Cyto Info 1/2007 für CD

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Diagnostische DNA-Bild-Zytometrie im gynäkozytologischen Alltag
H. Motherby, S. Falk
Einleitung:
Jeder von uns kennt im diagnostischen Alltag solche
Fälle:
1. Rezidivierende leichte und mäßige plattenepitheliale Dysplasien (Gruppe Pap IIID):
Hier ist mikroskopisch nicht zu entscheiden, ob
sich die diagnostizierte Dysplasie zurückbildet oder
zu einem Carcinom fortschreiten wird (Abb 1).
2. Der unklare Pap-Abstrich (Gruppe Pap III):
Oft ist nicht mit Sicherheit zu erkennen, ob es sich
bei bestimmten plattenepithelialen oder glandulären Zellveränderungen um reaktive (z.B. entzündliche, hormonelle, IUP- oder strahleninduzierte,
usw.) oder dysplastische/neoplastische Zellveränderungen handelt (Abb 2).
Abb 1: Gebärmutterhalsabstrich mit Zellen einer mäßigen Dysplasie des Plattenepithels
Das Ziel der diagnostischen DNA-Bild-Zytometrie ist
es
1. von den Dysplasien des Plattenepithels diejenigen
zu identifizieren, welche sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Plattenepithelcarcinom weiterentwickeln werden und
2. die Anzahl der unklaren Pap-Abstriche zu reduzieren
durch Identifizierung von reaktiven versus neoplastischen Zellveränderungen.
Für die Patientin bedeuten diese Ziele
1. eine Übertherapie von Dysplasien, ohne
Malignomrisiko und damit unnötige Probenexzisionen und Konisationen zu verhindern.
2. unter Umständen quälende Unsicherheiten zu vermeiden.
Zytogenetische Grundlage:
Die meisten Tumoren zeigen Chromosomenveränderungen, die nicht in normalen oder reaktiv veränderten
Zellen vorkommen1.
Die dadurch entstehenden Abweichungen des DNAGehaltes von der Norm können mit der DNA-Zytometrie gemessen werden. Der Nachweis einer DNAAneuploidie bedeutet derzeit eine Zu- oder Abnahme
von mehr als 10% der Chromosomenmasse. Er gilt
international als Marker für das Vorliegen einer neoplastischen Transformation der Zelle.
In einigen Geweben, wie dem Plattenepithel, gilt
DNA-Aneuploidie auch als Marker für (prospektive)
Malignität.
Präparate:
Zur DNA-Bildzytometrie eignen sich bereits gefärbte
Routineausstriche von Gebärmutterhals, Vulva und Vaginalschleimhautabstrichen. Nach Markierung u. a. der
Lage dysplastischen Zellen im Präparat werden die
Präparate entdeckelt und entfärbt. Es folgt eine quantitative (sog. stöchiometrische) Färbung der ZellkernDNA nach Feulgen und Rossenbeck. Die Farbstoffmenge im Zellkern steht dabei in einem direkten und
festen Bezug zur enthaltenen DNA. Durch die Färbung wird somit eine dem DNA-Gehalt entsprechende integrierte optische Dichte des einzelnen Zellkernes erzeugt, die gemessen werden kann.
Abb 2: Gebärmutterhalsabstrich mit auffälligen endozervikalen Zylinderepithelien (Pap III).
Die klinische Konsequenz solcher zweifelhafter Diagnosen ist eine Unsicherheit für die Patientin und den
behandelnden Arzt bezüglich des weiteren Vorgehens, d.h. ob eine Kontrolle des Befundes (über einen
unsicheren Zeitraum) oder eine mit einer Operation
verbundene histologische Abklärung vorgenommen
werden muss.
DNA-Messungen:
Die Messung der integrierten optischen Dichte der
Zellkerne erfolgt interaktiv am Monitor eines mit
einem konventionellen Mikroskop über eine Kamera
gekoppelten PC basierten Bildanalysesystems (Abb
3). Personen, die diagnostische DNA-Messungen ausführen, sollten in zytologischer Diagnostik gut ausgebildet sein, da es darauf ankommt in einer konventionellen Färbung zuvor als diagnostisch relevant
erachtete dysplastische Zellen oder Tumorzellen in der
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(Pap III D).
Abb 3: DNA-Zytometer der Fa. Dr. O. Ahrens, Bargteheide
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Feulgenfärbung wiederzuerkennen. Innerhalb der relevanten Zellpopulation werden, sofern vorhanden, mindestens 300 Zellkerne nach Zufallskriterien gemessen. Eine Ausnahme bezüglich dieser Zellzahl bildet
die gezielte Suche nach einzelnen Zellen mit einem
erhöhten DNA-Gehalt > 9c. Die Messung erfolgt automatisch durch Anklicken relevanter Zellkerne mit einer
Maus auf dem Monitor. Als Referenzzellen werden im
selben Präparat befindliche, morphologisch unauffällige
Intermediärzellen gemessen. Für die Messung sowie
die Präzision des Messsystems sind Richtlinien einzuhalten, die von der ESACP (European Society for Analytical Cellular Pathology) festgelegt worden sind 2.
