Die Wurzeln einer Globalen Ethik

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Forschung
Die Wurzeln einer Globalen Ethik
Das Lebenswerk Gustav Menschings wird neu entdeckt
Als einen frühen Vorreiter der „Globalen Ethik“ hat Theologie-Professor Dr.
Udo Tworuschka den Religionswissenschaftler Gustav Mensching (1901-78)
entdeckt. Mensching untersuchte bereits zu Zeiten, als in Deutschland der
Nationalsozialismus mit seinen ethnisch
geprägten Wertvorstellungen
vorherrschte, die großen Weltreligionen vorbehaltsfrei und erkannte eine Universalethik mit menschheitsverbindenden
Werten. Davon handelt eines seiner
Hauptwerke „Gut und Böse im Glauben
der Völker“, das 1941 ( 2. Auflage 1951)
erschien. Am 6. Mai 2001 wäre Gustav
Mensching 100 Jahre alt geworden.
„Seine Ethik ist gegen die rassistischen Ideologien geschrieben“, bemerkt
Tworuschka. „Vor allem ist es in der damaligen Zeit erstaunlich, dass er aus einem religionsvergleichenden Ansatz die
ethische Verantwortung bereits bei einem entscheidungsautonomen Individuum sucht und nicht in das Kollektiv einer
,Volksgemeinschaft’ verlegt.“ Damit
steht Mensching im Widerspruch zu den
Auffassungen seiner Zeit und nimmt bereits moderne Überlegungen vorweg,
wie sie etwa der Tübinger Theologe Hans
Küng anstellt.
Begründer seines Faches
Gustav Mensching hatte seit 1927
eine Professor in Riga inne, dann seit
1936 in Bonn und gilt als einer der maßgeblichen Begründer der „Religionswissenschaft des Verstehens“ in Deutschland. Zu seinen Verdiensten gehört es,
sein Fach gegenüber den Theologien einerseits und den orientalistischen Dis-
Der Religionswissenschaftler Gustav Mensching wäre im Mai 100 Jahre alt geworden.
ziplinen andererseits etabliert zu haben.
Auch wenn der Gelehrte betont, dass
Religionswissenschaft keine Wahrheitsund Wertfragen beantworten kann, so
ergibt eine Re-Lektüre seiner Werke,
dass sie eine starke ethische Ausrichtung besitzen.
„Damit hatte er vollkommen recht“, erläutert Tworuschka. „Denn die grundlegenden Wertvorstellungen findet man in
allen großen Weltreligionen gleichermaßen und nur in leicht unterschiedlichen
Nuancen formuliert.“ So entspricht etwa
dem christlichen Gebot „Du sollst nicht
töten“ der buddhistische Glaubenssatz
„Ich will nicht töten“. Auch der Koran bestätigt für die islamische Welt, dass,
wenn jemand einen Menschen töte, die-
se Tat genauso verwerflich sei wie ein
Mord an der ganzen Menschheit. „Dahinter steckt die ethische Überzeugung,
dass das Leben eines jeden Menschen
an sich wertvoll und nicht aufrechenbar
ist“, erklärt Udo Tworuschka.
Ähnlich verhalte es sich mit anderen
ethischen Werten, etwa der Toleranz
oder der Menschenwürde. „Die großen
Religionen sind die Hüter des menschheitlichen Ethos“, fasst Tworuschka unter Berufung auf Mensching zusammen.
Gerade in Zeiten eines grassierenden religiösen Fundamentalismus lohne es
sich, die ursprünglichen Texte genau zu
studieren – und darin die Illegitimität der
fundamentalistischen Ideologien bestätigt zu finden.
Gerade deshalb lohne es aber auch,
Gustav Mensching wieder zu lesen und
neu zu entdecken. Der Religionswissenschaftler Udo Tworuschka unternimmt
dies in einem eigenen Forschungs- und
Editionsprojekt. Sein Buch „Religionswissenschaft und ethische Verantwortung. Weltethos und Toleranz bei Gustav
Mensching“ soll im nächsten Jahr erscheinen. An der Universität Jena beginnt am 17. Mai um 18.15 Uhr eine Reihe mit „Gustav Mensching-Vorlesungen
für religiöse Toleranz“; in Hörsaal 235 im
Unihauptgebäude spricht Prof. Dr. Richard Friedli (Fribourg) über „Toleranz
und Intoleranz als Thema der Religionswissenschaft“.
wh
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Udo Tworuschka
Tel.: 03641/941160, Fax: 941002
E-Mail: [email protected].
uni-jena.de
Digitale Lehre im Verbund
Ein Verbundprojekt, um neue multimediale Lehr- und Lernmethoden an Thüringer Hochschulen zu entwickeln und so
die Qualität und die Internationalisierung der Lehre zu verbessern, haben Psychologen der Uni Jena begonnen. Prof. Dr.
Wolfgang Frindte und Dipl.-Psych. Kitty Dumont arbeiten dabei eng mit Jenaer Informatikern und den Unis in Erfurt, Ilmenau und Weimar zusammen. Das Erfurter Wissenschaftsministerium fördert das Vorhaben mit rund 312 000 Mark.
Unter dem Arbeitstitel „Digital Teaching Workspace“, haben
die Wissenschaftler eine technische Plattform zur Digitalisierung und Verwaltung von Lehr- und Lernmaterialien entwickelt
und damit bereits im letzten Jahr am Jenaer Institut für Psychologie Modell-Lehrveranstaltungen durchgeführt. Ziel ist es
nun, ein thüringenweites funktionierendes Lehr- und Lernnetz
anzubieten. Infos: www.uni-jena.de/svw/compsy/digteach/.
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Uni-Journal Jena 04/01
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