Konsequenter Hautschutz!

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Hand
Konsequenter
Hautschutz!
Handekzeme gehen in der Regel nicht mit gefähr­lichen Komplikationen einher, schwere Fälle können
aber zu erheblichen Einschränkungen der Lebens­
qualität und langer Arbeitsunfähigkeit führen.
Mit einer konsequenten Basistherapie lassen sich
diese Hauterkrankungen in den Griff bekommen.
Prof. Dr. med. habil.
Andrea Bauer, MPH
Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Universitäts
Allergie­Centrum,
Universitäts­klinikum
Carl Gustav Carus,
Dresden, ­E-mail:
­Andrea.­Bauer@
uniklinikum-­dresden.
de
Foto: Catalin Pop - Fotolia
Handekzeme sind nicht infektiös und durch
eine Entzündungsreaktion der Epidermis und
der oberen Dermis gekennzeichnet. Das klini­
sche Bild reicht von Rötung, Knötchen, Bläs­
chen, Nässen bei akuten Ekzemen bis Hyper­
keratosen, Schuppung und auch Rhagaden bei
chronischen Ekzemen. Man unterscheidet Ek­
zeme exogener Genese wie das irritative und
allergische Kontaktekzem von Ekzemen endogener Genese wie das atopische Ekzem. Oft
liegt eine multifaktorielle Verursachung vor.
Eine konsequente Basistherapie ist eine un­
abdingbare Voraussetzung für das erfolgrei­
che Management eines Handekzems. Hier­
zu gehören die Elimination oder Reduktion
von Triggerfaktoren, eine hautschonende Ar­
beitsweise in Beruf und Freizeit, die richti­
ge Anwendung von Hautschutzmitteln und
Schutzhandschuhen, eine hautschonende
Händereinigung und eine regelmäßige Hy­
dration und Rückfettung der Haut mit Pflege­
cremes, die optimaler Weise duft- und konser­
vierungsstofffrei sind.
Irritatives Kontaktekzem
Irritative Kontaktekzeme (Abb. 1) treten meist
als Folge des ungeschützten kontinuierlichen
Der Hausarzt 16/2015
ekzeme
Hausarzt Medizin
Hautkontakts mit nicht toxischen Konzentrationen verschiedenster Irritanzien wie Wasser, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln, Kühlschmiermitteln,
Nahrungsmittelbestandteilen etc. auf.
Sie entstehen häufig in Feuchtberufen.
Initiale Veränderungen beginnen typischerweise in den Fingerzwischenräumen und an der Knöchelregion der
Handrücken. In mittelschweren Fällen sind zusätzlich die Handrücken und
die Fingerrücken betroffen. In schweren Fällen sind die gesamten Hände involviert.
Die Prävention von irritativen Kon­
takt­ekzemen ist wichtig, um konsekutive Kontaktallergien zu vermeiden.
Das irritative Kontaktekzem wird
durch eine sorgfältige Expositionsanamnese, das klinische Bild und den Ausschluss von Kontaktallergien diagnostiziert.
Fotos: Klinik und Poliklinik für Dermatologie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden
Allergisches Kontaktekzem
Allergische Kontaktekzeme (Abb. 2)
treten seltener auf als irritative Kontaktekzeme. Sie beruhen auf einer
Typ-IV-Sensibilisierung gegen Kontaktallergene wie z. B. Metalle, Duftstoffe, Gummiinhaltsstoffe, Konservierungsmittel etc. Sie manifestieren sich
meist 24 bis 48 Stunden nach direktem
Kontakt mit den auslösenden Stoffen
an der Expositionsstelle und setzen eine
vorangegangene Sensibilisierungsphase voraus. Lokale und seltener auch systemische Streureaktionen sind möglich.
Es gibt bisher keine Möglichkeit, die
individuelle Empfindlichkeit gegenüber Kontaktallergenen sicher vorherzusagen. Mögliche Ursachen der unterschiedlichen Suszeptibilität gegenüber
Kontaktallergenen könnten durch Polymorphismen verschiedener Enzyme
begründet sein. Die Entwicklung einer
Sensibilisierung hängt von der Konzentration und der Allergenität des Kontaktallergens ab. Weiterhin spielen Ausmaß und Dauer der Exposition sowie
Der Hausarzt 16/2015
die Lokalisation und der Hautzustand
an der Expositionsstelle eine Rolle. Barriereschäden und Hautirritationen im
Expositionsareal erleichtern die Entstehung von Sensibilisierungen.
