Erasmus-Erfahrungsbericht Dass ich während meiner Studienzeit

Werbung
Luisa Siep – BA Sozialwissenschaften
Erasmus-Erfahrungsbericht
Dass ich während meiner Studienzeit gerne ein Semester im Ausland absolvieren
möchte, stand für mich von vornerein fest. Doch wohin sollte die Reise gehen? In ein
südeuropäisches Land: Frankreich, Italien oder Spanien? Schließlich hatte ich diese
Sprachen bereits zu Schulzeiten gelernt. Oder doch in eines der skandinavischen
Länder – seitdem ich eine Freundin aus Schweden nach meinem Abitur besucht habe,
war ich von Skandinavien fasziniert. Oder gar in ein außereuropäisches Land?
Amerika oder Australien, wo ein Teil meiner Familie wohnt?
Zuerst einmal informierte ich mich auf der Homepage des Internation Offices über das
Angebot von Partneruniversitäten meines Instituts. Sofort sprang mir Kopenhagen ins
Auge: eine Stadt, in der ich noch nie war, jedoch auf meiner Liste der noch zu
bereisenden Städte in Europa weit oben war. Leider musste ich feststellen, dass diese
Partnerschaft ruht. Also doch lieber auf eigene Faust eine Universität in Schweden
ausfindig machen und mir mein Auslandsaufenthalt selbstständig organisieren? Oder
wie meine Mitbewohnerin nach Finnland gehen? Doch die ganze Dunkelheit und Kälte
im Winter, wär das etwas für jemanden wie mich, der die Sonne und den Sommer doch
so liebt? Schließlich viel mein Blick auf die Anglia Ruskin University in Cambridge.
Cambridge, wow. Eliteuniversität. Nun ja, hier war ich mir sehr schnell darüber im
klaren, dass es sich bei der Anglia Ruskin „nur“ um den kleinen Bruder der offiziellen
und berühmten University of Cambridge handelt. Trotzdem: an einer englischen
Universität studieren, das hat Charme und vor allen Dingen Reputation. Auch von
meiner Cousine und einer Freundin, die beide ihren Master in England absolviert
haben, habe ich nur positives erfahren. Nach einem Beratungsgespräch bei Herrn Dr.
Quetsch im Büro, verfasste ich früh genug im Juni 2014 meine Bewerbung und war
überzeugt von meinem Vorhaben. Durch einen Kommilitonen, der sich für die selbe
Universität beworben hatte, erfuhr ich im Frühherbst dann, dass die Partnerschaft mit
der Anglia Ruskin möglicherweise nicht mehr zu Stande kommen würde. Voller Panik
suchte ich den Kontakt mit Herrn Dr. Quetsch erneut auf, der mir dazu riet eine
„Reservebewerbung“ für die Universität meiner zweiten Wahl zu verfassen. Gesagt
getan, ich war nun so von Großbritannien als Studienort überzeugt, dass ich mich an
der University of Scotland als zweite Wahl bewarb.
Im Frühjahr 2015 hatte ich dann aber die Bestätigung, dass ich für die Anglia Ruskin
als Gaststudent nominiert worden bin. Ende Juni - meiner Meinung nach etwas spät
Luisa Siep – BA Sozialwissenschaften
für die genaue Planung, obwohl mir mündlich durch Herrn Dr. Quetsch so gut wie
zugesagt wurde, aber man fragt sich ja dennoch, ob nicht doch noch etwas
dazwischenkommen könnte, die Bewerbung nicht richtig oder vollständig war, oder die
Gastuniversität einen aus anderen Gründen ablehnen könnte - erhielt ich dann die
Zusage von der Anglia Ruskin University. Der Mailkontakt mit dem International Office
dort verlief über die ganze Zeit hinweg reibungslos. Nun musste ich ein Learning
Agreement für die Gastuniversität anfertigen. Dies konnte ich mit Hilfe des
Vorlesungsverzeichnisses im Internet erstellen. Jedoch habe ich nicht so recht
verstanden, wieso dieses im Anschluss ein paar Monate später erneut für die
Erasmusformulare benötigt wurde inklusive all der Unterschriften. Dieses Verfahren ist
meiner Meinung nach ausbaufähig, und könnte dem Studenten Zeit sparen und
unnötige Gänge in Büros der Dozenten / Auslandskoordinatoren ersparen.
Glücklicherweise wurden mir alle gewünschten Kurse von beiden Seiten genehmigt.
Die Suche nach einer geeigneten Unterkunft in England erwies sich als sehr schwierig.
