Artikel aus der CO`MED - Das Fachmagazin für Complementär-Medizin Ausgaben Nr.8 / 2001 Von Oliver Hechtenberg Wie geschieht Lernen ? Die Wahrnehmung Das Gehirn ist der entscheidende Ort der individuellen Wahrnehmung eines jeden Menschen. Dort sammelt er über seine Sinne Informationen, verarbeitet sie und reagiert mit einer körperlichen Reaktion darauf. Man kann sagen, dass dort im Kopf - genauer gesagt im Gehirn - Realität stattfindet und dass eine individuelle Wahrnehmungskonstellation und -verarbeitung im Gehirn den subjektiven Eindruck im Bewusstsein hinterlässt. Dort, wo Wahrnehmung stattfindet, passiert auch "Lernen". Lernen kann definiert werden als die Fähigkeit, Wissen oder Fertigkeiten durch Erfahrung oder Anweisung zu erwerben oder einfach als Verhaltensänderung als Reaktion auf Erfahrung. Trotz jahrzehntelanger immer differenzierterer Forschung bleiben der genaue "Lernvorgang" und die damit verbundene "Gedächtnisleistung" rätselhafte, kaum verstandene Prozesse. Lernen basiert sehr stark auf Erinnerung besonderer Stimuli oder Verhalten, die mit Belohnung oder Bestrafung assoziiert sind. Gedächtnis wiederum kann definiert werden als die Fähigkeit des Speicherns, Wiederabrufens und Benutzens von Wissen oder die Fähigkeit, Gedanken wieder abzurufen. Um etwas zu lernen, muss man zuerst die Motivation dazu haben: Die gängigste Motivation ist eine in Aussicht gestellte Belohnung dafür, dass man es tut, oder eine Strafe, wenn man es nicht tut. Doch selbst wenn man motiviert ist, d.h. die bewusste Entscheidung dafür trifft, muss man auf alle unterbewussten Gehirnbereiche zugreifen können, die für die beabsichtigte Art des Lernens benötigt werden; und man muss diese Funktionen sowohl auf der unterbewussten als auch auf der bewussten Ebene integrieren können. Darüber hinaus muss man in der Lage sein, das Gelernte im Gedächtnis zu "speichern". Bei Kindern und Jugendlichen in der Schule ist der Prozess des Lernens noch am deutlichsten; lernen wird gleich mit Schule assoziiert. Dort sind so genannte Lern-Schwierigkeiten bzw. "Teilleistungsstörungen" schnell sichtbar, wenn Stoff aus dem Unterricht nicht adäquat im Gedächtnis gespeichert bzw. das Gelernte nicht adäquat umgesetzt oder wiedergegeben werden kann. Lernen hört jedoch nicht mit Beendigung der Schule oder mit dem Erreichen eines gewissen Alters auf; vielmehr lernt der Mensch in dieser komplexen, "schnelllebigen" Welt unentwegt weiter, indem er sich gezwungen sieht, sich auf Neues einzustellen. So macht der Mensch im Laufe seines Lebens neue Erfahrungen durch die Konfrontation mit neuen Situationen, mit denen er zwangsläufig klarkommen muss. Aber wie viele Menschen wiederholen ständig dieselbe Erfahrung mit derselben negativen Konsequenz für sie: Sie zeigen keinerlei Verhaltensänderung als Reaktion auf die von ihnen schon zig Mal gemachte Erfahrung, und man könnte vermuten, sie "hätten nichts gelernt". Dies ist für Außenstehende häufig sichtbarer als für die Betroffenen selbst; doch auch viele der Betroffenen wissen sogar darum, können aber irgendwie nicht "aus ihrer Haut"; müssen z.B. immer wieder auf denselben Typ Mann/Frau "hereinfallen", bei Stress mit dem Vorgesetzten immer klein beigeben, nicht zur richtigen Zeit das Richtige sagen bzw. nicht die richtigen Worte finden etc. Diese sich wiederholenden Situationen bestätigen die eigene Selbstwahrnehmung, das eigene Bild von sich selbst und die immer wieder bestätigt gefundenen inneren Stimmen wie "Ich bin zu dumm" oder "Ich kann überhaupt gar nichts" oder "Ich schaffe das nicht". Daraus leitet sich mit einer eigenen Dynamik ein den Menschen einschränkendes Verhaltensmuster mit all den nur möglichen Vermeidungs- und Verneinungs-Strategien sowie Verhaltensauffälligkeiten ab, welches besonders gut bei Schulkindern und Jugendlichen in der Pubertät beobachtet werden kann - aber auch bei Erwachsenen jeden Alters. Es besteht also kein Unterschied zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in bezug auf lernen! Um zu verstehen, wie lernen funktioniert und was dies für ein komplexer Vorgang im Gehirn ist, muss man sich die einzelnen daran beteiligten Gehirnbereiche näher anschauen. Das Gehirn Um zu verstehen, wie das menschliche Gehirn arbeitet, muss man zuerst seine Herkunft und Evolution bis zum gegenwärtigen Höhepunkt seiner Fähigkeiten betrachten. Eine allgemein verbreitete Anschauung sieht das menschliche