regie und regiment

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REGIE UND REGIMENT
Deutschland und das Militär
in dokumentarischen Filmen von 1914 - 1989
Herausgeber des Programmheftes:
Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin
Fehrbelliner Platz 3, 10707 Berlin
Arbeitsgruppe:
Barbara Heinrich-Polte, Jan Kindler (MHM Dresden), Helge Siegert, Andreas Weber
Layout und Redaktion: Barbara Heinrich-Polte
Umschlaggestaltung: Grafik Design M&S Hawemann, Berlin
Satz und Druck: Eva-Rosina Schulz Druck & Medien e.K., Berlin
Redaktionsschluss: 12. Oktober 2010
Eine Retrospektive
des Bundesarchiv-Filmarchivs
und des
Militärhistorischen Museums der Bundeswehr
auf dem
53. Internationalen Leipziger
Festival für Dokumentar- und Animationsfilm
19. bis 24. Oktober 2010
im CineStar
Zum Geleit
Inhalt
Seite
Zum Geleit
Hartmut Weber
Präsident des Bundesarchivs
3
Zum Geleit
Matthias Rogg
Leiter des Militärhistorischen Museums
5
Künstliche Nebel, gespielter Krieg
Eine Retrospektive zu dokumentarischen
Filmen mit militärischen Sujets bis 1989
Jan Kindler
7
Filme der Retrospektive
13
Programm
44
Film-Register
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Zukunft braucht Herkunft: um die Gegenwart zu
verstehen und die Zukunft gestalten zu können,
bedarf es der historischen Dimension. Insofern
können Archive wie andere Kultureinrichtungen
mit dem Kulturerbe, das sie bereit stellen, zur
Diskussion und Konsensbildung in Staat und
Gesellschaft beitragen.
Zu den aktuellen Themen der politischen und gesellschaftlichen Diskussion gehören auch militärische Fragen. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr bewegen die Bürgerinnen und Bürger ebenso
wie die Besorgnisse, die Soldatinnen und Soldaten
bei ihren gefährlichen Aufgaben bestmöglich zu
schützen oder das Für und Wider der Wehrpflicht.
So ist es zweifellos anregend, auch in diesem
Bereich den Blick zurück zu wenden.
Die Rolle des Militärs im Staat und sein gesellschaftspolitischer Stellenwert hat sich im 20. Jahrhundert stark verändert und entwickelte sich zudem in beiden deutschen Staaten zwischen 1949
und 1989 sehr unterschiedlich. So haben sich das
Filmarchiv des Bundesarchivs und das Militärhistorische Museum in Dresden entschlossen, das
Verhältnis zwischen Militär, Staat und Gesellschaft
in der jüngeren deutschen Geschichte an Filmbeispielen deutlich zu machen.
Die Retrospektive ‚Regie und Regiment’ illustriert
mit 35 Filmen die zeitbedingte Rolle des Militärs und
des Selbstverständnisses der Soldaten und der
militärischen Führung in der Zeit von 1914 bis 1989.
In dieser Form und Ausführlichkeit der Betrachtung
steht diese Retrospektive bisher in Deutschland
allein. Der aus den Filmen der Retrospektive ablesbare Stellenwert des Militärs und dessen Selbstverständnis im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus sowie
in der Zeit des Kalten Krieges in beiden deutschen
Staaten lässt gerade im Vergleich die Unterschiede
erkennen und macht Kontinuitäten und Brüche
sichtbar.
2
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Gezeigt werden in der Retrospektive Werbefilme
zur Personalgewinnung von Soldaten und zur Pflege eines bestimmten Erscheinungsbildes in der
Öffentlichkeit, Lehr- und Ausbildungsfilme, Filme
zum Militär als Wirtschaftsfaktor, Filme zur bewussten Inszenierung und Überhöhung des Soldatenberufs, Filme, die Soldaten als Genossen und solche, die Soldaten als „Bürger in Uniform” darstellen
und Filme, die den Geschlechtern im Krieg eindeutige Rollen zuweisen. Zwei Programme mit insgesamt neun Filmen sind den Themen der Darstellung, Verharmlosung und Umdeutung von Kriegsleid gewidmet. Von besonderem Interesse dürfte
dabei sein, in welchem Maße gerade Filme mit
militärischen Inhalten in totalitären Systemen zur
Manipulation und zur Durchsetzung gesellschaftlicher Ziele instrumentalisiert wurden.
Über diese erste Zusammenarbeit mit dem Militärhistorischen Museum in Dresden freue ich mich und
danke dem Leiter des Museums, Herrn Oberstleutnant Matthias Rogg und seinem Team ganz
herzlich. Den Kuratoren der Retrospektive, Herrn
Jan Kindler vom Militärhistorischen Museum und
Frau Barbara Heinrich-Polte aus meinem Hause
danke ich für die Auswahl und Zusammenstellung
des Filmprogramms. Mein Dank gilt gleichermaßen den übrigen mit der Retrospektive befassten
Mitarbeitern des Bundesarchivs, den Praktikanten
Helge Siegert und Andreas Weber, sowie der
Arbeitsgruppe des Filmarchivs, die mit großem
Einsatz inhaltliche, organisatorische und vor allem
technische Herausforderungen bewältigt hat.
Dem Publikum der Retrospektive wünsche ich
anregende Momente in der Auseinandersetzung
mit diesen auf das Militär in Deutschland bezogenen
Filmdokumenten.
Prof. Dr. Hartmut Weber
Präsident des Bundesarchivs
Zum Geleit
Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in
Dresden wird zur Zeit nach Plänen des Architekten
Daniel Libeskind und auf Grundlage eines innovativen Ausstellungskonzeptes baulich und inhaltlich
zu einem der größten und modernsten Museen für
Militärgeschichte umgestaltet. Die Eröffnung ist für
Ende 2011 vorgesehen. Bei der damit verbundenen
musealen Neugestaltung hin zu modernen, kulturhistorischen Fragestellungen spielen Medien eine
herausragende Rolle. Einerseits sind heutige Ausstellungs- und Museumsbesucher fast aller Altersund Sozialgruppen an unterschiedlichste Formen
medialer Kommunikation gewöhnt. Andererseits
muss ein kulturgeschichtlich orientiertes Museum
Medien aber auch selbst als historisch bedeutsames Vehikel einer Vermittlung von Geschichte
thematisieren. Dem Massenmedium Film kommt
dabei für eine museale Darstellung von Militär und
Gesellschaft im kriegerischen 20. Jahrhundert eine
besondere Bedeutung zu.
Unser Ziel ist es, den zukünftigen Besuchern
unseres Museums in einer Vielzahl größtenteils
interaktiver Medienstationen innerhalb der Ausstellung sowie in begleitenden Filmprogrammen
auch noch unbekannte historische Filmdokumente
präsentieren zu können. Dafür recherchieren Wissenschaftler des Museums und verschiedene freie
Mitarbeiter seit mehreren Jahren in den umfangreichen historischen Beständen des zentralen deutschen Filmarchivs, des Bundesarchiv-Filmarchivs.
Große Mengen militärisch relevanten historischen
Filmmaterials wurden bereits systematisch gesichtet und ausgewertet, teilweise bislang Unbekanntes neu entdeckt. Ermöglicht wurde diese Arbeit
durch eine Kooperation mit dem BundesarchivFilmarchiv. Neben dem Deutschen Rundfunkarchiv,
dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland in Bonn und dem Deutschen
Historischen Museum in Berlin gehört das
Bundesarchiv damit zu den wichtigsten institutio4
5
nellen Partnern des Museums. Ohne sie wäre eine
Neueröffnung im nächsten Jahr nicht möglich.
Wir freuen uns deshalb besonders, dass nun schon
vor Eröffnung des Museums Teile der Ergebnisse
dieser langwierigen Vorbereitungsarbeiten im
Rahmen einer gemeinsamen Retrospektive von
Bundesarchiv und Militärhistorischem Museum den
Weg in die Öffentlichkeit finden. Die von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe aus Archiv und Museum
erarbeitete Retrospektive wird anschaulich Auskunft über die filmische Darstellung verschiedener
Aspekte im Verhältnis von Militär und Gesellschaft
geben. Aktuelle Diskussionen über die mediale
Repräsentation von Krieg und Militär erhalten so
eine bereichernde historische Dimension. Aufgrund
des besonderen Charakters der ausgesuchten
Filmmaterialien, die in zumeist staatlich kontrollierten Produktionsstrukturen entstanden, wird
dabei ihre Kontextualisierung besondere Bedeutung haben. Vor allem Filme aus der ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts repräsentieren häufig eine
offiziöse, staatliche Sicht auf Krieg und Militär, die es
offen zu legen und in ihren historischen Kontext zu
stellen gilt. Anders als im Museum, in dem interaktive Medienstationen eine umfangreiche, besuchergesteuerte Begleitung historischer Filmmaterialien
durch Text- und Bildangebote ermöglichen werden,
muss dies im Kino eine kritische Einführung leisten,
eine Interaktion der Besucher erfolgt dann im
Rahmen einer anschließenden Diskussion.
In diesem Sinne wünsche ich der Retrospektive
nicht nur ein großes, sondern auch ein diskussionsfreudiges Publikum.
PD Dr. Matthias Rogg
Oberstleutnant und Leiter des
Militärhistorischen Museums der Bundeswehr
Künstliche Nebel, gespielter Krieg
Eine Retrospektive zu dokumentarischen Filmen
mit militärischen Sujets bis 1989
Jan Kindler
Betrachtet man die Geschichte von Militär und
Gesellschaft unter modernen, kultur- und mentalitätsgeschichtlichen Aspekten, gerät zwangsläufig
der Mensch in den Mittelpunkt der Betrachtung. Es
stellt sich die Frage nach den Ursachen und dem
Wesen von Gewalt, nach den Wünschen, Ängsten
und Hoffnungen von Menschen, nach ihren
Erinnerungen, ihrem Mut und ihrer Vernunft. Krieg
ist nur verständlich, wenn auch die Natur des
Menschen zur Grundlage genommen wird.
Nicht zufällig beruht die Konzeption der diesjährigen, gemeinsam von Bundesarchiv und Militärhistorischem Museum kuratierten Filmretrospektive
auch auf diesen Grundgedanken, die schon für
das Rahmenkonzept der Ende 2011 eröffnenden
neuen Dauerausstellung des Militärhistorischen
Museums der Bundeswehr grundlegend waren.
Denn gerade zielgerichtete, häufig im Auftrag
offizieller Stellen produzierte historische Filme
geben Auskunft darüber, auf welche zeitgebundenen Wünsche, Hoffnungen oder Ängste sie
spekulierten und welche Angebote sie an das
zeitgenössische Publikum machten.
Die ersten vier Programme folgen diesem anthropologischen Ansatz. Ausgehend von einer zyklischen
Form, nach der Menschen das System Militär erleben, präsentiert das erste Programm Werbefilme
deutscher Streitkräfte, mit denen Menschen für das
Militär geworben wurden, gefolgt von Lehr- und
Ausbildungsfilmen, mit deren Hilfe sie ausgebildet
wurden. Zwei weitere Programme zeigen filmische
Darstellungen des physischen und psychischen
Leidens am Krieg sowie dessen Umdeutung und
gezielte filmische Instrumentalisierung. Der zweite
Programmblock wird sich generellen Themen
widmen, die in der Überlieferung dokumentarischer
Filme mit militärischen Sujets deutliche Spuren
hinterlassen haben.
6
7
Einem erweiterten, kulturhistorisch orientierten Verständnis von Filmgeschichte folgend deckt das
Programm auch ästhetisch weniger herausragende
Randbereiche der filmischen Überlieferung ab. Es
gehört zu den Anliegen der diesjährigen Retrospektive, den Blick zu weiten und unser noch immer vorrangig durch Aufnahmen der NS-Kriegswochenschau geprägtes Bild des Militärs im Zeitalter der
Weltkriege um weithin unbekanntes Filmmaterial
zu bereichern, ohne dabei militärisches Sujet mit
ideologischer Vehemenz gleichzusetzen.
Der zeitliche Schwerpunkt der präsentierten Filme,
die in der Regel Mischformen aus Dokumentar- und
Spielfilm darstellen, liegt auf der Zeit vor 1945 und
hier auf der Phase nationalsozialistischer Herrschaft. In dieser Phase findet sich die mit Abstand
größte Anzahl von Filmen mit mittel- oder unmittelbar
militärischer Thematik. Ausgesuchte Beispiele aus
den angrenzenden Zeitabschnitten werden einen
epochenübergreifenden Blick auf die Entwicklung
filmischer Darstellungsformen ermöglichen. Die
überreich vorhandene Überlieferung von Filmen aus
der Zeit des Kalten Krieges wird dabei bewusst nur in
Einzelfällen berücksichtigt, da hierzu eine eigene
Retrospektive geplant ist.