Wie ich von meiner Mitbewohnerin, die ihr Auslandssemester in Finnland absolviert
hatte, erfahren hatte, wurde dort jedem Erasmus-Student ein Wohnheimsplatz zur
Verfügung gestellt. Dies war leider in Cambridge nicht der Fall, lediglich den „OverseaInternationals“ oder Gaststudenten, die länger als ein Semester dort studieren würden,
wurde ein Wohnheimsplatz gewährt. So suchte ich durch Tipps von vorherigen
Austauschstudenten und Freunden auf den Internetseiten gumtree.co.uk sowie
spareroom.co.uk. Insgesamt schickte ich zahlreiche Bewerbungen heraus, merkte
aber relativ schnell, dass „short term rents“ sehr unbeliebt waren. Nach insgesamt 3
Skypegesprächen hatte ich dann ein kleines Zimmer bei einer Dame in den 50ern, die
einen Hund hatte und von der ich sonst nicht viel wusste. Mit 480 £, also umgerechnet
650€ (Wobei sich leider der Umrechnungskurs für mich während meines Aufenthalts
verschlechtert hat, sodass es später 690€ waren), lag dieses Zimmer an meinem
oberen Limit. Doch insgesamt im Vergleich zu den anderen Studenten, war ich sehr
zufrieden mit meiner Unterkunft. Das Zimmer war zwar sehr klein und die Hygiene
auch nicht die beste, aber ich kam mit meiner Vermieterin sehr gut zurecht und andere
hatten es dort weitaus schlimmer getroffen mit strikten Regeln und eine musste sogar
ihre Unterkunft nach nur 3 Wochen verlassen. Dennoch hätte ich mir hier stärkere
Unterstützung seitens der Universität gewünscht.
Meine Studienzeit in England war sehr lehrreich. Ich hatte zwar nur montags und
dienstags
Vorlesungen,
musste
jedoch
für
jeden
Kurs
mindestens
zwei
Luisa Siep – BA Sozialwissenschaften
Abschlussprüfungen absolvieren, sodass ich den Rest der Woche meistens in der
Bibliothek war und an meinen Essays gearbeitet habe oder Reading-Aufgaben für die
kommende Woche erledigt habe. In den Seminaren und Vorlesungen herrschte ein
angenehmes Arbeitsklima, die Dozenten waren sehr freundlich und hilfsbereit. So
konnten wir mit Rohfassungen unserer Essays in ihre Sprechstunden kommen und
diese besprechen. Generell war das Dozenten-Studenten-Verhältnis lockerer als in
Deutschland, was eventuell daran liegen mag, dass man sich auch mit Vornamen
angesprochen hat. Insgesamt würde ich sagen, dass ich gerade durch das
selbstständige Lernen erfolgreicher und intensiver gelernt habe als ich es in Düsseldorf
tu bzw. von mir verlangt wird.
Das Leben in England war, wie bereits erwähnt, sehr teuer. Dennoch haben wir in
unserer Gruppe, bestehend aus Gaststudenten aus Amerika, Dänemark, Schweden,
den Niederlanden und Frankreich, viel unternommen; wir waren in Pubs, feiern,
zusammen im Uni nahen Fitnessstudio oder haben Städtetrips ins nahegelegene
London, Oxford oder zu den Stonehenge gemacht. Auch durch die Nähe an den
Flughafen London Stansted und den Angeboten von und nach Deutschland mit
Ryanair, habe ich viel Besuch von zu Hause bekommen, bin aber auch selbst auf
Reisen gegangen mit meinen „englischen“ Freunden: 3 Städtetrips nach Dublin, Oslo
und Edinburgh.
Abschließend kann ich sagen, dass mein Auslandsaufenthalt mich stark geprägt hat
und mir viel Spaß bereitet hat. Ich habe neue Freundschaften geschlossen, viele
interessante Gespräche geführt, tolle Orte besichtigt und natürlich auch mein Englisch
verbessert. Das einzige was ich kritisch sehe, ist zum einen die Unterkunftssituation in
England, und zum anderen die teuren Preise. Hier hatte ich mich häufiger gefragt, ob
da das Erasmusfördergeld nicht besser verteilt werden könnte. Von Freunden, die ihr
Semester in Tschechien oder Estland verbracht haben, wusste ich, dass sie mehr als
genug Geld haben und zusätzlich bekommen. Eine sinnvollere Verteilung abhängig
vom Lebensstandard in Gast- und Herkunftsland fände ich hier angebracht.
Nichtsdestotrotz, würde ich jedem empfehlen ein Auslandssemester zu absolvieren
und denke auch für mich, dass dies nicht das letzte Mal war, dass ich für eine längere
Zeit im Ausland gelebt habe.
Herunterladen