Gehirn als eine Struktur mit drei Schichten mit jeweils einem neuen "Gehirn", welches jedes folgende "Gehirn" überlappt und in einem großen Ausmaß steuert bzw. kontrolliert. Diese "dreieinige" Gehirntheorie geht davon aus, dass das menschliche Gehirn aus drei evolutionären Hauptebenen zusammengesetzt ist - es sind sozusagen drei Gehirne in einem. • Das erste Gehirn, das reptilische Gehirn, stammt von unseren reptilischen Ahnen und liegt tief innen im menschlichen Gehirn, es besteht aus der Medulla, dem Mittelhirn und den tiefsten Anteilen des Vorderhirns. Das reptilische Gehirn wird von Instinkten gelenkt: Essen, Trinken, Sexualität (wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge), und es steuert körperliche Grundfunktionen wie Atmung, Herzfrequenz, Körpertemperatur, Darmperistaltik (Nahrungs-Weitertransport) usw. sowie den Wachzustand (Wachheit oder Schläfrigkeit) der cerebralen Cortex über das reticuläre Aktivierungssystem (Formatio reticularis). • • Das zweite Gehirn, das limbische System, umgibt das eher primitivere, reptilische Gehirn und kontrolliert es, das reptilische Gehirn kann jedoch, wenn die limbische Kontrolle ausfällt wie im Zustand des Komas, die körperlichen Grundfunktionen aufrecht erhalten. Das limbische System ist das emotionale Zentrum des Gehirns. Es registriert Belohnung und Bestrafung, und es ist der Sitz unseres Kurzzeitgedächtnisses. Es steuert / kontrolliert durch seine Signale an den Hypothalamus und das Autonome Nervensystem auch den emotionalen Ausdruck und die körperliche Gesamtfunktion. Der wichtigste Fokus des limbischen Systems heißt Überleben, es operiert unterbewusst. Weil das limbische System eine primäre Rolle spielt bei Emotionen wie Schmerz, Vergnügen, Zorn, Wut, Furcht, Traurigkeit, sexuellen Gefühlen, Fügsamkeit und Zuneigung, wird es manchmal auch als "emotionales" Gehirn des Menschen bezeichnet. In der Tat ist das limbische System an vielen Ausdrucksformen beteiligt, die unser Menschsein ausmachen, insbesondere unser emotionales Verhalten und unsere Stimmungslagen. Das "kleine Gehirn", das Cerebellum (Kleinhirn), entspringt dem Mittelhirn, genau unterhalb des cerebralen Cortex. Das Cerebellum kontrolliert das Gleichgewicht und die Koordination und hält die Menschen vom Stolpern ab. Neuere Studien gehen davon aus, • dass das Cerebellum auch das Gedächtnis für Routinebewegungen beherbergt, die, wenn sie einmal "gelernt" sind, automatisch erfolgen, wie etwa Schreibmaschinenschreiben. Das Kleinhirn kontrolliert das Gleichgewicht auf der Grundlage eines dauernden Informationszustroms von den Propriozeptoren (Eigensensoren). In jeder Sekunde empfängt das Gehirn etwa fünf bis zehn Millionen sensorische Impulse, von denen ein großer Teil von den Sensoren der Muskeln, Sehnen und Bänder herrührt und direkt ins Cerebellum gelangt. Dieser Informationsfluss zum Unterbewussten erlaubt dem Cerebellum und anderen unterbewussten Gehirnarealen, den Körper ohne einen anderen bewussten Input außer einer globalen Richtungsanweisung (man möchte sich z.B. aus einem Sessel erheben) zu lenken. Es gibt Hunderte von Muskeln und Knochen, die alle in Aktion sind, um eine koordinierte Bewegung hervorzubringen, dies liegt jedoch alles, ausgenommen das Ziel dieser globalen Richtungsanweisung, gänzlich außerhalb des Bewusstseins. Der in der Evolution jüngste Gehirnteil, der Neocortex (wörtlich neue Rinde oder Haut) oder cerebraler Cortex, breitet sich über den ersten beiden Gehirnen aus , ähnlich wie der Hut eines Pilzes seinen Stängel umgibt. Er ist das abstrakte Denkzentrum des Gehirns und der Sitz des Langzeitgedächtnisses. Der Neocortex ist am besten dazu geeignet, sich Neuem anzupassen und Neues zu erlernen. In den komplexen Schaltkreisen des cerebralen Cortex befinden sich die höchsten Funktionen des menschlichen Geistes. Er spielt eine entscheidende Rolle im konzeptionellen Denken, in der Kreativität, bei der Planung, im Verhalten und im Verstehen. Der Cortex ist wichtig, um aus Sinnesimpulsen Wahrnehmung zu bilden und um geschulte motorische Aktivitäten zu organisieren, ja, für die gesamte Fähigkeit, über sich selbst und uns alle in unserer jeweiligen Umwelt bewusst zu sein. Im cerebralen Cortex ist auch das assoziative Denken zuhause, d.h. dort werden Gedanken in Begriffe gefasst (begriffliches Denken). Dennoch hängt das Denken von vielen darunter liegenden cortikalen sowie subcortikalen