„Vorführung nur in geschlossenen Veranstaltungen von Wehrmacht und Gliederungen der
Partei” – Herstellung und Rezeption
Dokumentarische Filme mit militärischen Sujets
entstanden in Deutschland zu jeder Zeit sowohl
innerhalb als auch außerhalb der Streitkräfte, häufig
auch als „grenzüberschreitende” Auftragsproduktionen. Auf ziviler Seite schufen die großen Filmkonzerne im Laufe der dreißiger Jahre auf militärische Themen spezialisierte Herstellungsgruppen,
deren Protagonisten häufig über persönliche Verbindungen zu staatlichen Stellen verfügten. Beispiele sind Produzent Herbert Stöppler bei der Tobis
oder Regisseur Martin Rikli bei der Ufa. Andererseits
kam es im Kontext beider Weltkriege zum Aufbau
unterschiedlich umfangreicher militärinterner Pro-
duktionskapazitäten. Das erst 1917 gegründete
„Kaiserliche Bild- und Filmamt” bestand nur knapp
zwei Jahre, doch ab Mitte der dreißiger Jahre
entstanden weitaus umfangreichere Produktionsstrukturen innerhalb der sich im Zweiten Weltkrieg
immer stärker aufblähenden Wehrmacht. Struktur
und Entwicklung dieser militärinternen Filmfabrik
liegen zwar noch weitgehend im Dunklen, bekannt
ist aber, dass seit 1938 alle drei Teilstreitkräfte
(Heer, Marine und Luftwaffe), später auch die
Waffen-SS, über eigene Filmstellen verfügten, die
bis Mai 1945 insgesamt mehr als anderthalb tausend
Filme herstellten, zumeist militärische Lehr- und
Ausbildungsfilme unterschiedlicher Subgattungen.
Quasi als Gegenbewegung kam es nach den Weltkriegen und dem Zusammenbruch militärischer
Strukturen jeweils zu einer weitgehenden Auflösung
militärischer Produktionskapazitäten. Kontinuitäten
sind eher auf der Rezeptionsebene zu finden. So
brachte das Reichsfilmarchiv nach 1918 Filme aus
der Kriegszeit in modifizierter Form heraus, wie etwa
HEIN PETERSEN (D 1917/1921), einen Werbefilm
für die kaiserliche Marine von 1917, der ab 1921 in
„entmilitarisierter” Form für eine sich jetzt zivil
gebende Schiffsjungenausbildung warb. Die Bundeswehr wiederum griff nach ihrer Aufstellung
auch auf einige Lehrfilme der ehemaligen
Wehrmacht zurück (MÄNNER GEGEN PANZER, D
1944/1950er), bevor diese Filme in den siebziger
Jahren aus dem Programm genommen wurden.
In ihrem Wirkungskreis waren viele militärische
Filme auf einen „internen” Bereich beschränkt, der
im Kontext deutscher Geschichte des 20. Jahrhunderts jedoch sehr weit gesteckt sein konnte.
Insbesondere zur Zeit des Zweiten Weltkrieges
muss auch für einen Film, der nur zu internen
Vorführungen etwa „vor Angehörigen von Wehrmacht und Gliederungen der Partei” zugelassen war,
eine beträchtliche Verbreitung angenommen
werden. Über Institutionen wie Wehrmacht, Hitlerjugend, Reichsarbeitsdienst, Reichsluftschutzbund
usw. erreichte staatlich gelenkte Massenkommunikation auch außerhalb öffentlicher Kinoprogramme
zunehmend große Teile der Gesellschaft. Seit 1939
expandierte dann im Kontext der deutschen Angriffskriege besonders die Wehrmacht, sowohl
räumlich als auch personell. Nach neueren Schätzungen dienten bis 1945 17-20 Millionen Deutsche in
der Wehrmacht. „Interne” Filmvorführungen von
militärischer Ausbildung über filmische „Truppenbetreuung” bis zu Vorführungen in Lazaretten stellten
demnach bis in die letzten Kriegsjahre keine
spezielle, sondern eine millionenfach erlebte Form
von Kriegserfahrung dar.
Es wird in jedem Fall zu den spannenden Momenten
dieser Retrospektive gehören, Grenzgänger zwischen intern und öffentlich gezeigten Filmen zu
verfolgen. Dabei werden bekannte, mitunter
„berüchtigte” Propagandafilme aus den zeitgenössischen Kinos wie Riefenstahls TAG DER FREIHEIT
oder Ruttmanns DEUTSCHE PANZER kaum bekannten, nur für interne Vorführungen zugelassenen
Filmen gegenübergestellt.
Individuelle und kollektive Erfahrungen von
Krieg: Anwerbung, Ausbildung, Kriegserlebnis
Das erste Programm der Retrospektive wird
Werbefilme verschiedener deutscher Streitkräfte
vorstellen und nach den hierbei eingesetzten visuellen und dramaturgischen Strategien fragen. Gerade hier finden sich deutliche Kontinuitäten, solange man den Blick auf Werbefilme einer Teilstreitkraft konzentriert. Das Beispiel Marine zeigt: Von der
Gegenüberstellung beengter, ländlicher Provinz als
Herkunftsraum und der Seefahrt als Bewährungsraum bis zu einzelnen Bildmotiven wie der schnellen
Überwasserfahrt als Verbindung von moderner
Technik und hoher Geschwindigkeit oder dem halbnah aufgenommenen Matrosen, der mit moderner
Technik hantiert und als ihr Beherrscher erscheint: in
Marinewerbefilmen tauchen derartige Standards in
unterschiedlicher Deutlichkeit immer wieder auf. Mit
Beginn der Technisierung des maritimen Alltags
wurde es für die Marinen zudem zum bleibenden
Problem, den Gegensatz zwischen traditionsrei-
8
chen Erwartungen an die Seefahrt (Freiheit, Abenteuer, Romantik etc.) und einer durch reglementierten Dienst Technik geprägten Bordrealität aufzulösen oder wenigstens in Teilen miteinander in Einklang zu bringen. So zeigen Filme vor 1945 häufig
Anleihen an entsprechende Vorstellungen als Teil
der Ausbildungszeit (Kutterpullen als Wettkampf),
während Filme aus der Nachkriegszeit die Überwindung falscher Vorstellungen mitunter zum generellen militärischen Initiationsritual erklären.
Was am Beispiel der Marine deutlich wird, gilt
grundsätzlich für alle Teilstreitkräfte. Darstellungen
von Krieg zu Wasser, zu Land und in der Luft haben
jeweils in jahrzehntelanger Entwicklung und über
alle System- und zum Teil auch Ländergrenzen
hinweg ihre filmisch besonders attraktiven Perspektiven, eine eigene Bild-Mythologie entwickelt, die bis
heute immer wieder abgerufen werden – ob explizit
zu Werbezwecken oder schlicht aus Quotengründen. Auch über Gattungsgrenzen hinweg lassen
sich gestalterische Elemente der Werbefilme finden,
vor 1945 insbesondere bestimmte Topoi einer
Heroisierung von Soldat und militärischer Technik.
Filme wie ASSE ZUR SEE (D 1943) oder STUDIEREN
IN MARINEBLAU (DDR 1989) wurden jedoch nicht
ausschließlich zu Werbezwecken hergestellt und
erfüllen diesen Zweck quasi nebenbei.
Trotz deutlicher Kontinuitäten zeigen militärische
Werbefilme vor dem Hintergrund mehrfacher
Systemwechsel und ihrer jeweils engen Kopplung
an gesellschaftlich-historische Kontexte zwangsläufig auch deutliche Unterschiede, insbesondere
bezüglich des jeweils vorherrschenden Selbstbildes der Streitkräfte. So lassen sich die Versuche
einer „Entheroisierung” deutscher Soldaten nach
1945 gerade in der Gegenüberstellung von Werbefilmen der entsprechenden Epochen anschaulich
nachvollziehen. Werbefilme sind daher besonders
geeignet als medialer Baustein einer Kultur- und
Alltagsgeschichte deutscher Streitkräfte.
Ein zweites Programm stellt militärische Lehrfilme
von Anfang der dreißiger Jahre bis in die Endphase
9
des Zweiten Weltkriegs vor. Deutlich wird eine Entwicklung dieser Gattung von nahezu „unfilmischen”
Formen der Frühzeit, als in engster Orientierung
an Inhalt und Didaktik militärischer Ausbildungsvorschriften lange Stummfilme entstanden, bis zu
aufwändig und professionell produzierten, vertonten Kriegsopern in der Endphase des Zweiten
Weltkrieges.
Obwohl Lehrfilme vor allem funktional konzipierte
Filme waren, besaßen sie neben einer handwerklich-motorischen Ebene (für die Vermittlung von
„Kriegshandwerk”) immer auch eine ideologische
Bedeutung, die sich auf die „Moral der Truppe”
bezog. Dies konnte ausschließlich sogenannte
soldatische Sekundärtugenden betreffen, die zugleich wichtige Ausbildungsziele darstellten: Disziplin und Gehorsam, Zusammenhalt und Kameradschaft, Kampf- und Opferbereitschaft. Durch
ihre Bindung an übergeordnete Wertesysteme
weist ihre Vermittlung aber immer auch Bezüge
zum jeweils herrschenden historisch-politischen
Kontext auf, im Falle des „Dritten Reiches” zu
bestimmten Aspekten nationalsozialistischer
Ideologie.
Dabei lässt sich feststellen, dass die nach 1939 und
dann vor allem nach 1941 zunehmende Forderung
nach kriegsähnlichen Gefechtsdarstellungen Hand
in Hand ging mit einer Zunahme der politischen
Einflussnahme auf die Produktion und auch des
ideologischen Gehaltes der Filme. So setzte nach
Beginn des Russlandfeldzuges eine forcierte
Professionalisierung der Lehrfilmproduktion ein,
nachdem der Kontakt mit erbeuteten russischen
Lehrfilmen und ihrer spielfilmhaften Inszenierung
von Krieg den großen Unterschied zu deutschen
Lehrfilmen deutlich gemacht hatte, die „gefechtsmäßiges Verhalten” noch immer nach Vorschriften aus
der Friedenszeit abbildeten. Die zunehmende
Unglaubwürdigkeit derartiger Lehrfilme bei einem
soldatischen Publikum, das mehr und mehr über
eigene Kriegserfahrungen verfügte, hatte bereits zu
immensem Handlungsdruck geführt. Mit dem
Einzug von Ausdrucksmitteln des Spielfilms in den
militärischen Lehrfilm, was vor allem zu einer
Dramatisierung der Kriegsdarstellungen führte,
stiegen auch die Möglichkeiten, neben plakativen
Bestätigungen normkonformer soldatischer Tugenden auch komplexere ideologische Regulationsprozesse in die Filme zu integrieren. So werden
in PANZER-NAH-BEKÄMPFUNG (D 1943), dem
MÄNNER GEGEN PANZER (D 1944) zugrunde
liegenden, sehr viel längerem Lehrfilm als „falsch”
angesehene Handlungsweisen wie die verbreitete
Angst vor russischen Panzern, die zeitgebunden mit
Feigheit gleichgesetzt wurde, zunächst zugelassen,
ausgespielt, dann aber dramaturgisch bestraft. Der
zynische Kommentar: „Wer rennt, stirbt!”
In deutlich plakativerer Form geht an anderer Stelle ein deutscher Soldat zu nachsichtig mit russischen Kriegsgefangenen um, die dann postwendend deutsches Gerät sabotieren. Hier erteilt der
Kommentar die fällige Lektion: „Trau den russischen
Hilfskräften nicht!” (MARSCH- UND VERKEHRSZUCHT, D 1944). Oder es werden deutlich als feminin
konnotierte Verhaltensweisen, die eigentlich dem
zeittypischen Männlichkeitsbild zuwiderliefen, militärisch aber als notwendig galten (Kochen, Kleiderwäsche etc.) umgedeutet als elementarer Bestandteil einer soldatischen Männergemeinschaft
(GESUNDHEITSPFLEGE IN DEN WARMEN
LÄNDERN, D 1942/43). Die spielfilmhaft inszenierten militärischen Lehrfilme der letzten Jahre des
Zweiten Weltkrieges veranschaulichen auf diese
Weise nicht nur „harte, männlich konnotierte”
Angebote einer militärischen Gruppenbildung
(Beistand im Kampf), sondern auch die „weichen,
weiblich konnotierten” wie Fürsorge, Geborgenheit,
Familienersatz – allesamt „zentrale Bestandteile
militärischer Herrschaftsetablierung” (Kühne/
Ziemann). Das Beispiel von MÄNNER GEGEN
PANZER (D 1944) wird zudem zeigen, wie nah
derartige Kriegsopern den durchinszenierten
Propagandafilmen der Kinobeiprogramme kamen,
sodass durch wenige Eingriffe in Montage und
Kommentar eine Übernahme in das Kinoprogramm
möglich war.
