Abrollen beim Einbiegen auf die horizontale Strecke). Oben (h = 15 m): Epot = mgh = 176580 J; Ekin = 1/2mv² = 153600 J Unten (h = 0 m): Epot = 0 J; Ekin = 600 kg·v2² Zusammenfassung der Daten in einer Energietabelle: Epot Ekin Eges oben 176580 J 153600 J 330180 J unten 0 600 kg·v2² 600 kg·v2² Nach dem Energieerhaltungssatz können wir die Gesamtenergie gleichsetzen: 330180 J = 600 kg·v2² Damit ist die kinetische Energie schon bekannt: Ekin,unten = 330180 J v2² = 330180 J/600 kg = 550,3 m²/s² m² kg s² kg m² m² = = EN.: J/kg = kg s² kg s² v2 = 23,458 m/s (= 84,45 km/h); EN.: m² = m/s s² Hausaufgabe 52 Ein 1500 kg schweres Fahrzeug fährt anfangs mit einer Geschwindigkeit von 12 m/s entlang einer horizontalen Straße. Dann rollt es (ohne eigenen Antrieb) einen 9 m hohen, flachen Abhang herunter. Wie groß ist seine kinetische Energie und seine Geschwindigkeit, wenn es unten angekommen ist? Lösen Sie die Aufgabe mit Hilfe einer „Energietabelle“! Lösung: Bevor wir den Energieerhaltungssatz formulieren, soll noch der Begriff eines abgeschlossenen Systems erläutert werden. Wir verstehen darunter ein physikalisches System, dem von außen Energie weder zugeführt noch entzogen wird. Alle energetischen Umwandlungen vollziehen sich also innerhalb des betrachteten Systems. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 80 Physik BG11 Unter einem abgeschlossenen System verstehen wir ein physikalisches System, dem von außen weder Energie zugeführt noch entzogen wird. Es handelt sich dabei wieder um ein gedankliches Modell, das wir uns machen, um die physikalische Beschreibung zu vereinfachen. In der Praxis ist es schwierig, ein abgeschlossenes System herzustellen. Selbst die gesamte Erde kann nicht als abgeschlossenes System betrachtet werden, da sie von der Sonne Strahlung empfängt. Wir formulieren nun den Energieerhaltungssatz der Mechanik: Bei einem abgeschlossenen, mechanischen System bleibt bei Reibungsfreiheit die Summe aus potenzieller und kinetischer Energie konstant. Übungsaufgabe: Auf einer schiefen Ebene mit Neigungswinkel 15° befindet sich in h = 0,8 m Höhe eine Kugel in Ruhe. Sie rollt nun mit zunehmender Geschwindigkeit die Rampe hinunter (die Rotationsenergie sei hier vernachlässigt). Welche Geschwindigkeit hat sie erreicht, wenn sie a) einen Meter gerollt ist; b) die halbe Höhe erreicht hat; c) unten angekommen ist? Lösung: a) Anfangszustand: Ekin = 0. Epot =mgh = m·7,848 m²/s². Endzustand: Ekin = 1/2mva2. Epot = mgha. Berechnung von ha: sin 15° = (h-ha)/1 m ⇒ h-ha = 0,2588 m ⇒ ha = h - 0,2588 m = 0,5412 m Epot = m·g·0,5412 m = m·5,309 m²/s² Wir legen eine Energietabelle an und tragen die bisherigen Erkenntnisse dort ein. Epot Ekin Eges vorher (h) m·7,848 m²/s² 0 m·7,848 m²/s² nachher (ha) m·5,309 m²/s² 1 m·5,309 m²/s²+1/2m va2 /2m va2 Nach dem Energieerhaltungssatz muss die Gesamtenergie vorher und nachher gleich sein: m·7,848 m²/s² = m·5,309 m²/s²+1/2m va2 |:m 7,848 m²/s² = 5,309 m²/s²+1/2 va2 | - 5,309 m²/s² 2,539 m²/s² = 1/2 va2 |×2|√ va = 5,078 m²/s² = 2,253 m/s b) Anfangszustand wie bisher. Endzustand: Epot = mgh/2 = m·3,924 m²/s². Ekin = 1/2mvb2. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 81 Physik BG11 Ekin Epot vorher (h) nachher (hb) m·7,848 m²/s² 0 m·3,924 m²/s² 1 /2m vb Eges m·7,848 m²/s² 2 m·3,924 m²/s²+1/2m vb2 Nach dem Energieerhaltungssatz muss die Gesamtenergie vorher und nachher gleich sein: m·7,848 m²/s² = m·3,924 m²/s²+1/2m vb2 |:m 7,848 m²/s² = 3,924 m²/s²+1/2 vb2 | - 3,924 m²/s² 3,924 m²/s² = 1/2 vb2 |×2|√ vb = 7,848 m²/s² = 2,801 m/s c) Anfangszustand wie bisher. Endzustand: h=0 ⇒ Epot = 0. Ekin = 1/2mvc2. Epot Ekin Eges vorher (h) m·7,848 m²/s² 0 m·7,848 m²/s² nachher (hc) 0 1 1 /2m vc2 /2m vc2 Nach dem Energieerhaltungssatz muss die Gesamtenergie vorher und nachher gleich sein: m·7,848 m²/s² = 1/2m vc2 7,848 m²/s² = vc = 1 |:m |×2|√ /2vc2 15,696 m²/s² = 3,962 m/s Hausaufgabe 53 Auf einer