limbischen Funktionen ab, die außerhalb des Bewusstseins sind. Diese Funktionen sind in verschiedenen Regionen des cerebralen Cortex und tieferen Gehirnzentren beherbergt, die an der Integration der Sinnesimpulse beteiligt sind. Um etwas zu "denken", müssen wir zuerst Eingangsimpulse für die denkenden Teile des Cortex haben, von der äußeren Umgebung wie von Gesehenem oder Gehörtem oder aus inneren Bildern wie unseren Erinnerungen. Das "Denken" benötigt also ein riesiges Netz unterbewusster Zentren des Gehirns, die den bewussten Teilen die als Handlungsbasis benötigten Eingangsdaten liefern. Selbst wenn der Mensch bewusst "denkt", gibt er nur Anweisungen, die den unterbewussten Teilen mitteilen, was er von ihnen will. Die cortikalen Funktionen stören im täglichen Leben normalerweise nicht die Funktionen des ersten Gehirns, sie haben aber die Fähigkeit, das reptilische Gehirn zu kontrollieren, so wie ein Yogi seinen Herzschlag oder die Blutzirkulation in einem Finger reduzieren kann. Auf der anderen Seite sind der cerebrale Cortex und das limbische System in einem ständigen Tanz der Kontrolle, mal führt der eine, dann der andere. Obwohl es so aussieht, als steuerte das limbische System und sein untergeordnetes reptilisches Gehirn das instinktiv / genetisch bestimmte Verhalten und die internen, unwillkürlichen körperlichen Reaktionen wie die "Kampf-oder-Flucht"-Reaktion auf Angst oder Bedrohung, scheint der cerebrale Cortex verantwortlich zu sein für unser eher willkürlich gesteuertes Verhalten und für unsere Fähigkeit zu denken, zu sprechen und in sozial und kulturell angepasster Art und Weise zu handeln. Das Lernen Der Prozess des Lernens ist abhängig vom Zugriff auf verschiedene unterbewusste und bewusste Gehirnfunktionen, sowohl in den Gehirnhemisphären als auch in den verschiedenen subcortikalen Kernen und, ebenso wichtig, der Fähigkeit, diese Funktionen gemäß der verschiedenen auszuführenden Aufgaben zusammenhängend zu integrieren. Ohne Gedächtnis würden wir Fehler wiederholen (Bestrafung) und unfähig sein zu lernen. Ebenso könnten wir nicht aus unseren Erfolgen und verwirklichten Projekten (Belohnungen) lernen. Belohnung und Bestrafung stellen die "Motivation" bereit, um aus einer Erfahrung zu lernen, und befördern die Ergebnisse dieses Lernens ins Gedächtnis. Ohne Motivation gibt es kein Lernen, weil "Lernen" eine bewusste Handlung ist, die eine gewisse "Anstrengung" vom Lernenden erfordert. Lernen erfordert eine bewusste Motivation, um zunächst einmal die Informationen lange genug im Kurzzeitgedächtnis zu halten bis zur Abspeicherung im Langzeitgedächtnis. Diese Motivation wird zum Teil auch für die Wiederholung und Übung gebraucht, die zum Abspeichern im Langzeitgedächtnis notwendig ist. Die Motivation zum Lernen ergibt sich entweder daraus, wie bedeutsam die Information für unsere gegenwärtigen Interessen sind, oder aus ihrer emotionalen Wirkung. Die Relevanz für unsere Interessen scheint eine sehr starke Motivation zum Lernen zu sein. Deutlich wird das an dem Beispiel, etwas zu lernen, was einen nicht interessiert. Dagegen scheint man Informationen, für die man sich interessiert, gelegentlich nahezu mühelos zu lernen. Eine starke emotionale Beteiligung in dem Moment, in dem die Information präsentiert wird, ist eine andere kraftvolle Motivation, um aus einem Ereignis zu lernen. Während Lernen Motivation erfordert und mit dem Gedächtnis in Wechselwirkung steht, gibt es eine ganze Reihe bewusster und unterbewusster cortikaler und subcortikaler Funktionen, die am Vorgang des Lernens beteiligt sind. Die neuesten Studien sowohl des Gedächtnisses als auch des Lernens weisen darauf hin, dass keiner dieser beiden Vorgänge nur ein global hierarchisches System ist, sondern aus vielen miteinander in Beziehung stehenden Untersystemen besteht. Die Untersysteme werden durch miteinander verbundene Module repräsentiert, die aus cortikalen Kolumnen und subcortikalen Verarbeitungszentren wie dem Thalamus, den Gedächtnissystemen einschließlich der Hippocampi und der Mandelkerne (Amygdala) und anderen limbischen und hypothalamischen Bezirken bestehen, die alle zu funktionalen Einheiten integriert sind, wobei jede funktionale Einheit eine bestimmte Aufgabe erfüllt. Die vielen Bestandteile dieser Module sind auf verschiedenen Wegen miteinander verbunden: Projektionsfasern verbinden die subthalamischen Kerne, welche sensorische