Die Programme 3 und 4 werden im weiteren Verlauf
der Retrospektive filmische Darstellungen und
(zumeist) Umdeutungen des Erlebens und
Erleidens von Krieg durch Mensch (Soldaten und
Zivilisten) und Tier vorstellen. Für die Darstellung
menschlichen Leides gilt für den Ersten Weltkrieg
eine fast allumfassende Fehlstelle. Hauptgrund ist
eine rigide militärische Zensur, die in Deutschland Filmaufnahmen vom eigentlichen Schlachtgeschehen, von Verwundungen oder Toten weitgehend unterband. Neben Gründen der Geheimhaltung fürchtete man vor allem die abschreckende
Wirkung authentischer Kampf- und Leidensbilder
auf die eigene Bevölkerung. Wenn dabei offiziell
auch Befürchtungen vorgeschoben wurden, solche
Aufnahmen könnten „(...)durch Darstellung von
Grauenhaftem, absolut Häßlichem, Widerlichem,
Ekelhaftem oder Entsetzlichem (…) verrohend
wirken” (ein Major Endres 1917 in einem Aufsatz
zum „Film als Mittel der militärischen Berichterstattung”), stand letztlich doch die Sorge um eine
gleichbleibende Kampfmoral im Mittelpunkt. Wenn
durch Krieg verursachtes Leid filmisch festgehalten
wurde, dann zu dokumentarischen Zwecken im
Bereich der Medizin. Derartige Filme interessieren
sich jedoch in der Regel weniger für die Ursachen,
das Leiden der Menschen und die tatsächlichen
Folgen von Verwundungen. Meistens betonen sie
eine angeblich schnelle und erfolgreiche Behandlung, die offenbar eine problemlose Reintegration der Invaliden in die Zivilgesellschaft
ermöglicht (RESERVE-LAZARETT HORNBERG
I. SCHWARZWALD / BEHANDLUNG DER KRIEGSNEUROTIKER, D 1914/18). Ähnliche Filme entstanden (zum Teil in Farbe) im Zweiten Weltkrieg
unter Mitwirkung der Militärärztlichen Akademien,
in denen der Einsatz neuartiger Operations- und
Rehabilitationsmethoden an verwundeten Wehrmachtssoldaten dokumentiert wurde.
Insgesamt führte die deutliche Prägung deutscher
Filmherstellung bis 1945 durch überwiegend
staatlich kontrollierte Produktionsabläufe zu einer
starken Tendenz, das Leid von Menschen im Krieg
10
einerseits systematisch zu verharmlosen sowie es,
wenn überhaupt nennenswert dargestellt, nachträglich zu heroisieren. Eine Vielzahl während des
Krieges entstandener Filme über das Sanitätswesen der Wehrmacht stellen vor allem einen
funktionierenden Apparat dar, der – geprägt durch
deutsche Wissenschaftsqualität und logistische
Gründlichkeit – anscheinend jedem verwundeten
Soldaten optimale Versorgung angedeihen lässt
(KRIEGS-SANITÄTSDIENST, D 1940).
Eine systemübergreifende Variante der Verharmlosung findet sich in Aufklärungsfilmen zur Gefahr
durch Luftangriffe, die von staatlichen „Luftschutzstellen” sowohl im Dritten Reich (NUR NICHT
BANGE MACHEN LASSEN, D 1940) als auch später
in der Bundesrepublik durch das damalige
Bundesamt für den Selbstschutz zur Gefahr durch
Atombombenangriffen hergestellt wurden (DER
SCHUTZRAUM, BRD 1950er).
Eine sehr viel intensivere Thematisierung von
Kriegsleid zumindest in seiner körperlichen Form
setzte jeweils nach den Weltkriegen im deutschen
Film ein. Entweder jedoch als nationalistischrevanchistische Fortsetzung der Anklagebilder aus
der Kriegszeit, wenn etwa 1921 die fatalen Auswirkungen der alliierten Hungerblockade auf die
Gesundheit der deutschen Zivilbevölkerung anhand drastischer Bilder verdeutlicht werden (DIE
WIRKUNG DER HUNGERBLOCKADE…, D 1921).
Oder aber in dokumentarischen Filmen aus den
frühen sechziger Jahren, in denen der bundsrepublikanischen Gesellschaft eine erfolgreiche Behandlung und Reintegration von Kriegsversehrten versichert wird (KRIEGSOPFER, BRD ca. 1965).
Der fast durchgängig verfälschende Umgang deutscher Filme mit Kriegsleid im Zeitalter der Weltkriege erreichte beim Missbrauch von Tieren seinen
Höhepunkt, deren Leiden nicht nur verharmlost,
sondern auch besonders intensiv propagandistisch
ausgenutzt wurde. Es ist vor allem das zynische
Motiv des Tieres als „Kriegsheld”, als „treuer
Kamerad” des Menschen, das seine Darstellung im
11
dokumentarischen Film geprägt hat. Besonders
Hunde und Pferde wurden massenhaft zu Helden
des Kriegs-Kurzfilms, wobei auch beim Tier der
filmische Kriegseinsatz zumeist nachgestellt war
(HUNDE MIT DER MELDEKAPSEL, D 1942) und
das Thema einer vorgeblich hervorragenden Versorgung, die übermäßiges Leiden unmöglich zu
machen scheint, auch auf Tiere übertragen wurde
(KAMERAD PFERD IST KRANK, D 1942).
Thematische Schlaglichter: Wirtschaft,
Geschlechterrollen, Überhöhungen des
Soldaten und Selbstdarstellungen deutscher
Nachkriegsarmeen
Die Wirtschaft mit ihren Sparten Rüstung und
Finanzen gehört zu den wichtigsten Profiteuren der
zeitlosen Rüstungsspirale aus Schutz und
Zerstörung. Die Gattung der „Rüstungsfilme”
präsentiert Waffen und militärisches Gerät als
gefeiertes Endprodukt industrieller Fertigung, zu
deren Ästhetisierung auch avantgardistische
Stilprinzipien eingesetzt wurden. Ruttmanns
„staatspolitisch wertvoller” Rüstungsfilm inszeniert
DEUTSCHE PANZER (D 1940) als „vollkommene
Form” des Rohstoffes Stahl. Ruttmanns spezielle
Technik der Animation toter Materie und ein
martialischer Kommentar wollen die Unaufhaltsamkeit dieser Waffe betonen. Ähnlich argumentieren Filme über größere Verteidigungsbauten, die
häufig eher politische als reale strategische Funktion
hatten (DER WESTWALL, D 1939). Den „richtigen”
Einsatz von Finanzmitteln versuchen Filme aus
dem Ersten Weltkrieg und den sechziger Jahren
plausibel zu machen. Kurzfilme der Reichsbank im
Vorprogramm der Kinos warben häufig mit Humor
für die Zeichnung von Kriegsanleihen und ein
Informationsfilm der Bundeswehr (DER PREIS DER
FREIHEIT, BRD 1961) klärt über den Einsatz von
Steuergeldern im Rahmen der Verteidigung auf.
Ein weiteres Programm führt besonders prägende
Beispiele einer heroisierenden Darstellung von
Militär und Soldat aus der Zeit des National-
sozialismus zusammen. Ausgehend von Leni
Riefenstahls Parteitagsfilm TAG DER FREIHEIT von
1935, der sich ausschließlich der Wehrmacht
widmete und die zuvor in TRIUMPH DES WILLENS
angelegten Inszenierungsstrategien uniformierter
Formationen aufgreift, bildeten Beiprogrammfilme
wie SPRUNG IN DEN FEIND (D 1942) deren
Fortsetzung im Krieg. Nachdem die Wochenschau
die Kompilation realer Kriegsbilder übernommen
hatte, konnten militärische Beiprogrammfilme den
hohen Ästhetisierungsgrad der Riefenstahlfilme
fortführen und um Stilelemente aus der Wochenschau (animierte Karten) und längeren Feldzugsfilmen (ausführliche, aber größtenteils nachgestellte Kampfszenen) ergänzen.
legen, das ist die ausschließliche Tätigkeit der
Weibchen.”), sondern auch Grundzüge nationalsozialistischer Rassen- (die „Vernichtung von
Ungeziefer gehört zur täglichen Pflicht”) und
Außenpolitik (das „Überleben muss durch Überfälle
auf Nachbarstaaten” gesichert werden) im Ameisenstaat vorweggenommen schienen. Während nach
1939 eine Vielzahl von Kurzfilmen auf die veränderte
Rolle der Frau in Kriegszeiten hinwies, die nun
kurzfristig (eben nur bis zum angestrebten Endsieg)
auch ihren Mann stehen müsse, gibt es aus den
achtziger Jahren der DDR ein Beispiel dafür, wie
durchaus kritische Positionen zur Wehrpflicht
seitens der Freundin eines NVA-Soldaten nur noch in
Teilen plausibel widerlegt werden können.
Mit dem Bundeswehrfilm DIE ERSTEN SCHRITTE
(BRD 1956) und der NVA-Produktion STUDIEREN
IN MARINEBLAU (DDR 1989) stellen wir zwei
Selbstzeugnisse deutscher Nachkriegsarmeen
einander gegenüber, die deutsches Militär in Zeiten
der Verunsicherung, auf der Suche nach einem
neuen Selbstverständnis zeigen. Steht der
Bundeswehrfilm für den Versuch, 1956 unter dem
kritischen Blick der Öffentlichkeit die neugegründete
Armee als legitimes Kind der jungen Demokratie
vorzustellen, so zeigt STUDIEREN IN MARINEBLAU,
wie sich die NVA in der Umbruchsituation 1989 zu
verorten suchte. Beide Filme vereinten Botschaften
an die Öffentlichkeit mit filmischen Selbstbildern, die
ihre Soldaten an eine neue (Bundeswehr 1956) oder
an eine vor kaum absehbaren Veränderungen
stehende Armee (NVA 1989) binden sollten.
Schließlich machen die Filme auch vor den körperlichen Aspekten geschlechtsspezifischer Rollenzuweisung nicht halt. So errichtete die Wehrmacht,
um Geschlechtskrankheiten einzudämmen, nicht
nur eigene Bordelle, sie ließ auch Aufklärungsfilme herstellen. EIN WORT VON MANN ZU MANN
(D 1941) war als interner Lehrfilm konzipiert, wurde
dann aber auch als Kulturfilm eingesetzt. Nach
einem Buch des später als Theaterkritiker bekannten
Friedrich Luft, der zu dieser Zeit als Autor für die
Heeresfilmstelle arbeitete, weist der Film Frauen in
überdeutlichen Spielsequenzen eine Rolle als
generelles sexualhygienisches Risiko zu, vor dem
„Mann” sich zwecks Erhaltung der Kampfkraft zu
hüten habe. In teilweise chargenhaft übertriebenen
Spielszenen mit deutlichen Anleihen bei Militärschwänken der Zwischenkriegszeit (der Militärarzt!)
portraitiert der Film, zu dem es zwei Jahre später ein
Pendant für das weibliche Publikum gab, das Militär
als etwas schrullige, aber liebenswerte Organisation, in der die Soldaten beigebracht bekommen,
sich offen zu ihren „Fehltritten” zu bekennen. Autor
Luft zeigte sich nach dem Krieg zumindest erleichtert, dass er „keine Propagandafilme gegen Russen,
Engländer oder Franzosen” machen musste, sondern lediglich solche „gegen Geschlechtskrankheiten“, denn: „gegen Geschlechtskrankheiten war
ich sowieso”.
Ein eigenes Programm ist schließlich der spannenden Frage gewidmet, welche spezifischen
Geschlechterrollen vor und während des militärischen Ernstfalls vermittelt wurden. In der NS-Zeit
waren hierfür biologische Filme grundlegend, die
Phänomene aus dem Tierreich mit Begriffen aus der
Soziologie beschrieben, um so eine Verwurzelung
des NS-Gesellschaftsbildes in den Naturgesetzen
zu suggerieren. Im Film DER AMEISENSTAAT (D
1934) ging diese Analogiewut soweit, dass nicht nur
die Rolle der Frau („Eier legen und nochmals Eier
12
Filme der
Retrospektive
13
Programm 1
Rekrutierung des Publikums –
Werbefilme deutscher Streitkräfte
HEIN PETERSEN – BILDER AUS DEM LEBEN
EINES SCHIFFSJUNGEN
D 1917/1921 – 35 mm – Schwarz-weiß –
stumm – 19 min
Produktion: Universum Film AG (UFA),
Kultur-Abteilung, Berlin
Gekürzte Fassung von HEIN PETERSEN – VOM
SCHIFFSJUNGEN ZUM MATROSEN (D 1917,
Produktion: Kaiserliches Bild- und Filmamt)
Zensuren (15.8.1917; 36 min / 4.7.1921; 19 min):
jugendfrei
Unter dem Titel HEIN PETERSEN – VOM SCHIFFSJUNGEN ZUM MATROSEN hatte das kaiserliche
Bild- und Filmamt im Jahr 1917 einen Werbefilm
produziert, der Nachwuchs für die einfachen
Mannschaften der im Kriegseinsatz stehenden
Kaiserlichen Marine gewinnen sollte. Die regionale
Presse zeigte sich optimistisch, dass dieser Film
„unzweifelhaft bald seinen Rundgang über die
deutschen Lichtspielbühnen antreten und sicher
dazu beitragen wird, die Liebe und das Verständnis
für unsere Marine in die weitesten Kreise zu tragen”
(Flensburger Nachrichten, 16.8.1917).