schiefen Ebene mit Neigungswinkel 15° befindet sich in h = 0,8 m Höhe eine Kugel in Ruhe (s. ÜA aus dem Unterricht). In welcher Höhe hx und nach welchem Rollweg sx hat sie die Hälfte ihrer Endgeschwindigkeit erreicht? Lösung: vx = ; Ekin = Übungsaufgabe: Eine Kugel (m=100 g, R=1,2 cm) hängt an einem Faden der Länge l=30 cm. Der Faden wird um den Winkel α=20° aus der Vertikalen ausgelenkt. Welche maximale Geschwindigkeit vmax erreicht die Kugel und wo? Lösung: Die max. Geschwindigkeit muss im tiefsten Punkt erreicht werden, da dort die pot. Energie minimal wird. Legen wir das Nullniveau auf den Kugelmittelpunkt 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 82 Physik BG11 am tiefsten Punkt, gilt dort Epot,unten=0. Dort ist dann Ekin,unten=Eges, also maximal. Andererseits hat die Kugel bei der maximalen Auslenkung (α=20°) keine Geschwindigkeit. Daher ist ihre kinetische Energie im Umkehrpunkt null. Wir legen eine Energietabelle an und tragen die bisherigen Erkenntnisse dort ein. Epot oben (α=20°) unten (α=0°) Ekin mgh 0 0 1 /2m vmax Eges mgh 2 1 /2m vmax2 Um vmax zu berechnen, ist die Kenntnis der Höhe h notwendig. Aus der Zeichnung sieht man, dass l+R = a+h sein muss. Wir setzen zur Abkürzung l+R = l’ l’ = 30 cm + 1,2 cm = 31,2 cm = 0,312 m Aufgelöst nach h ergibt sich somit h = l’ - a Die Seite a ergibt sich als Kathete zu a = l’·cos α. Also ist h = l’ - l’·cos α = l’·(1-cos α) h = 0,312 m·(1 - cos 20°) = 0,01882 m Am Anfang ist die potentielle Energie Epot,oben = m·g·h = 0,1 kg·9,81 m/s²·0,01882 m = 0,01846 J EN.: kg·m/s²·m = kg m² /s² = J Wir ergänzen nun unsere Energietabelle: Epot Ekin Eges oben (α=20°) mgh=0,01846 J 0 mgh=0,01846 J unten (α=0°) 0 1 1 /2m vmax2 /2m vmax2 Aufgrund des Energieerhaltungssatzes muss die Gesamtenergie oben und unten gleich sein. Somit erhalten wir: 1 /2m vmax2 = 0,01846 J Aufgelöst nach vmax ergibt sich: vmax = 2·0,01846J/0,1kg = 0,6076 m/s Zusatzfrage: a) Wird sich die Maximalgeschwindigkeit mit zunehmender Masse erhöhen oder erniedrigen? b) Wie kann man durch die Veränderung der Fadenlänge die Geschwindigkeit verdoppeln (ungefähr)? Lösung: a) b) 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 83 Physik BG11 Hausaufgabe 54 Ein Körper der Masse m=1 kg wird senkrecht nach oben geschleudert. Beim Abwurf besitzt er die Anfangsgeschwindigkeit v0=17,5 m/s. a) Berechnen Sie seine kinetische Energie. b) Welche Steighöhe hmax erreicht der Körper? Legen Sie dazu eine „Energietabelle“ an (unten/oben)! c) Welche Höhe würde er bei doppelter Anfangsenergie bzw. bei doppelter Anfangsgeschwindigkeit erreichen (ohne Rechnung)? d) In welcher Höhe h½ ist seine Geschwindigkeit auf die Hälfte der Anfangsgeschwindigkeit gesunken? (Ergänzen Sie die Energietabelle.) Lösung: a) Ekin= b) (vgl. die kinematische Berechnung auf S. 32) c) doppelte Anfangsenergie: ; doppelte Anfangsgeschwindigkeit: d) . Bei der Besprechung darauf eingehen, dass die Angabe der Masse nicht nötig wäre. 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 84 Physik BG11 Inhaltsverzeichnis 1 2 Das internationale System (SI) der Maßeinheiten ............................... 1 1.1 Längenmessung: Der Meter ....................................................... 1 1.2 Zeitmessung: Die Sekunde ........................................................ 2 1.3 Die Masse und das Kilogramm.................................................... 4 1.4 Der Strom und das Ampere........................................................ 5 1.5 Zusammenfassung.................................................................... 5 Bewegung eines Massenpunktes (Kinematik) ..................................... 6 2.1 Die geradlinig gleichförmige Bewegung ....................................... 6 2.1.1 Die Geschwindigkeit ............................................................ 6 2.1.2 Das Weg-Zeit-Diagramm...................................................... 