Eingangssignale, auf denen das Lernen basiert, zu cortikalen Funktionen in den Hirnhemisphären weiter leiten; Assoziationsfasern verbinden cortikale Funktionen derselben Hemisphäre, Kommissurenfasern verbinden gegenüber liegende cortikale Funktionen; und andere Projektionsfasern verbinden diese cortikalen Funktionen mit subcortikalen und limbischen Zentren, die an Gedächtnisvorgängen beteiligt sind. Lernen hängt daher von der Integration cortikaler und subcortikaler Funktionen ab, welche eine bewusste Wahrnehmung der relevanten sensorischen Eingangssignale hervorruft. Diese Eingangssignale entstammen der externen Umgebung, wie Gesehenem oder Gehörtem, oder der internen Umgebung der Erinnerungen. Gesteuert durch bewusste Wünsche und Anstrengungen werden diese Wahrnehmungen dann durch eine Reihe unterbewusster cortikaler und subcortikaler Funktionen verarbeitet. Durch diese Verarbeitungsprozesse entsteht Gedächtnis bzw. Erinnerung der Erfahrung, und die Erinnerung kann, wenn sie wichtig genug ist oder oft genug wiederholt wird, im Langzeitgedächtnis gespeichert werden. Die Demonstration, dass die Information "gelernt wurde", erfolgt wiederum über die bewusste Aktivierung einer Anzahl unterbewusster cortikaler und subcortikaler Funktionen; dies führt zu einem "Zurückrufen" der gelernten Information. Tatsächlich ist es die Fähigkeit, neue (gelesene oder gehörte) Informationen "zurück zu rufen", welche bestätigt, dass man sie gelernt hat. Durch die weit gefächerten Verbindungen des limbischen Systems (des "emotionalen Gehirns" des Menschen) mit dem Hypothalamus, den Basalganglien, dem Thalamus und dem cerebralen Cortex haben unsere Emotionen einen so grundlegenden Einfluss auf unsere viszeralen Funktionen (Geschwüre), den Muskeltonus und die Körperhaltung (steifer Nacken, krumme Schultern, Schulterwölbung), unsere Abwehr von ungesunden Einflüssen, Geräusche, Geschmack und Geruch und unsere globalen Gefühlszustände, die unsere "Stimmungen" ausmachen. Diese limbisch kontrollierten Reaktionen auf unsere emotionale Lage können dann natürlich unsere Lernfähigkeit beeinflussen, da man in der "Stimmung" zum Lernen sein muss; für manche Menschen kann schon der Anblick eines Buches oder der Klang einer noch einmal gestellten Frage: "Warum liest du nicht noch mehr?" ein negativer Stimulus sein, der zu starker Abneigung oder zu Vermeidungsverhalten führt. Das Gedächtnis Das menschliche Gehirn empfängt in jeder Sekunde Millionen Bits sensorischer Daten, aber nur ein kleiner Teil davon gelangt jemals in unsere bewusste Wahrnehmung. Es wird geschätzt, dass von der gesamten Information, die unsere bewusste Aufmerksamkeit erreicht, nur etwa ein Prozent in das Langzeitgedächtnis gelangt. Nur von diesem einen Prozent sensorischer Daten im Langzeitgedächtnis kann gesagt werden, dass sie gelernt wurden, und vieles von dem, was wir lernen, wird schließlich vergessen. Da Lernen so sehr vom Gedächtnis abhängt, ist es notwendig, sich die Natur des Gedächtnisses genauer anzuschauen. Als Gedächtnis wird die Fähigkeit bezeichnet, Sinneswahrnehmungen, Erfahrungen und Bewusstseinsinhalte zu registrieren, über längere oder kürzere Zeit zu speichern und bei geeignetem Anlass zu reproduzieren. Gedächtnis kann in zwei Arten unterteilt werden, je nachdem wie lange die Gedächtnisspur erhalten bleibt: "Aktiviertes" oder Kurzzeitgedächtnis überdauert nur Sekunden oder wenige Stunden, einen oder höchstens zwei Tage; es ist die Fähigkeit, kürzlich in unsere bewusste Aufmerksamkeit gelangte Information wieder abzurufen. Wenn die Information z.B. durch permanentes Wiederholen innerhalb kurzer Zeit (gedankliche Wiederholung stärkt das Kurzzeitgedächtnis) lange genug im Kurzzeitgedächtnis gehalten wird und wichtig genug ist, kann die Gedächtnisspur dann ins Langzeitgedächtnis übernommen werden, welches oft Jahre überdauert, und manche Erinnerungen überdauern ein ganzes Leben. In der Tat zeigen die Forschungsergebnisse, dass das Kurzzeitgedächtnis mit vorübergehenden elektrischen und chemischen Ereignissen in Verbindung steht, die ständige Aktivierung benötigen, um erhalten zu bleiben. Wenn diese Aktivierung ausbleibt, geht die Gedächtnisspur verloren. Die Verstärkung durch die häufige Anwendung der Information bewirkt eine "Konsolidierung" (Festigung) der Erinnerung und ihre Verlagerung ins Langzeitgedächtnis. Ist die Information dann ins Langzeitgedächtnis hinein