Das allergische Kontaktekzem wird
durch eine ausführliche Anamnese sowie durch Haut- und Provokationstests
(Repetitiver offener Anwendungstest)
diagnostiziert.
❶
Atopisches Handekzem
Das atopische Handekzem (Abb. 3) ist
eine der häufigsten Manifestationsformen des atopischen Ekzems im Erwachsenenalter. Veränderungen in der
epidermalen Barriere sowie immunologische und biochemische Abweichungen führen zu einer erhöhten Irritabilität und Anfälligkeit der Haut von
Patienten mit atopischem Ekzem gegenüber mechanischen, chemischen
und biologischen Einflüssen. An den
Händen ist die Beteiligung der Handgelenke typisch. An den Handrücken finden sich oft nummuläre Ekzemherde,
auch Bläschenekzeme an den Fingerseitenflächen und Handflächen sind häufig. Oftmals treten auch Fingerkuppen­
ekzeme auf.
Richtungsweisend für die Diagnose
sind neben den oft ebenfalls betroffenen großen Beugen (Ellenbeugen, Kniekehlen), der chronisch rezidivierende
Verlauf und die positive Familienanamnese (Rhinitis allergica, Asthma bronchiale, Atopische Ekzem).
Prävention
Präventionsmaßnahmen sind elementar in der Behandlung von Hand­
ekzemen. Zunächst müssen alle
technisch-organisatorischen Präven­
tionsmaßnahmen wie Automatisierung von Arbeitsprozessen, Änderung
der Arbeitsorganisation, Ersetzen gefährlicher Substanzen durch weniger
toxische, weniger irritative und weni-
❷
❸
① Irritatives Kontakt­
ekzem mit scharf abge­
grenzter Rötung, Ero­
sionen, Krusten und
Schuppung an den Handund Fingerrücken beider
Hände.
② Allergisches Kontakt­
ekzem mit ausgeprägter
Bläschenbildung, Erosionen
an allen Fingern bei Typ-IVSensibilisieurng gegen ein
Kontaktallergen.
③ Atopisches Handek­
zem mit nummulären Ek­
zemherden mit Infiltration,
Rötung, Erosionen, Kru­
sten und Schuppung an den
Hand- und Fingerrücken so­
wie Fingerseitenflächen.
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den unter besonderen Gesichtspunkten
ausgesucht, z. B. zur Reduktion der
Schwitzneigung oder zur Hautbarrierestabilisierung. Es gibt kein Hautschutzmittel, das gegen alle exogenen Noxen
schützt. Die Produkte müssen hinsichtlich der spezifischen Gefährdung ausgewählt werden.
Die Inhaltsstoffe der Hautschutzmittel
sollten eine geringe Sensibilisierungspotenz aufweisen und optimalerweise
duft- und konservierungsstofffrei sein. Ein
hoher Fettgehalt ist
wegen der möglichen
Okklusionsverstärkung ungünstig. Eine
Penetrationsverstärkung für Schadstoffe
und eine Wechselwirkung mit Schutzhandschuhmaterialien
Präventionsmaßnahmen
sollte im Vorfeld aussind elementar in der
geschlossen sein.
Behandlung von Hand­
ger allergische Stoffe zur Anwendung
kommen. Dies ist nicht immer möglich; deshalb spielt in vielen Berufen
die adäquate Anwendung der persönlichen Schutzausrüstung, d. h. von
Hautschutzpräparaten und Schutzhandschuhen eine wesentliche Rolle,
um im Arbeitsablauf den Kontakt mit
Noxen zu vermeiden.
Darüber hinaus wird Hautpflege zur
Unterstützung der Hautregenera­tion
empfohlen. Die im beruflichen Zusammenhang verwendeten
Hautmittel müssen
mindestens der EGKosmetik-Richtlinie
(76/768/EWG) entsprechen.
Hautschutzmittel
Hautschutzmittel (Gel,
Creme, Salbe, Schaum,
Lotion) werden zur Verekzemen.
meidung der primären
Entstehung von Hand­
ekzemen oder erneuter Handekzemschübe eingesetzt. Die
Anwendung erfolgt vor der Arbeit und
regelmäßig vor jeder hautbelastenden
Tätigkeit (z. B. vor Feuchtarbeit und längerem Handschuhtragen), nach Pausen
und nach der Händereinigung während der Arbeit.
Das Hautschutzmittel wird auf den
Handrücken aufgetragen und sorgfältig in die Fingerzwischenräume, Fingerseitenkanten, Nagelfalze, Fingerkuppen,
Daumen, Handflächen und Handgelenke einmassiert.