9 2.1.3 Einheiten der Geschwindigkeit .............................................12 2.1.4 Die Durchschnittsgeschwindigkeit.........................................13 2.1.5 Die Momentangeschwindigkeit .............................................14 2.1.6 Das Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm...................................15 2.1.7 Addition von Geschwindigkeiten ...........................................17 2.2 Die gleichmäßig beschleunigte Bewegung ...................................18 2.2.1 Definition der Beschleunigung..............................................18 2.2.2 Geschwindigkeits-Zeit Gesetz der gleichmäßig beschleunigten Bewegung ....................................................................................20 2.2.3 Weg-Zeit-Gesetz der gleichmäßig beschl. Bewegung ..............24 2.2.4 Geschwindigkeit als Funktion des Ortes.................................26 2.2.5 Zusammengesetzte Bewegungen .........................................27 2.2.6 Zusammenfassung .............................................................29 2.2.7 Die Erdbeschleunigung........................................................29 2.3 3 Wirkung von Geschwindigkeit und Beschleunigung auf den Menschen 33 Kräfte als Bewegungsursache (Dynamik)..........................................35 3.1 Das erste Newtonsche Axiom ....................................................35 3.2 Das zweite Newtonsche Axiom ..................................................36 3.2.1 Die Gewichtskraft...............................................................38 3.2.2 Richtung und Angriffspunkt .................................................40 3.2.3 Das allgemeine Gravitationsgesetz .......................................41 3.2.4 Kraftmessung mit Federn ....................................................43 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 85 Physik BG11 4 5 3.3 Das dritte Newtonsche Axiom....................................................44 3.4 Wirkung mehrerer Kräfte ..........................................................46 3.4.1 Addition von Kräften...........................................................46 3.4.2 Kräftezerlegung .................................................................47 Die Kreisbewegung........................................................................49 4.1 Die Bahngeschwindigkeit ..........................................................49 4.2 Die Frequenz...........................................................................50 4.3 Die Winkelgeschwindigkeit ........................................................51 4.4 Die Rollbewegung ....................................................................54 4.5 Die Radial- oder Zentripetalbeschleunigung ................................56 4.6 Kräfte bei der Kreisbewegung....................................................57 Mechanische Arbeit und Energie ......................................................62 5.1 Physikalische Definition von Arbeit und Energie ...........................62 5.1.1 Definition der Energie .........................................................62 5.1.2 Der Begriff der Arbeit .........................................................63 5.1.3 Definition der Arbeit ...........................................................64 5.2 Winkel zwischen Kraft und Weg .................................................66 5.3 Die Hubarbeit ..........................................................................67 5.4 Die potenzielle Energie oder Lageenergie ....................................69 5.5 Die Beschleunigungsarbeit ........................................................73 5.6 Die Bewegungsenergie oder kinetische Energie ...........................75 5.7 Der Energieerhaltungssatz der Mechanik ....................................78 11.10.15, 23:26 © K.-B. Rohloff BG11_2014_P.doc 86