Diese allgemeine flottenpropagandistische Botschaft hat auch eine gekürzte Fassung nicht eingebüßt, die nur drei Jahre nach Kriegsende von der
UFA als Beiprogrammfilm in die Kinos gebracht
wurde. Mit seiner jetzt als Kulturfilm camouflierten
Werbefunktion unterstützte der Film die bereits
angelaufene Praxis, an dem auf 15.000 Mann beschränkten Kontingent der Reichsmarine „vorbei”
scheinbar zivile Ausbildungsgänge zu etablieren,
die in Wirklichkeit Nachwuchs für eine in Zukunft
wieder größere Marine heranbilden sollten. Eine
Spielsequenz zu Beginn inszeniert geschickt die
„große weite Welt” der Seefahrt als Raum der
„Bewährung” und zugleich Gegenwelt zur einengenden Beschaulichkeit einer ländlichen Kleinstadt. Choreographierte Massenszenen und idyllische Landschaftsaufnahmen der umgebenden
Flensburger Förde setzen die Ausbildung der
Schiffsjungen in ein verlockendes Licht. Militärischer Drill findet nicht statt, alles ist sonnendurchflutetes Natur- und Gemeinschaftserlebnis.
J.K.
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JUNGENS WOLLEN ZUR SEE
D 1940 – 35 mm – Schwarz-weiß – 18 min
Regie: Wilhelm Stöppler
Kamera: Ricardo Torres, Kurt Neubert,
Günther Peters, Alfred Botha
Schnitt: Marcel Cleinow, Hans Albert Lettow
Musik: Norbert Schultze
Sprecher: Aribert Moog
Produktion: Tobis-Filmkunst GmbH „im
Einvernehmen mit der Reichsjugendführung”
(Vorspann)
Zensur (11.1.1940): staatspolitisch wertvoll,
volksbildend, jugendfrei, Lehrfilm
Im Beiprogramm der Kinos eingesetzt, stellt der
Film Marine-Nachwuchsorganisationen im befreundeten Spanien und Italien vor und endet mit
der deutschen Marine-Hitler-Jugend, bei der –
durchaus als Gegensatz gemeint – alles „von deutscher Gründlichkeit bestimmt” sei (Kommentar).
Jede Nation darf ihre Ansprüche auf mächtige
Seestreitkräfte aus der Geschichte ableiten: der
spanische Marine-Nachwuchs soll an „den alten
Seeruhm der Armada” anknüpfen, die italienischen
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Kadetten das Mittelmeer wieder zu einem „Mare
Nostrum” machen, und aus den Augen der
deutschen Jungen „strahlt der alte Hansestolz” –
die allerdings als Handelsorganisation nicht wirklich in den ideologischen Rahmen der Nationalsozialisten passte. Die für HJ-Werbefilme üblichen
Montagen aus verschiedensten Freiluftaktivitäten
(Zeltlager mit Kriegsspiel, Wettkämpfe in „Kutterpullen”) gaukeln persönliche Freiheit vor, der
Kommentar jubelt: „Herrlich, so ein freies Leben!”.
Bilder von modernen Unterkünften und vorbildlicher Ernährung sollen die im Kino sitzenden Eltern
überzeugen, ihre Kinder seien in der auf den Kriegseinsatz vorbereitenden HJ „in guten Händen”.
Den Titelmarsch schrieb der für solche Aufgaben
bereits ausgewiesene Komponist Norbert Schultze.
J.K.
WARUM / WOFÜR FRAGEN SICH BONNER
BERUFSSCHÜLER
BRD 1966 – 16 mm – Farbe – 19 min
Idee und Gestaltung: Arbeitsgemeinschaft Film
der Bonner Berufsfachschule
Produktion: Bonner Berufsfachschule (in
Zusammenarbeit mit der Bundesmarine)
Mediale Werbeversuche der Bundeswehr mussten
von Beginn an den Ansprüchen einer demokratischen Gesellschaft und einer in großen Teilen
militärkritischen Öffentlichkeit Rechnung tragen.
Dies galt besonders für die 60er und 70er Jahre. In
diesem Kontext operierten Filme wie WARUM /
WOFÜR FRAGEN SICH BONNER BERUFSSCHÜLER mit einer Zivilisierung („Seeleute in
Uniform”) und scheinbar kritischen Hinterfragung
von Militär und Wehrdienst. Im Mittelpunkt steht ein
zweifelnder Berufsschüler, der sich angesichts
seiner Einberufung mit der Frage nach der Legitimität einer Marine nach 1945 und dem Sinn eines
Wehrdienstes überhaupt auseinandersetzt. Über
seine Hauptperson konstatiert der Film eine ver-
breitete negative Voreingenommenheit gegenüber
der Bundeswehr und lässt ihn diese durch eigene
Erfahrung (einen Tag auf einem Boot der Bundesmarine) überwinden. Am Ende wird attestiert,
Heimat, Volk oder Kameradschaft seien zwar missbrauchte Begriffe, Teamgeist aber eine Fähigkeit,
die auch später weiterhelfe.
Bemerkenswert ist, dass der Film von einer Arbeitsgemeinschaft Film einer Bonner Berufsschule
„nach eigenen Ideen” gestaltet wurde. Zum genauen Grad der „Unterstützung” sowie zum Einsatz des Films durch die Bundeswehr ist bislang
nichts bekannt.
J.K.
16
SOLDATENPFLICHT
DDR 1976 – 35 mm – Schwarz-weiß – 30 min
Produktion: Armeefilmstudio der NVA,
Akademie der pädagogischen Wissenschaften
der DDR / Institut für Unterrichtsmittel unter
Verwendung von Ausschnitten aus den
sowjetischen Filmen „Befreiung”, „Roter
Schnee” und „Weg des Soldaten”
Diese Gemeinschaftsproduktion des Armeefilmstudios der NVA und der Akademie der pädagogischen Wissenschaften der DDR versucht eine
Legitimation von Soldatentum generell aus den
ideologisch-historischen Grundparametern des
Sozialismus. So werden die jungen Zuschauer
aufgefordert, „den Sinn des militärischen Daseins
in weltweiter Klassenauseinandersetzung zu begreifen”. Zentrale Aspekte militärischer Ausbildung und zugleich „Sekundärtugenden” allgemeinen Soldatentums (Härte, Gefechtsbereitschaft,
Disziplin, Kameradschaft etc.) werden wertemäßig
an diese Grundkonstellation gebunden. Inszenierte Meinungsäußerungen von Schülern scheinen
zu bestätigen, dass Schutz vor westlichem Impe17
rialismus und militärische Selbstverteidigung
wichtig seien. Sowjetische Dokumentar- und Spielfilmbilder zum Sieg im „Großen Vaterländischen
Krieg” und Kampfberichte russischer Veteranen
stehen nicht nur für die verordnete deutsch-sowjetische Waffenbrüderschaft, sie sollen militärische
Leistungen aus dem Zweiten Weltkrieg zum Vorbild für die aktuelle (männliche wie weibliche)
DDR-Jugend machen.
J.K.
Programm 2
Auf der Schulbank der Nation –
Militärische Lehrfilme als Spiegel
von Kriegserfahrungen
BEISPIELE FÜR DIE TAKTISCHE
VERWENDUNG VON KÜNSTLICHEM NEBEL
D 1931 – 35 mm – Schwarz-weiß –
stumm mit dt. ZT – 7 min
(Ausschnitt, Gesamtlänge: 62 min)
Produktion: Dr. Ing. F. Stier, Berlin
Im Auftrag der Heeresfilmstelle (Reichswehr)
Frühes Beispiel eines stummen, eng an bestehende Ausbildungsvorschriften angelehnten Lehrfilms. Der Ausschnitt zeigt den Beginn des Films,
der die für militärische Tricksequenzen grundlegenden taktischen Zeichen vorstellt und dann in
stetem Wechsel von Trick- und Realfilm verschiedene Bei-spielkataloge abhandelt (Teil 1: „Truppennebel”, „Beispiel 1: Blenden feindlicher Wider-
standsnester beim Einbruch” usw.). Durch den
fehlenden Ton müssen die durch Vorschriften vorgegebenen umfangreichen Inhalte, an deren Kürzung man offenbar nicht dachte, in überlangen
Zwischentiteln erläutert werden, was maßgeblich
zu der beträchtlichen Gesamtlänge beitrug. Bis Anfang der 1940er Jahre entstanden deutsche militärische Lehrfilme nach diesem nicht nur gänzlich
unfilmischen, für den Unterricht auch eher unpraktischen Muster.
Dieser Film wurde spätestens seit 1940 nicht mehr
im offiziellen Lehrfilmangebot des Heeres geführt,
1943 dann stark gekürzt und vertont unter dem Titel
NEBELVERWENDUNG IM INFANTERIEKAMPF
wieder in das Lehrfilmverzeichnis des Heeres aufgenommen.
J.K.
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ANWENDUNG DES SCHANZZEUGES DER
INFANTERIE IM GEFECHT
D 1934 – 35 mm – Schwarz-weiß –
stumm mit dt. ZT – 7 min (Ausschnitt,
Gesamtlänge: 54 Min.)
Produktion: Heeresfilmstelle (Reichswehr)
Gezeigt wird auch hier der Beginn des Films: Ein
Soldat demonstriert vor der Kamera die korrekte
Trageweise von Spaten, Kreuzhacke, Axt und
anderem „Schanzzeug” sowie seine Befestigung
an Waffen oder Fahrzeugen. Der einfache Soldat
ist hier Demonstrationsobjekt, das sich auf unhörbare Kommandos wiederholt um die eigene
Achse dreht. Deutlich wird die doppelte Verfügbarmachung des Menschen im militärischen Lehrfilm durch das militärische Prinzip von Befehl und
Gehorsam einerseits sowie durch Anweisungen
eines Regisseurs oder Kameramannes an einen
Statisten andererseits. Die besondere Affinität von
Militär und Filmproduktion wird augenscheinlich,
ebenso spätere Forderungen, Regisseure und
Kameramänner innerhalb der Streitkräfte müssten
immer auch Vorgesetzte sein, da ansonsten ihre
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Anweisungen nicht durch militärische Hierarchien
gestützt seien bzw. diesen zuwiderliefen.
Der ursprünglich 58 Minuten lange Film wurde
1940 auf 54 Minuten gekürzt und ist in dieser
Fassung im Bundesarchiv überliefert.
J.K.
SCHARFSCHÜTZEN IM GEBIRGE
OT: SNAIPERI
SU/D 1939/1942 – 16 mm – Schwarz-weiß –
russ. mit dt. UT – 22 min
Regie: B. Gubatschew
Kamera: G. Buschtuew
Musik: C. Schatirjan, G. Gudkow
Schnitt: A. Maslennikowa
Beratung: F. Vischniako, H. Avestesja
Produktion: Kino Studio Lentechfilm,
Heeresfilmstelle im Oberkommando des Heeres
Ausbau der deutschen militärischen Lehrfilmproduktion aus, die auf Ton umgestellt wurden und
sich fortan - am sowjetischen Vorbild orientierend stark dem Spielfilm annäherte.
1942 wurde eine untertitelte sowie eine synchronisierte Fassung des Films als „Anschauungsmaterial” zur Kampfweise des Gegners ins eigene
Lehrfilmprogramm übernommen.
J.K.
Der aufwändig inszenierte sowjetische Lehrfilm von
1939 wurde von der Wehrmacht 1941 nach dem
Überfall auf die Sowjetunion „erbeutet”. Filme wie
SNAIPERI mit ihrer ausgeklügelten Dramaturgie,
die einen einzelnen, einfachen Soldaten geschickt
in den Mittelpunkt stellt, und einer Inszenierung von
Gefechtssequenzen auf Spielfilmniveau konfrontierten die deutsche Seite mit einem immensen
sowjetischen Vorsprung bei der Produktion militärischer Lehrfilme. Sie wurden umgehend Lehrfilmregisseuren und -autoren als vorbildhaft vorgeführt und lösten einen groß angelegten Um- und
MÄNNER GEGEN PANZER
Ein Film von der Ausbildung der Truppe.