Abb 5: DNA-Histogramm: polyploide Zellpopulation
Interpretation der Messung:
Die Befundung der DNA-Histogramme zu diagnostischen Zwecken (immer in Zusammenschau mit der
Morphologie und der Klinik!) erfolgt quantitativ in den
Kategorien DNA-diploid (Abb 4), DNA-polyploid (Abb 5)
und DNA-aneuploid (Abb 6 und 7). Der Nachweis von
DNA-Aneuploidie entspricht einer neoplastischen
Transformation der Zelle und einer progressiven Zell-
Abb 6: DNA-Histogramm: aneuploide Zellpopulation (Stammlinien-Aneuploidie)
veränderung, die bei Ausbleiben einer Entfernung der
Läsion mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit > 90% 3 in
einen malignen Tumor, z.B. in einen Gebärmutterhalskrebs übergehen wird. Somit entspricht der Nachweis
von DNA-Aneuploidie hier einer Indikation für die
operative Entfernung der Läsion. Ein polyploides DNAHistogramm spricht z. B. für das Vorliegen einer HPV
(humanes Papillomvirus) Infektion. Ein diploides DNAHistogramm spricht dafür, dass derzeit keine progressiven Zellveränderungen vorliegen. Im Falle von polyploiden und diploiden Histogrammen bei zuvor als
dysplastisch begutachteten Zellveränderungen ist
eine regelmäßige (3 bis 6 Monate) zytologische Kontrolle zu empfehlen.
Abb 4: DNA-Histogramm: diploide Zellpopulation
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Das Ziel ist es somit, unter den vielen unklaren Zervixbefunden die obligaten und somit behandlungsbedürftigen Präkanzerosen zu identifizieren. Der Nachweis
von DNA-Aneuploidie qualifiziert als obligat präkanzerös bzw. prospektiv maligne. Eine DNA-aneuploide
Zellveränderung stellt somit eine Indikation zur Exzision der Läsion mit histologischer Sicherung dar.
Das DNA-zytometrische Messergebnis entlastet die
Patientin und den behandelnden Arzt von dem unklaren Befund und bietet ein klares Behandlungskonzept – Beruhigung und zytologische Kontrolle oder
gezielte chirurgische Therapie von Präkanzerosen.
Abb 7: DNA-Histogramm: aneuploide Zellpopulation (Einzelzell-Aneuploidie)
Verfasser:
Priv. Doz. Dr. med. H. Motherby, FIAC
Priv. Doz. Dr. med. S. Falk, FRCPath, FIAC
Gemeinschaftspraxis für Pathologie
Ginnheimer Landstraße 94
60487 Frankfurt am Main
Literatur
1. Duesberg et al. 2005
2. Haroske et al, 2001
3. Böcking und Motherby, 1999, Grote et al. 2004, Bollmann et al. 2005
4. Böcking und Motherby, 1999, Grote et al. 2004, Bollmann et al. 2005
5. Wright et al 1994
6. Hanselaar et al 2000
7. Biesterfeld, 2001
8. Grote et al, 2004, Bollmann et al. 2005
Der positive Prädiktionswert der konventionellen zytodiagnostischen Gruppen III D/III konnte durch DNAZytometrie von 35,2% auf 65,9% gesteigert werden 8.
Schlussfolgerungen:
Indikation für eine diagnostische DNA-Bild-Zytometrie
ist die Dignitätsabklärung
1. rezidivierender leichter und mäßiger Dysplasien
des Plattenepithels (Pap III D) und
2. unklarer Zellveränderungen im Gebärmutterhalsabstrich (Pap III), darunter insbesondere glanduläre
Läsionen.
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Diagnostische Evidenz:
Aus zahlreichen vorliegenden Studien zum Gebärmutterhalscarcinom ergibt sich für die diagnostische
DNA-Zytometrie (bei leichter und mäßiger Dysplasie
Gruppe Pap III D) ein mittlerer positiver Prädiktionswert von 91% und ein mittlerer negativer Wert von
85%.4
Die meisten zervikalen intraepithelialen Neoplasien
Grad I (leichte Dysplasien) sind diploid oder polyploid.
Wohingegen die meisten der Grade II und III (mäßige
bis schwere Dysplasien) aneuploid 5 sind. Eine „International Consensus Conference on the Fight against
Cervical Cancer“ hat zwischenzeitlich den Nachweis
von DNA-Aneuploidie in Dysplasien als „High Grade
Lesion“ gewertet, die einer Therapie bedarf 6. Die
DNA-Zytometrie ist auch eine geeignete Methode für
die Identifizierung von Adenocarcinomen bzw. Vorläuferläsionen am Drüsenepithel der Endocervix 7. In dieser Studie entspricht der Nachweis von Aneuploidie
bei abnormen endozervikalen Zellen einem positiven
Prädiktionswert von 100% für den nachfolgenden histologischen Nachweis eines endozervikalen Adenocarcinoms.
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