gelangt, kann sie über einen langen Zeitraum hinweg wieder abgerufen werden, wann immer sie gebraucht wird. Wenn Informationen "vergessen" werden, bedeutet das, dass sie nicht mehr mittels Bewusstsein wieder aus dem Langzeitgedächtnis abgerufen werden können. Im Gegensatz zum Kurzzeitgedächtnis, dem "aktivierten" Gedächtnis, scheinen anatomische oder biochemische Veränderungen der Neuronen und neuronalen Membranen die (neurologische) Grundlage des Langzeitgedächtnisses zu sein, unter Beteiligung der DNS oder RNS an der Langzeitspeicherung von Informationen. Damit wird deutlich, wie sehr Lernen und Gedächtnisleistung zusammenhängen und sich gegenseitig bedingen. Schon das "Behalten" von Informationen im Kurzzeitgedächtnis erfordert bewusstes Bemühen, und kurz nachdem diese Bemühung unterlassen wird, geht die Erinnerung verloren. Die Konsolidierung (Festigung) der im Kurzzeitgedächtnis gehaltenen Information und ihre Übertragung ins Langzeitgedächtnis erfordern nicht nur Wiederholung, sondern auch einen gewissen emotionalen Antrieb. Diesen emotionalen Antrieb vermittelt in der Regel eine Belohnung für das erfolgreiche Abrufen der Information. Je stärker der emotionale Antrieb ist, desto eher wird die Information vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis übertragen. Nur Informationen, die ins Langzeitgedächtnis übertragen worden sind, können wirklich als gelernt bezeichnet werden, da nur im Langzeitgedächtnis gehaltene Information unser Verhalten, das auf vorangegangener Erfahrung aufbaut, verändern können. Daher wird die Fähigkeit zu lernen stark durch den emotionalen Gehalt und den Kontext der ins Gedächtnis aufzunehmen Information erhöht. Obwohl die genauen, am Kurzzeitgedächtnis beteiligten Mechanismen und Schaltkreise und das Ablegen und Abrufen im bzw. vom Langzeitgedächtnis nicht wirklich bekannt sind, haben sich doch eine Reihe von Gehirnteilen bestimmen lassen, die an diesen Vorgängen beteiligt sind: Ein Stimulus von einem oder mehreren sensorischen Eingängen wird über den Thalamus an die neocortikalen Assoziationsgebiete weiter geleitet. Diese senden dann die Eingangssignale einer neuen Erfahrung oder vergangener, erinnerter Erfahrung an die vorderen Temporallappen. Diese Signale werden dann durch den Gyrus parahippocampalis zum Hippocampus und der Amygdala geleitet, welche Fasern ins basale Vorderhirn und den präfrontalen Cortex projizieren. Fasern vom basalen Vorderhirn führen dann zurück zu den neocortikalen sensorischen Assoziationsgebieten, die irgendwie neue Erinnerungen "fixieren" oder alte "aufhellen". Während unklar bleibt, welche Rolle viele cortikale und subcortikale Strukturen des Gedächtnisses, wie z.B. das basale Vorderhirn, spielen, scheinen der Hippocampus und die Amygdala bedeutende Rollen im Kurzzeitgedächtnis zu spielen: Die weit gefächerten Verbindungen der Amygdala mit dem Neocortex und ihre strategische Anordnung als ein wichtiges subcortikales Verarbeitungszentrum weisen daraufhin, dass die Amygdala eine Rolle in der Modulation eintreffender sensorischer Daten spielt. Die Amygdala scheint in der Tat durch ihre Verbindungen mit dem limbischen System den emotionalen Kontext unserer Wahrnehmungen sensorischer Erfahrungen (die in unseren bewussten cortikalen Assoziationsarealen gebildet werden) bereitzustellen und zu "färben". Durch ihre Verbindungen mit dem Hypothalamus wird der verhaltensmäßige Ausdruck dieser emotionalen Färbung bekannt gemacht, wie wenn man einen bestimmten Geruch riecht und dabei das Gesicht verzieht. Jemand anderes findet denselben Geruch u.U. nicht unangenehm, da jeder eine andere emotionale Vorstellung mit dem Geruch verbindet. Während sowohl der Hippocampus als auch die Amygdala für das Kurzzeitgedächtnis unabdingbar sind, zeigen neuere Forschungen, dass der Hippocampus eher an der Registrierung kognitiver Informationen beteiligt zu sein scheint, wenn z.B. Fakten abgerufen werden oder bestimmte Objekte wie ein Glas erkannt werden. Die Amygdala hingegen vermittelt eine Neuordnung der mit dem erkannten Objekt assoziierten Erinnerungsbilder, wie etwa ein Glas Wasser, ein Glas Wein oder ein Glas Milch. Bei jedem Menschen steht jede Bildassoziation in einem anderen emotionalen Kontext. 