D 1943/1944 – 35 mm – Schwarz-weiß – 14 min
Regie: Kurt Fels
Buch: Kurt Fels, Wilhelm Niggemeyer
Kamera: Bruno Timm
Schnitt: G. Donner
Militärische Beratung: Wilhelm Niggemeyer
Produktion: Mars-Film GmbH im Auftrag des
Oberkommandos des Heeres / Abteilung
Lehrfilm, unter Mitwirkung von Angehörigen
der „Wlassow-Armee”
Zensur (30.10.1944): staatspolitisch wertvoll,
anerkennenswert, volksbildend, jugendfrei,
feiertagsfrei
Sehr propagandistische, gekürzte Kinofassung
des Lehrfilms PANZER-NAH-BEKÄMPFUNG von
1943, der ersten deutschen „Antwort” auf die
sowjetischen Lehrfilme. Da man auf deutscher
Seite nicht ganz auf explizite Didaktik verzichten
wollte, bestanden Lehrfilme fortan häufig aus zwei
Teilen, einem spielfilmhaften ersten und einem
analytisch-didaktischen zweiten Teil. Diese Kino-
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21
fassung beschränkt sich auf den gekürzten Handlungsteil, ergänzt durch neue Kommentarpassagen, die systematisch versuchen, den feindlichen
Panzern ihren „Schrecken” zu nehmen und nahelegen, dass auch kaum ausgebildete Volkssturmangehörige im Kampf mit Panzern bestehen könnten. Der Film wurde neben den Kinovorprogrammen auch in der Ausbildung des Volkssturms
eingesetzt. Nach 1945 wurde eine weiter gekürzte
Fassung dieses Films in das Lehrfilmangebot der
neu aufgestellten Bundeswehr übernommen, später aber mit allen anderen Wehrmachts-Filmen aus
dem Leihverkehr gestrichen.
J.K.
DER ALTE FRITZ SPRACH SEINERZEIT
D 1943 – 35 mm – Schwarz-weiß – 3 min
Produktion: Hauptfilmstelle der Luftwaffe im
Auftrag des Ic-Dienstes der Luftwaffe (Abwehr)
Nach 1933 wurden Spielfilme zur preußischen Geschichte systematisch zur Propagierung nationalsozialistischer Ideologie eingesetzt. Wiederkehrendes Gestaltungselement waren dabei durch Hauptdarsteller deklamierte historische Zitate, die häufig
aus dem historischen Zusammenhang gerissen
und für das zeitgenössische Publikum „zurechtgeschrieben” wurden. Die Analogien der ausgewählten Zitate reichten von einer Propagierung des
Führer- und Gewaltprinzips (DER ALTE UND DER
JUNGE KÖNIG, 1935 oder AFFÄRE ROEDERN,
1944) bis zur Glorifizierung des Opfertodes auch
durch Zivilisten (KOLBERG, 1945). Die Indienstnahme preußischer Zitatenschätze beschränkte
sich jedoch nicht auf den Spielfilm. Auch dieser
interne Lehrfilm der Luftwaffe von 1943 versucht
mittels Äußerungen Friedrichs II. über die Notwendigkeit militärischen Gehorsams in vereinfachender Weise die Durchhalteparolen des NS-Regimes
auch historisch zu legitimieren.
J.K.
Programm 3
Dosierung des Schreckens –
Darstellung und Umdeutung von
Kriegsleid
GESUNDHEITSPFLEGE IN DEN WARMEN
LÄNDERN
D 1942/43 – 16 mm – Schwarz-weiß – 22 min
Produktion: Mars-Film GmbH im Auftrag des
Oberkommandos des Heeres /
Abteilung Lehrfilm
Beim Afrika-Korps in Libyen: Schütze Koch, ein
„Neuafrikaner”, wird von seinem Unteroffizier und
anderen „Altafrikanern” über hygienische Gefahren „in den Tropen und heißen Ländern” belehrt.
Das Duo Schütze/Unteroffizier beherrscht als Paar
den Film, Spielszenen bieten Einblicke in das
Selbstverständnis der deutschen Besatzungssoldaten. Punktuelle Anleihen an VernichtungsRhetorik („Ein Hauptfeind ist die Fliege. Sie überträgt viele Krankheiten (...) Darum schlagt sie tot,
wo ihr sie trefft!”) und rassistische Anweisungen
zur Vermeidung von Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung („Eingeborene” als Krankheitsträger) verdeutlichen den ideologischen Kontext deutscher Kriegführung im NS-Staat.
J.K.
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RESERVE-LAZARETT
HORNBERG I. SCHWARZWALD
BEHANDLUNG DER KRIEGSNEUROTIKER
D ca. 1914-1918 – 35 mm – Schwarz-weiß –
stumm mit dt. ZT – 8 min
Regie: Stabsarzt Ferdinand Kehrer
Produktion: National Hygiene Museum zu
Dresden
Dieser Zusammenschnitt zweier kurzer medizinischer Lehrfilme setzt sich mit den physischen und
psychischen Auswirkungen des Krieges auf
Soldaten auseinander. Ferdinand Kehrer, einer der
führenden Militärärzte auf dem Gebiet der Kriegshysterieforschung und -therapierung, inszeniert die
Behandlung der sogenannten „Kriegszitterer” in
Hornberg. Dieses Leiden traf Militärärzte zunächst
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unvorbereitet, aber mit fortschreitenden Kriegshandlungen immer häufiger. Es entwickelten sich
neue Heilmethoden, die, filmisch dargestellt, dem
Publikum vorgeführt und vor ihm gerechtfertigt
werden sollen. Kurzen Ausschnitten zitternder
Patienten folgen Aufnahmen des Arztes bei der
Behandlung mittels Hypnose und Suggestion.
Bilder der sofort Beruhigten täuschen rasche Erfolge und Heilbarkeit vor, nicht zuletzt zur schnellen
Wiedereingliederung in den Dienst. Auf ähnliche
Weise werden im Anschluss die Erfolge des
Reserve-Lazaretts in Ettlingen im Umgang mit
Amputierten festgehalten.
A.W.
KAMERAD PFERD IST KRANK
Ein Film von der Betreuung
des Pferdes im Heere
D 1942 – 35 mm – Schwarz-weiß – 13 min
Regie: Alfred Stoeger
Kamera: A. O. Weitzenberg
Musik: Walter Winnig
Fachliche Leitung: Oberveterinär Hofferber
Produktion: Arnold-Kühnemann-Film, Berlin
In Zusammenarbeit mit der Heeresfilmstelle
und der Veterinärinspektion im Oberkommando
des Heeres
Zensur (21.11.1942): jugendfrei, volksbildend,
als Lehrfilm anerkannt, feiertagsfrei
Dass unter Krieg nicht nur Menschen leiden, zeigt
dieser propagandistische Kulturfilm. Er bildet eine
für das Kino gekürzte Fassung des HeeresLehrfilms DAS TRUPPENPFERD UND SEINE
BETREUUNG (1942). Unter dem Leitgedanken des
soldatischen Kameradschaftsbegriffs, der in diesem Film auch Tiere miteinschließt, wird der hohe
Aufwand demonstriert, mit dem scheinbar „jedem
noch so schwer Kranken und Verwundeten”
(Kommentar) erfolgreich und schnell in speziellen
Pferdelazaretten geholfen wird. Bilder von lebensbedrohlich verletzten oder sterbenden Tieren bleiben dem Zuschauer hingegen vorenthalten. Durch
Aufnahmen von vierbeinigen Kriegsveteranen,
deren Versorgung angeblich bis zum Tod gewährleistet wird, soll der Eindruck ihres Leidens
zusätzlich verharmlost werden.
A.W.
Alliierten als Brückenkopf zur Evakuierung ihrer
Truppen vom Festland gedient. Die Aufnahmen
entstanden wahrscheinlich im Zuge des deutschen
Versuchs den britisch-französischen Rückzug zu
unterbinden.
A.W.
KRIEGS-SANITÄTSDIENST
D 1941 – 35 mm – Schwarz-weiß – 30 min
(Ausschnitt, Gesamtlänge: 60 min)
Gestaltung: Lehrgruppe C (Forschungsgruppe)
der Militärärztlichen Akademie
Produktion: Heeresfilmstelle im
Oberkommando des Heeres
KRIEGSZERSTÖRUNGEN IN EINER
FRANZÖSISCHEN HAFENSTADT (Archivtitel)
D 1940 – 16 mm – Schwarz-weiß –
stumm – 9 min
Diese Amateuraufnahmen, die ohne Hinweise auf
ihre Provenienz in den Bestand des Filmarchivs
gelangten, dokumentieren die zerstörerische Wirkung des Krieges an der französischen Hafenstadt
Dünkirchen im Jahr 1940. Die Stadt hatte den
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Gezeigt wird der Anfang des Films, dessen Vorführung ursprünglich nicht vor dem breiten Publikum,
sondern lediglich vor Kommandeuren und Sanitätspersonal gestattet war (Filmverzeichnis des
Heeres, H.Dv.40 von 1944). Er ermöglicht uns
gerade aufgrund der besonderen Produktions25
hintergründe im Rahmen der Sanitätsausbildung
ungeschminkte Einblicke in die Realität an der
Front. Zunächst werden Kampfhandlungen der
Kompanie gezeigt, dann die Versorgung von Verwundeten. In eindringlichen Bildern werden die
Schrecken des Krieges vor allem dadurch festgehalten, dass man sich nicht scheut, Tote, schwer
Verwundete und die Behandlung von Wunden bis
hin zu Amputationen zu zeigen. Aufnahmen notdürftiger Behelfsmittel und provisorisch errichteter
Lazarette verdeutlichen darüber hinaus die schwierigen Bedingungen vor Ort.
A.W.
HUNDE MIT DER MELDEKAPSEL
Ein Film vom Einsatz der Meldehunde
D 1942 – 35 mm – Schwarz-weiß – 22 min
Regie und Buch: Anton Kutter
Kamera: Gustav Weiß
Musik: Hans Diernhammer
Bauten: Willi Horn
Produktion: Bavaria
Zensur (10.11.1942): jugendfrei, staatspolitisch
und künstlerisch wertvoll, volksbildend, als
Lehrfilm anerkannt, feiertagsfrei
unverzichtbarer Beitrag zur Einnahme des feindlichen Abwehrbauwerks und somit zur Sicherung
des deutschen Vormarsches gefeiert. Über den
realen Missbrauch der Vierbeiner durch den
Menschen können jedoch auch die Bilder des
reibungslos und verlustfrei errungenen Triumphes
nicht hinwegtäuschen.
B.HP./H.S.
Programm 4
Wunde Seelen, versehrte Körper –
Realität, Verharmlosung,
Instrumentalisierung
DIE WIRKUNG DER HUNGERBLOCKADE AUF
DIE VOLKSGESUNDHEIT
D 1921 – 35 mm – Schwarz-weiß –
stumm mit dt. ZT– 53 min
Regie und Buch:
Hans Cürlis, Nicholas Kaufmann,
Georg Reimann, E. Rosenthal, Curt Thomalla
Produktion: Universum Film AG (UFA),
Abteilung Lehrfilm
Auftraggeber: Auswärtiges Amt, Berlin
Beinahe ebenso alt wie der Mensch selbst ist die
Geschichte seiner Beziehung zum Hund, der in diesem Film zum Kameraden des Soldaten stilisiert
wird. In einer inszenierten Gefechtshandlung wird
ein Fußtrupp deutscher Soldaten beim Vorstoß
auf ein Werk im Kaukasus unter feindlichem Beschuss eingeschlossen. Den gefährlichen Nachschub von Munition, Wasser und Medizin sowie
die Übermittlung von Nachrichten über ungeschütztes Gelände zurück zur eigenen Artilleriestellung gewährleistet eine Rotte Hunde. Ihr treuer
und bedingungsloser Einsatz wird im Film als
Noch während der Fertigstellung der ursprünglich
für medizinische Lehrzwecke vorgesehenen Aufnahmen verwarf das auftraggebende Auswärtige
Amt im Sommer 1919 das Vorhaben der Produktion
eines lediglich an wissenschaftliche Zirkel adres-
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sierten Films und konfrontierte die UFA mit einem
umfangreichen Katalog an Änderungswünschen,
um den Film auch wirkungsvoll vor ausländischem
Kinopublikum vorführen zu können.
Die 1921 endgültig überarbeitete Fassung geißelt
die gesundheitlichen Auswirkungen der britischen
Seeblockade als Ergebnisse einer unmenschlichen Handlungsweise seitens der Kriegsgegner
Deutschlands. Der dreiteilig angelegte Film geht
zuerst auf die verschlechterte Lebenshaltung im
Wilhelminischen Kaiserreich ein, stellt darauf den
Anstieg der Krankheits- und Mortalitätsraten sowie
Beispiele typischer Armutskrankheiten dar und endet mit einer umfangreichen Dokumentation charakteristischer Mangelerscheinungen bei Säuglingen und Kleinkindern.
H.S.