Hautschutzmittel alleine führen nicht
zur Heilung irritativer oder allergischer Kontaktekzeme. Sie können auch
keine neuen Schübe eines allergischen
Kontaktekzems bei bestehender Allergie unterdrücken. Idealerweise sollten
sie speziell für das Anforderungsprofil des jeweiligen Berufsbilds entwickelt werden. Hautschutzmittel wer42
Schutzhandschuhe
Schutzhandschuhe schützen nachgewiesenermaßen
vor Verschmutzung, verschiedensten
­Irritanzien, Allergenen, chemischen
und physikalischen Einflüssen sowie
vor Krankheitserregern und sind deshalb wichtiger Bestandteil der persönlichen Schutzausrüstung für Arbeitnehmer in Hautrisikoberufen, wenn
technisch organisatorische Maßnahmen und Hautschutzmittel allein unzureichend schützen. In Analogie ist die
Anwendung in der Freizeit bei Feuchtarbeiten, Putz- und Spültätigkeiten, bei
Chemikalienkontakt und verschmutzenden Tätigkeiten zu empfehlen.
Die Auswahl der Handschuhe richtet sich nach der Art der Arbeit bzw.
der Gefährdung und den individuellen Bedürfnissen des Anwenders. Bei
den okklusiven Schutzhandschuhen
stehen Ein- und Mehrweghandschuhe aus natürlichen und synthetischen
Kautschukprodukten und Kunststoff
zur Verfügung. Bei Arbeitshandschuhen finden sich zusätzlich verschiedene
sonstige Materialien und Materialmixe (Textil, Kevlar, Lycra, Leder, Teil- oder
Vollbeschichtungen auf Trägermate­
rial). Spezielle Piktogramme auf den
Verpackungen und den Handschuhen
geben Hinweise zur Schutzwirkung.
Medizinische Untersuchungshandschuhe werden keiner Prüfung auf die
chemische Beständigkeit der Handschuhe unterzogen und sind in der
Regel nicht für den Umgang mit
Chemikalien (z. B. in Flächen- oder In­
strumentendesinfektionsmitteln, Sanitärreiniger etc.) geeignet.
Okklusive Handschuhe sollten nicht
länger als erforderlich getragen werden.
Es wird ein mindestens stündlicher
Wechsel oder das Tragen von Baumwollunterziehhandschuhen unter den
okklusiven Schutzhandschuhen empfohlen. Patienten mit erhöhter Schwitzneigung sollten die Handschuhe bereits
nach maximal 30 Minuten wechseln
und regelmäßig auch bei kürzeren Tragezeiten Baumwollunterziehhandschuhe tragen.
Handschuhe sollten nur auf sauberen trockenen Händen getragen werden. Einmalhandschuhe dürfen nur
1 × verwendet werden. Defekte Mehrweghandschuhe müssen sofort ausgetauscht werden. Darüber hinaus
müssen alle Handschuhe an einem
sauberen, trockenen Ort gelagert werden (Pflege- und Lagerungshinweise
beachten).
Wichtig zu wissen ist, dass Handschuhe
zusätzliche Maßnahmen wie die regelmäßige Anwendung von Hautschutzmitteln in der Arbeit und Pflegecremes
nach der Arbeit nicht ersetzen.
Bei Patienten mit Typ-I-Sensibilisierungen gegen Latexproteine muss auf
latexfreie Synthesekautschukprodukte
(z. B. Nitril) oder Schutzhandschuhe aus
Kunststoff (z. B. Vinyl) gewechselt werden. Bei Patienten mit Typ-IV-SensibiDer Hausarzt 16/2015
Foto: Ocskay Bence - Fotolia
Hausarzt Medizin
Hausarzt Medizin
lisierungen gegen Gummichemikalien in
Latex, Nitril, Neopren oder anderen Synthe­
se-Kautschuk-Handschuhen können als Al­
ternativen ebenfalls Vinylhandschuhe ver­
wendet werden. In seltenen Fällen können
auch Sensibilisierungen gegen Vinylhand­
schuhe vorliegen.
Regenerierende Hautpflege
Hautpflegeprodukte werden in der Freizeit
nach der Arbeit eingesetzt, um die Regene­
ration der Haut zu unterstützen. Sie versor­
gen die Haut mit Feuchtigkeit und Lipiden
und verhindern dadurch die Austrocknung
und die Entstehung von Barrierestörungen.