2. Teil / Ausgabe 9 / 2001 Artikel aus der CO`MED - Das Fachmagazin für Complementär-Medizin Ausgaben Nr. 9/2001 Von Oliver Hechtenberg Das Gehirn ist einer der, vielleicht der entscheidende Ort der individuellen Wahrnehmung eines jeden Menschen. Dort sammelt er über seine Sinne Informationen, verarbeitet sie und reagiert mit irgendeiner körperlichen Reaktion darauf. Man kann sagen, dass dort im Kopf - genauer gesagt im Gehirn- Realität stattfindet und dass eine individuelle Wahrnehmungskonstellation und verarbeitung im Gehirn den subjektiven Eindruck im Bewusstsein hinterlässt. Modell des Lernens, basierend auf den Lernmodi Gestalt und Logik: Im wesentlichen laufen im Gehirn zwei verschiedene, jedoch komplementäre Prozesse ab, durch die es lernt, oder, um es anders auszudrücken, durch die es sensorische Eingangssignale und im Gedächtnis zu speichernde Erfahrungen organisiert und verdichtet oder "verpackt". Ein Modus basiert auf der globalen Verarbeitung aller Daten gleichzeitig, indem induktives Denken benutzt wird, um das Muster und die Form des Ganzen wahrzunehmen; dieser Modus ist seiner Natur nach irrational und intuitiv. Der andere Modus basiert auf logischer, linearer, folgerichtiger Verarbeitung und verläuft deduktiv (schlussfolgernd), um die Wechselwirkung der Teile des Ganzen zu analysieren; dieser Modus ist seiner Natur nach rational und analytisch. Diese beiden mächtigen mentalen Verarbeitungsmodi ergänzen sich vollkommen, deshalb ist Denken mit "ganzem Gehirn" dem Denken mit "halbem Gehirn" immer vorzuziehen. Im bekannten Rechts/Links-Modell sind die Gestalt-Funktionen im rechten cerebralen Cortex und die Logik-Funktionen im linken cerebralen Cortex angesiedelt. Während Gestalt-Funktionen anscheinend in einer Gehirnhemisphäre und Logik-Funktionen in der anderen vorzuherrschen scheinen, vereinfacht das Rechts/Links-Modell die Komplexität der vielen cortikalen Untersysteme, von denen viele in beiden Hemisphären angeordnet sind, zu sehr. Das Rechts/Links-Modell ignoriert auch völlig die vielen subcortikalen Untersysteme, die schon bei einfachen Lernaufgaben beteiligt sind, seien es überwiegende Gestalt-Aufgaben wie Gesichtergedächtnis oder überwiegende Logik-Aufgaben wie zählen. Selbst an diesen einfachen Gestalt- oder Logik-Funktionen sind Komponenten in verschiedenen, sowohl cortikalen als auch subcortikalen Gehirnbereichen beteiligt, von denen viele in einer oder in beiden Seiten des Gehirns lokalisiert sind. Trotz der Tatsache, dass Gestalt- und Logik-Funktionen nicht einfach in der rechten oder linken Gehirnhemisphäre lokalisiert sind, hat es den Anschein, als habe jede Art von Gehirnfunktion oder Verarbeitungsvorgang eine "Leit"-Funktion, deren vorherrschende Natur entweder Logik oder Gestalt ist. Die Durchführung einer bestimmten mentalen Aufgabe erfordert die Aktivierung spezifischer Gestalt- und / oder Logik-Funktionen durch bewusste Absicht. In einem gewissen Sinn "beauftragt" oder "dirigiert" der bewusste Geist die unterbewussten Verarbeitungszentren, um die beabsichtigte Aufgabe durchzuführen. Wenn die bewusste Absicht erst einmal in den "Biocomputer" des Unterbewusstseins eingegeben wurde, "entscheiden" die unterbewussten Verarbeitungszentren, wie sie die bewusste Absicht am besten ausführen. Das Unterbewusstsein scheint nach der Devise zu arbeiten: "Durchführung der Funktion auf die effizienteste Art und Weise, unter Benutzung des direktesten verfügbaren Verarbeitungsvorgangs". Wenn die beabsichtigte Aufgabe vorwiegend von Gestalt-Natur ist, wie z.B. die GesichterErkennung, so wird das Unterbewusstsein automatisch die Verarbeitung auf die GestaltLeitfunktion lenken, die am Gesichtergedächtnis beteiligt ist. Diese Leitfunktion arbeitet dann als "Eingangsstelle" in das Untersystem oder Funktionsmodul, das diejenigen unterbewussten cortikalen und subcortikalen Funktionen integriert, die zur automatischen Durchführung der vom bewussten Verstand "angeforderten" Aufgaben benötigt werden. Das Unterbewusstsein funktioniert ziemlich ähnlich wie Wasser, das einen Hügel herab fließt: Es wird immer den kürzesten und direktesten aller möglichen Wege nehmen. Ungehindert wird das Wasser immer direkt den Hügel hinunter strömen, wenn aber ein Teil des Weges blockiert ist, wird es wieder die nächstmögliche, direkte Möglichkeit abwärts suchen. Wenn dieser Weg wieder blockiert ist, wird es von neuem den nächsten direkten Weg suchen usw. Jedes Mal, wenn der Weg wieder blockiertt ist, wird für das strömende Wasser der Weg länger und immer weniger wirkungsvoll. Das gleiche gilt für die