NUR NICHT BANGE MACHEN LASSEN
D 1940 – 16 mm – Schwarz-weiß –
stumm mit dt. ZT – 8 min
Produktion: Bundesfilm AG
Produzent: Hans Weber
Zensur (21.08.1940): jugendfrei, staatspolitisch
wertvoll, Lehrfilm
Verharmlosender Lehrfilm über zivile Verhaltensmaßregeln bei Fliegeralarm und gleichzeitiger Aufruf zur Disziplin. Falsches und richtiges Reagieren
auf eine simulierte Angriffssituation wird durchgespielt. Der Film gaukelt hierbei dem Betrachter
vor, dass dem, der sich richtig verhält, Ruhe
bewahrt und nicht die Nerven verliert, eigentlich
nichts passieren kann. Eine Aufzählung der für den
Ernstfall mitzuführenden Gegenstände im Luftschutzraumgepäck benennt sowohl die Volksgasmaske als auch Spielzeug und Bücher für die Kleinen, „denn auch für deren Unterhaltung im Luftschutzraum muss gesorgt werden” (ZT).
B.HP.
DER SCHUTZRAUM
BRD 1950er – 35 mm – Schwarz-weiß – 9 min
Regie: Wolfgang Bublik
Mitarbeit: I. Held, F. Neckermann, A. F.
Saalbern, A. Ley, K. Schliep, Jürgen Quellhorst
Produktion: Universum Film AG (UFA)
Dieser Informationsfilm des Bundesverbandes für
den Selbstschutz beschäftigt sich ebenfalls mit
der Luftschutzthematik. Noch sind bei vielen Zuschauern die Ängste und Traumata des Zweiten
Weltkriegs durchaus gegenwärtig. Aber dieser Film
spricht bereits von einer möglichen Bedrohung
durch Kernwaffen. Auch hier wird für Vorsorge, die
mit Klugheit gleichgesetzt wird, plädiert. So werden
Schutzräume in oder neben Häusern eingerichtet.
Hierfür werden ehemalige Bunker oder Stollen
genutzt. Der Ausbau eines Altbaukellers zum
Schutzraum, die Integrierung eines Filtersystems
und seine Funktion werden anhand einer Trickfilmsequenz erläutert. Unter dem Motto „Schutz
geht vor Rettung” wurden in den 50er und frühen
60er Jahren zahlreiche Filme zu diesem Thema
produziert.
B.HP.
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KRIEGSOPFER –
BERICHT ÜBER EINE HINTERLASSENSCHAFT
AUS ZWEI WELTKRIEGEN
BRD ca. 1965 – 16 mm – Schwarz-weiß – 30 min
Regie: Kurt Freund
Idee: Walter Krumholz
Kamera: Gerhard Käppner
Schnitt: Ursula Kahlbaum
Produktion: Provobis-Film, Berlin
Produzent: Bernd Grote
Der Film berichtet im Reportagestil über medizinische Versorgung und Rehabilitation von Kriegsopfern. Reintegration durch Berufsausbilung oder
Umschulung sowie spezielle Wohnungsbauprogramme für Kriegsversehrte im Westdeutschland
der Nachkriegszeit werden als Erfolgsgeschichte
erzählt.
Anhand zweier persönlicher Schicksale werden
Regelungen des 1950 in Kraft getretenen Bundesversorgungsgesetzes vorgestellt. Die Versorgerrolle des Staates wird zwar mehrfach betont, denn
„berufliche Rehabilitation ist sinnvoller als Rente”
(Kommentar), aber die Integration definiert sich
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dabei ausschließlich über das Leistungsprinzip.
Somit wird die Wiedereingliederung in die Gesellschaft den Bedürfnissen einer Ökonomiegemeinschaft untergeordnet.
B.HP.
Programm 5
Made in Germany –
Wirtschaftsfaktor Militär
DEUTSCHE PANZER
D – 1940 – 35 mm – Schwarz-weiß – 12 min
Regie: Walter Ruttmann
Buch: Heinz Hesemann
Kamera: Otto Martini
Musik: Walter Schütze
Produktion: Universum Film AG (UFA)
Produktionsleitung: Otto Nay
Zensur (09.10.1941): jugendfrei, staatspolitisch
wertvoll, volksbildend, feiertagsfrei
(beide 1940). Produktwerbung, avantgardistische
Ästhetik und Propaganda für den nationalsozialistischen Staat bilden in diesen Filmen eine Einheit.
Wie schon in seinen Filmen aus den Zwanziger
Jahren interessiert sich Ruttmann in DEUTSCHE
PANZER besonders für die Wirkungen der Montage, für geometrische Figuren und für die Beziehung zwischen Bild und Musik.
Der Film zeigt einzelne Produktionsschritte in einer
Panzerwerkstatt: von der Montage von Einzelteilen
über die rasanten Fahrten auf der Prüfstrecke bis
hin zur Endmontage durch das Aufsetzen des Geschützturmes. Um das von den Nationalsozialisten
gewünschte Zusammenrücken von Front und Heimat zu veranschaulichen, wird in einer über den
Werkhallenlautsprecher verkündeten Siegmeldung den Werkstattarbeitern eine besondere Wertschätzung beigemessen.
H.S.
Als Angestellter der UFA-Werbefilm-AG drehte
Ruttmann ab 1935 neben zum Teil preisgekrönten
Industriefilmen (MANNESMANN, 1937) auch zwei
Filme über die Waffenproduktion: DEUTSCHE
WAFFENSCHMIEDEN und DEUTSCHE PANZER
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RÜSTUNGSARBEITER
D 1943 – 35 mm – Schwarz-weiß – 15 min
Spielleitung: Wolf Hart
Buch: Wolf und Edith Hart
Kamera: Walter Türck
Musik: Friedrich Witeschnik
Herstellungsleitung: Otto Nay
Produktion: Universum Film AG (UFA)
Zensur (02.11.1943): jugendfrei, staatspolitisch
wertvoll, anerkennenswert, volksbildend,
feiertagsfrei
In diesem propagandistischen Kulturfilm werden
die Anstrengungen der Bevölkerung für den Krieg
auch fernab der Kampfhandlungen gezeigt. Der
dokumentarische Aspekt tritt hierbei deutlich hinter
eine Spielhandlung zurück, die musikalisch und
gestalterisch aufwändig inszeniert ist. Ein Rüstungsarbeiter nimmt lange Arbeitszeiten und Anfahrtswege in Kauf, um durch seine Tätigkeit die
Kriegswirtschaft zu unterstützen. In ihm wird das
Idealbild des Arbeiters entworfen: Sorgfältig und
fast zärtlich fertigt er Rohre für Artilleriegeschütze,
bis es zu einem Defekt an seiner Maschine kommt.
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Ausschuss und Produktionsstopp sind die Folgen, die eine rechtzeitige Lieferung der Waffen
an die Front zu gefährden drohen. Durch seine Bemühungen bis in die tiefe Nacht hinein, kann er das
Problem jedoch beheben und so das Weiterlaufen
der Fertigung gewährleisten. Sein engagierter
Einsatz wird mit der Beförderung zum Vorarbeiter
belohnt.
A.W.
DER WESTWALL
D 1939 – 16 mm – Schwarz-weiß – 42 min
Regie: Fritz Hippler
Kamera: Sepp Allgeier, Max Endrejat,
Walter Fuchs, Wolfgang Grossmann, Friedrich
Carl Heere, Walter Hrich, Heinz von Jaworsky,
Heinz Kluth, Wilhelm Mahla, Herbert Wilke
Schnitt: Dieter Schiller
Musik: Erich Buder
Militärische Beratung: Hauptmann Kühne
Fachtechnische Beratung: Willi Henne
Produktion: Deutsche Wochenschauzentrale,
Berlin
Zensur (08.08.1939): jugendfrei, staatspolitisch
und künstlerisch besonders wertvoll,
jugendwert, als Lehrfilm anerkannt, feiertagsfrei
tion zu, da sie die deutsche Wehrhaftigkeit und den
hohen Grad der Mobilisierung des „Dritten Reichs”
demonstrieren sollte. Zugleich lieferte der Film mit
dem Hinweis auf die angebliche „Einkreisungspolitik der Entente” das vorgeschobene Argument
für die Notwendigkeit der Errichtung der Verteidigungsanlage.
Die Montage der Bilder von der Aufbauleistung
stehen in der Tradition des Industriefilms und zeigen neben den riesigen Baumaterialmengen und
gewaltigen Waffen- und Munitionsarsenalen auch
das Motiv der gemeinschaftlichen Arbeit, Unterbringung und Versorgung. Eine besondere Bedeutung kommt im Film der Besichtigung einer
Baustelle durch Adolf Hitler zu, als dessen persönliche Leistung das Bauwerk gerühmt wird.
H.S.
Am 10.08.1939 lief dieser Film, mit dessen Dreh
Hippler von Adolf Hitler persönlich beauftragt
worden war, in den deutschen und europäischen
Kinos an. Wenige Wochen vor dem deutschen Angriff auf Polen fiel der als Gemeinschaftsarbeit der
Deutschen Wochenschauzentrale ausgewiesenen
Produktion somit eine wichtige Propagandafunk32
KRIEGSANLEIHE-WERBEFILM
DER REICHSBANK
D 1917/1918 – 35 mm – Schwarz-Weiß –
stumm mit dt. ZT – 8 min
Produktion: Pinschewer
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Seit der zweiten Hälfte des Ersten Weltkrieges nutzte die Deutsche Reichsbank neben Zeitungs-, Plakat- und Flugblattwerbung zunehmend auch das
Medium Film, um zur Zeichnung von Kriegsanleihen aufzurufen. Zum Einsatz kamen dabei sowohl
Trick- und Realfilme als auch kombinierte Formate,
deren Spieldauer selten über zwei Minuten hinausging. In den vier hier ausgewählten Kurzfilmen werden unterschiedliche Ansätze verfolgt, um die Kinobesucher zur finanziellen Unterstützung in den letzten Kriegsjahren und -monaten zu motivieren: die
Inszenierung des Kinos als vertrauenswürdige Instanz (DAS KINO ALS BERATER, 1918), die Aussicht
auf persönlichen finanziellen Gewinn (DIE ZAUBERSCHERE, 1917), die Erzeugung von Mitgefühl für die
Frontkämpfer (DIE ZAUBERFLASCHE, 1918) sowie
die Gewährung des Schutzes Wehrloser (KRIEGSH.S.
ANLEIHE-PLAKAT VON GEORGI, 1918).
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DER PREIS DER FREIHEIT
BRD 1961 – 16 mm – Farbe – 14 min
Regie: Kurt Stordel
Text: Dieter Werner
Musik: Gerhard Trede
Produktion: Kurt Stordel Filmproduktion,
Hamburg
FSK-Freigabe (07.11.1961): freigegeben ab
6 Jahren; Prädikat: wertvoll
Der im Auftrag des Bundesministeriums für Verteidigung produzierte Zeichentrickfilm versucht, die Verwendung von Steuermitteln für den Verteidigungsetat als sicherheitspolitische Notwendigkeit zu legitimieren. Der durchgängig gereimte Kommentar
apostrophiert die Bundeswehr als Garant für die
freiheitlich-demokratische Grundordnung und für
die Rechtstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland. Die durch die Aufrüstung gewonnene Stärke
und die Mitgliedschaft in der NATO werden als
Basis für besonnenes Handeln im Ernstfall erklärt.
H.S.
Programm 6
KriegFilmKunst? –
Inszenierung und Überhöhung des
Soldaten
TAG DER FREIHEIT - UNSERE WEHRMACHT
D 1935 – 35mm – Schwarz-weiß – 28 min
Regie: Leni Riefenstahl
Musik: Peter Kreuder
Kamera: Hans Ertl, Walter Frentz, Herbert
Kebelmann, Albert Kling, Guzzi Lantschner, Kurt
Neubert, Willy Zielke u.a.
Musik: Peter Kreuder
Produktion: Reichspropagandaleitung der
NSDAP
Zensur (29.11.1935): staatspolitisch wertvoll,
künstlerisch wertvoll, volksbildend, jugendfrei,
feiertagsfrei
Nach SIEG DES GLAUBENS und TRIUMPH DES
WILLENS Riefenstahls dritter Parteitagsfilm. Das
titelgebende Motto „Parteitag der Freiheit” meinte
1935 die als „Wiedererlangung der Wehrfreiheit”
propagierte offizielle Verkündung deutscher Aufrüstung und Wiedereinführung der Wehrpflicht.
Auch diese einseitige Aufkündigung des Versailler
Vertrages blieb ohne Sanktionen durch die ehemaligen Siegermächte.