Verschiedene Studien haben darüber hi­naus
gezeigt, dass Hautpflegeprodukte detergen­
zieninduzierte Hautschäden verhindern
können, zu einer schnelleren Regeneration
von Barrierestörungen und zu einer schnel­
leren Abheilung von irritativen Hautschä­
den beitragen können. Daher ist es wichtig,
­regelmäßig therapiebegleitende Haut­
pflege zu betreiben und diese auch zur Sta­
bilisierung des gesunden Hautzustands im
Anschluss an die Therapie fortzuführen.
Hautpflege sollte außerdem nach jedem
Händewaschen erfolgen.
Die Produkte werden analog der bei den
Hautschutzmitteln beschriebenen Vorge­
hensweise auf die Hände aufgetragen und
einmassiert.
Inhaltsstoffe in Hautpflegeprodukten, z. B.
Harnstoff, können die Penetration von
Schadstoffen durch die Haut erleichtern und
sollten daher während der Arbeit nicht ein­
gesetzt werden.
Auch bei der Auswahl von Hautpflegepro­
dukten sollte auf das Sensibilisierungspo­
tenzial der Inhaltsstoffe geachtet werden.
Regelmäßig angewendete Produkte sollten
frei von Duft- und Konservierungsstoffen
sein oder nur bekannte, selten sensibilisie­
rende Duft- oder Konservierungsstoffe ent­
halten.
Bei Vorliegen von manifesten Ekzemen und/
oder einer starken Hautbarriereschädigung
sind zusätzlich antientzündliche dermatolo­
gische Therapiemaßnahmen notwendig.
Der Hausarzt 16/2015
Hautreinigung
Zu einem optimalen Hautschutz gehört die
richtige Hautreinigung. Die Händereinigung
wird bei Arbeitsbeginn, bei sichtbarer Ver­
schmutzung, nach dem Toilettengang und
im Gesundheitswesen nach Kontamina­tion
mit bakteriellen Sporenbildnern empfoh­
len. Sie sollte mit lauwarmem Wasser, ange­
passt an den Grad der Verschmutzung unter
sparsamer Verwendung von Syndets erfol­
gen. Entfettende Seifen und
vor allem Waschpasten sollten Fazit
vermieden werden, da sie die
Hautbarriere angreifen bzw.
▪▪ Die ursächlichen Faktoren für das Hand­
zerstören. Auf mechanische
ekzem (Irritanzien, Allergene) müssen
Reinigungsprozeduren mit
identifiziert und gemieden werden.
Bürsten und Bimssteinen soll­ ▪▪ Eine regelmäßige Basistherapie mit
te ebenso verzichtet werden.
rückfettenden und hydratisierenden
Die Wirksamkeit antimikro­
Cremes muss konsequent durchgeführt
bieller Seifen ist, bei der oft
werden.
kurzen Waschdauer, kaum
▪▪ Beim Handekzem haben Schulungen
besser als die der einfachen
­einen hohen Stellenwert. Beim berufs­
Syndets und kann im Alltag
bedingten Handekzem werden diese als
nicht empfohlen werden.
Sekundärpräventionsseminare durch die
Berufsgenossenschaften angeboten.
Schulungen
▪▪ Durch Vermeidung der Auslöser, haut­
schonende Arbeitsweise in Beruf und
Freizeit sowie optimierte HautschutzMaßgeschneiderte ambulante
Hautschutzseminare der Be­
und Hautpflegemaßnahmen kann das
rufsgenossenschaften gibt es
Auftreten von Handekzemen verhindert
für Friseure, Gesundheitsberu­
werden.
fe (Kranken-/Altenpflege, Phy­
siotherapie), nahrungsmittelverarbeitende
Berufe, Hauswirtschaft, Reinigungsberu­
fe und Metallberufe. In Hautschutzsemi­
naren werden theoretische Inhalte vermit­
telt sowie Hautschutzmaßnahmen und eine
hautschonende Arbeitsweise praktisch ge­
übt und oftmals auch die notwendigen Pro­
dukte kostenfrei für eine Übergangszeit zur
Verfügung gestellt. Bei der überwiegenden
Mehrzahl der geschulten Arbeitnehmer bes­
sert sich der Befund deutlich oder heilt unter
dermatologischer Therapie und den inten­
sivierten Schutz- und Pflegemaßnahmen ab.
Ein Verbleib im Beruf ist in den meisten Fäl­
len möglich.
Literatur bei der Verfasserin
Interessenkonflikte: keine
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