Verarbeitung im Unterbewusstsein: Wenn auf alle Funktionen gleichermaßen zurückgegriffen werden kann, wird das Gehirn immer die einfachsten, direktesten Funktionen nützen, um die geforderte Aufgabe durchzuführen. Dennoch können alle mentalen Aufgaben auf ganz verschiedenen Wegen gelöst werden, und das Unterbewusstsein wird stets den nächstbesten Weg zur Lösung wählen, wenn die direkteste Funktion, aus welchem Grund auch immer, nicht verfügbar ist. Wenn der nächstbeste Verarbeitungsweg ebenfalls "blockiert" ist, wird das Gehirn die Verarbeitung auf andere, verfügbare Funktionen umleiten, selbst wenn diese Funktionen weit weniger effizient zur Verarbeitung dieser Information sind. Wenn viele Gehirnfunktionen nicht verfügbar sind, wird der Verarbeitungsweg sehr lang und wirkungslos; es kommt zu Schwierigkeiten bei den von diesen Funktionen abhängenden Aufgaben. Jedes Mal, wenn der Verarbeitungsweg länger und weniger leistungsfähig wird, erhöht sich der Stress auf dem Verarbeitungsweg: Wenn der Stresspegel hoch genug ist, wird man wahrscheinlich die Situationen meiden, die von einem all diese Funktionen auf einmal verlangen. Die komplexeren Lernaufgaben wie Lesen und Buchstabieren erfordern nicht nur den Zugriff auf spezifische Gestalt- und Logik-Leitfunktionen in beiden Hemisphären, sondern auch die Integration und gleichzeitige Informationsverarbeitung auf allen Ebenen des Gehirns. Die wichtigsten Arten von Gestalt- und Logik-Leitfunktionen sind im folgenden angegeben. Gestalt-Leitfunktionen: • • • • • • • Raumorientierung Körperwahrnehmung Gesichtsgedächtnis Musikerkennung (Melodie) prä-verbal und non-verbal (Gestalt) Symbolinterpretation, -entschlüsselung kreatives/laterales Denken (Tagträumen) Gestalt-Informationsverarbeitung: • • global, ganzheitlich (holistisch) als eine Gestalt Ganzmuster simultan, subjektiv • • intuitiv Wissen, das auf Intuition basiert Logikleitfunktionen: • • • • • • zeitlich Mathematik Abstraktion Rhythmus Sprache (verbal) Zuordnung von Bedeutung zu Symbolen Logik-Informationsverarbeitung: • • • linear, logisch und analytisch folgerichtig objektiv, mit Bezug zu den "Tatsachen" Es muss hier noch einmal betont werden, dass in diesem Lernmodell beide Hemisphären zu jeder Zeit auf allen Ebenen an den verschiedenen, dem "bewussten Denken" zu grunde liegenden Prozessen beteiligt sind als Basis jeglichen Lernens. Die Art, wie der Mensch lernt, ist das Ergebnis des Integrationsgrades von Leitfunktionen in beiden Gehirnhemisphären, wobei jede "Leitfunktion" die "Eingangsstelle" zu einem integrierten Modul cortikaler und subcortikaler Funktionen darstellt, zu dem gehört, dass sensorische Informationen zu cortikalen Arealen weitergeleitet und Erinnerungen des Wahrgenommenen abgespeichert werden. Jede "Leitfunktion" trägt mit ihrer eigenen speziellen Fähigkeit zu allen kognitiven Aktivitäten bei. Verschiedene Lernaufgaben erfordern Zugriff auf verschiedene Arten und Kombinationen von Gestalt- und Logik-Leitfunktionen und hängen von verschiedenen Graden der Integration dieser Funktionen ab. Die komplexeren Lernaufgaben wie Lesen und Buchstabieren erfordern nicht nur den Zugriff auf spezifische Gestalt- und Logik-Leitfunktionen in beiden Hemisphären, sondern auch die Integration und gleichzeitige Informationsverarbeitung auf allen Ebenen des Gehirns. Wenn der Mensch auf alle Gestalt- und Logik-Leitfunktionen gleichermaßen mühelos zugreifen und alle diese Funktionen gut integrieren kann, wird er wahrscheinlich jegliches Lernen leicht finden! Wenn man auf bestimmte Gehirnfunktionen aus irgendeinem Grund nicht zugreifen kann oder Schwierigkeiten mit der Integration dieser Funktionen hat, wird der Mensch bestimmt auch Schwierigkeiten mit Aufgaben haben, die von diesen spezifischen Gehirnfunktionen abhängen oder an denen sie beteiligt sind. Vor diesem Hintergrund betrachtet entstehen folglich alle spezifischen Lernschwierigkeiten entweder aus einem Mangel an Verfügbarkeit bestimmter Funktionen oder der Unfähigkeit, diese Funktionen effektiv integrieren zu können. Entsprechend dem "Zugriffsmuster" auf bestimmte Gestalt- und Logik-Leitfunktionen und dem Integrationsgrad dieser Funktionen wird ein Mensch eine oder mehrere Arten spezifischer Lernschwierigkeiten haben. Zur konkreten Verdeutlichung: Die Hippocampusformation (der Gyrus dentatus und Hippocampus) integriert alle neuen Eingangssignale und organisiert und