Riefenstahls Film, der nach ihren Angaben die mit
TRIUMPH DES WILLENS noch unzufriedene Wehrmachtsführung besänftigen sollte, beschränkt sich
ganz auf eine Inszenierung des Militärs und zerfällt
wie seine Vorgänger in mehrere Teile: Prolog,
Einleitungsteil mit idyllischen Lagerbildern, Rede
Hitlers, Parade und ein großes Manöver mit militärischer Apotheose. In wenigen Einstellungen führt
Riefenstahls Film die schon im Vorgänger demonstrierte Ästhetisierung uniformierter Formationen
fort. Ihre mythische Überhöhung marschierender,
reitender oder schlicht stehender Kolonnen sowie
einzelner Soldaten durch den gezielten Einsatz von
Kamerapositionen und -bewegungen, Licht, Musik
und Montage wurde spätestens mit diesem Film
stilprägend. Bis zum Ende der NS-Diktatur versuchten militärische Aufnahmen diese filmischen
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Effekte zu kopieren, Spuren reichen bis zur
heutigen TV-Regie bei Fernsehübertragungen
Großer Zapfenstreiche.
J.K.
SPRUNG IN DEN FEIND
D 1942 – 35 mm – Schwarz-weiß – 26 min
Regie: Paul Otto Bartning, Karl-Ludwig Ruppel
Musik: Norbert Schultze
Herstellungsgruppe: Wilhelm Stöppler
Produktion: Tobis-Filmkunst GmbH „nach dem
Gefechtsbericht eines FallschirmjägerBataillons” (Vorspann)
Zensur (28.8.1942): staatspolitisch wertvoll,
künstlerisch wertvoll, volksbildend, jugendfrei
Uraufführung: 4.9.1942, Biennale Venedig
Hochinszenierte Mischform aus heroischer Waffenschau (zur Waffengattung der Fallschirmjäger)
und propagandistischem Feldzugsfilm aus der
Siegesphase 1939/41 zur Eroberung holländischer
Festungsanlagen im Rahmen des Überfalls auf
Frankreich 1940. Riefenstahls Gestaltungsideen
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prägen vor allem den Einleitungsteil, eine ausführliche Appellsequenz in einem düsteren Flugzeughangar, inszeniert im Stil des nächtlichen
Appells der politischen Leiter in TRIUMPH DES
WILLENS, und die militärische Schlussapotheose.
Die dazwischen liegenden Gefechtsbilder sind
größtenteils nachinszeniert, wenn auch der Vorspann („Gestaltet nach dem Gefechtsbericht eines
Fallschirmjäger-Bataillons”) generelle Authentizität
suggeriert. Ausführliche, dynamisch gestaltete animierte Kartensequenzen verleihen den deutschen
Gefechtserfolgen Unwiderstehlichkeit, eigene Verluste verschwinden dabei genauso wie die des
Gegners.
J.K.
ASSE ZUR SEE
Ein Filmbericht von unseren Schnellbooten.
D 1943 – 16 mm – Schwarz-weiß – 18 min
Regie und Buch: Hermann Stöß (Leutnant)
Kamera: Wilhelm Schmidt, Hermann Stöß
Musik: Norbert Schultze
Herstellungsleitung: Korvettenkapitän Nerger
Produktion: Mars-Film GmbH im Auftrag des
Oberkommandos der Kriegsmarine
Zensur (20.6.1943): staatspolitisch wertvoll,
künstlerisch wertvoll, volksbildend, jugendfrei
Verschiedene Auszeichnungen auf der
„Reichskulturfilm-Woche 1943” in München
Mit seiner ausführlichen Dramatisierung einer kleineren, unspezifischen Offensivaktion und einer in
Teilen innovativen Gestaltung stellt ASSE ZUR SEE
innerhalb des militärischen NS-Beiprogrammfilms
inhaltlich und gestalterisch eine Ausnahme dar.
Nach einer kurzen, als Radioansprache inszenierten Vorrede (Vizeadmiral Friedrich Lützow) wird in
alternierender Montage aus Spielszenen und Fahrtbildern gezeigt, wie ein Schnellboot von der Pa-
trouille kommt, ein neues Boot entsteht und in
Probefahrten getestet wird. Da man 1943 jedoch
kaum noch auf überlegene Technik setzen konnte,
sollte nun die Qualität der Mannschaft, die heroische Einzeltat einer kleinen Gruppe in den Vordergrund gestellt werden. Eine endgültige Abkehr vom
Prinzip reiner Technikverherrlichung versprach für
diesen Film gar die Tagespresse: „Aber das Wesentliche ist im letzten Grunde nicht die Technik der
Maschinen [...] sondern der charakterlich und persönlich an Sache und Idee hingegebene Mensch.”
(Steglitzer Anzeiger, 16.10.1943)
In seinem Hauptteil, zwei nächtlichen Angriffen gegen einen britischen Geleitzug, zeigt der Film eine
geschickte Verbindung dokumentarischer und fiktionaler Gestaltungsmittel, wobei unklar bleibt, inwieweit Einstellungen nachgestellt wurden. Besonders die Verwendung von Originalton (Kommandosprache, stimmungsleitender Einsatz von
Geräuschen) und eine an den Wechsel von lauerndem Warten und plötzlichem Angriff angelehnte
Komposition von Norbert Schultze verstärken die
dramatische Wirkung.
J.K.
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Programm 7
Genossen und Bürger in Uniform –
Selbstdarstellung deutscher Streitkräfte nach 1945
DIE ERSTEN SCHRITTE
BRD 1956 – 35 mm – Schwarz-weiß – 51 min
Regie: Kurt Neher
Kamera: Alexander Blagona
Schnitt und Ton: Karl-Heinz Flach
Musik: Marc Hendriks
Produzent: Otto Biedermann
Produktion: Jupiter-Filmproduktion GmbH,
Hamburg, in Zusammenarbeit mit dem
Bundesministerium für Verteidigung
FSK-Einstufung (20.7.1956): jugendgeeignet
(zur Vorführung vor Jugendlichen von
10-16 Jahren), jugendfördernd (für Kinder unter
10 Jahren), feiertagsfrei
1956 begann mit diesem Auftragsfilm die Filmarbeit der Bundeswehr. Der Vorspann nennt ihn ein
„Dokument”, durch den die Öffentlichkeit erfahren
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solle, „was in den ersten vier Monaten des Jahres
1956 unter schwierigen Umständen getan und
geleistet wurde”. Tatsächlich zeigt der erste Informationsfilm der Bundeswehr nicht den forciert
heroischen Stil vieler militärischer Kulturfilme bzw.
Kriegswochenschauen der NS-Zeit. DIE ERSTEN
SCHRITTE steht vielmehr für den Versuch, unter
dem kritischen Blick der Öffentlichkeit die neugegründete Armee als legitimes Kind der jungen
Demokratie vorzustellen. Doch im Kontext der Wiederaufrüstungsdebatte stieß der Film auf ein sehr
gespaltenes Echo. Immerhin 250.000 Zuschauern
bis zum Herbst 1956 standen einzelne Protestaktionen gegenüber, die allerdings durch die Presse aufgenommen wurden und so ein breites Echo
fanden. Auch wenn davon ausgegangen werden
muss, dass die Filmvorführung für manche Zuschauer vor allem Anlass war, ihre grundsätzliche
Ablehnung gegenüber der westdeutschen Wiederbewaffnung auszudrücken, löste doch auch der
Film selbst Kritik aus. Nachdem besonders einige
Stellen in der Öffentlichkeit nicht gut gewirkt hatten
- „in dieser Hinsicht”, so der berichtende Offizier im
Verteidigungsausschuss, „habe man ja auch erst
Erfahrungen machen müssen” (Deutscher Bundestag, Protokoll der 115. Sitzung des Ausschusses für Verteidigung, 10.10.1956) - wurde der Film
im Einvernehmen mit dem Bundespresseamt etwa
um die Hälfte auf 21 Minuten gekürzt. Im Bundesarchiv überliefert ist die ursprüngliche Langfassung
mit 51 Minuten.
STUDIEREN IN MARINEBLAU
DDR 1989 – 35 mm – Farbe – 32 min
Regie: Heinz Killian
Mitarbeit: Anatol Nebrig, Thomas Knak,
Werner Szukalski, Eva Risch, Heinz Killian
Produktion: Armeefilmstudio der NVA
Zu den interessantesten Fällen im Produktionskorpus des Armeefilmstudios der NVA zählen seine
letzten Produktionen, die bereits deutlich die Spuren der politischen Umwälzungen tragen. So portraitiert noch im Jahre 1989 der Film STUDIEREN IN
MARINEBLAU die Offiziershochschule der Volksmarine Karl Liebknecht. Auf der einen Seite finden
sich Motive, die aus maritimen Werbefilmen der Zeit
vor 1945 bekannt sind. Auch in der Offizierausbildung der Volksmarine findet Kutterpullen statt,
und eine Vereidigung auf dem Marktplatz von
Stralsund soll Volksverbundenheit suggerieren.
Andererseits bleibt die Betonung einer staatsbürgerlichen Bildung als Ausbildungsinhalt, in der die
ideologischen Grundlagen des Sozialismus gelehrt
und im Frontalunterricht abgefragt werden. Unübersehbar sind dann aber die Versuche, auf den
offenbar nicht mehr so verhassten Klassenfeind
zuzugehen und eigene Zugeständnisse an demokratische Reformen innerhalb der Armee anzudeuten. So wird die „Bündnistreue” beider deutscher Armeen bewusst gleichgesetzt (Kommentar:
„...Routine gewordene Bündnistreue auf beiden
Seiten.”) und ein schulinternes Kabarett mit dem
vielversprechenden Namen Die Feuerquallen, das
ausführlich vorgestellt wird, dient mit bedingt kritischen Texten quasi als Beweis für eine angeblich beginnende demokratische Selbsterneuerung
einer de facto noch immer durch die SED kontrollierten Parteiarmee.
J.K.
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Programm 8
Muttertiere, treue Kameradinnen,
züchtige Krieger –
Geschlechterrollen für den Ernstfall
DER AMEISENSTAAT
D 1934 – 35 mm – Schwarz-weiß – 14 min
Regie: Ulrich K. T. Schulz
Kamera: Wolfgang Junghans, Paul Krien,
Walter Suchner, Hans Ebert
Produktion: Universum Film AG (UFA),
Kulturabteilung, Berlin
Zensur (29.07.1935): volksbildend, jugendfrei,
feiertagsfrei [Erst-Zensur (27.04.1935) nicht im
BA vorhanden]
Die unverfänglich erscheinende Präsentation des
Lebens der Ameisen wird in diesem Kulturfilm zur
Parabel für das Leben des deutschen Volkes. Die
Gesellschaft wird als (Mikro-)Organismus gespiegelt. Die Unterordnung des Einzelnen unter die
Ziele der Gemeinschaft, der Futter- und Überlebenskampf in Auseinandersetzung mit anderen
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Völkern („Überfall und Aufteilung der Beute, Vernichtung von Ungeziefer”) sowie eine patriarchalische Geschlechterordnung („Weibchen schafft
Grundstock für den neuen Staat”) sind die
Ideologeme der nationalsozialistischen Weltanschauung. Sie werden weitgehend im militärischen Jargon kommentiert („Welt voller Gegner”).
Als erster deutscher Kulturfilm wurde DER
AMEISENSTAAT, dessen Aufnahmen mit einer
eigens für den Film entwickelten Kamera mit
Speziallinse (Ameisenoptik) entstanden, auf der
Biennale 1935 ausgezeichnet.
B.HP.
BARBARA
D 1939 – 35 mm – Schwarz-weiß – 16 min
Darsteller: Paul Klinger, Lotte Werkmeister
Produktion: Deutsche Filmherstellungs- und
Verwertungs-GmbH (DFG) im Auftrag der NSDAP
Der aus Spiel- und Dokumentarsequenzen bestehende Film thematisiert den kriegsbedingten
Arbeitseinsatz von Frauen in der Industrie und im
öffentlichen Dienst. Barbara, deren Mann am
18. November 1939 den Einberufungsbefehl erhält, teilt dieses Schicksal mit Tausenden anderer
Frauen. Eine von ihnen, Schaffnerin in einer Straßenbahn, weckt in Barbara den Entschluss, sich
eine Arbeit bei der Fahr-kartenausgabe zu suchen.
Nun trägt sie selbst Uniform und leistet damit ihren
Dienst für die Volksgemeinschaft.
B . H P.
BLITZMÄDEL (Archivtitel)
D ca. 1940 – 35 mm – stumm –
Schwarz-weiß – 4 min
„Blitzmädel“ war eine aus dem Soldatenjargon
stammende Bezeichnung für die vor allem im
Fernmeldewesen, im Sanitätsdienst und bei der
Flugabwehr arbeitenden Wehrmachtshelferinnen.
Abgeleitet wurde der Begriff von dem BlitzAbzeichen auf den Uniformärmeln und Krawatten
der über 500.000 jungen Frauen, die während des
Krieges beim Militär arbeiteten. Dieser Film unbekannter Provenienz dokumentiert auszugsweise
ihren Lebens- und Arbeitsalltag.
H.S.
