PRAKTISCHE ORIENTIERUNGHILFEN Impfen – eine wichtige Vorsorgemaßnahme Impfungen sind das effektivste und wichtigste Instrument der Präventivmedizin er Grieche Thukydides (400 v. Chr.) beschrieb als erster das Prinzip der aktiven Immunisierung. Ihm war aufgefallen, dass einige Athener, die eine Pesterkrankung überlebt haben, bei späteren Pestepidemien nicht mehr erkrankten. Durch solche Beobachtungen brachte man schon in den alten Kulturen Asiens Menschen absichtlich mit dem Schorf und den Flüssigkeitsprodukten von pockentypischen Hauterkrankungen in Berührung. Dieser Vorgang wird als Variolation bezeichnet. In Europa wurde die Variolation erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch den schottischen Arzt Maitland eingeführt. Damit war das Prinzip der Aktivimpfung entdeckt: Der bewusst und gezielt herbeigeführte Kontakt des gesunden Körpers mit einem Krankheitserreger schützt vor einer echten Infektion. Heute ist man im Gegensatz zu früheren Zeiten in der Lage, den Erreger genau dosiert zu verabreichen. Impfungen sind die wichtigsten und effektivsten Maßnahmen unserer Präventivmedizin. Die Bayerische Gesellschaft für Immun- Tropenmedizin und Impfwesen e. V. fordert alle Beteiligten auf, bei der Neuordnung des Gesundheitssystems die bewährte Förderung des Impfwesens zu berücksichtigen. Schon jetzt zeigen z. B. die besorgniserregenden Masernausbrüche eindeutig die Gefahren von Systemänderungen. Ohne ausreichende Impfungen drohen Deutschland wieder Seuchenzüge wie z. B. durch Kinderlähmung in den 50er Jahren. D Folgende Impfungen (Auswahl) werden derzeit von den Ständigen Impfkommissionen in Deutschland empfohlen: Diphtherie: eine lebensgefährlich, hoch ansteckende Erkrankung der oberen Atemwege. Standardimpfung für Kinder ab 2 Monate, Auffrischung für Erwachsene alle 10 Jahre. FSME (Frühsommer-Meningo-Enzephalitis): eine entzündliche Erkrankung des Gehirns oder der Hirnhäute, die durch das FSME-Virus (Zeckenbisse) ausgelöst wird. Die Impfung ist für Kinder ab dem 1. Lebensjahr möglich, dann unterschiedliche Impfformen beim Arzt erfragen. Hepatitis A: eine Entzündung der Leber und wird weltweit über Lebensmittel übertragen. Impfung ist sinnvoll bei Risikogruppen, gefährdetem Personal (Gesundheitsdienst, Forschung, Kanalisation u. a.), für Reisende auch in den Mittelmeerraum. Hepatitis B: eine Entzündung der Leber und wird durch Körperflüssigkeit übertragen. Standardimpfung für Kinder ab 2 Monate. Impfung ist sinnvoll bei Risikogruppen, gefährdetem Personal im Gesundheitswesen, Reisende. Influenza: Impfung bei Personen über 60 Jahre, Personen mit geschwächtem Immunsystem, Personen mit chronischen Erkrankungen, Personen, die mit vielen Menschen in Kontakt kommen. Keuchhusten: gehört zu den gefährlichsten Infektionskrankheiten (Tröpfcheninfektion) im Säuglingsalter. Seit einigen Jahren werden vermehrt Keuchhusten-Erkrankungen bei Jugendlichen und Erwachsenen beobachtet. Grundimmunisierung im Kindesalter. 4 Impfungen im vollendeten 2., 3., 4., und 11. bis 14. Lebensmonat. Auffrischung für Kinder von 5 bis 6 Jahren. Auffrischung für Jugendliche von 9 bis 17 Jahren. Erwachsene: Frauen mit Kinderwunsch, enge Kontaktpersonen zu Säuglingen, Personal in der Kinderheilkunde, Schwangerenbetreuung und Geburtshilfe, Personal in Kinderheimen. Masern: eine sehr ansteckende und weltweit verbreitete Infektion (Tröpfcheninfektion) der oberen Atemwege mit dem typischen roten, fleckigen Hautausschlag. Grundimmunisierung ab dem Alter von 2 Monaten, werden bis zum 2. Lebensjahr vervollständigt. Für Erwachsene reicht eine Injektion. Wenn Sie nicht genau wissen, ob Sie als Kind geimpft wurden, lassen Sie die Impfung nachholen, vor allem, wenn Sie gerne auf Reisen gehen. eine zusätzliche Impfung schadet nicht. Mumps: eine akute, ansteckende Viruserkrankung, in deren Folge die Ohrspeicheldrüsen schmerzhaft anschwellen. Standardimpfung für Kinder ab 11 Monaten. Poliomyelitis (Kinderlähmung): die Impfung wird für alle Kinder bis zum 18. Lebensjahr empfohlen. Als Erwachsener muss man die Impfung nur dann auffrischen, wenn man zum infektionsgefährdeten Personenkreis gehört, wie Fernreisende und medizinisches Personal. Röteln: werden durch Viren verursacht (Tröpfcheninfektion). Eine Ansteckung ohne Impfung ist kaum zu verhindern. So kann ein kleines Kind, das keinerlei Symptome entwickelt, eine Schwangere anstecken und dadurch zum Risiko für das Ungeborene werden. Es wird empfohlen, alle Kinder zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat zum ersten Mal zu impfen. Die zweite Impfung sollte zwischen dem 15. und 23. Lebensmonat erfolgen. Nur wenn das Kind die zweite Impfung erhält, ist ein Schutz bis ins Erwachsenenalter sichergestellt. Mädchen sollten sich spätestens zwischen dem 11. und 16. Lebensjahr impfen lassen, falls sie bis dahin noch nicht geimpft worden sind. Tetanus (Wundstarrkrampf): eine schwere Erkrankung des Nervensystems. Die Muskulatur des ganzen Körpers erstarrt krampfartig. Im Verlauf der Erkrankung können die Patienten nicht mehr sprechen und die Atmung setzt aus. Weltweit sterben rund 50 Prozent der Erkrankten. Normalerweise findet die Grundimmunisierung bereits bei Säuglingen zusammen mit den anderen Standardimpfungen in mehreren Schritten statt. Aufgefrischt wird mit je einer Injektion im 5. bis 6. Lebensjahr und zwischen dem 9. und 17. Lebensjahr. Um den Impfschutz zu erhalten müssen Erwachsene sich anschließend alle 10 Jahre nachimpfen lassen. Windpocken: Standardimpfung bei Kindern ab 11 Monate, Personal im Gesundheitswesen, Frauen mit Kinderwunsch, Organtransplantation. Diese Informationen dürfen auf keinen Fall als Ersatz für eine professionelle Beratung durch einen Arzt angesehen werden. Nähere Informationen zu bestimmten Impfungen erfragen Sie bitte deshalb bei Ihrem Hausarzt. Manuela Hauptmann Humanes Leben · Humanes Sterben 1/2007 49