verstärkt sie für die Langzeitspeicherung in den cortikalen Arealen, die mit jedem der Sinne über den Gyrus parahippocampalis verbunden sind. Das auditive Kurzzeitgedächtnis beispielsweise ist eine Funktion der linken Hippocampusformation, mit der Langzeitspeicherung auditiver Informationen im Temporallappen. Defizite im auditiven Kurzzeitgedächtnis sind ein bedeutsames Merkmal vieler Menschen mit Lernproblemen, da sie Informationen nicht lange genug im Kurzzeitgedächtnis halten können, um sie ins Langzeitgedächtnis zu übertragen. Konsequenz: Wenn man nun mit diesem neurologischen Sachverhalt vertraut ist und die Hintergründe für Lernschwierigkeiten und die daraus resultierenden Verhaltensauffälligkeiten kennt, so begegnet man Menschen mit eben diesen "Einschränkungen" (egal ob Kind, Jugendlicher oder Erwachsener) mit einem anderen Verständnis und begreift, dass hinter dem "Ich kann nicht" ein neurologisches Unvermögen stecken kann; und dass eine falsche Interpretation von "Du willst bloß nicht" durch die Außenwelt nicht zwangsläufig gerechtfertigt ist. Aus der individuellen Gehirnkonstellation und der damit verbundenen Informationsverarbeitung ergibt sich für den einzelnen eine rein subjektive Wahrnehmung und damit ein subjektives Erleben der Wirklichkeit aus dem sog. "Ich" heraus. Das wiederum ergibt ein geändertes soziales Verhalten, eben die sogenannten Verhaltensauffälligkeiten; und daraus ergeben sich natürlich in der Folge soziale Probleme durch dieses gesellschaftlich unkonforme "Nicht-angepasst-sein". Dieses neue Erklärungsmodell bzw. das Verständnis für die "Andersartigkeit" gesellschaftlich nicht konformer Einzelpersonen erleichtert das soziale Miteinander, reißt Mauern der Ausgrenzung ein, schafft Raum für Mitgefühl und Toleranz und lässt nach Möglichkeiten Ausschau halten, welche die Funktionsweise des Gehirns und der einzelnen Gehirnbereiche optimieren. Und da kann die Kinesiologie auf eine lange Tradition und gute Erfolge zurückblicken: Educational Kinesiology (kurz Edu-K), von Dr. Paul E. Dennison seit Ende der 60er Jahre kontinuierlich weiterentwickelt, beschäftigt sich mit Lernproblemen wie LeseRechtschreibschwäche durch Optimierung der Lateralität, der Konzentration und der Zentrierung. Daraus ergaben sich neue Entwicklungen und Verbesserungen, wie z.B. die One Brain-Reihe von Gorden Stokes und Daniel Whiteside, Hyperton-X von Frank Mahoney und Brain-Gym vom Ehepaar Dennison. Letzteres ist sicherlich sowohl vom Bekanntheitsgrad als auch von der praktischen Anwendung der am weitesten verbreitete Zweig der Kinesiologie, auch in der Lehrerschaft. Durch bestimmte Lateralitäts-Übungen mit Arm und Bein überkreuz wird das Gehirn über den Weg des Körpers quasi als Rückkopplung balanciert - mit gutem Erfolg. Vor der Unterrichtsstunde und vor Klassenarbeiten wird Brain-Gym benutzt, um die Lern- und Leistungsfähigkeit der Schüler zu steigern. Auf der Grundlage des immensen Fundus des International Institute of Applied Physiology (kurz Applied Physiology AP) in den USA unter Federführung von Richard Utt gibt es eine Vielzahl von Balancierungsmöglichkeiten, die wiederum von anderen Zweigen der Kinesiologie benutzt oder integriert wurden und werden. Als außerordentlich effektiv in bezug auf Lernproblematiken haben sich die neuro-physiologischen Forschungen von Dr. Charles T. Krebs vom Melbourne Applied Physiology Institut in Australien erwiesen. Das von ihm entwickelte LEAP-Programm durchforscht das menschliche Gehirn und seine speziellen Hirnbereiche und macht dadurch ein Balancieren sowohl Ihrer Funktionsfähigkeit als auch ihrer Vernetzung untereinander möglich. Der Erfolg ist verblüffend, und innerhalb kurzer Zeit erzielt man faszinierende Resultate im Bereich von Lernproblematiken. Sinnvolle Ergänzungen zum LEAP-Programm stellen die weiteren Gehirn-Spezialisierungen des Mountain Learning Enhancement, Australien, unter der Leitung von Hugo Tobar dar, die in Zusammenarbeit mit Dr. Charles T. Krebs entwickelt wurden. Zur Zeit überschlagen sich die Forschungsergebnisse und Anwendungsmöglichkeiten, und man wird sicherlich noch eine Menge Lösungsangebote von dort erwarten können. Literaturnachweis: § § § § Charles T. Krebs, LEAP Script, IAK/VAK Verlag Charles T. Krebs und Jenny Brown, "Lernsprünge", VAK Verlag Ann Holdway, Kinesiologie, Aurum Verlag Fonds Jahr des Gehirns 1999, "Das menschliche Gehirn", CBV Verlag