HOF OHNE MANN
D 1944 – 35 mm – Schwarz-weiß – 15 min
Regie: Walter Robert Lach
Produktion: Wien-Film GmbH, Wien
Zensur (20.04.1944): jugendfrei,
anerkennenswert, volksbildend, feiertagsfrei
Ähnlich wie in BARBARA oder BLITZMÄDEL wird
in diesem Film mit durchgehender Spielhandlung
die Abwesenheit der eingezogenen Männer in den
Mittelpunkt gestellt. Eine österreichische Bauernfamilie muss ohne die Hilfe des Mannes und Vaters
die Ernte einbringen. Die gefahrvolle Heimfahrt
vom Feld über den vom Sturm gepeitschten See
kann nur durch die Hilfe des Nachbarn überstanden werden. Abends beantwortet die Bäuerin
die Feldpostbriefe ihres Mannes. Dabei versucht
sie „Durchhaltestimmung” zu vermitteln, um ihm
die Angst zu nehmen, dass die Feldarbeit nicht zu
bewältigen ist. Angelegt als Huldigung der
Einfachheit des bäurischen Lebens, bedient sich
der Film des archaischen Topos von der Frau als
Hüterin des heimischen Feuers.
B.HP.
40
BRIEFE VON DER FAHNE
DDR 1984 – 35 mm – Schwarz-weiß – 20 min
Regie und Buch: Ernst Cantzler
Kamera: Thomas Plenert
Schnitt: Gudrun Plenert
Dramaturgie: Annerose Richter
Ton: Udo Cott
Produktion: DEFA-Studio für Dokumentarfilme
Produktionsleitung:
Frank Löprich, Marco Mundt
Progress: „Für Kinder unter 6 Jahren nicht
zugelassen/ab 10 Jahren geeignet (P 6/10)”
Ein junges Paar zitiert aus Briefen, die sie sich
während der dreijährigen Armeezeit des Mannes
geschrieben haben. Nach zwei gemeinsamen
Jahren und der Geburt des zweiten Kindes müssen sie sich erneut für die Zeit eines dreimonatigen Reservistendienstes trennen. Zu Bildern aus
dem jeweiligen Alltag der Eltern werden Fragen
nach Partnerschaft, Verantwortung und Vertrauen
gestellt.
Im Text der Progress Einsatzkarte heißt es 1985
dazu, dass es den Eheleuten „trotz ihrer über-
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zeugend formulierten Einsicht in die Notwendigkeit” schwer falle, erneut getrennt von einander
zu leben.
Der DEFA-Dokumentarfilm sollte das ungeliebte
Thema Armeedienst unter das Motto ‚Friedensschutz' stellen und dementsprechend positiv darstellen. Der junge Mann aus dem Arbeitermilieu hat
einen dreijährigen Armeedienst abgeleistet. Das
war in der DDR Voraussetzung für ein Studium, in
der Regel wurde 18 Monate gedient. Es wird versucht, ein wirklichkeitsnahes Bild von der Armeezeit zu vermitteln, allerdings sprechen die Bilder
von Kameramann Thomas Plenert eine deutlich
andere Sprache als die Aussagen der beiden
Protagonisten.
Der Film wurde im Beiprogramm der Kinos
eingesetzt.
B.HP.
EIN WORT VON MANN ZU MANN
D 1941 – 35 mm – Schwarz-weiß – 31 min
Regie: Alfred Stöger
Buch: Friedrich Luft
Kamera: Ekkehard Kyrath
Musik: Rudolf Perak
Darsteller: Doris Krüger, Karin Evans, Maria
Hofen, Erich Dunskus, Günther Lüders, Werner
Pledath, Franz Schafheitlin, Hans Sternberg,
Hermann Wagner, Heinz Welzel, Herbert Wilk
Produktion: Oberkommando des Heeres /
Abteilung Lehrfilm, Mars-Film GmbH und
Universum Film AG (UFA)
Produzent: Otto Nay
Zensur (27.06.1941): eingeschränkt
freigegeben, staatspolitisch und künstlerisch
wertvoll, volksbildend, als Lehrfilm anerkannt
Der Film ist ursprünglich von der Mars-Film GmbH
im Auftrag des Oberkommandos des Heeres /
Abteilung Lehrfilm als militärischer Lehrfilm hergestellt worden, der nur in geschlossenen Veranstaltungen von Wehrmacht und angeschlossenen
Verbänden, Reichsarbeitsdienst und Gliederungen
der Partei aufgeführt wurde. Er wurde dann von der
UFA in die Kinos gebracht, inwiefern bearbeitet, ist
nicht bekannt.
Anhand einer Spielhandlung wird vor der Gefahr
einer Ansteckung mit Geschlechtskrankheiten bei
„Mädchen mit lockerem Lebenswandel” gewarnt.
Bemerkenswert ist dabei das in der Männerdomäne Militär vorherrschende Frauenbild, das der
Film zu vermitteln versucht.
Für einen Kulturfilm eher unüblich, schrieb Drehbuchautor Friedrich Luft über die Gestaltung und
Konzeption des Films in „Der deutsche Film”,
6. Jg. (1942) Heft 8/9: „Es war ein Aufklärungsfilm
über Geschlechtskrankheiten zu verfassen. Und
dies waren die Gegebenheiten: Er sollte nur unter
Männern gezeigt werden; er sollte nicht prüde sein;
er sollte nicht bei den Abgründen dieses Themas
ungebührlich lange verweilen; er sollte sich nicht in
medizinischen Darstellungen verlieren; er musste
in seiner Art und in seinem Ton jeden erfassen,
jeden Kameraden vom Arbeitsdienst, beim Heer,
der Luftwaffe, der Marine, der OT. [Organisation
Todt, Anmerk. d. Red.], jeden Arbeiter in den
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Rüstungsbetrieben. Er sollte nicht den Intellekt
treffen, sondern mit jedem einzelnen Beschauer
des Films persönlich sprechen, vertraut, männlich,
verantwortungsvoll und verbindlich. EIN WORT
VON MANN ZU MANN! [...] Wir haben das Wort
‚Schuld’ aus dem Vokabular des Films bewußt
radikal ausgemerzt, aber haben eine Schuld da
deutlich unterstrichen, wo einer es unterläßt, aus
Feigheit, Unwissenheit oder Scham bei einer
Krankheit, die nicht ein Einzelwesen gefährdet,
sondern die Allgemeinheit bedroht, den Arzt sofort zur Hilfe anzurufen und das Unheil für die
eigene Zukunft und die des Nebenmannes abzuwenden. Die Form? Das Thema dieses Films ist
der Mensch. Wir haben, was wir zu sagen hatten in
eine Spielhandlung gebettet und uns bemüht, an
keiner Stelle den Zeigefinder des Lehrenden oder
des Sittenrichters sichtbar werden zu lassen[...] Wir
durften warnen, helfen, heilen.”
B.HP.
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Programm der
Retrospektive
vom 19. bis 24. Oktober 2010
Dienstag, 19. Oktober 2010
Mittwoch, 20. Oktober 2010
17.00 Uhr - Eröffnung
17.00 Uhr
Programm 1
Rekrutierung des Publikums –
Werbefilme deutscher Streitkräfte
Programm 2
Auf der Schulbank der Nation –
Militärische Lehrfilme als Spiegel von
Kriegserfahrungen
Hein Petersen
(D 1917/1921, 19 Minuten)
Jungens wollen zur See
(D 1940, 18 Minuten)
Beispiele für die taktische Verwendung von
künstlichem Nebel
(D 1931, 7 Minuten, Ausschnitt)
Warum / wofür fragen sich Bonner Berufsschüler
(BRD 1966, 19 Minuten)
Anwendung des Schanzzeuges der Infanterie
im Gefecht
(D 1934, 7 Minuten, Ausschnitt)
Soldatenpflicht
(DDR 1976, 30 Minuten)
Scharfschützen im Gebirge
(SU/D 1939/1942, 22 Minuten)
Männer gegen Panzer
(D 1943/1944, 14 Minuten)
Der alte Fritz sprach seinerzeit
(D 1943, 3 Minuten)
Gesundheitspflege in den warmen Ländern
(D 1942/43, 22 Minuten)
44
45
Mittwoch, 20. Oktober 2010
Donnerstag, 21. Oktober 2010
Freitag, 22. Oktober 2010
Samstag, 23. Oktober 2010
20.15 Uhr
11.00 Uhr
14.30 Uhr
14.30 Uhr
Programm 3
Dosierung des Schreckens –
Darstellung und Umdeutung von Kriegsleid
Programm 4
Wunde Seelen, versehrte Körper –
Realität, Verharmlosung, Instrumentalisierung
Programm 6
KriegFilmKunst? –
Inszenierung und Überhöhung des Soldaten
Reserve-Lazarett Hornberg i. Schwarzwald
Behandlung der Kriegsneurotiker
(D ca. 1914-1918, 8 Minuten)
Die Wirkung der Hungerblockade auf die
Volksgesundheit
(D 1921, 53 Minuten)
Tag der Freiheit - Unsere Wehrmacht
(D 1935, 28 Minuten)
Programm 8
Muttertiere, treue Kameradinnen,
züchtige Krieger –
Geschlechterrollen für den Ernstfall
Kamerad Pferd ist krank
(D 1942, 13 Minuten)
Nur nicht bange machen lassen
(D 1940, 8 Minuten)
Kriegszerstörungen in einer französischen
Hafenstadt (AvT)
(D 1940, 9 Minuten)
Der Schutzraum
(BRD 1950er, 9 Minuten)
Kriegs-Sanitätsdienst
(D 1941, 30 Minuten, Ausschnitt)
Hunde mit der Meldekapsel
(D 1942, 22 Minuten)
Sprung in den Feind
(D 1942, 26 Minuten)
Asse zur See
(D 1943, 18 Minuten)
Kriegsopfer
(BRD ca. 1965, 30 Minuten)
20.15 Uhr
20.15 Uhr
Programm 7
Genossen und Bürger in Uniform –
Selbstdarstellung deutscher Streitkräfte
nach 1945
Programm 5
Made in Germany –
Wirtschaftsfaktor Militär
Die ersten Schritte
(BRD 1956, 51 Minuten)
Der Ameisenstaat
(D 1934, 14 Minuten)
Barbara
(D 1939, 16 Minuten)
Blitzmädel (AvT)
(D ca. 1940, 4 Minuten)
Hof ohne Mann
(D 1944, 15 Minuten)
Briefe von der Fahne
(DDR 1984, 20 Minuten)
Ein Wort von Mann zu Mann
(D 1941, 31 Minuten)
Studieren in Marineblau
(DDR 1989, 32 Minuten)
Deutsche Panzer
(D 1940, 12 Minuten)
Rüstungsarbeiter
(D 1943, 15 Minuten)
Der Westwall
(D 1939, 42 Minuten)
Kriegsanleihe - Werbefilm der Reichsbank
(D 1917/18, 8 Minuten)
Der Preis der Freiheit
(BRD 1961, 14 Minuten)
Programmänderungen vorbehalten!
46
47
Film-Register
Seite
Seite
Der alte Fritz sprach seinerzeit
22
Soldatenpflicht
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Der Ameisenstaat
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Sprung in den Feind
35
Anwendung des Schanzzeuges der
Infanterie im Gefecht
Studieren in Marineblau
38
19
Tag der Freiheit - Unsere Wehrmacht
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Asse zur See
36
Deutsche Panzer
30
Warum / wofür
fragen sich Bonner Berufsschüler
16
Barbara
DOK Förderer:
39
Der Westwall
32
Beispiele für die taktische Verwendung von
künstlichem Nebel
18
Die Wirkung der Hungerblockade auf die
Volksgesundheit
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Blitzmädel (AvT)
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Ein Wort von Mann zu Mann
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Briefe von der Fahne
41
Die ersten Schritte
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Gesundheitspflege
in den warmen Ländern
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Hein Petersen
14
Hof ohne Mann
40
Hunde mit der Meldekapsel
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Jungens wollen zur See
15
Kamerad Pferd ist krank
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Kriegsanleihe-Werbefilm der Reichsbank
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Kriegsopfer
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Kriegs-Sanitätsdienst
25
Kriegszerstörungen in einer französischen
Hafenstadt (AvT)
24
Männer gegen Panzer
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Nur nicht bange machen lassen
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Der Preis der Freiheit
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Reserve-Lazarett Hornberg i. Schwarzwald
Behandlung der Kriegsneurotiker
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Rüstungsarbeiter
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Scharfschützen im Gebirge
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Der Schutzraum
28
Wir danken allen Rechteinhaberinnen und -inhabern für die freundliche Erteilung der Aufführungsrechte
sowie allen mit der Retrospektive befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Militärhistorischen Museum
der Bundeswehr und im Bundesarchiv.
Fotonachweis:
Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin (Standfotos)
Rechteinhaber für die Fotos konnten möglicherweise nicht zu allen Filmen ermittelt werden. Nicht genannte
Rechteinhaber bitten wir, sich an das Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin zu wenden.
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